I,
Rudolf Lorenz
Anter der Plcichssturmfahne
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Hohentwielspiel
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Denm ve
—8
—
—
9
Der Verfdiier
behält sich und seinen Erben oder Rechtsnduchtolgern
das adusschließliche Recht vor, die Erldubnis zur
öffentlichen Hufführung duch einzelner Teile und
zum Uebersetzen des folgenden Stückes zu erteilen.
—2
5.
——
—
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26.
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Seiner IIlqjestät
Kqiser Wilhelm II.
inI
tiefster Elirfurcut gewidmet
vom Verfdsser.
——
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A53—
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277
27
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Rudolf Lorenz.
Unter der
Reichsiturmfahne
(Hohentwiellpiel).
Deufsche Vorgänge.
— 2
*— 9
—83
Xæse
Wilh. Cangguth's Buchdruckerei
Eßlingen a. V.
4706
Einteilung der deutschen Vorgänge:
„Unter der Reichsĩturmiuhne“.
A) Hohentwielspiel:
J.
Das Maienlest auf
Hohentwiel
Konrads Verbannung).
B) Historische Zeitbilder:
(Zwischenvorgänge).
a)
Karl der Sroßze verleihit
den Schoaben die
Reichssturmfahne.
II. Hildegards Trauer,
b 1. Hadwig u. Ekkehard.
2. Die Hunnenschlacht.
III. Konrads Rückkelir.
0) Friedensschluß in
Konstanz.
1. Barbarossa in der Bischofs—
burg.
2) Die Reichsversammlung.
IV. Der Raubritter.
d) Konradin und, friedrich
von Baden im Kerker zu
Jledpel.
veulsche
—
vocherei
———
— —
—2
4
V. Hochzeit auf Hohentwiel und Hufbruch 2zur
Königskrönung.
IA —F ν
Vorwort.
Meinen Bürgerspielen „August Hermann Francke“ und „Lichten—
stein“ (J. und II. Teil) lasse ich nach dreijähriger Pause als drittes
deutsches Spiel
„Anter der Reichssturmfahne“
folgen.
Sonnige, farbenreiche Herbststimmungen am Hohentwiel und an
den Ufern des Bodensees, der Anblick zahlreicher Burgtrümmer auf
den Bergen des Hegau lenkten das träumerische Sinnen rückwärts
zur Pracht der alten Kaiserzeiten mit ihren kraftvoll strebenden und
kämpfenden Menschen ... und ließen die unter der Sonne wandern⸗
den Wolken mir hie und da den Blick auf einen der zahlreichen
sonnig verklärten Minnesängersitze frei, so gesellte sich manch' lieblich
Bild zu den großen geschichtlichen Gemälden; die Phantasie verwob
beides: Kraft der frühmittelalterlichen Zeit und lockende, kernfrische
Schönheit der Sitten und Gebräuche, wie sie im Lied, im Reigen,
in Turnierspielen, im Leben in Dorf und Burg sich zeigte.
Aus losen Fäden wob sich die Dichtung und sie stellt deshalb
kein festgezimmertes dramatisches Gefüge dar, sie will kein
Drama sein. So wie der fröhliche Wanderer nach seinem Wege
durch die herrliche Landschaft Alemanniens im bunten Wechsel an
deutsche Vergangenheit erinnert wird durch Burgen und Klöster,
Berge und Täler, Flüsse und Seen, wenn er abends beim funkelnden
Weine die Eindrücke des Tages auf sich wirken läßt, so möchte
— das ist mein Wunsch — der Besucher des Hohentwielspiels
„Unter der Reichssturmfahne“, bei behaglicher Muße im Burghof des
Schauspielhauses, die Vorgänge an sich vorüberziehen lassen. Leicht
wird er die eingesprengten historischen Vorgänge vom eigentlichen
Hohentwielspiel einerseits abheben, andererseits sie zu ihm in innere
Beziehung setzen können, zumal die Handlungsreihen sich auf g e—
trennten Bühnen vollziehen.
Daß zwei historische Zeitbilder dem Andenken Scheffels ge⸗
widmet sind, ist am Hohentwiel als Schauplatz des „Ekkehard“ selbst⸗
verständlich; es hieße die Pietät gegen den großen Dichter verletzen,
wenn er und sein Werk in einer Hohentwieldichtung ausgelassen
würden, sobald die Einteilung des Stoffes es nur einigermaßen
zuläßt.
Glücklich würde ich sein, wenn als bleibende Wirkung im Zu⸗
schauer das vaterländische Empfinden sich auslöste und steigerte, das
mich bei der Schaffung des Spiels, im Hinblick auf unsere Tage,
beseelte: Gedenken wir der deutschen Volksseele und
ihrer Eigenart, sammeln wir uns, wie unsere
Vorfahren in alter Zeit unter der Reichssturm—
fahne, einig in Treue zu Kaiser und Reich, um die
großen deutsch-völkischen Jdeale und dann mögen
die verderblichen Stürme der Zeiten erbrausen, sie
werden sich brechen am Felsen des VDeutschtums!
Das walte Gott!
Hohentwiel im Frühling 1906
Kudolf Xorenʒ.
Personen Pexzeichnis.
A) Hohentlwiellpiel.
Anna v. Habsburg, Königin
von Deutschland.
Albert v. Hohenberg, Graf.
Heinrichv. Fürstenberg, Graf.
Hugo v. Werdenberg, Graf.
Ulrich v. Klingen, Herr des
Hohentwiel.
Richenza, seine Gattin.
Konrad v. Blumeneck,
Meisterknappe.
Hildegard von Werdenberg,
Edelfräulein.
Kunz von Fridingen, Ritter.
Sintram, Burgkapellan.
Eginhard, Pförtner.
Hans, der Falkner.
Heinz, Wächter.
Der Sarjant.
Heinzelin, der Küchenmeister.
Dietrich, der Kämmerer.
Der Fronbote.
Ein Schöffe.—
Meinhard, der fahrende
Sänger.
Mechtihd, die Obermagd.
Folen de
Hiltrat
Gretel, Braut des Mägde
Falkners.
Darbian, Höriger.
Walther, Ammann v. Singen.
Diethelm Hörige aus
Berthold Singen.
Die 83 Knaben der Burgherr—
schaft: Lothar, Friedrich und
Rudolf.
Bpielrollen:
Der Bischof von Konstanz. Konstanzer Patrizier. Hegauer, Aargauer,
Thurgauer, Baar-Ritter. Gefolge der Grafen Hohenberg, Fürsten—
verg und Werdenberg (Marschalk, Kämmerer, Knappen, Knechte).
Landleute aus Singen, Radolfzell (Fischer), Hegau, Baar und Thur—
gau (Trachten). Turnierherolde. Fahrendes Volk (Spielleute ꝛc.)
Weiber. Kinder.
B) Historische Zeitbilder.
J. Karl der Grotze verleiht den Schodben die
Reichsiturmfahne.
Karl der Große, König der
Franken.
Gerold, Graf d. Berchtoldsbaar.
Alf, sächsischer Edler.
Otker, longobardischer Edler.
Hardrat, Graf der Thüringe.
Fardulf, thüring. Edler.
3 schwäbische Edle.
2 thüringer,
Wolfram, fränkischer Edler.
Spielrvllen:
Fürsten, Bischöfe, Priester, Edle (aus allen Teilen des Frankenreiches)
Gefolge und Diener derselben. Der Hofstaat des Königs (GHofchargen),
Beamte, Knappen, Diener).
II. a) Hadwoig und Ekkehard. b) Die Hunnenschlacht
Had wig,Herzogin in Schwaben. Rau ching, sein Dienstmann.
Prarxedis. Moengal,; Leutpriester von
Abt Cralo, Abt v. St. Gallen. Radolfzell.
Abt Wazmann, Abt von Ellak, Hunnenführer.
Reichenau. Ein Hunne.
Eklkehard, Pförtner von Erika.
St. Gallen. Die alte Waldfrau.
Simon Bardo, Mönch. Audifarx, Ziegenhirt.
Der Alte aus der Heiden— Hadumoöth, Gänfehirtin
höhle (Karl der Dice).
Bpielrollen:
Mönche von St. Gallen. Mönche von Reichenau. Hunnenkrieger.
Hunnentroß (Weiber und Kinder). Ritter, Mannen (des Hegau),
Bauern, Fischer (aus Singen und Radolfzell). Reisige, Knechte,
Mägde (vom Hohentwiel).
III. Friedensschluß in Konltanz.
Friedrich J. (Barbarossa), Rudolf von Siebenaich.
römischer Kaiser. Reichskämmerer.
Bischof von Konstanz. Gesandter von Mailand.
Berthold von Zähringen. „Piacenza.
Otto von Wittelsbach. „Parma.
GrafWelf. F „Cäsarea.
Kanzler des Reiches. Der Ammann v. Konstanz
Bpielrollen:
Heinrich, König der Deutschen. Friedrich, Herzog der Schwaben.
Konstanzer Patrizier. Die Reichsfürsten. Weltliche und geistliche
Würdenträger und Fürsten. Beamte und Edelleute aus Deutschland
und der Lombardei. Gefolge des Kaisers, der Fürsten u. Gefandten.
Pagen ꝛc. Volk von Konstanz.
25
Herzog Konradin.
Friedrichv, Baden, Markgraf.
Graf von Lancia.
IV. Konradin im Kerker.
Graf Gerhard von Pisa.
Deutscher Ritter.
Graf Bari.
Spielrolleu:
Deutsche Ritter. Wachen. Mönche. Gerichtsbeamte.
Hohentwielspiel.
Erster Vorgang:
Das Muierufest auf Hohentwirl.
Burghof.
Rechts und links Türme (Bergfrit und Frauenturm). Im Hinter—
gruud Burgtor mit Turm, rechts und links anschließend Mauer mit
Wehrgängen.
Der Schauplatz bleibt bei allen Vorgängen des Rahmenspiels derselbe,
J. Auftritt.
Heinz (der Türmer) Gläst das Morgenlied):
Das Taglied kling' mit starkem Ton,
Die Nacht schwand hin, es taget schon,
Die Morgensonn' scheint in den Saal,
Wohlauf Ihr Ritter überall,
Wohlauf es ist Tag! *)
Konrad (kommt aus dem Bergfrit die hölzerne Treppe herab mit
Helm und Brustharnisch, späht zu den Frauenkemenaten hinauf
uͤnd summt das Morgenlied).
Sie sieht nicht her, so ist's denn aus,
Umsonst mein treues Minnen!
(Er geht zum Brunnen, setzt sich)
Jetzt freut mich nimmer Spiel und Rei'n,
Der Maiensonne warmer Schein;
Sieht sie nach mir nicht freundlich aus,
Ist alle Lust von hinnen.
*) Nach Herbert von Fritzlar, lebte im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts am Hofe
des Lanbgrafen von Thüringen.
2
Eginhard (hat von seiner Zelle aus Konrad beobachtet und tritt
zu ihm).
He, Junker Konrad, aufgewacht!
Hat Euch in der Walpurgisnacht
Ein Unhold leis' beschlichen?
Den Maien holen bald fie ein,
Da gilt es doppelt fröhlich sein
Beim Tanz dem wunniglichen.
Konrad.
O guter Pförtner, käm doch bald
Die Zeit, da mit dem Schwerte
Als Ritter, wenn der Schlachtruf schallt,
Ich Heldenruhm begehrte.
Das Lied der Frühlingsvögelein
Für mich ist's nicht erklungen!
Eginhard.
Hoho, ich merks: das Herzelein
Ist Euch am End' gesprungen ...?!
Kounrad (will auffahren).
Eginhard.
Ich mein' es gut, zähmt Euren Zorn;
Bin auch einst jung gewesen,
Saß an der Minne Schmerzensborn
Und — bin doch auch genesen.
Nehmt guten Rat vom Eginhard:
Die Lenzluft schafft das Tosen
Da drin, doch auf der Maienfahrt
Führt wilder Schmerz zum Kosen.
Die Trautgesellin wählt Euch aus,
Den Kranz im goldnen Haare,
Und (chaut schelmisch zum Frauenturm hinauf) späht sie
just nicht nach Euch aus,
Ihr Minnen ist das wahre.
So weißt Du von schön Hildegard ...?
O Pförtner, laß Dir sagen —
— 8 —
Eginhard ceinfallend).
Daß Ihr der Jungfrau hier geharrt, —
Konrad.
Ihr Herz wollt' ich befragen!
Im Turme öffnet sich eine Tür und auf die Line tritt Hildegard,
wirft ein Schapel aus Epheu und Anemonen nach Konrad und
flieht schnell in den Turm.)
Eginhard chat Hildegard gesehen, heiter).
Da seht die Antwort! Gilt der Kranz
Zur Maifahrt nicht dem Trauten?
Konrad scschaut entzückt nach oben).
Hab Dank, Du Holde! Jetzt zum
Der Unhold, den wir schauten,
Er ist gewichen! herzige Maid,
Maikönigin sollst Du heißen,
Und ging es in das Schlachtenleid
Und müßt ins Gras ich beißen:
Von ihrem roten Mund der Kuß,
In ihrem Aug' die Freudentränen.
Im Sterben schon der Ritter muß
Im Paradies sich wähnen.
(Setzt sich den Kranz auf, schnell ab mit Helm und Harnisch, laut
und fröhlich das Morgenlied singend).
2. Auftritt.
Eginhard Gonrad nachsehend).
So schmilzt die Liebe alles Leid
Der raschen blonden Jugend;
Sie kennt noch nicht des Winters Neid
Und nicht des Alters Tugend.
Aus dem Frauenturme Lachen und Schwatzen der Mägde.)
Ho ho, die kommen recht zur Zeit,
Die Trübsal wegzulachen
Im leuchtend bunten Feierkleid!
Aus oer Ferne klingt leise das Lied der Maifahrer)
Jetzt, Pförtner, gilt's zu wachen!
(Er eilt zur Pforte.)
3. Aufkritt.
Gretle, Götelinde und Hiltrat und andere Mägde
(mit Laub und Blumen), dann Mechtild.
Götelinde und Hiltrat (ingen).
Und der Hansel und's Gretel
Sind grundbrave Leut,
Der Hansel ist närrisch
Und 's Gretel nit g'scheit.*)
Lachen spöttisch).
Gretle (weint).
Gescheidter wohl als Ihr, Ihr bösen Dirnen.
Mechtild.
Ihr laßt in Ruhe mir das arme Mädel,
Sonst dürft, statt in den Mai zu geh'n, Ihr spinnen;
Und Du erzähle mir, hör' auf zu heulen.
Was ist gescheh'n?
Gretle.
Der Faden, o der Faden!
Mechtild.
Was für ein Faden?
Göoötelinde.
Den wir gestern drehten
Im Kreis in der Walpurgisnacht, wie's Sitte
Hiltrat.
Um Sinn und Art des Freiers zu erfahren.
Mechtild.
Werd ich nun endlich hören, was Dich kümmert?!
Gretle.
Ich hatt' ihn selbst am Muttergottesbilde
Drei Tage lang, wie es geboten, hängen.
(Weint stärker)
Mechtild.
Er fühlte rauh sich an, ich kann mir's denken.
) Oberrheinische Volkslieder.
Hiltrat.
Da könnte manches heulen, dummes Mädel.
Gretle.
Das wäre gar nicht arg; ich wollte hausen,
Ob rauh, ob weich der Freiersmann, in Frieden.
Der Faden aber, den ich selbst gesponnen, —
Mechtild.
Ging
Gretle.
Dir verloren?
Nein, er ist zerrissen.
Mechtild.
Zerrissen? Mädel, das bedeutet schlimmes!
4. Auftritt.
Haus (der Falkner) (ist aus den Ställen kommend hinzugetreten).
Ich hielt Euch doch für klüger, Mutter Mechtild!
Was wird's denn weiter zu bedeuten haben,
Als daß aus Neid zwei gift'ge böse Mädchen
Am Faden rissen, diese hier zu ärgern.
Mein Gretle, guck, sie wollen Dich nur quälen!
ESetzt sich zu ihr.)
Mechtild.
Du heillos' Mannsbild, o Du bist ja schlimmer
Als im gelobten Land der Sarazene!
Weil Du mit Deinen Falken, Deinen Sperbern
Bei unsrer lieben Herrschaft gut gelitten
Und mehr Dich dünkst als wir, willst Du bestreiten
Den alten Brauch und willst wohl gar verlachen,
Daß böse Geister hausen und uns schaden,
Wenns zwölse ruft in den Walpurgisnächten?!
Hans.
So lachst Du wieder?
Gretle.
O mein guter Hansel!
—6 —
Hans.
Die Burgfrau kommt bald, trockne rasch die Tränen.
(Zu Mechtild)
Unholde sah ich schon am hellen Tage.
Die Mädchen.
Ist's wahr und wo?
Hans (winkt geheimnisvoll und sieht in den Brunnen).
Gewiß, ihr Mädchen, schaut nur!
Ihr, Mutter Mechtild auch, dann seht Ihr (zählt) sieben.
(Er springt mit Gretle lachend davon.)
3. Auftritl.
Mechtild.
Du Tagedieb!
Götelinde.
Du Narr!
HSiltrat (lacht).
Flink an die Arbeit,
Der Maizug naht, uns fehlen noch die Kränze
Götelinde (seht Hans und Gretle herausfordernd nach).
Der Hansel ist närrisch
Und 's Gretel nit g'scheit!
Die Mädchen setzen sich und winden Kränze.)
Hiltrat (fingt, die andern stimmen ein).
Faden i zieh Di,
Walpurga ni bitt Di:
Zeig von mein'm Mann
Alle Seiten an.*)
Götelinde (singt).
Ich weiß ein fein' braun's Mägdelein,
Wollt Gott sie wäre meine,
) Nech Schmid.
Die müßte mir von Haberstroh
Wohl spinnen braune Seiden. *
Hiltrat.
Und soll ich Dir von Haberstroh
Wohl spinnen braune Seiden,
So mußt Du mir von Eichenlaub
Zwei Purpurkleide schneiden.
Götelinde.
Und soll ich Dir von Eichenlaub
Zwei Purpurkleide schneiden,
So mußt Du mir die Schere hol'n
Zu Kölne an dem Rheine.
Hiltrat.
Und soll ich Dir die Schere hol'n
Zu Kölne an dem Rheine,
So mußt Du mir die Sterne zähl'n,
Die an dem Himmel scheine(n).
Gölelinde.
Und soll ich Dir die Sterne zähl'n,
Die an dem Himmel scheinen,
So mußt Du mir ein' Leiter bau'n,
Daß ich darauf könnt' steigen.
Hiltrat.
O weh, es reicht nicht.
Mechtild dcie sich inzwischen langsam beruhigt hat).
Gehe schnell zum Garten.
Hiltrat.
Ja, Mutter Mechtild! Wer kommt mit?
Die Mädchen.
Wir alle.
(Ab in den Burggarten).
*) Uhland, alte hoch⸗ und niederdeutsche Volkslieder.
⁊
6. Auftritl.
Gretle.
Wenn Du mich liebst, mein Hans, so bin ich fröhlich!
Hans.
Und wenn der Wein gereift, ist unsre Hochzeit!
7. Auftritt.
Heinz (der Sarjant).
Des Herren Roß und auch die beiden Zelter!
Die Herrschaft will Graf Hohenberg geleiten.
Mach hurtig, Hans, die Federspiele hole —
Vom Maifest soll's zur Reiherbeize gehen.
Gretle.
Dann muß ich fort.
(Eilt abhj).
Dietrich der Kämmerer, die Knappen und Reisigen Hohenbergs,
führen die Rosse herbei.)
Hans.
Ist unser Gast nicht müde?
Dietrich.
Sind wir doch nur von Konstanz hergeritten.
Hans. V
Doch vorher von der Habsburg bis zum Rheine?
Dietrich.
Es war ein scharfer Ritt. Jedoch Graf Albert
Liebt Sang und Spiel; ist er doch selbst ein Sänger.
Heinz.
Und das muß wahr sein; als des Grafen Schwester
In Rotenburg den Grafen Habsburg freite,
Hab' ich ihn selbst gehört. Ein edler Ritter!
— 9 —
8. Iuftritt.
Eginhard (ist dazu getreten).
Wie unser Burgherr!
Dietrich.
Eginhard.
Das tut dem Herren gut. Seit jene Welschen
Uns unsern Herzog Konradin gemordet,
Beherrscht ihn Schwermut und ein Wunder nenn' ich's,
Daß er zur Beize sich und Maifahrt rüstet.
Dazu frohen Mutes!
Dietrich.
Die Herren kommen. Ist gerichtet alles?
(Ab nach verschiedenen Seiten).
9. Aufkritt.
Ulrich von Klingen (geleitet Graf Albert von Hohenberg).
Liebwerter Graf, seht mir es nach, wenn heiter
Und froh ich mich nicht zeige, wie ich sollte. —
Graf Albert.
Nichts sollt Ihr; ich verstehe Eure Trauer!
Auch mir hat's wild das Blut erregt, da unser Herzog,
Da unser Kaiserhaus ins Elend kommen.
Erst jüngst, als ich bei meiner Schwester Gertrud
Und ihrem Manne auf der Habsburg weilte,
Ist Deutschlands Schicksal unser Schmerz gewesen
Im Denken und im Wort, und als ich heimritt,
Gemahnte mich der Bodensee der Tage
Des Glanzes, da um ihren jungen Herzog
Sich Schwabens Ritterschaft zur Huld'gung scharte.
Die Zeiten sind verweht, sie ließen allen,
Die treu zum Reiche halten, schwere Pflichten,
Denn vorwärts muß man denken, an das nächste,
Das ist die Königswahl.
10 —
Ulrich von Klingen.
Ja schon seit Jahren,
Wenn's endlich helfen würde, wenn nicht käuflich
Der Herrscherstuhl, nicht Habgier lenkt die Wahl!
Graf Albert.
Im Frühlingswind hört ich ein Vöglein singen,
Von froher Zukunft klangs, von Friedenszeiten.
Und wie der Wind die Saaten hob und beugte
Auf meinem Ritt vom See zum Hohentwiele
Und mirs im Herzen froh ward, wider Willen,
Gedacht ich meines Vetters Friedrich Zollern,
Der fest und doch beweglich folgt in Nürnberg
Des Reichs Geschicken und muͤ klugem Ratẽ
Und scharfen Blicks und ehrlich prüft die Männer,
Die für den Königsthron in Frage kommen.
Drum bin ich froh, der bringt zum guten Ende,
Was einmal festgepackt sein zäher Wille.
Gebt Acht, noch eh' der Schnee ins Land gefallen,
Hat Deutschland einen Herrn, gerecht und kräftig.
Den Kopf hoch, Freund, und hofft auf gute Zeiten.
Blickt auf zu Eurem lieben holden Weibe,
10. Auftritt.
(Richenza ist mit den Edelfräulein aufgetreten.)
Dem ich mit Freuden meine Huld'gung weihe.
Begrüßt Richenza)
(Man hört den Maizug noch näher.)
Und blickt aufs Volk, dann merkt Ihr wo die Kraft ist!
Ob rauh die Stürme durch die Lande fegten
Und niederbeugten, was zu schwach zum trotzen
Das Volk steht fest und wurzelstark wie immer.
Wo so trotz Not und Fährde Frohsinn waltet,
Da zieht der Frühling stets aufs neue ein.
Richenza.
Wie froh bin ich, daß Ihr den Trübsinn banntet
Bei meinem Herrn, Ihr gebt ihn mir zurücke.
— —
— 11 —
Ulrich.
Wer kann Euch beiden widersteh'n, Ihr Guten!
Ich bin so hart nicht wie der Fels des Twieles —
Richenza.
So hart nicht, doch so trotzig, doch so mürrisch,
Wie unser Berg, wenn Nebel ihn umhüllen.
Still, still, der Mai ist sonnig eingezogen,
Was kümmert noch der starre Winter uns!?
Ich freu' mich wie ein Kind! Zu Roß, Ihr Herren,
Das Maienfest auf Hohentwiel beginne!
Zum Frühlingsreien, Mädchen! Als den ersten
Schmückt unsern lieben Gast mit blum'gem Schapel.
Du Hildegard, dem Burgherrn Dein Gewinde;
Das nicht, das andre, Kind! Was träumst Du wieder?
(Hildegard ist aufgefahren, schmückt Alrich.)
Richenza.
Dacht ich's, sobald sein Liebling naht, wie schwinden
Flugs finst'rer Blick und böse Sorgenfalten.
Ulrich.
Sie ist mein Liebling — (zu Hildegard) Gelt? —
von ihrem Vater
Dem alten Freund mir anvertraut und wahrlich —
Richenza (zu Hildegard).
Hol' uns die Kinder, daß wir Abschied nehmen.
(Hildegard ab).
Ein Kerkermeister kann nicht grimmer schauen
Auf jeden Jüngling, der der Maid sich nähert.
Ulrich.
Weil ich dem Freunde Rechenschaft bin schuldig,
Weil ich sie liebe, wie die eignen Kinder.
(scherzhaft drohend)
Seht einmal an, im grauen Haar den Leichtsinn.
Richenza.
Nuͤn seht den Brummbärl Hab ich Recht, Herr Albert?
12 —
Albert (lachend)
Ihr liebt sie beide gleich, drum schaffet Frieden!
Sind soviel Jünglinge in Eurer Nähe,
Daß die Gefahr so groß und nahe draͤuet?
