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ZUR NORDGERMANI-
SCHEN SAGENGESCHICHTE
VON RICHARD VON KRALIK
ALLE RECHTE
VORBEHALTEN
VERLAG D* RUD. LUDWIG
WIEN 1908
4
]
Deutsche Akademie
der Wissenschaften
zu Berlin
Institut fü» deutseha
Volkskunde
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4949 1-
In meinem „deutschen Götter- und Heldenbuch“ (1900—08)
hab ich versucht, den Zusammenhang des ganzen deutschen
Sagenstoffes herzustellen. Von der nordgermanischen Sage sind
damals zur Ergänzung nur die Edda, einige nordische Volks-
lieder und ganz wenige Stellen aus Saxo und der Ynglingen-
sage herangezogen worden. Ich hatte guten Grund, mich vor-
erst zu beschränken; ferner schien mir die richtige Ordnung der
Sagen in Saxos neun ersten Büchern seiner dänischen Geschichte
ebenso unentwirrbar, wie in Snorris Ynglingensage. Aber nun-
mehr will ich doch diesen Versuch mit frischem Anlauf unter-
nehmen. Ich will versuchen, jene beiden Hauptquellen nord-
germanischer Sage in Harmonie mit sich selbst, miteinander, mit
den übrigen, besonders den isländischen Sagen und schließlich mit
unserem eigenen deutschen Sagenganzen zu bringen. Mit Recht
hat ja schon Müllenhoff die dänischen Sagen des Saxo Gramma-
tikus eine „Saxa-Edda“ genannt und damit die Forderung aus-
gesprochen, sie mit unserer „Snorra-Edda“ und „Saemundar-
Edda“ in nähere Beziehung zu setzen. Das gilt aber auch von
der Ynglinga-Saga.
Die Methode und das Ziel meiner Untersuchungen unter-
scheidet sich in etwas von den Untersuchungen Heinzels, Jireczeks,
Olriks u. a. Während jene mit Recht die zeitlichen und räum-
lichen Unterschiede der Sagenentwicklung betonen, möchte ich
zur Ergänzung ihrer scharfsichtigen Resultate mehr auf das
Gemeinsame in allen Verschiedenheiten hinweisen. Gerade die
Geschichte der Nibelungensage lehrt uns, daß durch alle Jahr-
hunderte und durch alle Völkerstämme hindurch ein gemeinsames
Blimmi, Quellen und Forschungen, IV
Bewußtsein geht, eine lebendige Wechselwirkung. Olrik be-
handelt z. B. in der Erörterung der Hildensage wie auch sonst
überall nur den Unterschied der dänischen und isländischen
Quellen, ich versuche die Vereinigung mit der Gesamtüberliefe-
rung. Ich bin mir bewußt, daß die Ergebnisse meiner synthe-
tischen Methode noch um einen Grad hypothetischer bleiben
müssen, als die Ergebnisse jener analytischen Erórterungen.
Diese Schwierigkeit empfiehlt Vorsicht in der Annahme der er-
örterten Hypothesen, sie darf aber nicht die Erörterung gänzlich
lähmen.
Untersuchen wir also zuerst kurz die Zusammensetzung der
Hauptwerke*).
A. Snorris Ynglingensage.
Snorri erklärt in der Vorrede zur Ynglingensage, die den
ersten Teil seiner Heimskringla ausmacht, er habe diese Ge-
schichten aus alten Gesängen und Sagenliedern zusammen-
schreiben lassen in ein Buch. Den Leitfaden zur Aneinander-
reihung der verschiedenen Sagen gab ihm zum Teil ein Hof-
gedicht des Skalden Thjodolf von Hwin, des Hofdichters Haralds
des Haarschönen (860—980). Darin werden in gekünstelter
Skaldenmanier, aber doch sehr nüchtern und knapp, dreißig
königliche Vorfahren in einigen fünfzig Strophen aufgezählt mit
Angabe ihrer Todesart und ihrer Grabstätte. Diese Aufzählung
hat freilich einen um so geringeren genealogischen und chrono-
logischen Wert, als wir nicht einmal sicher sind, ob Snorri ihre
ursprüngliche Folge immer eingehalten hat oder ob Thjodolf immer
eine chronologische Ordnung festhalten wollte. Sie ist nur ein
Zeugnis und ein Katalog der um 900 lebendigen schwedischen
Götter- und Heldensagen. Götter und Heroen wurden in
euhemeristischer Weise zu Urkönigen gemacht und in einen
künstlichen Zusammenhang mit der Genealogie des historischen
Königsstammes gebracht. Welches sind nun die einzelnen ur-
sprünglichen Sagenlieder oder Sagenkreise?
*) Die altnordischen Namen gebe ich in der vereinfachten Schreibung,
wie sie von den heutigen nordischen Autoren gebraucht wird.
1. Die ersten vier Kapitel verwerten eine Göttersage vom
Krieg der Asen mit den Wanen. Als Einleitung wird daher die
geographische Lage der Göttergebiete bestimmt,
2. Kine zweite selbständige Sage von Odins Auszug liegt
den Kapiteln 5—10 zugrunde. Sie erzählt, wie Odin den Norden
mit Königen, seinen Söhnen, besetzt und sich dann zurück-
zieht, verschwindet. Sie wird wieder durch einen geographischen
Kommentar eingeleitet. Als Anlaß und Zeitpunkt der Ausfahrt
gibt Snorri hier ähnlich wie in der Vorrede zu Gylfaginning
das Vordringen der Römer, dort bestimmter den Feldzug des
Pompeius in jene Gegenden an, also den gegen Mithradates im
Jahre 68 v. Chr.
3. Das Kapitel 11 ist eine schwedische Variante der Sage
vom Friedfrode, der von der prosaischen Edda in die Zeit von
Christi Geburt gesetzt wird.
4. Nach der Übergangssage von Sweigdir und Wan-
land, welch letzterer mit König Snjo in Verbindung ist, folgt
die spezifisch schwedische Sage vom Unglückshalsband der
Ynglingen.
5. Diese Sagenreihe ist aber, wie es scheint, ganz willkürlich
dureh eine Variante der Rigssage unterbrochen, Kapitel 17— 18.
Hier ist vom Halsband keine Rede. Die Sage gehórt an eine
viel frühere Stelle, zu den Besiedelungssagen, zum Übergang der
Góttersagen in die Menschensagen.
6. Die Kapitel 22 ff. sind im Zusammenhang mit der be-
rühmten Starkadsage. Allerdings setzt Snorri hier den Haupt-
teil dieser Sage in die Zeit der dänischen Könige, Dans des
Stolzen, Frodes des Stolzen oder des Friedsamen (nicht „Friede-
frode“) und seines Sohnes Fridleif, während sie nach Saxo erst
unter dessen Sohn Frode den Freigebigen (den vierten) und
später fällt.
7. Nun kommt in Kapitel 28—80 ebenfalls an auffallender,
unrechter Stelle die Sage von Hrolf Krake, die Saxo und,
wie es scheint, auch die Edda (Mühlenlied) bald nach Fried-
frode setzt.
8. Nach den Übergangskapiteln über Yngwar und Önund
den Wegebauer folgt in‘ Kapitel 34 ff. die Sage von Ingjald
1%
Illradi und Swipdag dem Blinden. — Damit ist der Sagenstoff
der Ynglingensage erschöpft.
9. Aus der Geschichte von Hakon dem Guten, Kapitel 12
in einem folgenden Teil der Heimskringla, werden wir noch die
Geschichte vom Hund als König mitzuteilen haben, die in die
Zeit des Königs Snjo fällt, als die Langobarden auszogen.
Man kann also von der Komposition der Ynglingensage
sagen, daß sie im ganzen gut angelegt ist, im einzelnen aber
wohl verbesserungsfähig erscheint. Diese Mängel der Anordnung
fallen hier mehr auf als in der prosaischen Edda, die ja nicht
den Anspruch chronologischer Ordnung macht.
B. Saxos Dänengeschichte.
Auch von der dänischen Sagengeschichte, die Saxo in
seinen ersten neun Büchern bietet, gilt ähnliches: im ganzen
gute Anordnung, im einzelnen offenbare oder verstecktere Ver-
wirrung. Saxo hat sich, wie Uhland treffend sagt, manchmal
in seine Königsreihen verwickelt. Ich will die Entwickelung
möglichst konservativ durchführen. (Ich halte dabei für die
Eigennamen die Schreibung Saxos fest.)
Auch Saxo beruft sich in der Vorrede ausdrücklich auf
Gedichte in dänischer Sprache als auf seine Hauptquellen, und
er erklärt, daß er in seiner lateinischen Darstellung Vers für
Vers getreulich übersetze, so daß er sein Werk nicht als das
seinige und als ein neues, sondern geradezu als das Erzeugnis
der alten Zeiten angesehen wissen will.
1. Die erste von ihm mitgeteilte Sage entspricht dem
eddischen Lied von Rigr, das auch die Ynglingensage in Kapitel
17—18 berührt. Ich werde die Sage im folgenden eingehender
behandeln. Saxo hat sie aufs knappste zusammengezogen. Nach
ihm ist Dan unmittelbar der Sohn des Humblus — Heimdall
= Rigr.
2. Es folgt die Sage von Skiold, Schild, dem Stammvater
der Schildungen. Sie gehört zur Sage vom Auszug Odins und
von der Besitzergreifung des Nordens. Auch diese wie alle
folgenden Sagen werden im folgenden eine zusammenfassende
Erörterung finden.
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8. Saxo nennt Skiolds Sohn und Nachfolger Gram. Es
ergibt sich aus anderen Genealogien, wie aus Saxo selber, daß
damit kein anderer als der berühmte Halfdan der Alte gemeint
ist, der Stammherr von neun Heldengeschlechtern. Übrigens
gibt Saxo selber im 7. Buch nochmals eine Variante desselben
Sagenhelden. Er nennt ihn da richtig Haldan und weiß, daß er
den Beinamen „Berggram“ hat.
4. Die folgende Sage von Hading hängt nur künstlich mit
der Genealogie der Schildungen zusammen. Saxo charakterisiert
sie schon durch eine breite Einleitung über Zauberei als Gótter-
sage. In der Tat ergibt sich aus mancher Ähnlichkeit, daß hier
nur die Sage vom Wanengott Njord vermenschlicht wiedererzählt
wird und zwar seine erste Ehe bei den Wanen mit der Zieh-
schwester Hartgrepa, seine zweite Ehe bei den Asen mit Skadi-
Regnilda. So versteht man erst die eingeschobene Episode von
Odin und Frigga; sie hängt ursprünglich mit der Hadingsage enger
zusammen, da sie nichts anderes ist als eine Variante der Sage
vom Wanenkrieg. Die richtige Stellung dieser Göttersage ist
durch die Ynglingensage gegeben. Sie entspricht den ersten
Kapiteln derselben. Auch davon noch später.
5. Das zweite Buch Saxos beginnt mit der Sage von Frotho I.
Es ergibt sich aus den andern Quellen, daß damit nur der Fried-
frode gemeint sein kann, den die Edda in die Zeit des Augustus
und der Geburt Christi setzt. Damit stimmen auch einige Züge
in der Erzählung Saxos. Nun ist dieser aber hier in einen argen
Fehler geraten, dessen Quelle wir leicht nachweisen können. Die
echte Sage unterscheidet nämlich bei den vier oder fünf Königen
namens Frode ganz bestimmt den ersten als Friedfrode vom
dritten als Frode dem Friedsamen oder dem Stolzen. Saxo hat
nun den dritten, den Friedsamen (5. Buch) zugleich zum Fried-
frode gemacht und ihn in die Zeit von Christi Geburt versetzt.
Dazu hat ihn außer dem Beinamen auch die Fülle seiner Königs-
reihen verleitet und die Lust, dadurch in ein noch höheres
Altertum hinaufzukommen; denn in der Tat müßte sein erster
Frotho etwa ein halbes Jahrtausend vor Christus fallen. Wir
stellen aber wieder die Übereinstimmung mit der allgemeinen
Sage her, indem wir diesen ersten Frotho als den eigentlichen
Friedfrode anerkennen und dem dritten Frotho das nehmen,
was ihm nicht gebührt. Auch halten wir fest, daß wir uns
nach der allgemeinen Überlieferung hier in der Zeit Christi be-
finden.
6. Auf die Sage vom Friedfrode folgt bei Saxo ganz richtig
die Sage von Rolf Krake, seinem Urenkel oder Großneffen. Die
Ynglingensage setzt ihn allerdings viel später an, auch der
Beowulf scheint ihn als Hrodulf zum Neffen Hrodgars zu machen.
Aber die Ynglingensage ist hier ganz zusammenhanglos, der Beo-
wulf hat nur einige gleiche Namen mit Saxo, die auch auf Zufall
beruhen können. Entscheidend ist das eddische Mühlenlied, das
entschieden den Rolf mit der Rache für Friedfrodes Tod zu-
sammenbringt. Saxo macht allerdings noch durch eine Ver-
wechslung den Helge, Rolfs Vater, zum Hundingstöter; er soll
den Hunding, den Sohn des Sachsenkönigs Syrik, bei der Stadt
Stade besiegt haben. Aber das gehört in die Welsungensage.
7. Mit Saxos drittem Buch schließt sich in guter Ordnung
an die Rolfsage die von Balder und Hother an. Sie ist die
Steigerung jener. Dort verzichten die Menschen auf die Mithilfe
der Götter, hier bekämpfen sie die Götter und töten den besten Gott.
Ja der Göttervater muß infolgedessen in die Verbannung gehen.
Bis hierher geht bei Saxo ein ziemlich gut zusammenhängen-
der Sagenkreis einer ältesten Mythenschicht, die sich zu den
Heldensagen aus der Völkerwanderungszeit etwa ähnlich verhält,
wie bei den Griechen die Ursagen von Inachos , Jo, Europa,
Kadmos und Kekrops zu den spüteren Heldensagen von Herakles,
Jason und Achilleus, Bei den Griéchen liegen viele Genera-
tionen, ein halbes Jahrtausend dazwischen. . Auch bei uns; denn
dieser erste Sagenkreis füllt nach übereinstimmenden alten Zeug-
nissen in das erste Jahrhundert vor und nach Christus. Die
Zeit zwischen den beiden grofen Sagenmittelpunkten ist wohl
dureh mannigfache Sagen und Genealogien ausgefüllt, aber doch
dünner und unsicherer. Auch der Schluß von Saxos drittem
Buch und das ganze vierte Buch hat nur die Aufgabe, diese
lange Zwischenzeit auszufüllen.
8. Die Sage von Rürik (Slyngebond, Ringverschleuderer)
schließt sich auch in anderen Genealogien an die Hothersage an.
Unter Röriks Regierung fällt die Amlethsage. Amleths Vater
Horwendill, der eddische Aurwandill, ist einerseits mit der Sage
von des Gottes Thor Fahrten verbunden, anderseits mit der
deutschen Heldensage, wo er Orendel, Eigels Sohn, heißt. Das
würde ihn in eine viel spätere Zeit setzen, da Egil Wielands
Bruder und Wates des Wilzensohnes Kind ist. Auch den Rörik
Slyngebond stellen andere Genealogien viel später. |
9. Mit dem vierten Buch Saxos kommen wir zur Sage von
Wiglet, der Róriks Sohn heift und den Amleth in der Schlacht
tötet. Wenn er aber derselbe ist, der als Wigaleis in der
Kudrun, und als Hetels Vasall erscheint, dann würe er in einen
späteren Zusammenhang zu stellen. Die angelsächsischen Genea-
logien kennen ihn als Wikleg, Vater Wermunds, des Vaters
Offas. Danach wäre Wikleg Wodens Sohn, und fiele etwa ins
3. Jahrhundert. Aber vielleicht sind alle diese Helden ver-
schieden und gehört der angelsächsische Wikleg in die Sage vom
Auszug Odins —
10. Die schöne Sage von Wermund schließt sich mit Recht
an Wiglet an, wie ‚die angelsächsischen Genealogien bestätigen.
Freilich scheint die von Saxo angenommene Gleichzeitigkeit des
Schwedenkönigs Athisl die Sage in die Zeit Rolfs Krake hinauf-
zuschieben. Aber das mag ein anderer Athisl sein. Auf Wer-
mund folgt richtig Uffo oder Olaf der Milde.
11. Nach Dan dem Stolzen und einem Huglet folgt Frotho II.,
der Frische. Eine Genealogie der Flateyjarbok setzt ihn viel
früher, vor Wermund, in die dritte Generation nach Friedfrode.
Damit stimmt, daf auch Saxo ihn mit der Góttersage in Ver-
bindung bringt. Er überwindet den Froger, Sohn des Othin,
wie Hother den Balder. Froger kann nur besiegt werden, wenn
jemand den Staub unter seinen Füfen aufrafft.
12. Den Sehluf des 4. Buchs bildet Dan III. und Fridlef I.
der Schnelle, ganz richtig als Großvater und Vater des dritten
Frode, des Friedsamen, bezeichnet, Allerdings meint als letztern
die Flateyjarbok einen Dan, den Verschwender. Auch bei den
mehreren Fridlef, die alle mit einem Frode in Verbindung
sind, ist es zweifelhaft, ob Saxo immer den richtigen mit der
richtigen Sage an die rechte Stelle gesetzt hat. So scheint es
mir wahrscheinlich, daß Züge des folgenden Fridlef II. bei Saxo
ursprünglich diesem ersten zukommen.
18. Mit Frotho IIL. dem Friedsamen beginnt bei Saxo das
5. Buch und zugleich der Véólkerwanderungssagenkreis, Ich
habe bereits erwähnt, daB Saxo diesen Frode den ,Friedsamen“
mit dem ,Friedfrode* verwechselt hat. Nur der erste Teil der
von ihm berichteten Sagen bezieht sich auf den dritten Frode,
der zweite Teil aber gehört dem älteren Friedfrode zu. Diese
Scheidung werde ich bei der folgenden geordneten Übersicht
über die nordische Sagengeschichte genauer durchzuführen suchen.
Es sind also hier auszuscheiden die Gesetze, die aufgehängten
Goldspangen, die Todesart, die Geburt Christi. Der dritte Frode
fällt vielmehr in die Hunnenzeit, in die Völkerwanderung. Er
ist mit Hanunda, der Tochter des Hunnenkönigs Hun (= Botel?)
vermählt. Er ist ein Zeitgenosse des Konigs Arthur von Bri-
tannien, der ins 5. Jahrhundert gehórt, wenn nämlich der Arthorius,
Kónig von Sunmoria und Normoria in Norwegen, bei Saxo der-
selbe ist. Artus war der Sage nach Lehensherr von Norwegen.
Frotho IIL ist aber auch der Frute der Kudrunlieder, der dem
Hetel die Hilde wirbt, er ist Hetels und Wates ,Neffe*. Er
ist als der ,milde*" Fruote in Deutschland bekannt. Er ist der
Schwiegervater des Arngrimm und Großvater des Angantir.
Arwarodd spielt dabei eine Rolle.
14. Zu Beginn des 6. Buches erzählt Saxo, der Dichter
Hiarn habe zum Lohn eines Lobgedichts auf König Frotho das
(oder ein) Königtum in Dänemark bekommen. Ob nicht dieser
Hiarn der Sänger Horand aus der Kudrun ist? Die dänische
Form Hjarne entspricht in der Tat der norrönischen Form
Hjarrandi (Olrik 2, 219). Der Kern der Sage scheint dann nur
die bis ins Mythische emporgehobene Gestalt eines zauberhaften
Sängers zu sein, der mit dem Küónigshaus verwandt ist, selbst
ein Fürstentum besitzt, aber doch seine Kunst ausübt, die er von
Alben gelernt hat. Man mag auch noch Fragmente seiner Ge-
dichte als echt angesehen haben. Oder vielleicht sind die von
Saxo angeführten wenigen Verse nur der SchluB eines epischen
Liederkreises, der neben der Geschichte des milden Frode auch
die ganze Hildensage in sich fabte?
15. Fridlef IL, Frodes Sohn, soll dann diesen Sänger Hiarn
verdrängt und ihn trotz listiger Verkleidung getötet haben. An
die Kudrunsage erinnert wieder der Frekasund-Wülpensand, der
nach einem Gesandten Friedlefs benannt wurde. Ich glaube
aber, daß diese Geschichte mit der ganzen Brautwerbung dem
ersten Fridlef zukommt, ebenso die von Saxo erzählte Befreiung
eines Knaben aus Riesengewalt. Ich vermute nämlich in diesem
Knaben den Hagen von Irland, Schwiegervater Hetels oder
Hithins, nicht dessen Sohn, wie aus der (übrigens verderbten)
Stelle herausgelesen wird. Dann hätten wir an richtiger Stelle
auch bei Saxo den ersten Teil der Kudrunsage vertreten. Der
dritte Teil wird ebenfalls berührt; Fridlef II. wirbt nämlich für
Haldan von Schweden, den Sohn des beredten Erik (— Herwig
von Seeland), um die Tochter des Hythin (Hetel); das ist aber
Kudrun. Freilich ist diese Stelle in ihrer jetzigen Fassung unklar
und verwirrt.
16. Fridlefs II. Sohn ist Frotho IV., der Freigebige, also
auch wieder unser ,milde“. Frotho IV. ist charakterisiert
dureh das Auftreten Starkads. In Frothos Dienst kümpft dieser
gegen die Sachsen und besonders gegen ihren Kimpen Hama
(= Heime) Allerdings li8t es Saxo unklar, ob Starkad auch
schon in dieses Frotho Dienst Wisin, Tanna uud Waske be-
kämpft. Auch bleibt es zweifelhaft, ob wir in diesem letzteren
Kämpen den deutschen Wilze (Wilzke) oder seinen Sohn Wate
(Waza) zu suchen haben, In die Starkadsage spielt wieder
mächtig die Göttersage von Odin und Thor hinein, dann die
Sage von Wikar, endlich die von Hake und Hagbard, den beiden
Wikingbrüdern, und damit die von Hagbard und Signe. Starkad
bekriegt mit Hake den König Huglek, der nach Saxo ein Ir-
länder, nach der Ynglingensage richtiger ein Schwede ist. Es
ist kein anderer als der Geatenkönig Hygelak im südlichen
Skandinavien, der Mutterbruder des berühmten Helden Beowulf,
der Sohn des Hredel, Enkel eines Swerting. Damit stimmt es
vortrefflich, da im Beowulflied Hrodgars Tochter Freaware mit
Ingeld vermählt ist, dem Sohn des Headobeardenkónigs Froda:
das ist eben unser Frotho und sein Sohn Ingell
17. Die Sage von Ingell gipfelt in der Blutrache, die Ingell
nach längerem Zögern auf Zuspruch des Starkad an den Söhnen
des Sachsen Swerting für den Tod seines Vaters nimmt. Vielleicht
ist dabei an die Swertinge im Beowulf zu denken, zu denen
außer Beowulfs Mutter auch deren Bruder Hygelak gehörte;
dieser Hygelak steht mit Ongentheow (Angantyr) in Blutrache.
Im Beowulflied wird Ongentheow, der Schwedenkönig, vom Geaten
Eofor getótet, bei Saxo füllt Angantur, der Herzogsohn von See-
land, ein Werber um Ingells Schwester Helga, durch Starkad.
Wenn Starkad die in Dänemark eingerissene deutsche Schwelgerei
tadelt, so mag man sich an die Beziehungen des damaligen Däne-
mark zum Hof von Worms erinnern, wie sie das Nibelungenlied
darstellt.
In den fünf Generationen von Fridlef I. — Frotho III. —
Fridlef IT. — Frotho IV. — Ingell scheint der Sagenkreis der
Völkerwanderung mit einer bemerkenswerten ästhetischen Ab-
rundung abgeschlossen zu sein. Eine gleiche Beobachtung mag
man im Gebiet der deutschen Heldensage machen, wo auch die
Vülkerwanderungszeit etwa fünf Heldengenerationen umfaft.
Man mag annehmen, daf diese Generationen etwa die Zeit von
966—533 ausfüllen, natürlich nicht historisch, sondern mythisch.
Alle die mannigfachen Beziehungen der deutschen Héeldensage
auf dänische, norwegische und schwedische Namen mag man
versuchen hier unterzubringen. Ebenso die gleichen Beziehungen
der britischen Artussage. Davon noch spüter.
Zwischen dem Vólkerwanderungskreis und dem Sagenkreis
von der Brawallaschlacht là8t die Überlieferung nun wieder
einen Zwischenraum, den Saxo sowohl, wie die übrigen Redak-
toren nur mühsam und unsicher mit widersprechenden Genea-
logien und Sagenfragmenten ausfüllen kónnen.
18. Zu Beginn des 7. Buches erscheint nach einem Olaf ein
Frotho V. und sein Bruder Harald. Von diesem Frotho und
seinen Neffen wird ähnliches erzählt wie in der Hrolfssage.
Damit würde es stimmen, daß auch die Ynglingensage in Kapitel
28—80 die Hrolfssage erst so spät nach allen Frodes setzt.
Aber dennoch werden wir das nur als interessante Variante zu
betrachten haben und an Saxos erster Einstellung der Rolfssage
nach dem ersten Frode festhalten.
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19. Die folgende Sage von Haldan, Haralds Bruder, erweist
sich als eine Variante der Sage von Halfdan dem Alten, den
Saxo bereits im 1. Buch als Gram aufgeführt hat, wofür wir
hier auch die Erklürung finden; denn Haldan hat den Beinamen
Biargramm.
20. Die eingeschobene Sage von der Liebe Othars und der
Syritha (— Freyja?) scheint in die Góttersage zu gehéren.
21. Nun wieder ein Stück Starkadsage: seine Neidingflucht.
22. Es folgt zur weiteren Ausfüllung die Liebessage von
Alf und Alwilda, den Grofeltern des Harald Hildetan.
23. Eine weitere Liebesgeschichte wird eingeschoben, die
von Hagbard und Signe. Sie gehürt aber in die Jugendzeit
Starkads, als er mit den Wikingern Hake und Hagbard ausführt.
Starkad tritt hier wieder auf als Neiding. Er verläßt nämlich
seinen Genossen Hake, der des Bruders Tod rächen will. Offen-
bar hat sich daran in rechter Ordnung Starkads Ankunft bei
Frotho IV. anzuschließen.
24. Nun kommt die Zeit der Zersplitterung Dänemarks
unter den fünf Königen; eine Variante der Sage, wie den Dänen
von den Schweden ein Hund zum König gegeben wird, welche
Sage eigentlich früher unter König Snjo gehört. Ferner die
Sage von Gurith, der Mutter Haralds Hildetan.
25. Nun als Schluß des 7. Buches die Sage von Harald
Hildetan und der Brawallaschlacht. Odin greift wieder mächtig
ein, ebenso Starkad. Diese Ereignisse werden von den Historikern
in die erste Hälfte des 8. Jahrhunderts gesetzt.
26. Das 8. Buch. Haralds Schwestersohn Olo der Grau-
same wird von Starkad im Bade getötet, worauf der lebensmiide
Starkad selber den Tod sucht. Die Ynglingensage setzt diese
letzte Neidingtat viel früher, etwa in die Zeit Frodes des Milden
oder des Vierten; offenbar nimmt sie nicht an, daB Starkad
bis zur Brawallaschlacht, die sie übrigens gar nicht erwähnt,
gelebt habe.
27. Nun ist aber ganz willkürlich ein Stück aus der Vólker-
wanderungssage eingeschoben, nümlich die Geschichte von Jar-
merik (Ermenrich), die aus der deutschen Heldensage und den
Eddaliedern wohl bekannt ist. Sie erscheint hier in ganz anderer
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Fassung, eingeleitet durch eine Jugendgeschichte Jarmeriks und
die Geschichte seines Vaters Siward, eines Oheims Buthel (Botel)
und einer Vaterschwester. Sibich erscheint als Bikko, und
vielleicht auch in der früheren Generation seine Sippe in Ebbo,
Sohn des Sibbo. All das wird von Saxo sehr verworren vor-
gebracht, aber wir haben doch wohl hier Überreste von Sagen
aus der ersten Zeit der Völkerwanderung, als der historische
Airmanareiks lebte, und wir müssen sie da einzureihen suchen,
wo Botel, der Vater Etzels, und die slawischen Wilzen auftreten.
28. Der Auszug der Langobarden unter König Snjo gehört
an einen früheren Platz in den allerersten Sagenkreis, der in die
Zeit von Christi Geburt fällt, in die Rolfsage.
29. Dagegen wird mit der Sage von Gorm und Thorkill
und der dantesken Reise nach den Jenseitsorten wohl wieder
die Fortsetzung des Brawallakreises gegeben. Denn dieser Gorm
soll der Vater Gotriks sein, der 804—810 mit Karl dem Großen
zu tun hatte. Aber vielleicht war ursprünglich jener spätere
Gorm gemeint, der Vater Haralds Blauzahn, der letzte heid-
nische König?
80. Die Sage vom Gebe-Ref, die Saxo unter den König
Gotrik oder Godfrid 804—810 setzt, fällt nach der Gautreksaga
unter den alten Gautrek von Gotland, der zur Zeit des Hrolf
Krake lebte oder zur Zeit des Wikar, also zu Starkads Jugendzeit,
31. Die Sage von Regner, Ragnar Lodbrok, und seinen
Söhnen, die Saxo noch im 9. Buch erzählt, schließt den Sagenkreis
von der Brawallaschlacht ab. Damit knüpft die altgermanische
Heldensage an die christliche Sage von Karl dem Großen an.
C. Flateyiarbok.
Von gleicher Wichtigkeit wie die zusammenfassenden
Ordnungsversuche Snorris und Saxos sind die Genealogien der
Flateyjarbok, die auf ältere Quellen (Langfedgatal) zurück-
gehen und die ich nun unter gleichem Gesichtspunkt be-
handeln will.
1. Der Urriese Fornjot (= Ymir) hat drei Söhne: den Meer-
riesen Hler (Agir), den Feuerriesen Logi, den Sturmriesen Kari.
| 2
Karis Sohn ist Jökul (Gletscher), dessen Sohn ist König Snaer
(Schnee, Snjo). Seine Kinder sind Thorri, Faun, Drifa und Mjoll.
Konig Snjo erscheint auch bei Saxo. Unter ihm, dem lang-
lebigen, fand der Auszug der Langobarden statt.
Thorri war ein berühmter König, er herrschte über Got-
land, Könland und Finnland. Er hatte drei Kinder: zwei Söhne
Norr und Gorr und eine Tochter Goi. Goi kam abhanden und
ihre Brüder suchten sie. Dabei fällte Norr die Könige Vee und
Vei, Hunding und Heming, eroberte sich ganz Norwegen und
fand die Schwester am Norafjord bei König Rolf im Berg.
Dieser war der Sohn des Riesen Svadi und der Ashild, der
Tochter König Eysteins. Rolf behielt Goi als Lehensmann Nors
und gab dem Norr seine Sehwester Hódd. Norr teilte nun das
Reich mit seinem Bruder Gorr, der indes die Inseln durchsucht
hatte, so, daß er sich das Festland von Norwegen vom nörd-
lichen Riesenheim bis zum südlichen Alfheim behielt. Gorr aber
bekam die Inseln und wurde Seekönig. Seine Söhne waren
Beiti und Heiti, Meitir und Geitir, Geitirs Sohn war Gylfi, der
aus der Edda wohlbekannte. Von Nors Sóhnen war Gard der
Vater des Hord, Rugalf, Thrym, Vegard, Freygard, Thorgard
und Grjotgard. Grjotgard, der Herrscher von Nordmaeri, hatte
zum Sohn den Salgard, dieser den Grjotgard, dieser den Solfi,
dieser den Hogni von Njardey. Hogni war Vater des Wiking
Sölfi und der schlanken Hilde, die war die Gattin Hjórleifs des
Frauenlieblings und Mutter des Berserkers Half. Vielleicht eine
Erinnerung an die Hildesage.
Ein anderer Sohn Nors ist Raum ; dieser erbte Alfheim um
den Raumelf und Raumsdal Seine Gattin war Bergdis, die
Schwester des Bergfinn, welcher ein Sohn des Riesen Thrym
von Verma war. Thrym, aus der Edda wohlbekannt, ist ein
Sohn von Raums Bruder Gard, Raum hat unter andern Söhnen
den Finnalf; dessen Gattin ist Svanhild Goldfeder, die Tochter
des Dag, der der Sohn Dellings und der Sonne (Sol) ist, welche
letztere wieder Mundilfars Tochter ist. Von Finnalf stammt
dann Svan, Saefar, Ulf, Alf, Eystein. Das scheint in die Genea-
logie Ottars nach dem Hyndlulied überzuleiten.
Nun kommt eine wichtigere Genealogie. Ein anderer Sohn
13
Raums ist Hadding, der Besitzer von Haddingjadal und Thela-
mörk, einer seiner Nachfolger ist Helgi der Haddingsheld. Und
noch ein andrer Sohn des Raum ist König Hring von Hringarik
und Valldres, der die Tochter des Seekönigs Vifil zum Weib
hatte. Deren Sohn war Halfdan der Alte. Er brachte ein
Opfer zu Mittwinter, damit er ein Leben. von 300 Jahren er-
halte, wie es Snaer der Alte erreicht hatte, Doch er bekam die
Antwort, er selber würde wohl nur ein Mannesalter haben, aber
in seinem Geschlecht sollte durch 300 Winter kein uneben-
bürtiger Nachkomme erstehen. Über sein Geschlecht soll noch
spáter gehandelt werden. Hier ist nur festzuhalten, daf der
Schildung, der Däne Halfdan mit N orwegen verbunden wird,
und daß in seiner Verwandtschaft ein Hadding erscheint.
Nun ist König Alf der Alte von Alfheim eingeschoben, der
Vater Alfgeirs, des Vaters Gandalfs ; des Vaters der Alfhild.
Diese Alfhild soll Mutter des Ragnar Lodbrok gewesen sein.
Harald der Alte, der Sohn Valldars des Milden, des Sohnes
des Hroar, hatte Hervór, die Tochter des Königs Heidrek, zum
Weib. Deren Sohn war Halfdan der Schnelle, der Vater Ivars
des Weitgefahrenen, des Vaters der reichen Audr. Diese war
das Weib Hraereks des Ringschleuderers, und ihr Sohn war
Harald Hildetan. Später heiratete Audr den König Radbard,
und deren Sohn war Randwer, der Vater Sigurd Rings, des
Vaters Ragnars Lodbrok, Vaters des Sigurd, Vaters der Aslaug,
Mutter des Sigurd, Vaters der Ragnhild, Mutter Haralds des
Haarschönen, Königs von N orwegen.
2. Eine Genealogie von Odin bis Harald Harfagr: Borri —
Burr — Odin — Freyr — Njord — Freyr — Fjólnir —
Sweigdir — Vandland — Visbur — Domald — Domar —
Dyggvi, den wir Tryggvi heiBen — Dag — Agni, der Gatte der
Skjalf (Skjalfarbondi) — Alrek — Yngvi — Jormunfrodi, den
wir Jörund nennen (er kommt in der Ynglingensage Kap. 23 f.
vor, mitten in der Starkadsage, ist also wohl kein anderer als
Saxos Frotho IV., trotz der sehr verworrenen Erzühlung Snorris)
— Ani der Alte (Ynglingensage Kap. 25), den wir Aun nennen,
der neun Winter hindurch das Opferhorn für alle Zwecke trank
— Eigil Tunnadolg — Ottar Vandilskraka (Yngl 27) — Adils
:
von Uppsala (Yngl. 28) — Eystein — Yngvar — Brautaunund
(Önund) — Ingjalld Illradi — Olaf Tretelgja — Halfdan Hvit-
bein — Eystein — Halfdan der Milde — Gudraud Veidikonung
— Halfdan der Schwarze — Harald Harfagr. Die Genealogie
stimmt mit der Ynglingensage, aus der sie wohl entnommen ist.
Im Anfang ist sie durch die Edda ergänzt, zum Schluß abgekürzt.
Höchst wichtig ist die Bemerkung über Jórund.
3. Es folgt ein Stammregister von Odin und Skjöld bis
Harald Harfagr: Odin — Skjöld — Fridleif — Fridfrodi —
Fridleif — Havard der Handfeste — Frodi (IL) — Vermund
der Weise — Olaf der Karge — Dan der Verschwender —
Frodi der Friedsame (IIL) — Fridleif — Frodi der Frische —
Ingjald der Starkadzógling — Hraerek der Ringkarge — Halfdan
— Hraerek der Ringverschleuderer — Harald Hilditan, dessen
Bruder ist Randver, der Vater Sigurd Hrings, dessen Nach-
kommenschaft schon oben aufgezählt ist, Nach dieser Genealogie,
die sich zum Teil mit Saxo deckt, ist ein Fridleif Vater des
ersten, des Fridfrodi. Das stimmt mit der Skalda Kapitel 43.
Ein zweiter Fridleif ist des Fridfrodi Sohn. Verschieden im
einzelnen sind auch die Angaben für die Zwischenzeit. Doch
befestigt diese Genealogie jedenfalls die Selbständigkeit der vier
ersten Frode und den genealogischen Zusammenhang innerhalb
des Vólkerwanderungskreises: Frode III. — Fridleif — Frode IV.
— Ingiald. Nur in der zweiten Zwischenzeit wieder ein erklür-
liches Schwanken der Überlieferung.
4. Es folgt nun ein Register von Adam bis Harald, offen-
bar in Zusammenhang mit ähnlichen Gedanken der Vorrede zur
Edda und des Langfedgatal: Adam — Seth — Enos — Kaynan
— Malaleel — Phareth — Enoch — Mathusalem der Alte —
Lamech am Schluß des ersten Heimsalters — Noe — Japhet
— Japhan — Zechim — Ciprus — Cretus oder Celius — Sa-
turnus in Kreta — Jupiter — Darius — Erichonius — Troeg
— llus — Lamidon — Priamus der Hauptkänig. Troana, seine
Tochter war die Gattin des Königs Munnon oder Mennon
(Memnon); ihr Sohn war Tror, den wir Thor nennen, sein Sohn
Loricha, den wir Hloridi nennen, sein Sohn Eredei, den wir
Eindridi nennen. Weiter: Vingithorr — Vinginer — Modi —
|
Magi, den wir Magni nennen — Seseph — Beduig — Atra —
Trinan — Heremoth, den wir Hermod nennen — Skjaldin
(Skjold) — Beaf (unser Diar) — Godolf — Burri (unser Finn)
— Frjalaf (unser Bor) — Voden (unser Odin), der Tyrkjakonig
— Skjold — Fridleif — Fridfrodi — Herleif — Havar der
Handfeste — Frodi — Vemund der Weise — seine Tochter
Olof, die war Mutter Frodis des Friedsamen — Fridleif —
Frodi der Frische — Halfdan — Hroar — Valldar der Milde
— Harald der Alte — Halfdan der Sehnelle — Ivar der
Weitgefahrene — dessen Tochter Aud die Reiche — Randver
— Sigurd Hring — Ragnar Lodbrok — Sigurd Sehlangimauge
— Aslaug — Sigurd Hirsch — Tochter Ragnhild — Harald
Harfagr.
Ein Nachtrag (fundinn Noregr) führt die Besitznahme Nor-
wegens durch Norr noch weiter aus ohne neue Sagenzüpge.
D. Chroniken.
Endlich sollen auch noch kurz die dänischen Königsreihen
berührt werden, die vor Saxo aufgezeichnet wurden. Ich gebe
sie nach der Übersicht bei Olrik 1, 99.
