LC
35000
S571
Der Vegetationsgott
Von
Ernst Siecke
Leipzig
J. C. Hinrichs’she Buchhandlung
1914
3
)-n 07
»
T.
is
Mythologische Bibliothek
Herausgegeben von der
Gesellschaft für vergleichende Mythenforschung
VI. Band, Heft 3
er folgende Vortrag sollte den in der 8, Hauptversamm-
D lung der Gesellschaft für vergleichende Mythenforschung
anwesenden Mitgliedern in aller Kürze einen Teil der Gedanken
vorführen, die ich in dem demnächst erscheinenden zweiten
Hefte des VII. Bandes der Mythol, Bibl. ausführlicher ent-
wickelt habe; er sollte also gewissermaßen auf diese Arbeit
vorbereiten. Der jetzige Abdruck in diesem Schlußheft von
Band VI erfolgt, weil infolge des plötzlichen Todes des Pro-
fessors Ehrenreich eine Verschiebung in der Reihenfolge der
geplanten Veröffentlichungen vorgenommen werden mußte und
eine dadurch zunächst entstandene Lücke auszufüllen war.
Die Wichtigkeit der Frage für die mythologische Wissenschaft
rechtfertigt eine wiederholte Behandlung. Gerade seiner Kürze
wegen und als zusammenfassender Überblick wird der Vor-
trag, denke ich, vielen Lesern nicht unwillkommen sein, und
ich hoffe, daß die teilweisen Wiederholungen in den darge-
legten äußeren Umständen ihre Entschuldigung finden‘ werden.
B 3634/07
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n vielen sehr verbreiteten Handbüchern über Mythologie
| spielt die Gestalt eines ,Vegetationsgottes‘ oder Vege-
tationsdámons oder Numens der Vegetation, auch
Wachstumsgeist oder ähnlich benannt, eine. bedeutende
Rolle, Gerade diese Gestalt nun schien mir recht geeignet,
um an ihrer Betrachtung zu zeigen, wie unzulänglich oft trotz
riesigster Gelehrsamkeit in manehen Beziehungen die Auf-
fassung teils früherer teils jetzt noch in Ansehen stehender
Sagenforscher war und ist, und wie berechtigt infolgedessen
das Bestreben unserer Gesellschaft ist, auf eine Umge-
staltung, Verbesserung, Belebung und Vertiefung der mytho-
logischen Anschauungen zu dringen. Außerdem glaubte ich
bei dieser Auseinandersetzung Gelegenheit zu finden, Angriffen
entgegenzutreten, deren Zielscheibe ich und gleichstrebende
Forscher gewesen sind, wobei man unsere Ansichten nicht
immer richtig darstellte, aus dem Zusammenhang gerissene
Sätze lächerlich zu machen suchte und vielfach über uns ab-
urteilte, ohne unsere Schriften genauer gelesen zu haben. So
glaubte ich, daß es mir vielleicht heute gelingen könnte,
manche Mifiverständnisse zu zerstreuen. =
In den auf jedem Umschlag unserer Mythol. Bibliothek
vorgedruckten Vorbemerkungen, welche die Richtlinien unserer
Bestrebungen andeuten, ist ausgesprochen, daß wir die Vor-
stellungen auffinden wollen,. die in augenfilliger
Weise in allen Mythologien wiederkehren. Nach meiner
Auffassung ist dazu unumgänglich nötig, den Ursprung der
Mythen, die ersten Gedanken, die bei ihrer Schöpfung tätig
waren, aufzufinden. Damit ist aber nicht gesagt, daß diese
Gedanken immer rein und unverfälscht und für alle Folge-
zeit festgehalten worden sind. Ich erkenne ausdrücklich an,
dab die Menschheit sich mit- den ersten einfachen, viel-
1%
Siecke, Der Vegetationsgott.
305
leicht sehr kindlichen und rohen Anschauungen, die vielen
Mythen zugrunde liegen, nicht für immer begnügt hat, daß
Umdeutungen, Ausgleichungen mit neu gewonnenen Erkennt-
nissen, Verschonerungen ins Zarte, ja EinflieBen ganz neuer,
mit den ersten nur in losem Zusammenhang stehender Ge-
danken stattgefunden hat. Wenn ich eine ganze Anzahl
Mythen auf Mondanschauungen zurückführe, so behaupte ich
damit keineswegs, daf nicht noch andere Quellen den Mythen-
strom gespeist haben kónnten, oder daf) die Mondanschauungen
immer mit Bewußtsein festgehalten worden sind, daß sie sich
nicht allerhand Umdeutungen und Umbiegungen gefallen
lassen mußten. .
Die Annahme eines Wachstumgeistes oder der als
Dämon gefaften Wachstumskraft der Pflanzenwelt hat
bekanntlich eine besondere Fórderung erhalten durch Wilh.
Mannhardt, der in seinen ,Antiken Wald- und Feldkulten'
aus vielen noch geübten Gebráuchen des Landvolkes den ehe-
mals vorhanden gewesenen Kultus eines solchen Gottes der
Wachstumskraft, der im Frühling geboren werde und im Herbst
ersterbe, glaubte. erschließen zu können. Es liegt mir nun
durchaus fern, hier Mannhardts Darlegungen im einzelnen
durchgehen oder beurteilen zu wollen; wie schon vorher an-
gedeutet, bin ich durchaus bestrebt, mich vor Verallgemeine-
rungen. zu hüten, da ich wohl weiß, daß in die Mythen mit
der Zeit die allerverschiedenartigsten Gedanken hineingear-
beitet worden sind. Es mag immerhin schon in recht alter
Zeit ein Glaube an Baum- und Blumenseelen, an Dry-
aden und Waldgeister bestanden haben, obwohl ich nicht
der Ansicht bin, daß solcher Glaube zu den allerältesten
Schriften mythischer und religiöser Vorstellungen gehörte,
wovon nachher mehr. Was ich heute beweisen möchte, ist
nur dies: Die Verehrung einer Anzahl großer Götter des Alter-
tums, die ich gleich mit Namen nennen werde, und die von
angesehenen und berühmten Sagenforschern fortgesetzt als
,Vegetationsgótter* bezeichnet zu werden pflegen, gehen in
ihrém Ursprung auf andere Vorstellungen zurück; ihre Wurzel
ist nicht die Vorstellung von einem .den Pflanzenwuchs her-
vorrufenden oder beférdernden Dimon, mag man auch noch
Siecke, Der Vegetationsgott.
5
so sehr die Förderung des Pflanzenwuchses als eine ihnen
zukommende Tätigkeit, als eine von ihnen verliehene und
mit Dank entgegengenommene Gabe anerkannt haben. Für
mich kann bei den Gestalten, die ich durchgehen will — in
bezug auf andere lasse ich die Entscheidung vorläufig offen —
nur lunarer oder allenfalls solarer Ursprung in Frage kommen.