Zwar gern gesteh' ich: Eurer Knappen Wesen
Hat mir behagt; den Ihr mir zugewiesen,
Den Konrad, Sohn des Blumeneck, des Wack'ren,
Möcht ich Euch gern nach Rotenburg entführen.
Ulrich.
Er ist ein wackrer Bursch, nur allzu säumig
In letzter Zeit —
Richenza.
Geh' Ulrich, sei gerecht nur
Und schilt den Konrad nicht.
Ulrich.
Er ist Dein Liebling!
So sind wir quitt. Die Maienfahrer kommen,
Nehmt Euren Platz, Freund, ihr zur Seite ein.
(Das Burgtor wird weit geöffnet, der Maienzug zieht ein. Gleich—
zeitig kommen die Burginsassen in den Hof. An der Spitze des
Zuges Spielleute mit Schalmeien, Fiedeln, Flöten, Pfeifen,
„Sumber“ Pauken] und „Tambure [Trommeln]. Dann die
Reihenführer. Der Ammann lMaier] von Singen. Burschen
F Maibaum. Während des Umzuges und der Aufstellung
esang.)
Es grünet in dem Wald;
Ich vernahm der Vöglein Singen nie so mannigfalt,
Der Mai ist in dem Lande hie:
Drum freut Euch jung und alt
Der lieben Sommerzeit!
Heb' Dich, Winter, laß den Streit,
Und fleuch von hinnen bald!
Wohl auf zu der Linden!
— 13 —
Da soll man die Jungen all beieinander finden,
Da wird unter Kranze
Zu Tanze
Gesungen! Heia, nu hei!*)
Der Maier von Singen (trritt vor)
O Herre, wollt vergeben,
Und hohe Fraue mein,
Daß wir mit Lust und Leben
Im's Burgtor zogen ein.
Den Maien einzuholen,
Den Gott der Herr geschenkt,
Ist's was schon lang verstohlen
Das Herze uns gelenkt.
Wir bitten, wollet richten
Auf uns're Freud' den Blick,
Damit wir so vernichten
Des Kummers falsche Tück!
Ulrich.
Ich dank Dir Walther für das Wort,
Ihr seid in Hohentwieles Hort;
Den Reien tanzt, dann fort!
Frühlingsreien.
Es freit ein lust'ger Geteling
Um eines Bauern Muhmen.
Wir greifen an geschickt das Ding
Und gehen in die Blumen,
Brechen Rosen zu einem Kranz,
Die wir in dem Maien tragen zu dem
Mezzel (Mechtild) wie gefall' ich Dir,
Auf Dein' Treu', das sag' Du mir.
Tanz.*)
Run pfeifet auf Herr Spielemann,
Daß Gott Euch ständig lohne.
Ihr lebt im hoffnungsvollen Wahn,
*) Neidhardt v. Reuenthal (Uhland).
— 14 —
Daß Bohnenspeis' Euch lohne.
Sie soll Euch werden unversehrt,
Wo man gibt was Ehre lehrt,
Bin ich's, der Eu'r Gut gewiß vermehrt.
Mezzel ete.
Da pfeift er auf dem Holderrand,
Es war ihm wohl zu Mute,
Er nahm Frau Juten bei der Hand,
Frau Elsen und Frau Trute,
Den Eisenbühl er auf sich band,
Zwei Blechhandschuhe zog er auf die Hand.
Mezzel ete.
Sein Schwert das heißt der grimme Tod,
Wie'n Ritter kann er reilen.
Er hat erlitten manche Not
In vielen heißen Sireiten.
Er schlug sie ab mit leichter Hand,
Daß ihrer fielen siebenunddreißig auf das Land.
Mezzel ete.
Die Sporen band er um den Fuß,
Die hingen voller Schellen
Er bot Frau Adelheid den Gruß,
Herrn Swinhilt und Herrn Kellen.
Da traten sie den Hoppaldei,
Sie sprach Lieber Conrad, von Sorgen bin ich frei.
Mezzel ete.
Sein Haar das ist geringelt fein,
Des Nachts mit Fleiß geschnüret,
Die Füße leiden große Pein,
Wenn er den Reien führet.
Mit manchem neuen Zippeltritte
Mechthilden schmerzvoll ehrend pflegt er neuer Sitte.
Maezzel etc.
15
Sein' Hauben⸗Nestel die sind lang,
Zwei Muskat dran gebunden.
Die haben allzu weiten Schwank,
Damit versetzt er Wunden
Den schönen Maiden in dem Tanz
Mit dem Gespring, der närr'sche Gumelanz.
Mezzel ete.
Ulrich.
Nun fort zum Wasen, tanzt und springt
Ihr findet reiche Atzung dort.
Maier.
So reiht Euch um den Herrn und singt:
Heil unfrem Herren fort und fort!
II. Reihen Geird gesungen und getanzt).
Nun ist ganz zergangen
Der Winter kalt,
Mit Laube wohl behangen
Der grüne Wald.
An Wonne reich
Singen Vöglein zart und weich,
Sie singen früh und spät und loben den Maien
Drum so treten wir den Reien!*)
Der Zug entfernt sich).
12. Auftrill.
Konrad.
Erlaubt Ihr, Herr, daß ich dem Reien folge
Mit Jungfrau Hildegard hinaus zum Tore?
Ulrich.
Vergißt Du ganz Dein Amt .bei uns'rem Gaste?
uͤnd bist kein Knabe, bist der Meisterknappe!
Und schau, den Kranz im Haar, wer gab das Schapel?
Du schweigst und Hildegard senkt scheu die Augen?
F Keib hardt v. Reuenthal.
16 —
Konrad.
Herr Ritter, zürnt mir, wenn Ihr könnt; Ich liebe!
Ulrich.
Die Jungfrau hier an meiner Seite?
Konrad.
Ulrich.
So tust Du Schmach mir an vor uns'rem Gaste.
(Will auf ihn ein.)
Konrad.
Herr Ritter,
Albert.
Ja, und —
Richenza.
Freund!
Ulrich.
O Mann —
Ich hab's geschworen,
Dem Vater rein die Jungfrau heimzubringen!
In Deine Kammer geh', mein gutes Mädchen,
Dir zürn ich nicht.
Hildegard.
Ulrich.
O Herr —!
Es geht vorüber.
Hildegard geht zu Richenza.)
Doch, Knabe, Dir gebühren ernste Worte.
Nicht länger weilst Du mehr an meiner Seite,
Im Frieden dieser Burg, wo Zucht und Sitte.
Konrad.
Ihr stoßt mich aus, wie einen Schuldbelad'nen,
Weil in der Brust die Minne mit erwachte,
Der einst des Ritters Dienst geweiht jein sollte?
Das höchste, reinste Fühlen wollt Ihr töten
— 67 —
Ulrich.
Dem tatenlosen Knappen ziemt nicht Minne,
Und ernst'ren Dingen ist sein Dienst gewidmet.
Hast Du verschlossen uns'rem Leid die Seele,
Packt Dich der Grimm nicht ob der Zeiten Schande?
Was ich in ernsten Stunden Dir gesprochen
Von Herzog Konradin, der ungerächet
Im Welschland fand den Tod; und wie die Jugend
Die ritterliche trachten müss', Vergeltung
Und Sühne ihrem toten Herrn zu schaffen?
Das sind die Pflichten unsrer jungen Ritter.
Das Schildamt soll den Schwaben ständig mahnen,
Daß er nach Kaiser Karl des Großen Willen
Voran im Kampf zu stehen habe; deshalb
Verlieh er uns'rem Stamm des Reiches Fahne
Und deshalb gilt's dem Herzog Treue wahren,
Voran den Deutschen unsre Ehre schützen.
Wenn erst gesühnt die Schmach, die an uns haftet,
Dann mag im, Herzen Liebe Raum gewinnen,
Wenn Du als Mann Dich ehrenhaft bewährtest!
Bis dahin meidest Du die Burg des Twieles!
Albert (unwillig).
Gebt mir den Knappen, Freund, ich will ihn blehren
Die Mäßigung, des deutschen Ritters Zierde.
Des Reiches Sturmfahn' lieh der große Kaiser
Dem Schwabenvolk! Nur für des Reiches Sache
Zu fechten kühn, gebeut die Mannesehre.
Er wirds, wird bald, so hoff ich, Euch beweisen,
Daß Ihr im Zorn zu niedrig von ihm dachtet.
Nicht in das väterliche Haus, mein Konrad,
Gen meine Burg lenkst Du mit mir die Schritte
Nun weg den Ernst! Die Maienfahrer mähnen!
Zur Reiherbeiz', Ihr Frauen, und dann heim.
Konrad.
Darf ich der Holden nicht die Minne weihen
Mein edler Herr und Ihr vieledle Fraue,
18 —
So will ich fest sie wahren hier im Herzen.
Zum süßen Tändeln sind zu rauh die Pflichten!
Ich will gedenken Eurer Abschiedsworte,
Ihr seht mich wieder, wenn der Reichssturmfahne
Als Würdiger zu folgen ich gereift bin.
Dann frei' ich um mein holdes Lieb in Ehren,
Bis dahin Hildegard leb' wohl und Ihr!
(Er springt aufs Roß und sprengt davon).
Hildegard.
Mein Konrad bleib', viel lieber will ich scheiden!
Richenza.
Mein Kind, komm an mein Herz, es wird das Scheiden
Für kurze Zeit nur sein. Zur Kemenate
Begieb Dich jetzt gehorsam, bis dem Grafen
Wir das Geleit gegeben, und dann komm' ich.
Albert.
Der wird zum Trotz Euch, Freund, ein wackrer Ritter.
Ulrich.
Es soll mir lieb sein. Auf, zur Reiherbeize.
(Alle ab).
Hildegard (zum Tor eilend).
O Konrad, Freund, Geliebter, Dein auf ewig!
(Eginhard fängt sie auf, die Kinder trösten sie.)
Hinterbühne
Erstes hiltorisches Zeitbild.
(Zwischenvorgang.)
Karl der Große verleiht den vchwahen die
Keichssturmfahne.
Königspfalz in Ingelheim. Freier Platz am Rheinufer. Teile der
aig — Fernsicht auf den Rhein.
Im Vordergrunde rechts und links Zelte. Buntes Treiben der zum
Maifeld geladenen Fürsten und Stämmie. Erhöhter Platz für den König.
1. Auftritt.
Fardulf.
Der König weilt noch in der Pfalz, umgeben
Von seinen Kindern und von seinen Räten.
Otker (grimmig).
Dieweil das Maifeld rings in Ruhe wartet!
Ein grimmig Lachen kommt mich an beim Anblick
Der Stämme und der Völker, die wie Hündlein
Die Brocken schnappen aus der Hand des Herren,
Und glücklich sind, wenn sie den Peitschenhieben
Entgangen des Gebieters. Nur der Herzog
Der Bahyern wahrt den alten Trutz und weigert
Die Huldigung dem fränk'schen Allbezwinger.
Fardulf.
Den eignen Sohn stellt Tassilo als Geisel,
Dazu zwölf Edle seines Landes! Glaubt Ihr,
Sein eigen Fleisch und Blut er werd' es töten
Durch Friedensbruch?
Otker.
Der letzte Freie war er,
Und duckt jetzt gleich den andern knurrend nieder.
20 —
He Alf, he Du, warum so finster? Lache!
Ist Frieden doch im Land der tapferen Sachsen!
Und schaue um Dich: aus dem Land der Nebel,
Der Moore und der Haiden Deiner Heimat
Bist Du durch Karls, des mächt'gen Königs Gnade
Versetzt in einen Himmelsgarten, schöner
Als Eure alten Priester Walhall' schildern.
Willst Du mich höhnen, finstrer Langobarde?
Was weißt Du von der Heimat von der fernen?
Otker.
Nicht mehr, als daß beim Methkrug in der Halle
Ein Raunen geht am Winterabend, düster
Im Flammenschein des Heerds die Wafßfen blinken
Und jäh die Faust sich ballt, als wie im Traume
Von kühner Waffentat, von künft'gen Siegen?
Ich lasse Dich allein; ich mag nicht brechen
Beschwor'nen Frieden auf dem Maienfelde
Otker.
Beschworen oder nicht; doch soll er gelten,
Gleichwie ein freies Wort noch unter Freunden!
Tut mir Bescheid im Wein, des Goldgefunkel
Das beste ist im fränk'schen Himmelsgarten
Wohl klug hat Kart den Ort gewählt, zu ruhen
Von blut'gen Kriegen, an des Rheins Gestaden,
Wo mild die Mailuft unter blauenn Himmel
Um Rebenhügel kost mit sanftem Flüstern,
Zur Freude seiner reichen Schar von Frauen
Und Schmeichlern, die met list'gem Wort ihn locken,
Ihn gruͤßen als den Herrn der Welt, begierig
Den reichen Danf und Vorteil einzuheimsen.
Und freie Männer steh'n derweil wie Sklaven,
Die in Byzanz des Kaisers Nahen fürchten.
Alf.
Alf.
Der glatten Rede bin ich nicht gewachsen.
Mein Sinn ist schlicht und ehrlich die Gedanken.
21
Noch einmal: laß mich! Suche schlecht're Männer.
Sie zu berücken mit des Teufels Künsten.
Otker.
Du tust mir Unrecht. In mir gärt der Unmut
Ob Karls Gewalttat an dem edlen Thüring
Graf Hardrat und den Seinen. Weil der schützte
Die Tochter vor dem Unwert ihres Freiers —
Fardulf.
Gleichviel ob sie verlobt nach fränk'schem Rechte!
Entreißt ihm Karl im Uebermut —
Thüringer Edler.
Geleitet
Von seinem Weib Fastrada!
Dtker.
— rauh die Tochter,
Das Vaterrecht verhöhnend, um den Franken,
Den unwillkommenen Freier zu begünst'gen.
Fardulf.
Was schiert uns Recht der Franken! Aufgezwungen
Ward uns das Recht!
Dtker.
Graf Hardrat hat gehandelt
Nach Fürstenbrauch, als er dem König Fehde
Hat angesagt ob grausam strengen Schiedsspruchs
Alf.
Den Meuchelmörder nehmt in Schutz Ihr Beide?
Otker.
Wär's Eurem Herzog Wittekind begegnet,
Du sprächest milder!
Alf.
Niemals! Hört die Antwort!
Wir haben, unser'm Herzog treu, gesochten
Durch Jahre wider fränk'sche Kriegerscharen
Und denken trauernd uns'res Volkes Ende.
Doch, als der Herzog sich zur Taufe neigte
Und sich durch Eid gelobt dem Frankenherrscher,
—
22 —
Da galt der Treueid auch für uns; wir wollen,
Was ohne Falsch wir schwuren, redlich halten
Dem neuen Herru durch Schicksals Macht gebunden
Otker.
Wie gleicht Ihr jenem stolzen Schwabengrafen
Dem Gerold! Alemannennot und Freiheit
Vergaß er, seit die Schwester Hildgard freite
Der stolze König und in Thrones Nähe
Es sich gemächlich wohnt im Königsschutze,
Bei reichen Lehen, die dem Schwäher ziemen.
J. Schwäbischer Edler.
Die Zunge reißt ihm aus dem Mund, die gift'ge,
Die unsern Grafen neidisch wagt zu schmähen!
II.Schwäbischer Edler.
Was sagt er wider Gerold?
J. Schwäbischer Edler.
Schied der König
Sich von dem Kind des Langobardenfürsten,
Ist das ein Grund, um unsern Herrn zu lästern,
Der nicht von Karl allein, von allen Fürsten
Geehrt wird und geliebt als tapfrer Führer
Im Schlachtgefild, als milder Herr im Frieden,
Der unerschrocken grade Wege wandelt?]
Die Schwäbischen Edlen.
Zu Boden schlagt den falschen Langobarden!
Alf.
Gar oftmals stand ich gegenüber Gerold
In heißer Schlacht, wenn“ er des Königs Heerbann
Geführt gen unsre Sachsenscharen. Wahrlich
Ein tapferer Feind ist dieser Alemanne
Und lästerst Du ihn hinter seinem Rücken
Gebührt Dir Strafe für den bösen Frevel.
Otker.
Steht zu mir Thüringe und Langobarden!
Verflucht Ihr feigen Hunde!
Die Schwaben. Auf ihn, Männer.
23 —
2. Auftritt.
(Ein kurzer Kampf entsteht. Aus der Pfalz kommt, während das
Getummel sich vergrößert, mit seinen Mannen, Gerold).
Graf Gerold.
In Königs Namen Ruhe! Auseinander!
Was stört Ihr frech des Maifelds Frieden!
Gebt Euch!
(Er dringt auf die Kämpfenden ein und trennt sie.)
Otker.
Du brauchst um unsern Streit Dich nicht zu kümmern.
Bist Du der König, daß Du uns gebietest?
Gerold.
Besonnen bin ich gegen Dich, den Wilden.
Dtker.
Ddu trutzest auf die Macht als Königsschwäher;
Wir tragen Deine Lehen nicht, drum schweige.
Gerold.
Dem Himmelsherren danke, daß der König
Noch nicht im Ring erschienen, Dir verginge
Das kecke Wort, gleichwie die raschen Taten.
Otker.
Wie sich Graf Gerold fürchtet vor der Stärke
Und ängstlich sinnt, wie er sich Huld erringe.
Gerold.
Nicht weiter Otker! Halt die Zung' im Zaume!
(Er stürzt vor Zorn an allen Gliedern zitternd auf Otker mit
raschem Sprunge zu und hebt die Faust zum Schlage. Otker weicht
zurück, mühsam bezwingt sich Gerold.)
Der Friede schützt Dich, finstrer Sötter. Sorge
Für zeit'ge Heimkehr, sonst: Die Stärke fürchte,
Die meinem Arm verlieh'n, Du sollst sie fühlen!
3. Auftritt.
Von der Pfalz her ertbnen Hörner, die Gruppe löst sich eilig mit
dem Ruf:
„Der König naht!“
(Alle weichen zurück und machen dem Königszuge Platz, während
im Hintergrund von allen Seiten die Großen heraneilen. König
— 24
Karl erscheint mit prächtigem, zahlreichem Gefolge. Im Ring
sind alle Völker des Frankenreiche vertreten. Wenn Karl die
Mitte der Bühne erreicht hat)
König Karl.
Was rötet Euch die Wange
Und macht die Augen blitzen, ballt die Fäuste?
(allgemeines Schweigen, während der König durchdringend die
Vtienen der Streitenden prüft.)
Im Königsfrieden dürfen meine Großen
Nicht hadern miteinander.
(er wendet sich dem Thronsitz zu)
Blast zum Anfang!
(Die Großen nehmen ihre Stellungen ein. Otker zieht sich nach vorn,
dem König sich verbergend, mit seinen Anhängern zurück):
Otker.
Graf Hardrats Freunde haltet Euch zusammen!
Mir schwant nichts gutes, trotz der Friedensworte.
Mehrere Hornstöße, es tritt Ruhe ein).
König Karl.
Willkommen in der Königspfalz, Ihr Herren!
Wir haben uns, dem Himmelsherrn zu Füßen,
Geweiht zum schweren Werk, dem königlichen
Und richten auf der Völker Wohl und Wehe
Den väterlichen Blick. Wohl wohnt der Friede
Zur Zeit im Reich und in den fernen Marken.
Bezwungen hat duͤrch unser Schwert die Feinde
Der Himmel überall, um einzusenken
Die hehre Votschaft von dem Gottessohne
In aller Herzen. Seine Boten lehren
In Nord und Süd in Ost und West die Heiden!
Wie wir als Gottes Lehnsmann treu gewaltet,
Verlangen wir die gleiche Treu bon allen,
Die unfer sind durch Manneswort ung Lehnseid!
Damit ein jeder wisse, welche Pflichten
Und welches Recht sein eigen, ward gesammelt
Der Völker und der Stämme alte Satzung
Und so nach langen Kämpfen soll den Sachsen
Gesetz beschieden sein im Königreiche,
— 25 —
Nach Sachsensitte, nach dem eig'nen Brauche.
Die Strenge waltet nur, wenn es dem Gotte,
Wenn es dem König gilt Gehorsam zeigen.
Mein tapferer Alf, empfange von dem Kanzler
Das Pergament mit unsrem Königssiegel.
(Alf tritt vor, nimmt aus der Hand des Kanzlers die, Gesetzrolle.)
Wie Frank' und Alemanne einst im Kampfe
Und dennoch eins sind unter'm Königsscepter,
So soll Dein Volk den beiden zugesellt sein,
Daß eins Ihr werdet, Ihr Germanenstämme.
(Alf tritt zurück.)
Ich denke rückwärts an die bitt'ren Nöte
Und seh' ich meine alten Krieger alle,
Dann wird das Herz mir warm und dann vor allen
Gilt königlicher Dank den Alemannen,
Die stets vorangestanden, wo's zum Angriff,
Zum opferreichen ging.
Er winkt, eine goldene Rüstung wird gebracht.)
Die gold'ne Rüstung,
Dem Herrn der Berchtoldsbaar, dem Grafen Gerold
Geschenkt von Karl, vor Augen führen soll sie,
Wie Deinem Stamm, Graf Gerold, ich geneigt bin.
(Gerold kniet am Throne nieder. Karl hebt ihn auf und umarmt
ihn unter freudigem Zuruf der Fürsten. Dann tritt Gerold zurück.
Neue Hornstöße. Gefesselt erscheinen Graf Hardrat und mehrere
thüringische Edle und nehmen vor dem Throͤne Aufstellung. Leb⸗
hafte Unruhe entsteht im Ring, ebbt ab, der König erhebt sich,
Totenstille herrscht.)
4. Auftritt.
König Karl.
Vom schönen Recht der Königsmilde wende
Ich ernstem Werk mich zu mit trübem Sinne.
Des Reiches Kämm'rer, gebt uns davon Kunde.
Erzkanzler.
Dieweil wir um des Reiches Kraft und Größe
Im Norden rangen, hat die dunkle Meintat
Im Rücken uns'res Herrschers sich vollzogen.
— 26 —
Vasallentrotz des Grafen Hardrat bäumte
Sich gegen den gerechten Spruch des Königs
Und tückisch wie der Fuchs, nach Wolfsart feige,
Sann er Verderben aus des Königs Leben,
Versagt Gehorsam, schürt des Aufruhrs Flamme.
König Karl.
Kannst Du Dich reinen vor den Fürsten, Hardrat?
Hardrat.
Ihr habt die Tochter aus dem Haus gerissen
Und sie dem Feinde angetraut! Ihr Großen,
In freien Mannes Recht hat eingegriffen
Im Uebermut der König; sollt' ich dulden
Die Schmach, die mir im Haus, vor meinem Volke
Der Franke angetan? Solang' die Berge
Im Land des Thüring stehen, gilt die Satzung,
Daß mit dem Leben zahlt der Feind, der Räuber!
König Karl.
Gelobtest Du die Tochter jenem Franken
Nach Frankenrecht und hast sie ihm geweigert,
War das Gesetz Dein Feind, das ich gehütet.
Ich frage Dich, hast Du mit jenen Rännern
Getrachtet nach dem Leben Deines Königs?
Hardrat.
Ich hab's getan und ging's nach meinem Willen,
Ihr stündet nicht lebendig vor mir.
(Eine gewaltige Beweguͤng entsteht im Ringe.)
Die Edlen.
Hardrat.
Wenn Dein Gesetz die Sippe mir geschädigt
Und Rache fordert, geht's um Leben! Zweikampf
Hätt' richten sollen zwischen uns. Ihr Männer,
In deren Brust nicht ganz erloschen Ehre,
Ist so der Brauch im Lande der Germanen?
Fardulf.
Er hat nicht Unrecht!
Frevler!
27 —
Die Thüringer. Schützer seiner Ehre
Gen eine Welt ist Mannespflicht bei allen.
Gerold.
Verworren Sinns und schmerzgebeugt ist Hardrat,
Nicht seiner Sinne mächtig.
Gnade walte!
König Karl.
Welch' Murren tönt an's Ohr mir für den Mörder,
Der nachgestellt im Dunkeln seinem König?
Verlangt Ihr Gnade, sprecht von seinem Rechte?
So hört den Spruch, Ihr wankelmüt'gen Toren!
Des Lehens, des in Untreu er gewaltet,
Sprech ich ihn ledig, ächte seine Sippe,
Die Augen zahl' er, wie das Recht es fordert,
Als Strafe seiner Untreu', gleich wie jene!
Hardrat.
Ist niemand, der den Uebermut kann zähmen,
So hört mich an, Ihr alten Götter droben,
Die Ihr gewesen vor dem Christengotte!
Dem Frankenreiche Fluch, Fluch Dir (zum König)
den Deinen!
Die Männer sterben und die Sklaven leben!
Die Fürsten.
Hinweg mit ihm!
(Die Gefangenen werden fortgeschleppt. Otker mit den Thüringen
schleicht sich weg, begünstigt durch die gewaltige Bewegung.)
Gerold. Herr König, Gnade, Gnade!
Er war mein Feind und dennoch ruf ich: Gnade!
König Karl.
Ich übte Gnade, da ich ihm das Leben
Zur Reue und zur Buße ließ! Vergebens
Ist Eure Bitte. Setzt Euch!
stößt mit dem Schwert auf.) Ruhe walte!
Kaum zwing' ich nieder meinen Zorn! Wie Weiber
Laßt Ihr Euch rühren, denkt nicht an das ganze!
Der Konigsblick sieht weiter als der Eure.
— 28 —
Soweit die Lande meinem Scepter huld'gen,
Ist Königsamt und -Pflicht das Recht zu schützen.