Svends „Compendiosa regum Daniae historia“ gibt diese
Reihe: Skiold — Frothi — Haldan — Helghi — Rolf Kraki
— Rokil — Frothi der Frische — Wermund der Weise —
Uffi — Dan der Stolze — Frothi der Greise — Frithlever
Frothi der Friedgute und Freigebige — Ingild — Olaus —
Regner Lothbroki — Siward — Kanut — Frothi — Harald —
Gorm — Harald Blauzahn.
Die Jahrbiicher von Lund geben: Dan — Haldan — Ro
— Helghi — Siward der Weife — Rachi — Snyo — Rolf
Kraki — Hyarwarth — Haky — Fritlef — Frothe der Frei-
gebige — Ingyald — Olav — Asa (bei Saxo Ingilds jiingere
Schwester) — Harald Hyldetan — Ring — Hetha.
Der ,Catalogus regum Daniae*: Dan — Thrughi — Harald
Ring — Snyo — Byorn — Frothe — Gorm — Guthorm —
Harald.
Der Abt Wilhelm: Dan — Warmund — Frothe — Gorm
— Gothorm — Frothe — Sven — Harald Blauzahn.
[
Neuordnung.
Also vorbereitet, will ich versuchen, die ganze nordische
Sagengeschichte in möglichst guter Ordnung zu skizzieren. Ich
will damit nicht ein irgendeinmal bestandenes Sagenwerk wieder-
herstellen. Vor Saxo und vor Snorri gab es ja kaum ein solches,
und wenn es bestand, wenn wir etwa doch auch ein außer durch
Karl den Großen durch einen anderen nordischen Mann ver-
anstaltetes Heldenbuch annehmen dürften, so wissen wir jedenfalls
gar nichts über dessen Inhalt. Nein, der Zweck des folgenden
Versuches ist kein anderer, als die ganze Fülle der Sagen, die
dem Saxo und dem Snorri vorlagen, mit Hilfe dieser Ordner
selber ein klein wenig besser zu ordnen. Ich stelle mir vor, daß
im 18. Jahrhundert ein Sagenfreund wie jene beiden das hätte
leisten können, wenn er das ganze damals in Skandinavien, in
Island und in Deutschland vorhandene Material zugleich vor
sich gehabt hätte. Wir haben diese größere Übersicht und
können daher manches besser machen. Freilich fehlt uns ander-
seits wieder eine Fülle von dem, was jene vor sich hatten.
Darum bleibe ich mir der Gefährlichkeit meines Unternehmens
wohl bewußt.
Es ergeben sich aus dem vorher Untersuchten ungezwungen
folgende sieben Sagengruppen:
I. Die Sagen vor dem Auszug Odins.
II. Die grofe Sagengruppe vom Auszug Odins nach dem
Norden und von der Einsetzung seiner Söhne bis zum
Tode Balders und Odins Verbannung.
III. Sagen der Übergangszeit bis zur Völkerwanderung.
IV. Sagenkreis der Völkerwanderung.
V. Ubergangszeit nach der Völkerwanderung.
VI. Brawallaschlacht.
VII. Ausgang in die Karlssage.
Blümml, Quellen und Forschungen, IV.
Wi
I. Sagen vor dem Auszug Odins.
In der Urzeit hat ein Riesengeschlecht den Norden bewohnt
oder beherrscht. Das waren die Abkömmlinge des ersten Riesen
Fornjot (Ymir), seine Söhne, der Meerriese Ägir oder Hler, der
Feuerriese Logi und der Sturmriese Kari. Karis Sohn war Jökul
(Eis) dessen Sohn der langlebige König Snaer (Schnee, Snjo).
Seine Kinder sind Thorri, Faun, Drifa und Mjöll. Thorri wohnte
und herrschte als König in Finnland und Quenland. Seine
Tochter Goi wurde vom Riesenkönig Rolf in Norwegen geraubt,
von ihren Brüdern Nor und Gor gesucht. Nor fand sie , ver-
sühnte sich mit Rolf, nahm dessen Schwester Hodd zum Weib
und das Festland von Norwegen zu eigen, das nach ihm den
Namen hat. Gor nahm die Inseln in Besitz und war Seekünig.
Sein Enkel ist der aus der Edda wohlbekannte Kónig Gylfe.
Der Riese Thrym ist Nors Enkel Er hatte einen Sohn Berg-
finn und eine Tochter Bergdis. Diese war mit Raum, einem
anderen Sohn Nors, vermühlt, und ihr Sohn war Finnalf, der
Gatte der Swanhild Goldfeder, einer Tochter des Dag, der wieder
ein Sohn des Asen Delling und der Sol (Sonne) ist, der Tochter
Mundilfars. Dieser Bericht der Flateyjarbok entspricht also dem
mythologischen Riesenzeitalter der Edda,
Während dieser Urzeit leben die Gütter am Sehwarzen
Meer, und zwar die Wanen in Wanaheim westlich vom Flu
Tanais, die Asen in Asaheim östlich davon ; in „Asia“ mit der
Hauptburg Asgard. Über die Asen herrschte der Asenkönig
Odin, über die Wanen, wie sich aus der Ynglingensage ergibt,
Odins Brüder We und Wilir. Einer der Hauptgötter der Wanen
war Njord, von dem nun Saxo als von „Hading“ näheres zu
berichten wei. Njord, nach der Skalda der Sohn Odins von
unbekannter Frau, wird durch den Dichtergott Bragi (Brache)
dem Riesen Wagnoft zur Pflege übergeben. Seine Milchschwester
Hartgrepa (— Nerthus?) liebt ihn und hilft ihm in seinen J ugend-
l
R
kämpfen. Wenn Hartgrepa-Nerthus die Jörd-Erde ist, dann
wäre sie auch seine rechte Schwester, denn diese ist nach der
Edda die Tochter der Nacht und des Ander oder Onar, der
niemand anderer als Odin ist. Wahrscheinlich ist auch Njord
der Sohn der Nacht von Odin. Der Riese Wagnoft ist nur
Pflegevater beider, vielleicht derselbe, den die Edda Naglfari
nennt als ersten Gemahl der Nacht und Vater des Audr
(= Odr, Swipdag). Auch Odin als einäugiger Mann hilft bei
Saxo dem Njord-Hading und seinem Genossen Liser dem Wiking
gegen Loker (Loki), Fürst der Kuren. Odin rettet den besiegten
Schützling auf fliegendem Roß durch die Luft. Njord wird doch
von Loker gefangen, befreit sich aber durch Gesang, tötet einen
Lówen, saugt sein Blut aus und gewinnt so Zauberkraft. Vielleicht
hat man sieh in Anschluf an diese Riesenkümpfe die weiteren
Verhandlungen der Gótter mit Loki zu denken.
Der Kampf mit dem Hellespontier Handwan in Dünaburg
scheint eine Zwergenfehde zu berichten. Handwan mu8 sich
mit Gold loskaufen, wie Zwerg Andwar in der Edda.
Dann besteht Njord-Hading wieder einen Kampf mit dem
Kónig Swipdager von Norwegen, also einem Riesensprof. Dieser
hat, wie Saxo erzühlt, zuerst die Schwester und Tochter von
Hadings Vater Gram geschündet, dann diesen getötet, seine
Sóhne vertrieben. Nun wird er von Hading in einer Seeschlacht
bei Gotland besiegt und getótet. Swipdag ist der Audr, Sohn
des Naglfari oder Wagnoft und der Nacht, nach der Edda der
Liebhaber der Freyja.
Nun kommt in unsern beiden Hauptquellen der Bericht über
den Wanenkrieg. In beiden Quellen ist Frigga die Veranlassung.
Die Ynglingensage (Kap. 1—4) erzühlt, Odin, der Asenkünig,
habe sich auf einer seiner Fahrten zu lange verweilt. Man
glaubte, er werde nicht wiederkehren. Da wollten sich Odins
Brüder We und Wilir, die er als Statthalter zurückgelassen, des
ganzen Erbes und auch seiner Gattin Frigg bemüchtigen. Sie
sind offenbar als Herren der Wanengótter gedacht. Denn als
Odin doch heimkehrt und Weib und Land wieder in Besitz
nimmt, kommt es eben zum Krieg mit den Wanen. Die Wanen
müssen also Odins Widersachern, seinen feindlichen Brüdern,
9:
19
als ihren Königen geholfen haben. Das geht auch aus dem
Friedensschluß hervor. Die Wanen geben als Geisel ihre besten
Männer, Njord und seinen Sohn Freyr. Diese konnten also
nicht, wie man sonst gewöhnlich annimmt, die höchsten Herrscher
der Wanen sein, ebensowenig wie die Geiseln der Asen, Hönir
der Schöne und Mimir der Weise, die Asenkönige waren. Auch
Kvasir gilt hier abweichend von der echteren Erzählung der
Edda als Geisel der Asen. Die Wanen glauben sich durch den
Mánnertausch benachteiligt, tóten Mimir und schicken das Haupt
dem Odin. Es weissagt. Die Asen dagegen wissen die Wanen-
geiseln zu schützen und machen sie zu Göttern und Opfer-
priestern. Njord hat allerdings seine Gattin und Schwester
(Nerthus, Jórd?) bei den Wanen zurücklassen müssen, denn solche
Ehen sind bei den Asen nicht erlaubt. Njords Tochter Freyja
lehrt die Asen zuerst die bei den Wanen gebrüuchliche Zauber-
kunst, also wohl auch die Zauberlieder, durch die Mimirs Haupt
zum Sprechen gebracht wurde.
Saxo erzühlt die Ereignisse des Wanenkriegs in anderer
Fassung, aber ganz richtig als Episode des Sagenkreises von
Hading-Njord. Odin, der schon häufig Ausfahrten nach Upsala
gemacht hat, erhält von den Königen des Nordens als Weih-
geschenk eine goldene Statue, sein Abbild. Diese wird nach
Byzanz geschickt, also Asgard ist auch hier in der Nähe des
Schwarzen Meers gedacht. Aber Frigga, Odins Gemahlin, läßt
der Statue das Gold abnehmen, ja sie gibt sich einem Diener
preis, um die Statue umwerfen und noch mehr ausnutzen zu
lassen. Ein Zauberer Mitothyn tritt nun selber als Gegengott
auf und bestimmt Opfer für jeden Gott besonders, befestigt also
die Vielgótterei, Aber Odin kehrt wieder zurück und rücht
sich. Der Mitothyn muf nach Finnland fliehen. Er ist wohl
We oder Wilir, der Ebenhehre neben dem Hehren in Gylfa-
ginning. Nun wird also der Wanenkrieg folgen, in welchem
Njord auch nach anderer Überlieferung eine erste Rolle spielte,
da seine Axt Asgards Tor zerklobte. Wahrscheinlich ist auch
Saxos weitere Erzählung vom Kampf Hadings mit Asmund eine
Episode dieses Wanenkriegs. Asmund gibt sich schon durch
den Namen als Anhänger der Asen. Daß er Swipdagers Sohn
Fu
)
ist, mag nur eine Erfindung Saxos sein. Asmund gemahnt an
Asabragr, Asathor, den Kraftwalt der Asen. Sein Sohn fällt
im Kampf. Da tobt er in Berserkerwut. Hading-Njord ruft die
Riesen zu Hilfe und Wagnoft erscheint. auch mit krummem
Schwert. Aber Asmund spottet seiner und versetzt dem Hading
eine Fufwunde. Allerdings lift Saxo auch den Asmund fallen
und seine Gattin Gunild in Upsala aus Schmerz sterben (wie
in der Edda Nanna, Balders Gattin). Hadings Schatzkammer
wird beraubt. Der Krieg dauert fünf Jahre. Er wird ge-
schildert als Kampf Dänemarks (Wanen) mit Schweden (Asen).
Unsichtbare Stimmen (von Nornen) weissagen beiden Teilen Un-
heil. Zwei häßliche Greise reizen beide Heere. Das sind groß-
artige mythische Bilder, würdig des Götterkriegs. Hading zieht
sich den Fluch des Schicksals zu, weil er einen Gott in Tier-
gestalt getötet hat. Er sühnt das durch Opfer: „Fröblod“. Das
ist wohl eine Umscehreibung des Wanenfriedens.
Dieser wird nun nicht weiter ausgeführt, wohl aber Hading-
Njords Verbindung mit Skadi, hier Regnilda geheifen, Tochter
des Haquin, Kónigs der Nitherer. Hading tótet einen Riesen,
der um jene wirbt. Die Jungfrau heilt seine Wunden und läßt
in die FuBwunde einen Ring einheilen, um ihn wieder zu er-
kennen. Als sie dann bei einem Mahle unter den versammelten
jungen Männern den Gatten wählen soll, erkennt sie ihn an
diesem Zeichen und wählt ihn. Offenbar eine Variation der
Gattenwahl Skadis, die nur nach den Füßen wählen darf, Balder
zu wählen vermeint und auf den Njord gerät.
Saxo erzählt nun weiter, wie eine Frau, wohl seine frühere
Geliebte Hartgrepa = Jörd = Nerthus, den Neuvermählten in
die Unterwelt entführt, aber wieder entläßt.
In einem Krieg mit den Schweden und den zauberischen
Biarmiern, Permiern am Weißen Meer, wird Hading wieder von
Odin beschützt, lernt von ihm die keilförmige Schlachtordnung,
gewinnt Upsala und setzt dort Asmunds Sohn Hunding ein.
Aber mit seiner zweiten Gattin verträgt sich Hading
Schlecht. Er liebt mehr die See und den Seekrieg, sie das
Landleben. Hier umschreibt Saxo die bekannten Eddalieder von
Niord und Skadi.
P
Hading hat noch einen Kampf mit dem bösen Jüten Tosto
(Thiassi?) zu bestehen und mit seinen Helfern, dem Herzog
Siegfried von Sachsen und dem Wiking Kollo. Hartgrepa er-
scheint wieder und kündigt ihm an, seine zweite Frau werde
ihm einen Sohn gebären, ärger als ein Wolf, und eine Tochter,
süß wie ein Singschwan, doch boshaft wie ein Uhu (Freyr und
Freyja?). In der Tat reizt auch seine Tochter Ulwilda ihren
Gatten Guthorm, den Vater zu töten. Der Anschlag mißlingt,
Hunding hört die falsche Nachricht von seinem Tod in Schweden,
hält eine Leichenfeier und ertrinkt im Bierkessel. Da will auch
Hading nicht länger leben und erhängt sich öffentlich.
Daß wir hier wirklich eine Göttersage haben, und zwar den
Sagenkreis von Njord, beweist die Götterepisode, die bei Saxo
ohne rechten Zusammenhang erscheint, beweist die Gattenwahl
und der Gattenstreit. Auch die Ynglingensage macht aus N jord
einen nordischen König, der nach Odins Tod oder Verschwinden
geherrscht hat und sich im Tode dem Odin marken und weihen
ließ. Freilich fällt dieser angebliche Tod erst in die Zeit des
Frodefriedens (Kap. 10). Man möchte fast vermuten, daß Saxo
eine zusammenhängende Reihe von Liedern vor sich hatte, die
um die Person des Gottes Njord herum die Ereignisse der
Göttersage gruppierten. Das wäre bei der Bedeutung Njords im
Kultus des Nordens nicht zu verwundern.
Auch bei Olrik stellt sich als Kern der Haddingsage das
religiöse Problem des Götter- und Riesen( Wanen)glaubens heraus
(1, 185; 2, 6). Aber einleuchtender als seine historische Er-
innerung an den Wiking Hasting ist Miillenhoffs mythologische
Erklirung als Hartung.
An die Njordsagen mächte ich Saxos Erzählung von Syritha
und Othar anschließen (7. Buch). Obwohl der Name Syritha
mit dem Beinamen Syr für Freyja nur durch lautlichen Anklang
verbunden ist, darf man doch darin die Göttin erkennen, die
Braut des Odr — Swipdag. Sie ist, wie Saxo erzühlt, so scham-
haft, daß sie nur den zum Gemahl nehmen will, der von ihr
einen Blick erhaschen kann. Ein Riese entführt Sie, indem er
sich in eine Frau verwandelt oder sie durch ein Weib weg-
locken läßt. Auch Freyja wird ja von Riesen begehrt, und Thor
29
muß sich ihretwegen mit Loki in eine Frau verwandeln. Der
Riese verflicht ihr Haar so kunstvoll, daß es nicht gelöst werden
kann. Freyjas Haar lebt ja noch in einer Pflanzenbenennung.
Othar, der Sohn des Ebbo, befreit sie und erschlägt den Riesen,
kann aber weder das Haar lösen, noch einen Blick erhaschen.
Wir denken dabei an Swipdag, der die Freyja als Menglad aus
Riesengewalt erlöst. Syrith kommt auf weiteren Irrfahrten allein
zur Hütte einer schrecklichen Waldfrau, der sie die Ziegen
hüten muß. Wieder wird sie von Othar befreit und in einem
Lied begrüßt. Aber sie schlägt doch die Augen nicht auf. Sie
kommt endlich arm und entblößt zum Haus der Eltern Othars.
Sie gefällt seiner Mutter. Man tut, als ob man den Othar mit
einer andern vermähle. Sie soll bei der Hochzeit als Magd das
Licht halten. Erst als ihre Hand von der Flamme ergriffen
wird und Othar sie anruft, hebt sie die Augen. Sie wird nun
sein Weib. Ihr Vater (bei Saxo Sywald) will später den Othar,
den er in seine Gewalt bekommt, hängen lassen, aber Syrith
versöhnt beide, und ihr Vater heiratet die Schwester ihres
Gatten. Danach hätte also Njord nach seiner Trennung von
Skadi noch eine dritte Gattin. Die Edda weiß von Freyjas vielen
Namen, von ihren Wanderungen und denen des Geliebten, von
ihren goldenen Tränen ob ihrer vielen Leiden.
Vor Odins Auszug mag auch die Besiedlung Dänemarks zu
setzen sein, wie sie Saxo zu Beginn seines Werkes kurz erzählt.
Denn Odins Auszug schließt nicht aus, daß schon früher Ger-
manen und Asenverehrer im Norden waren. Im Gegenteil, seine
früheren Fahrten vor dem Wanenkrieg, mit Hading = Njord usw.
setzen voraus, daß er schon damals seinen Verehrern im Norden
wiederholt zu Hilfe gekommen sei. Heimdall = Rigr hat also
schon längst die Stände eingesetzt, wie das Eddalied erzählt,
und hat die Knechte, die freien Bauern und Edlen geschieden.
Einer seiner edlen Söhne heißt Jarl (Fürst), Gemahl der edlen
Erna; deren jüngster Sohn ist Kon, der auch den Namen Rigr
erhält. Der Schluß des Liedes ist nicht erhalten, es scheint
aber, daß Rigr die Dana, Tochter des Danp, heiratet und der
erste König wird. Danp ist König von Danparstadir (am
Dnieper?), wo nach der Hervararsage später ein Kampf zwischen
LA
Goten und Hunnen stattfand. Nach Atlaquidha 5 gehört
Danparstadir zu Atlis Reich. Kon = Rigr scheint also von den
alten Stätten der Asen am Schwarzen Meer nach dem Norden
gezogen zu sein und Dänemark begründet zu haben. Seinen
Sohn nannte er Dan. Nach der Ynglingensage (Kap. 17) hieß
Rigs Sohn Danp, und dessen Sohn war Dan (der Verschwender),
der hatte eine Schwester Drott, die Gattin des Schweden
Domar, Domaldis Sohn. Ihr Sohn ist Dyggwi, der „König“, sein
Sohn Dag, der die Vogelsprache versteht. Er rächte den Tod
seines Lieblingssperlings, der ihm Nachrichten zubrachte, durch
eine Heerfahrt, wurde aber durch die geschleuderte Heugabel
eines Knechtes getötet, Ein Bauer war auch der Mörder des
Spatzen. Auch im Eddalied von Rigr spricht eine junge Krähe
zu Kon dem jungen, dem ersten König. Wir haben hier also
Varianten derselben Sage. Saxo hat diese Sage aufs knappste
zusammengezogen. Nach ihm ist Dan ein Sohn des Humblus —
Heimdall — Rigr. Er ist Gemahl einer edlen Deutschen Grytha
und Bruder des Angul, von dem die Angeln stammen, Bei
Grytha ist wohl kaum an die Riesin Gridr zu denken , mit der
Odin den Widar erzeugte. Die Chronik von Lund (SRD 1, 224)
berichtet, daß Dan ursprünglich nur König von Seeland und der
Inseln war, aber den Jüten gegen Augustus half und dafür König
über ganz Dänemark wurde, dem er den Namen gab (Olrik 2, 189).
Nach der Chronik von Ry ist sein Gegner nicht Augustus,
sondern ein deutscher König. Dan hat nach Saxo als Ahnherr
der dänischen Könige zwei Söhne: Humbl und Lother. Des
grausamen Lother Sohn soll Skiold sein. (Lodur ist nach der
Völuspa einer der drei Götter, die den Menschen schufen.) Nach
Saxos Genealogien würde Dan etwa ins 6. Jahrhundert vor
Christus fallen; damit stimmen die dünischen Reimchroniken.
Wenn wir ihn aber mit Saxo in die dritte Generation vor Skiold
setzen, so küme er nur ins 2. Jahrhundert v. Chr. Wenn man
also ein wenig im Sinn der Sage weiterschlieen dürfte, so
fiele die Verdrüngung des Humblus IL durch seinen gewalt-
titigen Bruder mit dem Auszug der Kimbern und Teutonen
zusammen, und man könnte noch weiter vermuten, daß Odin
den früheren Zug vor Ausbruch des Wanenkriegs unternommen
24
hat, um da helfend einzugreifen, daß ihn aber daran die Wirren
im Götterreich leider verhindert haben. Das wäre wohl das
Thema eines ganzen Epos, aber wir wollen hier nicht dichten,
sondern wiederherstellen. Der Hunnenkönig Humli, der in der
Hervararsaga vorkommt, hat wohl nichts mit unseren beiden
Humbli zu tun.
Wohl aber dürfen wir hier einen auffallenden Sagenzug
noch einmal betonen und in volles Licht stellen. Die Annahme
der Ynglingensage, daß die Asen und Wanen am Schwarzen
Meer hausten, die Annahme Saxos, daß Byzanz ein Hauptsitz
Odins oder der Odinsverehrung war, unterstützt sich nicht
nur gegenseitig, sondern wird auch durch die deutsche Sage in
merkwiirdiger Weise festgehalten. Das deutsche Heldenbuch
geht auch von Konstantinopel aus. Dort herrscht Hugdietrich,
sein Vater Anzius, sein Sohn Wolfdietrich. Dort herum am
Hellespont hausen arge Riesen und gute Zwerge, am Schwarzen
Meer findet Wolfdietrich jene zauberhaften Gütterstätten, wo
zwölf Göttinnen wohnen, wo alles voll von Wundern ist, gleich
denen Asgards. In Altentroje oder Troimund, dem alten Troja,
treffen wir wieder Riesen, die Rauhelse oder Siegeminne, eine
deutsche Venus — Freyja. Ja sogar eine gute Kenntnis der
Ortsverhültnisse wird vorausgesetzt (mein Gótter- und Helden-
buch I, 146 usw.) Und merkwiirdig, in den Vorreden zur
prosaischen Edda, in der Flateyjarbok findet sich ganz dieselbe
Vorstellung. Troja ist Asgard, die Asen hausen da; sie sind nur
Umdeutungen der dortigen Könige und Helden, oder stammen
von ihnen. Phrygia kommt von Frigg, Thrazien oder Tyrkland
ist des Donnergottes Thor Thrudheim, seine Gattin Sif ist die
Sibylle. Es muß also doch wohl all dem ein gemeinsamer Sagen-
zug zugrunde liegen.
II. Odins Auszug.
Nun folgt der große Sagenkreis, der mit Odins Auszug
beginnt, mit seinem Verschwinden endigt. Die Ynglingensage
erzählt, daß Odins Auszug damals stattfand, als die Häupt-
linge der Römer alle Völker unter sich brachten und alles vor
25
ihnen floh. Der weissagungskundige Odin wußte voraus, daß
seine Nachkommenschaft nur im Norden gedeihen werde. Die
Vorrede zur prosaischen Edda (Kap. 8) ergänzt das noch, indem
sie ganz bestimmt angibt, Odin sei vor den Zügen des Pompeius
entwichen. Damit kann nur des Pompeius Heerfahrt gegen
Mithradates im Jahre 68 v. Chr. gemeint sein, wo allerdings das
Gebiet der Asen beunruhigt wurde. Damit wäre der Auszug
Odins genau datiert.
Nach der Ynglingensage (Kapitel 5) setzte Odin seine
wieder versöhnten Brüder We und Wilir über Asgard, aber er
und alle Götter und viel anderes Menschenvolk zogen zuerst
(aus Tyrkland nach der Edda) westwärts nach Gardareich =
Rußland.
Hier können wir gleich die Erzählung durch die Hervarar-
saga ergänzen, die gleich zu Beginn berichtet, daß Odin seinem
Sohn Sigrlami Rußland (Gardareich) übergab. Sigrlami nahm
Heid, die Tochter des bekannten Riesenkönigs Gylfi, zum Weib.
Ihr Sohn ist Svafrlami. Sigrlami fällt durch Thiassi, den be-
rühmten Riesen. Svafrlami lift durch die Zwerge Dwalin und
Dulin das Schwert Tyrfing schmieden. Es hat Zauberkraft. So
oft es aus der Scheide gezogen wird, verlangt es den Tod eines
Menschen. Drei Neidingswerke sollen dadurch vollbracht werden.
Davon später. Hören wir nun die Erzählungen der Ynglingen-
sage und der Vorrede zur prosaischen Edda.
Junge und Alte, Männer und Weiber bildeten Odins Geleit,
und sie hatten mit sich viele kostbare Dinge. Wo sie über
Land fuhren, da verbreitete sich ihr Ruhm, so daß sie Göttern
ähnlicher waren als Menschen. Und sie hielten nicht früher
inne, als bis sie nördlich in das Land kamen, das nun Saxland
heißt. Darin wohnte Odin lange Zeit und eignete sich das Land
weithin an. Zur Landwehre setzte er drei seiner Söhne ein.
Einer war Weggdegg, der als mächtiger König Ostsaxaland be-
herrschte; sein Sohn war Witrgils, und dessen Söhne waren
Ritta, Vater Heingests, und Sigar, Vater Swebdeggs, den wir
Swipdag nennen. Ein anderer Sohn Odins hieß Beldegg, den
wir Baldr heißen. Er hatte das Land, das nun Westfal heißt.
Sein Sohn war Brand, dessen Sohn Frjothigar (Frodigar), den
7
wir Frodi nennen, dessen Sohn Freowit (Freowin), den wir Purg
nennen, dessen Sohn Ywigg, dessen Sohn Gewis (Geiri, Geitir),
den wir Gawe (Gare, Gapo) nennen. Ein dritter Sohn Odins
war Siggi. Sein Sohn war Werir (Rerir), Wolsi, Vater Wolsungs,
von dem die Wölsunger gekommen sind. Diese beherrschten das,
was nun Frankland heißt.
Dann wendete Odin seine Fahrt nördlich und kam in das
Land, das sie Reidgotaland nannten. Dort eignete er sich alles
zu, was er wollte, und setzte seinen Sohn Skjöld als Herrscher
ein. Dessen Sohn war Fridleif. Davon sind die Geschlechter
gekommen, die Skjóldungen heifen; das sind die Dünenkünige.
Und was einst Reidgotaland hief, das heift nun Jotland (Jütland).
Odin wohnte einige Zeit auf dem Eiland Odinsey (Odensee)
in Fünen. Da sandte er die Asin Gefjon nordwürts über den
Sund, ein neues Land zu suchen. Sie kam zu Konig Gylfi von
Sehweden und er gab ihr zum Lohn für ihre Zauber- oder Ge-
sangskunst soviel Land, als sie mit vier Hindern in einem Tag
und in einer Nacht umpflügen kónnte. Gefjon nahm ihre eigenen
Söhne, die sie im fernen Norden, in Riesenheim einem Riesen
geboren hatte, verwaridelte sie in Stiere und spannte sie vor
den Pflug. So pflügte sie die ganze große Insel von Schweden
ab, die nun Seeland heißt. Dort in Schweden liegt nun an der
Stelle der Mälarsee. So sang davon der Dichter Bragi der Alte
im 9. Jahrhundert:
So schuf der Gefjon Gylfe, der König reich an Gut,
Des Dänenlandes Mehrung: da stampften die Stiere voll Glut,
Als sie die mächtige Insel zum Sunde schleiften am Pflug,
Die Starken, deren jeder an der Stirn zwei Sterne trug.
Gefjon wohnte nun auf Seeland, ward die Gattin Skjolds, und
sie wohnten zu Hleidra.
König Gylfi war über die Macht der Asen sehr erstaunt,
obwohl er selber zauberkundig war. Er suchte sie daher in der
Gestalt eines unscheinbaren alten Mannes unter dem Namen
Gangleri auf und hatte mit ihnen jenes Gespräch, das als Gylfa-
ginning, Gylfes Verblendung, in der prosaischen Edda steht. Da
er dadurch die Übermacht der Asen erkannte, übergab er ihnen
sein Reich Schweden. Denn er sah, wie sie alle andern an
247
Schönheit und an Weisheit überragten, und wie sie allen Landen
gute Ernte und Frieden brachten. Und Odin däuchte auch das
Land schön und gut, und er wählte sich seine Wohnstätte in
Schweden am See, zu Alt-Sigtun. Auch seinen Begleitern wies
er dort Sitze an, dem Njord zu Noatun, dem Freyr zu Upsalir,
dem Heimdall zu Himinbiorg, dem Thor zu Thrudwang, dem
Baldr zu Breidablik. .
Darauf fuhr er aber noch weiter bis zur äußersten See, die
rings um alles Land herumliegt, also nach Norwegen, und setzte
dort seinen und Skadis Sohn Süming zum Herrscher ein. Von
dessen Geschlecht erzühlt das Haleygjatal.
Seinen Sohn Yngvi (— Freyr) setzte er noch als Künig in
Schweden ein; von ihm sind die Geschlechter der Ynglinger ge-
kommen.
Odin verbreitete nun im Norden die Skaldschaft, die Dicht-
kunst. Er gab Gesetze, unter andern, da man die Toten ver-
brennen solle, damit sie so mit ihren Gütern nach Walhall kämen.
Diese Erzählung der Ynglingensage und der Edda (Vor-
rede 10—12) kann noch ergänzt werden durch die isländische
Saga von. Herraud und Bosi und durch die Gautreksaga.
Danach hat Odin seinen Sohn Gauti zum Kónig in Schweden
eingesetzt, und von ihm stammen die berühmtesten Herrscher-
geschlechter in den Nordlanden. Und zwar fiel ihm Ostgaut-
land und Westgautland zu, das inmitten von Schweden und
Norwegen am Gautelf liegt. Gauti kam einst auf der Jagd zum
geizigen Bauern- oder Riesenpaar Skafnürtung und Tôtra, deren
Sóhne Fiólmodi, Imsigul und Gilling (Suttungs des Riesen Vater?)
waren. Die Töchter hießen Snotra (Asin!), Hiótra und Fiôtra.
Die schóne Snotra allein war dem Gaste hold und sie gebar ihm
einen Sohn Gautrek. Gautrek freit die Alfhild, Tochter Künig
Haralds von Windland. Seine Tochter Helga gibt er dem gliück-
lichen Gebe-Ref. In seinem Alter wirbt Gautrek noch mit Er-
folg um die schöne Ingebiórg, Tochter des Thord, und bekommt
zwei Sohne, den kleinen Ketil und den schónen Hrolf. Hrolf
wird bei Kónig Hring von Dünemark mit dessen Sohne Ingiald
aufgezogen. Nach Gautreks Tod wird er Konig und wirbt um
die Tochter des Königs Eirik von Schweden. Sie hieß Thor-
>
biörg, nahm aber Männersitten an, bekam vom Vater den dritten
Teil des Reiches mit Ulleracker und ließ sich König Thorberg
nennen. Sie wies alle Freier ab, aber endlich bezwang Hrolf
doch ihr Land und ihre Burg mit Hilfe seines Bruders Ketil,
seiner Genossen Ingiald und des Schotten Asmund. Sie floh zu
ihrem Vater und ihrer Mutter Ingegerd, wurde wieder Mädchen
und nahm die Werbung an.
Wir haben also hier die Ursage des Amalerstammes, den
Jordanes in seiner Gotengeschichte, Kapitel 14, so ableitet:
Gapt (Gaut) — Halmal — Augis — Amala — Isarna — Ostro-
gotha — Unilt — Athal — Achiulf — Ansila, Ediulf, Wuldulf
und Hermerich — Wuldulfs Sohn ist Walerawans — dessen
Sohn Winithar — dessen Sohn Theodemir — dessen Sohn
Theoderik — dessen Tochter Amalasuenta. Von Hermerik geht
ein zweiter Sohn Hunnimund aus, dessen Stamm ist — Thoris-
mund — Berimund — Widerik — Eutharik, der Gemahl der
Amalasuenta. Deren Kinder sind Athalarik und Mathasuenta.
Mathasuenta, in kinderloser Ehe mit Witichis vermählt, wird
von Belisar nach Konstantinopel gebracht. Wenn man nun nach
Generationen zurückrechnet, so führt uns auch diese Genealogie
ungefähr bis in den Beginn unserer Zeitrechnung, also wirklich
bis in die Zeit, da die nordische Sage Odins Söhne herrschen
läßt. Zudem sagt Jordanes, daß sie Ansen genannt wurden,
Asen. Das erinnert auch an König Anzius, den Vater Hug-
dietrichs.
Die Ynglingensage berichtet auch noch von Odins Zauber-
künsten und von seiner Gesetzgebung. Er soll, wie gesagt, das
Verbrennen der Toten eingeführt haben, damit sie mit allem
verbrannten Eigen nach Walhall kämen. Odin blieb aber nicht
in Schweden, er zog ins alte Asgard zurück. Doch erschien er
den Schweden noch oft vor großen Schlachten.
AN das scheinen Fragmente oder Ansätze eines großartigen
epischen Sagenkreises von Odins Wanderung zu sein. Es er-
innert an den uralten Bericht von den Wanderungen der Iranier
im Zendavesta. Es ist dieselbe Sage, aus der Tacitus im 2. Kapitel
der Germania einen Auszug gibt. Mannus, der Sohn des erd-
gebornen 'Tuisto, entspricht dem Odin als Nachkommen eines
20
Nebenzweiges der Riesen. Die drei vorzüglichsten Söhne Ingaevo,
Hermino und Istaevo entsprechen der Dreiheit Weggdegg, Bel-
degg und Siggi, die über Ostsachsen, Westfalen und Franken
herrschen, nur ist die Ordnung umgekehrt. Taecitus zählt außer-
dem noch vier Söhne des Gottes auf, die nach Nebensagen echte
Stammväter sein sollen, nämlich Marsus, Gambrivius, Suebus und
Vandalius, die vielleicht dem Sigrlami, Skjold, Säming, Yngvi
und Gaut entsprechen, Die Vorrede zur Edda hat zwei Drei-
heiten, eine deutsche und eine nordische, Tacitus hat eine deutsche
Dreiheit, die durch eine Vierheit zur Siebenheit ergänzt wird.
Gemeinschaftlich ist dem Klange nach nur ein Name: Yngvi —
Ingaevo.
Aber wir haben noch vom wichtigsten der Odinsóhne , von
Skjold (Schild) mehr zu berichten. Nach dem Beowulf ist er
der Sohn des Skef oder Skeaf (— Odin) und wird als Kind auf
einem Schiff allein ans Dünenland herangetrieben ; als er stirbt,
wird seine Leiche wieder auf einem geschmückten Schiff dem
Meer übergeben. Sein Sohn ist Beowulf der Alte, dessen Sohn
Halfdan, dessen Sóhne Heorogar, Hrodgar und Halga. Aber es
scheint, daf hier abkürzend Generationen übersprungen sind.
Saxo weil von Skjold (1. Buch), daf er in seiner Jugend
einen Büren mit seinem Gürtel bewältigte, ferner den Attal und
Skat im Einzelkampf besiegte. Als Mann warb er (nach Gefjon?)
um Alwilda, die Tochter des Sachsenkünigs, und tótete seinen
Nebenbuhler Skat, den Herzog der Alemannen, dessen Volk er
von sich abhängig machte. Er erließ Gesetze über Sklaven
und über Schulden. Er verstand sich auf die Heilkunst.
Als den hóchsten (ersten?) Schildung kennt das Hyndlu-
lied den alten Halfdan. Damit stimmt es, daB Saxo Skjolds
Sohn und Nachfolger Gram nennt, unter welehem Ehrennamen
für Könige nur Halfdan verstanden sein kann. Denn Saxo
bringt im 7. Buch eine andere Variante der Sage von Haldan,
mit dem Beinamen ,Berg-Gram“. Daf dieser Haldan bei Saxo
an falscher Stelle eingeschoben ist, zeigt auch Olrik (Kap. 2, 82),
ohne freilich, wie ich meine, ganz das Richtige zu treffen, Nach
dem Miihlenlied scheint Halfdan der Brüder des Friedfrode zu
sein, also Skjolds Enkel. Nach Flateyjarbok wire er der Sohn
3()
des Königs Hring von Hringarik und der Tochter des Seekönigs
Wifil; Hrings Vater wäre Raum, der Sohn des Riesenkönigs
Nor von Norwegen. Vielleicht ist das Halfdans Geschlecht von
mütterlicher Seite. Diese Quelle und die prosaische Edda 64
berichten, daß Halfdan der Alte aller Könige berühmtester war.
Er brachte zu Mittwinter ein großes Opfer dar, um dafür
in seinem Königtum dreihundert Winter lang zu leben, so lang
wie jener König Snaer der Alte gelebt haben soll, der Enkel
des Sturmriesen Kari. Er empfing aber die Antwort, er würde
nicht länger leben als ein Menschenalter, doch sollte dreihundert
Jahre lang in seinem Geschlecht kein Weib oder unedler Mann
geboren werden. Er war ein grofer Kriegsmann und fuhr weit
gen Osten. Dort erlegte er im Zweikampf den König Sigtrygg
und nahm dessen Weib Alwig (Alfny, Almweig) die Kluge, die
Tochter Königs Eymund von Holmgard (Rußland). Sie hatten
zuerst neun Söhne, Thengill, Raesir, Gram, Gylfi, Hilmir, Jöfur,
Tiggi, Skyli oder Skuli, Harri oder Herra. Diese hatten keine
Kinder und fielen alle in Sehlachten. Dann hatte Halfdan neun
andere Sóhne mit berühmter Nachkommenschaft: Hildir, Sigar
und Lofdi waren Heerkónige, Audi, Budli und Naefil Seekónige,
Dag, Skelf und Bragi saBen zu Lande. 1. Dag hatte zum Weib
die Thora. Von ihm stammen die Daglinge. Zu denen gehörte
Oli, der Vorfahr des Sigurd Hirsch, der Ragnhild und des
Harald Harfagr, Jöfur und Arngrim, der die Eyfura zum Weib
hatte, der Vater des Berserkers Angantyr. 2. Bragi der Alte
war König zu Valdres, Vater des Agnar, auch Vorfahr des
Harald Harfagr, Stammvater der Bragninge. 3. Skelfir war
Känig zu Vaurs, Vater Skjolds, des Vaters Eireks, Vaters Alfreks,
Vaters Eireks des Beredten, Vaters Alreks des Frischen, Vaters
Wikars usw. Diese heißen Skilfingen (Schilbungen). 4. Hildir,
Ahnherr der Hildinge, war Vater Hildebrands, Vaters Wig-
brands, Vaters Hildirs und Herbrands, Vaters Haralds des
Gränländischen usw. 5. Sigar, Ahnherr der Siklinge, war Vater
Siggeirs, der hatte Signe, Tochter Wólsungs zum Weib. Sigar
war auch Vater Sigmunds, der die Hild zum Weib hatte, Tochter
Grjotgards, Kónigs von Maeri, sein Sohn war Sigar, Vater Signes,
der den Hagbard henken lief. 6. Lofdi war Ahnherr der Lof-
11
dunge. Er heerte in Reidgotaland, ward da König, und seine
Söhne waren Skeckil der Seekönig und Skyli, Vater Egdis,
Vaters Hialmthiers, Vaters des Eylime, Vaters der Hjórdis, der
Mutter Sigurds des Fafnertóters, Vaters der Aslaug, Mutter des
Sigurd Hirsch, Vaters der Ragnhild usw. 7. Audi und Budli
heerten zusammen in Saxland und eroberten es mit Valland.