Man wird mir vielleicht entgegenrufen: ‚Das ist die Macht
des Vorurteils‘ — und wir geraten so sofort mitten in den
heftigsten Streit der Meinungen. Ganz ohne ein gewisses,
durch Betrachtung anderer ähnlicher Fälle gewonnenes Vor-
urteil — ich gestehe es offen — ist die Entscheidung in
Zweifelsfällen oft nicht gut möglich. Aber auch die für den
Vegetationsgott ihre Lanzen einlegen, sollen nur nicht be-
haupten, daß sie ohne Vorurteil, und zwar ohne eins, das gegen
die klarsten Tatsachen blind macht, urteilen. Es ist das ja,
wie das seiner Zeit Böckh in seiner Enzyklopädie der Philo-
logie so glänzend ausführte, die bei allen philologischen Unter-
suchungen vorliegende Schwierigkeit, daß sich das Einzelne
nur aus der richtigen Erfassung des Ganzen, das Ganze nur
aus richtiger Beurteilung aller Einzelheiten ordentlich erkennen
läßt. Die hierin liegende Schwierigkeit ist fast immer nur
annäherungsweise zu überwinden: jedenfalls mahnt sie den
Forscher zur Vorsicht und muß ihm für den Fall des Miß-
lingens Anspruch auf nachsichtige Beurteilung sichern.
Für die Entscheidung der Frage: ‚Sind gewisse große.
Götter — ich lege Gewicht auf das Beiwort: große — also:
Sind gewisse große Götter von Hause aus Vegetations-
dämone oder nicht? — sind allerdings gewisse allgemeine
Vorstellungen von der Entstehungsart und der Natur der meisten
Mythen, von dem ersten Anstoß wenigstens für eine große Menge
religiöser Vorstellungen von ausschlaggebender Wichtigkeit,
Noch heute stehen viele Sagenforscher — ich will nicht
hoffen die Mehrzahl; aber weiß man es genau? — etwa auf
dem Standpunkt, den Mannhardt! mit folgenden Worten be-
zeichnet: ‚Die Mythologie eines Volkes umfaßt mir alle
in seinem Geiste unter dem Einflusse mythischer
1) Antike Wald- und Feldkulte. Vorwort XXVII.
:
J
Siecke, Der Vegetationsgott.
Denkform zustande gekommenen Verbildliehungen
höherer Ideen‘,
Ich glaube, die Mitglieder der Gesellschaft für vergleichende
Mythenforschung werden geneigt sein, mit mir Verwahrung ein-
zulegen gegen den Ausdruck: Verbildlichung höherer
Ideen. Ich für mein Teil bin seit Jahrzehnten in meinen
Schriften bemüht, den Nachweis zu führen, daß in alten und
echten Mythen von Verbildlichung, d. h. von allego-
gorischer Ausdrucksweise im allgemeinen keine
Rede ist (Ausnahmen mögen zugelassen werden, bestätigen
aber nur die Regel; allegorisch gemeinte Mythen erweisen
sich gewöhnlich als verhältnismäßig jung); ferner daß, wo
uns höhere Ideen entgegentreten, diese erst das erwor-
bene und erarbeitete Ergebnis einer mehr oder minder
langen Kulturentwicklung sind. Auch behagt mir der Aus-
druck ‚mythische Denkform“‘ bei Mannhardt ganz und
gar nicht; ich kann keine abgetrennte mythische Denkform
anerkennen, glaube vielmehr, daf die menschliche Denkform
für alle Verhältnisse eine einheitliche und immer ein und die-
selbe ist. Für mich sind einfache sinnliche Anschauungen
und einfache sprachliche Ausdrücke Anfang und Ursprung
der meisten Mythen. Der Ausdruck: ‚Dionysos hat Hörner‘
ist psychologisch betrachtet nicht anderer Art als der Aus-
druck: ‚Die Blätter sind grün‘. Bei keinem von beiden Aus-
drücken kann man von Verbildlichung, von mythischer
Denkform, von einer höheren Idee sprechen,
Wie hat man sich also die Entstehung der ältesten Mythen
zu denken? Ich glaube, sie hängt mit der Entwicklung des
menschlichen Denkens überhaupt zusammen. Die Descendenz-
theorie, diese für die wissenschaftlichen Anschauungen der
Neuzeit in so vielen Beziehungen umstürzend wirkende Lehre,
kann auch auf die Anschauung von der Entstehung mythischer
Gebilde und religiöser Anschauungen nicht ohne tiefgehenden
Einfluß bleiben. Wie nach dem Fallenlassen der antiken
Meinungen von der Einrichtung des Weltgebäudes und der
Annahme des kopernikanischen Weltsystems die Entfernung
vieler bis dahin für verhältnismäßig nah gehaltener Fixsterne
plötzlich fast ins Unendliche zurückschnellte, so schnellte nach
Siecke, Der Vegetationsgott.
Annahme der Descendenztheorie die Zeit der Entstehung der
Mythen in eine früher nicht für wahrscheinlich gehaltene ferne
Vergangenheit zurück. Können wir die mythologischen Über-
lieferungen der Babylonier, der Inder, der Ägypter jetzt noch
für sehr alt, am Anfang der Mythenbildung stehend ansehen?
Ich sage: nein; sie tragen den Stempel der Umdeutung, der
Vergeistigung, den Stempel einer hineingetragenen Priester-
weisheit z, T. deutlich an der Stirn. Einfache Volksansehauungen
müssen ihnen jahrtausendelang vorangegangen sein, bei denen
noch von keinem System irgend welcher Art die Rede
gewesen sein kann, Diese einfachen Volksanschauungen müssen
wir für die Quelle der Mythologie halten.
Es wáre nun verkehrt — und ich verwahre mich dagegen,
daf mir manche diese Verkehrtheit nachsagen — wenn man
von vornherein behaupten wollte, daß die erwähnten ein-
fachen Volksanschauungen sich nur auf Sonne, Mond und
Sterne bezogen haben können. Mit apriorischen Konstruk-
tionen darf man in der Mythologie nicht wirtschaften, an und
für sich ist das Verschiedenartigste denkbar und möglich.
Ich halte daher z. B. auch Animismus für denkbar und mög-
lich, ja ich halte ihn in beschränktem Umfange für wirklich
vorhanden in der Mythenmasse. Allein es kommt überall auf
Aufzeigung des wirklichen Tatbestandes an den Einzelheiten
an. Da hat sich nun meines Erachtens unwiderleglich er-
geben, daß die Anschauungen, die die Menschen der Urzeit
von Sonne, Mond und Sternen hatten, für die Mythenbildung
in ausgedehntem Maße in Frage kommen, daß namentlich der
Mond hierbei eine hervorragende Rolle spielt. Für eine Menge
indogermanischer Mythen ist dies, glaube ich, genügend nach-
gewiesen.
Bei den Semiten liegt die Sache ähnlich. Auch hier ist
als dem künstlichen babylonischen System lange voraufgehend
ein volkstümlicher Sterndienst als Urreligion nachgewiesen,
bei dem Sonne und Mond und Venusstern die am meisten
verehrten Gottheiten waren. Außer auf Schriften von Prof.