Wer sich dagegen wehrt, verfällt der Strafe,
Ob frei er oder hörig. Soll ich binden
Zu einem Volk die störr'gen Stämme alle,
Soll Friede blühen in den weiten Landen,
So herrsche Recht, unbeugsam, starr und eisern!
Verloren 'ist das Reich, da Schwäche nachgibt,
Dem Augenblick gehorchend; und zusammen
Bricht Thron und Volk, wo Untreu' wird geduldet.
Wo Eigensinn und Eigenrache wohnet
Ist unreif Fürst und' Volkeden hohen Zielen,
Die ich den Völkern wies zu ihrem Frommen.
Die Kraft soll herrschen, weiter Blick regieren
Und beugen sich, wer je vergessen konnte,
Dem allgemeinen Wohl sich unterordnen!
Fürsten.
Dem weisen König Heil, dem Hort der Völker!
Brausende Bewegung, alle drängen sich um den Thronsitz. Der
König steht hochaufgerichtet, sein Bluck fälit auf einen heran⸗
drängenden, den Ring durchbrechenden Boten, dem Diener folgen.)
König Karl.
Was künden Deine Mienen, Wolfram, rede!
Was führt Dich zu uns aus des Reiches Ostmark?
Wolfram.
Mein großer König und Ihr, edle Herren,
Die Zunge stockt, die Freveltat zu melden:
Im Aufruhr ist die Ostmark, Bayerns Herzog
Verführt sein Volk zum Abfall von dem Reiche,
Die Hunnen brechen los aus ihrem Landhag,
Gereizt zum Raub durch seine list'ge Rede.
Fürsten.
Zum Kampf! Zur Rache! Tötet seine Geiseln!
Der Sohn mag büßen, was verbrach der Vater!
König Karl.
Man sende hin und heiß' die Geiseln kommen! —
Vernahmt Ihr, Männer, was uns Wolfram brachte?
Die
— 29 —
Ist Karl noch grausam, wenn das Heil der Länder
Vom ihm mit starker Hand und stetem Sinne
Gepflegt wird! Wenn er Leid bereiten mußte
Dem Einzelnen, um allen Leid zu wehren?!
(Burufe)
An Herzog Tassilo mögt Ihr verspüren,
Wie dem gebrochnen Eid die Milde ziemte;
Ich habe ihm vertraut und nicht nur einmal,
Und blinder Haß antwortet meiner Güte.
Boten des Königs (kommen bestürzt zurüch).
Die Geiseln sind entfloh'n!
Mit ihnen Otker.
Alf.
Der Langobarde? Fluch dem falschen Manne,
Der hier im Ringe selbst sein Gift gestreut hat
In Ohr und Herz der Fürsten!
König Karl.
Deine Mannen,
Graf Gerold, sollen nach den flücht'gen Buben,
Dem Langobarden ist der Tod beschieden!
Graf Gerold gibt entsprechende Anweisungen.)
Zum Heerbann rufe ich des Reiches Fürsten!
Vom grünen Rheine heißt es Abschied nehmen,
Des Maifelds Frieden weicht dem harten Kriege,
Sie sollen beugen sich dem Königszorne!
Und halt' ich Umschau unter meinen Mannen,
Wird hell mein Blick nach dieser trüben Stunde,
Da er auf meinen Waffenfreund sich heftet,
Des Herz und Sinn ich oft im Streit erprobte.
Gerold stch wendend.)
Du hast um Gnade für den Feind gerufen,
Dich selbst bezwingend, darum bin ich sicher,
Daß Kraft Dir und Gerechtigkeit ist eigen,
Um in der wilden Ostmark Deinen König
Im Kampfe gegen Feinde zu vertreten
Und auch im Frieden Königsrecht zu schirmen.
Den Dank des Freundes hast Du schon empfangen,
(zu
— 30 —
Empfange für Dein Volk den Dank des Herrschers,
Kniee nieder! Stellt Euch um mich, Alemannen,
Ihr Herren hört! Seit ich die Krone trage,
War ohne Wanken treu der Alemanne
Gewaltig stritt er für den Lehnsherr; nirgend
Blüht Rittertum, wie in des Reiches Gauen,
Die um den Bodensee sich herrlich breiten.
Drum künd' ich meinen Willen und gebiete:
nimmt die Sturmfahne.)
Die Reichssturmfahne, die in manchen Schlachten
Schon oft geweht vor Euren kühnen Schaaren
Sie soll auf ewig Eurem Stamm⸗e bleiben!
Wo um des Reiches Not in wilden Kämpfen
Gestritten wird, soll Schwaben voran stehen
Vor allen Stämmen auf dem blut'gen Felde.
(Er nimmt zum Zeichen der Belehnung Graf Gerolds Hände in
die seinen)
Da winkt der Sieg, wo edle Sitte wohnet,
Wo Kraft und Tugend treu zum Ganzen wirken.
Er
Gerold (pringt auf, ergreift die Fahne)
Voran soll wehen uns des Reiches Fahne,
Uns mahnen uns'res Eids und uns'rer Pflichten.
Fernab dem Stolze wollen wir geloben,
Nach Königswort uns eins zu fühlen immer
Mit uns'ren Brüderstämmen, deren Tugend
Nicht minder Dank verdient. So folgt mir Freunde!
Ich schreite stolz voran des Königs Heerbann,
Der ungetreue Herzog und die Hunnen
Sie sollen fühlen uns're Schwabenstreiche,
Und Heil entsprieß' dem König und den Landen
Aus uns'rer Treue, aus der Voͤlker Eintracht.
Während die Hörner tönen, Graf Gerold mit den Seinen abstürmt
und alle begeistert den Herrfcher umrinoen schließt sich das
Burgtor [Vorhang).)
48
*
Vorderbühne.
Des Hohentwielspiels zweiter Vorgang.
Hildegards Trauet.
Burghof.
(Von außerhalb des Burgtors nähert sich lustiger Gesang von Jauch—
zen begleitet. Der Klopfer ertönt im Takt)
Darbian und die Winzer (ingen).
„Halloh, Ihr Leut', das Burgtor auf,
Dem Hohentwieler Weine!
Tut Ihr uns nicht den Keller auf,
Schlürf' ich derweil alleine
Das köstlich edle Rebenblut,
Das uns der Herbst beschieden!
Mir ist's als hätt' ich Königsblut,
Wär' Herr der Welt hinieden!“
Eginhard (kommt aus der Pfärtnerzelle).
Es geht in Herbst! Man merkt's an allen Enden,
Sogär den alten Darbian packt's gewaltig,
Den ärmsten, stillsten von den Hör'gen allen;
Er dünkt sich König, dünkt sich Herr der Welten,-
Wart nur, Du Narr, Du ungestümer Schreier!
(öffnet)
Nun denn herein, und nur gemach, Ihr Gäuche,
Daß Wagen nicht noch Wein zu Schaden kommen.
Lachend und jubelnd kommen die Winzer mit Mostfässern auf
Karren herein. Mit ihnen, schwankend, Darbian, den die Ge—
nossen mit Weinlaub geschmückt haben. In der Hand hält er
einen Weinkrug
32
—
Darbian (ingt).
) „Man schankte mir gar reichlich ein
Und ließ mich lustig trinken ;
Es war ein wunderstarker Wein,
Davon mein Haupt tät sinken.“
Eginhard.
Dankt Gott, daß unser Burgherr ausgeritten,
Er ließ den Rausch Euch im Verließe büßen.
Ich meine, wenn das Feierabendgloͤcklein
Zur Ruhe treibt, wär' Raum zu solchen Scherzen!
Diethelm.
Hast fehlgeschossen Eginhard! Der Ritter
Hat selbst den Trunk verstattet, weil dem Vater
Der guten Jungfrau Hildegard entgegen
Er voller Lust und Fröhlichkeit geritten.
Es kommen gute Tage für uͤns Arme!
Eginhard.
Wer weiß wie's ausgeht, könntet Euch doch täuschen!
Ich trau' dem Frieden nimmer, seit die Knechte
Des Fridingers im Burgverließe schmachten.
Berthold.
Was hatten sie in unserm Wald zu jagen
Und roh zu plagen noch den armen Jaͤger,
Der in der Einsamkeit erlag den Beiden!
Diethelm.
Der Fridinger verweigert jede Buße!
Eginhard
Das eben macht mir Sorgen und ich fürchte —
Darbian (fängt wieder an zu singen)
Eginhard.
Kannst Du noch singen? Fort den Wein zum Keller
Und laßt Euch vor der Burgfrau so nicht blicken.
Den Darbian neh'm ich mit zur Pförtnerzelle—
Macht fort! Die Frauen kommen. Still, Geselle!
Darbian singt weiter. Die Winzer stimmen halblaut mit ein
während sie hinter dem Turm verschwinden)
*) Neidhardt v. Reuenthal.
33 —
3. Auftritt.
Hildegard (kommt singend aus dem Burggarten mit einem Trau—
ben⸗ und Obstteller.)
„Der Herbst färbt rot die Blätter,
Zugvöglein fliegt nun fort;
Flieht vor dem Winterwetter
In Südens heit'ren Hort.
Könnt' ich die Schwingen regen,
Nach Norden ging mein Flug;
Dort wohnt ein tapf'rer Degen,
Wohl ohne Falsch und Trug!
Von seinem Arm umschlungen,
An seinem Herzen warm,
Schweigt alles Heimverlangen,
Heilt Minne allen Harm.
Sie setzt sich auf den Brunnenrand.)
4. Auftritl.
(Aus dem Frauenturm kommt Frau Richenza und beobachtet Hilde—
gard lächelnd, dann tritt sie zu ihr
Richenza.
Schon wieder die Gedanken in der Ferne?
Hildegard.
Verzeiht mir, Herrin, just kam mir zu Sinne
Ein altes Lied vom Herbst —
Richenza.
— Und trauter Minne!
Mein Möädchen setz' Dich hier an meine Seite.
Du wirst mir krank! Was soll Dein Vater sagen,
Fänd er Dich siech und matt in uns'rem Schutze?
Hildegard.
O liebe Mutter — gönnt mir diesen Namen —
Ich fürchte meinen Vater, den ich liebe,
34 —
Und mehr noch liebe, seit die Mutter heimging.
Ich weiß, daß Sünde diese Furcht, ich kämpfe
Und zwinge sie nicht nieder, denn mit Bangen
Lausch' ich auf uns'res Türmers Horneszeichen!
Ach Unheil bringt es mi— und ach mein Vater,
Der froh die Tochter ehren und dem Ritter
Den sie nicht kennt, dem sie als Kind versprochen,
Gestatten will die Werbung zu erneuen
Er findet mich im Aufruhr! Lieber sterben,
Als ohne Liebe dem fremden Mann gehören!
Richenza.
Vielleicht, erblickst Du ihn und lernst ihn kennen,
Verschwindet mählich Dir der Widerwille!
Hildegard.
Das glaubt nicht! Niemals, edle Frau! Ins Kloster
Will ich mich lieber flüchten ...
Richenza.
Laß das Kloster!
Dein Schmerz ist töricht, töricht Deine Sorge!
Die Wege Gottes sind dem Menschen dunkel;
Doch darf er nicht verzagen, wenn nicht alles
Und immer ihm nach seinem Wunsch sich richtet.
Was weiß das blonde Köpfchen, das das Schapel,
Der Jungfrau bunter Schmuck, die Stirne zieret,
Wie sich das Leben wandelt mit der Haube,
Die ernst und streng das Jugendhaar verhehlet!
Und ob den Deinen, ob des Vaters Wünschen
Du leben wirst, hör! meine ernste Mahnung:
Der Pflichten achte Du, die Deiner warten;
Der ungestüme Schmerz, die bitt're Sehnfucht,
Die über jeden Gottes Huld verhängte,
Sie sollen nicht unsel'gen Trotz erzeugen.
Wie ernsten Sinns der Burgherr Konad. mahnte,
So mahn ich Dich: Der Frauenwürde denke!
Der Mann kämpft hart im Leben, wir im Hause,
830 —
Jedoch nicht minder hart, da braucht es Ruhe;
der Frauen Glück ist geben und entsagen.
Und willst Du Konrads Weib Dich einstmals nennen,
So bring' ein edles deutsches Herz dem Guten.
Hildegard.
Wie gut Ihr seid; Ihr stärkt mir meine Hoffnung;
Zur Himmelszjungfrau will ich treulich beten
Um Euren milden Sinn, um (cschluchzend) meinen
Konrad!
Richenza.
Nun trockne Deine Tränen, Gott wird lenken!
Ich ruf' die Kinder und das Ingesinde,
Beim Schaffen löst am eh'sten sich die Trübsal.
(Geht in den Frauenturm.)
3. Auftritt.
Hildegard (allein).
Hein Konrad, Trautgesell, wo magst Du weilen?
Bei Deinem milden Herrn im Neckartale?
Will fort.)
6. Auftritt.
Eginhard.
Grüß Gott Euch, Hildegard, mein edles Fräulein?
Säumt einen Augenblick. Kennt Ihr die Farben?
(Er hält ein gefaltetes von buntem Band umschlungenes Perga⸗
ment in die Höhe.)
Hildegard.
Von Blumeneck, von Konrad eine Botschaft?
Wer brachte sie? Ich will ihn reichlich lohnen!
Eginhard.
Ein Spielmann, der gen Rotenburg gezogen
Und dort verweilte, gab sie unssrem Darbian
(Kommt näher)
Der alte Eginhard darf sich doch freuen,
Wenn gute Kunde Euch von außen worden,
Und wenn die Wange Euch erglüht, wie eben?
36 —
Hildegard.
Mein Freund, Du kennst seit uns'rer Kindheit Konrad
Und mich, Du hast uns oft die alten Mären
Von Zwergen, Riesen, von dem grausen Lindwurm
Auf diesem Platz erzählt und wie die Treue
Des Menschen Trost in Not und wilder Fährde ...
Ich danke Dir. Der Treue Zeichen tröstet,
Und heit'ren Muts will, ich den Sturm erwarten.
Eginhard.
Chrimhilden gleicht Ihr, da der edle Recke,
Held Siegfried, um sie warb im Wormser Schlosse!
7. Auftritt.
(Die Kinder der Burgherrschaft, 8 Buben, Lothar, Friedrich und
Rudolf, sind heimlich hinter Eginhard und Hildegard getreten,
stürmen nun vor, um die beiden zu erschrecken.).
Die Knaben.
Hei, Vater Eginhard, wie war's mit Siegfried?
Erzähl', erzähl'!
Nein, Hildegard soll singen!
Viel lieber will ich nach der Scheibe schießen!
Und reiten!
Oder nach den Hunden sehen!
Das ziemt dem Rittersmanne, sagt der Valer!
Hildegard.
Nun schweigt, Ihr tollen Buben! Muhme Hildgard
Hat keine Zeit; der Eginhard soll spielen!
Eginhard.
Ihr Herrlein, wollt Ihr mit der Armbrust schießen?
Die Knaben.
Heisa, geschwind!
Eginhard.
So kommt, es darf beginnen,
Wer mir der erste dort an meiner Türe.
(Jauchzend springen die Knaben davon. Eginhard ihnen fol end.
Seid guten Muts! solzend
—AX
Ich sorge mich jetzt nimmer.
37
8. Auftritt.
(Aus dem Frauenturm kommt Richenza mit den Edelfräulein und
Mägden, die teils Teppiche, teils anderes zur Arbeit mitbringen
und sich niederlassen, während im Hintergrunde Eginhard mit
den Knaben beschäftigt /'ist. Gleichzeitig springen aus dem Berg⸗
frit die Edelknaben, gefolgt vom Burgkapellan.)
Richenza.
Herr Kapellan, erlaßt den Edelknaben
Des Schreibens schwere Kunst; der Tag ist heiter,
Wir wollen uns im Burghof froh ergötzen
An Sang und Tanz, dann mög't aus alten Zeiten
Ihr uns berichten, was erhebt die Sinne.
Bruder Sintram.
So sei's, und meine edle Herrin wähle,
Was dieser Stunde heilsam ist und dienlich.
Richenza. I
Da unser Herr beim Ausritt übergeben
Die Burg in uns're Obhut, sind Gebieter
Wir Fraucen: darum sollen frohe Reien
Und sinn'ge Märlein uns die Zeit verkürzen.
Ihr Kinder, fanget an den schönen Reien!
Dir, Hildegard, kut's gut, wenn Du Dich tummelst,
Sei Führerin! Ihr Knappen spielt die Weise:
Reien
* Gepriesen ser die Jugendzeit,
Die uns so viele Freuden beut,
Drum laßt uns reien, springen
Und fröhlich Liedchen singen.
Der Mutter zärtlich Sorgen
Erfreut uns schon am Morgen,
Chor: Drum laßt uns usw.
Uns blüht die Blum'
Uns färben Haid' und
Chor: Drum laßt uns usw.
— 8. Schmid.
im Wiesengrund,
Wald sich bunt,
— 38 —
Uns tönt der Vöglein süßer
Im grünen Wald nallüberall,
Chor: Drum laßt uns usw.
Gröhliches Gelächter der Kinder.)
Richenza.
Gelt Hildegard, mein Kind, das löst die Trauer?
Nun habt Ihr Kleinen Ruh und an den Großen
Ist's, ihre Kunst im höf'schen Tanz zu zeigen.
Balladentanz )
(der Knappen und Edelfräulein.)
Kannst Du mir halten Treu' und Ehr?
„Ja gern wenn ich bin eigen Dein!“
Lieb' Sinn und Hetz nicht von mir kehr'!
„Das soll mit ganzen Ehren sein!“
Dein Würdigkeit mein Herz bezwingt,
Daß niemand Dich von mir verdringt.
„Ich bleib' Dir stat ohn' falschen Rat.“
Laß mich aus Deinem Herzen nicht!
Kein Untreu' Dir von mir geschieht!
„Das ist ein Ehr mit guter Lehr!“
Richenza (nach dem Tanze zu den Kindern.)
Dieweil wir ruhen, spielt Ihr mit dem Balle.
Euch, Bruder Sintram, bitt' ich, wollt berichten,
Ob Ihr in Eurer Bücherei im Kloster
Wohl auch zum Lob der Frauen etwas fandet.
Sintram.
Mein Leben zieht in stiller ernster Klause
Die Bahnen abseits aller ird'schen Freuden,
So kann ich wenig Eurem Wunsch genügen;
Doch wollt Ihr wissen, wie im starken Streite
Mit eitel ird'scher Lust auf diesem Berge
Ein edles Weib gehaust in schweren Zeiten
Und im Entsagen höh'res Glüs gefunden?
Richenza (Glickt Hildegard ernst an.)
Die ernste Lehre mag uns allen frommen.
*) Aus der Mondseeer Handschrift
Schall
23
Sintram.
Als noch im Kampf mit alten Heidengöttern
Die Kirche rang, saß hier der Alemannen
Gewalt'ger Herzog Burkhard, der im Sterben
Sein junges Weib, Frau Hadwig, setzt als Erbin.
Sie hauste streng als Wittib, bis das Unheil
Sie uͤber'n See geführt, um zu besicht'gen
St. Gallens stilles Kloster, dem sie Schirmvogt.
Die Not des Abts war groß und die der Brüder,
Die Klosterschwelle wollt' ein Weib beschreiten
Im Uebermut, die Diener Gottes störend!
Es schaffte Rat des Klosters junger Pförtner,
Der Bruder Ekkehard. Er trug hinüber,
Der Satzung treu, die Herzogin in Eile.
Im Refektorium, beim reichen Mahle,
Als Red' und Gegenrede ward gepflogen,
Die kluge Hadwig wissensdurstig lauschte,
Erstand der Wunsch in ihr, der Römer Sprache,
In der die heil'gen Bücher sind geschrieben,
Zu lernen und sie bat vom Abt zum Lehrer
Sich aus den Pförtner Ekkehard, den jungen.
Er kam zum Twiel; sie lasen den Virgilius
Ein heidnisch Heldenbuch; doch aus den Blättern
Stieg sündhaft Wunsch und Neigung in das Herz ihr
Zum weltgeschied'nen Lehrer und entzündet
In seiner Brust das gleiche, sünd'ge Feuer.
Er fiegte ob in schweren, bitt'ren Kämpfen,
Sie überwand mit Kraft das heiße Sehnen,
Als drohend war der Hunn' ins Land gebrochen
Und ihre Kraft als Herrin ward erfordert. —
(Der Türmer bläst)
9. Auftritt.
Die Knaben.
Der Vater kommt!
Richenza.
Halt an, das Fremdenzeichen!
40 —
Eginhard.
Ein Bote gehret. Einlaß!
Richenza.
Eginhard.
Im Auftrag Fridingens. Er kündet Fehde
Dem Burgherrn an“ und bringt die Widersage
Hildegard.
O Mutter!
Richenza. Ulrich fern auf heit'rem Ritte,
Der Friede rings im Land! Er ahnt nichts böses!
Die Burg entblößt von Männern! Nimm die
Botschaft;
Deu Eintritt weigere, heiß' ihn heimwärts eilen!
10. Auftritt.
(Die Winzer sind inzwischen aus dem Keller gekommen und haben
die Fehdeansage gehört.)
Diethelm.
Er soll sich hüten vor den Sing'ner Fäusten!
Verzagt nicht, edle Frau, wir wollen schützen
Die Burg und Euch und Alle, gebt uns Waffen!
Richenza (qu den Mägden.
Zur Kemenate schnell!
(Zu den Männern)
Und Ihr zum Bergfrit,
Zur Waffenkammen eilt und auf den Wehrgang.
Hier, Hildegard, die Kinder nimm in Obacht.
Ihr, Bruder, betet für die fernen Männer!
Mein Mädchen ahnst Du jetzt der Frauen Schicksal?
(Sie?geht mit den Kindern in den Frauenturm)
Hildegard steht einen Augenblick versonnen da, zieht Konrads
Bolschaft hervor, küßt das Pergamentd).
Ich ahne es, erhoffe es und — harre!
(Schnell den anderen nach)
.
Hinterbühne.
Zweites historisches Zeitbild
(Zwischenvorgang.)
a) Hadwig und Ekkehard.
Zeit: nach 9854 n. Chr.
Burghof des Twiel.
l. Auftriit.
Audifax (lehnt an der Brüstung des Wehrganss und spielt auf
der Schalmei; dann singt er):
*) „Der Gutzgauch auf dem Zaune saß“
„Guckguck, guckguck!“
„Es regnet sehr und er ward naß!“
„Guckguck, guckguck, guckguck!“
Hadumoth (it während des Liedes gekommen; sie trägt in einem
Napf Schlangenfett. Audifax verbirgt sich schelmisch.)
Du, Audifax! Wo steckt der böse Bube!
(Sie versucht ihn zu entdecken.)
Audifax (ingt weiter.)
„Darnach da kam der Sonnenschein“
„Guckguck, guckguck!“
„Der Gutzgauch, der ward hübsch und fein“
„Guckguck, guckguck, guckguck!“
Hadumoth.
Ich seh' Dich doch! Da hockst Du! Komm herunter!
Audifax.
„Alsdann schwang er sein GE'fidere“
„Guckguck, guckguck!“
„Er flog dahin wohl überse“
„Guckguck, guckguck, guckguck!“
*) L. Uhlands alte hoch⸗ und niederdeutsche Volkslieder.
12
Hadumoth. J
Ich geh'! Da hast den Schlangensaft, Du Böser!
(Will weinend fort.)
Audifax (springt von der Treppe herunter, läuft ihr nach, um—
schlingt sie).
Du kleine, dumme Hadumoth, da hast mich!
Hadumoth (macht sich los).
Die Ziegen werden warten!
Audifax.
Hadumoth.
Sie dürfen nimmer fort, der Feinde wegen.
Audifax (hat einen Stein mit einer Natrolithader).
Du, Hadumoth, schau hier, ich fand's am Felsen
Der gelbe Streifen, weißt, was er bedeutet?
Hadumoth.
Ich sah es nie.
Audifarx.
Wie die Gänse.
S'ist Gold. Der Zwerge einer
Hät es beim Höhlenschlupf vor Schreck verloren,
Als unvermutet früh die Hähne krähten.
Hadumoth.
O wirf es fort, die bösen Geister schäden,
Es ist verhext!
Audifarx.
GWGlaub's nimmer! Sah den Priester,
Wie er der Waldfrau Haus und Heimat wehrte,
Die uns den Schatz gehindert, der im Berg ruht.
Die alten Götter haben keine Macht mehr—
Hadumoth (cCäagstlich).
Ich reib Dich ein, guck, mit dem Schlangensafte;
Kein Pfeil, kein Hieb, kein Unhold kann Dir schaden.
Audifax (während Hadumoth das Einreiben beginnt).
Und, Hadumoth, den Schatz, ich heb' ihn sicher!
Der heil'ge Mann gab mir den stärksten Zauber
Aus seinem Buch, daraus er mit der Herrin
43
Geheimnisvolle fremde Sprache redet.
Und hab' ich erst den Schatz, dann sollst Du sehen,
Ich kauf' uns frei und kauf' den Berg mit allem
Was darauf steht, zusamt dem Herzogtume,
Dann trägst Du eine güldne Krone, Glöcklein
Trägt jede Ziege dann aus laut'rem Golde.
Hadumoth.
Und wenn die Hunnen kommen?
Andifax.
Mit den Knechten
Rück' ich in's Feld und blas auf meiner Pfeife.