Audi besal Valland und war Vater des Frodi, Vaters des Kjar,
Vaters der Audruna, die im eddischen Wielandslied erscheint.
Das Geschlecht heißt das der Audlinge oder Ódlinge. 8. Budli
besab Saxland und war Vater des Attil, Vaters des Vifil, Vaters
des Laefi, Vaters des Budli, Vaters des Serli und Atli und
der Brünhild, der Mutter der Aslaug. Alle diese heifen
Budlunge oder Botelunge. 9. Näfil war der Vater Heimers,
Vaters Eynefs, Vaters des Rakn, Vaters des Gjuki (Gibich),
Vaters des Gunnar (Gunther) und Hagen, der Gudrun (Kriem-
hild) Gudny und Gullrand, und das heift Niflungengeschlecht.
Es wird zum Schluß bestätigt, daß die ersten Weiber erst drei-
hundert Jahre nach Halfdans Opfer in das Geschlecht kamen.
Daraus geht aber hervor, daß manche Glieder ausgelassen sind,
daß also Halfdan mindestens dreihundert Jahre vor Brünhild
und Gudrun zu setzen ist.
Das eddische Lied von Hyndla bestütigt (14 f.), daß Halfdan,
der hóchste der Schildungen im Bunde mit Eymund den Sigtrygg
mit frostkaltem Stahle fállte und dann mit Almweig achtzehn
Erben zeugte. Sigtrygg war also sein N ebenbuhler, der Rüuber
Almweigs.
Áhnliches berichtet Saxo von seinem Gram — Halfdan. Er
heiratet zuerst die "Tochter seines Erziehers Roar, seine Milch-
schwester, gibt sie aber später seinem treuen Genossen Bess zum
Weib. Dann zieht er nach Schweden, dessen König Sigtrug
seine Tochter Gro einem Riesen versprochen hat. Er tötet den
Sigtrug mit Gold, das er an eine Keule befestigt, da jener nur
durch Gold überwunden werden kann. Sein Genosse Bess hat
diese Tat besungen. Die Tötung von sieben echten und neun
unechten Brüdern. des Swarin ist wohl ein Mißverständnis aus
Anlaß der zweimal neun Söhne. Dann tritt Gram die Herr-
schaft über Dänemark an und wirft den Aufstand des Ring von
32
Seeland nieder. Mit Sumbl, König der Finnen, schließt er
Frieden und verlobt sich mit dessen Tochter Signe, nachdem er
Gro entlassen. Aber während seines Krieges mit König Swip-
dager von Norwegen, der ihm Schwester und Tochter geschändet,
verspricht der treulose Sumbl die Tochter dem Sachsenkönig
Heinrich. Gram erscheint in der Verkleidung eines Arztes oder
Sängers bei der Hochzeit, tötet den Heinrich, entführt die Signe.
Endlich fällt Gram in einer Schlacht gegen die verbündeten
Norweger und Sachsen, und Swipdager herrscht als Gatte von
Grams Schwester über Dänemark, bis er von Hading, Grams
Sohn, bei der Insel Gotland erschlagen wird. Hier ist dann die
Sage von Hading-Njord eingeschoben. Von einem Helden-
geschlecht der Haddinge berichtet Flateyjarbok im Zusammen-
hang mit Halfdans Geschlecht.
Betrachten wir noch die andere Fassung der Halfdansage
in Saxos 7. Buch. Haldan heert in Schweden, tötet mit der
Keule den Kämpen Haquin, einen Zauberer. Seine eigenen
Wunden werden durch Witolf in Helsingia geheilt. Dieser
Zauberer ist aus der Edda bekannt. Mit dem Kämpen Thoro
(= Gott Thor) zieht Haldan wieder gegen Erik von Schweden,
wirft Felsen auf die Feinde, so daß er „Berggram“ und Sohn
des Thor genannt und als Gott verehrt wird. Haldan rächt
dann den Tod seines Bruders Harald an Erik und gewinnt
Schweden. Er ist Dichter. Seine Hauptkümpen sind Toko und
Anund. Siwald empört die Schweden, fällt aber mit seinen
sieben Söhnen. Haldan erschlägt noch mit dem Hammer den
Hartben, den Entführer von Königstöchtern. Ebenso den Finnen
Egther — auch ein eddischer Name. Haldan befreit sodann
die Thorilda, Tochter des Unterkönigs Hather, von den Nach-
stellungen des Kämpen Grimm (eines Riesen?) und er nimmt
sie, selber schon bejahrt, zur Frau. Ihr Sohn Asmund wird
Stammvater norwegischer Könige. Haldan tötet endlich den
Ebbo, der die Sigrutha, Tochter des Gotenkönigs Ungwin zum
Weibe hat. Er setzt den Ungwin zum Erben von Dänemark
ein. Aber der wird von Regnald erschlagen und hinterläßt
einen Sohn Siwald. Dessen Tochter ist Syritha, die Geliebte
Othars. Es ist bedeutsam, daß sowohl Swipdag bei Gram, wie
Blümml. Quellen und Forschungen. IV 8
28
Syritha und Othar hier auf dieselbe Göttersage von Freyr und
Odr verweisen, |
Sowohl nach dem eddischen Mühlenlied wie nach der islän-
dischen Sage von Hrolf Kraki würe Halfdan der ältere Bruder
des Friedfrode und von diesem aus Gier nach der Alleinherr-
schaft getötet worden. Ähnliches berichtet Saxo selber von
seinem Brüderpaar Harald (= Halfdan) und Frotho V. zu An-
fang des 7, Buches. Dieser Brudermord ward nach der Hrolfs-
saga durch Halfdans Söhne Hroar und Helgi gerächt, nach dem
Mühlenlied durch Helgis Sohn Hrolf Kraki.
Wir kommen also zum berühmten Frode, Friedfrode ge-
nannt nach dem großen Weltfrieden, der zu seiner Zeit geherrscht
hat. Über die Gótterverhültnisse dieser Epoche berichtet die
Ynglingensage, Kap. 11. Als Urheber des allguten Friedens
wurde schon Njord angesehen ; der nach Odins Verschwinden
über Schweden (und sonst) herrschte. Darum ist es nicht ganz
ohne Grund, daB Saxo zwischen Gram — Halfdan und Frotho
die Sage von Hading — Njord einschiebt. Die Friedenszeit und
der Segen steigerte sich noch durch Njords Nachfolger, seinen
Sohn Freyr, der den großen Tempelhof zu Upsala errichtete. In
seinen Tagen hub sich an Frodis Friede. Gerd, Gymirs Tochter,
war seine Gattin, Fiolnir ihr Sohn. Freyr hieß auch Yngwi,
von dem die Ynglingen den Namen haben. Er hat die Be-
erdigung im Hügel eingeführt und sich selber darin zurück-
gezogen. Oder die Schweden wollten ihn nicht verbrennen, als
er starb, damit die gute Zeit nicht verschwinde. Danach setzte
Freyja, Odrs Gattin, mit ihren Töchtern dies segensreiche Walten
fort, und ebenso der Sohn des Yngwi-Freyr, Fiolnir, der Freund
des Fridfrodi, der leider bei einer großen Gasterei in Hleidra
bei Frodi in eine Metkufe fiel und $0 ertrank in der ,windlosen
Woge*. Damit scheint die Friedenszeit auch dem Ende zu-
gegangen zu sein.
Nach der Skalda (Kap. 43) ist Frode ein Sohn Fridleifs und
dieser ein Sohn Skjolds, Saxo schiebt seinen ersten Frotho
nach Hading ein als dessen Sohn, Enkel Grams, Urenkel Skjolds.
Die richtigere Genealogie hat er, wo er den Friedfrode ein
zweites Mal als Frotho IIL im 5. Buch aufführt. Da ist er ein
T
Sohn Fridlefs und Enkel Dans, nämlich Abkomme Dans, oder
Skjold hat auch den Beinamen Dan. Dieser Dan kommt zwölf-
jährig zum Thron, besiegt die Sachsen und legt ihnen Zins auf,
und dieser Fridlef der Schnelle greift mit Hwyrwill, dem Fürsten
von Holand, Norwegen an, hilft ihm die Kriegsmaid Rusila ge-
winnen und verbindet sich deren Genossen, Söhne des Finn.
Aber Hwyrwill wird treulos, er wird später von Fridlef über-
wunden. Dieser erobert Dublin durch Schwalben mit brennen-
dem Zunder in Nachahmung von Hadings Kriegslist. In Bri-
tannien stellt er die Leichname in Schlachtordnung, um den
Feinden Schrecken einzujagen.
Von seinem ersten Frotho erzählt Saxo im 2. Buch, er
habe einen Drachen getötet und dessen Schatz genommen. Dann
zog er gegen Dorno, König der Kuren, gegen Tranno, Fürst
der Ruthenen (Russen), eroberte Rotala (Rötel) in Esthland und
Paltiska (Pleskow), wo König Vespasius herrschte. Dann zog
er nach dem Ostreich vor Dünaburg, die Stadt des Handwan,
des Königs des Hellesponts oder des Ostens, die einst durch
Hadings List fiel. Frotho gewann die Stadt in Mägdekleidung
und freite die Tochter des Handwan. Frothos Schwester, die
Walküre Swanhwita hilft dem Regner, dem Sohn des Schweden-
kónigs Hunding, der, von seiner Stiefmutter bedrüngt, die Herden
hüten muß. Sie tôtet unter anderen Gespenstern die Zauberin
Thorhild und wird Regners Weib. Regner wird König von
Schweden und Frothos Freund, nachdem sich Frotho auch mit
seiner allzu freien Schwester ausgesöhnt hat. Frothos andere
Schwester Ulwild, die wir als Tochter Hadings schon kennen,
ist mit Ubbo, dem Statthalter von Dänemark vermählt. Da er
sich empört, nimmt ihm Frotho die Schwester und gibt sie
seinem Freund Skott, dem Stammvater der Schotten. Frotho
besiegt sodann den friesischen Wiking Wittho. Dann fährt er
den Rhein hinauf und heert im äußersten Germanien. Er zieht
sodann nach Britannien gegen Melbrik von Schottland. Skott
hilft dabei. Hier rettet sich Frotho durch Ausstreuen seiner
Goldschätze, wie später Rolf. London, wo Dalemann herrscht,
wird durch List erobert, indem sich Frotho für tot ausgeben
läßt. In Dänemark besiegt er im Zweikampf den Hunding und
3*
35
den Haquin im Haus des Skato. Er besaß einen Rock von
Ulwild, der ihn unverwundbar machte. Seine Speisen bestreute
er mit gestofenen und gemahlenen Goldspünen gegen Gift. Das
Gold heißt ja Frodis Mehl, wie wir gleich hören werden. Im
Kampf gegen den Schwedenkönig Regner erstickt er in seiner
schweren Rüstung; aber dieser Sagenzug scheint eher einem
andern Frode zu eignen, wohl dem dritten (vgl. Olrik 2, 10).
Ganz unserm Helden kommt der zweite Teil der Geschichte
Frothos IIL zu, die Saxo im 5. Buch erzählt. Frotho hat
20 Reiche und 170 Könige unterworfen, sein Reich erstreckt
sich vom Rhein bis über Rußland, er hat auch den Westen,
Britannien und Irland überwunden. Nun beginnt die dreißig-
Jährige Friedenszeit. Da wurde Jesus Christus geboren. Nun
werden Frothos Gesetze angeführt, die gewiß mit dem Frieden
zusammenhängen, denn sie bestimmen unter anderm, daß niemand
seinen Besitz unter Schloß legen soll bei Strafe von zwei Pfund
Gold. Der König ersetzt doppelt jeden Verlust. Als Dieb wird
gestraft, wer den Dieb laufen läßt. Räuber und Hehler büßen.
Zum Zeichen des Friedens hängt eine Goldspange auf Frotho-
stein, eine andere in Wig. Gingen sie verloren, sollen es die
Beamten büßen. Wanderern ist eine gewisse Benutzung fremden
Guts gestattet. Eine Zauberin reizte nun ihren Sohn, die in
Jütland auf einem Kreuzweg aufgehüngte goldene Kette zu
stehlen. Sie selber verwandelte sich, als Frotho die Tat rächen
wollte, in eine Seekuh und durchbohrte den altersschwachen
König. Die Leiche wurde noch längere Zeit auf dem Throne
sitzend erhalten. (Ein Dichter Hiarn wird zum Lohn für ein
Preislied auf Frotho zum König gemacht.)
Ergänzend sei bemerkt, daß nach anderen Sagen (P. E.
Müller: Saxo, Notae uberiores 165) ein goldener Armring an der
Eider, einer bei Skanór, ein dritter bei Warthingborg am óffent-
lichen Weg aufgestellt war, oder auf Jalang, oder auf jedem
Kreuzweg. Die Zeitangabe würe an sich sehr bedenklich, doch
stimmt sie merkwürdig gut mit der Zeitangabe von Odins Aus-
zug und fügt sich zwanglos in den genealogischen Rahmen, wenn
man, wie billig, voraussetzt, daB die meisten Sagengenealogien
mehrere oder wenigere Glieder abkürzend übergehen. Daß unter
36
Augustus der Janustempel dreimal geschlossen war und der
Friede über Erde und Meer als befestigt galt, erwähnt Suetonius
im Leben des Augustus 22. Und Florus berichtet (4, 12), zur
Zeit der Einfälle des Drusus in Germanien, 12—9 v. Chr., habe
dort solcher Friede geherrscht, daß die Menschen wie um-
gewandelt schienen und das Land ein anderes, der Himmel
milder (Uhland 8, 2521). Hektor Boethius sagt in der Ge-
schichte der Skoten (1574 II, 35), daf damals in Schottland
Friede unter Kónig Metellanus, in Britannien unter Cymbelinus
war. Nach der Rymbegla war damals eine goldene Zeit, die
Acker trugen von selbst, man fand ungesucht alle Metalle.
Naeh der Chronik des Erik eroberte zur Zeit von Christi
Geburt Frothi der Frithgote Schweden, Britannien, Hybernien,
Sehottland, Norwegen, Sachsen, Friesland, Ungarn und den
ganzen Orient bis Griechenland. Frodes Grabhügel soll bei der
Waerebrücke in Seeland zwischen Roskild und Slangendorp sein
(Müller IT, 171).
Ich kann nicht unterlassen zu erwähnen, daß die Geschichte
von Armin dem Cherusker unter diesen Frode fallen müßte. Da
Tacitus von Heldenliedern wei, die um 100 n. Chr. noch von
Armin gesungen wurden, so wäre es gar nicht unmöglich, daß
sich etwas davon, wenn auch in unkenntlichster Veränderung
in irgend einer erhaltenen Sage finden könnte. Denn schon die
Erzählung des Tacitus weist Züge auf, die ganz sagengerecht
sind, so die Entführung der Thusnelda (Thorhilda?), der Bruder-
zwist, der Familienstreit, die Kriegslist, die Ermordung. Dies
alles liest sich fast wie ein Bericht des Saxo. Dessenungeachtet
wage ich kaum darauf hinzuweisen, daß die Flateyjarbok einen
„Jormun“frodi kennt, daß der Friedfrode den römisch klingen-
den Gegner Vespasius durch eine Kriegslist verdirbt, daß Frodes
Bruder Halfdan gegen einen Sachsenkönig Heinrich (= Her-
manrich = Arminius?) kämpft, ihn tötet und ihm die geraubte
Braut Signe abnimmt.
Aber beschließen wir die Sage von Friedfrode mit dem
echtesten Bericht der Edda, mit dem Mühlenlied. Danach nahm
Frodi, der Sohn des Fridleif, der Enkel Skjolds, das Königreich
in Besitz zur Zeit, als Kaiser Augustus in der ganzen Welt
37
Frieden schuf und Christus geboren ward. Im Norden ward
dieser Friede nach dem mächtigen König Frodis Friede genannt.
Damals tat keiner dem andern ein Leid, selbst die Blutrache
hörte auf, es gab keine Diebe und Räuber, so daß ein goldener
Ring lange auf der Jalangheide in Jütland lag, ohne daß ihn
einer nahm. (Wie es doch geschah, hat Saxo erzählt.) Frodi
zog einst zu einem Gastgelag bei König Fjolnir in Schweden
und kaufte dort zwei Riesenmägde Fenja und Menja. Sie waren
Töchter oder Verwandte der Riesen Idi und Urnir, der Brüder
des Thiassi, also auch Verwandte der Skadi. Von ihnen Scheinen
die beiden Inseln Fanó und Mani an der Südwestküste Jütlands
den Namen zu haben; im Deutschen haben sich die Namen
Manegold und Fenegold erhalten. Von jenem Fjolnir erzählt
die Ynglingensage, daf er ein Sohn des Yngwi-Freyr und der
Gerd war und bei einem Besuch in Frodis Reich in einer Met-
kufe ertrank. Frodi besaf eine zaubervolle Wunschmtihle, die
hieß Grotti und bestand aus zwei Steinen von übergroßer
Schwere. Sie hatten die Eigenschaft, alles zu mahlen , was der
Mahlende wünschte. Der Riese Hängekiefer hatte sie dem König
gegeben. Frodi ließ nun die überstarken Riesenmügde zur Mühle
führen und befahl ihnen, für ihn Gold, Frieden und Glück zu
mahlen. Das taten sie zuerst mit Zaubergesängen. Dabei er-
zählen sie, wie sie einst als Walküren dem Gutthorm , Grams
Sohne, Frodis Oheim, Hilfe gebracht im Krieg gegen Knui (vgl.
Saxo I. Dies scheint also auch für den Zusammenhang der
Geschicke von Bedeutung zu sein. Gutthorm , der Sohn der
Gro, ist nach Grams Tod vom Usurpator Swibdag auf Bitten
von dessen Gemahlin, einer Schwester des Gutthorm , an den
Hof gezogen, aber, wie es scheint, doch später getötet worden,
Hading nahm Rache für ihn.) — Als nun Frodi allzu habsüchtig
die Mägde immer fort mahlen heißt und ihnen keine Rast gönnt,
mahlen sie ihm Krieg und Tod. Es kommt in derselben Nacht
der Seekönig Mysing (Mausing), tötet den Frodi und macht
große Beute. Die Riesenmaide haben aber auch geweissagt, daß
Yrsas Sohn Kraki den Tod Halfdans an Frodi rächen werde.
Dies scheint aber nur mittelbar gemeint. Davon später. Das
Mahlen der Riesenmaide macht die Erde beben, wie denn auch
38
andere Sagen ein Erdbeben als Ende des Frodefriedens kennen
(Detter-Heinzel, Edda 2, 611). Vergleiche das Erdbeben bei
Christi Tod. Der Eroberer Mysing nimmt auch die Mühle und
die Riesinnen mit sich und befiehlt ihnen Salz zu mahlen. Da
mahlen sie soviel, daB das Schiff untergeht. Seitdem ist das
Meer gesalzen. Man sieht noch die See durch das Loch des
Mühlsteins wallen und den Meerstrudel des Pentland-Firth bilden.
Auch heift seitdem das Gold Frodis Mehl.
Auf Friedfrode folgt ganz richtig die Sage von Hrolf
Kraki. Er ist schon im Muühlenlied als Richer angedeutet,
Er ist Frodes Urenkel oder Grofneffe. Nach Saxo (2. Buch)
hat Friedfrode, Frotho L, drei Sóhne: Haldan, Roe (Rodgar) und
Skati. Haldan läßt seine Brüder töten und stirbt an Alters-
schwüche. Seine Söhne sind Roe und Helgo, die doch kaum
den Sóhnen des Healfdene im Beowulf, Hrodgar und Halga
entprechen. Aber dort ist noch ein <erer Bruder Heorogar
da. In Hrodulf, wahrscheinlich dem Sohne Halgas, will man
unseren Hrolf Kraki erkennen. Es stimmt sonst nichts, als
höchstens, daß Roe als Gründer von Roeskilde mit dem Erbauer
der Hirschenhalle zusammenfillt. Freilich gehört die Haupt-
handlung des Beowulf ganz sicher in einen späteren Zusammen-
hang, in den Völkerwanderungskreis unter Frotho IV. und
Ingeld. Das altehrwürdige Gedicht hat schon von Anfang in
der Vorgeschichte die Generationen zusammengezogen und ab-
gekürzt. Nach Saxo ist Roe Landkonig, Helgo Seekünig. Dieser
besiegt den Slawenkünig Skalk, überwültigt auf der Insel Thoró
die Thora, die ihm die Ursa (Yrsa) gebiert. Aus anderer Sage
ist hier eingeschoben, daf Helgo den Hunding, den Sohn des
Sachsenkônigs Syrik bei der Stadt Stade besiegt und daher
Hundingstóter genannt wird. Das gilt vom spüteren Helge dem
Siegmundsohne. Helgo erobert ferner Jütland und setzt dort
die Herzóge Heske, Eyr und Ler ein, die an die mythische
Dreiheit Logi, Agir und Hler erinnern. Die geschündete Thora
rächt sich auf tragischste Weise, indem sie ihre Tochter Ursa
dem Helgo als Geliebte zuführt. Ursa gebiert so den Rolf.
Helgo besiegt noch den Hothbrod (Hadbrand), den Sohn des
Schwedenkonigs Regner und der Swanhwit, der ihm seinen
Bruder Roe getótet hat; er bekommt davon den N. amen Hod-
brodstóter. Aber aus Scham über seine Blutschande tótet er
sich dann selbst. Hodbrods Sóhne Atis| und Hother wachsen
bei Gewar auf. Atisl (Adils) nimmt die Ursa zur Frau und
will sein Schwedenland von der Dänenherrschaft befreien. Aber
Ursa flieht mit Rolf, ihrem ersten Sohn, und den Schützen des
Atisl Eine Schwester des Rolf, Ruta, heiratet den Agner, Sohn
des Ingell sie wird ihm aber vom Kümpen Biarko abgewonnen.
Skulda, eine zweite Schwester Rolfs, wird von ihm dem Herdwar
gegeben mit der Statthalterschaft Schwedens. Rolf gründet
Lethra, wird ob seiner Grófe Krake , der Leiterbaum genannt.
Skulda verlockt den Hiarthwar ; ihren Gatten, zum Verrat.
Dabei fällt Rolf mit seinen berühmten Recken Biarko und Hialto,
wobei auch Odin erscheint. Hiarthwar wird aber bei der
Siegesfeler vom treuen Wiggo, der sich ihm listig als Dienst-
mann anbietet, getötet.
Kine andere Fassung der Rolfsage ist in die Ynglingensage,
Kapitel 28—30, an unpassender Stelle eingeschoben. Adils,
Ottars (nicht Hodbrods) Sohn, füllt in Sachsland ein, wo König
Geirthiof mit seinem Weib Alof herrscht. Er entführt da mit
vielen Herden und deren Hüter dem Sklavenvolk ein schönes
Mädchen, Yrsa, und macht sie zu seiner Frau. Nun fällt aber
König Helge, Halfdans Sohn, der Dänenkönig, der zu Hleidra
wohnt, in Schweden ein, schlägt den Adils in die Flucht und
raubt seine Gattin Yrsa. Sie gebiert ihm zu Hleidra den Rolf
Krake. Als dieser zwei Jahre alt ist, kommt die Sachsenkünigin
Alof zu Yrsa und entdeckt ihr, daß diese ihre und Helges
Tochter sei, mit dem sie nun als Gattin lebe. Nach dieser dra-
matischen Entwicklung verlift Yrsa den Helge und zieht wieder
zu König Adils nach Schweden. Nachdem aber König Helge
im Krieg gefallen war, wurde Rolf Krake, sein Sohn, König,
obwohl er erst achtjährig war. Hier beruft sich Snorri auf die
ausfiihrlichere Schildungensage, die ich also auch hier nach
Snorris Skalda (44) mit benutze, Danach hat Rolf seinen Namen
davon, weil ein fremder Bursche Wöggr (Wiggo bei Saxo), der
einen großen König zu finden meinte, den zarten Knaben auf
dem Thron eine Krähe (Kraka) schalt. Der gutmütige Rolf
10
nahm den Beinamen Krake an und schenkte dem Burschen
seinen Goldring. Der versprach dafür, seinen Tod zu rächen.
Als nun König Adils von Schweden in Kampf geriet mit König
Ali von Norwegen, und eine schwere Schlacht auf dem Eise des
Wiinirsees zu bestehen hatte, sandte er um Hilfe an seinen Stief-
sohn Rolf. Da dieser eben im Krieg mit den Sachsen war,
schickte er dem Adils nur seine zwólf Berserker, darunter Bódwar,
Biarki, Hialti, Hwitserk, Swipdag und Beigud. Nach dem Sieg
über Ali verlangten diese den bedungenen Lohn, aber er wurde
ihnen verweigert. Da zog Rolf selber mit den Berserkern gegen
Upsala. Seine Mutter Yrsa empfing ihn, aber die Mannen Adils
wollten ihn im Gástehaus verbrennen. Rolf und seine Berserker
warfen jedoch jene selber ins Feuer. Da kam Yrsa, gab dem
Sohn ein Horn voll Gold und den Ring Swiagris, das Haupt-
kleinod des Geschlechts, und bat ihn fortzueilen. Adils mit den
Schweden setzte ihnen nach, doch Rolf streute das Gold aus,
als sie über Fyrisfeld ritten; da bückten sich die Schweden
danach, und Rolf entkam. Darum heißt das Gold ,Krakis Saat“
oder der „Same von Fyrisfeld“. Soweit die Skalda. Die
Ynglingensage weiß noch, daß König Adils mit dem Hengst fiel,
den er von Ali erbeutet hatte; das war sein Tod. Sein Sohn
war Eystein. Zu seiner Zeit fiel Rolf zu Hleidra. Eystein
wurde aber bei einem Gastmahl plötzlich vom Seekónig Sólwi,
dem Sohn des Hógni von Niardey, überfallen und verbrannt.
Sólwi errang in einer elf Tage wührenden Schlacht den Sieg
und die Herrschaft über Schweden, wurde aber meuchlerisch
erschlagen, und Ingwar, Eysteins Sohn, ward König.
. Nun erübrigt noch, diese Fragmente durch die islündische
Hrolfssaga zu ergänzen, die, wenn auch später aufgezeichnet,
doch diese unvergleichlich großartige Sage in bedeutendstem
Zusammenhang vorträgt. Danach ist Frodi der böse Bruder des
guten Halfdan. Er tötet ihn und will auch dessen flüchtige
Söhne Hroar und Helge töten lassen; doch diese werden von
ihrem Erzieher Regin, einem Bauer Wifil und ihrem Schwager
Jarl Saewil geretiet; auch eine Zauberin Heid hilft mit, die vom
hohen Zaubersessel herab wahrsagen soll, wo sie sind. Endlich
bei einem Gastmahl wird Frodi von den beiden Jünglingen ge-
tötet und verbrannt. Diese ergreifen die Herrschaft, Helge
wirbt um die kriegerische Sachsenkünigin Olóf, Sie tut ihm
aber Schmach an, wofür er ein andermal wieder sie mit Schmach
überwältigt. Sie gebiert ein Mädchen Yrsa , das sie unter den
Hirten aufwachsen läßt. Dort findet Helge die Vierzehnjährige
und nimmt sie als sein Weib mit sich. Sie gebiert ihm den
Rolf. Olöf fährt nun zu ihr und entdeckt ihr ihre Abstammung.
Da verläft Yrsa den Helge und wird später das Weib des Königs
Adhels von Schweden. Indess war Helges Bruder Hroar in
Nordhumberland, wo er Ögn, die Tochter des Königs Nordri,
zum Weib hatte. Aus der dänischen Erbschaft verlangt er nur
den berühmten Goldring. Aber den will auch Hrock, der Sohn
Säwils und Signys, der Schwester der beiden Brüder. Und da
ihn Hroar nicht lassen wollte, warf Hrok den Ring ins Meer.
Daraus entstand Fehde und Mord, bis endlich Ögns Sohn Agnar
den Ring wieder heraufholte. Er wurde davon in alten Sagen
sehr berühmt.
Helge wollte den König Adhels züchtigen für seine Kühn-
heit, die Yrsa genommen zu haben , Ward aber dabei selber er-
schlagen, und Konig Adhels nahm sein Gold an sich. Um dies
wieder zu gewinnen, fuhr Helges Sohn Rolf aus Hleidragard mit
seinen zwülf berühmten Kümpen, unter denen Hialti und Biarki
war (= Birke, weil er eine Schwertscheide aus Birkenrinde
hatte). In Upsala wurden sie von Adhels hinterlistig behandelt.
Dabei soll sich die Beinamennennung ereignet haben. Ein Diener
Yrsas, Wöggr, sagte nämlich: Dünnen Antlitzes ist der Mann
und im Gesicht hat er eine Stange (Kraki); ist der etwa euer
König? Rolf nahm den Beinamen Kraki an und gab ihm dafür
einen Goldring. Vor Freude gelobte Wöggr, seinen großmütigen
Wohltäter zu rächen, wenn es not sein sollte. Yrsa aber gab
heimlich ihrem Sohne Rolf all das Gold seines Vaters. Damit
rit er von dannen über das Fyrisfeld bei Upsala, aber Adhels
ihm naeh. Da süte Rolf aus seinem Silberhorn Gold über die
Ebene, um die beutelustigen Schweden aufzuhalten. Als auch
Adhels herankam, warf Rolf das hóchste Kleinod, den Goldring
Swiagris hin. Adhels hob ihn mit der Speeresspitze auf (wie
auch im Hildebrandslied gesagt ist); aber wührend er sich bückte,
2
verwundete ihn Rolf am Rücken so sehr, daß er ohnmächtig zu
Boden fiel und den Ring doch lassen mußte. Nun fielen auch
die Kämpen über die beutenden Schweden her und nahmen ihnen
wieder alles ab.
Schon auf der Hinreise nach Upsala hatte Odin der Ein-
üugige in Bauerngestalt dem Rolf gute Ratschläge gegeben. Auf
der Rückfahrt bot er ihm Waffen zur Gabe. Aber Rolf wies
sie ab, weil sie ihm zu schlecht dünkten. Erzürnt wandte sich
Odin von ihm ab. Sie erkannten zu spät den Gott. Aber Rolf
tröstete sich heldenmütig: er wolle nur auf sein Glück vertrauen,
nicht auf jenen bösartigen Geist. Er und seine Kämpen ver-
ehrten nämlich die Götter nicht, sie glaubten vielmehr nur an
ihre eigene Kraft und Stärke.
Aber Skuld, die Halbschwester Rolfs, die Tochter einer
Elfin, ertrug es übel, daß ihr Gatte Herward dem Rolf Schatzung
zahlen sollte. Mit Zauberkraft gelang es ihr, Rolf beim Julfest
zu überwinden. Ihm mißlang es, weil er die bösen Geister gegen
sich hatte und seinen Schöpfer nicht für sich, sagt der Meister
der Sage, Galter. Nach Rolfs Tode unterwarf sich seine Schwester
Skuld das Reich. Aber eine Racheschar kam aus Schweden, an
ihrer Spitze. jener Wögg, ferner die Brüder der gefallenen
Kümpen. Skuld ward getótet, ihre Zauber halfen ihr nicht mehr.
Rolf wurde mit seinen Kümpen in einem Hügel beigesetzt. Die
Herrschaft ging auf seine Tochter Drifa über, die Witwe des
Kämpfers Büdwar Biarki, der beim letzten Kampf das beste
getan hatte und viel besungen ward, Nach ihm heift das Lied
, Bjarkamal*.
In die Zeit von Rolf Krake füllt auch die Sage von Konig
Gautrek, dem Sohn des Odinsohns Gauti, und die Episode vom
Geberef, die ich hier naeh der Gautreksage noch kurz berichte.
Der Wiking Renni von Rennisey, einer Insel bei Norwegen,
nördlich von Jadar, hat einen nichtsnutzigen Sohn, Ref (Fuchs)
genannt, Renni ist nun froh, diesen Tunichtgut von sich abzu-
schütteln, selbst mit dem Opfer seiner besten Habe, eines gold-
geschmückten Ochsen. Ref bietet den Ochsen dem geizigen Jarl
Neri, Sohn des Königs Wikar an, der gibt ihm einen Schild
dafür, bereut es aber bald. Als das Ref merkt und den Schild
wieder zurückgibt, gibt ihm Neri einen Wetzstein und schickt
ihn zu Kónig Gautrek. Als der nun nach seinem J agdhabicht
werfen will, reicht ihm Ref den Stein ; der freigebige Konig
schenkt ihm dafiir einen Goldring. Den gibt Ref dem Konig
Ella von England. Der gibt ihm dafür ein Schiff und zwei
Hündchen. Ref bietet nun die Hunde dem Rolf Kraki; auch
der gibt ihm ein Schiff mit Ladung und Männern, und dazu
Helm und Brünne von hohem Wert. Diese beiden Kleinode
bietet Ref dem Heerkönig Olaf, Der gibt ihm dafür einen
Wunsch frei. Ref bittet ihn um seine Flotte auf einen halben
Monat. Damit zwingt er den König Gautrek, ihm seine Tochter
Helga zu geben, die er von Alfhild, der Tochter des Königs
Harald von Windland hat, Außerdem wird er Jarl des Königs
und hat so sein Glück gemacht. — Saxo stellt diese Sage ins
8. Buch unter König Gotrik = Gotfrid (804), nach ihm ist eine
Wette über die größere Freigebigkeit verschiedener Könige das
bewegende Motiv. Refo erschlägt seinen Gegner, der die Wette
nicht bezahlen will, raubt die Tochter des N orwegkönigs Goto
und schenkt sie dem Gotrik.
Ebenfalls in diese Zeit des alten Gautrek setzt die Gautrek-
saga die ersten Taten Starkads und seine N. eidingtat an Wikar,
der ja der Vater des Jarls Neri ist. Danach würde sich also
Starkads Leben durch alle Perioden der Heldensage über sieben-
hundert Jahre ausdehnen. Nach derselben Quelle fällt dann
Fridthjofs Zeit noch um zwei Generationen früher.
Erinnern wir uns daher kurz an die Fridthjofsage. Fridthjof
ist der Sohn Thorsteins, des Sohnes Wikings. Auch von Thor-
stein gibt es eine Sage. Fridthjof wirbt um Ingebjörg, die
Tochter König Beles in Norwegen, aber ihre Brüder Helge und
Halfdan verweigern sie, Er besucht die Geliebte heimlich in
Baldershagen. Die Brüder schicken ihn fort, den fälligen Tribut
von Angantyr, dem König der Orkneyen, zu holen. Zwei
Zauberweiber, Heid und Hamglame , müssen dem Helden einen
Sturm erregen. Die Brüder verbrennen sein Eigen in seiner
Abwesenheit und geben Ingebjórg als Weib dem alten König
Ring von Ringarik (nach Flateyjarbok ist er ein Sohn Raums
und hat die Tochter des Seekönigs Wifil zum Weib gehabt: sein
Sohn ist Halfdan der Alte). Fridthjof rächt sich, indem er
Baldershagen mit dem Balderheiligtum verbrennt. Er wird als
friedlos erklärt und treibt sich eine Weile als Seeräuber herum.
In der Verkleidung eines Salzbrenners besucht er endlich Ring
und Ingebjörg in Uppland (Alfheim), und wird vom König zum
Nachfolger bestimmt, solange seine Söhne noch -unreif seien.
Fridthjof heiratet nun seine Ingebjörg, tötet den Helge, unter-
wirft sich den Halfdan. Seine Sóhne sind Gunthjof und Hunthjof.
Hunthjofs Söhne sind nach der Gautreksage Herthjof von
Hordaland, Geirthjof von Uppland, Fridthjof von Telamark.
Nun setzt die Starkadsage ein nach der gleichen Quelle.
Starkad ist der Enkel eines noch älteren Starkad, eines klugen
Riesen mit acht Hünden. Der raubte Alfhild, die Tochter König
Alfs von Alfheim. Alf ruft den Gott Thor zu Hilfe. Der er-
schlügt den Starkad; aber Alfhild hat von ihm einen Sohn Stor-
wirk. Dieser tritt als Wiking in das Gefolge König Haralds zu
Agdhir ein und wohnt als Landwehrmann auf der Insel Thruma.
Er raubt Ani, oder Unna, die Tochter des Jarls Freki von
Halogaland, und hat von ihr einen Sohn, den berühmten Starkad.
Die Brüder der Geraubten rächen sich aber und zerstören Stor-
wirks ganzes Besitztum, so daß nur der junge Starkad gerettet
wird, der bei König Harald aufgezogen wurde.
Als Starkad drei Winter alt ist, kommt König Herthjof von
Hördaland, der Enkel Fridthjofs überfällt den Harald, erschlägt
ihn, führt seinen Sohn Wikar als Geisel mit sich. Der kleine
Starkad wird von Odin, der unter dem Namen Rofharsgrani im
Heere Herthjofs ist, gerettet. Zwülfjáhrig hilft er dem Wikar
gegen Herthjof. Dieser fällt. Er hilft ihm gegen König Sisar
von Känugard und trügt dabei eine schwere Kopfwunde davon.
Dann hilft er ihm auch gegen Geirthjof, der den Bruder rüchen
will Wikar heiratet und hat zwei Sóhne: Harald und Neri den
Geizigen, der schon aus der Sage vom Gebe-Ref bekannt ist.
Wikar verjagt endlich mit Starkads Hilfe auch den dritten
Bruder, Fridthjof, von seinem Reich; Neri schlieft Freundschaft
mit dem bekannten Gautrek, Konig von Gautland.
Nun war es aber um Starkad also bestellt. Die zwölf Asen
hatten sein Geschick bestimmt und Thor hatte also gesagt: Weil
Alfhild, die Mutter von Starkads Vater, lieber den Riesen wählte
als mich, so soll Starkad ohne Nachkommenschaft bleiben. Aber
Odin entgegnete: Dafür soll er selber viele (drei) Mannesalter
leben. Thor: Aber in jedem Mannesalter ein Neidingwerk, eine
Schandtat verüben. Odin: Aber er soll die besten Waffen haben.
Thor: Niemals jedoch liegende Habe. Odin: Um so mehr fahren-
des Gut. Thor: Doch soll er niemals genug zu haben wühnen.
Odin: Ich gebe ihm Sieg in jedem Kampf. Thor: Ich eine
schwere Wunde jedesmal Odin: Ich gebe ihm .Skaldschaft,
Dichtergabe. Thor: Aber ich Vergessenheit jeder Tat. Odin:
Allen Edlen soll er hoch gelten. Thor: Aber dem Volke ver-
haßt sein.