Fritz Hommel sei hierfür auf die Arbeiten von Dr. Ditlef Nielsen
in Kopenhagen verwiesen. Fr. Hommel schreibt im Grundriß
(84): ‚Während die babylonischen Semiten . . einen ausge-
Siecke, Der Vegetationsgott.
sprochenen Sonnenkult haben, . .. so finden wir , .. bei
sämtlichen Westsemiten von Haus aus Mond- und Gestirn-
dienst‘. (Es hängt dies vor allem damit zusammen, daß die
Westsemiten viel länger Nomaden geblieben sind.); — und
D. Nielsen sagt in seinem Vortrag ‚Gemeinsemitische
Götter‘!: ‚Wenn wir die verschiedenen semitischen
Religionen vergleichen, so finden wir allerdings
eine Religionsform, die als gemeinsemitisch be-
zeichnet werden muß, aber diese Religion ist eine
primitive Naturreligion, wo nur die drei großen
Himmelskörper Mond, Sonne und Venus als Götter
verehrt werden. Diese Götter sind bei allen vor-
christlichen Semiten belegt.‘
Nach dem gewöhnlichen Verlauf ist diese Naturreli-
gion nun allmählich zu einer Kulturreligion geworden.
‚Die Naturgötter — so fährt Nielsen fort— werden wie
bei den Ägyptern, Griechen, Persern und Indern
[ich setze hinzu: und bei anderen Völkern auch noch] zu
ethischen, persönlichen Göttern, zu Verkörpe-
rungen von abstrakten, geistigen Begriffen, indem
die Naturseite des Gottes mehr und mehr zurück-
tritt und dieaus dem Himmelskörper entstandene
mythologische Personifikation in der Religion die
Hauptrolle spielt. Gleichzeitig gibt Dichtung und
Kunst dem ursprünglich körperlosen Naturgott
einemenschenähnlicheGestalt, und aus dem einen
Naturgott entstehen auf diese Weise an den ver-
schiedenen Orten verschiedene nationale und lo-
kale Typen'? Mit diesen Worten beschreibt Ditlef Nielsen
den Entwicklungsgang, wie er so ziemlich bei allen Kultur-
vólkern nachzuweisen ist. Hauptgott war der Mondgott. Bei
den Nordsemiten, so führt D. Nielsen? weiter aus, rückte ,die
religióse Entwicklung schon in sehr alter Zeit
jedenfalls im praktischen Kultus vielfach den
Sonnengott in den Vordergrund. Eine Reihe von
evidenten Tatsachen beweist aber, da diese Vor-
1) Orient. Litztg. XVI, 1918 Nr. 5/6 (J. C. Hinrichs, Lpz.).
?) D. Nielsen a. a. O.
Siecke, Der Vegetationsgott.
D
herrschaft des Sonnengottes eine sekundäre Stufe
ist, und daß hier wie bei allen anderen semitischen
Völkern ursprünglich der Mondgott der oberste
und wichtigste Gott war.‘
Das ehrwürdige Alter dieses Gottes nicht nur bei Semiten,
die weite Verbreitung eines uralten Mondkults scheint auch
durch viele Funde aus prähistorischer Zeit bestätigt zu werden,
worüber ein hochinteressantes Programm des Herrn Professors
Karl von Spieß, ‚Prähistorie und Mythos‘?! handelt,
Ein Teil dieser Funde gestattet es, an das Vorhandensein
eines Mondkultes vielleicht Jahrtausende vor dem Beginn jeder
schriftlichen Aufzeichnung zu denken. Ein gewisses Vorurteil
für das Vorhandensein solcher Vorstellungen im Bewußtsein
der Völker kann also nicht als unberechtigt bezeichnet werden.
Nach diesen Vorbemerkungen sei es mir gestattet, aus
der Zahl einer größeren sich darbietenden Menge auswählend
die Göttergestalten des Tammuz-Adonis-Attis, des Dio-
nysos und des Mars als typische Beispiele kurz durchzugehen-
Sie sind ohne Frage Vegetationsgótter in dem Sinne, daf
die Vegetation von ihnen beeinflußt wird, von ihrer göttlichen
Macht abhängt, aber nicht in dem Sinne, daß sie ihrem
Wesen nach als die Vergöttlichung der in der Vege-
tation oder in der Natur oder im Frühling sich offenbarenden
Wachstumskraft wären. Zwischen beiden Auffassungen
besteht ein ganz gewaltiger Unterschied, Während wir bei
der zweiten für die Zeit ihrer Entstehung bei den Menschen
eine ziemlich weit vorgeschrittene Fähigkeit der Ab-
straktion, desSymbolisierens und Allegorisierens
voraussetzen müßten, bleibt bei der ersten die Annahme offen,
daß wir es mit ganz konkret in der Welt vorhandenen, körper-
lich sichtbaren Persönlichkeiten zu tun haben, welche die aus
einem halb tierischen Zustande erwachende Menschheit jahr-
tausendelang erst einigermaßen blöde anstierte, allmählich
nach bestimmten, teils wahrgenommenen teils angenommenen
Eigenschaften kennen und schätzen lernte, und denen sie infolge
dieser Eigenschaften auch Einfluß auf die Pflanzenwelt zu-
schrieb. Es handelte sich dabei zugleich um die wichtige
1)
Wiener-Neustadt 1910 (Druck Josef Basler).
10
Siecke, Der Vegetationsgott.
Frage, welcher Gang nach psychologischen Gesetzen
der wahrscheinlichere ist,
VE
I. Tammuz(-Adonis).
W. Mannhardt, der wohl mit Recht Tammuz und Adonis
für wesentlich dieselbe Gestalt hált, hat von Adonis folgende
Auffassung ':
"sh
A. Er ist die schöne Jahreszeit, resp. das Blüten-
leben; die Vegetation derselben ist personifiziert
als ein schóner Jüngling.
B. Derselbe wird im Kultus dargestelt durch eine
menschliche Figur und die leichtwelkenden Kráuter des
Adonisgartens. '
C. Er kommt im Frühling und tritt in das Verhältnis des
Bráutigams oder Gatten zu einer liebenden Göttin, welche
sonst auf ein Gestirn gedeutet, sich doch vorzugsweise
als Göttin der Fruchtbarkeit manifestiert. Sie leben während
der schönen Jahreszeit in inniger Vereinigung, man darf sie
als Lenzbrautpaar bezeichnen.
D. Im Hochsommer verschwindet der Gatte oder Bräutigam
und weilt während des Winters und Herbstes in der unsicht-
baren Welt des Todes,
E. Mit lauter Klage wird seiner Bestattung, mit Jubel
sein Wiedererscheinen gefeiert, . . .
F.....
G. Das gottliche Lenzbrautpaar wird nachgeahmt
durch den mystischen Brauch eines zeitweiligen geschlecht-
lichen Bundes eines Mannes und einer Frau.
Diese Auffassung stößt angesichts der Überlieferung über-
all auf Unmóglichkeiten. Eine genauere Behandlung des Gottes
Tammuz verdanken wir in neuerer Zeit besonders den Herren
Professoren H. Zimmern und Graf Baudissin; von ersterem
haben wir einen umfangreichen Aufsatz in den Abhandlungen
der Kgl. Sächs. Gesellschaft der Wissensch. (Bd. XXVII, 1909,
S. 701—735); von letzterem einen Artikel in der Protestan-
!) Antike Wald- und Feldkulte, S. 286.
Siecke, Der Vegetationsgott.
Ir
ET
A
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11
tischen Real-Encyklopädie, besonders aber das sehr umfang-
reiche Werk Adonis und Esmun (Lpz., J. C. Hinrichs, 1911).
Trotz vieler durchaus widersprechender Züge, die sie selbst
angeben und von denen man sagen muß: Es sind Brüche,
die in den aufgestellten Generalnenner nicht aufgehen, also
ist der angegebene Generalnenner nicht richtig, — bleiben sie
doch im ganzen der Mannhardtschen Auffassung treu. Prof.