Mich schützt das Schlangenfett und reich beladen
Mit Beute kehr' ich wieder; Du verwahrst sie.
(Praxedis kommt).
Hadumoth.
Die Kammerfrau! Geh' an die Arbeit, Bube!
(Sie springen davon.)
Audifax (ingt).
„Der Gutzgauch auf dem Zaune saß'“ usw.
(und geht durch die Torpforte.)
2. Auftritt.
Praxedis (zum Türmer).
Erspäh'st Du seewärts schon den frommen Bruder?
Die Herzogin trägt Sorge, weil zu lange
Der Ekkehard verzieht, drum luge schärfer,
Ein Krug vom besten Wein lohnt Deine Nachricht.
Türmer.
Von Singen her kommt niemand; bis zum Waldrand
Ist leer der Weg! Dort aber her vom Krähen
Seh' äich ihn reiten, er erklimmt den Burgweg.
Schaut selber.
(Er stößt ins Horn, der Pförtner öffnet die kleinere Burgpforte.
Aus dem Frauenturm kommt Hadwig eilig mit 2 Mägden,)
44
3. Juftritt.
Hadwig.
Praxedis bereite hurtig
Den Platz, daß Bruder Ekkehard uns finde
Schon beim Virgil, bei seinem lieben Buche.
Praxedis.
Ich eile, hohe Frau!
Hadwig.
Zum Vespertrunke
Bedenk' den Wächter auch mit Hohentwieler.
Praxedis ordnet mit den Mägden den Platz, diese gehen ab. Hadwig
hat sich auf den Brunnenrand gesetzt und liest im Virgil. Praxedis
tritt zur Herzogin; die schaut versonnen auf, dann erhebt sie sich)
Es ist ein Buch für Eure Griecheuknaben.
Die Herzogin in Schwaben hätte anders
Gehandelt als die schwache Törin Dido,
Karthagos Königin!
Praxedis.
Inhr scheltet töricht,
Was unserm Meister Ekkehard das liebste,
Worauf die Klöster stolz sind was sie lehren
Im Bann der Klosterschulen, zu vermitleln
Der Alten Schätze lernbegieriger Jugend?
Hadwig.
Wohl lingt sie weich, entfließt behend der Lippe
Der Römer Sprache, ihr nicht gilt der Tadel.
Virgilius, er kennt nur schwache Weiber;
Der Dido zürn' ich, ihrem schwachen Willen!
Praxedis.
Nicht jede hat den hohen Sinn der Herrin;
Soll man sie tadeln, weil sie weich geartet?
Hadwig.
Ich will nichts hören von dem schlaffen Mitleid.
Seit Kaiser Karl uns lehrte rückwärts schauen
Zu unsres Volkes starken Heldengeistern,
Seitdem in manchem Kloster unßre Edlen
Aus alten Pergamenten Weisheit schöpften,
15
Will mir der Römersang nicht ganz behagen.
Wie anders klingt das Lied, das uns're Väter
Von jener stolzen Maid, von Brunhild sangen,
Die ihrem keuschen Stolz das liebste opfert.
Viel mächt'ger klingt des Dichters Leier diesseits
Des Schneegebirg's.
Praxedis.
Es ist so, edle Herrin.
Und doch, vergebt, soll ich den Menschen gram sein,
Im hellen Suͤden, dessen blauem Himmel
Sie Heiterkeit verdanken, heiße Herzen,
Beweglich wie die Meerflut meiner Heimat?
Auch Meister Ekkehard kehrt immer wieder
Sich zu in Liebe seines Dichters Menschen,
Trotzdem er Mönch und Deutscher.
Hadwig.
Dem geziemte,
Dem hohen blonden Manne wohl ein Kriegsschwert.
(Sie versinkt in Nachdenken).
Was meinst Du, Praxedis, weilt er wohl gerne
Auf uns'rem Twiel, Du kluges Griechenmägdlein?
Praxedis.
Wer wäre hier nicht gern bei meiner Herrin?
Hadwig (behaglich).
O] wie sie staunten, als der starke Pförtner
St. Gallens Schirmvogt trug zur Klosterpforte;
Uud wie Abt Cralo erst, mein frommer Vetter,
Betrüblich murrt' ob unwillkomm'ner Störung,
Als hätt' er sauren Sipplinger gekostet. —
Der Ritt zum Alten in der Heidenhöhle
Behagte, hoff' ich, uns'rem ernsten Lehrer
Und Aufgerüttelt hat des Alten Dienstmann,
Der Rauching, ihn durch manche rauhe Rede.
Im Anblick der Gefahr, die von den Hunnen
üns droht, mag er erwachen und erkennen,
Daß auch in unspren Tagen Helden nötig.
63
Praxedis.
Ihr glaubt die Mär, die über'n See gedrungen?
Die Hunnen rücken an, die oft verscheuchten?!
Hadwig.
Beweglich Volk, wie Deine Römer.
Praredis.
Barbaren sind's
Hadwig (pöttisch.
Praxedis.
Wie wir!
Herrin,
Ihr spottet meiner!
Wie kann dies Teufelsvolk den Deutschen gleichen,
Mit eck'gem Antlitz und mit schiefen Augen!
Hadwig.
Die bitt're Lehre haben sie vergessen,
Die sie empfingen von dem deutschen Schwerte.
(Stimmen nähern sich dem Burgtor),
Doch dort kommt Ekkehard: er soll berichten,
Was obliegt uns nach jenes Alten Meinung.
4. Juftritt.
(Ekkehard mit2 Hbrigen, die Aexte tragen.)
Hadwig.
Wie kriegerisch Ihr kommt mit Euren Mannen!
Hat Euch der Alte Furcht erregt und Grauen?
Ekkehard.
Wenn's Euch beliebt, O Herrin, davon später.
Ich war am Krähen, ließ die Eiche fällen,
Zu der sich nächtens Hegaus Männer schleichen
Zum Opferdienst, dem heidnischen; der Waldfrau.
Die dorten haust nach Heidensitie wollt ich
Bekehrung bringen und' verwies des Heerdes
Des Hauses sie, die Zauberin die schuͤmme,
Als sie verstockt den Christengott gelästert.
Die Männer schleichen sich scheu beiseite.)
17 —
Hadwig.
Es tat nicht not, so rauh ihr zu begegnen,
Von selbst verliert sich alte Vätersitte.
Was sagt der Alte von dem Hunnenheerzug?
Ekkehard.
Er riet zum Kampf — und, Herrin, seltsam war es,
Was er gesprochen; wie ein Märlein klang mir's
Aus and'ren Welten, schier nicht zu— begreifen!
Hadwig.
Geh, Praxedis, den müden Lehrer lohne
Zuerst ein kühler Trunk. Ich werde rufen.
Praxedis geht in den Frauenturm.)
Hadwig (zu Elkehard).
RFain Märlein ist's; er trug die Kaiserkrone,
Den Ihr in Schmach und Niedrigkeit gesehen.
Ein trauͤrig Schicksal, wenn ein Mann nicht männlich,
Ein Kaiser kraftlos ist, Vasallen herrschen.
Ekkehard.
Schier möcht' ich zweifeln an des Mannes Schwäöche,
Wenn ich des Greises denke und des Rauching —
Voll Ehrfurcht stand ich in der dunklen Höhle.
Hadwig.
Nicht wie ein Mönch und Siedler haust der Alte,
Erschöpft bei Pergamenten nicht die Kräfte —
Ekkehard.
Ihr trefft mich, Herrin, scharf, mit Eurer Rede!
Bin auch ein Mönch, die Bücherei St. Gallens
Hat weder Aug' noch Arm geschwächt und führ' ich
In stiller Zelle grob und zart den Pinsel,
Wie es das Buch verlangt, glaubt mir: Der Hunne
Wird nicht vermissen in der schlichten Kutte
Die Alemannenkraft, deß seid versichert.
Hadwig.
We blickt Ihr stolz und kühn! Verzeiht mir, Bruder
Ich mag es leiden, wenn's im Blute aufschäumt
— 48
Und kecke Taten Mannesstolz beweisen.
Das schafft die Luft des Twiel —
(sie sieht ihn nachdenklich und beklommen an.)
— ich denke manchmal —
Ekkehard.
Was, hohe Herrin?
Hadwig.
— Habt Ihr bei dem Ritte,
Und kundig der Gefahr, an die Bewohner
Des Hohentwiel gedacht, an Eure Herrin?
Ekkehard.
Ich dachte bei mir, daß die Zeit vorüber,
In der den röm'schen Heldenfang wir lasen
Und da selbander in da Kemenate,
Im Burghof wir geträumt so schöne Stunden,
Die schönsten weil —
Hadwig.
Ekkehard.
Nun weil —
Nun weil versenken
Ich mich gedurft mit Euch in jene Sage —
Hadwig.
Und weiter —7
Ekkehard. Weiter nichts.
Hadwig. Ihr seid von Sinnen!
Sprecht, Ekkehard, die Sehnsucht Eures Herzens
War einzig jenes Lied 8
Ekkehard.
Ich frage, Herrin,
Kann schön'res es, kann bess'res es wohl geben?
Hadwig. WV
Als Pergamente! Hm, den Mönch vergaß ich —!
Ekkehard.
Ihr schreckt mich!
Hadwig (nach langer Pause, seufzend).
Wäret Ihr ein Kriegsmann worden.
—275
Ekkehard.
Wenn ich Euch kränkte
Hadwig (sringt auf).
Kommt und schaut hinüber
Ins freie off'ne Land nach allen Seiten!
Wer hier gehaust, der soll dem Adler gleichen,
Der ob den Niederungen schwebt; die Tiefen
Die dumpfen, brüten aus den schnöden Knechtssinn! —
Ich denk' Euch manchmal mir in Eisenrüstung,
Jum Schildesamt erkoren, wie die Ritter.
Ekkehard (shwer atmend).
Den Diener Gottes muß die Demut zieren.
Hadwig (feht ihn an, Ekkehard senkt den Blick, Hadwig wendet
fich zum Gehen).
Ekkehard stockend).
Zuweilen fliegt — des nachts — ich will's gestehen,
Ein sonderbarer Traum mir durch die Sinne.
Hadwig (wvendet sich wieder um, ihr Antlitz leuchtet, halblaut, mit
weicher Stimme fragt sie.)
Hadwig.
Was träumtet Ihr —?
Ekkehard.
Ich sah mich hoch zu Rosse,
Von Mannen rings umgeben und ich sprengte
Auf einem steilen Weg dahin im Trabe.
Der Pfad stieg kühn zur Höh', mich zog gewaltig
Nach oben eine Macht; mit jedem Schritte
Ward's in der Brust mir freudiger und heller,
Ein Burgtor öffnet' sich und ich erblickte —
Hadwig.
Nun wen?
Erkkehard (dumpf).
Dem Abt vertrau ich's in der Beichte.
Hadwig (ganz nahe bei ihm)
So war nicht würdig gar der Anblick Eurer?
Ekkehard (immer erregter).
O Herrin —!
50 —
Hadwig.
Ekkehard, vergeßt mein Spotten;
Ich möchte für die Hunnenschlacht Euch schmücken.
Graf Burkhard schwang dies Schwert in mancher
Fährde;
Ich geb' es Euch, zusamt dem Wehrgehänge,
Ich weiß, kein Würdigerer könnt' es führen.
Ekkehard.
Dies Schwert für mich —2
Hadwig.
Und auch vom heil'gen Kreuze
Hier diesen Splitter nehmt, ein kostdar Kleinod;
Er schütz' Euch in Gesahr. Und was ich sagte
Vergeßt es .
Ekkehard.
Herrin, wie die Himmelsjungfrau,
In Schönheit strahlend, hehr, vom Licht umflossen,
So steht Ihr vor mir, neigt Euch meinem Leide.
Ich danke Euch —
läßt sich auf ein Knie nieder, spricht immer fieberhafter).
Und diese Hand, die sanft auf meinem Haupt liegt
Und dieser Blick, der mich ins Herz getroffen,
Wie an dem Tage, da in diesen Armen
Ich Euch getragen zu des Klosters Schwelle,
Sie winken mir, daß mit denselben Armen
Ich Euch umfasse —
(In diesem Augenblick ertönt die Kapellenglocke, Ekkehard prallt
zurück dumpf).
Weh, Charfreitag ist es!
Als Priester sollst Du reden zu dem Volke!
Vergieb mir Herrgott meine Schuld!
Hadwig.
Er
Ekkehard.
Hört Ihr den Ton? Sankt Gall' ruft seinen Jünger.
Hadwig.
Ihr fiebert, Ekkehard! Und Euer Träumen —
Was habt Ihr?
51 —
Ekkehard.
Es sei gesagt: Ein Licht trat in das Burgtor,
Mit hellem“ Glanze leuchtete es nieder,
Im Stirnband eine Rose und zum Falter
Zum dunklen ward ich, dem das Wissen eigen,
daß er verbrennen müßte in dem Lichte!
Das Licht — das Stirnband — und die Rose lockten:
Ich flog hinein — zu Asche ward der Falter,
nd er'vergaß des Fliegens. Amen. Amen.
Lebt wohl, Frau Herzogin, mich soll erreichen
der Tod!“ den Talisman hier nehmt ihn!
Dkäm' der Tod mir im Gewühl des Kampfes,
Der Euch vom Feind errettet, leichter stürb ich!
—D 0 Heil'ge.
(Er ftürmt fort zum Burgtor.)
Hadwig (it ganz erstarrt dem Ausbruch gefolgt, fährt auf).
Verschmäht . . .“ Von ihm .. 2 So fahre, Tor,
von hinnen!
Sie geht einige Schritte, steht dann still).
uͤnd doch, ich kann nicht zürnen, kann nicht stolz
sein .. .!
Die Winterstürme sind noch wach, es haben
Unholde noch Gewalt ... leb' wohl .. ich friere!
(Siensinkt?am Burgtor nieder.)
Die Glocken erklingen wieder, ferner Mönchsgefang mischt sich damit,
der schnell näher kommt und stärker wird. Man hört dann deut⸗
lich den Text: „media vita“ ꝛc.); das Burgtor wird ganz geöffnet,
die Monche von St. Gallen und Reichenau ziehen., z. T. kriegerisch
gerüstet ein, voraus die Aebte zu Pferde, Mönche tragen die
Reliquenschränke und den Klosterschaß, dem Zug der Mönche
folgen die Laienbrüder, die mit Wagen im Hintergrunde halten.
Hadwig hat sich gefaßt und sich erhoben. Im Burghof wirds
lebendig; von allen Seiten strömen die Burgsassen herbei. Wenn
der Zug herein ist, schweigt der Gefang.)
Abt Cralo.
Frau Herzogin, die Hunnennot ist kommen,
Wir bitten Cuch um Schutz. St. Gallus Kloster
52 —
Es ist nicht mehr. Verbrannt die
Die uns'rem Gott gedient, in stiller
Wir bitten nehmt uns auf.
Abt Wazmann.
Friedensstätte,
Arbeit.
So, wie die Brüder,
Die armen, von Sankt Gallen es getroffen,
Droht uns auf uns'rer Reichenau das Schicksal.
Da ich nicht schirmen konnte, ließ im Schutze
Des höchsten Gottes ich die arme Insel
Und komme mit den Meinen, Euch zu helfen
Mich lüstets nach dem Kampfe mit den Heiden
Und wie Abt Wazmann denken alle Brüder.
Mein alter Simon Bardo soll uns führen,
Er kennt den Krieg, ist in ihm groß geworden.
(Wiederholte Hornrufe des Tuͤrmers).
Hadwig.
Willkommen bei dem Schirmvogt Eurer Klöster!
Die Fahne weht vom Hohentwiel als Zeichen,
Zum Heerbann sammelt sie des Hegau Mannen.
eiligem Ritt kommen die ritterlichen Nachbarn.)
Gegrüßt Ihr, edle Herren! Schart Euch um mich!
Die Herzogin verzagt nicht: Trotz den Hunnen
Ist uns're Losung! Wie des Twieles Felsen
Steht fest mein Wille! Denkt an Herzog Burkhard!
Der Schwaben Herzogsburg sie mag Euch lehren
Stolz, unbewegt im Kampfe auszudauern
Wie sie, in Herbstesstürmen und im Winterwetter.
Wie hier der Stein klingt, wenn man ihn berührte,
Soll Euer Schwert erklingen, wenn im Hiebe
Es wuchtig trifft den Feind! Der Kampf ist heilig,
Ist Gottesdienst, er schützt die teure Heimat.
Erregte Zustimmung)
6. Auftritt.
Moengal (türzt herein)
Die Hunnen nahen! Auf zum Kampf, Ihr Brüder!
— 533
Einige vom Burggesinde.
Von Radolfszelle ist's der Priester!
Abt Wazmann.
Moengal.
Sie schwammen durch den See von Eurem Kloster;
Und schwarze Wolken, Brandgeruch verkünden
Dder Hunnen Anzug, da entfloh ich eilends
Und nahm als Waffe mit mir die Cambutta
Die, will es Gott, sich manchen Einlaß fordert
In harte Heidenschädel —
7. Auftritt
Ekkehard (in höchster Erregung).
Macht Euch fertig!
Die Mönche von St. Gallen.
O Ekkehard ...
(Sie laufen auf ihn zu,Fihn zu hegrüßen, er wehrt sie ab.)
Ekkehard.
In Scharen drängt vom See her
Der Feind. Herr Abt, vergönnt an meine Brüder,
Da heut die Predigt mein, ein letztes Wort mir.
Abt Cralo.
Es ist gewährt.
Abt Wazmann. Söxrich, Ekkehard!
Ekkehard. Ihr Brüder!
Die Glocken riefen zur Charfreitagsseier
Um uns'rer Sünde willen naht uns Unheil;
Erlösung winkt des Heilands tapf'res Sterben.
Wie Er' das Kreuz gefaßt beim Todesgange,
So laßt uns uns'rer Schwerter Griffe fassen,
Dort draußen winkt uns uns're Schädelstätte,
Wir sind entsühnt im Schlaͤchtentod, dem hehren!
Drum laßt sie stürmen auf den schnellen Rossen,
Was ficht's uns an! Seid eingedenk: wir Schwaben
Wir fechten vor, wo um das Reich man streitet.
54
Was einst der Makkabäer zugerufen
Den Seinen, uns gilt's heute, denn gekommen
Ist auch für uns die Stunde der Erfüllung.
Drum gürtet Euch und seid bereit zu streiten
Gen jene, die gekommen, auszutilgen
Uns unser Heiligtum. Gott walte! Amen!
(Die feierliche Stille ist mehr und mehr der Erregung gewichen,
die beim Schluß von Ekkehards Worten den Höhepunkt erreicht
Jetzt bricht stürmische Begeisterung überall los in die sich, lauter
und lauter werdend, die Klagerufe der Hilfe suchenden Landleute
mischen, die mit Weibern und Kindern hereinstürmen).
8. Auftritt.
Die Landleute.
Die Hunnen kommen! Helft! Sie morden! plündern!
Frau Herzogin, erbarmt Euch uns'res Elends!
Hadwig.
So ordne ich Euch zum Führer, Simon Bardo!
Zeigt allen, was Ihr einstmals habt geleistet
Im Heer des griech'schen Kaisers. Gott sei mit Euch!
Sei mit Euch Allen!
Mit einem langen Blick auf Ekkehard).“
Simon Brado.
Folgt mir teure Brüder!
(Zu den Rittern).
Ihr Herren reitet mir zur Seite. Heia!
Das giebt ein lustig Streiten!
Das Burggesinde.
Alle.
Heil der Herrin!
Der Herzogin in Schwaben Heil!
(Die Mönche ziehen mit dem Chor: „media vita“ ab. Alle folgen.
Zuletzt steht Hadwig auf Praxedis gestützt allein, sie wendet sich
jäh zu Praxedis,
Zum Turme!
Hinterbühne.
Zweites historisches Zeitbild.
(Zwischenvorgang.)
—X
Schauplak:
Tannenwald zwischen Radolfzell und Hohentwiel, mit der Aussicht
auf den Twiel. Man sieht das Hunnenlager in wilder Unordnung.
Die Waldfrau kocht am Kessel. In der Nähe steht ein Wagen,
ein Saumroß ist an einen Pfahl gebunden, Neben dem Wagen stehen
zwei Hängekörbe und zwei Truhen.
Ganz in der Ferne Schlachtlärm und Mönchsgesang.
Die
l. Auftritt.
Waldfrau (auscht in die Ferne).
Den Christen Fluch! Allvater Wodan tilge
Sie von dem Heimatboden! Weil ich treu blieb
Den alten Göttern, hieb das Mönchswort nieder
Den heil'gen Baum, entweiht ward meine Hütte,
Der Götterberg, die heil'ge Opferstätte —
Und rechtlos, heimatlos zog ich von dannen.
Was tu' ich auf der Welt? Ein's blieb mir: Rache!
Ich will sie hetzen durch die wilden Feinde,
Bis sie am Boden liegen, hingeopfert
Dem Ziu all', dem hohen Schlachtengotte.
Dann mag aus alter Schmach der Tod mich lösen. —
Mein Friduhelm, als sie Dich beugen wollten
Ins Joch der fremden Lehre, flohst Du heimlich
Zum kalten Strand des Normanns, ließest einsam
dein Weib im fremdgeword'nen Heimatlande.
So mir noch Kraft.verbleibt, will ich Dir folgen.
— 56 —
(Sie singt, am Kessel beschäftigt.
*) „Die Heimat wird dämmernd und dunkel und alt,
Trüb rinnen die heiligen Quellen;
Du götterumschwebter, Du grünender Wald,
Schon blitzt die Axt, Dich zu fällen.
Und wir ziehen stumm, ein geschlagenes Heer,
Erloschen sind unsere Sterne —
O Island, Du eisiger Fels im Meer
Steig' auf aus näͤchtiger Ferne!
Wo der Feuerberg loht, Glutasche fällt,
Sturmwogen die Ufer umschäumen,
Auf Dir, Du trotziges Ende der Welt,
Die Winternacht woll'n wir verträumen.“
2. Auftritt.
Eriea wild fröhlich lachend, den gefesselten Audifax der Wald—
frau zuschleudernd).
Ein guter Fang! Hier Alte, nimm den Knaben!
Er kann am Herd Dir helfen. Hui, zum Kampfe!
(Stürmt fort).
Waldfrau.
Ich dank' Dir, Heideblume! Just zur Stunde,
Zur rechten kommt der Bub' mir in die Finger.
Bist Du das Bürschlein nicht, das mich verraten
Dem Kuttenträger? Wart, Dir naht die Strafe.
Audifax.
Du hast durch Teufelskunst den Schatz gehindert,
Den mir in uns'rer Burg versprochen haͤtte
Der heil'ge Mann, die Freiheit zu erkauͤfen.
Waldfrau.
So? Hab' ich's? Nun beim Hunnenschatz als Wächter
Stell ich Dich an. Sieh, wie es flirrt und flimmert
(sie hebt den Deckel der einen Truhe).
*) s. Scheffels Etkehard.
— 57 —
Von Gold und Edelstein. S'ist Klosterbeute!
Und daß Du weißt, was Deiner wartet, Bürschlein,
Hebst Du den Deckel heimlich,
(sie nimmt eine Scheere und packt Audifax.)
merk' das Zeichen.
(Sie verwundet ihn am Ohr. Audifax schreit auf.
Tut's weh?ꝰ Auch mir tat's weh, als mir gebrochen
Das Herz, da ich durch Dich ins Elend mußte.
Der Waldfrau denke, wenn Dich Schmerzen plagen.
3. Auftritt.
Ein Hunne (kommt mit Hadumoth).
Bist Du verrückt, Du alte Wetterhexe?
(Zu Hadumoth)
Ift der dort Dein Gespiele? Eile zu ihm!
(Zur Waldfrau)
Die Heideblume will, daß diesen Beiden
Kein Leid durch Dich gescheh'!
Waldfrau.
Ich will sie hüten!
Audifarx.
be tʒ adumoth?!
Hadumoth.
Mein Audifarx, ich bleibe;
Ich geh' nicht heim; wo Du bist, will ich weilen!
Audifarx.
Du Hadumoth, dort drinnen —
(er spricht eifrig zu ihr, auf die Truhen deutend.)
Hunne.
Verbinde mir den Arm, streich Deine Salbe!
Ich muß ins Feld zurück, daß ich nicht fehle,
Wenns ans Verteilen geht der Siegesbeute.
Der Ellak lockt sie in sein Netz, der kühne!
Hei, Attila, der große König, könnte
Nicht besser packen diese Christenhunde!
Stürmt nur geschlossen an, Ihr deutschen Büffel!
Der Hunn' ist Herr der Welt, eh' sie sich's träumen,
Sind sie umzingelt und die Pfeile treffen
Die dichten Massen leichter als zerstreute.
(Der Schlachtenlärm wird lauter.
Mach Alte zu; vom Waldrand wälzt sich's näher
Dort rechts heran. Sie fassen uns im Rücken!
Ich muß hinein!
(Stürmt ab.)
4. Auftritt.
Waldfrau.
Ziu erschlage sie die Kuttenträger!
Allvater leihe Sieg den Christenfeinden!
Audifar (leise.)
Still, Hadumoth, der Schatz muß unser werden.
Die Hexe soll mich nicht noch einmal schänden.
Hadumoth.
O Audifax, sie tötet uns noch; eile,
Ich helfe Dir, tu was Du willst ...!
Audifarx (nimmt einen Stein auf).
Das Wehrgeld,
Die Buße heisch' ich!