Bald war Gelegenheit zur ersten Neidingtat. Als nämlich
einst Wikar bei starkem Sturm das Los befragte, fiel es so, daß
man dem Odin einen Mann zum Opfer aufhängen solle, und zwar
den Kónig selber. Man beschloB nun, durch eine Scheinauf-
hüngung dem Willen der Götter nachzukommen, Starkad sollte
sie vornehmen; aber durch den Zauber Odins ward der schwache
Darm zum Seil und das Rohr, mit dem Wikar gestochen wurde,
zum Speer. Der König starb und Starkad mußte vor dem
Haß des Volks aus Norwegen nach Schweden fliehen zu den
Königen von Upsala, Eirek und Alfrek , den Sthnen Agnis
Skialfarbondi*). Starkad dichtete darüber das »Wikarslied*, Er
wurde auch in Upsala von den zwôlf Berserkern, besonders
von Ulf und Otrygg angefeindet. Er fuhr aber in Alfreks
Dienst umher.
Saxo erzählt im 6. Buch ähnlich, daß Starkather, Sohn des
Storwerk, aus dem Land der Esthen stamme vom Riesengeschlecht,
und daß ihm Gott Thor von seinen ursprünglichen sechs Händen
vier abgerissen habe. Er stellt die Tötung Wikars so dar, daß
*) Alrek und Eirik sind nach der Ynglingensage, Kapitel 20, die
Sóhne Agnis, des Gatten der Skialf, die Frostis des Finnenkónigs Tochter
und Schwester Logis ist. Skialf hat den Agni mit dem Unglückshalsband
der Ynglingen erdrosseln lassen. Die Sóhne, Alrek und Eirik, tóten sich
gegenseitig mit den Züumen, indem sie über die Vorzüglichkeit ihrer
Rosse streiten. Vgl. S. 55. Aber dies Brüderpaar gehört einer späteren
Generation an, was bei Starkads Langlebigkeit nicht auffällt.
Starkather absichtlich den am Weidenstrick Hängenden mit dem
Schwert durchbohrt habe.
Auch der Anfang der Hervararsage berichtet von Starkads
Geschlecht. Ein Riese Hergrim entführt Ama, Ymirs Tochter
aus Ymirsland. Ihr Sohn ist der Halbriese Hergrim; der ent-
führt die Ogn Alfenplage aus Riesenheim und hat einen Sohn
Grim. Starkad, der Großvater mit den acht Händen, tötete den
Hergrim und wollte Ögn rauben; aber sie erstach sich selbst.
Später entführte Starkad der Ältere die Alfhild, Tochter
König Alfs von Alfheim zwischen dem Gautelf und Raumelf.
Alf rief den Thor an und dieser erschlug den alten Starkad.
Er hatte aufer dem Sohn Storwirk auch eine Tochter Baugerd;
die wurde jenes Grim Weib und gebar ihm den Berserker
Arngrim.
Saxo läft den jüngeren Starkad nach Wikars Tod zum
Wiking Bemon nach Dänemark gehen; er kriegte dort gegen
den Fürsten der Russen Flokk. Dann war er bei den biar-
mischen Kämpen, und endlich sieben Jahre lang in Schweden
bei den Sóhnen des ,Fró*, bis ihm die weibische Gótterver-
ehrung in Upsala zum Ekel wurde. Über seine weiteren Taten
später. Die Langlebigkeit Starkads ist offenbar zu vergleichen
mit der des Kónigs Snaer und Halfdans des Alten. Jenem ersten
wurden dreihundert Jahre zuteil, was offenbar bei den Nord-
germanen als die Zeit dreier voller Menschenalter galt. Halfdan
strebt dureh sein Opfer das gleiche an, bekommt aber nur die
Gabe, daB in der Zeit von dreihundert Jahren sein Geschlecht
männlich und edel bleiben werde. Auch bei Starkad bedeuten
die drei Menschenalter dreihundert Jahre. Sie sind aber offen-
bar ausgedehnt worden. Oder wenn wir sie weiter interpretieren
dürfen, so bedeuten sie das Fortleben in den drei Hauptaltern
der Heldensage, erstens in unserer Ursage, zweitens in der
Völkerwanderungssage (bei Ingiald) und drittens in der Brawalla-
sagenzeit. In der Tat fällt Starkads erste Neidingtat, die Tötung
Wikars, in unseren Sagenkreis, die zweite, Starkads Flucht, in
die Völkerwanderungszeit, die dritte, Alis Ermordung, nach der
Brawallaschlacht. Die Sage erhebt sich mit feiner Ironie über
diese Unwahrscheinlichkeiten und Übertreibungen, indem sie den
7
Starkad selber zum Dichter macht, dem das Gedächtnis seiner
Taten geschwunden oder verwirrt worden sei.
Zur Gautreksage gehórt noch Kapitel 84 ff. der Ynglingen-
sage. Danach hat Gautrek, der Sohn des.Gauti, nach dem
Gautland heift, einen Sohn Algauti, und dieser eine Tochter
Gauthild. Sie wird mit Ingiald Illradi vermühlt. Diesem gab
Swipdag der Blinde, ein Unterkünig, ein Wolfsherz zu essen,
damit er grimm und stark werde. Ingiald macht denn auch
beim Erbtrunk fiir seinen Vater Onund, den Sohn des Ingwar,
das Geliibde zum Bragesbecher, sein Reich nach jeder Haupt-
gegend um die Hälfte zu vergrößern. Er läßt dann den Saal
mit den trunkenen Mitkönigen verbrennen. Allerdings wird
dieser Ingiald einem Ingeld gleich gesetzt, der 718 gestorben
sein soll. So ist also Gauthild vielleicht als spätere Nach-
kommenschaft des Gautenstammes aufzufassen.
Sicher aber fällt noch in unseren reichen Sagenkreis der
Auszug der Langobarden unter König Snio oder Snaer.
Die Annalen von Esrom erzählen, daß zur Zeit, da Rolf
Krake noch ein Knabe war, der Schwedenkönig Athisl den
Dänen als König oder Statthalter schmählicherweise einen Hund
gegeben habe. Ähnliches erzählt die Sage Hakons des Guten,
Kapitel 18, in der Heimskringla von König Eystein dem Bösen
von Uppland. Er habe seinen Sohn Onund über Thrandheim
gesetzt. Die Thränder aber erschlugen ihn. Da gab er ihnen
die Wahl, ob sie lieber seinen Sklaven Thorir Faxe, den
„Mähnigen“ oder seinen Hund Saur [= Dreck] haben wollten.
Sie wählten den Hund. Aber dieser hatte durch Zauber dreier
Männer Verstand. Er hatte seinen Hochsitz, wurde aber endlich
von Wölfen zerrissen, denen er seine Herde wehren wollte.
Der Hund des Athisl hieß Rache; er starb, als er einst von
seinem Thron zu streitenden Hunden hinabsprang (P. E. Müller,
Saxo, 2, 208). Niemand wagte diesen Tod dem Athisl zu
melden, als ein Hirte, namens Snio. Er tat es denn auch so
geschickt, daß Athisl ihn nun selber zum König von Dänemark
einsetzte unter der Bedingung, daß er den Dänen die härtesten
Gesetze gebe und tyrannisch herrsche. Um sich eines gewissen
Röth zu entledigen, schickte Snio diesen zu einem weisen Riesen,
daß er ihn befrage, woran er sterben werde. Er meinte, der
Riese werde den Boten töten. Aber Röth brachte die Kunde,
Snio werde durch Läuse zerbissen werden, So geschah es auch.
Gerade dieser Sagenzug beweist, daß Snio wohl kein anderer als
jener König Snaer, Schnee ist, der sonst als König der Nor-
weger gilt, als Sohn des Frosti, Enkel des Sturmriesen Kari.
Denn jener Snaer war langlebig, wurde dreihundert Jahre alt
und konnte sich wohl für schier unsterblich halten.
Saxo erzählt also von diesem Snio im 8. Buch, er habe die
Kämpen Eskill und Alkill besiegt, er habe die Tochter des
Königs der Götländer, die dem Schwedenkönig vermählt war,
durch Hilfe eines Bettlers geraubt und sei deshalb mit dem
Schwedenkönig in langen Zwist geraten, Damit war wohl ur-
sprünglich Athisl gemeint. Nun entsteht Mifwachs, Teuerung
und Hungersnot. Das stimmt wieder ganz zu dieser Zeit nach
dem Ende des Frodefriedens und nach der durch Njord und
Freyr gesegneten reichen Glücksperiode. Snio verbietet darum,
daß aus dem Getreide weiter noch Bier gebraut werde. Ein
schlauer Zecher umgeht das Verbot, Bier zu trinken, dadurch,
daß er es nur aufleckt und schlürft oder mit eingetunktem Brot
ißt. Nach zweimaliger Verwarnung entschuldigt er sich, er habe
Bier fürs Totenfest des Königs gebraut, der ja wahrscheinlich
aus Geiz zuerst sterben werde. Das ist offenbar der Röth, den
Snio nach anderer ergänzender Sage zum Riesen schickt, um seine
Todesursache zu erfragen.
Da die Hungersnot anhält, wird auf Vorschlag des Aggo
und Ebbo bestimmt; daß die Greise und Kinder erschlagen, alle
Schwachen aus dem Land gejagt werden sollen. Aber die weise
Mutter jener beiden Brüder, Gambaruk, verbessert diesen Be-
schluß, indem sie vorschlägt, daß die Überzahl der Menschen,
durchs Los ausgesondert, fortwandern solle. Das geschieht, und
die Auswanderer ziehen über Blekingen an Moringien (Nord- und
Süd-Möre) vorbei nach der Insel Gotland, wo sie auf Geheiß
der Göttin Frig den Namen Langobarden annehmen. Dann
ziehen sie über Rügen und Deutschland nach Italien weiter.
Aber seit dieser Auswanderung ist Dänemark verwildert. Was
einst Acker war, ist nun Wald. Auch die ehemals freiliegenden
Blümml,. Quellen und Forschungen. IV.
Grabhügel und Steinhaufen, die aus den Feldern zusammen-
gelesen wurden, sind nun längst überwachsen. Wo einst Korn
geerntet wurde, werden nur mehr Eicheln gesammelt.
Die Langobardengeschichte des Paulus Diaconus und die
damit zusammenhüngende Schrift über die Herkunft der Lango-
barden gibt dieselbe Sage ausführlicher. Danach heifen die
Brüder Ibor und Ajo, die Mutter Gambara, Ihr Volk ist das
der Winniler, die in Skandinavien wohnen. Ein Dritteil muf
durehs Los auswandern infolge von Übervülkerung. Sie ziehen
von Skandinavien nach Skoringa, wo sich ihnen die Wandalen
entgegenstellen und Zins von ihnen begehren. Aber sie wollen
kümpfen. Die Wandalen beten zu Godan — Wodan, die Win-
niler zu Frea, seiner Gemahlin. Auf Freas Rat stellen sich bei
Sonnenaufgang zu den Winnilern auch ihre Weiber, die ihre
langen Haare gleich Bürten ins Gesicht hüngen lassen. Godan
fragt beim Erwachen, wer diese »Langbürte* seien. Da verlangt
Frea, daf er ihnen zu diesem Beinamen auch ein Geschenk, den
Sieg gebe. Die Winniler, die seitdem Langobarden heifen, zogen
als Sieger nach einiger Zeit nach Mauringa. Dort hatten sie
mit den Assipitern zu kämpfen. Ein Zweikampf entschied, den
ein Sklave für die Langobarden ausfocht und dafür Freiheit für
sich und seine Nachkommen erhielt. Weiter zogen die Lango-
barden nach Golanda, Anthab, Banthaib und Burgundaib. Nach
Agelmund, dem Sohne Ajos, folgte Lamissio, das Kind einer
Dirne, das Agelmund mit dem Speer aus dem Schlamm zog,
worein es die Mutter geworfen. Er hatte mit den Amazonen
zu kämpfen, die noch bis auf des Paulus Zeit im hintersten
Germanien bestünden, dann mit den Bulgaren, welche den
Agelmund getötet und seine Tochter geraubt hatten. Dabei
halfen viele Sklaven mit und wurden zum Lohn frei. Auf
Lamissio folgte Lethu, dann Hildeok, dann Gudeok, der schon
zur Zeit des Odoaker gelebt haben soll. Es sind aber wohl
bei Paulus einige Glieder in der Stammreihe abkürzend aus-
gefallen. Nachdem die Rugier mit ihrem König Feletheus durch
Odoaker vernichtet wurden, zogen die Langobarden nach Rugi-
land in Niederösterreich. Damit wollen wir ihre weitere Sage
verlassen.
3
pa
Nach dieser Überfülle von zusammenhängenden Episoden
knüpfen wir wieder an die Rolfsage an. An sie schließt Saxo
im 8. Buch ganz richtig und in guter Ordnung die Sage vom
Tode Balders. Sie gehórt hierher sowohl genealogisch, wie
dem Gehalte nach. Sie ist die Steigerung der Rolfsage. Rolf
sagt sich vom Góttertum los; Hother bekriegt sogar die Götter
und tótet den liebenswürdigsten Asen. Hother gehört eigentlich
derselben Generation an wie Rolf, eher noch einer früheren. Er
ist ja der Bruder des Athisl. Athisl stirbt nach Saxo in Schweden
an einem ausgelassenen Trinkgelage aus Freude über Rolfs Tod.
Nach der Ynglingensage starb er, als er beim Disenopfer vom
Hengst stürzte, den er einst dem König Ali dem Upplündischen
nach der Schlacht auf dem Eise des Wänirsees abgenommen
hatte. Ein zweiter Hengst, den er seinem Freunde König God-
gest von Halogaland schenkte, ward diesem zur Todesursache.
Hother beansprucht bei Saxo nach dem Tode Athisls, seines
Bruders, ganz Schweden und Dänemark nach Erbrecht; denn er
ist der Sohn des Hothbrod, der Enkel der Swanhwit und des
Regner, der Urenkel des Hading und des Schwedenkönigs Hun-
ding. Musikkundig ist Hother bei seinem Erzieher Gewar auf-
gewachsen, von dessen Tochter Nanna geliebt. Aber Balder,
Odins Sohn, erblickt einst Nanna im Bad und begehrt sie zur
Ehe. Hother holt, um den göttlichen Nebenbuhler zu töten, das
Zauberschwert des Miming und dessen Wunderring. Der Sachsen-
könig Gelder will ihm diese Kleinode abjagen, wird aber nach
kurzem Kampf von ihm zum Bundesgenossen gewonnen. Ebenso
wird Helgo, König von Halogia, sein Freund; denn der rede-
gewandte Hother wirbt für ihn um die Thora, Tochter Kusos,
des Königs der Finnen und Biarmier. Nun wagt es Hother,
mit solchen Bundesgenossen gegen seinen Nebenbuhler Balder
und die Gótter Odin und Thor zu kümpfen. Eine furehtbare
Steigerung der Gottlosigkeit Rolfs und Fridthjofs! Hother schlügt
dem Thor den Griff seines Hammers ab. Balder wird besiegt
und flieht. Gelder fällt. Balder siegt in der Folge wieder durch
eine Wunderquelle, die er erstehen läßt. Aber die Liebessehn-
sucht nach Nanna macht ihn krank. Da führt Fro, der Statt-
halter der Götter in Upsala, Menschenopfer ein, offenbar um
4*
5 1
dadurch den Übermut der Menschen zu strafen. Damit ist der
Bericht der Ynglingensage, Kapitel 15, zu vergleichen, wonach
unter König Domaldi in Schweden bei großer Hungersnot zu-
erst in Upsala Menschen geopfert wurden, endlich sogar der
König selbst.
AN dies fällt noch in frühere Zeiten vor Rolfs und Athisls
Tod. Nun erst rückt die Sage weiter. Hother nimmt nach
Rolfs und Hiarthwars Tode Besitz von Dänemark, nach Athisls,
seines Bruders, Tod Besitz von Schweden. Aber nun kehrt
Balder zurück und verjagt den Hother. Dieser gewinnt als
Spielmann die Gunst der Nornen oder Walküren, die das Leben
des Gottes beschützen. Dadurch wird das unmöglich Scheinende
möglich. Balder fällt durch Hothers Schwert. Die Edda hat
bekanntlich eine andere weniger historisierende, mehr symbo-
listische Variation der Sage von Balders Tod. Es ist aber kein
Grund vorhanden, die eine Fassung als echter oder unechter
anzusehen.
Odin befragt wegen der Rache den finnischen Zauberer Roßdieb
und zeugt mit Rinda, der Tochter des Russenkönigs, den Rächer
Bo. Als Schmied unter dem Namen Roster, als Krieger und
Kämpe hat er zuerst vergeblich ihre Gunst gesucht; er überwältigt
sie endlich unter der Maske der Wecha, einer Heilfrau. Die
Gótter, die in Byzanz (am Hellespont, am Schwarzen Meer) ihren
Sitz haben, halten durch diese Tat ihre (ohnedies schon von Rolf,
Fridthjof und Hother stark erschütterte) Würde für geschändet.
Sie fürchten, ihre Verehrung möchte ganz abgeschafft werden, und
verbannen daher den Odin. An seine Stelle setzen sie den Oller
(Ullr) ein, dem sie auch Odins Namen beilegen. Aber nach
einiger Zeit gelang es doch dem Odin ; dureh Sehmeichelei und
Sold die Gunst der Götter wieder zu erlangen. Er wurde
zurückberufen und Oller entwich nach Schweden, wurde aber
im Bemühen, hier seinen Ruhm neu zu begründen, von den
Dänen getötet. Indes wurde Gewar durch die List des Statt-
halters Gunno getötet. Hother rächt ihn und setzt seine Söhne
Herlet und Gerit über N orwegen ein. Bo tötet aber als Rächer
Balders den Hother und es folgt nun als Kónig Hothers Sohn
Rorik Slyngebond, unter den Saxo die Geschichte des Amleth setzt.
>
>
^
Mit Odins Verbannung schließt dieser große Sagenkreis
großartig ab, der mit Odins Herkunft begann. Durch die Ver-
gleichung mit der Edda können wir die beiden Verbannungen
Odins bei Saxo wohl auseinanderhalten. Die erste umschreibt
den Wanenkrieg, und Mitothyn ist ein Bruder Odins. Die
zweite scheint auch in der Edda, in den Havamal (95 ff.) angedeutet
zu sein, wo Odin erzählt, wie ihm von Billungs Maid alle Schmach
angetan wurde, und wie die Eisriesen gekommen seien in des
Hohen Halle, um über seine Treulosigkeit, seinen Eidbruch, die
Überlistung der Gunnlód und den rünkevollen Raub des Dichter-
mets zu klagen. Wahrscheinlich schließt sich in der vollen Sage
diese Erringung des Dichtertranks auch an Balders Rächung an
als eine weitere Maßregel zur Rettung der Götter, und Odin
scheint nach feierlicher Anklage und Verhandlung verurteilt
worden zu sein. „Havamal“ enthält zum Teil seine Verteidi-
gungsreden. Auch Ullers Herrschaft ist in der Edda angedeutet.
In Grimnismal befindet sich Odin auf der Wanderung wahr-
scheinlich wührend dieser Verbannung, denn er wünscht Ullers
und aller Gótter Gunst dem, der ihn, den fremden Wanderer,
rette (Str. 42). Wir dürfen wohl in diese Zeit der Verbannung
auch andere Wanderungen Odins setzen.
Die Sage von Odins Verbannung bei Saxo ist wohl auch
zusammenzustelen mit jenem Bericht der Ynglingensage von
Odins Tod oder Verschwinden. Sie hat eine schöne Fortsetzung
im 11. Kapitel. Nachdem nämlich die selige Friedenszeit und
die gute Götterzeit vorbei ist, nachdem Odin, Njord und Freyr
verschwunden sind, nachdem, wie wir ergänzen können, auch
Balder tot ist, äußert sich die Sehnsucht eines getreuen Götter-
verehrers nach diesem verschwundenen Glück. Sweigdir der
Schwedenkönig, jenes Fjólnirs Sohn, mit dessen Ertrinken im
Metkessel der Frodefriede sehwand, will nun den alten Odin in
Godheim aufsuchen. Er kommt nach Tyrkland (Thrakien) und
heiratet die Wana aus Wanaheim. Auf einer zweiten Fahrt und
Suche wird er von einem Zwerg in einen Felsen zu Odin ge-
führt, der dort, wie Karl der Große im Untersberg, im Wunder-
berg, entrückt.ist. Er kehrt nicht mehr zurück.
Sweigdirs Sohn Wanlandi heiratet die Drifa, die Tochter
28
Snios des Alten in Finnland. (Drifas Schwestern sind Fönn
und Miöll, alles verschiedene Namen für Schnee.) Er verläßt
sie aber wieder. Da will ihn Drifa durch die Zauberin Huld
herzaubern lassen. Aber der Zauber der Mara (Trud) tötet ihn.
Das ist also die Familie desselben Snio oder Snaer, des drei-
hundertjährigen Schneekönigs und Zauberers, dem wir schon in
diesem Sagenkreis wiederholt begegnet sind,
III. Übergangszeit.
Damit ist denn auch dieser Sagenkreis beschlossen, der etwa
fünf Generationen, Skjold, Fridleif, Fridfrode, Hother, Rolf um-
faBt und, wenn wir der guten Überlieferung trauen dürfen, sich
ziemlich gleichmäßig um die Zeit vor und nach Christi Geburt
gruppiert, genauer gesagt, von 68 vor Christus bis etwa 100
nach Christus,
Die längere Zwischenzeit von diesem Punkt an bis zum
Beginn der Völkerwanderungssage, also ungefähr bis 366 nach
Christus ist durch losere Generationenreihen nur dürftig aus-
gefüllt.
Am zweifellosesten führt den Faden der Erzählung weiter
die Ynglingensage vom Kapitel 14 an. Der Sohn jenes Wan-
land, der die Drifa geheiratet hat, ist Wisbur. Dieser freit die
Tochter Audis des Reichen und gibt ihr zur Brautgabe ein
goldenes Halsband, einen Goldmond, der zum Schicksal für das
Haus der Ynglingen wird. Audi ist wohl einer der Sóhne des
Halfdan, Stammvater der Audlinge oder Ódlinge. Wisbur ver-
läßt aber seine Frau eines anderen Weibes wegen. Da zaubert
Audis Tochter ihrem Stiefsohn Domaldi Unglück. Sie stirbt,
wie es scheint, bald darauf. Ihre jungen Sóhne fordern ihr
Erbe vom Vater. Da er es verweigert, lassen sie durch die
Zauberin (Volva) Huld einen Fluch zaubern, daß jener goldene
Halsschmuck immer dem besten Mann im Geschlecht zum Tode
werde und Geschlechtsmord immer bei den Ynglingen beständig
sei. Sie bekriegen dann auch ihren Vater und verbrennen ihn.
Unter der Regierung ihres Stiefsohns Domaldi herrscht denn
auch solcher Hunger und Elend in Schweden, daß man Menschen
>
in Upsala opfert, endlich sogar den König selbst. Wir sind
diesen durch den Gott Frö eingeführten Menschenopfern bereits
in der Baldersage begegnet.
Die nun folgenden Kapitel 16—18 der Ynglingensage von
Domar, Dyggwi und Dag sind bereits als eine Einschiebung er-
kannt worden. Sie haben gar nichts mit dem Halsschmuck zu
tun, beziehen sich vielmehr auf die Sage von Rigr und seinen
Söhnen Danp, Dan und Dag.
Die Halsbandgeschichte setzt aber wieder ein mit Kapitel 19
von Agni, der als Dags Sohn bezeichnet wird, aber vielleicht
Domaldis Sohn ist. Dieser Agni tötet den Finnenkönig Frosti
und zwingt dessen Tochter Skjalf zur Hochzeit. Frosti ist ein
Verwandter Snios; im Flateyjarbuch heißt so Snios Vater. Logi
ist Skjalfs Bruder. Skjalf aber läßt den verhaßten Bräutigam
beim Totenfest für Frosti, das zugleich ein Siegesfest sein soll,
durch ihre Mannen mit dem Unglückshalsband erdrosseln. Das
geschah bei Stocksund.
Agnis Söhne Alrek und Eirik sind leidenschaftliche Reiter
und Roßzähmer. Im Streit über die Vorzüglichkeit ihrer Hengste
töten sie sich gegenseitig mit den Zäumen.
Auch Saxo berichtet im 5. Buch, mitten in der Geschichte
Frothos III., vom Kampf des Schwedenkönigs Alrik mit Erik,
der aber hier nicht als Bruder erscheint. Auf Eriks Seite ist
Gestiblind, nach der Hervararsage eine Hehlgestalt Odins, Frotho
und Skalk aus Schonen. Erik besiegt und tótet zuerst Alriks
Sohn Gunthion. Im folgenden Zweikampf zwischen Alrik und
Erik füllt jener, und dieser gilt sehwerverwundet für tot. Er
genest aber, und Frotho macht ihn zum Unterkónig über
Schweden, Lappland, Finnland und Esthland. Er ist der erste
Erik von Schweden. Zu Eirek und Alfrek, den Sthnen Agnis,
flüchtete auch, wie schon erzählt wurde (S. 46), Starkad nach
seiner ersten Neidingstat.
Alreks Sóhne sind Yngwi und Alf. Alfs Mutter war Dageid,
Tochter des Kónigs Dag, von dem die Düglinge herkommen,
Alfs Gattin, die schóne Bera, betrog ihren schlifrigen Mann mit
seinem feurigeren Bruder Yngwi. Wieder töten beide Brüder
einander. Von weiterem Verwandtenmord oder sonstigem Fluch
3.
des Halsschmucks ist in der Sage nicht mehr die Rede. Sie
hebt von da an neu mit der Starkadsage an. Aber die Starkad-
sage hat nach anderer Quelle schon in unsere Ynglingensage
eingegriffen. Starkad war nämlich nach dem Morde Wikars zu
Alfrek und Eirik nach Upsala gekommen, hatte das Wikarslied
gedichtet, wurde von den Berserkern Ulf und Otrygg ange-
feindet, war aber in Alfreks Dienst umhergefahren, Die Yng-
lingensage verschweigt diese Angabe der Gautreksage, aber es
bestütigt sich dadurch doch, daf die Halsbandgeschichte an den
Schluß des Fridfrodesagenkreises, an den Anfang dieses Über-
gangskreises gehort. .
Ich schlieBe hier auch gleich das folgende Abenteuer Starkads
mit Hake und Hagbard an. Die Ynglingensage fährt nämlich
in Kapitel 22 fort, daß Alfs Sohn Hugleik unkriegerisch und
den Spielleuten und Zauberern ergeben war. Da wurde er von
zwei Seekönigen, den Brüdern Haki und Hagbard überfallen.
Haki hatte zwölf berühmte Kämpen, auch Starkad der Alte
hatte sich ihm angeschlossen. Bei Hugleik waren als Kämpen
die Brüder, Swipdag und Geigad. Aber Haki Siegte und
eroberte Schweden. Indessen hatten Jórund und Eirik, die
Sóhne Yngwis des Alfreksohnes in Dänemark ; gegen Gudlaug,
Konig der Haleyer, gestritten. Sie kommen nun zurück , be-
kriegen den Eroberer Haki und töten ihn. Dabei fällt aber auch
Eirik. Jórund wurde nun Konig zu Upsala, fiel aber durch
Konig Gylaug, den Sohn seines Feindes Gudlaug von Dünemark.
Das ist alles, was die Ynglingensage aus dieser Zwischenzeit be-
richtet. Aber sie füllt die Zeit dadurch aus, daB sie (Kap. 25)
den Sohn des Jürund, Kónig Aun oder Ani, zweihundert Jahre
leben 148t. Er war mehr Opfermann als Heermann und opferte
dem Odin fiir Langleben seinen eigenen Sohn und so noch sechs
andere. So erlebt er die Zeiten Dans des GroBartigen, Frodis
des Friedsamen und dessen Söhne. Er wird immer kindischer
und schwächer und stirbt endlich an Altersschwäche („Anis
Sucht“), da die Schweden weitere Opfer verbieten.
Saxo erzählt die Heerfahrt Starkads mit Haki nachträglich
im 6. Buch, als er die früheren Taten Starkads vor seiner An-
kunft bei Frotho IV. verzeichnet, aber ohne eine bestimmte Zeit
56
anzugeben. Er erzählt, Starkather habe sich zuerst nach Wikars
Tode zum dänischen Seeräuber Bemon begeben, der eben seinen
früheren Gefährten Frikka verabschiedet hatte. Mit Bemon be-
kriegte Starkather den Russen Flokk. Nach Bemons Tod wurde
er von den biarmischen Kämpen am Weißen Meer zu sich ge-
laden. Dann ging er zu den Schweden (zu Alfrek und Kirik),
war da sieben Jahre, verlieB aber wieder Upsala aus Ekel an
dem weibischen Gottesdienst. Nun trat er in die Genossenschaft
des dänischen Wiking Hako (Haki) und bekriegte mit ihm den
Huglet, den aber Saxo zum Konig von Hibernien, Irland macht.
Huglet war geizig, nur den Schauspielern und Spielleuten hold.
Aber er hatte doch die beiden tüchtigen Kümpen Gegath und
Swibdaw. Gegath brachte denn auch dem Starkather eine furcht-
bare Kopfwunde bei, von der dieser selber in einem Liede singt.
Aber Huglet unterlag und fiel doch, und seine Schätze in Dublin
wurden geplündert. Die weiters bei Saxo berichteten Taten
Starkathers scheinen kurz vor seine Ankunft bei Frotho IV. zu
fallen. Sie sollen also später erwähnt werden.
Hier müssen wir aber die Geschichte von Haki und Hag-
bart noch ergänzen durch das, was Saxo an unpassender Stelle
im 7. Buch über sie nachträgt. Danach sind Hako und Hagbart
nebst Helwin und Hamund die Söhne eines dänischen Unter-
königs Hamund. Hagbart liebt Sygne, die Tochter des Sigar.
Ein vornehmer Deutscher, Hildegisel, wirbt auch um das Mädchen.
Aber sie weist ihn ab. Da gewinnt Hildegisel den blinden Bolwis
(also wahrscheinlich einen Sänger), durch Verleumdungen die
früher befreundeten Söhne des Sigar und des Hamund zu ver-
hetzen. Jene, Alf und Alger, greifen den Helwin und Hamund
an, aber Hagbart erschlägt sie zur Rache für seine Brüder. Der
liebende Hagbart wagt es nun aber doch, in Weiberkleidung als
Kampfmaid Hakos zu Sigar zu gehen und mit Sygne zu sprechen.
Sie verspricht ihm, seinen Tod nicht zu überleben. Er wird von
ihren Mügden beim Baden erkannt, verraten und gerichtet. Bolwis
Schürt gegen ihn; sein guter Bruder Bilwis will ihn vergebens
retten. Er soll gehängt werden. Höhnend reicht ihm noch die
Gattin Sigars den Becher, den er ihr zurückschleudert. Er wird
zum Galgen geführt, bittet aber, man möge zuerst sein Gewand
d
hinaufziehen. So will er Sygnes Treue erproben. Sie erfährt
das in ihrem Gemach, glaubt, daß er bereits gerichtet sei, und
erhängt sich mit ihren treuen Mägden an ihren Kleidern, nach-
dem sie Feuer in die Königsburg werfen ließ. Als Hagbart das
sieht, stirbt er nun auch gerne, ein Lied auf den Lippen. Sein
Bruder Hako eilt zur Rache aus Irland herbei. Dabei verläßt
ihn aber Starkather, weil er früher die Gastfreundschaft Sigars
genossen hatte. Aber Hako rückt mit seinem Heere, das aus
Kriegslist abgehauene Zweige trägt, vor, wie ein wandelnder
Wald, schlägt und tötet den Sigar. Sigars Sohn Siwald rächt
den Vater und schlägt den Hako in die Flucht. Der stirbt
nach zwei Jahren in Schottland. — Saxo macht den Sigar an
ungehörigem Platz zum Dänenkönig. Die Flateyjarbok weiß,
daß von Sigar dem Halfdansohn, dem Ahnherrn der Siklinge,
nach einigen Generationen jener Sigar stammte, der der Vater
Sygnes war und den Hagbard hängen ließ. Sigarsfeld in See-
land ist dem dänischen Lied von Helge dem Hundingstöter (1, 8)
bekannt.
In diesen Kreis gehört auch die Sage vom Liebespaar Alf
und Alwilda. Alf ist ein Sohn Sigars, ein Bruder der Sygne.
Um nun die schóne und wohlbewachte Alwilda zu erwerben, die
Tochter Sywards, des Kónigs der Gótlünder, tótet Alf zwei Un-
geheuer vor ihrem Gemach. Aber Alwilda will auf Zureden
der Mutter dem Liebhaber entgehen, sie nimmt Miünnerkleider
und verlegt sich auf Seeraub. Alf überwältigt sie mit Hilfe
seines Geführten Borkar in Finnland und heiratet sie; Borkar
nimmt ihre Genossin Gro zur Ehe. Von diesem letzteren Paar
soll Harald Hildetan abstammen.
Um die übrigen Sagen dieser Übergangszeit zu überblicken,
bietet uns Saxo eine, wie es scheint, ziemlich ungestórte genea-
logische Reihe, die zum Teil durch die lückenhaftere Genealogie
der Flateyjarbok bestütigt wird. Das Wenige, was uns die Yng-
lingensage bietet, wurde bereits ausgenützt. Die Reihenfolge bei
Saxo stimmt sogar merkwürdigerweise ganz genau mit der von
mir angenommenen Chronologie. Denn wenn wir nach der guten
Überlieferung Skjold ins Jahr 68 v. Chr., den Frodefrieden zur
Zeit von Christi Geburt, das Ende der Rolfs- und Balders-
58
geschichten etwa 100 n. Chr. setzen, so fiele Rorik Slyngebond
100, Wiglet 133, Wermund 166, Uffo 200, Dan IT. 238, Huglet
266, Frotho II. 300, Dan IIT. 333, Fridlef I. 866, Frotho IIL
400, Fridlef II. 433, Frotho IV. 466, Ingell 500, womit wir
auch bereits in den fünf letzten Generationen den ganzen Völker-
wanderungskreis umfaßt haben. Die Geschlechtsreihe der Yng-
lingensage ist kürzer, unvollständiger (oben Seite 54), aber sie
bestätigt im allgemeinen die reichere Überlieferung Saxos. Freilich
will ich doch auch auf das merkwürdige Stimmen der Chrono-
logie nicht zuviel Gewicht legen. Es mag nur ein günstiger
Zufall sein. Aber er erlaubt uns doch, der Führung Saxos mit
größerem Vertrauen zu folgen.
Saxo läßt also am Schluß des 3. Buches auf Hother seinen
Sohn Rorik Slyngebond folgen. Dieser bringt die Slawen zum
Gehorsam. Er setzt Horwendil und Fengo, die Söhne des
Gerwendill als Statthalter in Jütland ein. Horwendill tötet den
Wiking Koller, König von Norwegen, und seine Schwester Sela.
Er bekommt Roriks Tochter Gerutha zur Frau, und diese ge-
biert den berühmten Hamlet (Amleth). Nun ist es allerdings
bedenklich, daß die Flateyjarbok den Raerek Slaunguanbungi
zum Vater des Harald Hildetan macht. Wenn ferner Hor-
wendill der Orendel des deutschen Heldengedichts ist, wenn
dieses Orendels Vater Eigel gleich ist mit Wielands Bruder Egil,
so fiele die Sage Amleths in den Vólkerwanderungskreis. Anderer-
seits ist die Sage mit dem eddischen Gótterkreis verbunden, da
Aurwandill von Gott Thor beschützt und Aurwandills Weib Groa
(= Gerutha?) den wunden Thor durch ihre Zaubersprüche heilen
soll. Saxo berichtet nun weiter, wie Fengo den Bruder tötet,
sein Weib heiratet und wie Amleth den Vater rächt. Die alte
Skaldendichtung des 10. Jahrhunderts kennt schon das Witzwort
Amleths, der das Meer eine Mühle nennt.
Amleths Geschichte wird im 4. Buch Saxos fortgesetzt.
Roriks Nachfolger, Wiglet, beschuldigt den Amleth, sich Jüt-
lands mit Unrecht angemaßt zu haben, nachdem er Fengo ge-
tötet. Amleth vertreibt wohl den Fialler, Statthalter von Schonen,
nach Undensacker, er wird aber von Wiglet in einer Schlacht
auf Jütland getötet. Amleth hatte zwei Frauen, die Königs-
n
tochter von England, und Hermunthruda von Schottland. Die
letztere wird nach seinem Tode Wiglets Beute. Auch die Person
des Wiglet scheint diese Sage eher in spätere Zeit zu setzen;
denn in diesem Wiglet ist wohl der Vasall Hetels Wigaleis zu
sehen, der in unserer Kudrun vorkommt und also wohl in die
Zeit des dritten Frode gehört. Anderseits ist allerdings zu be-
merken, daß in angelsächsischen Genealogien Witlaegi (Wiglet)
— Waermund — Offa unmittelbar aufeinander folgen wie hier
bei Saxo, so daß Waermund etwa in das Jahr 300 zu fallen
scheint, wenn man von der historischen Zeit zurückrechnet.
Woden ist da Witlaegis Vater (P. E. Müllers Notae uberiores
zu Saxo) Es mag demnach mehrere Sagenhelden gleichen oder
ähnlichen Namens gegeben haben.
Nun folgt also die schöne Wermundsage. Wermund, Wiglets
Sohn, vermühlt seinen beschrünkt scheinenden Sohn Uffo mit der
Tochter des Herzogs Frowin. von Schleswig. Nachdem Frowin
gegen König Athisl von Schweden gefallen war — es ist ein
anderer Athisl als der Alte —, gab Wermund dessen Würde
seinen Söhnen Keto und Wigo. Diese nehmen an Athisl Rache.
Weil sie aber gegen das Recht den Gegner zu zweien angegriffen
haben, stellte Uffo die Ehre der Dänen dadurch wieder her, da
er den Sohn ‚des Königs von Sachsen mit noch einem zweiten
Kämpfer ganz allein überwand. Wermund war schon bereit, sich
ins Wasser zu stiirzen, wenn sein Sohn unterliige. So aber wurden
die Sachsen den Dänen untertinig.
Uffo oder Olaf der Milde folgt nun seinem Vater. Er ist
vielleicht der Offa, König der Angeln, der Sohn Garmunds, der
im Beowulf vorkommt. Er ist vermählt mit Thrydo, einer
schönen, aber grausamen Frau unweiblichen Sinns , der Mutter
des Eomaer. ‚Offenbar gab es davon eine starke Sage.
Nun folgt Dan II. der Ubermiitige. Die Beziehung auf
den tibermütigen Dan und den milden Olaf der isländischen
Uberlieferung scheint mir sehr zweifelhaft (Olrik 2, 140).
Darauf folgt Huglet, der in einem Seekrieg die schwedischen
Häuptlinge Hämoth und Högrim besiegt haben soll. Man ver-
mutet in diesem Huglet den Geatenkónig Hygelag im Beowulf,
den Sohn des Hredel, den Enkel des Swerting, den Bruder des
3
a
.
PF
Herebeald und Haedkyn. Der Sohn seiner Schwester und des
Waegmundings Ecgtheow ist der berühmte Beowulf. Sein
Bruder Haedkyn wird durch Ongentheow (Angantyr) getôtet.
Dies rücht Eofor, der dafür zum Lohn Hygelaks einzige Tochter
erhält. Hygelak ist später mit der jungen Hygd, Tochter
Haereds vermählt, und ihr Sohn ist Heardred. Hygelak fällt
auf einem Zug gegen Franken, Friesen und Hugen. Er wird
mit dem historischen Chochilaik zusammengestellt; dieser Dänen-
kónig plünderte nach Gregor von Tours IIL, 3 und den Gesta
Francorum c. 19 zwischen 512 und 520 mit seiner Flotte das
Land der salfränkischen Chattuarier, wurde aber von Theodebert,
dem Sohn des Merowingers Theoderich, besiegt und erschlagen.