Zimmern sagt: ‚Tammuz sei seinem Wesen nach in der Haupt-
sache jedenfalls Gott der Vegetation‘; Graf Baudissin
faßt ihn als die ‚Frühlingsvegetation, die in der Sommerhitze
erstirbt‘. Jedoch gesteht er selber zu: ‚Die Vorstellung des
Gottes als eines Repräsentanten der Vegetation ist aber kaum
ursprünglich, weilsie dazu nicht einfach und konkret
genug ist' Das ist auch meine Meinung.
Obwohl das gegenseitige Verhältnis, ihre verschiedene
Berührung und die Verschlingung der einzelnen Züge in histo-
rischer Zeit noch nicht abschließend geklärt ist, so scheint doch
die Annahme berechtigt, daß der babylonische Tammuz, der
phönizische Adonis, der sidonisch-karthagische Esmun, der
phrygische Attis, vielleicht auch der ägyptische Osiris, jüngere
Umformungen derselben prähistorischen Urgestalt sind, so daß
wir die bei den einzelnen vorkommenden Züge zur Zeichnung
des Gesamtbildes dieser Urgestalt benutzen dürfen.
Besonders kennzeichnend und wohl am bekanntesten war
für die Kulte des Tammuz, Adonis, Attis ein Trauerfest,
verbunden mit lauter Totenklage um einen in der Blüte
der Jugend gestorbenen Jüngling, den Liebling einer
Gottin, Um Tammuz weinten nach dem Propheten Ezechiel 8, 14
die Weiber; wir wissen, daß er in Beziehung steht zu Ishtar
der Tochter des Mondgottes Sin; er heißt ,der Gemahl ihrer
Jugend‘. Adonis heifit Geliebter der Aphrodite, d. h. der
tyrisch-syrischen Astarte, die der Ishtar gleichzuachten ist.
Attis ist Geliebter der Kybele, der phrygischen Form der grofen
asiatischen Göttin. Unmittelbar an das Trauerfest schloß sich
dann, wenigstens für die Adonis- und Attis-Feste ist das
sicher, ein Freudenfest, bei welchem das Wiedererscheinen,
das Wiederaufleben oder Wiederauffinden (evgeces) des Gottes
unter lautem Jubel gefeiert wurde.
)
Siecke, Der Vegetationsgott.
Ohnenun irgendwie bestreiten zu wollen, daß den Feiernden
in geschichtlicher Zeit das Fest ein Jahresfest war, und
daß sie wirklich an das Hinsterben der Pflanzenwelt im Herbst
und ihr Wiederaufleben im Frühling gedacht haben mögen,
behaupte ich doch, daß nach dem, was wir sonst von diesen
Göttern wissen, diese Auffassung nicht den Ursprung treffen
würde, daß vielmehr die Klage um den allmonatlich aus der
Welt verschwindenden, und die Freude über den nach drei
Tagen am Himmel wiederauflebenden oder wiedergefundenen
Mond bei weitem älter und natürlicher ist, und daß diese
den sichtbaren Tatsachen entsprechenden oder folgenden
Gefühlsausbrüche den ersten Anstoß zu jenen Festen gegeben
haben. Der Neumond, sagt Herr Alfr. Jeremias (Das Alte
Testament im Lichte des Alten Orients, S. 100f.) wird im
gesamten Orient mit Jubel begrüßt als Sichel-
schwert, das den Drachen besiegt hat! Dazu Anmer-
kung: ‚Das arabische Hilal; wahrscheinlich liegt hier, wie zuerst
de Lagarde vermutet hat, der formale Ursprung des Hallelu-jah*.
Die Entwicklung von Monatsfesten zu Jahresfesten ist so
vielfach nachweisbar, da man sie fast für eine ordnungs-
und regelmäßige erklären muß. |
Ich bitte, nun folgende Beweise für meine Theorie zu be-
achten:
1. Die Verwandtschaftsverhültnisse des Tammuz, Adonis,
Attis usw. sowie ihre Beziehungen zu den grofen Gestirnen
sprechen eher für alles andere als für die Wesenheit von
, Wachstumsdämonen“. Tammuz z. B. erscheint entweder als
Sohn des Sonnengottes Shamash oder als erster von sechs
(weiteren) Sóhnen Eas, der als ,Reprüsentant der unteren Ge-
wässer‘ bezeichnet wird. Nun, der so oft nach den Phasen
in sieben gleiche Gestalten zerlegte Mond ist vielfach Sohn der
Sonne und auch Sohn des Meeres. Als Mutter T's wird nach
H. Zimmern Sir-du erwähnt; sie erscheint als wehklagend
über den dahingeschwundenen Sohn. Ahnliche Klagen spielen
mehrfach in den Mythen eine Rolle, ich erinnere nur an Niobe
und Demeter. Bei der letzteren kommt bekanntlich auch das
háufige Motiv des Suchens vor. Das verlorene Mondnumen
wird aber zuletzt wiedergefunden, es erfolgt seine eb/osoi.
Siecke, Der Vegetationsgott.
13
Berühmt ist Tammuz’ Hinabstieg in die Unter-
welt im Zusammenhang mit Ishtars Fahrt ins Toten-
land. Ich lasse mich nicht auf die Frage ein, ob, wie es
scheint, Tammuz die Ishtar oder aber Ishtar den Tammuz aus
der Unterwelt heraufholt, auch nicht auf die Frage nach der
Urbedeutung Ishtars, die offenbar — Ashtarte ist. Die berühmte
stückweise Entkleidung Ishtars an den sieben Toren der Unter-
welt und die in derselben Reihenfolge erfolgende Zurück-
erstattung der Kleidungsstücke und Schmuckgegenstinde,
ferner ihre Besprengung mit dem Wasser des Lebens spricht
für mondhafte Wesenheit. Sie ist ja auch Tochter des Mond-
gottes Sin. Aber selbst wenn sie von Hause aus Góttin des
Venussternes wáre, so bliebe es rütselhaft, wieso Tammuz als
ein blofer Vegetations- oder Frühlingsgott, ,Gemahl
ihrer Jugend', sein sollte. Seine Gemahlin zwingt uns, ihn
ebenfalls für eine Himmelsmacht zu halten. Dasselbe ist von
Adonis wegen der Aphrodite-Astarte, von Attis wegen der
Kybele zu sagen.
Das ‚Hinabsteigen in die Unterwelt‘ und die Rück-
kehr ist für einen, Vegetationsgott‘ jedenfalls eine weniger
klare Rede, als wenn wir sie uns vom Monde ausgesprochen
dächten, der vor unseren Augen — ohne Allegorie gesagt —
hinschwindet, stirbt und wieder zurückkehrt. Graf Baudissins
Vermutung, daß vielleicht ‚zwei verschiedene Auf-
fassungen eines Vegetationsgottes ineinander ge-
flossen sind, die eines der Erde und der Unter-
welt und die eines dem Himmel angehörenden
Gottes‘ ist bei meiner Auffassung von T.’s Ursprung unnötig.
Halten wir aber fest, da8 T. nicht nur Unterweltsgott
sondern auch Him melsgott ist. Einige Forscher, wie z. B.