Wie's der Brauch der Männer!
Waldfrau.
Ich will Dich, Krötlein —
Andifax.
Nimm zurück die Strafe!
(Er springt an der Waldfrau hoch und schlägt fie gegen die Schläfe.
Waldfrau (taumelt).
Es dunkelt! Götter! Friduhelm, ich komme!
(Sie stürzt zu Boden)
Audifax (chleppt die Hängekörbe zum Saumroß, bindet es los).
Hilf Hadumoth! Eh' sie erwacht! J
Die Körbe!
— 59 —
Sitz auf! Ins Glück und in die Freiheit, holla!
(Sie reiten schnell ab.)
3. Auftritt.
(Der Gesang und Lärm kommt näher. Fliehende Hunnen eilen,
teils zu Pferde, teils zu Fuß, über die Bühne davon).
Moengal (im Kampf mit einem Hunnen).
Die Pest Dir ins Gebein, Du Katzenbeter!
Nicht weiter kommst Du mir.
Hunne (kämpfend).
Hui, hui!
Moengal.
So hab' es!
(Er packt den Gegner, dessen Helm fliegt ab, langes Weiberhaar
wird sichtbar.)
Ein Weib?! Ich bin verrückt?!
Hunne (Erica) (umschlingt ihn, nähert sich seinem Gesicht, wie
zum Kusse und beißt ihn in die Wange).
Moengal.
O, Schlange, Satan!
(Erica wild lachend ab.)
Ein Weib? Da saüst sie hin! Leutpriester Moengal
Wenn das der Bischof hört ..?
(Gefühlt die schmerzende Wange.)
Das sollt' ein Kuß sein .. .*
Die Wangen aufgebissen beide! Lustig
Und trotzig blickt' sie, hübsch ihr Antlitz, ...
Verkehrte Welt, St. Gallus mög' mich schützen!
Das Wild jagt hier den Jäger. Narrendinge!
(Eilt zu den Streitenden)
6. Auftritt.
(Der Schlachtenlärm und Mönchsgesang erklingen immer näher,
dann vernimmt man einzelne Losungsworte und das Feldgeschrei.
Die Hunnen weichen zurück und betreten dabei die Bühne Es
entwickeln sich kämpfende Gruppen. Während des folgenden
drängen immer neue Scharen nach, teils zu Pferde, teils zu Fuß.)
Simon Bardo Moch hinter der Szene)
Sie halten uns nicht stand, entschlüpfen wieder!
Schließt ein, schließt ein, wir müssen sie umkreisen!
Ihr, Reichenauer, hier! Sankt Gallen drüben!
Ihr, Hohentwieler, nehmt mit mir die Mitte!
Nun nochmals drauf und dran, der Sieg ist unser!
(Erneuter Anprall der Deutschen. Die Hunnen fliehen stärker.
Ellak, der Hunnenführer, sucht sie anzufeuern.)
Simon VWBardo (auf Ellak eindringend).
Heran Du Heidensohn! Ich hege Mitleid,
Da Du so tapfer bist! Gieb Dich gefangen!
Ellak.
Der Ellak beugt sich nimmer Deiner Glatze.
(Zu den Seinen.)
Die Fahne Attilas weht vor, zeigt Euch als Helden!
Denkt an die reichen Schätze ihrer Klöster!
Simon Bardo.
Ihr Brüder vor!
Die Mönche.
Simon Bardo.
Jetzt, Hohentwieler, vor das Herzogsbanner!
Werft's in den Mückenschwarm und holt's Euch wieder!
Alle.
Heil Schwaben!
Die Kreuzesfahne siege!
Nach dem Banner!
Holt es wieder!
(Kampf um die Fahne. Hinter der Szene begeisterte Rufe:
„St. Michael!“
Mönche (stürzen herein.) IJ
St. Michael kommt uns zur Hilfe, Brüder!
Alle.
Heil Michael! Der Tod den Hunnen! Fangt sie!
Die Rufe werden stärker.)
— 61 —
Ellak (stutzt, sprengt vor.)
Wer'kommt? Ah, dort! Laßt Euch nicht schrecken;
Auf sie!
Hui, hui, aus meinem Weg, Du lästig Mücklein!
Dringt auf Ekkehard ein)
Ekkehard.
In Deine Hölle fahre, Katzenbeter!
(Kampf zwischen beiden.)
Rufe von links.
St. Michael, St. Michael!
Die Hohentwieler.
Wir haben sie!
Simon Bardo.
Die Fahne,
Drängt tiefer in die Waldung!
7. Auftritt.
(Ungefüge Horntöne von links, dann in altertümlicher, prächtiger
Rustung der Alte aus der Heidenhöhle Karl der Dicke) zu
Pferde, welchem Rauching den Weg bahnt.)
Rauching.
Mannslängen drei vom Leib, sonst kracht der Schädel!
OHerr ich werde jung, ich schaffe Platz Euch!
Verschiedene.
Der Alle aus der Heidenhöhle! Zu ihm!
Ellak.
In Deinen Himmel send' ich Dich, Du Heil'ger!
Ihr Hunnen schaut, so fallen Christengötter!
Der Alte aus der Heidenhöhle stöüßt beim Zusammenprall Ellak
vom Pferde; Ellak erhebt sich blͤtzschnell wieder. Die Lanzen
splittern. Ellak holt zum Schlage aus, während der Alte den
Streittolben schwingt. Ellak weicht aus und dringt dann auf
den Gegner ein; Rauching springt dazwischen und empfängt den
Todeshieb für feinen Herrn, fällt und reißt Ellak mit zu Boden.
Dieser schlägt dem Alten den Todeshieb, während gleichzeitig
des Alten Streitkolben auf Ellaks Schädel niedersaust.)
— 62 —
(Während des Kampfes stockt die Schlacht; wenn Ellak sinkt, er—
hebt sich tosendes Siegesgeschrei der Deutschen)
Die Deutschen.
Hei, das sind Schwabenstreiche! Fahr' zur Hölle!
(Sie dringen wieder vor.)
Der Hunne sinkt! Die Katzenfahn' ist unser!
Hie Schwert des Herrn . 1*St. Michael .. . ..
Sie fliehen!
Die meisten stürmen den fliehenden Hunnen nach.)
Mönche (haben sich um den Alten und Rauching bemüht).
Er sinkt vom Roß!
Andere.
Der Alte.
Mein treuer Rauching bist Du hin? Ich folge!
Rauching cersucht sich mühsam aufzurichten).
Der Schlachtentod ist mein! Dem Himmel dank' ich!
Lebt wohl, mein Kaiser! Strafe Gott die Heiden!
Ekkehard.
Nehmt ihm den Helm ab! Oeffnet seinen Panzer!
Neue Schaaren von Mönchen.
Die Feinde flieh'n zum See!
Ekkehard.
Dem tapfern Retter Hilfe!
O, meine Brüder,
Den Streit stellt ein! Für dieses Helden Seele
Vereinigt Euer Beten mil dem meinen!
Ein deutscher Großer geht zur ew'gen Ruhe!
Stützt ihm das Haupt, das kranke, leidenvolle!
St. Galler Mönche.
Wer ist der Mann?
Ein Reichenauer.
Der aus der Heidenhöhle!
Ekkehard.
Die Untreu hat den Mann verfolgt im Leben,
Wir halten Treu' in seiner letzten Stunde!
— 63 —
Gebet der Mönche. Der Schlachtenlärm tönt ganz fern. Plötzlich
hört man Heilrufe der Deutschen von der Angriffseite her.)
Hegauer Ritter.
Die Herzogin, beim Himmel! Ihr entgegen!
8. Aufkritt.
(Hadwig kommt, von ihren Mannen umgeben.)
Abt Cralo.
Der Sieg ist unser und verscheucht die Hunnen!
Ekkehard (niet bei dem Alten).
Um schweren Preis! O Herrin schaut den Toten!
(Hadwig ist abgesprungen, tritt heran)
Ein Mönch.
Er ist nicht tot!
Zweiter Mönch.
Ekkehard.
Will reden!
Stützt das Haupt ihm!
Der Alte (wird mit Ekkehards Hilfe aufgerichtet.)
Als Herzogsbote warst Du in der Höhle,
Der Herrin melde, daß mein Schmerz zu
Der Reitertod sühnt alle Schuld des Lebens.
Die Feinde ziehen ab, doch nicht für immer.
Sie dürfen uns nicht wieder schutzlos finden.
Die Kraft ist unser, aber nicht die Klugheit.
Entsagt dem Hader, Fürsten, Ritter, Mönche!
Um einen starken Herrn und Kaiser schart Euch!
Dem folgt in Treue, streitet vor, Ihr Schwaben!
Dann Deutschland Heil, und Heil dem Kaiserthrone!
(Er sinkt tot zusammen. Alle sind tief ergriffen. Schwermütig
als Totengefang klingt aus der Ferne gedämpft: media vita ..)
Hadwig (kniet bei dem Toten).
Faͤhr' wohl, Du armer, müder Vielgeprüfter!
Das Banner breitet über ihn, den Helden!
— 64 —
(Es geschieht, die Herzogin steht auf,)
Sein Wort sei uns Vermächtnis! Niederzwingen.
Was in der Brust sich regt an ird'schen Wünschen,
Die sich dem Großen keck entgegenstellen,
Dann frommt der Sieg, dann ist die Schuld
beglichen,
Die uns're Toten fordern von der Zukunft.
Vorderbühne.
(Des Hohentwielspiels dritter Vorgang.)
Konrads Rückkehr.
1. Auftritt.
Richenza kommt aus dem Frauenturm. Es entwickelt sich ein leb⸗
haftes Treiben auf dem Burghof. Die Mägde zünden Feuer an und
fiellen Kessel darüber, um Oel und Pech zu sieden, sie stellen Vech⸗
kränze her; andere bereiten den Imbiß für die Männer. Auf dem
Wehrgange werden die Knechte und Singener sichtbar, die nach dem
Feind ausspähen.
Richenza (zum Turmwächter Heinz).
Noch immer nichts zu seh'n?
Heinz.
Das Land!
Richenza.
Es deckt der Nebel
Und Ulrich und die Mannen fehlen!
Heinz.
Es wogt und wirbelt in der Tiefe! Hoiho,
Schon reißt der Nebel, bald wird klarer Ausblick!
Richenza.
Sobald Du etwas siehst, sagt's uns Dein Hornruf!
Ihr Mägde, hurtig, nach dem langen Wachen
Ist's nötg, daß die Männer sich erholen
Bei Trank und Imbiß; auch ein Feuer brenne,
Die Morgenluft ist kühl!
Hildegard (kommt aus dem Turm)
Die Kinder efen—
Als ob an ihrem Lager Ihr noch säßet.
66
Richenza (zu den Mägden, die mit Wein gekommen sind).
Vergeßt den Pförtner nicht und nicht den Wächter!
(Hornstoß)
Was giebt's?
Heinz.
Bewaffnete ein ganzer Haufen,
Durchzieh'n die Ebne, nähern sich dem Twiele!
Richenza.
Erkennst Du nicht die Farben?
Heinz.
Hat eingehüllt die Schaar!
Richenza.
Kann es der Herr sein?
Heinz.
Nein! Der Nebel
Sie reiten wacker!
Nein, es sind zu viele.
Richenza.
Dann gilt es wachsam sein! Ans Werk, Ihr Männer!
Schafft Klötze, Steine auf den Umgang!.. Mägde
Kocht Oel und Pech und taucht darein die Kränze!
Mehr Pfeile holt herbei. Sie sollen merken,
Daß gut bewehrt die Burg, die sie verlassen
Und ohne Ritterschutz verloren wähnen!
Gornstoß.)
Heinz.
Halloh! Nichts übereilt!
Die Fürstenberger sind's!
Richenza.
O heil'ge Jungfrau!
Dann habe Dank, dann nahen uns die Freunde!
Heinz.
Im Nebel taucht dort auf ein andrer Haufen,
Die Aach entlang, schätz ich, sind sie geritten.
Richenza.
Vom Hohenkrähen her?
67
Heinz.
Hildegard.
Jawohl!
Die Unsren!
Heinz.
Ich weiß noch nicht gewiß . der Nebel teilt sich
Die Twieler Farben sind's! Voraus der Ritter
(päht scharf hinab.)
Richenza.
Ich will ihm winken meinem lieben Ulrich
nd komme zu Dir, Türmer, auf die Höhe!
(will hinauf.)
Heinz.
O hohe Frau!
(Richenza zögert.)
Hildegard.
Heinz.
Sie führen einen Wagen und der erste ⸗
Täuscht mich mein Auge? .. ist der Hohenberger!
Hildegard (asch und für sich·.
War's möglich? Dann ist Konrad ihm zur Seite!
Heinz.
Man sieht nichts mehr. Sie sind am unt'ren
Burgweg.
Jedoch im Wagen liegt ein Mann verwundet!
Richenza.
Mein Mann?! O Hildegard, mir schwankt der Boden!
Verwundet sagst Du? Er ..? Vielleicht getötet!
Erkennst Du meinen Vater?
2. Auftrillt.
Eginhard.
Seid ruhig, edle Frau: mir will es scheinen,
Als ob ein Fremder, deß der Herr sich annahm,
Zur Burg geleitet wird, sonst wär' ein Bote
Vorausgeschickt wohl mit der Trauerbotschaft.
He, Berthold, Diethelm, schnell hinab den Burgweg
— 68 —
Und ist der Wunde (leiser) unser lieber
Gebt Ihr auf diesem Horne mir ein
Berthold und Diethelm aͤb. Rufe werden hörbar.
wird niedergelassen und das Tor geöffnet.)
Hildegard.
O Mutter, hört, sie rufen!
Richenza.
Burgherr,
Zeichen.
Die Zugbrücke
Ulrichs Stimme!
So sei gelobt, Du großer Gott im Himmel!
3. Auftritt.
Die Knaben Lothar, Friedrich und Rudolf sind inzwischen gekommen.)
Lothar.
Ich lauf' zum Vater!
Friedrich.
Am Burgtor!
Und ich bin der erste
4. Auftritl.
(Zu Pferde kommen Ulrich von Klingen sowie später die Grafen
Albert von Hohenberg, Hugo von Werdenberg und Heinrich
von Fürstenberg mit ihrem zahlreichen Gefolge)
Rudolf.
Vater!
Die Knaben.
2. Sieber guter Vater!
Die Singener (ind inzwischen vom Wehrgang heruntergekommen).
Heil Herro!
(sie helfen die Pferde fortbringen.)
Ulrich von Klingen.
Vorsicht! Wartet doch, Ihr Buben!
(springt ab und tritt zu feinem Weibe.)
Richenza!
Richenza.
Ulrich!
Ulrich von Klingen.
Diesmal galt's, mein Liebling!
69
Richenza. J
Wir konnten gar nichts tun zu Deiner Warnung!
Ulrich.
Die Fügung Gottes war's, die Heil bescheerte,
Mehr gals Du ahnst! Nun, Hildegard, mein Liebling,
Dein Vater kommt, was stehst Du so beklommen?
Er bringt Dir etwas liebes; traun, Du ahnst es?
Dort kommen uns're Freunde! Zum Willkommen
Hol' einen Becher roten Wein und eil' Dich.
Du, Mechtild, richte schnell die Kemenaten.
(Hildegard und Mechtild ab.)
Richenza.
Wen führt Ihr mit Euch, Mann, auf einer Bahre?
Ist's einer uns'rer Leute, tot, verwundet?
Ulrich.
Von uns'ren Leuten keiner. Laß' die Fragen,
(Die Grafen reiten ein)
Die Freunde sind heran.
3. Auftritt.
Richenza.
Seid hochwillkommen!
Die Burgfrau grüßt Euch auf dem Hohentwiele
Herr Graf von Hohenberg und Euch Herr Ritter,
Eu'r Töchterlein wird Kuß und Trunk Euch bieten.
Graf Fürstenberg, ist Eure liebe Burgfrau
Nicht mitgeritten in den Herbst zum Twiele?
Ihr habt aus schwerer Angst, aus banger Sorge
Die Burg gelöst, die Feinde mögen kommen,
Ich fürchte niemand mehr in Eurer Nähe!
H. v. Fürstenberg.
Ich habe an dem Danke keinen Anteil;
(auf Hohenberg zeigend)
Die Freunde schlugen sich zu guter Stunde,
Als die Gefahr am höchsten, zu den Twielern.
70.—
Ulrich.
Sie haben wacker uns herausgehauen;
Die Fehd' ist aus, die Schächer sind gefangen.
Den Willkommtrunk, den wohlverdienten, denk' ich,
Soll Frau Richenza uns im Freien rüsten.
Richenza.
Ab Sset nieder, edle Herr'n, ich will nicht säumen.
Ab.
Ulrich (ist an das Tor getreten).
Sie kommen langsam nach mit uns'rem Konrad.
H. v. Werdenberg.
Es gilt die Frauen langsam vorbereiten,
Daß Hildegard der Schreck nicht Schaden bringe.
b. Auftritt.
(Richenza mit Hildegard, die den Wein bringt. Hildegard zögert.
Richenza (leise).
Wo bleibt Dein Mut, den Du mir zugesichert,
Mein Liebling; tapfer, sieh dort Deimen Vater,
Du liebst ihn mehr, gelt, als Du ihn gefürchtet?
H. v. Werdenberg.
Mein Mädchen! Hildegard!
Hildegard (fliegt zu ihm)
H. v. Werdenberg.
Was bist Du groß in Twieler Luft geworden!
Hildegard.
Und Ihr blickt gütig so wie sonst; doch silbern
Liegt Reif auf Eurem Haupte, lieber Vater?
H. v. Werdenberg.
Des Winters Zugab', Kind! In Deinem Frühling
Will ich vergessen meine Lebensnöte.
Ihr Herren, schaut, ist Hildegard nicht würdig,
Die schönste Burg zu zieren'als die Herrin?
Hildegard.
Nicht, Vater! Laßt mich, wie ich bin. Ich bitte!
Mein lieber Vater!
71 —
H. v. Werdenberg.
Den Freier hab' ich ihr bereits erkoren.
H. v. Fürstenberg.
Ich stimm' Euch bei!
Hildegard.
Graf Hohenberg.
O Vater hört!
Wir alle!
Richenza.
Verschüchtert mir mein Kind nicht! Liebes Mädchen,
Die schlimmen Männer pflegen rauher Sitte,
Die Kampflust schafft sie, das verweg'ne Streiten!
Sagt lieber an, wie kamt Ihr aneinander
Mil jenem Raufbold, jenem Friedensbrecher?
Wie führte Euch das Glück in uns're Nähe?
Ulrich.
Da wo das Tal sich wendet bei der Mühle,
Von Engen donauwärts, geschah die Meintat.
Mit frohen Scherzen ritten wir talabwärts,
Des Wiedersehn's uns freuend und der Ruhe,
Als jene Schächer uns den Weg verlegten,
An ihrer Spitze Kunz! In höchsten Nöten
Ertönt ein Hornruf, mächtig brausen nieder
In's Tal gleich einem Wildbach, Alberts Schaaren!
Dein Vater, Hildegard, war schon umzingelt,
Als, allen weit voraus, ein kühner Streiter
Sich Bahn bricht durch die Feinde, niederhauend,
Wer sich entgegenstellt, mit gutem Schwerte.
Wir hatten leichtes Spiel; den tollen Räuber
Und seine Mannen bringen wir gebunden.
Nur Hans der Falkner ward am Arm verwundet
Und liegt im Haus des Ammans, Gretle pflegt ihn.
Richenza.
Und jener Ritter?
72 —
H. v. Fürstenberg.
Eines Knechtes Lanze
Warf ihn vom Pferd, doch leicht ist seine Wunde.
A. v. Hohenberg.
Sie bringen ihn herauf!
H. v. Werdenberg.
Der wird mein Eidam
Und keiner sonst, so hab' ich es geschworen,
Als er vom Tod mich löste! Ihm entgegen!
Hildegard.
Eh' will ich sterben als die Treue brechen!
Ich kann nicht folgen, gute, treue Mutter,
O helft mir, laßt Euch nicht verderben schmählich
Eu'r Töchterlein, wenn Ihr es je geliebt habt!
Richenza.
Ein Kranker wartet uns'rer Hilfe, Mädchen!
Was sonst geschieht .. .? Wir wollen Gott
vertrauen!
Das Burgtor öffnet sich, die Pflicht gebietet!
7. Auftritt.
Konrad wird auf einer Bahre liegend hereingetragen.)
Hildegard (lieht zum Frauenturm ganz nach vorn)
So mag die Welt vergeh'n! Ich kann nicht leben.
Richenza (zu den Trägern der Bahre).
Setzt ab.
(Sie lüftet das über den Kranken gebreitete Tuch.)
Was seh' ich?
(Droht mit dem Finger den behaglich lächelnden Rittern.)
O, Ihr bösen Männer!
Er ist wohl schwer verwundet?
H. v. Fürstenberg.
Ohne Sorge,
Der Weg zur Höhe hat ihn angegriffen.
—A
Der Schlummer deckt sein Auge, doch ich wette,
Den Balsam haben wir zur Hand.
780 —
Ulrich.
Nun, Mädchen,
Ist das Brauch, daß man dem kranken Gaste
Auf Hohentwiel den Willkommstrunk verweigert?
Geschwind, bei meinem Zorn, tu', was Dir zukommt.
Hildegard (rafft sich verwirrt auf und nimmt den Becher).
Ich will .. . ich komme ...
(erblickt Konrad, schreit auf und läßt den Becher fallen).
Konrad! Freund! Geliebter!
(eilt zu ihm und wirft sich an der Bahre nieder. Konrad ist erwacht.)
Bist Du's ? Verwundet? Schwer? O heil'ge Jungfrau!
Mein Konrad, bist Du's wirklich, oder träum' ich?
Konrad.
Mein holdes Lieb.. mein Glück ... ich bin
im Himmel!
(sinkt erschöpft zurück. Die Umstehenden stehen gerührt. Eginhard,
der Pförtner, muß die Tränen niederzwingen.)
Ulrich.
Das nennst Du Zucht, den Gast so zu erschrecken,
Daß er von Sinnen? Und ihm nicht zu gönnen
Den Wein, den heilenden?!
Hildegard (unter Tränen lachend).
Verzeiht, Ihr Guten!
(eilt zum Tisch und bringt den Wein.)
Nun trink', mein Konrad, trink', ich will Dich pflegen.
A. v. Hohenberg.
Sie haben Erd' und Himmel rings vergessen.
H. v. Werdenberg.
Drum muß der Vater erst ein Machtwort sprechen,
Damit ihr Himmel dauernd sei auf Erden.
Alrich.
Vorerst, mein Konrad, Deine Hand, Du Wackrer!
Was ich Dir einst gesagt an bitt'ren Worten,
Es sei verweht! Der Graf hat recht behalten.
In seiner Zucht erwuchsest Du zum Manne,
Die Rittertat erweist Dich reif zum Schildamt,
Es soll Dir werden, wenn Du erst gesundet.
74
H. v. Fürstenberg.
Mich, seinen Lehnsherrn, laßt die Feier rüsten.
Hildegard.
O Herr wie dank ich —
Ulrich.
Das behagt Dir, Liebling?
Dein Platz ist dort bei Deinem rechten Vater!
H. v. Werdenberg.
Der sie verliert, kaum daß er sie empfangen.
Komm Kind! Ihr, liebe Freunde, seid uns Zeugen!
(Er führt Hildegard zu Konrad.)
H. v. Werdenberg.
Ihr wollt die Tochter gern zum Weibe nehmen?
Konrad.
Gesundheit, Leben, Glück schenkt ihre Hand mir!
H. v. Werdenberg.
Und willst Du für das Leben ihm gehören?
Hildegard.
Mein lieber, guter Vater! Ja mein Konrad!
H. v. Werdenberg (qzu Konrad)
So nimm den Ring von reinem, rotem Golde.
Konrad (zu Hildegard).
Wie dieser Ring Dir fest umschließt den Finger,
Soll meine Treue fest und ewig bleiben.
Hildegard.
Nimm meinen Ring! Der Herr in seiner Güte,
Woll' Dich erhalten mir in Freud' und Leide.
(Sie umarmen sich)
Ulrich.
Wir aber schauen aus in frohe Zeiten:
Wo solche Jugend uns erwächst, da kehren
Die Tage echten Rittertums uns wieder,
Da wird's uns wohl uns Alten; Deutschlands Größe
Wird wiederkehren durch die Rittertugend;
Wie unter Barbarossas starkem Scepter
75
Die Kaiserkron' ob aller Welt erstrahlen,
Gewaltig durch die Tugend, durch die Liebe!
Denn wißt, was wir bisher verschwiegen haben,
Was uns're Freunde zu dem Ritt vermochte,
Der hin gen Habsburg führen soll: Ein König
Ist jüngst gewählt! Vorbei die Schreckenszeiten,
Die auf dem Reich gelastet lang und grausam!
Auf einen deutschen Mann, Herrn Alberts Schwäher,
Den Grafen Habsburg ist die Wahl gefallen!
Gesinde.
Dem guten Grafen Habsburg Heil, dem König!
Die Singener.
Wir kennen ihn! Er wird das Scepter führen
Mit starker Hand! Zur Freude auch der Schwachen.
A. v. Hohenberg.
Die Königin nach Aachen zu geleiten
Ist unser Wunsch!
Konrad (qhat sich aufgerichtet).
Herr Graf, Ihr nehmt mich mit Euch!