Dieser Feldzug ist es, bei dem sich Beowolf auszeichnet und den
Franken Düghrefn erschlügt. Im Schweden Hämoth des Saxo
sieht man den Schweden Eanmund des Beowulf, der mit seinem
Bruder Eadgils zu den Geaten kommt, den Heardred, Sohn
Hygelaks tötet, dafür aber von Weohstan dem Waegmunding
erschlagen wird. Wenn all das sicher stünde, würde es die Sage
von Saxos Huglet in eine wesentlich spätere Zeit rücken, da
Beowulf Zeitgenosse Frothos IV. und Ingells ist. Aber vielleicht
gehören auch hier die beiden ähnlichen Namen verschiedenen
Helden an.
Auf Huglet folgt bei Saxo Frotho IL, der Kühne, Frische.
Er besiegt den Froger, Othins Sohn; das kann nach dem ihm
eigenen Zauber nur geschehen, indem er wührend des Kampfes
den unter seines Gegners Füßen liegenden Staub aufrafft. Das
erinnert an den Tod des anderen Odinsohnes Balder, der auch
nur durch Láhmung eines Zaubers geschehen kann. Aber Saxo
berichtet offenbar nur fragmentarisch. Doch wird die Stellung
dieses zweiten Frotho bestütigt durch die Flateyjarbok, die nach
Frode L, dem Fridfrode, einen Fridleif, dann Haward den
Handfesten, dann Frodi IL, dann Wermund den Weisen, dann
Olaf den Kargen, weiter Dan den Stolzen und endlich Frodi III,
Fridleif und Frodi IV. anführt. Nur steht hier Frodi IL. nüher
zum vorausgehenden Sagenkreis vor Wermund, was auch wohl
das richtigere sein dürfte.
Nun folgt bei Saxo Dan IIL, der zwólfjáhrig zur Herrschaft
61
kommt, dann die Sachsen besiegt und ihnen Zins auferlegt. Ich
will schon hier auf die enge Verbindung der Sachsen und Dänen
im Nibelungenlied aufmerksam machen.
Der letzte Kónig in Saxos 4. Buch ist Fridlef L, der
Schnelle. Er greift mit Hwyrwil, dem Fürsten von Holand,
Norwegen an. Letzterer besiegt die Kriegsmaid Rusila und
verbindet sich deren Genossen: Broddo, Bild, Bugo, Fanning,
Gunholm, die Söhne des Finn. Nun fällt er von Fridlef wieder
ab, wird aber überwunden. Fridlef erobert spüter Dublin durch
Schwalben, die Feuer hineintragen. In Britannien stellt er die
Leichname in Schlachtordnung, um den Feinden Schrecken ein-
zujagen. — Kine Kriegsmaid Rusila kommt auch unter Harald
Hildetan vor (Saxo 7) und als Rusla unter seinen Nachfolgern.
Der Krieg gegen Dublin erinnert an Starkathers Expedition
gegen Huglet von Irland. Die List mit den Schwalben brauchte
Hading bei der Eroberung von Duna, das am Hellespont gelegen
gedacht ist. Wenn Saxo diesen Fridlef als den ersten erwähnt,
so ist zu erinnern, dab die Edda einen Fridleif als Sohn Skjolds
und Vater des Fridfrodi kennt, und daf die Flateyjarbok aufer-
dem auch einen Sohn Fridfrodis, namens Fridleif anführt. Da-
gegen folgt dort auf Dan den Stolzen gleich Frodi IIT. Wie
nun auch der Vater Frodis ITI. geheiBen haben mag, er gehürt
schon in die erste Generation des Vólkerwanderungssagenkreises,
zu dem wir nun übergehen. Ich halte es für wahrscheinlich,
daß er Fridlef zu heifen hat, werde aber noch die Vermutung
begründen, daf diesem Fridlef einige Züge von Saxos zweitem
Fridlef zukommen.
Indem wir diesen Übergangssagenkreis noch einmal über-
blicken, fállt uns seine Dürftigkeit und Unsicherheit auf. Er
zerfült in einzelne Sagenzüge, die noch überdies meistens ent-
weder zum vorhergehenden oder zum nachfolgenden ursprünglich
zu gehören scheinen. Aber das gehört eben zu seinem Über-
gangscharakter. Durch all das wird ein Zwischenraum zwischen
zwei vólligen, epischen Sagenkreisen markiert.
59
IV. Völkerwanderungszeit.
Wir kommen nun also zum Völkerwanderungszyklus, zu
jenem Sagenkreis, der auch den Inhalt des deutschen Helden-
buches von den Amelungen und Nibelungen bildet. Die deutsche
Sage kannte einst gewiß auch noch andere frühere Kreise, die
mit dem nordischen Sagenkreis von Fridfrodi und seiner Zeit
zusammenfielen, sie kannte gewiß einen Sagenkreis von Arminius
und seiner Familie, vielleicht auch einen von Claudius Civilis
und Veleda. Aber das ist fast spurlos untergegangen. Die
Völkerwanderung hat alles Frühere aufgeräumt. Der Norden
blieb von dieser Umwälzung weniger berührt, darum konnte er
ältere Traditionen bewahren. Ja diese älteren Traditionen
machen den Hauptglanz der nordischen Sage aus. Dort ist sie
Alleinherrscherin. Hier in der Völkerwanderungssage ist sie
nur Begleiterin. Die Gipfel dieser Sage erheben sich auf deutschem
Gebiet, und wir werden daher auch die deutsche Sage zur Ord-
nung der nordischen ófters zu vergleichen haben.
Die deutsche Vólkerwanderungssage behandelt die historischen
Ereignisse des 5. Jahrhunderts, der Hunnenzeit, sie umfaft aber
auch noch das letzte Viertel des 4. Jahrhunderts, das erste
Viertel des 6. Jahrhunderts, also fünf Generationen. Sie um-
fat die historische Zeit vom ersten Auftreten der Hunnen 875
und vom Kaiser Theodosius dem Grofen an, der als Hugdietrich
von Konstantinopel in der Sage erscheint, bis zum Tode Theo-
derichs des Grofen 526, der als Dietrich von Bern die Sage
abschließt. Ich habe schon in meinem deutschen Gétter- und
Heldenbuch (VI, 7) darauf aufmerksam gemacht, daf dem ent-
sprechend die Sage gewöhnlich vier, fünf bis sechs Generationen
desselben Geschlechts behandelt.
Diese Generationenzahl finden wir auch bei Saxo. Sein
Frotho III. (5. Buch) bestimmt durch seine hunnische Heirat
die Hunnenzeit, erweist sich auch als Zeitgenosse des Hithin =
Hetel und des Kónigs Artus — Arthor. Unter seinem Sohn
Fridlef IL füllt die Sage von der Tochter Hythins — Kudrun.
Dessen Nachfolger Frotho IV. und sein Sohn Ingell sind Zeit-
genossen des Beowulf. Unter ihnen macht sich durch Starkather
58
die Reaktion gegen die deutsche Übergewalt geltend. Damit ist
ganz deutlich ein epischer Abschnitt erreicht. Es folgt nun bei
Saxo im 7. Buch wieder eine Übergangszeit von sehr bedenk-
licher Anordnung.
Wenn aber Saxos Frotho III. dem zweiten Teil unserer
Kudrunsage gleichzeitig ist, so müssen wir die Völkerwanderungs-
sage des Nordens auch noch entschieden früher beginnen lassen,
wenigstens um eine Generation früher, also mit dem Vater
Frothos IIL, der bei Saxo (Schluf des 4. Buches) Fridlef I. ist.
Mit ihm gleichzeitig muß Hagen von Irland, muß Wilze und
Hugdietrich sein. In der Tat kennt auch Saxo den Wilze, den
er Waske, Wilzke oder Waza nennt und von dem er weiß, daß
er der deutschen Sage wohlbekannt ist. Saxo erwähnt nämlich
unter Frotho IV. die Taten, die Starkather vor seiner Ankunft
bei diesem König geleistet, und er berichtet, daß er nach der
bekannten Expedition mit Hake und Hagbard gegen Huglet von
einem (ungenannten) König in Begleitung des Slawenfürsten Win
gegen Osten, gegen Russen geschickt wurde, daß er den Kämpen
Wisinn bei Anafial besiegt habe, ihn, der Eisen durch seinen
Blick stumpf machen konnte. Starkather überzog sein Schwert
mit einer dünnen Haut, damit es nicht vom Blick des Zauberers
getroffen werde. Durch seinen Sieg machte er den Freveln
Wisinns ein Ende und rüchte den Abfall der Ostleute (von
Dünemark?) In Polen besiegte er dann auch den Waske oder
Wilzke, oder wie er nun geschrieben werden mag.
Wir sind hier in Verhältnissen, die ausführlicher durch die
Thidreksaga erzählt werden. Die Russen stehen dort unter dem
König Hertnid, dessen Söhne sind Oserich, Waldemar und Ilias,
der wieder als Ortnids Oheim im deutschen Lied erscheint.
Danach entspräche dem Hertnid der Thidreksage der König
Pallus von Normandie in Dietrichs Flucht. Und damit wäre
bewiesen, daß Normandie oder Ormenie in den deutschen Ge-
dichten Rußland bedeutet. Ilias wird von seinem Vater Hertnid
zum Fürsten von Griechenland bestellt, als welcher er auch im
Ortnid erscheint. Wilze aber, der Stammvater der Wilzen, hat
unter seinen Söhnen den Wate, den Nordian, Edger, Abendrot,
Widolf mit der Stange, Aspilian. Aber auch Hetel muß ein
)
Sohn Wilzes sein, da er nach der Kudrun ein Bruder Wates ist.
Eine Tochter Wilzes ist Horands Mutter. Also ist Herrand,
Hetels Vater, nur ein anderer (der eigentliche) Name für Wilze.
Nach der Thidreksage unterwirft Wilze zuerst das Russenland;
nach Wilzes Tode aber werden die Wilzen von den Russen
unterworfen. Saxos Wisinn, der Russe, muß wohl ein Ver-
wandter Hertnids sein.
Saxo erwähnt, daß Starkather nach der Besiegung des
Russen Wisinn, und vor der Besiegung des Polen Wilze auch
den Riesen Tanna in Byzanz besiegt und zur Flucht und Aus-
wanderung in unbekannte Weltgegenden genötigt habe. Auch
das muß wieder im Zusammenhang mit der ganzen Sage er-
läutert werden. Byzanz ist bei Saxo der Sitz der Götter, das
Asgard der Ynglingensage, das auch am Schwarzen Meer liegt.
Dort spielt Othins und Mitothyns Streit um Frigga, den ich
mit dem Wanenkrieg zusammenstelle. Von dort wird Othin
wegen seiner unwürdigen Haltung Rinda gegenüber verbannt
und Uller dafür eingesetzt. Nun spielt aber Konstantinopel auch
in der deutschen Heldensage, und zwar gerade in den Ge-
schichten der früheren Generationen eine große Rolle. Hugdietrich
ist der Sohn eines Königs Anzius (Asenkönigs) von Konstantinopel.
In Konstantinopel herrschen seine Söhne und streiten um das
Erbe. In der Nähe von Konstantinopel bei Troimunt (Troja)
hausen Riesen, und in Altentroje wohnt Siegeminne oder Rauh-
else, die umgewandelte Frigga, die deutsche Venus, In jenen
Gegenden nördlich am Schwarzen Meer wird auch die Stätte
der Göttinnen .zu suchen sein, zu denen Wolfdietrich kommt.
In welchem Dienst hat Starkather diese letzteren Taten
ausgeführt? Saxo läßt es im ungewissen. Nach ihm möchte
man meinen, schon unter Frotho IV. oder kurz zuvor. Bei der
Langlebigkeit Starkathers haben wir aber einen weiteren Spiel-
raum. Wir haben schon gesehen, daß seine Jugendzeit, ja auch
die Wikarsage und die Hakesage viel früher fällt. Durch die
Erwähnung Wilzes können wir aber die Zeit fester stellen. Nach
der Kudrun ist nämlich Frute der Neffe (oder Oheim, was im
Mittelhochdeutschen gleich ist) des Hetel und Wate, wodurch
auch diese wieder als Brüderpaar bestütigt werden. Frute ist
Blümml, Quellen und Forschungen. IV. 5
65
also wahrscheinlich der Mutterbruder jener beiden, Die Mutter
Hetels und Wates war eine Schwester des Frute; Hetels und
Wates Vater Herrand (= Wilze) hat also die Schwester des
Frute zum Weib gehabt, wahrscheinlich geraubt, und das war
vielleicht der Anlaß der Fehde, in der Wilze — Herrand fiel.
Hetel und Wate sind Stiefbrüder; dieser stammt von Waghild
der Meerfrau, jener von Frutes Sehwester. Und mit diesem
Frute hat sich Hetel wieder versühnt. Er erscheint sogar als
dessen Lehensherr im Gedicht, offenbar um Hetel besonders
hervorzuheben. In der dünischen Sage sind sie Bundesgenossen.
Der Frute der Kudrun ist aber sicher Saxos Frotho IIT. Star-
kathers Kampf gegen Wilze hat also unter diesem Frotho III.
oder unter seinem Vater stattgefunden, den Saxo Fridlef nennt.
Mit diesem Fridlef müssen wir uns noch einmal beschiüf-
tigen. Auch ihn streift die deutsche Sage. Nach Wolfdietrich
A 6 ist nämlich Fruote von Tenemarke Hugdietrichs, Schwester-
sohn (D. H. B. 8, 81). Also hat Frutes Vater die Schwester
des Hugdietrich und Tochter des Anzius gefreit. Dieser Frute
kann nur Saxos dritter Frotho sein. Sein Vater wäre also Frid-
leif. Nun berichtet Saxo wohl von seinem zweiten Fridlef eine
höchst abenteuerliche Werbefahrt, die offenbar einer reichen Sage
angehört. Er berichtet sie mit einem Sagenzug, der mit der
Geschichte des Hagen zu Beginn der Kudrunlieder zu stimmen
scheint. Aus alledem vermute ich, daß Saxo seinem zweiten
Fridlef diese Sagen zugeschrieben hat, die nach der rechten
Ordnung dem ersten Fridlef, dem Vater Frothos IIL, zukommen.
Ich will versuchen, den ursprünglichen Zusammenhang zu restau-
rieren, Und damit bekommen wir auch erst den richtigen Beginn
des nordischen Vólkerwanderungssagenkreises, die volle Sage von
der ersten Generation im N orden, wie sie der ersten Generation der
Kudrunsage, der ersten Generation der Amelungensage entspricht,
Fridlef also (Fridleib), der Vater Frothos (Fruote), schickt
Gesandte ab, um Frogertha, die Tochter Amunds, zu erwerben,
Amund ist allerdings bei Saxo König von Norwegen, nicht, wie
im Wolfdietrich, Anzius ; König von Konstantinopel. Aber
vielleicht ist Amund = Asmund = Ans-mund. Oder vielleicht
ist Amund = Amelung, was noch besser stimmen würde, da
56
Anzius der Ahnherr der Amelungen ist. Bei dieser Fahrt er-
trinkt einer der Gesandten, namens Fröko (= Wolf), und davon
erhält der Frökasund (Wolfssund, Wülpensand) den Namen. Man
vermutet Frekeyjarsund nördlich von Kap Stad zwischen der
Insel Frekey, jetzt Frekö oder Frök, und dem Festland (Olrik
2, 68). Beim Versinken des Ertrunkenen steigt Blut aus dem
Strudel herauf und rötet das ganze Meer. Wegen dieses bösen
Vorzeichens versagt Amund die Tochter trotz ihrer Neigung und
läßt bei wiederholter Werbung die Gesandten töten. Es kommt
nun gerade am Frökasund zur Schlacht zwischen Fridlef und
Amund. Dabei mißt sich Amunds Kämpe Ano der Bogenschütz
mit Bjorn. Jener An (Fas. 2. Landnama p. 145, 185, Vatsna-
daelasaga 1) mit seinen drei kunstvollen Pfeilen erinnert sehr
an den Messerwerfer Berchtung im Wolfdietrich. Amund fällt.
Fridlef erwirbt Frogerthas Liebe, indem er ihr noch dazu
einen reichen Brautschatz zubringt.
Nämlich auf der Fahrt zu ihr begegnet er einem Riesen, der
den Sohn des König von Telemarken in Norwegen, des Hythin,
beim Spiel geraubt hatte und ihn nun als Ruderer benutzt. Der
Knabe mahnt den Fridlef, er solle den Riesen erst durch ein
Spottlied reizen und dann bekämpfen. Fridlef tut es, haut dem
Riesen ein Bein und eine Hand ab und befreit den Knaben.
Dann eilt er nach dem Vorgebirge des Riesen, holt seinen
Schatz aus der Höhle und singt ein Siegeslied, darin er die
Hoffnung glücklicher Brautfahrt ausspricht. Auf der Rückkehr
von der Brautfahrt hebt er noch einen Schatz auf einer Insel,
nachdem er dessen Hüter, einen furchtbaren Drachen, getötet
hat. Dies letztere Motiv erinnert an die Brautfahrt Dietwarts
um Minne, die Tochter des Königs Ladiner von Westermeer in
„Dietrichs Ahnen und Flucht“. Nur fehlt da der Schatz, der
sonst typisch dem Drachen zukommt. , Aber die Entführung des
Knaben erinnert wieder an die Entführung des jungen Hagen,
des Siegebandsohnes (in der „Kudrun“) durch den Greifen.
Aus der sehr verwirrten Darstellung Saxos und aus den An-
gaben des Kudrunliedes würde sich etwa folgendes ergeben:
Hagen wird durch den Drachen oder Greifen beim Spiel ge-
raubt, entflieht aber wieder. Der Riese Saxos, im Lied ein
5*
+
7
feindlicher Graf aus Salmee und Garadeie (Gardareich, Rußland
oder Karade in Wales) bemächtigt sich des Knaben. Aber
dieser wird befreit, im Lied durch sich selbst, bei. Saxo mit
Hilfe Fridlefs, Allerdings ist bei Saxo Hagen Hythins Sohn,
während er im Lied richtig Hetels Schwiegervater wird. Aber
hier hat sich eben Saxo wieder verwickelt, irregemacht durch
den dritten Teil der Hildensage, den er richtig unter den zweiten
Fridlef setzt. Habe ich mit meiner Vermutung recht, dann würe
also auch der erste Teil der Hildensage bei Saxo. nachgewiesen,
und dies wird durch die kurze Notiz über Frute beim Wolf-
dietrieh noch unterstützt. Wir dürfen hier eine reiche Sage
voraussetzen, von der wir an drei Stellen (Kudrun, Saxo, Wolf-
dietrich A) zerstreute Fragmente finden.
In diese erste Generation der Vülkerwanderungssage, die
im Norden durch Fridleif, den Vater des dritten Frode ver-
treten ist, füllt also nicht nur die Sage vom Hagen von Irland
und die von Hugdietrich und Wolfdietrich , sondern auch die
von Ortnit und seinem Vater Siegeher, der ja eine Tochter des
Normannen Pallus, Amelgard, zum Weib hat, dessen Schwager
Ilias von ReuBen ist, und der also auch mit dem Norden zu-
sammenhüngt. Unter Normandie hat man also hier wie in der
Kudrun Normannen als russisches Herrschergeschlecht zu ver-
stehen. Der Name Fridleib erscheint in der deutschen Sage
sonst nicht anders als in der Benennung eines schwübischen
Fürsten (Biterolf und Dietleib 5078).
Aus dem Norden stammt aber auch Alberich der Zwerg-
kónig, der geistige Vater Ortnids; er kommt aus Albheim im
südlichen Norwegen. In Norwegen bei Nibelungs Burg erscheint
er auch im Nibelungenlied.
Nun betrachten wir die Sage über Fridlefs Sohn, Frotho III.
oder Frodi den ,Friedsamen*, wie er heißt zum Unterschied
vom ,Friedfrode*. Es ist wohl der „milde Fruote“ bei den
deutschen Minnesingern Sigeher und Spervogel. Saxo erzählt
von ihm im 5. Buche, er sei mit sieben Jahren zur Herrschaft
gelangt. Die Brüder Westmar und Kolo wurden seine Erzieher.
Isulf, Aggo und noch acht andere wurden seine Vormünder
nnd Regenten. Hoddo oder Oddo führt den Oberbefehl zur
3
2
See, ein naher Verwandter, Neffe des Frotho, wohl von einer
Schwester desselben. Eine andere Schwester ist die schöne
Gunwara. Nach ihr verlangt Grep, einer der übermütigen Söhne
des Westmar. Aber sie flieht vor ihm in eine feste Burg.
Götwara, die redegewandte Gattin des Kolo, wirbt (nach einer
ähnlichen Beratung wie bei Ortnids Heirat) für den jungen
König gegen: seine Neigung um Hanunda, die Tochter des
Hunnenkönigs Hun. Diese zeigt sich spröde, doch Götwara
rühmt ihr, daß Frotho trotz seiner Jugend und Unberühmtheit
links ebenso geschickt sei wie rechts, ein guter Schwimmer und
Fechter. Sie hilft mit einem Liebestrank nach, die andern Ge-
sandten, vor allem Westmar, durch Drohung gegen Hun. Hun
führt seine Tochter selber nach Dänemark. Die Friedenszeit
vorher und während der dreijährigen Ehe des „friedsamen“
Frotho hat die Sitten verwildert. Der knabenhafte König ist
zu schwach, zu mild. Grep buhlt selbst mit der Königin, mordet
die Freier der Gunwara und umgibt mit ihren Köpfen ihren
Zufluchtsort.
Diese Zustände benutzt Götar, König von Norwegen. Er
schickt seine Kämpen, die Brüder Erik und Roller, auf Kund-
schaft hin; sie sind Söhne Regners von verschiedenen Müttern.
Kraka, die zauberkundige Mutter Rollers, will beim Abschied
diesen durch ein Zaubergericht stärken; aber Erik erwischt durch
seine Schlauheit den kräftigeren Teil. Er versteht seitdem die
Sprache der Tiere und heißt Erik der Beredte. oder Redekluge.
Er bringt durch List die Flotte Oddos zum Sinken, besiegt den
Grep im Wortgefecht, vernichtet einen Zauberversuch, überwindet
auch den König Frotho im Redestreit und offenbart ihm das
verbrecherische Verhältnis Greps zur Königin Hanunda. Roller
tötet den Grep, der sich widersetzen will Erik zwingt auch
durch seine List den Kónig, ihm seine Sehwester zur Frau zu
geben, indem er sie samt der gereichten Schale als Geschenk
des Kónigs beansprucht. Auch die Gótwara besiegt er im Wort-
streit durch Uberbietung ihrer Frechheit. Den Westmar tötet
er im Ringen. Der Konig wirft ein Messer nach ihm. Erik
weicht aus und verlangt noch die Scheide dazu. In der Nacht
flieht er mit Gunwara, nachdem er des Königs Schiffe untauglich
A
LA
gemacht. Dieser fällt ins Wasser und wird von Erik heraus-
gezogen und versöhnt. Der König verstößt Hanunda , gibt sie
aber auf Rat des Erik dem Roller zur Frau. Frotho heiratet
nun Götars Tochter Alwilda. In überlistiger Weise wird Gótars
Plan, der Alwilda dem Erik geben und selber Gunwara heiraten
will, zerstórt.
Erik hilft nun dem Frotho, einen Einfall der Slawen zu
Meer abzuwehren und ihm also den Frieden , die Friedsamkeit
zu sichern. Der Slawenkünig Strunik füllt. Das ist wohl Sicher
der Reufen- und Wilzenkónig Osantrix der Thidreksaga, der
deutsche Oserich. Die räuberischen Slawen werden von Frotho
hingerichtet. Die Gesetzgebung, die Saxo nun mitteilt, scheint
dem ersten Frotho, dem Friedfrode, anzugehören, und nur äußer-
lich und oberflächlich hier angeknüpft zu sein.
Der norwegische König Götar will sich an Erik rächen,
fällt aber im Kampf, und Roller übernimmt seine Herrschaft.
Der Hunnenkönig Hun will die Verstoßung seiner Tochter
rächen und zieht mit Olimar, dem König der Osterleute (Russen)
gegen Frotho. Dieser vereinigt die N orweger und Slawen mit
den Dänen gegen den Feind, der zehn Millionen Mann zählt,
wie Erik auskundschaftet. Aber Frotho siegt zur See über
die Russen, die massenhaft fallen. Nur Olimar und Dag bleiben
von den Fürsten am Leben und unterwerfen sich. Das Hunnen-
heer reibt sich durch Hunger und Mangel von selbst auf. Zudem
verläßt der uralte Seher Ugger (= Yggr, Odin) die Hunnen und
tritt zu Frotho über.
Auch Kónig Hithin tritt mit hundertfünfzig Schiffen auf
Frothos Seite. Es ist der Hetel der Kudrunsage. Bei Saxo ist
er König eines norwegischen Stammes. Er liebt schon Hilda,
die Tochter des Jütenfürsten Högin (= Hagen). Dieser weiß
aber noch nichts davon und schließt sich auch der Sache Frothos
an. Dreißig Könige sind auf Frothos Seite, so Revill und Mevill,
Roller, Olimar, Onef, Glomer. Es erfolgt eine siebentägige
blutige Schlacht mit den Hunnen ; die drei Hauptflüsse Ruß-
lands sind von Leichen bedeckt. Hun fällt. Sein gleichnamiger
Bruder ergibt sich mit hundertundsiebzig Kónigen. Alle müssen
Frothos Recht annehmen, Olimar wird mit Holmgard, Onef mit
ZU
Könugard (Südrußland), Hun mit Sachsen, Rewill mit den Or-
kaden, Dimar mit Lappland belehnt; Dag mit Esthland. Frothos
Reich erstreckt sich vom Rhein bis über Rußland.
Zugleich hat Roller für Frotho die (norwegischen) Provinzen
Sunmoria und Normoria gewonnen und ihren König Arthor
tributpflichtig gemacht. Das ist doch wohl der berühmte Briten-
könig Artus, der auch Herr über Norwegen war, wo Loth mit
seinen Söhnen hauste. Davon noch später.
Unmittelbar nach dem großen Hunnenkrieg geraten Hithin
und Högin aneinander, Saxo erzählt dies also. Schon vor der
Entscheidungsschlacht hat Högin seine Tochter Hilda dem Hithin
verlobt, und beide hatten sich geschworen, den Fall des anderen
zu rächen. Nun aber wird dem Högin die falsche Nachricht
hinterbracht, Hithin habe die Hilda schon vor der Hochzeitfeier
verführt. Högin greift daraufhin seinen Schwiegersohn an, der
für Frotho die Abgaben bei den Slawen eintreibt, wird aber ge-
schlagen und muß sich nach Jütland zurückziehen. Frotho will
diesen Bruch seines Friedens und Gesetzes ahnden, er muß aber
schließlich gestatten, daß die Sache durch einen Zweikampf aus-
getragen werde. Högin streckte dabei den Hithin nieder, schonte
aber sein Leben, da es ehrlos gewesen wäre, den Kampfunfähigen
zu töten. Aber sieben Jahre später kam es zwischen ihnen doch
wieder zur Schlacht auf der Insel Hithinsö (heute Hiddensee an
der Westküste von Rügen) und beide erlagen ihren Wunden.
Hilda soll durch Zauberlieder die Geister der Gefallenen bei
Nacht zu neuem Kampf auferweckt haben.
Nach der eddischen Skalda führte Hedin, Sohn des Hjarrandi,
die Hild, Tochter des Königs Hogni, als Kriegsgefangene fort,
während Hogni sich zur Königsversammlung begeben hatte.
Hogni setzt dem Räuber nach über Norwegen bis zu den Orkney-
inseln, wo er den Hedin findet. Hild versucht vergebens einen
Vergleich, Hedin bietet umsonst große Buße an; denn Hogni
hat schon sein Schwert Dainsleif gezogen, das, von Zwergen
(Dain) geschmiedet, jedesmal eines Mannes Tod haben muß. So
beginnt die Schlacht, die in der Skaldensprache „der Hjadninge
Unwetter“ genannt wird. Sie dauert den ganzen Tag und die
folgenden. Jede Nacht erweckt Hild durch Zauberei die Toten.
/
So soll es bis zum Untergang der Götter fortgehen. Nach der
unklaren Fassung der Sage sollen Rüstungen und Waffen zu
Stein werden.
Hild ist als Kampfwalküre berühmt bei den Skalden ; sie
nennen den Kampf das Spiel der Hild (Hildileik), den Sturm
der Hjadninge. Die Geschosse heiBen Feuer der Hjadninge, der
Schild ist das Rad der Hognitochter, die Walkiiren heiBen Disen
(Genien) der Hognitochter, der Kampf heißt das Kommen der
Hedinsgattin.
Im groBartigsten Zusammenhang wird die Hildensage durch
Sorla Thattr (Fornaldursögur 1, 391) gebracht: Freyja, die Ge-
liebte Odins, gibt sich vier Zwergen hin, um von ihnen den be-
rühmten Brustschmuck, Brisingamen, zu erhalten. Odin lüft ihn
ihr durch Loki stehlen, gibt ihn aber wieder an sie Zurück mit
der Bedingung, daB sie zwei Könige zu ewigem Kriege reize,
bis ein christlicher Ritter nahe und beide tóte. In dieser Zeit,
nümlich vierundzwanzig Jahre nach dem Tode Frodis des Fried-
samen (also etwas später als bei Saxo), reizt die Walküre Gondul
den Hedin, Sohn des Hjarand, König von Serkland, Freundschaft
zu. schließen mit Hogni, Sohn des Halfdan, König von Däne-
mark und der Ostländer (Rußland). Dann aber, als Hedin in
Dänemark als Gast weilt, gibt Gondul ihm einen Zaubertrank,
so daß er aller Bündnisse vergißt, die Gattin des Hogni tötet
und dessen Tochter Hild raubt. Hedin flieht, aber Hogni ereilt
ihn bei günstigem Wind auf den Orkneyinseln (Insel Ha oder
Haey, heute Hoy). Furchtbarer Kampf. Hild sieht vom nahen
Hain zu. Der Kampf dauert 283 oder 223 Jahre (eigentlich
viel länger), bis ein christlicher Ritter des Olaf Tryggvason
(995—1000 n. Chr.) bei Nacht die Insel betritt und auf den Rat
des Hedin alle Gespenster mit dem Schwert verscheucht.
Unsere Kudrunlieder stellen dieselbe Sage vom deutschen
Standpunkt dar. Hier ist Hetel von Hegelingen im Mittelpunkt
als Herr an der deutschen N ordsee, Frute und Horand von
Dünemark sind seine Untergebenen. Frute ist Hetels wie Wates
„Neffe“. Ebenso Horand. Hetel und Wate sind also Brüder
und Sóhne jenes Wilze, der aus der Thidreksaga bekannt ist,
den Starkad nach Saxos Bericht getótet hat. Eine Schwester
19
Hetels und Wates ist Horands Mutter. Wahrscheinlich sind
also auch Frute und Horand Brüder. Oder vielleicht ist Horand
derselbe wie der beredte Erik bei Saxo, Frothos Schwager.
Freilich ist Frute nach Wolfdietrich A ein Schwestersohn des
Hugdietrich. Fridleifs zweite Gattin mag also die Schwester
Hetels, die Mutter Horands sein,
Frute, Horand, Morung und Wate entführen als Kaufleute
verkleidet die Hilde, die schöne Tochter Hagens von Irland.
Der süße Gesang Horands überredet die Konigstochter. Sie
folgt den Werbern. Hagen setzt den Fliehenden nach und ereilt
sie in Waleis (an der Waal), am Strand von Hetels Reich, wohin
auch Hetel gekommen ist, die Braut zu empfangen. Kampf;
Hagen verwundet Heteln und wird selbst von Wate verwundet.
Hilde vermittelt den Frieden. Hagen kehrt, versöhnt mit der
Heirat, nach Hause, Hilde gebiert dem Hetel den Ortwin und
die Kudrun. Davon später. Die deutsche Fassung hat wohl
das Mythische und Abenteuerliche verwischt, das Dramatische
abgeschwücht, sie hat aber doeh den echten Zusammenhang mit
der Hagensage und der Kudrunsage bewahrt. Der Sänger hat
wohl nicht erfunden und erdichtet, sondern aus einer reichen
Überlieferung ausgewählt und redigiert.
Nach den nicht hierher gehörenden Einschaltungen von
Alrik und Erik sowie von Asmund uud Aswit erzählt Saxo, daß
Frotho einen Sohn Alf und eine Tochter Ofura erhalten und
sich eines siebenjáhrigen Friedens erfreut habe.
Da kommt Arngrim, ein schwedischer Kümpe, zu Frotho,
tötet dort im Zweikampf den Skalk aus Schonen und begehrt
Frothos Tochter zum Weib. Um sich Ruhm zu erwerben, be-
siegt er zuvor den Finnenkönig Thengill und den Egther, König
von Biarmien, legt ihnen Schatzung von Fellen auf, übergibt ihr
Land dem Dänenkönig und erhält auf Eriks Fürbitte die Ofura.
Er bekam von ihr zwölf Söhne, darunter den berühmten Angantyr.
Diese treiben Seeraub, und es zeigt sich ihnen nur der Wiking
Arwarodd gewachsen, der sie alle zwölf mit seinem Ruder er-
schlägt.
Arngrim erscheint auch im eddischen Hyndlulied 23 als
Gatte der Eyfura und Vater. von zwölf Söhnen. Ebenso in der
{
Sage von Orvarodd (Fas. 2 ; 210) Es gibt auch ein faróisches
Volkslied von Arngrims Söhnen. Am vollständigsten berichtet
die Hervararsaga in Fortsetzung der bereits mitgeteilten Sage
von Sigrlami, Swafrlami und dem Schwert Tyrfing, das die
Zwerge Dwalin und Dulin geschmiedet haben, Brüder jenes Dain,
von dem Hógnis Sehwert Dainsleif stammt. Arngrim kommt
nach einer Heerfahrt gegen Biarmaland in das Reich Sigrlamis.
Er kämpft mit dem König, offenbar einem gleichnamigen Nach-
kommen jenes ersten Sigrlami. Der König haut mit dem Tyrfing
so fest in Arngrims Schild, daß die Waffe das Eisen durchhaut,
aber in der Erde fest stecken bleibt. Da haut Arngrim dem
König die Hand ab, ergreift den Tyrfing und erschlägt den
König. Er nimmt dann Eyfura zum Weib, die von der, Saga
irrtümlich zu Sigrlamis Tochter gemacht wird, vielleicht auch
nur, um abzukürzen. Eyfura gebiert ihm auf Bolm zwölf Söhne,
darunter als ältesten den Angantyr. Die zwölf Brüder ziehen
als Wikinge in Berserkermut umher. Angantyr, der den Tyrfing
erbt, gelobt an einem Julabend beim Bragebecher, Ingibjörg, die
Tochter des Königs Yngwi von Upsala zu besitzen oder zu
sterben. Ingibjörg weigert sich; sie liebt Hjalmar, den Gefährten
Odds des Weitgereisten, der den Beinamen Örwarodd hat. Ör-
warodd besitzt nämlich drei alles treffende Finnenpfeile. Es
kommt zum Kampf zwischen den beiden Freunden und den
Arngrimsóhnen. Odd tótet mit dem Schwert die elf Brüder,
Angantyr und Hjalmar töten sich gegenseitig.
Angantyr hinterläßt aber von einer andern Frau eine Tochter
Herwór. Sie ist kriegerisch, trigt Münnertracht, nennt sich mit
Münnernamen Herward, besucht das Grab ihres Vaters auf
Samsey und holt sich daraus trotz schrecklichen Spukes den
Tyrfing. Sie wird dann das Weib des Höfund, des Sohnes jenes
uralten Gudmund zu Gladisvellir, und gebiert zwei Söhne: der
arge Heidrek tötet seinen Bruder, den milden Angantyr, und
muß fliehen. Herwör gibt ihm den Tyrfing mit, Höfund gute
Ratschläge, die er nie befolgt. Heidreks Sohn ist wieder ein
Angantyr. Von beiden noch später; denn da der Arngrimssohn
Angantyr in Frothos III, Zeit fällt, so füllt Herwür unter Frid-
lef IL, Heidrek unter Frotho IV. , der jüngste Angantyr unter
7 4
Ingell. Und in der Tat finden wir ihn da wirklich bei Saxo
und im Beowulf, wie wir noch sehen werden.
Frotho IIL. krónt seine Regierung nach Saxos Bericht durch
die Eroberung von Britannien, die er freilich vor allem seinem
getreuen Erik verdankt. Eine unzühlbare Flotte führt hinüber.
Der König (Artus?) ladet die Dänen verrüterisch zu einem
prunkvollen Mahl, will aber dabei die berauschten Gäste ver-
brennen. Doch Eriks Tapferkeit rettet die Dünen und besiegt
die Briten. Gleich ergeht es den Hiberniern. Ihr Fürst Kerwill
fällt, sein Bruder ergibt sich und das Land.
Ich vermute in diesem Bericht eine Variante der Sage von
der Besitznahme Britanniens durch die Angeln und Sachsen.
Wir finden diesen Stoff als Hauptgegenstand des Artussagen-
kreises. Wir finden eine andere Variante in der Thidreksaga,
wo König Isung mit seinen elf Söhnen die Artussöhne Iron und
Apollonius vertreibt, so daß sie zu Etzel nach Hunnenland aus-
wandern müssen und in Beziehung zum deutschen Sagenkreis
treten. Saxo hat offenbar hier stark gekürzt und nur den fabel-
haften Prunk der Tafelrunde angedeutet.
Der Schluß seines Berichts bezieht sich nicht mehr auf unsern
Frotho IIL, sondern infolge einer schon erklärten Verwirrung
und Verwechslung auf Frotho I. (Vgl. Seite 36.)
Versuchen wir nun, den Bericht Saxos iiber Frotho III.
aus andern Quellen zu ergänzen. Die Ynglingensage kennt Frodi
den Prächtigen oder Friedsamen in richtigem Unterschied von
Fridfrodi und von einem späteren Frodi als Zeitgenossen Starkads
und des Königs Aun oder Ani von Schweden, des Jörundsohnes,
der durch seine Opfer zweihundertjähriges Leben erlangte.
Die deutsche Sage kennt nur zwei Frute. Den Friedfrode
kennt sie nicht, wie ihr ja jener ganze alte Sagenkreis fremd
geworden ist. Unser Frotho III. ist zweifellos der Däne Frute
der Kudrun, der dem Hetel bei seiner listigen Werbung um
Hilde hilft. Das Gedicht läßt ihn auch im folgenden auftreten,
obwohl nach dem vollständigen Bericht der Sage und nach einer
Andeutung in Saxos 6. Buch hier wohl Frutes Sohn Fridlef zu
vermuten ist. Freilich läßt der deutsche Dichter den Dänen
Frute an Horands Stelle das Schenkenamt am Hegelingenhof
75
verwalten. Überhaupt scheint Horand der erste , Frute der
zweite zu sein, Im Gedicht von Biterolf gibt sich dieser spa-
nische Känig bei Etzel für einen Frute aus Dänemark aus, ohne
damit Königswürde zu beanspruchen. Aber immerhin ist der
flüchtige Däne Frute bei Etzel ein Gegenstück des von Frotho III.
besiegten Hunnenkönigs bei Saxo. Im Rosengarten und in der
Rabenschlacht erscheint Frute der junge, das ist Frotho IV., der
Enkel Frothos III.