Herr Professor Pr. Delitzsch, haben T. für einen Sonnengott
erklárt. Graf Baudissin aber sagt mit Recht; ,T. stirbt
durch die Sonne und ist nicht selbst die Sonne‘.
2. Von T. heißt es: ‚Als kleiner in einem versin-
kenden Schiff liegt er‘. — Wie soll man das bei einem
‚Vegetationsgott‘ oder ‚Gott der ersterbenden Jugend des
Jahres‘ verstehen? Für einen Mondgott hat es vortrefflichen
Sinn. Das Schiff ist, wie auch Prof, Zimmern annimmt, gleich
|
|
3j.
Siecke, Der Vegetationsgott.
der Truhe, in der Osiris-Adonis über das Meer schwimmt,
gleich der Truhe, der Krippe, dem Behältnis, dem
Sarge usw. in vielen anderen Mondmythen, über die Usener
in seinen ‚Sintflutsagen‘ gehandelt hat. Man vergleiche
Noahs Arche, deren richtigen Sinn Herr E. Bóklen in seiner
Abhandlung über die Sintflutsage (Arch. f. Rel.-W., VI) dar-
gelegt hat; sodann das Schiff in der Epiphanie des Dionysos,
das Schiff des Janus, des Skeaf usw.
8. Tammuz erscheint zugleich als Kind und als Mann-
hafter, Erwachsener, als Buhle der Ishtar; als der in der
Jugendblüte Gestorbene und als máchtiger Herrscher.
Der scheinbare Widerspruch braucht uns nicht zu beunruhigen;
er erklárt sich durch die verschiedenen Formen, die man am
Mondgott sah. Die ältesten Götter waren eben durch-
aus nur solche Wesen, die man sehen konnte. Auch
vom indischen Mondgott Rudra! (‚dem Roten‘) heißt es: ‚Ver-
neigung dem Kurzen und dem Zwerghaften, Verneigung
dem Großen und dem Bejahrtesten, Verneigung dem Ge-
wachsenen und dem Wachsenmachenden‘. Die Idee eines
Gotteskindes, das in einem Schiffe, wohl auch in einer Krippe
der Menschheit erscheint und mit Jubel begrüßt wird, ist uralt.
Die Idee des Gotteskindes kommt auch namentlich im Ver-
hältnis des Horus zur Isis, der Kore zu Demeter und in der
Kindheitsgeschichte mancher Götter, des Zeus, Hermes, Dionysos,
Hephaistos, Herakles usw. zum Ausdruck.
4. In einem Tammuz-Liede wird der Berg ‚in dem er
eingeschlossen wird‘, erwähnt. Für einen bloßen Vege-
tations- oder Frühlingsgott ein seltsamer Aufenthaltsort! Der
Mondgott dagegen ist überall ordnungsmäfig Bergbewohner:
Rudra ist giritra, ,Bergschützer‘; Soma ,der Stier, der in den
Bergen wohnt‘; ‚Selene liebt die Höhlen und Gipfel und Warten
des Gebirges‘, wie Roscher im Ausführlichen Lexikon ausführt.
5. Der lichte Mondgott ist von alters her als Bekämpfer
eines bösen Untiers gedacht, das ist der Schwarzmond. Der
Gott ist deshalb ein Kämpfer und Held und zugleich Jäger.
1) Daß Rudra nicht Windgott sondern von Hause aus Mondgott ist,
habe ich in der Abhandlung ‚der Gott Rudra im Rigveda‘ gezeigt (Archiv
für Religionswissenschaft Bd. I 1898. S. 118—151: 909—959].
Siecke, Der Vegetationsgott.
15
Für einen , Waehstumsdámon' dürfte solche Anschauung kaum
erklärbar sein. Das Untier braucht nicht immer ein Drache
zu sein. Auch der Eber ist, weil der Mond als Eberzahn
gefaßt wurde, häufiges Bild sowohl für die lichte als auch
für die schwarze Sichel. Das ist der Sinn des Mythus, wo-
nach Adonis und Attis einem Eber zum Opfer fallen, Sollte
das Untier auch als Bür gefaft worden sein, wie es nach
den Felsenskulpturen von Ghineh bei Byblos scheint, so würde
das keinen Unterschied begründen. |
6. Der gestorbene oder verschwundene Mondgott wird am
dritten oder auch vierten Tage wiedererweckt oder
wiedergefunden oder wiedergeboren. Bei den Adonis- und
Attisfeiern folgte der laute Jubel über den Wiedererschienenen
unmittelbar auf das noch soeben laut gewordene Jammern
und Klagen, Für den babylonischen Tammuz scheint nach
Zimmern und v. Baudissin das Freudenfest nicht sicher nach-
weisbar. Von der Adonis-Feier in Byblos berichtet Lukian
(de Syria dea § 11): ‚Wenn sie genug geklagt und geweint
haben, bringen sie zuerst dem Adonis ein Totenopfer als einem
gestorbenen; hernach aber am folgenden Tage bezeichnen
sie ihn als einen lebenden‘. Ähnlich bei der Attis-Feier.
Macrobius (Sat. I 21,10) sagt: simulatione luctus peracta
celebratur laetitiae exordium. Alles dies hat bei meiner Auf-
fassung keine Schwierigkeit; die aber vorliegt, wenn man die
Rolle des Gottes als Vegetationsgottes durchaus für die erste
Stufe halten will; (daß sie eine spätere Stufe war, leugne
ich ja ganz und gar nicht). Daher sieht sich Graf Baudissin zu
der Annahme genötigt, daß ‚in der Feier eine Zusammen-
schiebung des im Mythos zeitlich Getrennten statt-
gefunden‘ haben müsse. Diese Annahme ist unnötig, Fest-
zustellen ist dagegen die Tatsache, daß die Adonisfeste nicht
überall in dieselbe Jahreszeit fielen; sie waren eben
offenbar von Hause aus nicht Jahresfeste, sondern Monatsfeste;
doch hat, wie das auch sonst öfter vorgekommen ist,
eine Umdeutung und eine Umgestaltung zu Jahresfesten statt-
gefunden.
Bei der Adonis-Feier in Byblos schoren sich nach Lukian
die Frauen die Haare ab, wie die Ägypter, wenn der Apis
16
"&
Siecke, Der Vegetationsgott.
gestorben war. Mir scheint auch dies Mondbeziehung zu haben:
der Verlust des Gottes (er hat nämlich durch sein Dunkel-
werden oder seinen "Tod seine Haare, d. h. seine Strahlen ver.
loren), soll nachgeahmt werden. Der Kultus spiegelt die
Góttermythen wieder. Das ist wenigstens als Grund-
satz festzuhalten, wenn ich auch nicht leugnen will, daf bis-
weilen der umgekehrte Gang stattgefunden haben mag!.
Auch die von manchen Fràuen bei den Festfeiern geübte
Tempelprostitution soll m. E. eine Nachahmung des /sooc
y&uos Sein.
7. Tammuz wird sehr deutlich als Hirtengott charakte-
risiert, in dessen Obhut das Vieh steht. Diese Rolle geht
doch weit über die eines bloßen Vegetationsgottes hinaus.
Nach der von Prof. Zimmern gegebenen Zusammenstellung
seiner Beinamen heißt er u. a.: |
Der Hirte, Herr der Hirtenwohnung, Herr des
Viehhofes, Herr der Viehhürde; daneben auch ,Herr
des Wachstums des Landes:
Da haben wir die allbekannte Rolle des Mondgottes als
Hirtengottes, als Herren des Viehes, paçupati, wie er bei
den Indern heift.