Denn bin ich reif zum hohen Schildesamte,
Dann darf als Ritter für die Fahn' ich streiten,
Die uns voran im Sturme wird getragen,
Für uns'res Reiches Herrlichkeit und Größe!
O Hildegard ich fühle neues Leben;
Ein Ziel verschönt durch Deine Liebe seh' ich
Im Königsdienste winken!
(will aufstehen, sinkt zurück.)
Ulrich.
Das
Wirst Du bleiben!
(Mechtild kommt.)
Erst ruh' Dich aus in Deiner Kemenate,
Die Mechtild Dir bereitet hat.
Mechtild.
Herr Konrad!
(will den Mund auftun zum Ausdruck grenzenloser Verwunderung,
Ulrich schneidet ihr das Wort ab)
Schwätz drinnen weiter.
76—
Konrad Wird in den Turm geführt und ruft an der Türe).
Hildegard!
Hildegard.
Ulrich (zu den Singenern).
Euch aber, Männer, soll mein Dank belohnen,
Daß Ihr getreu den Hohentwiel bewachtet!
Der Weinmond soll uns seine Gaben spenden
Und ein Turnei den Ritterschlag beschließen.
Bereitet alles, folgt mir in den Pallas,
Daß wir uns freuen, ob der Königsbotschaft!
Ich komme.
Jubelnde Zurufe der Singener, die singend die Burg verlassen,
während die Ritter in die Burg gehen und die Knechte und das
Gesinde zur Arbeit sich anschicken und dabei den Hof verlassen.
Der Gesang der Abziehenden wird schwächer, vereinzeltes Jauch⸗
zen dringt herauf.)
Hinterbühne.
Drittes historisches Zeitbild.
(Zwischenvorgang).
Der Friedensschluß in Konstam.
a) Barbarossa in der Bischofsburg zu Konstanz.
5chauplak.
(Säulenhalle der Bischofsburg am Seeufer. Blick auf den Bodensee.
Im Hintergrunde und rechts, sich über die Ufer und Höhen erhebend,
die Alpen. Die Halle ziert Waffenschmuck. Tisch und Stühle auf
erhöhtem Platze. Der Kaiser, von Pagen umgeben, sitzt oben.
Eine Abordnung reicher Konstanzer Patrizier, geführt vom Ammann
in vritterlicher Gewandung, steht vor ihm.)
J. Juftritt.
Kaiser Friedrich.
Des Bischofs Ammann und Ihr, gute Bürger
Von Konstanz, gern entsinn' ich mich der Tage
In Eurer Mitte, als im Süden brannte
Ddes Aufruhrs Fackel in den Städten jenseits
Der Alpen, als im Norden später drohte
Der übermüt'ge Sachsenherzog Fehde.
Im Abendscheine träumend sah ich oftmals
der Berge hohe Mauern fernher leuchten,
Die weißen Zacken, fern und unerreichbar
Dem Menschenfuß! Dann dünkte mich der Friede
Gleich jenen Felsen weit für ew'ge Zeiten,
Verloren für der Menschen Glück und Sehnsucht.
In Eurer Liebe, in den Gau'n der Heimat,
— 78 —
Am sonnig-heit'ren Schwabenmeere fand ich
Den Balsam, deß ich brauchte für die Stürme,
Die, wild entfesselt, alle Völker schreckten.
Und so erneu're ich der Gnade Zeichen,
Entlaste Euch der Sorge für die Meinen
Und ihren Unterhalt; in Liebe trauend,
Ihr werdet Eures Kaisers Mannen ehren
Und Gastfreundschaft erweisen nach Vermögen.
Ammann.
Das werden wir; und bitten unsern Kaiser,
Mit Zustimmung des Bischofs, des Gebieters,
Er möge Konstanz' Bürgerschaft erfreuen,
Die sich zum Feste rüstet und gehorchend
Der Stimme der Verehrung und der Liebe,
Den Kaiser und die Fürsten, die Gesandten
Zu Gaste ladet. — Seit dem Waffenstillstand,
Der in Venedig Eure Weisheit kürte,
Ist frei die Handelsstraße, die vom Rheine
Und von der Donau führt zum Morgenlande.
Italiens Städte öffnen uns'rer Ware,
Dem schnee'gen Linnen wieder ihre Tore;
Wir atmen auf, vom Druck befreit, und Segen
Erblüht den bangen Bürgern allerorten.
Kaiser Friedrich.
Habt frohen Dank! Wir werden gern erscheinen,
Sobald geendet sind des Friedens Werke.
Er verabschiedet die Bürger, die, von den Pagen begleitet, abgehen.)
Der Kaiser ist allein.)
Geendet? Seit das Haupt mir drückt die Krone
Des deutschen Königs und des röm'schen Kaisers
Ersann ich starken Frieden meinen Ländern,
Und niemals fand ich Ruhe auf dem Throne;
Der Menschen Haß und Neid zerstörte jeweils,
— 79 —
Was hoher Sinn und stete Sorge bauten. —
Wie hielt ich hoch des Löwenheinrich Freundschaft,
Wie konnte Deuͤtschlands Ruhm die Welt bezwingen,
Wenn er an meiner Seite, mir verbunden,
Im Dienst des Reichs die Kraft gebraucht, die wilde.
Zwar mahnt' er mich des Nordens zu gedenken,
Als wir in Partenkirchen uns geschieden;
Nicht zu vergießen für den welschen Süden
Der Deutschen Blut in nimmer ruh'ndem Streite —
Er kbennt nicht Kaiserart und Kaiserpflichten!
Ddes Reiches Anspruch muß ich aufrecht halten,
Wo immer man mit frevler Faust gerüttelt
Am Reichsbesitz. —
Wie klein erscheint der Löwe,
Gemessen an dem Feinde Alexander,
Der mir versöhnt ins Grab vorangegangen,
Nachdem er mich des Bannes hat entbunden.
Die beiden Schwerter, die üuns Gott verliehen
Zum Heil der Christenheit sind nun verbunden,
Seit ia Venedig unser Zwist geendet.
Die Felonie, Du stolzer Sachsenherzog,
Die Riederlage auf Legnanos Feldern,
Der Tag, da ich mit Müh' entrann dem Tode
Sie sind vergolten und im Friedensschimmer,
Im alten Glanz erscheint die Kaiserkrone.
Ein neuer Morgen grüßt des Reiches Völker!
Während der letzten Sätze ist die Sonne aufgegangen, zerteilt
die Rebel uͤnd erleuchtet die Firnen, im Wasser widerstrahlend.
Der Kaifer schaut in tiefer Bewegung dem Raturschauspiel zu.)
So brich hervor Du gold'ne Sonne, wecke,
Wie Du mit Licht die Firnen überschüttest
Auf Deinem Weg vom heil'gen Morgenlbande,
In mir die fromme Sehnsucht nach dem Grabe,
dem heil'gen, des Erlösers, eh' ich ende
Die dornenvolle Kaiserbahn, daß heller
Vom Dunkel ab sich meine Ziele heben.
Er steht in Andacht versunken an der Brüstung.)
— 80 —
3. Auftritt.
Der Bischof von Konstanz tritt ein; der Kaiser wendet sich um.
Mein guter Bischof, Eure wack'ren Bürger
Entboten mir willkommene Morgengrüße.
Ihr seht mich schon gerüstet zur Versammlung.
Des Kämm'res Rudoh harr' ich und der Söhne;
Indeß sie säumen, wolle! mir berichten,
Was Ihr gehört vom Gange der Verhandlung.
Bischof.
Gestattet mir in Ehrfurcht Euch zu grüßen
Und Dank zu sagen für die Kaisergnade.
Ich komme eben aus der Reichsversammlung,
Die meisten Punkte sind zu Recht verglichen,
Die Friedenslust wiegt stark, mit ihr die Schäden,
Die neunundzwanzig Jahre den Lombarden
Des Krieges Schrecken vor das Auge führten.
Das stolze Mailand, Piacenza, Parma
Und all' die Städte des Lombardenbundes
Sind froh des Friedens, den Ihr angekündigt;
Vereinzelt regt sich Mißtrau'n, böser Wille.
Ich hoffe, daß wie Konstanz Segen schöpfte
Aus sich'rer Ruh' für Handel und Gewerbe,
So den Gesandten klar der Weg sich zeigte
Zu ihrer Städte, ihrer Bürger Vortell.
Kaiser Friedrich.
Die Städte hielten aus gleich tapf'ren Rittern,
Sie sollen blühen zu des Reiches Nutzen.
4. Auftritt.
Pagen melden an und öffnen auf einen Wink des Kaisers die
Türen. Es treten ein, König Heinrich und Herzog Friedrich,
[die Söhne des Kaisers] und der Kämmerer Rudolf von Sieben—
eich, ihm folgt eine Abordnung der Gesandten.)
Kaiser Friedrich.
Willkommen König Heinrich, Herzog Friedrich!
Rudolf von Siebeneich, weß bringt Ihr Kunde?
Ein großer Tag, Ihr Söhne, ist erschienen,
Bewahret fest die Stunden im Gedächtnis,
In der zur Blüte kam die Macht des Reiches.
Ihr, werte Herr'n, der Kaiser grüßt die Städte
In Euch! Was heischt Ihr? Rudolf, gebt uns
Antwort!
Rudolf.
Des Kaiserreiches Fürsten sind versammelt,
Mit ihnen abgesandte Herr'n des Bundes
Der Lombardei, des Heil'gen Vaters Boten,
Zu grüßen Euch, der Deutschen König Heinrich
uͤm Ffeierlich Vertrag und Bund zu schließen,
Auf daß gefestigt er durch Eid und Siegel.
Kaiser Friedrich.
Gewährung sei dem Wunsch, der auch der meine.
(Er tritt einen Augenblick an die Brüstung und schaut noch einmal
in die Pracht der Landschaft.)
Mög' uns'res Gottes Segen uns geleiten!“
Wir sind bereit, kommt Söhne, folgt, Ihr Herren!
Zinterbühne.
Drittes historisches Zeitbild.
(Zwischenvorgang.)
Der Friedensschluß in Konstanz.
hb) Vie Reichsversammlung.
Schauplak.
Großer Saal im Hause am oberen Markt in Konstanz. Der Saal
ist festlich geschmuckt mit Teppichen an den Wanden und auf dem
Boden. Plaͤtze für die Teilnehmer sind bereitet. Auf einer Erhoͤh⸗
Aung, zu der Stufen hinaufführen, ist ein Thron errichtet für den
Kaiser und den König, mit großem Baldachin und mit dem Reichs⸗
wappen. Beim Beginn sfind' nur die Lombaͤrden anwesend, in meh⸗
rere Gruppen gesondert, die teils unterhandeln, teils Bücher
prüfen u. s. w.
L. Auftritt.
Mailänder Gesandter tommt herein in Begleitung mehrerer
Lombarden).
Die Deutschen sind zur Bischofsburg gezogen,
Um ihren Herrn, den Kaiser, einzuholen.
Noch einmal sind wir unter uns, Lombarden!
Sobald der Kaiser kommt, naht die Entscheidung,
Daß wir dem Kaiser als dem Oberherren
Verbunden sind, trotz manchen guten Vorteils!
Die Freiheit ist verloren, die ersehnte,
Die uns zum Staat, machtvoll geeint, verbindet,
Sobald wir nehmen, was der Rotbart bietet;
In letzter Stunde warn ich vor dem Frieden!
— 83 —
Abgesandter von Parma.
Ihr habt gut warnen in dem mächt'gen Mailand,
Denn schnell verwindet Ihr des Krieges Lasten;
Wir klein'ren Städte haben schwer zu tragen,
Bedroht und teils vernichtet von den Heeren,
Die bärenstark dem Kaiser zugezogen.
Aus ihren Burgen in des Kaisers Heimat.
Wir wollen Frueden, weil der Handel aufblüht,
Weil Felder, Oelbaumgärten, Weingehänge
Uns reiche Frucht gebracht in den sechs Jahren,
Die seit dem Waffenstillstand sind verflossen.
Schwillt Euch der Kamm? Wir können es nicht
hindern,
Zieht ohne Frieden heim, wir aber bleiben.
Mailänder Gesandter.
Das heiße Blut macht ungerecht, Matteo!
Eh' in dem Stundenglas des letzte Körnchen
Verronnen, ist entschieden unser Schicksalt
Da ziemt es wohl, den klaren Blick zu brauchen.
Der Kaiser ist gefügig; wir besiegten
Ihn als er stärker war als jetzt und zögern,
den Augenblick zu nützen, da verbunden
Wir stärker wohl als je, um obzusiegen?!
Gesandter von Piacenza.
Nicht klug sind Deine Worte. Hast vergessen,
Daß Frieden zwischen Papst und Kaiser worden!
Die Macht des Griechenkaisers ist gesunken
Seit Manuel gestorben, der sie hegte,
And mit Sicilien dauert Waffenstillstand
Auf Jahre noch. Wir sind vereinzelt. Töricht
Ist jedes Widerstreben und der Kaiser
Geht zielbewußte Bahnen. Wir dagegen
Sind nur durch Not und Vorteil noch im Bunde.
Gesandter von Mailand.
Dorecht, sehr recht, ich muß es sagen, hast Du!
Und saß' ich ganz den Inhalt Deiner Worte,
— 84 —
Schäumt heiße Wut mir auf! Wir müssen ducken,
Durch Eigennutz und Kleinmut überwunden!
Gesandter von Piacenza.
Die Worte wählt, Herr! Uebel ziemt dem Starken
Den Schwachen zu verhöhnen.
Gesandter von Mailand.
Nicht zum Hohne,
Zum kleinlichen ist mir zu Mute! Prüfet
An Alexandrien, ob ich Euch Hohn sprach:
Erbaut aus Trotz dem kaiserlichen Willen,
Genannt nach Kaiser Friedrichs größtem Feinde,
Löst diese Stadt sich los von uns'rem Bunde,
Vertauscht den Namen, nennt sich Caesarea
Und ihr Gesandter steht auf Kaisers Seiten! —
Er kommt, ich geh' und melde die Gemeinschaft
Wendet sich wuterfüut mit drohend erhobener Faust dem ein—
tretenden Abgesandten von Caesarea zu.)
Mit Schurken, die verraten, was mir heilig!
Wendet sich ab.)
Nun gute Nacht, Du Republik der Städte!
2. Auftritt.
Gesandter von Caesarea.
Wenn Ihr uns schmäht als Schurken und Verräter,
So wahrt das Leben, übermüt'ge Spötter!
zieht das Schwert.)
Kommt an, die Ehre Caesareas schütze
Ich ohne Kaiserhilfe gegen Jeden!
Kommt an!
(Will auf ihn eindringen) Andere (werfen sich dazwischen.
Seid Ihr von Sinnen?
Gesandter von Mailand.
Jeder Kranke
Fährt auf, wenn unvermutet in die Wunde
Die Sonde der Gerechtigkeit sich eintauscht.
85
Verschiedene Gesandte (zum Gesandten von Caesareqa).
Ihr fühlt zu gut nur, wie gerecht der Vorwurf!
Wir teilen gleiche Meinung!
In die Scheide
Stoßt Euer Schwert und denkt der Reichs⸗
versammlung.
Gesandter von Caesarea (Gezwingt sich murrend).
Er foll sich hüten vor zu kecker Rede!
Was Caesarea tat, es war entsprungen
Der Not, der weisen Einsicht seiner Bürger.
Gesandter von Mailand it bitterer Ironie).
Wie habt Ihr recht! So sag' ich jetzund wieder
Und beuge mich der Weisheit uns'rer Freunde! —
Die Warnung war verfehlt — ich unterzeichne!
(In die erregte Gruppe tritt Welf.)
3. Auftritt.
Welsf.
Ihr guten Freunde, laßt den Hader schweigen!
Rir ist die Kehle trocken, der Falerner
In Euren Kellern schafft mir süße Sehnsucht,
Gedenk' ich seiner in den düst'ren Stuben,
Wo schwarzbemalte Pergamente drohen.
Sobald vorüber diese schwülen Tage,
Sad' ich nach Ravensburg die. welschen Herren.
Im Schussentale wollen wir vergessen,
Daß Streit gewesen und die Weine kosten.
Otto con Wittelsbach und Berthold von Zähringen sind einge—
reten.
4. Aufktritt.
Berthold von Zähringen.
Ihr tatet's vorher, Vetter X
Gesandter von Parma.
Nach Hause
Drängt uns das Amt und uns're wicht'ge Sendung.
Wir danken Eurer Freundlichkeit, Herr Ritter.
Ziehen sich in den Hintergrund zurück.)
44
2
Welf.
Da zieh'n sie hin mit scheelem Blick, die Toren,
Und ahnen nicht, wie sie sich Freude kürzten!
Liebwerte Vettern, ich entfloh der Sitzung;
Der rote Schreibsaft weckte mir Erinnerung
An Meersburgs Purpurtropfen. Sagt mir Freunde,
Ist endlich aus das zbde Stirngerunzel,
Das Markten und das Feilschen um den Mammon!
Berthold von Zähringen.
Nicht immer dachtet Ihr mit gleichem Sinne
Des Mammons, Vetler. Als Ihr Eurem Neffen,
Dem Kaiser habt verschrieben Euͤre Lande
War Euch der Mammen lieber als Euch gut ist.
Welf.
Den Händeln dieser Welt entsagt' ich friedlich
Dtto von Wittelsbach.
Und seid allein' mit Eurem Frieden blieben!
—
Welf.
Otto von Wittelsbach, spar' Deine Rede!
Ich seh' Dir's an, des Löwenheinrich denkst Du
Und meines Bruch's mit ihm, den Gott verdamme!
O freilich, wenn bes Kaisers Treu'ste lieben
Den stolzen Herzogsbuben, der, geäaͤchtet,
Sein Land verlor ind in der Fremde umirrt,
Dann mag's wohl schlimm um Deutschlands
Eintracht stehen.
Berthold von Zähringen.
Die Sorge sei Euch fern. Wer seinen Lehnsherrn
Mit eig'nem Leib geschirmt in schlimmer Kriegsnot,
Wie Wittelsbach, der weiß, wie Eintracht nottut.
Ich selbst, in Fehde einst, bin treu dem Kaiser.
Der Schild der Zähringer, er schützt die Reichsmacht!
Wie wir, fühlt Deutschlands Ritterschaft, drum
schweige!
87
Otto von Wittelsbach.
Ihr seid allein, deil Euch nicht tragen können
die Schwingen dieser großen Zeit, Herr Vetter.
Wer nur an sich denkt, an das eig'ne Wohlsein,
Taugt wenig in den Kreis, der, stolz geschlossen,
Um Kaiser Friedrich, aͤller Welt zum Trutze!
Dden kennen die Lombarden und das zwingt sie
Die Zukunft sich zu retten durch Verträge!
Dem GBeispiel folgt, entsagt dem Haß, dem wilden,
Vergrößert Heinrichs Bruch nicht mit dem Kaiser,
Dann habt Ihr für des Reiches Wohl gehandelt.
Welf.
Ich brauche Euren Rat nicht! Steh' ich einsam,
So will ich als ein Einsamer Euch meiden.
Schnell ab.)
Fanfaren schmettern. Mit großem Prunke und reichem Gefolge
zieht der Kaiser mit König Heinrich und Herzog Friedrich ein.
Das Bild soll die volle Pracht der Reichsversammlung in der
vlütezeit des Kaisertums wiedergeben. Im Zuge sind die
deutschen und welschen weltlichen und geistlichen Fürsten.
Kaiser Friedrich besteigt den Thron, neben ihm nehmen seine
Söhne Platz.)
Kaiser Friedrich.
Des Keiches Fürsten grüß' ich und die Städte
Des Bundes der Lombarden, die dem Throne
Des röm'schen Kaisers nahen mit Vertrauen!
Setzt sich.)
5. Auftritl.
Kanzler.
Erlaubt, mein Kaiser, als des Reiches Kanzler,
Im Einvernehmen mit dem Abgesandten
Des Bundes Euch und uns'rem König Heinrich
In Ehrfurcht die Beschlüsse vorzutragen,
Die wir in vielen Tagen hier erwogen.
Wir sind geeint im Wunsche nach dem Frieden,
Die Staͤdte kennen Euren festen Willen,
— 88 —
Wie der Vertrag ihn Punkt für Punkt bekundet
Und wollen's durch die Unterschrift bezeugen,
Sobald des Kaisers Wunsch dem ihren beistimmt.
Kaiser Friedrich.
Dem Reiche, das die Wahl des heil'gen Gottes
Mir anvertraut, daß ich's mit festem Sinne
Durch alle Stürme führe, geb' ich Antwort.
Ihr wißt es, was die Kaiserkrone fordert
Von allen Völkern nach der alten Satzung.
Seitdem im alten Rom' die Kaiser starben
Und jäh zerspalten ward des Reiches Körper,
In seinem Sturze noch die Welt erschütternd,
War es dem Frankenkaiser erst beschieden
Und deutscher Macht, des Reiches Not zu wenden.
In langen Kriegen kämpften de ut sche Kaiser,
Des Reichs Befitz zu fest'gen, zu entreißen
Der schnöden Raubgier die willkosam'ne Beute.
Ein Leben lang haͤb ich dem gleichen Ziele
Geweiht des Geistes und des Körpers Gaben,
Und wollten schier ermatten Kraft und Wille:
Von oben holt' ich neuen Mut und Antrieb.
So mußt ich kämpfen auch mit Euch, Lombarden,
Und würd' es weiter tun bis an mein Ende,
Dem Reich zu Liebe, nicht nach eig'ner Willkür. —
Ihr habt erkannt, was Ihr dem Reiche schuldig,
Als Eeuer Oberherr gewähr' ich Gnade!
Nicht nur durch blut'ge Kämpfe siegt der Kaiser,
Noch mehr verinag e in des Friedens Obhut.
Die Wunden heilen, die das Schwert geschlagen,
Ist schönstes Herrscherrecht, es sei beschieden
Den Städten in der Lombardei, wie allen,
Die sich dem Szepter beugen voller Ehrfurcht.
Wir standen uns in Schlachten gegenüber,
Durch lange Jahre, wenn auch fehlgeleitet,
Bewieset Ihr als Männer Euch im Streite! —
Das Alter pocht ans Tor, ich dank' dem Himmel,
89
Daß er mir Zeit gibt, Milde auszuüben!
Und wie aus der Zersplitt'rung ich geleitet
Mein Volk, so will ich Euch dem Reiche einen,
Daß Ihr mit Lust, mit weitem Blicke dienet
Dem großen, gottgewollten, heil'gen Werke.
Denn heilig ist die Krone, ist das Schicksal,
Das offenbar wird in des Reiches Blühen.
Und weil ich deß gewiß bin, sei vollzogen
Des Kaisers Unterschrift“
Er geht feurig zum Tisch des Kanzlers und unterschreibt den
Friedensvertrag) Der Friede walte!
(Große freudige Bewegung. Fanfaren schmettern. Die Fenster
werden geöffnet. Man hört von der Straße den Jubelruf des
Voltes Nachdem einige Ruhe eingetreten ist und neue Fan⸗
faren klingen:)
Gesandter von Mailand (feurigg.
Des Friedens Unterpfand empfang ich knieend,
Gelobe knieend Kaiser Dir Gehorsam!—
Wohl and're Pläne barg ich in dem Herzen,
Das stets der Größe schlug! Du hast bezwungen
Mein Kaiser mich, durch Deines Wollens Größe!
Die Tat verspürten wir und schauen feurig,
Vertrauend auf zum röm'schen Kaiserthrone.
Lombarden, Brüder, huldigt uns'rem Herren
Mil lautem Zuruf;: Heil dem güt'gen Kaiser!
Meue Fanfaren tönen, Heilrufe brausen und werden von der
Menge draußen aufgenommen, bis die Glocken des Münsters
majeflätisch erklingen.)
Bischof.
Mit eh'rnem Munde rufen es die Glocken
Vom Turm des Münsters weit in alle Lande,
Daß Friede ward dem mächt'gen Kaiserreiche
Und dem geliebten Herrscher. Auf zum Münster!
Dem hohen Gotte sei'n die Friedenseide
Auf des Altares Stufen laut beschworen,
Daß er sie höre und den Meineid strafe!
*
Vorderbühne.
Des Hohentwielspieles vierter Vorgang.
Der Ranbritter.
J. Auftritt.
(Konrad und Hildegard kommen aus dem Turme)
Hildegard.
Mit Bangen, Konrad, Trautgesell, entlaß ich
Der süßen Haft Dich, da Du kaum genesen;
Auch Frau Richenza schilt ob Deinet Unruh';
Wir fürchten, daß die Feier Schaden bringe.
Konrad.
Der Königin entgegen ist mein Sehnen!
Graf Albert, weißt Du, kann nicht länger säumen,
Und, Hildegard, ich fühle mich so glücklich,
Weil klarer Weg vor mir, das heilt am besten.
Im Waffenspiele will ich für Dich siegen,
Die Kraft ist mir erneut in Eurer Pflege.
Hildegard.
So seid Ihr Männer: Ruhm und Ehre gehrt Ihr
Und vorwärts stürmt Ihr, achtet nicht der Frauen,
Die sich verzehren, ach, in bangen Sorgen.
Nach Aachen ist der Weg so weit und nachher —?
Konrad.
Nicht bis dahin gedenk' ich mehr zu säumen,
Noch eh' die Grafen sich zum Aufbruch rüsten
Bist Du mein Weib, Vein Vater wird's nicht wehren.
91
Hildegard.