Frothos III. furchtbare Slawen- und Hunnenkämpfe müssen
aber zusammengestellt werden mit den Berichten der Thidrek-
saga. Ich habe schon den von Frotho besiegten Slawenfürsten
Strunik mit Osantrix, dem ReuBen- und Wilzenherrn verbunden.
Allerdings kennt die nach deutschen Liedern gearbeitete Sage
den Osantrix (deutsch: Oserich) als Obherrscher iiber die Wilzen-
herren. Als solcher freit er Oda, die Tochter des Königs Melias
von Hunnenland. Er ist ja der König Rother des deutschen
Spielmannsgediehts. Er wird nach Melias’ Tod selber Hunnen-
könig. Er ist der Vater der Helke, die Etzel der Botelung,
der Sohn des Friesenkónigs freit. Daraus entstehen unaufhör-
liche Kriege zwischen Etzel und Oserich und den Seinen.
Saxos Hunnenkónig Hun wird wohl Botel oder Botelung
sein, seine Tochter Hanunda, die geschiedene Gattin Frothos,
wäre also eine Schwester Etzels und Brünhilds , wenn sie nicht
einer noch früheren Generation angehört. Wir können aber
wohl, wenn wir Saxos Bericht mit dem der Thidreksaga und
vielleicht mit König Rother vergleichen, uns eine Vorstellung
jenes gewaltigen vollständigen Sagenkreises machen, aus dem
unsere verschiedenen Quellen abgesickert sind. Auch das ist
noch ein Fragment dieses Gebäudes, daß die Gibichsöhne den
Dänenkönig erschlugen und den mächtigen Häuptling (der
Hunnen), König Budlis Bruder, wie die Wölsungensage (29)
rätselhaft berichtet. Daraus mögen die Sachsen- und Dänen-
kriege des Nibelungenlieds stammen. Auch daß Hawart und
Iring von Dänemark bei Etzel sind, ist gewiß der Schluß einer
großen hierher gehörenden Sage.
In diesen Zusammenhang gehört auch die isländische Saga
von Asmund Kappabani (Fas. 2, 463). Budli, in der Sage
/à
König von Schweden, richtiger König der Hunnen oder Friesen,
Vater Etzels, zwingt zwei Schmiede, ihm zwei Schwerter zu
schmieden. Da auf dem einen der Fluch des Schmiedes liegt,
es solle dem Enkel Tod bringen, läßt Budli es in den See
Meller versenken. Hild, Tochter des Budli, wird dem Helge,
einem hunnischen Kämpen verheiratet und gebiert den Hilde-
brand, der in Hunland erzogen wird. Der alte Budli (= Hun)
wird von Konig Alf von Dinemark (= Frotho IIL) und dem
berühmten Kämpen Ake angegriffen und getötet. Aki entführt
die Hild und erzeugt mit ihr den Asmund. Nach einigen Jahren
rächt Hildebrand den Tod des Großvaters Budli an Alf. Alfs
Tochter Äsa verspricht ihre Hand dem Asmund, wenn er ihren
Vater an Hildebrand räche; sie lehrt ihn, sich des versenkten
Schwerts zu bemächtigen. Asmund geht damit nach Sachsen,
dem Hildebrand entgegen, von dem er nicht weiß, daß es sein
Bruder ist. Hildebrand kämpft nämlich als hunnischer Heer-
führer mit den Sachsen, Hildebrand will seinem Bruder, den
er wohl kennt, nicht entgegentreten, sondern schickt seine
Kämpen voraus, Als er aber hört, daß Asmund alle getötet
habe, bringt er in Berserkerwut seinen eigenen Sohn um. Dann
kommt er am Rhein mit Asmund zum Kampf und fällt, da
sein Schwert zerbricht. Er begrüßt sterbend im Gesang seinen
Bruder.
Saxo erzählt dieselbe Sage im 7, Buch. Doch heißen die
Brüder Haldan und Hildiger. Aber auch der Dänenkönig Alf
kommt vor. Gerade an dieser Stelle ist aber Saxo besonders
verwickelt und für den Zusammenhang wenig zuverlässig. Jener
Hildebrand hat hier kaum etwas mit dem Waffenmeister Dietrichs
von Bern gemein. Aber es ist doch möglich, die isländische
Sage etwa in folgender Weise mit der deutschen in Konkordanz
zu bringen. Ich verbinde hier alle Andeutungen der deutschen
Quellen und der Thidreksaga über diesen Helden. Hildebrand
ist uralt. Er ist der Sohn des Herbrand, des Berchtungssohnes,
und der Ameie, der Tochter des Bürgers Wernher von Treviso,
die eigentlich gerne den Wolfdietrich selber geheiratet hätte.
Hildebrand beginnt schon sein Heldenleben zu Lebzeiten Wolf-
dietrichs, er wird der Erzieher des Dietrich von Bern, der Wolf-
dietrichs Ururenkel ist (Wolfdietrich — Hugdietrich der Jüngere
— Amelung [= Samson] — Dietmar — Dietrich). Hildebrand
zieht mit Dietrich vor Ermanrichs Neid zu Etzel. Dort bleiben
die Amelungenhelden dreißig Jahre und helfen den Hunnen in
manchen Schlachten gegen Wilzen, Reußen, Burgunden, Franken.
Zweimal kommt Hildebrand mit Dietrich nach Worms an den
Rhein, einmal in den Rosengarten zum Kampf, dann um Dietleib
zu helfen. Er wirkt bei der Katastrophe der Burgunden oder
Nibelungen in Etzelburg wesentlich mit und zieht dann mit
Dietrich nach Italien zurück. Am Gardasee hat er jenen be-
rühmten Zweikampf mit seinem Sohn Hadebrand oder Alebrand,
der aber nach allen unsern Quellen ohne Nachteil ausgeht. Es
gab nach der Hwenschen Chronik und nach dem Anhang zum
Heldenbuch eine Sage von Hildebrands Tode, von der wir aber
nur das wissen, daß Gunthers Sohn, um seine Sippen zu rächen,
ein Heer ins Amelungenland führt; dabei kommen alle Helden
um, außer Dietrich. Vielleicht ist nun jene nordische Sage eine
Episode aus diesem großartigen, aber leider verloren gegangenen
Abschluß unseres deutschen Epos. Vielleicht ist Aki, der Vater
von Hildebrands Stiefbruder, unser Ake, der Bruder Ermanrichs,
der Amelungentrost oder Harlungentrost, Gemahl der Bolfriane
von Drachenfels, also Schwager Dietrichs, Vater der Harlungen,
derselbe, der seine eheliche Ehre an dem Grafen Iron von
Brandenburg, dem Artussohne, zu Brescia rächte. Er stirbt bald
darauf und hinterläßt die Söhne Edgard und Ake, die Harlunge,
der Pflege des getreuen Eckart. Kam er also auch der Mutter
Hildebrands nahe? Vielleicht hängt damit eine andere Lücke
unserer Kenntnis über Hildebrands Sippe zusammen, ich meine
die Herkunft und das Schicksal Elsans oder Ilsungs, Isungs,
des Bruders Hildebrands, des Mönchs, des Pflegers der Etzel-
söhne, des Hauptspielmanns Dietrichs. Vielleicht also schließt
sich Hildebrands Halbbruder Asmund den Scharen des Gunther-
sohnes an, er bekriegt den Bruder, dieser tötet im Schmerz über
den Fall seiner Genossen seinen eigenen Sohn, denselben, den
er einst vor Garten im Zweikampf verschont hat. Vielleicht
beruht gerade in diesem Kontrast das Wesen des Motivs, Gewiß
muß man jenen Zweikampf vollkommen trennen vom Mord des
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Sohnes hier, worauf sogleich der Tod Hildebrands folgt. Erst
durch dies Auseinanderhalten gewinnt beides an Bedeutung und
Charakter. Aber wir haben hier eine Episode aus dem Ende
unseres Völkerwanderungskreises vorweg genommen. Hildebrand
durchlebt ja diese ganze Zeit und stirbt gemäß der Thidreksaga
hundertundachtzig Jahre alt.
Ähnlich verhält es sich mit der Sage von Ermanrich, der
nach der Geschichte als Ostgotenkönig beim ersten Anprall der
Hunnen 875 starb. Nach der Thidreksaga ist er der Sohn
Samsons, der dem Amelung der süddeutschen Überlieferung ent-
spricht (Dietriehs Flucht 2879 ff), dem Enkel Wolfdietrichs.
Ermanrichs Mutter ist Hildeswind, die Tochter des Herzogs von
Salern. Er erhält zuerst von seinem Vater ein Reich in Spanien,
nach des Vaters Tod wird er König und Kaiser von Rom. Ver-
suchen wir, die karge Überlieferung über seine erste Zeit aus
Saxos Bericht im 8. Buch zu ergänzen. Da ist Jarmerik (so
heißt er dort), der Sohn des Dänenkönigs Syward. Als Kind
fällt er mit zwei Schwestern in die Gewalt des Schweden Götar,
der um Sywards Schwester, Omunds Tochter, geworben hat und
sie nun mit Gewalt entführt. Syward fällt in der Schlacht gegen
Simo, Götars Statthalter. Eine seiner Töchter wird an die Nor-
weger, eine zweite an die Germanen verkauft. Jarmerik kommt
mit seinem Milchbruder Gunno in die Gewalt des Slawenkönigs
Ismar. Die Sage scheint den historischen Hermanarich mehr in
Jarmeriks Vater zu zeichnen; denn auch dieser sucht den Tod
in seiner Verzweiflung.
Der junge Jarmerik wird Aufseher der königlichen Sklaven,
Leibwächter, Freund des Königs. Nur der Königin erscheint
er verdächtig. Darum flieht er, nachdem er des Königs Schatz-
kammer erbrochen und das Haus über den berauschten Slawen
angezündet hat. Die Flucht erfolgt zuerst zu Roß, dann zu Fuß,
endlich zu Schiff. Er kommt nach Dänemark und zwingt seinen
Oheim Buthel (= Botel, Vater Etzels), ihm das Reich auszu-
folgen. Dann erobert Jarmerik Schweden und schlägt den König
Götar. Dazu haben ihn die Verwandten Sibbos aufgefordert;
diesen Sibbo, seinen Vertrauten, tötete nämlich Götar , Weil er
ihn der Schändung seiner Schwester beschuldigte. Vielleicht ist
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=
das die Sippe des Sibich, und Sibich ist der Sohn oder Enkel
jenes Sibbo. Darauf besiegt Jarmerik die Slawen und bestraft
grausam ihre früheren Verheerungen Dänemarks, Bereichert
durch die Beute so vieler Siege, häuft er seine Schätze in einer
kunstreichen festen Burg auf. Dieser Schatz Ermanrichs ist der
deutschen Sage wohlbekannt, er kommt sogar im Reineke Fuchs
vor. Auch Ermanrichs Herrschaft über den Norden wird von
der Thidreksaga gekannt und bestätigt. Da ist ihm Oserich,
der Herr der Wilzen- und ReuBenlande, tributpflichtig, ebenso
der Konig von England.
Andererseits kennt aber Saxo auch seine Beziehungen zum
Süden. Jarmerik besiegt nämlich in dreitägiger Seeschlacht vier
Brüder, Seeräuber vom Hellespont. Es sind, wie wir aus der
Edda wissen, die Söhne des Königs Jonakr, und es kann ebenso
der Hellespont bei Konstantinopel gemeint sein, wie Saxo unter
Byzanz dieselbe Gegend versteht. Jarmerik geht mit den helles-
pontischen Brüdern einen Vergleich ein, nach welchem sie ihm
ihre Schwester Swanhild und die Hälfte des Tributs auszuliefern
haben, den sie von ihren Untergebenen bekommen. Bei dieser
Gelegenheit befreit Jarmerik den Bikko, Sohn des Königs der
Livländer, der in der Gefangenschaft jener Hellespontier war.
Dieser Bikko, unser deutscher Sibich der Getreue und Ungetreue,
schuldet einerseits dem Befreier Dank, andererseits aber Rache,
weil Jarmerik einst Bikkos Brüder ums Leben gebracht hat.
Wie, das verschweigt Saxo. Vielleicht als Jarmerik aus dem
Slawenland floh und viele seiner Feinde und Verfolger tótete.
Vielleicht war Bikko ein Sohn jenes Slawenkónigs. Oder vielleicht,
als Jarmerik den Rachezug gegen die Slawen unternahm, wo er
an vielen Vornehmen ein grausames Strafgericht ausübte, sie mit
Riemen an Pferde binden und von Hunden hetzen, andere neben
Wüólfe an den Galgen hüngen lief. Bikko wird Jarmeriks ver-
trautester Rat, und in dieser Eigenschaft gibt er ihm heuchlerisch
die verderblichsten Ratschläge. Das erzählen die deutschen
Sagen ausführlich und wirksam; sie wissen auch, daß Ermanrich
sich an Sibichs Weib versündigt hat. Nach beiden Fassungen
richten sich des Verräters Ratschläge hauptsächlich gegen
Ermanrichs nächste Verwandte (die Söhne, die Harlungen.
3i)
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Dietrich). Nach Saxo scheint er auch einen neuen Aufstand
der Slawen angeregt zu haben. Da erheben sich auch die
Sehwestersóhne Jarmeriks, die in Germanien geboren und er-
zogen wurden (- die Harlungen). Der Kónig zerstórt ihre
Burgen und Städte (Breisach und die Eekartsburg) und läßt
seine Neffen aufhängen; zugleich die Vornehmsten ihrer Partei.
Während dieser Kriege haben die Hellespontier ihre Schwester
Swanhild zur Vermählung mit dem König gebracht. Es ist ihre
Stiefschwester, die Tochter Siegfrieds und der Gudrun (== Kriem-
hild. Aber der bóse Bikko beschuldigt den Sohn des Königs
Broder (sonst Randwer) verbrecherischen Umgangs mit seiner
Stiefmutter. Es wird das Urteil gesprochen, er solle gehängt
werden, doch sollen Diener ein Brett unter ihm halten, auf das
er sich stützen kónne, so lange ihre Kraft aushalte. Dadurch
sollte die Schuld des Sohnesmords vom Kónig genommen werden.
Swanhild soll von Rossen zerstampft werden. Aber diese scheuen
vor ihrer Schönheit. Der König will sie reuig befreien, Bikko
aber läßt sie aufs Gesicht legen, so wagen sich die Rosse, die
man auf sie hetzt, vorwürts, Der Hund Broders kommt heulend
zum König, Broders Habicht rupft sich vor Schmerz die Federn
aus. Das erbarmt den Känig und er läßt den Sohn frei. Aber
Bikko hetzt nun die Hellespontier gegen den Känig, die Schwester
zu rächen. Guthruna (= Kriemhild) hilft durch ihre Zauber,
indem sie die Königsleute blendet, so daß sie sich in der festen
Burg selber verwunden, Da stürmen die Hellespontier die starke
Feste. Aber Othin der Gott erscheint und gibt den Leuten
Jarmeriks wieder das Augenlicht. Er lehrt sie auch, durch
Steinwürfe die Hellespontier, die nur gegen Eisen durch Zauber
gefeit sind, zu vernichten. Diese sind ohnedies durch einen
früheren Zwist geschwücht. So kommen beide Teile um, Jar-
merik mit abgehauenen Händen und Füßen. Aber diese Kata-
strophe, die auch in der Edda behandelt ist, gehört erst an den
Sehluf unseres Sagenkreises. Solange erstreckt sich auch Er-
manrichs Leben.
Wir nehmen also wieder den Faden der Sage mit Frothos IIT,
Tode auf. Saxo berichtet zu Beginn des 6. Buchs, daf man
seine Würde zuerst dem Bauer Hiarno übergeben habe als Lohn
Blümml, Quellen und Forschungen. IV.
?
^
-
für ein Preisgedicht auf Frotho III. Ich vermute in diesem
Dichter Hiarn den Sänger Horand, der nach dem Kudrunlied
wahrscheinlich Frutes Bruder ist, und also nach der vollständigen
Sage wirklich Anspruch an den Thron oder wenigstens an die
Vertreterschaft machen konnte. Zu jener Zeit ist nämlich
Fridlef IL, Frothos III. Sohn, in Rußland, er hilft dem Haldan,
Sohne Eriks des Beredten, gegen zwölf norwegische Räuber-
brüder, und gewinnt nach Tötung der andern einen derselben,
Biorn, zum Gefährten. Dann kehrt er nach Dänemark und ver-
treibt den Hiarno, der nicht gerne weichen will. Hiarno kommt
noch einmal als Salzsieder verkleidet zurück, wird aber von
Fridlef im Zweikampf getötet,
Die nun folgende Geschichte von der Werbung Fridlefs um
Frogertha habe ich dem älteren Fridlef, dem Vater Frothos III.
zugewiesen (S. 66).
Dagegen scheint es diesem Fridlef zuzugehören, daß er über
das Schicksal seines Sohnes die Nornen befragt. Die erste ge-
währt Schönheit, die zweite Freigebigkeit, die dritte aber Geiz.
Ebenso kommt diesem Friedlef ein Sagenzug zu, der, wie
mir scheint, dem dritten Teil der Kudrunsage entspricht. Als
nämlich Fridlef bei seiner Rückkehr aus Norwegen durch
Schweden zog, warb er aus Freundschaft für Haldan, den Sohn
Eriks des Beredten, um die Tochter Hythins. Hythins oder
Hithins (Hetels) Tochter is& aber Kudrun. Danach entsprüche
Haldan, Eriks Sohn, dem Herwig von Seeland in unserm Gedicht.
Und Erik, der Vater des Brüutigams bei Saxo, entspricht vielleicht
dem Horand, der als Däne mit Herwig von Seeland nahe ver-
wandt sein dürfte. Saxos knapper Bericht ist allerdings noch
außerdem verwirrt und verdorben; aber er weist entschieden auf
eine größere Sage hin, die er nur im Vorbeigehen andeuten will,
und diese Sage haben wir in ausführlicher Vollständigkeit in
unserer Kudrun. Sie gibt uns den leitenden Faden, muß aber
durch die Sagenwelt Saxos den richtigen Rahmen bekommen.
Auf Fridlef IT. folgt Frotho IV. Saxo nennt ihn den Frei-
gebigen, den , Milden*, die Ynglingensage nennt ihn den Frischen,
ein Beiname, den Saxo seinem zweiten Frotho gibt. Ich möchte
vorschlagen, statt dieser verwirrten Beinamen die vier Frothonen
3
2
also zu unterscheiden: den ersten als den Friedfrode, den zweiten
als den Töter Frogers (des Odinsohns), den dritten als den
Hunnenbesieger, den vierten als den Starkadsgenossen. Die selb-
ständige Stellung des fünften scheint mir zweifelhaft.
Frotho IV. kommt zwölfjährig zum Thron, nachdem er
schon als Kind verhätschelt wurde. Aber er besiegt bald die
abgefallenen Sachsenfürsten Swerting und Hanef. Er verdoppelt
den Sold der Krieger und zeigt sich edel und tugendhaft.
Da kommt nun der alte Starkather zu ihm; er hat sich
aus einem Schiffbruch allein gerettet. Frotho gibt ihm ein Schiff,
um die Küste damit zu bewachen. Saxo bezeugt, daß Starkather
außer bei den Dänen auch bei den Schweden und den Sachsen
wohlbekannt sei. Er erzählt seine früheren Schicksale, seine Ab-
stammung, Jugend, seine Erlebnisse mit Wikar und Hake, seine
Fahrten gegen Wisinn, Tanna und Wilze, die alle viel früher
fallen, wie wir bereits berichtet haben. Nur bei den drei lezten
Abenteuern scheint Saxo anzunehmen, daB sie bereits im Dienst
dieses Frotho geschahen. Er erklürt es aber nicht ausdrücklich,
verschleiert es vielmehr, und so scheint es auch mir aus andern
Gründen wahrscheinlieher, daB sie früher fallen, etwa in die
Zeit des dritten Frotho oder seines Vaters, in die Zeit des Wilze
der Thidreksaga.
Ausdrücklich greift Starkather erst im Sachsenkrieg in die
Geschicke Frothos IV. ein. Die Sachsen fallen nämlich wieder ab
und fordern Frotho zu einem entscheidenden Zweikampf heraus.
Da kommt Starkather von einer Wikingfahrt zurück und stellt
sich selber dem sächsischen Kämpen Hama. Diesem haben die
Sachsen im Falle seines Siegs sein eigenes Körpergewicht in
Gold versprochen. Aber Hama fällt, und die Sachsen werden
wieder tributpflichtig. Hama ist (sowie der Hama, der im Beo-
wulf das Brosingamene dem Eormenrie entwendet) der Heime
der deutschen Heldensage, bekannt aus Alpharts Tod, der Raben-
sehlacht usw. Die Thidreksaga kennt ihn als Sohn des Studas,
des RoBziichters der Briinhild in Saegard nordwirts vom Ge-
birge in Schwaben. Darunter ist aber wohl das ursprüngliche
Land der Sweben an der Elbe zu verstehen, Brünhilds Heim
ist jedenfalls Friesland. Heime besiegt zuerst einen Drachen,
8*
tritt dann in Dietrichs Dienst zu Bern und verschafft ihm auch
ein Roß aus Brünhilds Gestüte in Friesland. Er wird dann von
Dietrich mit Hildebrand ausgeschickt, den Fürsten Hornboge
aus Winnland einzuladen. Heime wird sodann Wittichs Feind,
weil er von diesem seiner Heimtücke wegen gescholten wurde.
Er begibt sich zum Räuber Ingram in den Falsterwald , der
zwischen . Dünemark und Sachsen liegt. Aber Biterolf und
Dietleib tóten die Rüuberbande, und Heime flieht; er kommt
wieder nach Bern. Er macht den Zug der Amelungen gegen
Isung von Britannien mit, ferner den Zug in den Rosengarten,
den Zug zur Rächung von Dietleibs Kränkung durch die Wormser.
Im Streit zwischen Dietrich und Ermanrich tritt er auf des
letzteren Seite, in seinem Alter geht er ins Kloster Wilten bei
Innsbruck, erschlägt den Riesen Aspilian, der das Kloster be-
drängt, wird von Dietrich herausgeholt, bedrängt nun selber das
Kloster, wird endlich von einem Riesen erschlagen und von
Dietrich gerächt. Nach der Aslaugsage bringt sein Vater die
Tochter Siegfrieds und Brünhilds nach N orwegen. Es ist
schwer, das, vielleicht ursprünglich nicht tödliche, Abenteuer mit
Starkad in diesem Lebensgang unterzubringen, aber sicher gab
es von Heime noch mehr Sagen, als unsere erhaltenen Quellen
erzählen oder andeuten.
Saxo erzählt weiter, daß sich nun auch der Sachse Hanef
empörte, aber von Frotho bei einem Dorf geschlagen und ge-
tötet wurde, das seither Hanöfra, Hannover heißt. Der andere
Sachsenfürst Swerting sucht durch List die Freiheit zu erhalten.
Er ladet Frotho zu einem Gelage, tötet ihn, wird aber auch
selber von ihm erschlagen. Nach isländischer Überlieferung
sind Swertings Sohne die Märder; Starkad war damals eben in
Schweden.
Wir sahen Frotho IV. durch Hama — Heime mit dem
Hauptstock der deutschen Völkerwanderungssage verbunden. In
der Tat tritt er auch als. Frute der junge, König von Dänemark,
im Rosengarten zu Worms auf (D 161) Er hat sein Land an
Gunther verloren, und ist in Etzels Gefolgschaft getreten. Er
kümpft mit Gunther selber und besiegt ihn. Also erhiült er sein
Land wieder und begibt sich dahin zurück. Er führt im Wappen
ein Mohrenhaupt, oder drei Marderkópfe. Derselbe Frute .er-
scheint in der Rabenschlacht als Helfer Ermanrichs und der
Burgunden. Er hat da in weißem Feld einen rotgoldenen Löwen.
Dann in der Schlacht selbst besiegt Dietrich den tugendhaften,
den milden und den guten Frute, nimmt ihn gefangen und über-
gibt ihn dem Hildebrand zur Bewachung. Früher schon hat
Frute mit Nudung, dem Sohne Rüdigers. von Bechelaren ge-
kümpft. Das Auftreten Frutes in der Rabenschlacht mag man
vielleicht als Einfall des Dichters verdächtigen, gewiß ist aber
sein Kampf im Rosengarten ein Ausfluß echter Sage, im Zu-
sammenhang mit dem Sachsenkrieg Gunthers und dem Sachsen-
krieg Frothos IV. Danach können wir uns den Gang dieser
Ereignisse so vorstellen, daß Frotho nach Überwindung der
Sachsen mit einem aus Dänen und Sachsen bestehenden Heer
den rheinischen Fürsten Krieg ansagt. Diese Fehde muß lange
gewährt haben. Schon im Gedicht von Biterolf und Dietleib
kehrt Gunther mit Hagen und Gernot siegreich aus einem
Sachsenkrieg nach Worms zurück. Im Nibelungenlied künden
der Sachsenfürst Lüdeger und der Dänenfürst Lüdegast den
Burgunden Krieg, In der Nornagestsage sind es die Gandalf-
söhne, die Schwäger des Dänenkönigs (Sigurd Hring), die die
Stelle jener beiden vertreten, vielleicht mit ihnen identisch sind,
Denn Lüdeger und Lüdegast sind auch Brüder. Freilich ist
Sigurds Hring Name aus spüterer Zeit irrtümlich eingesetzt.
Siegfried hilft aber den Burgunden, macht Lüdegast zum Ge-
fangenen und zwingt Lüdeger zur Ergebung. Die Nornagest-
sage erzählt noch die Episode, wie Siegfried auch den Starkad
in die Flucht schlägt und ihm zwei Backenzähne ausschlägt, die
Siegfrieds Knappe Nornagest aufhebt und später einer Kirche
widmet. Diese Episode ist, wie wir aus Saxo wissen, durchaus
echt. Starkad gehört in diesen Krieg. Im Nibelungenlied rät
der großmütige Siegfried dem Gunther, die gefangenen Feinde
ohne Buße freizulassen, sich nur von ihnen Sicherheit geloben
zu lassen, Man muß vermuten, daß es nochmals zum Krieg
kam und daß dabei auch der Oberherr der Sachsen und Dänen
sein Land verlor. Denn im Rosengartenlied, das eine Episode
kurz nach jenem Sachsenkrieg schildert, finden wir Frute als
33
Hilfesuchenden an Etzels des Hunnenkönigs Hof. Er muß sich,
wie wir bereits gehört haben, das verlorene Land ; das ganze
oder einen Teil von Gunther zurückerkümpfen. Hier mag daran
erinnert werden, daf nach der Chronik des Erik unser Frode in
seinem zwanzigsten Jahre Deutschland erobert habe. Unter den
Amelungenhelden im Rosengarten erscheint auch ein Hartnid,
Hertnid oder Hartung von ReuBen.
Jener zweite Kampf um Worms, von dem das Gedicht von
Biterolf und Dietleib berichtet, und der erst nach Siegfrieds
Vermühlung mit Kriemhild stattfindet, zeigt uns nicht den Frute,
wohl aber wieder den Liideger und Lüdegast, das Brüderpaar,
doch ist hier Lüdeger Dünenkónig und Herr der Sachsen;
Gunther hat beide mit andern Fürsten eingeladen, und sie helfen
nun unvorbereitet gegen die Heunen und Amelungen. Aber
noch zwei andere Dänen sind damals auf Seite der Wormser:
Herbort, König von Däneland » der einst die Hildeburg von
Ormanie entführt hat, die Tochter Ludwigs, also eine dem
Kudrunlied unbekannte Schwester Hartmuts und Ortruns. Er
hat sich der verfolgenden Verwandten erwehrt, wenn auch selbst
schwer verwundet, hat dann einen Riesen und den Goldwart
und Sewart erschlagen, hat dann in Bern den Dietrich und
Hildebrand bekämpft. Nun hilft er, einen Hirsch im Wappen,
den Burgunden, mit gutem Humor. Auch sein Schwestersohn
Boppe von Dänemark ist bei ihm. Ein anderer Däne, Hawart,
der aus dem Nibelungenlied bekannte, ist auch schon hier
bei Etzel. ^ Ebenso Iring, doch heißt er hier von Lothringen.
Er ist aus seiner Heimat vertrieben worden. Im Nibelungen-
lied ist er Hawarts Mann. Lauter Bruchstücke verlorener
Sagen.
Ein Hug von Dänemark erscheint mit Lüdegast und seinem
Bruder Helferich von Lothringen oder Lune und mit Ortwin
von Mainz im Eckenlied. Dietrich hat Helfrich besiegt, die andern
getötet.
Ein Hug von Dänemark hilft dem Dietrich im Streit mit
Ermanrich nach dem Zeugnis von „Alpharts Tod“.
Ein Wiking Waldar aus Dänemark kommt nach der Edda
2. Gudrunlied 19) mit Eymod und Jarizleif und Jarizskar als
36
Boten Etzels des Langbärtigen zu Gudrun (Kriemhild) mit der
Werbung.
All das beweist die vielen Verbindungen dänischer und
deutscher Sage für unsern Sagenkreis. Edger der Wilze hat
nach der Thidreksaga einen großen Schatz aus Dänemark zu
König Isung von Bretagne gebracht. Wieland und Wittich
stammen aus Seeland. In Seeland sucht Dietrich den flüchtigen
Wittich auf und tötet ihn.
Auf Frotho IV. folgt bei Saxo (6. Buch) und in allen
Quellen sein Sohn Ingell, Ingeld, Ingjald, schwelgerisch und
unehrenhaft. Darum verläßt ihn Starkather und zieht zu König
Haldan nach Schweden. Die Söhne Swertings sühnen sich mit
Ingeld und geben ihm ihre Schwester zur Ehe. Ingelds Schwester
Helga buhlt mit einem Goldschmied. Als Starkather davon hört,
eilt er zurück, schlägt den Schmied nieder und dichtet ein Straf-
lied. Der Norweger Helgo freit nun um Helga mit großer
Pracht. Er soll aber erst seinen Nebenbuhler Angater oder
Angantur mit seinen acht Berserkerbrüdern bestehen. Das tut
auf Helgos Bitten für ihn Starkather, der dazu wieder von
Schweden mit wunderbarer Schnelle herbeieilt. Er tôtet alle,
wird aber selber schwer verwundet. In seinem Bauernstolz läßt
er sich nur von einem Bauer verbinden. Nur schwer läßt er
sich darob besänftigen, daß Helgo den Kampf im Brautgemach
versäumt hat. Starkather eilt dann wieder nach Schweden, um
dort den Sohn Haldans, Syward, den Gegnern zum Trotz in
seine Erbschaft einzusetzen.
Nun kehrt er wieder zu Ingeld zurück, straft in einem Lied
dessen Schwelgerei, die er von den Deutschen gelernt habe, und
spottet über seine weichliche Ehrlosigkeit. Ingeld wird davon
so hingerissen, daß er aufspringt, die Swertingsöhne mit dem
Schwert erschlägt und auf ein neues Lied des Starkather hin
sein Weib, die Tochter des Swerting, verstößt.
Durch die Sage von Ingeld ist die Stellung der Beowulf-
sage innerhalb unseres Sagenkreises genau bestimmt. Ich habe
schon erwähnt, daß die Genealogie der Skildinge zu Beginn des
angelsächsischen Gedichts offenbar sehr abkürzend wiedergegeben
ist. Wesentlich ist für die Orientierung, daß im Beowulf Froda,
3
7
der Vater Ingelds, erscheint, also unser Frotho IV. , allerdings
nicht als eigentlicher Dänenkönig, sondern als Fürst der Heado-
bearden = Langobarden y die aber bekanntlich auch Saxo unter
die Dänen zählt und in Jütland angesiedelt denkt. Man kann
sie also mit Recht als Norddünen betrachten. Dagegen gilt
Hrodgar, der Bruder des Heorogar und Halga, der Sohn eines
Healfdene und Enkel eines ülteren Beowulf, .als Konig der (Süd-)
Dünen. Wir ersehen ja auch aus den deutschen Sagen, daß es
mehrere Dänenfürsten auf einmal gab. Das Reich ist nicht
geeint. Das Beowulflied weiß nun auch die Geschichte von
Frodes IV. Mord, von der Sühnung der Mörder mit Frodes
Sohn Ingeld und von der Heirat Ingelds mit der Tochter des
Mörders, von der späteren Rache infolge der Aufreizung des.
alten Starkad, der nur nicht mit Namen genannt wird. Aber
die Tötung Frodes IV., die bei Saxo dem Swerting zugeschrieben
wird, geht im Beowulflied von den Dänen aus, also wahrscheinlich
von Hrodgar selber, Denn Hrodgar ist es, der seine Tochter
Freaware zur Sühnung dieser Fehde dem jungen Sohn Frodes,
dem Ingeld, verlobt. Nun kommt gerade in jener Zeit, da Frode
gefallen ist, und Freaware dem jungen Ingeld schon verlobt
aber nicht verheiratet ist, der gotische Held Beowulf aus Süd-
schweden zu Hrodgar, um ihm Hilfe zu leisten gegen das Meer-
ungeheuer Grendel. Beowulf ist dem Hrodgar verpflichtet, weil
dieser einst den Mord versühnt hat, den Beowulfs Vater Ecgtheow
an Headolaf verübte, dem. Wylfingen. (Ob Saxos Egther der
Biarmier, der Gegner Arngrims im 5. Buch derselbe ist? Ein
Finne Egther wird vom Haldan Biargram erschlagen nach
Saxos 7.. Buch.) Beowulf zieht siegreich von Süddänemark
wieder in die Heimat zurück zu seinem König und Oheim
Hygelak, dem König der schwedischen Geaten. Hygelaks Vater
ist Hredel, dessen Vater Swerting. So kommt dieser N. ame, der
bei Saxo den Sachsenfürsten und Tôter Frothos IV. bedeutet,
doch in der Freundschaft der Gegner Frodes vor. Hygelaks
älterer Bruder Haedeyn wurde von Ongentheow, dem Schweden-
könig aus dem Stamm der Scylfinge, getötet. Dies hat Eofor
gerächt, der dafür Hygelaks Tochter zur Ehe bekommt. Beowulf
erzählt nun seinem Oheim Hygelak das ganze Abenteuer bei
^j
>
X
den Süddänen und spricht besonders von Freawares Verlobung
mit Ingeld. Er sieht prophetisch das kommende Unheil voraus.
Ja, der Dichter läßt ihn etwas ungeschickt das Folgende schon
allzugenau beschreiben: wie Ingeld beim Bier durch einen alten
Kämpen (Starkad) gewiß aufgereizt wird gegen seine Gattin und
deren Verwandte. Er beschreibt, wie ein Sohn des Tóters mit
dem Schwert Frodes in der Halle Ingelds prunkt und dafür
sicher von ihm getötet wird, trotz der Friedensschwüre. Es
scheint mir nicht zweifelhaft, daß der Dichter des Beowulf die
ausführliche Starkadsage gegenwärtig hatte und sich nur aus
Gründen der epischen Technik beschränkt hat, eine knappe An-
deutung zu geben. Denn da Beowulf von der Zukunft spricht,
kann er unmöglich noch Genaueres prophezeien.
Zu alledem stimmt es aufs schönste, daß Hygelaks histo-
risches Vorbild, Chochilaik, der gautische Wiking, für den An-
fang des 6. Jahrhunderts, also als Zeitgenosse Theoderichs, des
Dietrich von Bern bezeugt ist. Er ist aber jedenfalls von dem
älteren Huglet des Saxo (6. Buch), dem Hugleik der Ynglingen-
sage (22) zu unterscheiden.
Wichtig für die Sagenzusammenhänge ist noch Beowulfs
Verhältnis zur Sippe des Ongentheow, der dem Angater oder
Angantur des Saxo, dem Angantyr der Herwararsage entspricht,
nämlich dem jüngeren Angantyr, nicht dem Sohn des Arngrim,
der in die Zeit Frodes III. fällt, sondern dem Sohne Heidreks,
dem Enkel der Herwör, der eben genau in die Zeit Ingelds
gehört. Ich will daher hier die Sage von Heidrek da fortsetzen,
wo ich sie früher bei der Sage von Frotho III, unterbrochen
habe (S. 74): Heidrek verläßt also nach der Ermordung seines
Bruders Heimat und Eltern (Höfund und Herwör) und geht zu
König Harald nach Jütland (Reidgotaland), hilft ihm gegen seine
Widersacher, heiratet seine Tochter Helga und bekommt einen
Sohn Angantyr. Bei einer Hungersnot soll Angantyr geopfert
werden. Heidrek verlangt dafür das halbe Heer Haralds und
erschlügt an der Spitze desselben den König und das andere
halbe Heer, das er an Stelle seines Sohnes dem Odin opfert.
Das war die zweite Neidingtat, die mit dem Schwert Tyrfing
vollbracht wurde. Er wird König, zieht gegen König Humli
von Hunnenland und bemächtigt sich der Tochter desselben,
Sifka, schickt sie aber bald wieder zurück. Sie gebiert bei
ihrem Vater einen Sohn, Hlöd. Dann zieht Heidrek gegen den
König von Sachsland. Dieser besänftigt ihn, indem er ihm seine
Tochter Oluf mit reichem Gut übergibt. Aber auch diese schickt
er fort, da sie mit einem Knecht buhlt. In Finnland freit er
die schöne Sifka. Er erzieht bei sich den Herlaug, Sohn des
Königs Hrollaug von Holmgard (an der Ostsee), erhält von
diesem als Buße für eine ungerechte Fehde dessen Tochter
Hergerd und als Mitgift Windland, das Reidgotaland zunächst
liegt. Der Sifka entledigt sich Heidrek auf grausame Weise,
Hergard gebiert die Herwör, die als Schildmaid in England bei
Ormar aufgezogen wird. Ein mächtiger Untertan Heidreks, Gest
der Blinde (Gestumblindi) will ; um sich mit Heidrek auszu-
SÜhnen, mit diesem einen Wettkampf in Ritseln unternehmen.
Odin aber geht selbst in Gests Gestalt zu Heidrek und über-
windet ihn durch Ritselfragen. Heidrek will nach ihm mit dem
Tyrfing hauen, stutzt aber nur den Schweif des Habichts, in den
sich Odin verwandelt. Endlich wird Heidrek im Schlaf von
seinen Knechten ermordet. Das war das dritte N eidingswerk
des Tyrfing.
Angantyr rücht seinen Vater, gewinnt den Tyrfing wieder,
nimmt sein Erbe in Besitz und richtet das Erbmahl für den
Vater zu auf Danparstadir in Reidgotaland. Aber sein Stief-
bruder Hlöd, der beim Hunnenkönig Humli, seinem Mutter-
vater aufgezogen wurde, fordert sein Erbteil und sucht den
Angantyr zu Arheim auf. Dieser will ihm nur ein Dritteil ge-
währen. Damit unzufrieden, führt Hlöd mit Humli ein großes
Hunnenheer durch den Myrkwid, den Markwald zwischen Hunnen-
land und Gotenland. Herwör aber hilft ihrem Bruder Angantyr;
sie fällt auf der Vorwacht. Da ladet Angantyr die Hunnen zur
Entscheidungsschlacht auf die Dunheide und nach den Dylgja-
tälern unter den Jüsurbergen. Acht Tage wührt der Kampf.
Die Hunnen sind doppelt so stark wie die Goten. Angantyr
tótet den Bruder mit dem Tyrfing und die Hunnen fliehen mit
Humli Von Angantyr stammen Kónigsgeschlechter ab; sein
Sohn war Heidrek Ulfsham, Kónig in Reidgotaland. Seine
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Tochter Hild war Mutter Halfdans des Schlauen, Vaters Iwars
des Weitumfassers, des Gegners Ingjalds des Boshaften von
Schweden. Iwars Tochter Alfhild ist Gattin Waldars von Düne--
mark und Mutter des Harald Hildetan. Aber damit kommen
wir schon in den folgenden Sagenkreis hinein.