Vielleicht am deutlichsten erkennbar ist diese seine Rolle
am vedischen Gott Püshan, über den im Verein mit Hermes,
Pan und ähnlichen Gestalten ich demnächst eine Studie zu
veróffentlichen gedenke. Der Hauptgrund für des Gottes so
wichtige Schutzherrschaft über die Tierwelt liegt entschieden
in dem von jeher bis auf den heutigen Tag weitverbreiteten
Glauben, daß Menstruation, Geburten, Zeugung vom Monde
wesentlich beeinflußt werden und abhängig sind. Seine Herr-
*) So z. B. wenn es I. Mos. 2,2 heiBt: ,und (Gott) ruhte am siebenten
Tage von allen seinen Werken, die er machte‘: Hier dürfte der Mythus aus
dem Kultgebrauch entstanden sein. Doch dies muß mehr als Ausnahme gelten.
‚Das Ritual ist nicht die Quelle der Mythologie‘ (Hillebrandt, Kl. v. Mythol.
S. 4). — Vgl. Ehrenreich, Allgem. Mythol. S. 83; 181f.; 248 (,die natur-
mythologischen Erzählungen erweisen sich überall als älter als die Kulte‘.) —
Rapp bei Roscher A. L. I 720, 722. — Ed. Seler i. d. Zsch. f, Ethnol. 1907
S. 33. — Besonders C. Fries, Zagmukfest auf Scheria S. 11; 95. (Riten
sind Nachahmungen himmlischer Handlungen); 96; 99f. — Der Grundsatz ist:
Similia similibus!
Siecke, Der Vegetationsgott.
m
17
schaft über die Pflanzenwelt hängt damit allerdings zusammen,
doch kommt hierbei noch in Betracht, daß nach alter An-
schauung vom Monde alle Feuchtigkeit stammt, aller Tau,
aller Regen, ja alle Flüsse und alle Seen; er ist der haupt-
sächlichste Regengott. Sein eigenes Wachstum scheint
außerdem einen magischen Einfluß auf jede Art des Wachs-
tums auszuüben,
Vom Mondgott Sin heißt es in einem babylonischen
Hymnus!: ‚Mit blauem Bart, — Erzeuger von allem, — der
da lenkt die Lebewesen, — der alles gebiert‘ —
Im Avesta, im 7. Yasht, heißt es: 5, ‚Ich will preisen
den Mond, der den Stiersamen enthält, den Schenkenden (? den
Bagha), den glänzenden, majestätischen, den mit Wasser,
mit Hitze versehenen, den strahlenden, den unterstüzenden,
friedfertigen, starken, nutzbringenden, der das Grüne
hervorbringt, der Güter hervorbringt, den heilbringenden
Genius!‘
Bei den Indern ist nur der Mond, nicht die Sonne,
oshadhipati ‚Herr der Pflanzen‘, d. h. er ist Vegetationsgott
im Sinne einer außerhalb unserer Erde wirkenden himmlischen
Macht.
Wir finden dieselben oder ähnliche Vorstellungen an den
verschiedensten Punkten der Erde, Auf mexikanischem Boden
sind merkwürdig die sogen. Pulque-Gótter, die Gótter des be-
rauschenden Trankes, also Dionysos vergleichbar. Herr Prof.
Ed. Seler sagt von ihnen: ,einerseits geben sie sich dadurch,
dab sie als Kaninchen, d. h. als das Tier, dessen Bild die
Mexikaner im Monde sehen, bezeichnet werden, daß sie halb
schwarz, halb rot, also gewissermaßen halbiert gemalt sind
und als kennzeichnenden Schmuck den goldenen Halb-
mond in der Nase tragen, als Mondwesen ... kund, anderer-
seits gelten sie geradezu als Erntegótter, denen überall auf
mexikanischem Boden in der Erntezeit Feste gefeiert werden‘.
— Merk würdig und schon oft bemerkt ist die Übereinstimmung
des Kaninchens als Mondtieres mit dem Hasen in der-
selben Rolle bei den Indern.
*) Bei GreBmann, Altor. Texte. S. 80.
Mytholog. Bibliothek: Siecke ’13.
La
Siecke, Der Vegetationsgott.
8. Uralt ist auch die Vorstellung, daß der Mond Krank-
heiten heilt und ein Arzt ist.
Es hängt das wohl zunächst mit seinem Einfluß auf
Menstruation und Geburten, sodann mit seiner Kräuterkunde
zusammen, daneben wohl auch damit, daß er als Zauberer galt.
‚Fortdauern macht der Mond das Leben‘, heißt es im Rigveda
(X 85,19). Der Mondgott Rudra ist im Rv. ‚der heilkundigste
Arzt‘, mit tausend Heilmitteln'; Selene ist Krankheiten heilend,
freilich auch erregend. Auch daf Tammuz ein Heilgott war,
ist wahrscheinlich ; wenigstens wird er mit Befreiung von Leiden
in Verbindung gebracht und mit dem Heilgott Damu gleich-
gesetzt, ja geradezu als Gott Damu bezeichnet. Sicher ist die
Eigenschaft eines Heilgottes bei Esmun, der in Sidon und bei
den Karthagern mit Asklepios gleichgesetzt wurde.
Es ließe sich noch manches anführen (z. B. daß die Zahl
15 mit Tammuz in Verbindung gebracht wird), aber das was
ich soeben aus Zimmerns und Baudissins Schriften beige-
bracht habe — denn als selbständiger Forscher kann ich mich
auf diesem Gebiete nicht bewegen — wird, denke ich, ge-
nügen, um die Behauptung nicht als zu kühn erscheinen zu
lassen, daß in Tammuz und den mit ihm verwandten Gestalten
ein alter Mondgott steckt.
Ich kann mich bei den folgenden Göttern wohl nunmehr
kürzer fassen.
II. Dionysos.
Man hat ihn ebenfalls als Vegetationsgott oder auch
als ,Personification seiner edelsten Gabe‘ bezeichnet.
Aber wie paßt zu einer so engen Auffassung seine ganze
überlieferte Geschichte? Man darf diese doch nicht einfach
außer acht lassen, sondern muß sie zur Konstruktion des
Gesamtbildes, das wir uns von dem Gotte machen müssen,
verwenden. Da ist zunächst seine Geburtsgeschichte. Mir ist
keine Deutung bekannt — ohne Deutung aber können wir keinen
Mythos verstehen —, die überzeugender wäre als die schon
vor vielen Jahren von mir in meinen Mythol. Briefen gegebene.
Die Eltern des Dionysos sind das himmlische Ehepaar Sonne
und Mond, die sich im ieods yauos, in der Konjunktion, ver-
Siecke, Der Vegetationsgott.
19
einigen, Hierbei muß die Mondmutter notwendig umkommen,
oder wie die Rede lautet, sie verbrennt in der Umarmung des
Zeus, ähnlich wie der Phönix verbrennt. Ihr Sohn, der neue
Mond, ist vorláufig, d. h. drei Tage lang, wegen der Sonnen-
náhe noch nicht sichtbar, der Mythos sagt, er sei im Schenkel
des Zeus eingeschlossen. So ist bei den Indern Urvaci aus
der Hüfte des Asceten Nár&yana entsprossen, der Mond als
Brahmacárin (Schüler) ist drei Tage im Leibe der Sonne als
Acárya (Lehrer) eingeschlossen.