Ich staune manchmal, wie den scheuen Knaben
Die kurze Zeit zum Manne reifen konnte,
Bei dem ich mich mit Stolz geborgen fühle.
Konrad.
Als ich ergrimmt halb, halb beschämt davonritt
An jenem Maitag an des Grafen Seite,
Da mir Herr Ulxich rauh das Träumen wehrte,
Erwachte Trotz in mir, ich wollte bannen,
Was mir zu innerst tief im Herzen lebte,
Und ich verschloß das Ohr dem milden Zuspruch,
Den mir mein Herr oft gönnte auf dem Heimweg.
So blieb ich lang und als die rauhen Berge
Der Alb mit ihren Felsentraufen nahten
Und drohend schier auf uns herniederblickten,
Umkreist bon Falk und Habicht, als die Stammburg
Graf Alberts auf dem Hohenberg sich zeigte,
Wie ein Gewalt'ger, der die Welt verlassen,
Weil sie zu niedrig seinem stolzen Streben,
Da waͤndlt' ich nicht den Blick zurück zum Süden;
Denn starr und rauh, wie das Gebirge um mich,
Wollt' ich verharren und als Mann mich zeigen.
Der' Stachel schmerzte, den Herr Ulrich senkte
In das Gemüt des tatenlosen Knaben.
Wir ritten weiter, mählich senkt der Pfad sich,
Im lichten Grün erschimmerten die Buchen,
Je mehr wir uns Burg Rotenburg genähert,
Und endlich weitet sich das Tal; es schweifen
Entzückt die Augen über grüne Wiesen
Und milde Hügel; über weite Eb'nen
Zieht neckend hin der weißen Wolken Schatten:
da, Hildegard, da schwieg der Groll im Herzen
Und wandelt' sich in Scham und stilles Staunen,
Als ich den Grafenhof erst kennen lernte.
Wohl blühte jede ritterliche Tugend
Und Kraft erprobten Jagd und Waffenspiele,
92
Daneben aber lernte ich begreifen,
Wie hoher Sinn das Ritterleben adelt,
Wie bei dem Lied der vielerfahrenen Sänger,
Die Einkehr hielten bei dem malden Grafen,
Die Heimat neu erschien und ihre Kinder
Zu Taten aufrief um des Volkes willen.
Graf Albert lehrte mich die höchste Tugend:
Des heißen Herzens Ungestüm zu zügeln,
Den Eigenwunsch dem Vaterland zu opfern.
In jenen Stunden fielen ab die Schlacken,
Die meine Seele eng umfangen hielten
Und frei und offen sah ich in das Auge
Des Grafen Albert, der auf hoher Warte
Voll Klarheit sich geweiht dem Dienst des Landes.
Besonnenheit und Räßigung, die Schätze
Des Rittertums sah täͤglich ich vor Augen!
So ward ich mählich ernster und die Minne,
Die erst verschüttet schien, sie hob sich siegend
Und hold wie Frühliugsblumen zwischen Steinen.
Ich einte beides: Ernst und süße Minne —
Und so geb' ich mich Dir für's ganze Leben,
Ein werdender, durch Dich zum Mann erwachsen.
Du bist mein.
Hildegard.
Und ich bin Dein,
Deß sollt Du gewiß sein!
Konrad.
Du bist beschlossen
In meinem Herzen,
Hildegard.
Konrad.
Verloren ist das Schlüsselein,
Du mußt immer drinnen sein.
(Umarmung)—
(Geräusch vom Burgtor her.)
—
4
Hildegard.
Ich eile mich zu schmücken für die Feier!
Konrad.
Den Vater und die Gäste will ich grüßen.
(Hildegard ab)
2. Auftritt.
Ulrich, die Grafen Fürsten berg, Hohenberg und Werdenberg
kommen die Treppe des Bergfrits herab. Gleichzeitig kommt
ihnen vom Tor Eginhard entgegen und Knechte ordnen einen
Platz, hängen an eine Lanze Pfahl] den Schild des Grafen
Werbenberg und breiten auf nen mitgebrachten Tisch die
Symbole des Gerichts: Strick, Beil und Schwert aus.)
Ulrich.
Was willst Du, Eginhard! (zu Konrad). Ei guten
Morgen!
Man darf Dir's kaum noch wünschen, siehst Du selber
Doch einem Morgen gleich, mein guter Konrad!
Der holden Frauen Pflege wirkte Wunder!
Konrad.
Ich bin bereit zu jeder Ritterarbeit.
Ulrich.
Sie soll Dir werden, mehr als Du Dir wünschest!
H. v. Fürstenberg.
Herr Ulrich hat die Ritter rings geladen
Zum Lanzenstechen und zur Hochzeitsfeier.
Kourad (zum Grafen Hohenberg).
Das habt Ihr ir erwirkt in Eurer Güte!
A. v. Hohenberg.
Au Frau Richenza wende Dich, den Grafen
H. v. Fürstenberg (unterbricht ihn).
Ich will dem Kinde nicht den Schmerz bereiten,
Ddaß sie Dich sieht ins Ungewisse reiten,
Und als Dein Lehnsherr, der Dich schätzen lernte,
Will ich das Fest noch feiern, das Euch einigt.
24
Eginhard.
Die Schöffen sind gekommen, die Ihr riefet
Und Kunz von Fridingen harrt vor dem Tore
Mitsamt den Raubgesellen, zu empfangen
Den Richterspruch.
3. Auftritt.
(Auf einen Wink Ulrichs werden Kunz von Fridingen und seine
Mannen gebunden, unter Führung des Fronboten, hereingebracht.
Gleichzeitig treten die Schöffen ein, Maͤnner aus der Umgegend.)
Ulrich.
So laßt uns schnell beenden,
Bevor die Freude in ihr Recht tritt, Jubelklänge
Den Hohenlwiel durchbrausen, ernste Arbeit.
Du Konrad, rüste Dich zum Ehrentage.
(Konrad ab.)
Beginnt Herr Graf, als Reichslandvogt die Tagung.
(GH. von Werdenberg nimmt Platz, neben ihm die Ritter und
Schöffen.)
Ulrich.
Die Schöffen sind zur Hand, dort steh'n die Räuber!
H. v. Werdenberg.
Fronbote, sind die Männer mir zur Seite
Zu Recht bestellt als Schöffen des Gerichtes?
Fronbote.
Sie sind's!
H. v. Werdenberg.
Dann schließt den Ring! Bei schwerer Strafe
Verbiet' ich als des Reiches Landvogi jedem
Den Ring zu stören. Weder Haß noch Rache,
Das Recht hat freie Sprache. Führt die Klage!
Ulrich.
Ihr Männer kennt den Hergang; meuchlings
Hat überfallen mich auf off'ner Heerstraß'
Der Ritter Kunz von Fridingen, mein Nachbar
Und wär' Graf Hohenberg mir nicht zur Hilfe
Genaht durch Zufall, wät ich tot, gefangen
Zum mindesten in jenes Burgverließen.
95
H. v. Werdenberg.
Was habt Ihr zu erwidern, Ritter, redet!
Kunz von Fridingen.
Daß er mit Hinterlist die Wahrheit meidet.
Ich sagte Fehde an, wie's Ritterbrauch ist.
H. v. Werdenberg.
Und wußtet, daß den Ritter nicht erreichte
Der Fehdebrief, dieweil er ausgezogen!
Ich rate Euch, die krummen Wege meidet!
Wir alle kennen Eure Raubgelüste,
Dem Blutbann, Ritter, seid Ihr längst verfallen!
Hätt' Euch der Ritter im Verließ geborgen
uͤnd Lösegeld geheischt, ja Euch ermordet,
Er handelte dann nur wie Euresgleichen.
Kunz von Fridingen.
Er hält gefangen Knechte, die mein eigen.
Ulrich.
Auf Twieler Boden pflogen sie des Jagens
Und schädigten am Leibe mir den Jäger.
Das Wehrgeld, wie's Gesetz, verweigert jener
Und schickte freche Antwort her dem Vogte.
Kunz von Fridingen.
Weil Vogt und Kläger eins, weig'r' ich die Buße!
Gesetz! Ein gutes Wort für Gimpelfänger,
Wer Macht hat, schmückt sie aus mit feigen Gründen.
Ich lache solcher Torheit! Von den Vätern
Vernahmn ich, daß einst andere Zeiten herrschten,
Wo Herrschermund den Frieden hat geboten
Und derrscherarm mit Kraft den Frieden hegte.
Doch seit ich wehrhaft für mein Erbe sorge,
Erfuhr ich, wie die Großen und die Kleinen,
Wie Fürsten gegen Fürsten, Burgen, Städte
Und Klöster sich bekriegten ohne Einspruch!
Wer selbst sich half und seinen Gegner strafte,
Der ward gefürchtet, stand in aller Anseh'n!
— 96 —
Wo ist ein König denn in uns'rem Lande?
Wo ist der Herzog? Wer gebietet allen?
Ich spreche Euch das Recht ab! Angemaßt ist's!
Ein Spiel ist Eure Würde, Haß erfüllt Euch!
Ich bin in Euren Händen, laßt mich töten,
Doch sprecht mir nicht vom Recht; ich kenne keines,
Als was die Faust mir schafft, die ritterliche.
Ulrich.
Du wagst es, Bube, mir das Recht zu schmälern
Mit frechem Hohnwort auf dem eig'nen Boden?!
H. v. Werdenberg.
Gebt Ruh', Herr Ritter, ehrt des Ringes Anseh'n!
den Schöffen.)
Ihr habt gehört des Ritters Wort, was dünkt Euch?
Schöffe (nach kurzer Beratung).
Man soll den Ritter und die mit ihm hängen,
Die väterliche Burg soll man ihm brechen,
Daß Friede fortan fei in uns'rem Hegau!
H. v. Werdenberg.
Das Recht, Kunz Fridingen, tut diesen Ausspruch,
Nach alter Sitte, unter off'nem Himmel,
In Gegenwart des Volks!“ wenn ich zerbreche
Den Stab, seid Ihr dem Tod verfallen, Schande
Für Eu'r Geschlecht erzeugt die schlimme
Meintat.
Ich will's bedenken. — Ihr habt schroff gewiesen
Auf Deutschlands Schande und auf Deutschlands
Schwäche,
Den König ruft' Ihr an und uns'ren Herzog,
So mag der König Euch die Antwort geben,
Er mag Euch richten, wie!s ihm ziemlich dünket.
Denn wisse Tor, der wie ein wüt'ger Eber
Aus dem Morast nicht heben kann die Blicke:
Ein König herrscht in deutschen Landen wieder,
Der niederzwingt die Brudermörder alle,
Die zuchtlos ihre Ritterehre kränkten,
(zu
97. —
Und höhnen ob des Reiches blut'gen Wunden!
Bevor Ihr sterbt, soll Euch beschieden werden,
Den Maun in Kraft und Herrlichkeit zu sehen,
Der Deutschland schirmt und eint — ein
Gottgesandter!
Bis dahin bleibt er im— Gewahrsam! Fronbot',
Des Amtes walte! Führ' ihn mit den Knechten
Und leg' sie in den Turm, wie's Recht und Sitte.
Kunz von Fridingen.
Ich möchte leben diesen Tag zu schauen!
(auffahrend.
Doch Lüge ist, was gleißend Ihr gesprochen!
Die Könige sind wohlfeil, doch die Männer,
Die so wie Kaiser Karl und Friedrich Rotbart
Regierten, sind geschwunden. Töricht Märchen
Für Dumme und für Kinder ist Euir Reden!
Ich sterbe mit dem Haß mit dem ich lebte!
Verflucht sei dieses Land, wo knecht'sche Seelen
In Ritterrüstung mit der Milde prahlen,
Uim mir die Qual noch teuflisch zu verlängern!
Ihr irrt Euch sehr in Ritter Kunz; seid sicher,
FR wird nicht zucken und nicht weibisch winseln,
Bis ihn der stärk're Tod von Euch geschieden!
Den Mann in mir zu beugen hoffet nimmer!
ler wird abgeführt mit seinen Knechlen. Ver Ring löst sich. Knechte
entfernen die Gerichtsstätte.)
H. v. Fürstenberg.
Ihr Männer, tiefer Schmerz erfüllt das Herz mir,
Seh' ich so tücht'ge Kraft auf falschen Bahnen.
A. v. Hohenberg.
Ein Mann ist Ritter Kunz; wer es vermöchte
Den starren Sinn zu beugen, schüfe großes.
H. v. Werdenberg.
Mit solchen Männern siegten uns're Väter,
Wenn Einsicht, hohe Ziele sie erfüllten.
von der Burgkapelle her ertönt die Glocke. Aus dem Fraue⸗
türm und aus dem Bergfrit kommen die Burginsassen: Konrad
— 98 —
mit den Knappen und Richenza und Hildegard mit den Edel—
fräulein und Kindern, die Mannen der Ritter und das Ge⸗
finde, während mehr Volk durch das Burgtor hereinströmt.
Während der folgenden Worte ordnet sich der Zug zum Kirchgang.)
Ulrich.
Der Ernst hat seine Stunde, wie die Freude!
Uns wollen froh die Glockenklänge mahnen,
Daß Gott hat Freude dieser Burg beschieden!
Und eh' zum Ritterschlag wir fröhlich schreiten,
Sei Dank dem Herru der Heeresschaaren droben!
Der gen geht in die Kapelle, aus der feierlicher Choralgesang
ertönt.
5
Hinterbühne
Viertes historisches —A
(Zwischenvorgang.)
Fonradin und Friedrich von Baden im Kerker
zu Veapel.
Schauplak:
Schweres dunkles Gemach mit großem, breitem Fenster im Hinter⸗
grund. Blick auf den Golf von Neapel. Sonniges Landschaftsbild,
Tisch mit Stühlen, ein Spanbett. Auf dem Tische Pergamente.
Gaͤnfekiele und Schachbrett mit Figuren.
. Auftritt.
Konradin (itzt auf dem Spanbett und singt zur Laute).
x8) Ich han der Lande viel gesehen
Und nahm der besten gerne wahr,
Doch übel müsse mir geschehen,
Brächt' ich mein Herz der Fremde dar
Rein!“ Nimmer mag mir wohlgefallen,
Wer fremder Sitte zugekehrt.
Die deutsche Zucht geht vor in allem,
Sie ist vor allen Preises wert.
Vom Elbstrom bis zum grünen Rhein,
Vom Wasgau bis zum Ungarland,
Da mögen wohl die besten sein,
Die auf der Welt ich han erkannt.
Ja weiß ich anders recht zu schauen
Auf gut Gelaß, auf minnigen Leib;
Ich schwör': es siegt ob fremden Frauen
duͤrch Schönheit auch das deutsche Weib.
P Walther v. d. Vogelweide
— 100 —
Rein ist der deutschen Männer Sitte,
Doch recht wie Engel sind die Fraum!
Ein Narr wär' der, der widerstritte,
Ein Tor, der anders dächte, traun!
Wer Zucht und reine Minne gehret,
Der kehre sich nach Deutschland hin,
Viel Wonne ist ihm da gewähret —
Lang mög' ich leben noch darin!
(Er läßt die Laute sinken, träumerisch.)
O Walter von der Vogelweide wahrlich
Erst fern der Heimat lern' ich Dich verstehen.
Blickt hinaus)
Ein Eden scheint das Land, das mir zu Füßen!
Kein Maler kann dem Auge wiedergeben
Das leuchtend blaue Meer, die klaren Fernen,
Die freud'gen Farben, die den Sinn berauschen!
Für sel'ge Geister scheint es nur geschaffen
Und — Teufeln, wilden Teufeln bietet's Obdach!
Der ich als Herr und König walten sollte,
Da Blut der Staufer rollt in meinen Adern,
Der ich Neapels und Siciliens Kronen
Von frecher, fremder Herrschaft lösen wollte,
— Ich kiege hier in Schmach und bitt'ren Nöten,
Vielleicht dem Tod, dem grauͤsamen, verfallen!
Und die mich riefen, mich der Ehre mahnten,
Sie jubeln feig' dem Feinde zu, dem Sieger.
Was wiegt hier Recht? Die“ Macht siegt ob dem
Rechte!
Des Deutschen frommer Sinn, die Rittertreue,
Was hoch und heilig gilt jenseits der Alpen,
Ist hier ein Spielball wilder Leidenschaften,
Ein Hohn der Grausamkeit, der herzenskalten.
Mein deutsches Land, mein Schwaben Du vor allen,
Wie jauchzt' ich lebensfroh auf Deinen Bergen,
Wie winkte Traub' und Frucht in Deinen Taͤlern,
Wie glänzte oft in seinem flüss'gen Feuer
Ein Edelstein, der Bodensee, der grüne! — —
101 —
O Walther von der Vogelweid' Du wußtest,
Warum den deutschen Landen galt Dein Singen:
Er singt zur Laute halblaut.)
„Laͤng möcht' ich leben noch darin!“
Er finnt eine Weile, dann geht er zum Tisch, liest eine Pergament—
rolle und schreibt.)
Friedrich von Baden (tritt ein, betrachtet den Schreibenden,
dann rafft er sich auf, zwingt sich zur Heiterkeit).
Welch' trübes Tagwerk schaffst Du, und gar heute
Wo es sich ziemt, mit wachem, trunkenem Auge
Aus all der Schönheit draußen Lust zu schoͤpfen!
Konradin (auf das Pergament blickend).
Was mir an Gütern noch verblieben teilt' ich
Den Erben zu, daß sie es besser wahren
Als ich, der allzuviel gehofft vom Leben,
Der allzu gierig war nach Ruhm und Größe.
Friedrich.
So Teut es Dich, daß wir mit Glut geworben
Um hohes Gut, mit hoffnungstrunk'nem Glauben?
Der Kaiserenkel, dessen hehre Ahnen
ZDem Vaterlande Kraft und Ansehn schufen,
Die adlergleich den Flug zur Sonne wagten,
Der soll sich flügellahm zu Boden ducken
Wenn fremde Habsucht ihm das Erbe raubte?
Rein, Konradin, und wenn wir nichts gerettet,
Wenn nackt und bloß wir wieder heimwärts wandern:
Das schönste Kleinod kann uns niemand rauben,
Daß wir als echt Deutsche uns gehalten,
Den Ahnen folgend und dem Rittereide!
Konradin.
Wie höhnisch würde Karl von Anjou lächeln,
Wenn er Dich hört', ob deutscher Jugend Torheit,
Die zu den Höhen schaut, derweil am Boden
Die Schlange lauert auf ihr sicheres Opfer.
(Er steht auf.)
2. Auftritt.
— 102 —
Mein Friedrich, schau, ich habe viel gesonnen
Und oftmals waren trüb' des Geistes Bilder,
Die sich in tiefer Einsamkeit mir zeigten.
Man nennt mich frühreif, weil der Ahnen Erbe,
Der Staufer Mannheit, südlich heißes Fühlen
In mir sich früh geregt — ich bins mit nichten;
Dem Berg da draußen gleich' ich, dessen Feuer
Mit Macht entquillt den kochend heißen Tiefen,
In blinder Wut das blüh'nde Land verzehrend!
An mich nur dacht ich, als mir in Veronag—
Mein Oheim Ludwig, Bayerns kluger Herzog,
Graf Mainhard, Herr Tirols und Graf von Habsburg
Zum Rückzug rieten; als berückend prächtig
Mir Rom entgegen jauchzte als Erreiter.
Friedrich.
Du kränkst mich Konradin! Nur Deiner denkend
Hast Du den Freund zum Zuge wohl getrieben?
Wie? Oder galt Dir's Freundessinn beweisen?
Konradin.
Gedenk' der letzten Schlacht bei Tagliacozzo,
Wo soviel edles Blut für mich geflossen
Und mein Geschick als Strafe mich ereilte!
An mich nur dacht' ich in des Kampfes Tosen,
Mein Recht wollt' ich erstreiten mit dem Schwerte,
Doch hier im Innern sprichts mit leiser Stimme:
Erbkennst Du nur Dein Recht, nicht Deine Pflichtend!
Mahnt es Dich nicht des heim'schen Schwabenlandes,
Des Volks, des seines Herzogs Du beraubtest?
Friedrich.
Ich kann Dich nicht versteh'n. Soweit ich schaue
Ums Recht kämpft jeder.
Konradin.
Jeder kämpft, o freilich,
Doch ob ums Recht“?! Sie um Dich, Freund, in
Deutschland:
103
Die Faust spricht Recht und trotzt dem Königsspruche.
Das Volk kennt nicht den Frieden, kennt nur Fehde
Und frevler Raub und grause Rache wüten!
Wohl hab' ich recht und mehr als mancher and're!
Doch giebt's ein zweites, das der vollen Reife
Sich erst erschließt, es heißt: sei treu der Heimat!
Zu spät erkenn' ich's. Dies ist größ're Strafe,
Als Farl von Anjou je ersinnen könnte.
Friedrich.
Zu spät? Und jetzt, da erst das Leben blühen,
Des Vebens Fruͤchte uns noch reifen sollen?
Hinweg die Runzeln, setz Dich hier zum Spiele.
(Er drdnet die Figuren auf dem Schachbrett.)n
Den Kopf hoch „Feind“, sonst setz' ich matt den
König! —
(Sie spielen.)
Friedrich.
Die Wahl der Richter läßt mich gutes hoffen,
Sie werden uns als Ritter, traun, behandeln
Konradin.
Du schwärmst, noch immer, siehst nicht Wirklichkeiten!
(Dumpfer Trommelwirbel ertönt.)
Die Trommel hör'l Es kommen Schritte näher!
Fin Murmeln hallt in öder Halle wieder . 21.
O hätt'st Du diesmal Recht, mein Freund, mein
Friedrich!
Die Kerkerluft macht siech, oh, mich durchschauert's!
Man hört draußen Schritte und Klirren von Waffen und die
Stimme des Grafen Bari.
Besetzt die Türen! Raum der Königsbotschaft!
Friedrich. J
Mehn Konradin, es weht mich an wie Freiheit!
O glaube mir; sie bringen gute Nachricht,
Sie“ kann nur gut sein, da wir schuldlos beide.
Konradin starrt unbeweglich nach der Tür. Die Türe öffnet sich;
in dunklen Gewändern schreiten Graf Bari, Gerichtspersonen
herein. Die Wache besetzt die Tür.)
104 —
Konradin.
Graf Bari, Ihr? Was soll der düst're Prunk mir?
Friedrich.
Ihr wollt uns schrecken und uns ernst ermahnen,
Eh' Ihr die Freiheit schenkt, die köstlich-süße?!
Sie sprachen schuldlos uns, die edlen Ritter?
Zum wenigsten der Todesstrafe ledig
Wärt Ihr nach ihrem Spruche.
Friedrich.
Wirklich? Konrad,
Die Heimat ruft, die Sonne lacht uns wieder.
Konradin (hat noch immer starr auf den Grafen geblickt).
Wie —? Und Graf Lancia und die andern Freunde
Gerhard von Pisa auch, der edle, treue
Und meine deutschen Ritter, frei sind alle?
Bari.
Ihr ließt mich nicht zu Ende sprechen. Höret
Das Urteil an, von König Karl gesprochen:
„Weil Ihr mit Schwertgewäalt seit eingebrochen
In unser Reich Neapel und Sicilien
Konrad der Stauffer, Friedrich, Ihr, von Baden,
Weil Ihr zum Aufruhr und zum Hochverrate
Uns unser Volk verführt mit list'ger Rede,
Sollt Ihr und die mit Euch gefangen worden,
Dem Tod verfallen sein durch's Schwert des Henkers“
Friedrich (taumelt zurüch).
Bin ich denn irr? So ungeheures könnte
Ein Mann, ein Ritter und ein Fürst je wagen?
Nein Konradin, o schau' nicht so verzweifelt;
Ein grauser Scherz, den Anjou sich ersonnen.
Bari.
Ihr sprecht vom König von Neapel, Ritter,
Die Unterschrift schaut an, das Koͤnigssiegel!
— 1058 —
Friedrich.
So fei verflucht, Du falscher, welscher Richter,
Der du dich weiden willst an uns'ren Qualen!
Verflucht Vein Herr, der feige, blut'ge Mörder!
Hätt' ich ein Schwert, Du muůßtest uns vorangeh'n!
Er will sich auf Bari stürzen.)
Konradin c(hält Friedrich zurück, stolz).
Markgraf von Baden faß' Dich: gönn' den Schergen
Den Anblick nicht, daß deutsche Fürstensöhne
„X nicht mutig in das Auge schauten!
ari.
Ihr seid zu Ende? Wird der strenge Richter
Verstaͤtten uns die Freunde noch zu sehen.
Bari.
Sie harren draußen.
Konradin.
Wenn Ihr dürft, dann ruft sie.
Bari (geht zur Türe).
Konradin (umarmt Friedrich).
Bluͤtsbrüderschaft beschworen wir, mein Friedrich,
Für's Leben war's gemeint und nun zum Tode
das schwere Schicksal ruft, laß uns erneuern
Die Freundschaft in der letzten Lebensstunde.
Ich nahm Dir alles, mich nur kann ich geben.
ESr ninm mich hin, mein Freund, der Tod
entsühnt mich.
(Nach der Umarmung wendet sich Konradin zum Tisch.)
AÄls leßter Sproß des stauf'schen Kaiserhauses
Zum betztenmale üb' ich Fürstenrechte.
(Er unterzeichnet das Pergament. Die Tür wird geöffnet. Ge—
fesselt treten die staliemschen und deutschen Ritter Konradins
ein. Im Gang erblickt man zahlreiche Wachen.)
zu
Konradin.