Die eben angeführte Herwararsage weif nichts vom Ende
Angantyrs. Aber Saxo erzihlt im 6. Buch, da Angater oder
Angantur der älteste von neun Brüdern auf Seeland war, und
als Nebenbuhler des Norwegers Helgo um Helga, die Schwester
Ingelds, geworben habe. Starkad aber habe an Helgos Statt die
neun Brüder bestanden und getötet.
Vielleicht ist mit diesem Angantyr identisch der Ongentheow
im Beowulf, ein Scylfing, Konig in Schweden, Gatte der Elan,
also Schwager des Dänen Hrodgar. Seine Söhne sind Onela
und Ohthere, die in das Land des Geatenkönigs Haedeyn nach
Schweden einfallen. Dieser Haedcyn ist der Sohn des Hredel,
also auch Beowulfs Oheim. Er unternimmt einen Rachezug in
Ongentheows Land und nimmt beide Brüder gefangen. Aber
Ongentheow befreit seine Söhne und tötet Haedeyn. Dessen
Jüngerer Bruder Hygelak befreit das bedrängte Geatenland, und
Ongentheow fällt durch Eofor. Dieser erhält zum Lohn Hygelaks
Tochter. Hygelak heiratet später noch vor Beowulfs Kampf
mit Grendel die junge Hygd und hinterläßt einen unmündigen
Sohn Heardred, als er auf einem Zug gegen Franken, Friesen
und Hugen fällt. Beowulf war auch bei dieser Schlacht, er hat
den Hugen Däghrefn dabei überwunden, und sich dann aus der
Niederlage übers Meer gerettet. Es ist das der historische Zug
des Chochilaik zwischen 512 und 520 n. Chr. Beowulf schlägt
nun das Reich und die Hand der Witwe Hygd aus, als Vor-
mund des unmündigen Heardred. — Später hat sich noch
folgendes zugetragen: Die Söhne Ohtheres, Eanmund und Eadgils
haben sich gegen ihren Vater empört und müssen fliehen. Sie
kommen ins feindliche Geatenreich zu Heardred, dem Sohne des
alten Hygelak. Des unmündigen Heardred Vormund ist sein
Vetter Beowulf. Die Flüchtlinge erschlagen den Heardred bei
einem Gastmahl. Dafür erschlägt Weohstan, ein Verwandter des
Königshauses der Waegmundinge, den Eanmund. Eadgils muß
>
vor Beowulf weichen, wird aber von ihm bei einem späteren
Einfall gefällt. Nun erfolgt Beowulfs Drachenkampf und Tod
durch den Drachen. :
V. Zweite Übergangszeit.
Die Zeit vom Ende des Völkerwanderungssagenkreises, also
von 526 n. Chr. an, wenn man das Todesjahr Theoderichs des
Großen, des Dietrich von Bern, als Endpunkt nimmt, bis zum
Sagenkreis von der Brawallaschlacht, beträgt etwa zweihundert
Jahre, also sechs Generationen. Es ist wieder eine sagenarme
Übergangszeit, Alle unsere Quellen haben Mühe, sie auszufüllen.
Saxo nimmt Sagenbruchstücke und Varianten aus allen
Gegenden her, mit denen er den ersten Teil des 7. Buches füllt.
Allerdings in der Zahl der Generationen entfernt er sich nicht
vom Wahrsceheinlichen; er zühlt deren sieben auf: Olaf, Ingelds
Sohn oder Neffe — die Brüder Frotho V. und Harald — die
Brüder Harald und Haldan — (Ungwin) — Siwald — Sigar —
Alf — Guritha. Deren Sohn ist Harald Hildetan.
Es ist möglich und wahrscheinlich, daß dem Saxo eine ähn-
liche genealogische Reihe vorgelegen hat; aber sie scheint nur
Namen enthalten zu haben, denn er hat sie zum größten Teil
mit Sagen ausgeschmückt, die anderen zugehören. Schon über
Olaf ist Saxo zweifelhaft.
Auf ihn folgen Frotho V. und Harald ; ein feindliches
Brüderpaar. Ihre Frauen hadern, die eine, Tochter des Schweden-
kónigs Siward, die andere , Tochter des Karol, Statthalters von
Gótland. Frotho lift den ruhmvolleren Harald töten. Dessen
Söhne werden aber gerettet und rächen den Vater. Das scheint
nur eine Variante der Sage vom Fridfrode zu sein, der nach
der Rolfssage ganz ähnlich seinen Neffen nachstellt.
Haralds Söhne heißen Harald und Haldan. In der Ge-
schichte des Haldan Biargram gibt Saxo, wie bereits gesagt,
nur eine Variante von der Sage Halfdans des Alten, seines
Gram im 1. Buch.
Haldan setzt den Ungwin (Yngve) zum Nachfolger ein, der
von Regnald getótet wird.
92
Ungwins Sohn ist Sywald, Vater der Syritha, der Geliebten
Ottars. Dessen Sage wurde an anderem Ort behandelt (S. 22).
Sywalds Sohn ist Sigar, Vater der Signe, der Geliebten
Hagbarts, und des Alf, der die Alwilda liebt. Die erstere Liebes-
sage ist schon an ihrem Ort erwühnt worden (S. 57). Über die
zweite noch einige Worte. Alf wirbt um Alwilda, Tochter des
Syward, Königs der Götländer. Er bekämpft zwei Ungeheuer,
die ihr Gemach bewachen, mit glühendem Stahl. Aber Alwild
entzieht sich ihm und wird Anführerin einer Wikingerschar.
Alf erreicht sie mit seinem Gefährten Borkar im finnischen
Meerbusen. Er freit um sie und bekommt von ihr eine Tochter
Guritha, die Mutter des Harald Hildetan, wie Saxo später er-
zählt. Hier aber gibt er die Variante, daß Borkar eine Be-
gleiterin der Alwilda, die Kampfmaid Gro, heiratet, und Vater
des Harald Hildetan wird,
Es entstehen nun große Zwistigkeiten, nach Saxo infolge
der Hinrichtung Hagbarts. Dessen Bruder Hako rückt gegen
Sigar und gebraucht die List des wandelnden Walds. Starkad
läßt ihn dabei im Stich, da er einst Sigars Gastfreundschaft ge-
nossen hat. Sigar unterliegt und fällt. Sein Sohn Sywald will
ihn rächen. Mann und Weib erheben sich mit ihm. In einer
Schlacht bei Axelstade fallen beide Feldherren, Hako und Sywald.
Borkar entscheidet die Schlacht zu spät.
Guritha ist allein aus dem ganzen Kónigsgeschlecht übrig.
Eine Zwischenherrschaft von fünf 'Teilkónigen beginnt. Saxo
schiebt hier die Sage vom Hundekünig ein, den der Schwede
Gunnar den Norwegern zum Statthalter gibt. Ferner die Sage
vom Bruderkampf des Hildiger und Haldan (im Islündischen
richtiger Hildebrand und Asmund), die wir bereits berichtet
haben. Borkar tötet den Gunnar und heiratet die Drot. Ihr
Sohn soll jener Haldan, der Halbbruder Hildigers (== Hilde-
brands) sein. Dieser Haldan soll darauf die Guritha heiraten,
ihren Freier, den Sachsen Siwar, töten und Vater des Harald
Hildetan werden.
Die Sagen über die Abstammung dieses Haupthelden der
Brawallaschlacht sind sehr widersprechend. Hat doch Saxo
selber schon zwei Varianten gegeben.
À
"
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Erinnern wir uns noch an das; was die Herwararsage über
unsere Zwischenzeit sagt, Angantyr der J üngere, Heidreks Sohn,
der Zeitgenosse Ingelds, hat einen Sohn Heidrek Ulfsham, König
von Reidgotaland (J ütland) Der hat eine Tochter Hild , die
Mutter Halfdans des Schlauen, Vaters Iwars des Weitumfassers,
welcher nach Schweden kam und den König Ingjald den Bos-
haften so bedrängte, daß er sich mit seinem Gefolge verbrannte.
Iwar eroberte Schweden ; Dünemark, Kurland, Sachsland, Esth-
land und Rußland (Ostreich und Gardareich), auch Nordhumber-
land in England. Er setzte Waldar zum Kónig über Dünemark
ein und gab ihm seine Tochter Alfhild zur Frau. Deren Söhne
waren Harald Hildetan und Randwer. Von diesen später.
Harald vertritt also die sechste Generation nach Angantyr.
Von Iwar und Ingjald berichtet auch die Ynglingensage
(34 f£). Ingjald Illradi, der Boshafte, ist Enkel des Yngwar und
Sohn des Ónund. Onund hat seinen Vater gegen die Auster-
wegsmünner (Esthland, Lifland, Kurland) gerücht; dann rottete
er die Wilder in Schweden aus und baute Wege; daher heit
er Braut = Onund. Ingjald, sein Sohn, erhält als Knabe vom
Unterkónig Swipdag dem Blinden ein Wolfsherz zu essen, um
grimm und stark zu werden. Sein Weib ist Gauthild, Tochter
des Algauti, der ein Nachkomme Gautreks und Gauts von Gaut-
land ist. Beim Erbtrunk für seinen Vater macht Ingjald nach
der Sitte, bevor er den Hochsitz einnimmt, beim Bragebecher
ein Gelübde, sein schwedisches Reich nach jeder Hauptgegend
um die Hälfte zu vergrößern. Dann läßt er durch die Söhne
Swipdags den Saal mit den trunkenen Mitkönigen verbrennen. Nur
einer war außen geblieben, König Granmar, der die Hild, Tochter
Högnis zum Weibe hatte. Seine Tochter Hildigunn gab er dem
Ylfing Hjsrward (einem N achkommen Rolfs Kraki) zum Weibe
und wollte sich wehren. Aber Ingiald verbrannte mit Verrat
auch Granmar und Hjörward in einem Haus, Ingjald der Übel-
rater hat zwei Kinder: Olaf den Zimmermann und eine Tochter
Asa die Übelraterin. Diese war mit Kónig Gudrod auf Schonen
vermühlt und riet ihrem Mann, daf er seinen Bruder Halfdan
erschlage. Dieser Halfdan war der Vater lwars des Weit-
umfassers. Nachdem Asa auch ihrem Mann den Tod verursacht
3
hatte, floh sie zuihrem Vater. Iwar rüchte seinen Vater und Oheim
und zog vor die Burg Ingjalds. Da alle Hoffnung vergebens war,
faBten Ingjald und Asa den berühmt gewordenen Rat, ihr ganzes
Gesinde zuerst todtrunken zu machen und sich dann mit Mann
und Maus zu verbrennen. Iwar eroberte nun Schweden, Däne-
mark, Sachsland, Ostreich und den fünften Teil Englands. —
Olaf, der Sohn Ingjalds, zog sich in die Wälder zurück und
reutete sie aus. Man nannte ihn darum spöttisch den Zimmer-
mann. Olafs Weib war Solweig oder Solwa, die Mutter des Ingjald
und Halfdan Weißbein. Olaf wurde von den Schweden am
Wänirsee verbrannt und dem Odin geweiht, weil zu seiner Zeit
Hungersnot war,
Ich zähle noch kurz die folgenden Geschlechter auf, Halfdan
Weißbein — Eystein — Halfdan der Milde und Speisekarge —-
Gudrod Waidkönig — Halfdan der Schwarze und sein Bruder
Olaf — Rögnwald, Sohn des Olaf; auf ihn machte der Skalde
Thjodolf von Hwin das Ynglingatal. Und Harald der Haar-
schöne, Sohn Halfdans des Schwarzen, der 860, zehn Jahre alt,
die Regierung antrat und 980 starb.
Aus den beiden letzten Genealogien geht hervor, daß Ingjald
der Übelrater und Iwar der Weitumfasser etwa um 650 anzu-
setzen sind.
Die Flateyjarbok hat für die Zwischenzeit zu wenig Stamm-
glieder. Auf Ingjald dem Starkadzögling folgt Hraerek der
Karge, dann ein Halfdan, dann Hraerek der Verschwender und
dann Harald Hildetan.
Alles in allem genommen, wird also diese Zwischenzeit von
der Sage mehr oder weniger lückenhaft durch vollständigere
oder unvollständigere Genealogien mit manchen nicht hierher
gehörigen Sagenzügen ausgefüllt.
YI. Brawallaschlacht und Lodbroksage.
Der Sagenkreis von der Brawallaschlacht, also von Harald
Hildezahn und Sigurd Hring, von Ragnar Lodbrok und den
Lodbroksöhnen, entwickelt sich fast gleichzeitig mit dem karo-
lingischen Sagenkreis, der mit Karls Vater Pipin (741) oder
J
3
eigentlich schon mit seinem Großvater Karl Martell (714) be-
ginnt und auch Karls Sohn Ludwig den Frommen mit um-
faßt (+ 840).
Beginnen wir mit der Erzühlung Saxos (7. Buch) Danach
ist Harald der Sohn Haldans und der Guritha, jenes Haldan,
der der Sohn des Borkar und der Drot (oder der Gro) sein soll,
jener Guritha, der einzigen Überbleibenden aus dem Schildungen-
haus, der Tochter Alfs mit dem Silberhaar. Haldan will das
Dänenreich für seinen kleinen Sohn erkämpfen. Er fällt aber
gegen den. Kämpen Weset. Guritha, die in Männerkleidung an
der Schlacht teilgenommen hat, flieht mit dem Kind.
Harald war geboren infolge eines Opfers vor Odin zu Upsala.
Der Gott machte ihn unverwundbar durch Eisen. Dafür ge-
lobte er alle Seelen der von ihm Erschlagenen dem Odin, Bei
dem Versuch, den Weset während seiner Hochzeit zu überfallen,
büßte Harald zwei Zähne ein ; die ihm jener ausschlug. Sie
wuchsen wieder nach, aber standen nun vor; davon erhielt
Harald den Beinamen Hildetan — Kampfzahn. Er besiegte die
Teilkónige Hather, Hunding und Rórik, eroberte Lethra und
vereinigte das Dünenreich. Dann half er dem Norweger Asmund
gegen dessen Schwester, und bewies im Kampf seine Unverwund-
barkeit. Im Krieg gegen die Schweden, Ingo, Olaf und Ingeld
lehrt ihn Odin die keilfórmige Schlachtreihe. Dann hilft er dem
Kónig der Thronder, Olaf, gegen die Kampfmaide Stikla und
Rusila. Er überwindet den friesischen Kümpen Ubbo, gibt ihm
aber seine Schwester und gewinnt ihn zum Freund. Dann
macht er die Grenzvólker am Rhein zinsbar und unterjocht mit
ihrer Hilfe die Slawen Duk und Dal. Durch diese verstärkt,
erobert er Aquitanien und bezwingt den König der Humbrer
sowie Orm von Britannien. |
Dem unterworfenen Künig Ingeld von Schweden hat er
seine Schwester zum Weib gegeben. Ihr Sohn Ring folgt als
Kind dem Vater in der Herrschaft, von seinem Oheim Harald
bestätigt. Nun folgt eine fünfzigjährige Friedenszeit, ausgefüllt
dureh eine so kunstvolle Übung im Fechten, daB die einen
geübt waren, des andern Augenbrauen zu treffen, die andern,
nicht zu zucken.
}
Eine andere Schwester Haralds war dem Syward von Nor-
wegen vermählt. Ihr Sohn war Olo, der spätere Nachfolger
Haralds, berühmt durch seinen flammenden Blick, mit dem er
allin die Feinde niederschlug. Dieser Olo besiegt schon mit
fünfzehn Jahren die Ráuber Gunno und Grimo mit ihrem Knecht
Toko. Dann befreit er die Esa, Tochter des Olaf, des Fürsten
von Wermland, vor den Nachstellungen der Brüder Skat und
Hiall, heiratet sie und zeugt den Omund. Seine Heimat befreit
er in der Verkleidung eines ,Bettlerkünigs* von dem Einfall
des Thoro, Tosto und Liotar. Dann erschlügt er siebzig See-
könige, nimmt viele Kämpen auf, die ihm als Herrn der See
zuströmen, darunter den Starkad. Mit diesen diente Olo nicht
nur seinem Vater, sondern auch dem Harald und Ring.
Nun tritt aber Odin auf, nimmt die Gestalt des Bruno an,
des ertrunkenen Rates und Boten Haralds und Rings. Aus
Kriegslust sät er durch Botengänge Zwietracht zwischen beiden
Königen. Sie rüsten zum Krieg sieben Jahre lang. Harald soll
übrigens altersschwach und lebensmüde selbst den Schlachtentod
als rühmliches Ende gesucht haben, doch wollte er so viele Ge-
nossen wie möglich bei dieser Todesfahrt haben.
Damit beginnt Saxos 8. Buch und die Geschichte von der
Brawallaschlacht, nach den Liedern davon, die Starkad als Mit-
kämpfer selber gedichtet haben soll.
Auf Seite Haralds stellten sich auf seine Ladung eine große
Anzahl namentlich aufgeführter Helden aus Fünen, Schonen,
Thule (Island), Lethra, Schleswig, Jütland, Anglien, Friesland,
Iulin (Pommern), Livland, Grenland in Norwegen, Aland (Nor-
wegen) Lapland, auch die Slawen Dal der Dicke und Dul. Auch
viele Kriegsmaide waren darunter: Hetha, Webiorg und die
Slawenfürstin Wisna. Die Flotte sammelte sich zwischen See-
land und Sehonen und bildete ein festes Land dazwischen.
Harald sandte die Kriegserklürung an Ring und bestimmte als
Kampfort die Gefilde von Brawalla am Brawik, einem Meerbusen
in Ostgótland.
Auf Rings Seite standen Helden vom Wenernsee, von
Wermland, Nordalbingien, Wik, Telemarken, Gótland, Norwegen,
insbesondere aus Drontheim, Móre, Sogn, Fjalir, Jaeder (Sta-
Blümml, Quellen und Forschungen. IV.
J
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vanger), aus Anglien, Thule, ein Sänger Berhgar mit seinen Be-
gleitern Brahi und Rankil; dann Helden aus Schweden (ein
Karl ein Krok), Ynglinger aus dem Geschlecht des Gottes Fró,
aus Sigtun bei Stockholm, aus Upsala; dann Olo mit sieben
Kónigen, Ruthenen (Russen) Ring befehligte die Flotte von
2500 Schiffen, Olo das Landheer, darunter noch Kurlünder und
Estlünder.
Die dünische Flotte erreichte nach sieben Tagen die Stadt
Kalmar, sie wurde noch durch Slawen ; Livlünder und sieben-
tausend Sachsen verstürkt. Ring spottete des altersblinden
Harald und. ließ ihn ruhig sein Heer entwickeln; die Schweden
und Norweger verachteten die Sachsen und Slawen, die die
Hauptstárke des Dünenheeres bildeten. Die Herrschgier Haralds
wurde geschmüht. Harald aber klagte die Undankbarkeit seines
Neffen an. Odin in Brunos Gestalt ordnete die Schlacht und
bildete den Keil Hetha hatte den rechten Flügel, Hako aus
Sehleswig mit der gespaltenen Wange den linken, Wisna das
Banner.
Nun beginnt die Schlacht. Starkad kümpft unter den
vordersten Reihen der Sehweden, erschlügt viele, haut der Wisna
die rechte Hand ab, wirft den Hako nieder, wird aber selber
schwer verwundet, so daß ihm die Lunge heraushängt, der
Schädel klafft und ein Finger verloren geht. Er muß das
Schlachtfeld verlassen. Die Jungfrau Wegthbiorg fällt nach
tapferem Kampfe. Doch der Friese Ubbo wütet unter den
Schweden, schlägt sie in die Flucht, wird aber aus der Ferne
von Geschossen überschüttet und fällt, von 140 Spitzen durch-
bohrt. Die Dänen weichen. Den Harald faßt Schrecken, als er
von dem Lenker seines Sichelwagens, Bruno, erfährt, auch Ring
habe die keilfórmige Schlachtordnung angewendet. Harald er-
kennt in Bruno den Gott, bittet ihn um Sieg, gelobt ihm alle
Geister der Erschlagenen, aber Odin wirft hohnlachend den
Greis vom Wagen und zerschmettert ihn mit seiner eigenen
Keule. Um Harald lagen 80000 Edle, auf Rings Seite waren
12000 Edle gefallen.
Der Tod Haralds gab das Zeichen, den Kampf zu beenden.
Ring ließ seinen. Feind mit allem Prunk verbrennen und in
0
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Lethra bestatten. Er teilte Dänemark, gab Schonen dem Olo,
Seeland und die übrigen Gebiete der Hetha. Aber die Dänen
fanden die Herrschaft der Frau für sie schimpflich und wandten
sich an Olo. Dieser nahm der Hetha alles Land ab und ließ
ihr nur Jütland als Lehen, Aber Olos Grausamkeit erregt
wieder die Reue der Dänen. Zwölf Edle verschwören sich gegen
sein Leben und stiften den Starkad an, den König im Bad zu
ermorden. Ihm wird dafür der Blutlohn von 120 Pfund Gold.
Starkad bereut seine Tat und tötet die Anstifter.
Die Dänen wählen nun Omund, Olos Sohn, zum König.
Omund wirbt um Esa, Rings Tochter, wird aber abgewiesen. Da
fällt er in Norwegen ein, um es kraft Erbrechts zu erobern.
Dabei hilft ihm Oddo, Fürst von Jathrien. Nach manchen
Wechselfällen fällt Ring im Kampf und empfiehlt sterbend dem
Omund seine Tochter. Dieser hat noch gegen die Schildmaid
Rusla zu kümpfen, die Norwegen beherrschen, Dünemark er-
obern will Sie wird aber von ihrem eigenen Bruder Thrond,
den sie auch befehdet, getötet. Ruslas Getreue wollen Rache
nehmen, aber Omund versóhnt sie und ernennt einen Unterkónig
von Norwegen. Weiters besiegt er noch sieben Slawenkünige.
Der uralte Starkad sehnt nun auch ein rühmliches Lebens-
ende herbei. Er hängt sich das gewonnene Gold um den Hals,
um dadurch die Habgier eines Gegners zu reizen und humpelt
am Stab herum. Da trifft ihn auf der Jagd Hather, der Sohn
des. Lenno, den Starkad zuvor als Anstifter des Mordes an Olo
getötet hatte. Sie waren früher Freunde. Aber Starkad reizt
ihn, rühmt sich in ‚einem letzten Lied all seiner Taten und wird
von ihm getötet. Hather bestattet ihn dann auf dem Feld Rölung
in Seeland.
Damit bricht Saxo diese Sagenfolge ab und setzt sie erst
Spüter wieder nach Einschüben der Jarmerik- und Langobarden-
sage fort.
Aber tragen wir noch zuvor einige Züge aus anderen
Quellen nach. Nach der Saga von Egil und Asmund (Fas. 8, 406)
tötet der greise Starkad den Künig Armod im Bad als letztes
Neidingswerk. Nach der Chronik des Erik (Seript. rer. Danic.
1, 155) war Starkads Ruhm so grof, daf die Griechen sein Bild
7*
3
aus Erz nach Italien schickten, indem sie sagten, sie könnten
ihm nicht widerstehen, wenn sie nicht einen hätten, der mit
einem solchen Recken kämpfen könnte. Sein großer Zahn wurde
von Heinrich Aemelthorp als Wunderzeichen nach Deutschland
gebracht. (P. E. Müller, Saxo 8, 232£)
Das islándische Sagenbruchstück (Fas. 1, 361) berichtet ab-
weichend über Haralds Herkunft: Der sehlaue Iwar Weitfasser
wil die beiden Brüder Roerek und Helgi, die Dänenkônige,
hinwegrüumen. Er reizt ihre Eifersucht um seine Tochter Auda
und versagt sie zuerst dem Helgi als einem zu unberiihmten
Wiking. Als aber Helgi die Auda als Brautwerber fiir seinen
Bruder, den Landkónig Roerek, verlangt, gelingt es ihm besser.
Sie gebiert dem Roerek den Harald, der von zwei großen gold-
farbigen Vorderzühnen den Beinamen Hildetand, Kampfzahn,
erhält. Nun blüst aber Iwar dem Roerek ein, Harald würe
Helgis Sohn; Roerek müsse den Schimpf rüchen oder Auda an
Helgi abtreten. Roerek tötet den Bruder beim Kampfspiel.
Iwar, um seinen Freund Helgi zu riichen, erschlügt den Roerek
im Wald. Auda flieht mit ihrem Sohn Harald nach Gardarik
(Rußland) und wird dort König Radbards Weib. Dem gebiert
sie den Randwer, und dieser wird dann der Vater des Sigurd
Hring. Iwar hat sich Dünemarks bemüchtigt. Es wird ihm ein
bedeutungsvoller Traum über die Brawallaschlacht. Er fragt
seinen Erzieher Hörd um die Deutung. Dieser weissagt Böses.
Iwar zürnt. Hörd stürzt sich vom Schiff ins Meer, der König
ihm nach und erscheint nicht wieder. In Hörd steckte Gott Odin.
Nach Iwars Tod schickt Radbard den fünfzehnjährigen
Harald nach Dänemark. Ihm huldigt das Volk in Danland und
Schonen; er bezwingt auch Schweden und Jütland und einen
Teil von England, Seine Krieger veranstalten einen Zauber,
daß ihn Eisen nieht verwunden kann. Ungerüstet geht er von
da an in den Kampf. Er setzt in Ostgautland den Ylfing
Hjórmund ein, den Sohn jenes Hjórward, den Ingjald verbrennen
ließ. Von Ingjalds, des Bósraters, Sohn, Olaf dem Zimmermann,
und dessen Sohn Halfdan Weifbein, sowie dessen Sohn Eystein
berichtete die Ynglingensage.
Zu Harald Hildezahn, dem Odin die Eberstellung des Heeres
L
JU
gelehrt hat, kommt sein Neffe Sigurd Hring. Er bekommt
Schweden und Westgautland, während Harald Danland und Ost-
gautland behält. Aber ihre Freundschaft verwandelt sich in
Zwiespalt. Sie beschließen den Krieg und bestimmen dazu eine
Rüstungsfrist von sieben Jahren. Das Schlachtfeld wird bei
Brawik auf dem Feld Brawall zwischen Wald und Busch „be-
haselt*, mit Haselstócken abgesteckt. Harald ist schon hundert-
fünfzig Jahre alt, kann weder gehen noch reiten, nur auf einem
Wagen fahren, ist blind und unfühig zu weiteren Taten; daher
ihn einige der Seinen schon im Bad ertrünken wollten, da er
das Reich nicht vor den Wikingern schützen konnte. Aber er
kam ihnen zuvor mit dem EntschluB eines heldenhaften Endes.
Haralds Heer wurde von Bruni geschart. Es waren Helden
aus Danland, Ostreich (RuBland), Koenugard (Kiew) und Sachsen.
Auch viele Skalden. Webjorg, die Schildmaid vom Siiden Got-
lands mit großem Heere. Der Wisma folgte ein Wendenheer
mit langen Schwertern und kurzen Schilden. Auf einem Fliigel
die Schildmaid Heid mit ihrer Fahne und hundert Kümpen und
Berserkern, auf dem andern Fürst Haki mit Alfar und Alfarin,
den Sóhnen Känig Gandalfs. Aber auch Hring hatte von dem
zweizüngigen Odin die Eberstellung gelernt. Seine Haupthelden
waren Küónig Ali und Starkad, Kümpen aus Norwegen, Saga-
Eirik, Odd der Weitgewanderte, ferner Rógnwald, der Neffe
Radbards.
Nun Hórnerblasen, Feldgeschrei. Ubbi, der Friese, kämpft
den Dänen vor und tôtet Rôgnwald, Tryggwi, die Sóhne Alreks,
Ingwi. Starkad tritt ihm entgegen, beide verwunden sich, werden
aber wieder vom Gedränge auseinandergerissen. Endlich fällt
Ubbi von vierundzwanzig Pfeilen der Thiler. Die Schildmaid
Webjórg schlägt dem Soknar-Soti die Kinnlade entzwei; er aber
beißt in den Bart und hält so das Kinn fest. Endlich tötet
aber Thorkel der Verdrossene aus Thelamark die Webjörg.
Starkad erschlägt den Kämpen Hun, den Ella, Borgar, Hjört;
der Schildmaid Wisma, die Haralds Fahne trug, schlägt er die
Linke ab, tötet den Brai, Gnepja, Haki, trägt aber selber die
schwersten Wunden davon, so daß ihm die Lunge fast heraus-
fällt. — König Harald, der Blinde und Lahme, nimmt zwei
[ul
Schwerter in beide Hände, treibt den Hengst ins Getiimmel und
schlägt rechts und links vom Wagen herab, bis er, von einem
Kolbenschlag Brunis getroffen, vom Wagen fällt, Als Hring
den leeren Wagen sieht, läßt er vom Kampf abblasen und bietet
Frieden an. Am andern Tag wird lange nach der Leiche
Haralds gesucht. Hring läßt die Leiche mit dem Hengst und
Wagen in den Grabhügel führen, auch seinen eigenen Sattel
noch dazu legen und ruft ihm nach, er möge also nach Walhall
reiten oder fahren, wie es ihm beliebe. Dann Totenmahl und
Trinkgelage. Man wirft Gold und Waffen in den Hügel, schließt
ihn und schichtet ihn völlig auf.
Die Zeit der Brawallaschlacht fällt nach isländischer Be-
rechnung, die P. E. Müller mitteilt, etwa 776 n. Chr. Dies
stimmt am besten mit allen andern Beziehungen. Damit soll
aber durchaus nicht die Geschichtlichkeit der Schlacht behauptet
werden. Diese ist unerweisbar. Man kann nur die symbolische
Sage zu ordnen versuchen.
Eine alte schwedische Chronik nennt den Schwedenkóünig
der Brawallaschlacht nicht Ring, sondern Hako den J ungen, Sohn
des Kónigs Jorund, und schreibt ihm manches von dem zu, was
die Ynglingensage erzühlt von Ani, dem Sohn Jorunds (Kap. 25).
Dieser Aun oder Ani soll nämlich dem Odin für Langleben seinen
Sohn geopfert haben. Er erhielt auch ein zweites Leben. Ali,
Sohn des Fridleif, besiegte ihn aber und zwang ihn zur Flucht
nach Gautland. Das ist der Ali oder Olo, der nach fünfund-
zwanzig Jahren von Starkad erschlagen wird. Aun kehrt zurück,
er opfert einen andern Sohn, und so sieben; jeder verschafft ihm
nun zehn weitere Lebensjahre. Er wird aber immer kindischer
und sehwücher. Da verbieten die Schweden weitere Opfer, und
Aun stirbt an Altersschwiiche, an ,Anis Sucht“, zweihundert
Jahre alt.
Wieder etwas anders ist der Bericht der Herwararsaga,
König Waldar, der Nachfolger Iwars des ,Weitumfassers, der
Gatte von dessen Tochter Alfhild, hat zwei Söhne: Harald
Hildezahn und Randwer. Randwer herrscht in Dänemark,
Harald in Gautland. Letzterer bringt später alle Länder Iwars
unter seine Gewalt. Randwer heiratet Asa, Tochter des Königs
109
Harald Rotbard aus Norwegen; deren Sohn ist Sigurd Hring.
Randwer fällt in England und Sigurd Hring übernimmt das
Dänenreich. Er besiegt und tötet seinen Oheim Harald Hilde-
zahn zu Brawall. Ihm folgt sein Sohn Ragnar Lodbrok nach,
Dem Harald folgt in Schweden sein Sohn Eystein der Boshafte,
er wird aber von den Söhnen Ragnars getötet. Davon später.
Das eddische Hyndlulied (29) setzt eine Überlieferung
voraus, die jene der Herwararsaga mit der des Bruchstücks und
der Flateyjarbok verbindet. Nämlich König Hrörek von Düne-
mark ist danach Gatte der Aud, Tochter des Schwedenkonigs
Iwar und Vater des Harald Hildezahn. Hrürek fällt durch
Iwars Arglist. Aud flieht mit Harald nach Rußland, heiratet
dort den Radbard und gebiert ihm den Randwer, den Vater des
Sigurd Ring.
Über die Brawallaschlacht berichtet noch die isländische
Saga von Herraud und Bosi, die einen Anhang zur Gautreksaga
bildet. Danach gilt Hring, der König von Ostgautland, für den
Sohn (eigentlich Nachkommen) Gautis, des Odinsohnes. Sein
Weib ist Sylgia, die Tochter des Jarls Saefari von Smaland.
Saefaris Sohne, Dagfari und Nattfari, sind Kämpen Haralds
Hildezahn. Hrings Sohn von der Sylgia ist Herraud; doch hat
der Konig noch einen anderen, älteren, lieberen von einer
Kebse, der heit Siod. Der tötet den Vater des Bosi, des
besten Freundes Herrauds, und wird von Bosi getötet. Herraud
aber schiitzt seinen Freund, wird mit ihm von Hring bekriegt,
gefangen genommen, und beide Freunde sollen sterben. Da
kommt aber die alte Busla, die Erzieherin Bosis und macht dem
Konig durch ihre Zaubersprüche so warm, daf er versprechen
muB, die Todesstrafe in eine geführliche Sendung zu verwandeln.
Er legt also den Gefangenen auf, das goldbeschriebene Greifenei
zu bringen. Herraud und Bosi fahren nun nach Biarmaland am
Weißen Meer, worüber König Harek herrscht. Er hat zwei
Söhne, Hroerek und Siggeir, welche Genossen des Königs God-
mund von Glaesiswellir sind, und eine Tochter Edda. Er hat
auch einen Hof, der dem finnischen Gott Jomali (Jumala) ge-
weiht ist. Dort ist Kolfrosta, die Mutter des Königs, Priesterin
(Hofgodin). Dort ist der alles tötende Greif, unter dem das Ei
108
liegt. Listig schleichen sich die Freunde dahin, durch den Rat
einer gefälligen Bauerstochter geführt, töten den wilden Opfer-
stier, die Godin und den Greifen, nehmen das Ki, ferner die
Krone und den Halsschmuck des Götzen Jomali, seine Silber-
schale voll Gold und den Seidenbehang des Gemachs. Sie
fanden dort auch hinter Steintüren die gefesselte Hleid, Schwester
Künig Godmunds, die von Kolfrosta hierher entführt wurde, um
ihre Nachfolgerin zu werden. Herraud nahm sie als seine Gattin
mit, und sie kehrten zurück. Zwei Jahre hatte die Fahrt ge-
dauert. Der König Hring nahm das Greifenei und versöhnte
sich mit den Freunden, Er benutzte die Schale als Trinkgefäß,
In jener Zeit kamen Hrings Schwäger Dagfari und N attfari,
um den König von Seite Haralds zur Brawallaschlacht einzu-
laden. Hring, der also nicht mit Sigurd Hring zu verwechseln
ist, schickte Herraud und Bosi mit fünfhundert Mannen zu
Harald. Dieser fiel mit fünfzehn Königen und vielen Helden ;
auch Dagfari und Nattfari fielen. Herraud und Bosi wurden
verwundet, entkamen aber aus der Schlacht. Indessen hatte
König Godmund von Glaesiswellir nach seiner verschwundenen
Schwester geforscht und die beiden Söhne Hareks mit dreiund-
zwanzig Schiffen ausgeschickt, sie zu suchen. Sie kamen zu
Hring nach Gautland, als die Krieger in der Brawallaschlacht
abwesend waren, überwültigten leicht den Kónig, tóteten ihn und
brachten Hleid zurück nach Glaesiswellir. Siggeir, der eine der
beiden Hareksóhne, verlangte die Jungfrau als versprochenen
Lohn, und Godmund bestütigte es trotz der Gegenreden der
Hleid. Herraud und Bosi kamen zu spät heim, setzten aber auf
einem Schiff der Geraubten nach. Smid, der ültere, zauberkräftige
Bruder Bosis begleitete sie mit dreißig ausgewählten Recken.
Sie kamen eben hin, als die Hochzeit gehalten werden sollte.
Sie erschlugen den Sünger Sigurd, der schon die Hochzeits-
gesänge vorbereitete. Bosi und Smid aber gingen in der Gestalt
des Sängers und seines Begleiters zur Festhalle. Nun spielte
Bosi die Harfe also, daß alle, Männer, Messer und Teller zu
tanzen begannen, dann schlug er den Riesinnenschlag, den Hoch-
schlag und das Hjarranda(Horands)lied, endlich den Schleier-
feger, da flogen die Schleier der Frauen in die Luft und alle
104
Frauen tanzten mit. Indessen schafften Herrauds Recken alles
Gold und Silber aufs Schiff, Smid schloß die Braut in den
Harfenkasten und ließ sie hinaustragen. Sie fuhren eilig ab,
dabei fiel der trunkene Hroerek, der sie aufhalten wollte, ins
Meer. Auf der Rückfahrt hielten die Recken in Biarmaland an,
und Bosi entführte noch Edda, die Tochter Hareks, indem er
sie mit drei Goldnüssen in den Wald locken ließ. Harek mit
seinen Söhnen schifft den Räubern nach. Harek tötet in
Drachengestalt den Smid, wird aber selber von einem Riffgeier
angegriffen. Nach anderen Verwandlungen verschwindet Harek
im Meer, und die Freunde siegen durch den Zauber von Bosis
Verwandten. Herraud tritt das Erbe seines Vaters an , Bosi
beansprucht im Namen seiner Gattin das herrenlose Biarmaland
und sühnt sich und seinen Freund auch mit König Godmund
von Glaesiswellir. Herrauds und Hleids Tochter war Thora
Burghirsch, die Gattin Ragnars Lodbrok. Aus jenem Geierei
ward ein goldglänzender Wurm, der als Drache Thoras Gemach
bewachte, bis Ragnar, Sigurd Hrings Sohn, ihn erlegte und die
Jungfrau gewann.
Aber um auf die Ragnarsage zu kommen, wollen wir wieder
den Faden in Saxos Geschichte aufsuchen. Wenn wir da die
offenbaren Einschübe von Jarmerik und den Langobarden über-
schlagen, gelangen wir sogleich zur Gormsage, die uns merk-
würdigerweise in dieselben Gegenden führt, wie die Herraudsage,
und fast wie ihre Fortsetzung sich ausnimmt. König Gorm hat
von jenen fernen nördlichen Jenseitsorten vernommen. Er fährt
mit Thorkill, der die Nachricht von dorther gebracht hat, und
mit dreihundert freiwilligen Münnern zur Erforschung aus. Sie
kommen über Halogien in Norwegen mit drei Schiffen an ein
unheimliches Land, wo sie Herden beuten, aber von fliegenden
Ungeheuern gezwungen werden, zur Sühnung je einen Mann für
jedes Schiff zu opfern, Man kommt nach Biarmien und von da
zu König Gutmund, den Bruder des Geruth. Gutmund nimmt
sie gastfreundlich auf und bewirtet sie in seinem Haus, wo zwölf
schöne Töchter und zwölf Söhne wohnen. Thorkill rät, nur von
den mitgebrachten Speisen zu essen, um nicht die Erinnerung
und Rückkehr zu verlieren. Gutmund bietet dem König seine
105
Tochter, den andern schöne Gattinnen. Vier Dänen gingen trotz
der Warnung Thorkills darauf ein, wurden aber dadurch wahn-
sinnig. Auch die Früchte des Gartens zu genießen, warnte
Thorkill. Von dieser Freudenstatt kommen sie zu einer rauch-
geschwärzten Stätte, die von wilden. Hunden bewacht ist. Auf
Leitern gelangen sie in eine von Gespenstern bewohnte Stadt
voll Grauen, Dort sahen sie in seiner steinernen Königsburg
den Geruth, Bruder des Gutmund, den alten Riesen (den Geirröd
der Edda) mit durchbohrtem Rücken, wie ihn Gott Thor mit
glühendem Stahl getroffen, und drei häßliche Frauen (seine
Töchter Gjalp und Greip), vom Blitz Thors getroffen.