Später führt Dionysos seine Mutter aus dem Hades an
den Himmel zurück.
Man kann die einzelnen Vorgänge noch heute mit Augen
wahrnehmen, wie das zu verlangen ist. Denn einen richtigen
Mythos muß man sehen| können. Sowohl Semele als
Dionysos bezeichnen beide den Mond; auf die Verschiedenheit
des Geschlechtes kommt nicht das geringste an, dieses ist
in allen Mythologien bei Sonne und Mond schwankend, ob-
wohl diese Tatsache von einer uns abgeneigten Richtung mit,
man kann wohl sagen komischer, Verbissenheit bestritten wird.
Dionysos ist der periodisch verschwindende und
wiederkehrende Gott, mit goldenem Haar (xovooxöuns Hes.,),
goldenem Horn (xevo6xeQwe), in zehntausend Gestalten (uvoro-
pogyos), ferner stiergestaltig (zavoduoggog); er gehort sowohl der
Oberwelt als der Unterwelt an. Seinen gliubigen Verehrern
erscheint er zu Schiff; sein heiliges Schiff spielte bei jähr-
lichen Aufziigen eine Rolle. Alle diese verschiedenen Bilder
lassen sich m. E. nur auf den Mond beziehen, man miifite denn
etwa den Satz aufstellen, daß die Mythen überhaupt keinen
vernünftigen Sinn aussprechen wollen. In diesem Fall hätte
unsere Gesellschaft allerdings kaum Existenzberechtigung. Nach
Preller soll Semele, ,eine Personifikation desim Anhauche
des Friihlings von Fruchtbarkeit schwellenden Erd-
bodens', Zeus der ,befruchtende Regengott des Früh-
lings' sein. Nach W, Mannhardt ist Dionysos, ,Gott des
Frühlings und Sommers, der im Winter in der Flut
verschwindet.
Zwischen diesen allegorisierenden und meinen auf konkrete
Anschauung dringenden Erklürungen klafft ein kaum über-
94
20
b
Siecke, Der Vegetationsgott.
brückbarer Spalt. Die Entscheidung ist schließlich auch nur
möglich durch Auffinden einer richtigen Theorie von Ent-
stehung der Mythen überhaupt, durch Beantworten der Frage:
Beruhen die Mythen auf sinnlicher Anschauung oder sind sie
Phantasiegebilde einer klügelnden Spekulation?
Ich behaupte das erstere und sage: Dionysos ist deutlich
als Mondgott erkennbar. Als solcher verschwindet er auch
zeitweilig in der Flut. Seine sonstigen Eigenschaften und
Tätigkeiten (als Vegetationsgott, Spender der Rebe und des
Weines und viele andere außerdem noch) sind aus dieser
einen Wurzel entsprossen, obwohl selbstverständlich zuzu-
geben ist, daß eine spätere Zeit bemüht gewesen ist, seine
Gestalt zu vergeistigen und zu ethisieren.
III. Mars, —
Über den nicht bloß von den Römern sondern von den
meisten italischen Stämmen verehrten Mars urteilt Preller
offenbar richtiger als Herr Prof. Wissowa in seinem Buche
‚Religion und Kultus der Römer‘; denn er stellt die Beziehung
des Gottes zum Ackerbau, zur Viehzucht, zur Natur
als wichtiger über die andere, nämlich die kriegerische
Seite, die ja allerdings die allgemeiner bekannte ist, Nach
Wissowa ist Mars nie etwas anderes als Kriegsgott gewesen,
‚und wenn man, sagt er!, ihn um Schutz der Fluren anfleht,
so geschieht das nicht damit er das Wachstum der Saaten
fördere, sondern damit er Kriegsnot und Verwüstung von den
Feldern fernhalte’. Ich glaube nicht, daß sich diese Ansicht
halten läßt. Herr Roscher setzt Mars ganz und gar dem
griechischen Apollo gleich; in beiden sieht er Sonnengötter?
und macht auf den auf Inschriften vorkommenden Mars
Leucetius oder Loucetius aufmerksam, der aber möglicher-
weise keltischen Ursprungs sei. Wie es sich damit auch
verhalten mag, jedesfalls zeigt schon die enge Verbindung,
in der Mars mit der Mondgöttin Juno steht — er heißt daher
geradezu Junonius —, daß er zum Geschlecht der himmlischen
Götter zu rechnen ist,
1) S, 130. — ?) A. L. I 444.
Siecke, Der Vegetationsgott.
TA Um,
21
Außerdem stoßen wir gleich wieder auf die Vorfrage,
ob wir einen bloßen Kriegsgott, d. h. einen rein aus dem
Schlachtenlärm und Schlachtgetümmel abstrahierten Gott,
eine personifizierte Idee des Krieges, irgendwie für etwas
Ursprüngliches halten können, ob wir nicht vielmehr an-
nehmen müssen, daß ein Gott, dessen Heldenkraft und Kampf-
lust längst anderswoher bekannt war, dessen Kraft und Stärke
sich auch auf andern Gebieten bewährt hatte, den Menschen
erst allmählich zum Vorkämpfer auch bei ihren Streitigkeiten
geworden ist, Ich glaube durchaus das letztere und finde es
überall bestätigt. Die großen Kriegsgötter Indra, Thor, auch
Athene haben sich auf diese Weise entwickelt; ‚der Mond,
so sagt Alfr. Hillebrandt in seiner Vedischen Mythologie!,
gilt als kriegerischer Gott. Auf Münzen indoskythischer,
baktrischer Kónige erscheint er mit einem Schwert umgürtet.
Er ist seiner Natur nach in erster Linie ein Kämpfer
gegen die Finsternis', Auch bei den Mexikanern ist nach
Prof. Seler? die Mondgóttin Kriegsgóttin. Der Gott Uitzi-
lopochtli entsteigt wie Pallas Athene in Wehr und Waffen
dem Leibe seiner Mutter.
Von Venus Urania sagt Preller?, ,sie wurde zugleich
als kriegerisch bewährte Siegesgôttin und als die be-
fruchtende Mutter aller Dinge verehrt‘.
Mars war nun den Italikern ohne Zweifel nicht bloßer
Kriegsgott. Cato in seiner Schrift über den Landbau nennt
den Vater Mars wiederholt unter den mächtigsten Göttern der
Viehzucht und des Ackerbaues. Der Ackersmann soll so zu
ihm beten: ‚Vater Mars, ich flehe zu Dir und bitte Dich, daß
Du mir, meinem Haus, meinem ganzen Hausstande günstig
und gnädig sein wollest; zu welchem Behufe ich die Suove-
taurilien um meinen Acker, mein Land, mein Grundstück
habe herumführen lassen; daß Du alle Krankheiten, sicht-
bare und unsichtbare, die Seuche und Verheerung, Schaden
und böse Witterung abhalten, abwehren und abwenden
mögest; daß du allen Feldfrüchten, allem Korn und
dem Weinberge und Baumgarten gutes Gewächs und
1) I 840. — ?) Zach. f. Ethnol. 1907 S. 11.