Sancia, Gerhard an mein Herz, Ihr Treuen!
Ihr meine Deutschen! O der Heimat Odem
—V0 blaue Auge.
8
196
Lanecia.
Mein königlicher Herr, zu Euren Füßen
Laßt uns Lombarden und Toskaner knieen,
Wir huld'gen Euch mit uns'ren letzten Kräften:
Dem König Heil von Napel und Sicilien.
Die deutschen Ritter.
Heil König Konradin, dem Schwabenherzog!
Konradin (lehnt sich erschüttert gegen den Tisch.)
Den Todesspruch vernahmt Ihr, den Verführer
Verklagt Ihr nicht, ob grausam harten Schicksals?
Deutscher Ritter.
So lang ich denken kann, gilt Lehenstreue!
Soll denn die Mannheit ganz zu Schanden werden,
Weil Schurken leben, feige Sklavenseelen?
Nein, Herzog Konradin, mag auch in Deutschland
Wie hier im falschen Süden Untreu herrschen;
Ob alles wankt, was Vorbild uns geschienen:
Die Mannestreue wollen wir bewahren.
Als einz'ges Gut auch in der Todesstunde.
Sie soll Euch uns're Liebe jetzt beweisen,
Auch Euch Herr Markgraf Friedrich!
Konradin.
Reicht die Hände!
Friedrich.
Nein Euren Mund! Ich scheide schwer von hinnen,
Da mir daheim ein Weib, ein liebes, trauert.
Doch unter Todgeweihten gilt kein Klagen.
(von unten herauf tönt dumpfer Grabgesang vermischt mit
Volksgemurmel.)
Konradin.
Der Todessang klingt dumpf herauf vom Hofe,
(geht zum Fenster)
Die Menge drängt sich an der Kerkerpforte,
mimmt das Pergament)
Wohlan, Herr Graf! Den letzten Willen leg' ich
In Eure Hand; er schadet Euch nicht weiter.
107
Der Mutter laßt ihn bringen in die Heimat,
Der Mutter, die mich ach, so heiß geliebt hat.
(Sinkt schluchzend am Tisch nieder. Nach einer Pause richtet er
sich wieder auf.)
Sagt Ihr und allen, die es hören wollen:
Nicht, daß zu früh uns Gott zu sich gerufen
Ist unser Schmerz: Daß wir nicht dienen durften
Mit reifer Kraft dem teuren Heimatlande,
Das voller Mark und doch der Welt zum Hohne
Sich selbst zerstörend liegt in schwerer Ohnmacht.
O Deutschland, Deutschland, heil'ge Vatererde
Dir gilt mein höchstes, gilt mein letztes Sehnen!
Knieelt nieder Brüder, betet für die Heimat,
Auf daß aus uns'rem Blut ihr Glück erwachse.
(Sie knieen nieder im Gebet, während der Grabgesang näher
kommt.)
Und nun zum letzten mal: Lebt wohl Ihr Freunde,
Im Himmel droben sehen wir uns wieder!
Die Ritter.
Mein lieber Herr!
Friedrich.
Mein Konradin!
(Umarmung.)
Konradin (macht sich los, richtet sich hoch auf und winkt Bari).
Zum Tode!
Vorderbühne.
Des Hohentwielspiels fünfter Vorgang.
Hochzeit auf Hohentwiel und JAufbruch zur
königs-Krönung.
1. Auftritt.
(Aus der Burgkapelle erklingt der Choral des vierten Vorgangs.
Eginhard.
Ein Tag der Freude ist herangebrochen!
Ihr Leute, Mädle, helft den Burghof schmücken!
Seit unser Herr die Burgfrau eingeholt hat,
Hab' ich gleich frohe Tage nicht gesehen.
Faßt an, die Pracht der Teppiche soll schmücken
Die kahlen Mauern, Blumenketten gruͤßen
Die Gäste, die von allen Seiten kamen.
Die Tafel sei für das Bankett gerichtet,
Daß sich um's Brautpaar froh die Gäste reihen,
Und Ihr, für Ritterschlag und Waffenspiele
Bereitet Platz den Rittern und den Frauen!
Streut Blumen auf den Weg, wenn Sie jetzt nahen!
Während dieser Worte sind festlich gekleidete Leute aus der Um⸗
gegend des Twiels hereingeströmt und das Gesinde führt die
Befehle Eginhards aus.)
Einer aus der Menge.
He, Vater Eginhard, ist's wahr, was jene
Vom neuen König schwätzen, der gewählt sei
In Frankfurt von den Kurfürsten des Reiches?
100 —
Eginhard.
Ei freilich!
Ein anderer.
Wie ein Feuer läuft die Nachricht
Von Ort zu Ort—
—A
Und überall ein Hoffen
Auf bess're Zeiten für die armen Bauern!
Singener.
Der Maier hat in seiner Freud' beschlossen
Die Hochzeit zwischen Hans, des Herren Falkner
Und unsrem Gretle, unserm Herrn zu Ehren!
Sie kommen, um dem Brautpaar Glück zu wünschen,
Herrn Konrad und Frau Hildegard, der guten.
(Neue Scharen dringen jubelnd und lachend ein, mit ihnen Musi⸗
kanten und fahrende Spielleute; die verschiedenen Trachten des
Hegaus, der Baar, der Schweiz usw. sind vertreten.)
Eginhard.
Halloh! Gemach, Ihr stört die fromme Andacht!
Was seh' ich? Ihr Herr Mainhard? Seid will—
kommen!
Das wird die Herrschaft freuen; recht zur Stunde
Erscheint Ihr, edle Sangeskunst zu üben!
Mainhard.
Auf meinem Ritt vernahm ich, daß zum Twiele
Von allen Seiten frohe Gäste wallen;
Als ob das ganze Hegau sich versammelt,
So schien es fast; ich wollte drum nicht fehlen.
Eginhard (wveist ihm einen Platz an).
Erholt Euch von dem Aufstieg. Ich muß sorgen,
Daß nicht zu laut sich rege übermütig
Der Unsp'ren Jubel und bin selbst so glücklich,
Daß Burg und Dörfer sich zum Feste rüsten,
Und auch die Städte uns're Herrschaft ehren.
He, Mechtild, halt' die Mägde mir in Ordnung,
Ein
110 —
(zu den Landleuten)
Und ihr zur Seite tretet, weil sie nahen!
(Das Glockengeläute setzt wieder ein. Alle drängen neugierig zur
Kapellenpforte. Der Hochzeitszug erscheint. Voran sireuen die
Kinder Ulrichs Blumen auf den Weg. Der Wehrgang fülit
sich mit Volk an. Alle begrüßen das Brautpaar mit donnern—
dem Zuruf. Wenn das Brautpaar und mit ihm Ulrich, Richenza
u. die Grafen die Mitte erreicht haben, steht der Zug. Konraͤd
und Hildegard umarmen sich, dann besteigen die Frauen die
erhöhten Plätze, die errichtet find zum Anschauen des Ritter
schlages und des Turniers. Konrad wird, umgeben von den
Rittern und Knappen, die das in der Kapelie geweihte Schwert
tragen, zu den Stufen des Ehrenplatzes geführt, wo ihn Graf
Fürstenberg, den, sofort die Ritter umgeben, einpfängt. Das
Glockengeläut verstummt. Graf Fürstenberg gibt den Posaunen-
bläsern ein Zeichen, die sofort eine Fanfare blasen. Es tritt
lautlose Stille ein)
H. v. Fürstenberg.
Konrad, von Blumeneck, dem Himmelsherren
Gelobtest Du Dich an als treuer Lehnsmann,
Als Dir Dein Weib zu eigen ward gegeben:
Die Schwachen schützen, fuür die Unschuld streiten,
Des Reiches Gut und Lehen stets zu ehren,
Unsträflich wandeln, sind beschwor'ne Pflichten.
Dies Schwert, von Priesterhand geweiht, dem König
Soll es die Treue halten, bis getroffen
Der Arm erlahmt, das Leben Dir entwichen.
So frag ich Dich vor diesen edlen Rittern
Noch einmal: Ist Dir's heil'ger Ernst zu halten,
Wie Du gelobt, des Ritters schwere Pflichten?
Konrad.
Ich schwöre.
H. v. Fürstenberg.
Nun denn Kämmerer und Marschalk!
Die Rüstung bringt herbei, die ritterliche!“
(Er bindet ihm den Schwertgurt um.
Das Ritterschwert umgürte Dich, dem Stande,
Sei eingereiht, dem hoͤchsten, den wir kennen,
Den Kaiser, Fürsten, alle Edlen zieren!
— 111 —
Kniee nieder!
Zu den Rittern.
Zieht das Schwert! In Gottes Namen,
Des heil'gen Michael, Georgs des heil'gen
Schlag' ich zum Ritter Dich, kraft Ritterrechtes.
Er führt die drei Schläge.)
Sei tapfer, unverzagt und treu! — Das Streitroß,
Helm, Schild und Lanze bringt!
(Es geschieht. Die Knappen legen Konrad inzwischen die Sporen an.)
Fanfaren schmettert!
Den neuen Ritter grüßen wir mit Jubel!
Die Ritter reichen Konrad die Hand und führen ihn zum Platz
der Frauen)
Richenza.
Mein Liebling, Konrad, mehr als andre Gabe,
die Dich am Hohentwiel erinn're in der Ferne,
Gilt das Geschenk, das wir Dir aufgehoben
In uns'rer Hildegard; sie wird uns bürgen
Für edle Ritterschaft in aller Zukunft.
(Sie umarmt ihn.)
Hildegard (übergibt ihm die Schildfesseh).
Gott gebe Heil Dir, Trautgeselle lieber!
Wie hier die Fessel Dir den Schild soll halten,
Mög' meine Lieb des Glückes Schild Dir wahren.
Die fremden Gäste treten Glück wünschend zum Brautpaar. Der
Küchenmeister Heinzelin tritt vor, waährend seine Diener die
Speisen bringen,
Heinzelin.
Die Tafel wartet Eurer! Bis zum Spiele
Ergötzt Euch, edle Herrn und zarte Frauen
An dem, was Küch' und Keller, Strom und Wälder
Euch bieten.
Ulrich.
Gern mein Heinzelin, Du Wackrer.
Während die Plätze mit höfischem Anstand eingenommen werden,
erfchallt Musik. Die Knappen warten ihren Herren und Frauen
auf Ein treues Bild in Sitten und Gebräuchen, auch der Ge—
112 —
räte, soll die kurze Tischseene geben. Kaum sind die Plätze ein—
genommen worden, so ertönt außerhalb des Burgtores Musik
und Gesang. Die Musik im Burghof schweigt, das Volk drängt
zum Burgtor, das geöffnet wird. RNeuer Jubel erhebt sich all⸗
seitig, als der bäuerliche Hoch zeitszug einzieht; voran Spielleute,
dann der Wagen mit dem Einstand der Braut (Bettladen usw.)
Mit dem Brautpaar Gretle und Hans kommt der Brautvater,
der Amman von Singen, dann die Hochzeitsgesellschaft: Buben,
Mädle. Sie singen:“
*) Wo sich Lieb mit Liebe zweiet,
Hohen Mut die Liebe geit
In der beider Herzen maiet
Es mit Freuden alle Zeit.
Trauer will die Liebe nit
Wo man Lieb' bei Liebe sieht.
Wo zwei lieb es mit sich meinen,
Treu und herzlich, ohne Wank
Und sich beide so vereinen,
Deren Lieb ist ohne Krank,
Die hat Gott zusammengeben
Für ein minigliches Leben.
(Der Hochzeitszug macht die Runde, dann führen die Eltern des
Paares die jungen Eheleute zum Burgherrn.)
Ulrich.
Nur näher Kinder, ohne Scheu, willkommen!
Walther.
Eh' wir zum Tanz geh'n, wollen wir der Herrschaft,
Der lieben, danken und ihr fröhlich huld'gen!
Hans und Gretle.
Wir wünschen, daß dem hohen Brautpaar lache
Wie uns das schönste Glück!
Richenza.
Zerriß der Faden
Mein gutes Gretle in der Maimacht jählings,
uiriq von Lichtenstein * um 1876.
113 —
Du hast Dir stärk're Fesseln ausgefunden:
Die Liebe soll der Faden sein — und reißen,
Erkenn' ich Hansens Treue recht, wird niemals,
Was er gelobt als treuer Bursch vom Hegau.
Dies nehmt als Einstand,
(Sie gibt beiden Münzen.)
und zum Dank erklinge
Zum Tanz der „sieben Sprüng“ Schalmei und Flöte.
(Der „Siebensprung wird von den jungen Bauern und Mädchen
getanzt, kurzer Tanz.)
Ulrich.
So recht! Mein Alter, rastet hier in Frieden,
Derweil die Jungen schau'n die Waffenspiele!
(Fanfaren klingen wieder, die Gesellschaft erhebt sich. Die Ritter
führen ihre Damen wieder auf die Schauplätze. Konrad sitzt
mit Hildegard in leises Gespräch versunken da.)
Alb. v. Hohenberg.
Nun Konrad, junger Ritter, auf zum Fechten,
Beweise uns dein Recht zum Schildesamte.
(Meue ritterliche Gäste reiten ein, teils zum Buhurt, teils zum
Turniere gewappnet. Die Knappen und Knechte der Burg eilen
den Ankömmlingen entgegen; diese singen das folgende Lied,
das von den sich mit Hilfe ihrer Knappen wappnenden Rittern
der Hochzeitstafel aufgenommen und mitgesungen wird. Auch
Konrad wird gerüstet).
*Das Lied der Ritter:
„Will Jemand mit Ehren die Zeit wohl vertreiben,
Dem Glücke nachjagen, in Freude verbleiben,
Der strebe mit Treuen, mit Ehre und Fleiß
Nach der Minne Preis.
Der ist süße, reine,
Viel gut und alleine
Den Guten gemeine.
Wer folget dem Schilde, der dien' ihm ohn' Schanden
Mit Leibe, mit Gute, mit Herzen und Handen,
*) Nach Alrich von Lichtenstein.
114 —
Das lohnet viel teuer mit hohem Gewinne
Die liebwerte Minne.
Die gibt Freude und Ehre
Dank ihrer süßen Lehre.
Die kann trösten sehre.
Den Schild führt mit Züchten, mit Mut und mit
Stärke,
Er hasset und fliehet die Schand und ihr' Werke.
Gott gnädig wende, daß man bei ihm finde
So schwächlich Gesinde,
Er will, daß die Seinen
Auf Ehre sich peinen,
Stets tapfer erscheinen.
Kargheit und Unzucht, die schamlose, wilde,
Geziemt nicht dem Helme und taugt nicht dem Schilde.
Der Schild ist kein Dach, das Schande kann decken,
Sein Glanz muß erschrecken
An Ehren die Weichen,
Vor Furcht sie erbleichen,
Die Farb ist ihr Zeichen.“
(Je nachdem die Ritter mit ihrer Rüstung fertig werden, werden
ein oder mehrere Strophen gesungen. Die Ritter nehmen so—
bald sie fertig sind, ihre Stellungen ein; hinter ihnen die Knap⸗
pen mit Speeren, hinter diesen die Spielleute, Volk und die
Grogierer. Wenn der Sang zu Ende ist, rufen die)
Grogierer Curnierherolde).
*R„Nun zieht aus Ritter edelgut,
Zieht aus und seiet hochgemut,
Zieht mit Freuden, auf das Feld,
Da liegt der Minnesel'gen Gelt.“
Konrad ist zu Hildegard getreten.)
Hildegard.
Mein Trautgesell, nun halt Dich gut im Buhurt
Im Tihjost sieg'!
*) Nach rich von Lichtenstein.
115 —
Konrad.
Dein denk' ich im Turniere.
Ulrich.
Zum Buhurt aufgestellt! Als Führer kür' ich
Von Fürstenberg und Hohenberg die Grafen,
Als Burgherr üb' ich selbst das Amt des Richters.
Das Wajfenspiel beginne. Blast Posaunen!
(Der Buhurt wird geritten)
Eginhard.
Halloh, wie hält sich unser Konrad wacker!
H. v. Werdenberg.
Der Puneiz glückte!
Volk.
Wie die Speere krachen!
Die Turnierritter.
Nun Speere here, Speere, Speer'!
Volk.
Wie fliegen
Die Knappen mit den Speeren zu den Herren!
Heiho! Heiho!
H. v. Werdenberg gzu Hildegard und Richenza,.
Jetzt wenden sie die Rosse!
Hildegard.
S, heil'ge Jungfrau, meinen Konrad schütze!
Er wankt!
H. v. Werdenberg.
Der Gegner, Mädchen, sinkt vom Pferde!
Der Tijost Konrads nimmt den Anfang; schau' nur,
Wie stolz er in des Ringes Mitte reitet;
Sein Banner pflanzt er auf!
Volk.
Hört den Grogierer!
116 —
Grogierer.
Will Jemand mit dem jungen Ritter Konrad,
Den reinen Frau'n zu Ehren tijostieren,
Der trete auf den Plan! Erschallt Posaunen!
Volk.
Zwei Ritter sprengen an, verstürzt die Helme!
H. v. Werdenberg.
Gebt acht!
Hildegard.
Mir bangt um ihn!
H. v. Werdenberg.
Sei ohne Sorge,
Wer Konrad gen den Fridingen sah sechten,
Der kennt die ritterliche Kraft des Juͤnglings!
Der erste Ritt erfolgt)
Da! hab' ich's nicht gesagt? Da liegt im Sande
Der erste Gegner!
Volk.
Heil dem Ritter Konrad!
Der and're stellt sich auf! Jetzt gilt's, denn mächtig
Und oft geübt im Stechen ist er Meister!
(Der zweite Ritt beginnt.)
Sie prallen an!
Die Speere sind zersplittert
Heil uns'rem lieben Herren Konrad! Heil ihm!
(Zweiter Gang.)
H. v. Werdenberg.
Wenn er die Nägel trifft, die auf der Mitte
Des Schildes ragen und vom Pferde schleudert
Den Feind, hat Konrad obgesiegt. Jetzt merket!
(Beim dritten Gange stürzt Konrads Gegner, Konrad tritt unter
dem Jubel des Volks zu den Frauenplätzen.)
Alrich.
Er hat des Schildamts würdig obgewaltet,
Der Hulstkranz ziert mit Recht den tapfern Sieger.
(Hildegard setzt dem Geliebten den Kranz auf.)
117 —
Ulrich.
Gewappnet zum Turnier stellt Euch, Ihr Freunde!
A. von Hohenberg und H. von Fürstenberg.
Die Rotten sind geteilt!
Ulrich.
Fanfaren schmettert!
(In diesem Augenblicke ertönen Signale vom Burgtor her.)
Herold (tritt ein).
Die Königin der Deutschen fordert Einlaß!
Mit ihr des Aargau Ritter und der Bischof
Zusamt dem Rat von Konstanz!
Ulrich.
Auf die Pforten!
Das krönt des Tages Freuden! Auf die Herzen!
Und grüßt mit Donnerruf der Kön'gin Nahen!
Mit glanzendem Gefolge reitet die Königin mit den genannten
Herren ein.)
Rufe:
Heil und wieder Heil!
(Tofender Zuruf. Die Königin wird vom Pferd gehoben.)
Königin.
Grüß Gott, Ihr Herren!
Mein Bruder! Schwäher Fürstenberg! Mich hielt es
Nicht länger in der Burg zu Brugg; Euch beide
Woilt' ich auf meiner Fahrt nach Aachen grüßen;
Noch einmal an des Schwabenmeeres Ufern
Mich laben, eh' nach Norden hin zur Krönung,
Zu ungewissem Schicksal führt der Pfad mich.
Alb. v. Hohenberg.
Du hast uns überrascht!
Königin.
Das war mein Wille.
Herr Ulrich, Freund, und Frau Richenza, liebe,
Der Willkommtrunk für mich und die Begleiter
Soll uns nach scharfem Ritte trefflich munden.
Begrüßt die Burgfrau herzlich)
118 —
Hochwürd'ger Bischof, edle Herrn vom Aargau,
Ihr Bürger aus dem nachbarlichen Konstanz,
Gegrüßt seid auf des Twieles fels'ger Höhe!
(Er reicht dem Bischof den Wilkommtrunk; die Knappen tun
desgleichen mit den Rittern und Bürgern.)
Königin (nimmt auf dem Ehrensitz Platzz.
Ich schaue um mich; es erfreut mein Auge
Der Anblick Eurer festlich frohen Gäste!
Das Brautpaar grüß' ich, wünsche Glück den Beiden.
Wohl selten sah ich friedlichere Bilder,
Als gutes Zeichen nehm ich's für die Reise.
(Die Knechte versuchen hie und da das Volk fortzuweisen; einige
gehen zögernd.)
Ihr guten Leute bleibt! Die Kön'gin meidet,
Wer Feind dem Frieden, den der König darbeut
Von ganzem Herzen seinem deutschen Volke.
Das kündet überall in Euren Gauen!
Und wie die Hochzeitsglocken übers Tal hin
Geklungen, als wir uns der Burg genähert,
Von frohem Hoffen, gold'nen Zeiten singend,
Erkling' das Königswort; mein Herr und König
Herr Rudolf Habsburg will mit Ernst bekämpfen,
Was jahrelang die Schmach des Vaterlandes.
Mainhard der Sänger (tritt vor und verneigt sich).
Dieweil Ihr rastet hohe Königinne,
Erlaubt zu künden, was sich auf die Lippe
Dem Sänger drängt mit Allgewalt, ich bitte.
(Die Königin macht ein bejahendes Zeichen.)
Mainhard (inat).
) Aufs Waidwerk hinaus ritt ein edeler Held
Den flüchtigen Gemsbock zu jagen
usw.
(Die ——*3 lauschen dem Sange ergriffen, die Königin
weint.)
x*) Die bekannten Strophen aus Schillers „Graf von Habsburg.“
119 —
H. v. Fürstenberg.
Der Graf von Habsburg, unser König, war es,
Der so voll schlichter Frömmigkeit gehandelt.
Wer so dem Höchsten sich in Demut beugte,
Der wird im Dienst des Vaterlandes ehren
Das hohe Gut: das Glück des deutschen Volkes
And übermütig nicht, doch kraftvoll schirmen,
Wenn böse Feinde uns're Grenzen stören,
Des Reiches Freiheit, wie in alten Zeiten.
Ulrich.
Den schlimmsten Feind fand Deutschland in sich
selber;
Im eig'nen Fleische hat es schlimm gewütet;
Seitdem die deutschen Stämme festgeschmiedet
Zu einem Volk mit manchem Hammerschlage!
Sobald wir einig, fest in Treu verbunden,
Mag stürmen Well' auf, Welle gen den Felsen
Des deutschen Volks; wir fürchten sie so wenig,
Wie unser Twiel den Föhn in wilder Sturmnacht.
H. v. Fürstenberg.
Ihr treuen Männer, Ritter, Priester, Bürger,
Ihr Bauern all! Des Volkes Stände seh' ich
Auf luft'ger Höh' vereint mit ihren Fürsten
Auf Schwäbens Herzogsburg; mit starken Banden
Umschließt auf engem Raume uns die Mauer,
Der Einigung ein Zeichen, und doch schweifen
Zugleich die stolzen Blicke in die Weite,
Weeine Welt von Schönheit uns umleuchtet!
Vom schwäb'schen Meere bis zu dem weißen Firnschnee
Der hohen Alpenriesen mahnt es: Größe,
Mein deutsches Volk, erringt sich nur der Starke,
Und stark ist, wer, von Treue fest umgeben,
Mit gleicher Treu den hohen Zielen nachstrebt.
Ulrich.
Und wie wir Schwaben jetzo Euch umgeben,
O hohe Königin, in echter Liebe,
— 120 —
So soll der gleiche Sinn dem Lande dienen!
Wir wollen halten an dem alten Vorrecht:
Vor aller Welt des Reiches Fahn' entrollen,
Ihr folgen bis zum Siege, bis zum Tode!
So lange man von deutscher Art wird künden,
Sol! Schwabens Ruhm bis in die fernsten Zeiten
Die Treue sein zum König und zum Reiche!
(Starke Bewegung, die Königin erhebt sich.)
Königin.
So lebt denn wohl! So oft des Reiches Fahne
Zum Sturme ruft die Alemannensöhne,
Soll dieser Berg Euch Vorbild sein im Streite:
In satter Kraft das Haupt emporgehoben!
Den Blick, die Enge meidend, in die Weite!
Die Lavaglut des Herzens stolz gebändigt,
Vom Panzer kühler Einsicht rings umschlossen!
Dann, Hegaus Mannen, seid Ihr gleich den besten,
Die deutsches Land gebar! Dann Heil dem Twiele,
Der Euch erzog und Heil dem Hegaulande!
(Sie kann nicht weiter sprechen, denn gewaltiger Jubel bricht los:
die Ritter eilen zu den Pferden.)
Ritter.
Wir folgen Euch!
Konrad chat Hildegard umarmt und Abschied genommen).
Zur Königskrönung!
Ritter.
Alle!
Volk.
Heil uns'rer Königin und Heil dem König!
Unter betäubendem Posaunenschall und Freudengeschrei reitet die
Königin, von allen gefolgt, aus dem Burgtor. Die Ritter stim—⸗
men das Turnierlied an, der Gesang wird schwächer und hört
auf, wenn die Bühnedleer ist.)
Ende.
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Eßlingen a. V.
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