Kleinode, nach denen zwei unvorsichtige Recken die Hand
ausstrecken, verwandeln sich in Schlange und Drache. Als auch
Thorkill Hand an die Schätze legen will, erwachen die Gespenster:
alles bebt. Nur zwanzig entkommen lebend und kehren zu Gut-
mund zurück. Dort verliert noch einer, Buchi, durch Liebe zu
einer Kónigstochter, den Sinn. Auch auf der Rückfahrt gehen
die meisten zugrunde. Gorm betet zum Utgartiloki, kommt auch
heil von dieser Odyssee zurück, heiratet eine Schwedin, griibelt
aber über Unsterblichkeit und Leben nach dem Tode, schickt
daher den Thorkill wieder aus, den Ugartilok aufzusuchen. Man
kommt noch weiter nördlich als das erste Mal, kommt zu Riesen
oder schwarzen Männern, zu einer Höhle voll Schlangen. Nach
viertägiger Weiterfahrt gelangen sie an ein finsteres Land, eine
Klippe, eine Höhle mit Schlangen, wo Ugartilok an Händen und
Füßen angekettet liegt. Thorkill reißt ihm ein Haar aus dem
Kinn, das einer Lanze gleicht. Nur fünf entkommen den
Schlangen und Dämonen. Thorkill rettet sich endlich nur da-
durch, daß er den wahren Gott des Alls anruft. Diesen lernt
er bald darauf in Deutschland näher kennen, wo er landet. Als
Christ kehrt er mit den zwei einzig übrigen Begleitern zu Gorm.
Niemand erkannte sein verzerrtes Gesicht. König Gorm starb
vor Schrecken über seine Erzählung.
Wir mögen uns dabei erinnern, daß im Jahrhundert. der
Brawallaschlacht das Christentum durch Bonifatius und durch
die Sachsenkriege Karls des Großen nach Norddeutschland kam.
Damit stimmt es auch, daß Saxo nun als Gorms Sohn den König
1
06
Gotrik oder Godefrid anführt, den historischen Zeitgenossen des
großen Karl. Gotrik soll den Sachsen einen Tribut von hundert
weißen Rossen bei der Thronbesteigung auferlegt haben. Saxo
verlegt irrtümlich die Sage von Gebe-Ref in die Zeit dieses
Königs, da sie doch dem alten Gautrek zugehört. Gotrik zieht
gegen Karl den Großen, als dieser Sachsen vom dänischen Reich
losreißen will. Während Karl selber nach Rom zu Papst Leo III.
reisen muß, führt sein Sohn Pipin den Krieg fort. Aber Gotrik
erobert Friesland. Als er nun auch das übrige Deutschland
angreifen will, wird er ermordet. Die Geschichte setzt seinen
Tod ins Jahr 810. Karl der Große hat 804 freundschaftlich
mit Gotfrid verkehrt. 808 macht Gotfrid einen Zug gegen die
Obotriten. 809 haben seine Gesandten bei der Elbe ein Ge-
spräch mit Karl, aber ohne Erfolg. 810 hat er Friesland ver-
wüstet, ist aber noch im selben Jahre getótet worden. Einer
seiner Sóhne Hemming hat dann mit Deutschland Friede ge-
schlossen (mit Ludwig, naeh andern Quellen noch mit Karl).
Nun aber zu Beginn des 9. Buches erzühlt Saxo die Sage
von Ragnar Lodbrok, die wir schon nach anderer Quelle be-
rithrt haben. Ragnar (Regner) ist der Sohn des Siward Ring,
den Saxo aber vom Sieger in der Brawallaschlacht filschlich zu
unterscheiden sucht. Jedenfalls identifiziert er ihn mit dem
Sifrid, der (nach fränkischen Annalen 812) in einer Fehde gegen
seinen Vetter Ringo von Jütland fiel. Ragnar wurde schon als
Knabe, während der Abwesenheit seines Vaters in auswärtigen
Kriegen, von den Seeländern zum König ausgerufen, gab ihnen
den schlauen Rat, sich dem Ringo heuchlerisch zu unterwerfen,
wurde aber selber vor seinen Nachstellungen nach Norwegen
geschickt, zu seinem Großvater Syward. Er rächte dessen Tod
und die Schändung der Familie an dem Schwedenkönig Frö,
heiratete die königliche Kriegsmaid Ladgertha und hatte von
ihr zwei Töchter und einen Sohn Fridlew. Ragnar erzwang sich
sodann die Anerkennung seines Erbes. Er trennte sich nun
von Ladgertha und warb um Thora, Tochter des Königs Heroth
(Herraud), die zwei Schlangen aufzog, welche ihr Vater einst
von der Jagd zum Spielzeug mitgebracht hatte. Sie waren nun
zu furchtbarer Größe erwachsen. Ihrem Bezwinger war die
y
Hand Thoras versprochen. Ragnar ließ sich von seiner Amme
Mantel und Hosen aus zottigem Lodenstoff machen und erlegte
so die giftigen Schlangen, Davon bekam er den Namen Loden-
hose (Lodbrok) Thora gebar ihm zwei Sthne, Rathbarth und
Dunwat. Aufer der Ehe bekam er die Söhne Syward (Sigurd
Sehlangimauge), Biorn, Agner und Iwar. Diese halfen schon als
Knaben ihrem Vater im Kampf gegen den aufständischen Harald,
die Jütlánder und Schonier. Auch Ladgertha half mit, die nach
der Trennung von Ragnar ihren neuen Gatten tötete , um ohne
Mann zu herrschen. Der junge Ragnarsohn Syward (Sigurd)
war schwer verwundet. Aber Odin.kam als Rostar und ver.
sprach Heilung, wenn Sigurd ihm alle Seelen der von ihm Er-
schlagenen weihe. Er streute ihm auch Staub in die Augen,
wodurch schlangenühnliche Flecke entstanden, daher der Bei-
name Schlangenauge. Ragnar kriegte nach Thoras Tod in
Britannien gegen Hama, in Schottland und auf den Hebriden,
in Norwegen und auf den Orkaden, eroberte diese Länder und
gab sie seinen Söhnen, Dabei leistete sein Heer, das er aus den
Faulsten hatte stellen lassen, Wunder der Tapferkeit. Den Auf-
rührer und Gegenkönig Harald verjagte er wieder nach Deutsch-
land, fiel die Sachsen an, die jenen aufgenommen hatten und
hätte fast Karl den Großen gefangen, wenn diesen nicht eine
Weissagerin gewarnt hätte. Zu gleicher Zeit lief Sigurd Schlangen-
auge mit einer Flotte in die Seine (Sighwin) ein. Ragnars neue
Gattin Swanloga gebiert ihm den Regnald, Withserk und Erik.
Er hilft aber auch den Brüdern seiner früheren Gattin Thora
in Schweden gegen Sorli, kämpft mit dreien seiner Söhne gegen
den Kämpen Starkad und seine sieben Söhne. Biorn erhielt
damals den Beinamen Eisenseite wegen seiner Tapferkeit, und
Schweden als Statthalterschaft. Ragnar zeugte dann mit einer
Bauerntochter den Ubbo. Er besiegt und tôtet den Dian, König
der Hellespontier. Gegen dessen Söhne Dian und Daxon, die
russische Königstöchter zu Frauen haben und russische Hilfs-
truppen besitzen, gebraucht er die Kriegslist eherner Rosse.
Fünf Jahre dauerte Ragnars Heereszug; er besiegt sogar die
zauberreichen Biarmier und die Finnen unter Kónig Matull.
Ubbo empórt sich auf Anreizung seines Grofvaters Hesbern
108
gegen den Vater, wird gefangen, zerreißt seine Ketten, kann
aber nicht entfliehen. Withserk fällt durch Daxon. Da ver-
zeiht Ragnar dem Ubbo, zieht gegen Daxon und verbannt ihn
nach Utgardia.
Wieder wendet sich Ragnar gegen Schottland, tötet König
Murial; doch auch seine Söhne Dunwat und Radbart fallen. In
England besiegt er den Hella, Hamas Sohn, in Irland den
Melbrik und erobert Dublin. Dann durchschifft er das Mittel-
meer bis zum Hellespont. Als er zurückkehrt, ist sein Gegner
Harald mit dem Königstitel geschmückt. Aber von Ragnar be-
siegt, muß er zu Kaiser Ludwig, dem Sohne Karls des Großen,
nach Mainz flüchten. Harald wird dort Christ, kehrt mit
sächsischen Hilfstruppen zurück und führt das Christentum auch
in Schleswig ein. Als er aber von Ragnar wieder besiegt wird,
fällt er auch wieder vom christlichen Glauben ab. Gott rücht
sich nun an Ragnar; denn dieser wird bei einem Zug nach
Irland gefangen und von Hella in einen Schlangenturm geworfen.
Dort stirbt er, ein heldenhaftes Abschieds- und Rachelied auf
den Lippen. Dies ist das ,Krakumal*. .
Ragnar ist eine historische Persönlichkeit. Nach einer frün-
kischen Chronik hat der Normanne Ragner mit seiner Flotte im
März 845 Paris überrumpelt. (P. E. Müller: Saxo 2, 267). Der
Gegenkónig Harald erscheint 814 als Lehnsmann Ludwigs. Aus
Dünemark vertrieben von den Sóhnen Gotfrids, kehrte er 819
zurück, wurde 826 in Mainz getauft, 827 wieder von den Sóhnen
Gotfrids verjagt. Die historische Chronologie stimmt auch mit
der der Sage überein.
Ragnar wird von seinen Sóhnen gerücht. Siward und Erik,
wahrscheinlich Sóhne Gotfrids, wollen Dünemark besetzen, werden
aber geschlagen. Die meisten Ragnarsóhne sind gefallen. Erik
Windhut hatte einen Hut, nach welcher Seite er den aufsetzte,
von dorther kam der Wind. Siward, nämlich Sigurd Schlangen-
auge, kommt allein zur Herrschaft und stirbt in Frieden, Sein
Sohn Erik läßt sich vom heiligen Ansgar taufen. (Ansgar, 801
geboren, kam 826 nach Dänemark, starb 864.)
Die Ragnar-Lodbroksaga, als Fortsetzung der Wölsungasaga,
erzählt diese Geschichten in folgender Weise. Herraud, der
| U9
Herr von Gautland, schenkt seiner. schönen Tochter Thora
„Burghirsch“ einen kleinen Lindwurm zum Spiel Sie legt ihm
Gold unter, damit das Gold wachse, aber auch der Wurm wüchst,
bis er rings um ihr Gemach herum liegt. Die schon erzählte
Herraudsage motiviert die Herkunft des Wurmes aus dem
Greifenei noch bedeutsamer. Herraud, erschreckt über das Un-
geheuer, verspricht dem Überwinder des Wurms seine Tochter.
Das Abenteuer wird vom fünfzehnjührigen Ragnar, dem Sohne
des Sigurd Hring, des Siegers in der Brawallaschlacht, bestanden.
Dabei hilft ihm sein Lodengewand, das in Pech gehürtet ist,
daher der Beiname Lodbrok. Thora hat zwei Sóhne, Eirek
(Erik) und Agnar. Nach Thoras Tod kam Ragnar einst auf
einer Fahrt nach Spangareid in N orwegen (beim Vorgebirge
Lindesnüs, der Landzunge, die es mit dem Festland verbindet,
im Südwesten Norwegens) Dort fand er eine schöne Bauern-
dirne Kraka, die Ziehtochter des Ake und der Grima ; Kraka
ist aber eigentlich Aslaug, die Tochter Siegfrieds und Brünhilds,
die der alte Heime (Studas) in einem Harfenkasten vor den
Nachstellungen der Sippe schon als Kind hierher geflüchtet
hatte. Ragnar nahm sie als sein Weib mit. Die alte Dichtung
sucht hier die unebenbürtige Gattin durch eine Erfindung zu
erheben, ein Vorgang, der schon bei den Griechen, bei Homer
feststehender epischer Gebrauch war. Es ist die Mythentechnik
der Rhapsoden und Skalden. Der Starke Anachronismus stórte
dabei nicht, da man es eben nur als Poesie, als Symbol nahm.
Krakas ültester Sohn war Iwar, schön, aber infolge der
Unenthaltsamkeit Ragnars von schwachen Knochen , der zweite
Sohn Bjorn, der dritte Hwitserk, der vierte Rognwald. Schon
in ihrer Jugend bezwingen die Lodbroksthne, was Ragnar selber
nicht vermochte, die Stadt Hwitabö an der Ostküste von Nord-
humberland, Ihre Tapferkeit verachtet den zauberischen Opfer-
dienst des Landes, Der allzujunge, allzutapfere Rognwald fällt
aber dabei,
Ragnar kommt nun nach Schweden zu König Eystein in
Upsala. Man überredet ibn, eine standesgemüfle Ehe mit Ingi-
bjorg, der Tochter des Königs, einzugehen, und er verlobt sich
auch. Kraka hat dies aber durch drei Vögel, wie sie sagt, er-
110
fahren, sie wirft dem heimkehrenden Gatten seine Treulosigkeit
vor und entdeckt ihre hohe Abkunft. Zum Zeichen der Wahrheit
solle der Sohn, den sie bald gebären müsse, die Gestalt eines
Schlängleins im Auge haben. Sigurd wurde geboren und bewies
durch dies Zeichen seine Abstammung vom Drachentöter Sieg-
fried. Man erinnere sich, daß Saxo nüchterner und realistischer
diesen Sigurd einfach einen unehelichen Sohn nennt.
Der Bruch der Verlobung führt zum Krieg mit Eystein.
Die Ragnarsóhne Eirek und Agnar fallen in Schweden ein, trotz
der Zauberkuh Sibilia, die mit ihrem Gebrüll und ihren Hórnern
alles bezwingt. Agnar füllt, Eirik wird gefangen, verschmüht
die Gnade und wählt den Tod. Aslaug reizt ihre Söhne Iwar,
Hwitserk, Bjorn und Sigurd zu einem Rachezug, obwohl alle
den Opferzauber von Upsala scheuen. Aslaug zieht als Schlacht-
maid unter dem Namen Randalin mit. Iwar tötet mit seinen
Pfeilen die Gótzenkuh. König Eystein fällt.
Nun unternehmen die Briider einen Wikingzug ins Siidreich
bis vor Wifilsburg (Avenches, östlich vom Neufchatellersee). Sie
zerstörten alle Burgen auf ihrem Wege, bezwangen auch Wifils-
burg, zogen dann weiter bis zur Feste Luna (in Toskana, eine
Tagereise vor Lucca). Von da wollten sie nach Rom. Da be-
gegnete ihnen ein Mann, der sagte, er habe zwei Paar Kisen-
schuhe von Rom hierher abgelaufen. Das war den Brüdern zu
weit; sie kehrten wieder um.
Ragnar wollte indessen mit nur zwei Schiffen England er-
obern. Beim Abschied gab ihm Aslaug ein unverwundbares
Hemd aus Haar gewoben. Aber in der Schlacht fielen alle seine
Leute, er ward von König Ella gefangen und in eine Schlangen-
grube geworfen. So starb er nach einundfünfzig ruhmvollen
Schlachten. Ella lüft seinen Tod den eben zuriickgekommenen
Briidern kiinden. Sie riisten einen Rachezug, werden aber ge-
schlagen. Der schlaue Iwar erklirt dem Konig Ella, er solle
Frieden haben, wenn er zur Buße für den Vater so viel Land
gebe, als weit eine Ochsenhaut reicht. Iwar läßt die Haut zer-
schneiden und ein Land einfassen, auf dem eine Burg gebaut
wird: Jorwik, York. Durch Gold verschaffte er sich vielen
Anhang und lud nun seine Brüder zu neuem Kriegszug. Die
111
Brüder siegen, Ella wird gefangen und getötet. Iwar bleibt als
Herrscher in England. Hwitserk fällt auf einer Heerfahrt im
Osten. Sigurd Schlangenauge hat einen berühmten Stamm. Seine
Tochter Ragnhild ward Mutter Haralds Schönhaar, der zuerst
Alleinherrscher von N orwegen wurde, Nach anderer Fassung
ist seine Tochter Aslaug die Mutter des Sigurd Hirsch, und
dieser war Ragnhilds Vater:
Iwar lief sich am Strande begraben, wo später Harald,
Sigurds Sohn, landete, der dann (in der Schlacht bei Standford-
Bridge im Jahre 1066) fiel, Wilhelm der Bastard (der Eroberer)
erbrach im gleichen Jahr Iwars Hügel, ließ ihn verbrennen und
gewann England.
Als Ragnars Söhne alle gestorben waren, zerstreuten sich
ihre stolzen Mannen und dünkten sich besser als alle andern.
Historisch ist, daß die Ragnarsöhne Ingwar und Ubba gegen
das Jahr 870 den König Edmund von England getötet haben,
der in der Folge als Märtyrer und Heiliger verehrt wurde.
Damit schließt der dritte große nordische Sagenkreis, der
auch wieder, wie die beiden früheren ; den Zeitraum von etwa
fünf Generationen umfaßt, nämlich vom Anfang des 8, Jahr-
hunderts bis gegen 870,
VII. Nachklänge.
Endlich noch einige Nachklänge des Sagenkreises. Saxo
erzählt kurz, wie auf Erik, den Schüler des heiligen Ansgar,
Kanut folgt, dann Frotho VI. ; der in England getauft wurde,
dann Gormo der Engländer (900—985), Harald Blauzahn (935
bis 985), der Christenfeind Gorm IIL, der Gemahl der englischen
Edelrad. Mit dem SchluB des 9. und dem Beginn des 10. Buches
folgen dann deren Söhne, Harald und Kanut der Große (1018
bis 1085). Die Christianisierung Dänemarks ist vollendet.
Die Reihe der Ynglingenherrscher in dieser Zeit haben wir
schon angeführt.
Auch die Herwararsaga läßt die Sage in die Geschichte
ausklingen. Die Söhne Ragnars Lodbrok töten Eystein den
Boshaften, den Sohn Haralds Hildezahn: nach dem Tode des
[19
Vaters übernimmt Björn Eisenseite Schweden, Sigurd Schlangen-
auge Dünemark, Hwitserk das Ostreich, Iwar der Beinlose Eng-
land. Bjórns Sóhne sind Eirik und Refil Eiriks Sohn ist Konig
Bjorn, bei dem der Skalde Bragi war. Sein Neffe Eirik herrschte
zu Upsala in der Zeit des norwegischen Königs Harald Schön-
haar. Nun folgen Björn, dann Olaf, dann Styrbjörn, zu dessen
Zeit Harald der Haarschöne starb. Styrbjörns Neffe Olaf Schoß-
könig war der erste Schwedenkönig, der das Christentum an-
nahm. Zur Zeit seines Sohnes Önund starb Olaf der Heilige in
Norwegen 1080.
Den eigentlichen Abschluß der großen epischen Sagenkreise
des nordischen Altertums bildet aber sein Vorgänger Olaf
Tryggvason 995—1000, ein Nachkomme Haralds Schönhaar
+ 980. Olaf, bei den russischen Warägern erzogen, dann als
Wikinger die halbe Welt plündernd, wird von einem Einsiedler
auf den Seillyinseln dem Christentum gewonnen; 995 erwirbt er
Norwegen und breitet den neuen Glauben aus, füllt aber gegen
die mit den Unzufriedenen verbündeten Schweden.
Im dritten Jahre von dessen Regierung kam an den Hof
des Känigs nach Drontheim Nornagest, der Sohn eines reichen
Bauers Thord zu Gróning in Dänemark. Bei dessen Geburt
hatten die drei Nornen den Knaben beschenkt. Aber die Jüngste,
die sich beleidigt fühlte, gab ihm das Verhängnis, daß er nicht
länger leben solle, als bis die Kerze ausgebrannt sei, die bei ihm
brannte. Da löschte die älteste die Kerze und gab sie der
Mutter zur Verwahrung, die sie wieder bei ihrem Tode dem
Sohne gab. Er wurde uralt. Er war schon Knappe Siegfrieds,
des Siegmundsohns, war mit ihm bei Hjalprek, bei Regin dem
Schmied, bei der Heerfahrt gegen die Hundingsóhne, hatte Odin
gesehen als Helfer Siegfrieds, er war dann im Dünenkrieg, den
das Nibelungenlied beschreibt, und hatte Siegfried mit Starkad
kümpfen gesehen. Aber Nornagest war auch beim Zug der
Lodbroksóhne gegen Wifilsburg und Luna, und als sie vom
Zug nach Rom durch die Rede jenes Wanderers abgehalten
wurden. Er war bei Kaiser Ludwig, wo er eingesegnet wurde,
bei Eirek in Upsala, bei Harald Schônhaar. Jetzt erzählte
er das alles den Mannen des Königs, zeigte seine Wahrzeichen
Blümml, Quellen und Forschungen. IV. 8
118
dafür, Gold und Haar aus dem Schweife Granis, er ließ sich taufen,
firmen, zündete die lang gesparte Kerze an und starb lebenssatt.
Zur selben Zeit ereignete sich noch ein anderes merk-
würdiges Abenteuer, wie die Saga von Helge, dem Sohn Thorers,
erzählt (Fms. 8, 185). Ingeburg, die Tochter jenes fernen Königs
Gudmund, erscheint mit elf goldglänzenden Maiden dem Helge
am Gestade von Finnmarken, bewirtet ihn, gibt sich ihm zu
eigen, entläßt ihn mit zwei Kisten voll Gold und Silber nach
drei Tagen. Am folgenden Jolfest wird Helge aus seinem väter-
lichen Heim von zwei wilden Männern entführt. Der Vater
klagt das dem Konig Olaf Tryggvason. Nach einem Jahre
bringen die zwei wilden Männer den Helge zurück, bieten ihm
auch ein Horn mit Gold. Der König empfängt es freundlich,
reicht ihnen das Horn voll Met zurück , aber wie der Bischof
darüber das Kreuz macht, entsteht ein schreckliches Getose, die
Lampen verlóschen, drei Miünner fallen tot hin. Helge ver-
schwindet wieder mit seinen Begleitern. Wieder nach einem
Jahr bringen die Männer den blinden Helge und verschwinden.
Helge erzählt, er habe bei König Gudmund in Glaesiswoll
herrlich gelebt, doch habe Gudmund ihn nicht linger gegen
den Willen Olafs behalten wollen. Ingeburg aber habe dem
Scheidenden die Augen ausgerissen, damit die Jungfrauen Nor-
wegens nicht von Liebe zu ihm erfaßt würden.
Eine andere Sage von Konig Gudmund in der Saga von
Thorstein Baermagn (Fms. 8, 175); dort ist Gudmund vom
Riesenkónig Geirród abhängig.
Kin christlicher Ritter des Olaf Tryggvason beendet auch,
wie wir schon berichtet haben, den Geisterkampf zwischen den
toten Kriegern Hognis und Hedins, den Hild durch ihren Zauber
erregt hat (S. 72).
Der tausendjährige Prozeß zwischen dem germanischen
Heldentum und dem aus der antiken Kultur erblühten Christen-
tum ist damit zum Austrag gekommen. Das scheint der ge-
meinsame Grundgedanke dieses siebenteiligen Sagenkreises zu
sein. An diesem Gegensatz sind beide Parteien zu ihrer Größe
erwachsen und haben sich in dieser Größe zu einer höheren
Einheit verbunden. Keine Frucht des Kampfes ist verloren
114
gegangen. Er hat beiden Seiten die hóchsten Ehren gebracht.
Nun erst in der Vereinigung der drei Kulturelemente konnte
an eine Zusammenfassung, an eine Orientierung über den ganzen
Sagenstoff geschritten werden. Diese Arbeit hat im 12., im
13. Jahrhundert begonnen, sie ist aber auch heute noch nicht
beendet.
Als Hauptergebnis meiner Untersuchung stellt sich die
Scheidung des ganzen nordgermanischen Sagenschatzes in drei
Gruppen heraus, die durch Vorspiele, Zwischenspiele und Nach-
spiele in etwas lockerer Weise miteinander verbunden und ein-
gerahmt sind, während die drei Hauptgruppen einen festeren
epischen Zusammenhalt haben, trotz der auch in ihnen auf-
tretenden Varianten.
Die erste Sagengruppe, die sich um Odins Ausfahrt, die
Blüte des Nordreiches unter Friedfrode, dessen Abblühen mit
Rolf Krake, Fridthjof, Balder, dem Abzug der Langobarden und
dem Verschwinden Odins gruppiert, ist vor allem dem Norden
eigen. Der Süden hat davon nur einige Züge bei Tacitus, in
der Gotengeschichte des Jordanes und in der Langobarden-
geschichte des Paulus Diaconus erhalten, Spuren, die darauf
hinweisen, daB einst auch bei uns dieser Sagenkreis geblüht hat.
Ob sich aus deutschen Volkssagen, aus deutschen Chroniken
und ähnlichen Quellen noch weitere Spuren dieses Sagenkreises
nachweisen lassen können, möchte ich ferneren Untersuchungen
vorbehalten.
Die zweite Sagengruppe behandelt den Stoff der Völker-
wanderungszeit. Hier kehrt sich das Verhältnis um, hier ist die
deutsche Uberlieferung die bei weitem reichere, epischere, zu-
sammenhüngendere. Sie hat auf den Norden unmittelbar großen
Einfluß ausgeübt (Edda, Wölsungensaga, Thidreksaga); sie wird
aber auch selbständig von der nordischen Sage ergänzt durch
die reiche Überlieferung vom dritten und vierten Frute, von
Jarmerik usw. Ich habe mich hauptsächlich bemüht, die ver-
borgeneren Zusammenhänge der nordischen und der deutschen
Überlieferung zu gegenseitiger Erläuterung hervorzuheben.
Die dritte Sagengruppe von der Brawallaschlacht und dem
Ragnargeschlecht geht parallel mit dem deutsch-französischen
Q*
115
Sagenkreis der Karolinger, und berührt sich mit ihm nur in
Einzelheiten,
Die organischen Zusammenhänge innerhalb der drei Sagen-
gruppen zu betonen, das war mein Bestreben. Ich hoffe, damit
den Überblick über die Unmasse des Stoffes erleichtert und die
Würdigung der sagenbildenden nationalen Arbeit verstärkt zu
haben. Die großen Widersprüche, Verschiedenheiten und Will-
kürlichkeiten der Überlieferung habe ich nicht verdeckt. All
das zeigt, wie sehr die Verschiedenheit des Ortes und der Zeit
der Quellen auf den Stoff eingewirkt hat. Aber mir war es
hier nicht so sehr darum zu tun, die einzelnen Sagenzüge in
ihrer Entwieklungsgeschichte durch die Jahrhunderte und bei
den verschiedenen Stümmen zu verfolgen. Diese Arbeit ist von
andern trefflich geleistet worden, und ich anerkenne vollauf den
Scharfsinn, mit dem entweder zweifellose oder wahrscheinliche
Resultate erzielt worden sind. Aber mein Arbeitsziel war ein
anderes, vielleicht schwereres und gefährlicheres. Während jene
mit Recht zeigten, wie verschieden unter verschiedenen Be-
dingungen die Sage sich entwickelt, wollte ich doch auch wieder
das aller Sagenentwicklung als bleibendes Prinzip Zugrunde-
liegende betonen. Das sind jene drei Kristallisationskerne der
Sage, entsprechend drei unauslöschlichen historischen Anregungen,
die mit organischer Gewalt die mythenbildende Phantasie der
germanischen Stämme zu den entwickeltsten Formen bestimmte,
Die Sagenforschung bietet verschiedene Probleme: erstens
die Kritik der Sagenformen, wie sie uns überliefert sind. In
dieser Beziehung hat vor allem Axel Olrik in seinen „Kilderne
til Sakses Oldhistorie“ mit überzeugendem Scharfsinn das ältere
Gut der heldenhaften Wikingerzeiten von den romantischeren
Formen der Ritterzeit, das N. orwegisch-Isländische vom Dänischen
nach exakten Kriterien geschieden. Eine zweite Aufgabe ist es,
zu zeigen, wie sich aus den älteren Formen die neueren ent-
wickelt haben, wie die Sage und die Sagenmotive gewandert
sind, wie aus einfachen Keimen große Organismen, oder um-
gekehrt aus einer reichen epischen Sagenfülle knappere balladen-
artige Formen sich wieder zurückgebildet haben.
Meine Aufgabe war eine dritte, von den beiden ersten
i
6
wesentlich unabhängige. Es war mir daran gelegen, ohne Rück-
sicht auf die Verschiedenheit der uns zugänglichen Quellen das
ursprünglich Zusammengehörige zu vereinigen, Ich scheide
ältere und jüngere Sagenstoffe, nicht ältere und jüngere Sagen-
formen. Allerdings meine ich, daß selbst jüngere Bearbeitungen
älterer Stoffe nur auf älteren Bearbeitungen beruhen können.
Der Keim der Sage entsteht immer gleichzeitig oder fast gleich-
zeitig mit den Ereignissen, Man nimmt mit Recht an, daß die
Sagenmänner die gleichzeitigen Ereignisse sogleich journalistisch
ausnützten, natürlich in poetischer Form, nicht nur was den
Vers betrifft, sondern auch was die poetische, sinnbildliche, ab-
rundende Form des Mythos und der Sage betrifft. Aus histo-
rischen Volksliedern, „neuen Zeitungen“, gesättigt vom Götter-
glauben und von der Heldenverehrung sind die Sagen und
Sagenkreise zusammengedichtet worden. So bestand das Epos
von der Völkerwanderung schon gleich im 6. Jahrhundert bald
nach den aktuellen Ereignissen. So war schon bald nach Karl
dem Großen seine Legende lebendig.
Aber wir wissen auch aus Tacitus, daß die Germanen bereits
um das Jahr 100 ihr Götter- und Heldenbuch hatten, alte Ge-
dichte, eine Art von Chronik, und wir erfahren, daß Tacitus
diese Quelle benutzt hat, sowohl fiir die Gottersage von den
Stammvütern des Volkes, wie für die Heldensage von Arminius.
Aber wahrscheinlich hat er diese Quellen auch noch sonst be-
nutzt, wo er sie nicht ausdrücklich wie an diesen beiden Stellen
zitiert. Von dem Reichtum dieses alten Sagenkreises zeugen
noch die späten nordischen Erzählungen des 12. und 18. Jahr-
hunderts.
Denn überreich müssen wir uns die sagenhafte Eipik vor-
stellen. Die Fülle war gar nicht vollständig aufzufassen. Das
zeigt unser kostbares Beowulflied, das den Entstehungszeiten
noch näher steht. Hier sprengt fast die Uberfülle der an-
gedeuteten Sagenstoffe den knappen Rahmen. Aber auch aus
der übrigen Sagenliteratur ersehen wir mit Staunen, dab sie,
je reiner und völliger sie ist, um so mehr unbekanntes verlorenes,
nicht mehr kontrollierbares ahnen läßt. In dem verwirrenden
Labyrinth dieser Sagen, mögen sie nun in mannigfaltigen reichen
117
Versionen blühen, oder uns nur durch Andeutungen überliefert
sein, habe ich einen leitenden Faden zu erhaschen gesucht. Das
war das Ziel dieses Versuchs, so problematisch seine Ergebnisse
jetzt noch sein mögen.
1k
Anhang,
Übersicht der Generationen.
F^
= wa
Die Generation durchschnittlich auf ein drittel Jahrhundert
gerechnet,
I. Vor Odins Auszug.
166 vor Chr. Humblus = Heimdall.
133 „ , Dan und Angul,
100 , , Humbl und Lother (Cimbern und Teutonen?).
IL. Von Odins Auszug bis zu seinem Verschwinden.
66 vor Chr. Odins Auszug aus Asgard mit seinen Sóhnen,
Sigrlami (Rußland), Weggdegg (Ostsaxaland),
Balder (Westfalen), Sige (Franken), Skjold (Dän-
mark), Säming (N. orwegen), Yngvi (Schweden),
Gaut (Gotland). Sigrlami freit Heid, Gylfis
Tochter (vgl. Völuspa).
Fridleif in Dänmark. Gutthorm. Svafrlami und
der Tyrfing.
Halfdan der Alte und Friedfrode (Frode I)
Vespasius, Handwan. Fridthjof der Friedens-
dieb. Fjölnir ertrinkt. Swipdag von Norwegen.
Sachsenkönig Heinrich.
Balders Tod, Odins Verschwinden. Swegdir sucht
den verschwundenen Odin. Athisl von Schweden,
Rolf Krake, Gautrek, Geberef, Starkads An-
fünge. Auszug der Langobarden.
38 nach Chr.
66
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III. Ubergangssagen.
100 nach Chr.
133
166 ,
200 , .
233
266
300
399 .
Wisbur von Schweden und das Unheilshalsband.
Rorik Slyngebond, Hothers Sohn, in Dänemark.
Domaldi in Schweden; Menschenopfer. Wiglet
in Dänemark. Amlet(?).
Wermund, Wiglets Sohn. Agni. Dag.
Uffo (— Olaf der Milde), Wermunds Sohn in
Dünemark. Alrek und Eirik in Sehweden; Starkad
bei ihnen.
Dan IL (der Ubermütige) in Dänemark. Yngvi
und Alf in Schweden.
Jórund und Hugleik in Schweden. Haki, Hag-
bard und Sygne. (Starkad.) Huglet in Dänemark.
Frotho IL, der Tóter des Odinsohnes Froger, in
Dünemark, Aun (Ani) in Schweden, zweihundert
Jahre lang lebend.
Dan IIL, Sachsensieger in Dänemark. Anzius.
IV. Völkerwanderungskreis.
366 nach Chr.
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106
Fridlef I. in Dänemark gegen Norwegen, gegen
Dublin. Hagen von Irland, Wilze, Hugdietrich;
Fridlef freit dessen Schwester Frogertha. Ilias.
Botel-Hun.
Frotho III. = Frute, Gemahl der Hanunda und
der Alwilda, Besieger der Hunnen. Hetel und
Hilde. Etzel Frotho besiegt Strunik — Oserich,
Vater der Helke. Wolfdietrich, Ortnit.
Fridlef IT. wirbt für Haldan (Herwig), Sohn Eriks
des Beredten, um die Tochter Hythins (Hetels;
also um Kudrun) Seine Schwester Ofura freit
den Arngrim.
Frotho IV., der Starkadzôgling. Starkad hilft
ihm gegen Sachsen und Hama (Heime), Hanef
und Swerting. Er ist der Frute des Rosengartens,
der Rabenschlacht. Sachsenkrieg des Nibelungen-
lieds. Angantyr, Orwarodd und der Tyrfing.
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500 nach Chr. Ingeld, Frothos Sohn, von Starkad geschmäht;
Beowulf. Herwór freit Hófund, Gudmunds Sohn.
V. Übergang.
Heidrek, Herwórs Sohn, und Gest. In Dänemark
Olaf.
Angantyr, Heidreks Sohn. Schlacht auf Dun-
heide. In Dünemark Frotho V. und Harald.
Heidrek Ulfsham. In Dänemark Harald und
Halfdan. In Schweden Braut-Onund.
Halfdan der Schlaue. In Dänemark Siwald. In
Sehweden Ingjald Illradi,
Iwar der Weitumfasser. In Dünmark Sigar. In
Sehweden Olaf Zimmermann.
Alfhild. In Dünemark Alf, Borkar, Gro. In
Schweden Halfdan Weifbein.
533 nach Chr.
566
600 .
633 .
666 .
700 .
733 nach Chr.
7166 , ,
VI. Brawallasagenkreis,
Harald Hildezahn. In Schweden Eystein, Randwer,
Sigurd Ring. Brawallaschlacht. Herraud und
Bosi. Gorm von Dänemark. In Schweden Halfdan
der Speisekarge.
Ragnar Lodbrok. Gotrik von Dänemark, + 810.
In Schweden Gudrod Weidkänig.
Ragnarsóhne. Sigurd Schlangenauge. Hemming,
Gotriks Sohn. In Schweden Halfdan der Schwarze
und Olaf.
Erik, Sigurd Schlangenauges Sohn, getauft vom
heiligen Ansgar. In Schweden Harald Haarschän,
T 930, und Rógnwald, Skalde Thjodolf.
VIL. Ausgang.
Gorm der Englünder, 900—935.
Harald Blauzahn, 935—985.
Gorm IIL Olaf Tryggvason, 995—1000. Nor-
nagest. Ende des Hildenkampfspuks.
Harald und Kanut der Grofe, 1018—1035. Olaf
der Heilige, * 1030,
300
838
3866
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900 nach Chr.
988 , »
566 .
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Inhaltsübersicht.
Einleitung. . . .
A. Snorris Ynglingensage
B. Saxos Dünengeschichte
C. Flateyjarbok . . . .
D. Altdánische Chroniken
Neuordnung . . .
L Sagen vor dem Auszug Odins. Fornjot, Asen und Wanen,
Hading-Niord, Wanenkrieg, Mitothin, Syritha und Othar,
Rig Dan. . . . . e
IL. Odins Auszug, Gylfi, Gaut, Halfdan, Friedfrode, Rolf Krake,
Gautrek, Fridthjof, Starkad, Langobarden, Balders Tod,
Odins Verbannung 63 v. Ohr. bis 100 n. Chr. . . . . .
III. Übergangszeit, 100 bis 866 n. Chr., Unglückshalsband, Haki
und Hagbard, Starkad, Hagbard und Sygne (Amleth?), Wer-
mund und Uffo. . . . . . . . . . .. . sm
Volkerwanderungszeit, 375 bis 526 n. Chr., Frotho III,
Starkad, Hildensage, Hunnen, Arngrim, Angantyr, Herwôr,
Asmund, Jarmerik, Frotho IV. und Starkad, Sachsenkriege,
Ingeld und Beowulf, Heidrek, Angantyr . . . . . .
V. Zweite Ubergangszeit, 533 bis 788 n. Chr. . . . . . . .
VI. Brawallaschlacht, Harald Hildezahn, Sigurd Ring, Starkads
Ende, Herraud und Bosi, Gorm, Ragnar Lodbrok, Lodbrok-
sôhne, 738 bis 870 n. Chr.. . . . . . . . . . . .
VII. Nachklinge, bis Olaf Tryggvason, 870 bis 1000 n. Chr. . .
Anhang. Übersicht der Generationen .
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25
68
92
95
112
118
Quellen und Forschungen zur deutschen Volkskunde.
Herausgegeben von
E. K. Blümml.
1. Band.
F. F. Kohl, Heitere Volksgesünge aus Tirol (Tisch- und
Gesellschaftslieder). Mit Singweisen. M. 6.—.
Band.
Arthur Kopp, Bremberger-Gedichte. Ein Beitrag zur
Brembergersage. M. 2.—.
9. Band.
F. F. Kohl, Die Tiroler Bauernhochzeit (Sitten, Brüuche,
Sprüche, Tünze und Lieder mit Singweisen) M. 6.—.
Band.
Richard von Kralik, Zur nordgermanischen Sagengeschichte.
M. 4.80.
Futilitates.
. Beitrüge zur Volkskunde.
1. Band.
E. K. Blümml, Schamperlieder. Volkslieder des 16. bis
19. Jahrhunderts. Mit Singweisen. M. 12.—.
2. Band.
J. Polsterer, Schwänke und Bauernerzählungen aus Nieder-
österreich. M. 12.—.
Druck von Hesse & Becker in Leipzig.
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