3) Röm. M.? S. 389. — Pr. a. a. O. 801.
22
Siecke, Der Vegetationsgott,
gutes Gedeihen gewähren, Hirten und Vieh behüten,
und mir, meinem Haus und Hausstande gute Gesundheit und
alles Heil verleihen mögest‘.
Hier haben wir alle Funktionen des zum Vegetationsgott
umgeformten alten Mondgottes. Er ist Herr des Viehs,
(paçupati), der Feldfrüchte, Heilgott, Witterungsgott.
Zugleich ist er Kriegsgott. Zu beachten sind nun noch
folgende Züge:
Sein heiliger Schild ist das ancile, d. h, ein auf beiden
Seiten ausgeschnittener, wie er auch für die Juno Sospita als
für die Mondgóttin kennzeichnende Beigabe war. Ich habe
mich ia meinen ,Gótterattributen' zu zeigen bemüht, daß die
alten Beigaben oder Attribute oder sogenannten Symbole ehe-
malige Formen der Gótter selbst darstellen. Wie der halbmond-
fórmige Schild der Amazonen Zeugnis für ihren ehemaligen
Mondcharakter ablegt, so legt das aus zwei aneinandergelegten
Halbmonden (dem zu- und abnehmenden Monde) gebildete ancile
Zeugnis ab für den Mondcharakter des Juno wie des Mars.
Mars hat mit Juno verschiedene Stiftungstage von Tempeln
und Festen, und zwar immer an Kalenden gemeinsam!, Der
erste März galt als sein Geburtstag (wobei zu be-
achten ist, daß der von den Italikern nach dem Gotte be-
nannte Märzmond nicht überall in derselben Jahreszeit ge-
feiert wurde); die Feier durch die Tänze der Salier?) verrät
Mondbeziehung; das Erscheinen des Neumondlichtes an den
Kalenden (dem ersten) wurde ehemals mit Jubel und freudigen
Tänzen begrüßt. Am 9. März fand eine abermalige Festfeier
seitens der Salier statt (da haben wir die alte neuntägige
Mondwoche), am 14, Tage (am Vortage der Iden) vertrieb man
den Mamurius Veturius, der spáter, als aus dem Monatsfest
ein Jahresfest geworden war, wohl als ,Vegetationsdámon' im
Mannhardtschen Sinne aufgefabt worden ist, so da die ganze
Zeremonie wohl ein ,Winteraustreiben'* bedeuten konnte, ur-
sprünglich aber bezog sie sich wahrscheinlich auf den Sehwarz-
mond, dessen Reich mit den Iden, dem Vollmondstage, zu
Ende ging.
!| Wissowa S. 183f. — ?) Vgl. C. Fries, Zagmukfest S. 98—96.
tte Éd
23
Bei Ovid und bei Festus ist ein Mythus bezeugt, wonach
Mars von Juno ohne Gemahl, infolge des Riechens an einer
Blume geboren wurde. Wäre dieser Mythus, wie einige Ge-
lehrte (z. B. Prof. Wissowa) wollen, nichts als der Abklatsch
des griechischen, von der ungeschlechtlichen Empfängnis des
Hephaistos durch Hera, so wáre schwer einzusehen, weshalb
statt des Vuleanus eben Mars genannt würde. Ich halte den
Mythus für einen echt italischen; die ungeschlechtliche Geburt
spielt bei vielen Mondmythen eine Rolle (am bekanntesten ist
die der Athene; aber auch die Sage von dem aus dem Himmel
geschleuderten Hephaistos gehórt hierher) Mars ist nichts
anderes als die Wiederholung seiner Mutter, wie Dionysos die
Wiederholung der Semele ist.
Ich verzichte auf die Aufführung noch weiterer Züge, die
für des Mars Mondwesenheit sprechen kónnten, z. B. der ihm
heiligen Tiere, des Wolfes, des Spechtes, desStieres, des Rosses.
Sie kónnten ja vielleicht auch anders zu erklären sein. Nahe-
liegend ist die Vermutung, daß auch Mars im Lauf der Zeit
sonnenhafte Züge an sich gezogen hat. Die Erzählung, daß
Anna Perenna den Gott bei seinen Liebesbewerbungen um
Minerva genarrt, und daß sie ihm für Minerva (das dürfte
die sabinische Göttin Nerio sein) untergeschoben worden
sei, sieht wie eine spafihafte Form des íegóc yduoc aus. Im
Anschluß an diesen Mythus scheint ein heitres, volksmüfiges
Spiel, ein alter volkstümlicher Mimus bestanden zu haben;
daß derartige kultische Spiele uralt sind, vor der Vólker-
trennung der Indogermanen bestanden haben, worüber be.
kanntlich Prof. Leop. v. Schroeder in seinem Werk ,Mysterium
und im Mimus Rigveda‘ gehandelt hat, dürfte nicht zu be-
zweifeln sein.
Auch derartiges spricht für das ehrwürdige Alter der
Vorstellungen, die, wie ich mich bemüht habe darzulegen, den
alten Gestalten der sogen. ,Vegetationsgótter' zugrunde liegen.
Manche klingen deutlich vernehmbar bis in die Neuzeit
hinein undzeigen somit eine unverwüstliche Kraft und Zühigkeit.
Ich leugne nicht, um dies zu wiederholen, daf jüngere Vor-
stellungen von Vorgàngen im vegetabilischen Leben sich
darüber gelagert haben mógen, und diese kónnen ja immerhin
94
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Siecke, Der Vegetationsgott.
auch schon recht alt sein. Somit will ich Mannhardts An-
sichten von Korn- und Feldgeistern, von Baumseelen, Lenz-
brautpaaren usw. hier gar keiner Beurteilung unterziehen.
Nur im Vorbeigehen will ich bemerken, daß.z. B. der heilige
Baum, die Pinie, die im Attiskult eine Rolle spielt (Attis soll
sich unter einer Pinie entmannt haben), mir ein Abbild des
Weltbaumes, d. h. des Sternenhimmels, der Aste und Zweige
mit Sternen als Friichten daran hat, zu sein scheint. Die von
den Verehrern des Attis an den Baum gehängte Puppe soll
nach Mannhardt das ,dem Baume innewohnende Numen
der Vegetation bezeichnen‘. Ich möchte eher meinen, daß
sie ein Abbild des entmannten Gottes selbst, d. h. des unter
dem Himmel oder am Himmel zugrunde gegangenen Mond-
gottes sein sollte.
Auf viele andere sogenannte Vegetationsgótter, wenn auch
nicht auf alle, werden sich meine Auseinandersetzungen, da-
von bin ich überzeugt, übertragen lassen. Es kommt bei
allen selbstverstándlich auf genaue Untersuchung der Einzel-
heiten an.
[ch schliefe mit einem Zitat aus Prof. Ehrenreichs All-
gemeiner Mythologie (125): ,Der Mond steht immer in engster
Beziehung zur Erde, zunächst als Vegetations- und Unter-
weltsdámon oder Numen. Er ist Vegetationsgott nicht im
Sinne eines Korndämons, d. h. einer auf animistischer
Grundlage beruhenden Keimseele, sondern einer von
aufjen her auf das vegetative Leben wirkenden Macht.
À, W, Zickfeldt, Osterwieck/Harz.
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Zweigbibliothek Europäische Ethnologie
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