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BESCHRAFFTAUS MITTELN DER
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Guido Liste
Gesammelte Werke.
Zweite Reihe:
Fors chungsergebniss e.
Zweiter Band.
3
F
*
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*
2*
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2
*
Guido Lists Gesammelte Werke
Zweite Reihe:
Forschungsergebnisse
Zweiter Band.
Die Rita der Ario-Germanen.
Die Namen der Völkerstämme
Germaniens
und deren Deutung.
—
F
Wien, Verlag des Verfassers durch die Guido—
von-⸗CList-Gesellschaft. Ffùr den Buchhandel:
sterreichisches Verlags-Institut Wien XIII/,,
g Bietzinger Hauptstraße 66. *
Guido⸗Cist⸗Vücherei
2. Reihe: Forschungsergebnisse Vr. 3.
Die Rita
der Ario-Germanen.
*X
Guido List.
—
Wien. Verlag der Guido⸗von⸗List⸗Gesellschaft.
In Kommission bei E. F. Steinacker in Leipzig.
1908.
4
6
*
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*
8
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*
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Die Rita
der Ario⸗Germanen.
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Guido List.
ᷣ
Wien. Verlag der Guido⸗von⸗List⸗Gesellschaft.
In Kommission bei E. F. Steinacker in Leipzig.
—A
295439
Das Übersetzungsrecht in fremde Sprachen, wie alle übrigen Rechte
ausdrücklich für den Verfasser vorbehalten.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika gewähren
nur für die Dauer eines ZJahres, und da noch sehr mangelhaft,
Scchutz gegen Nachdruck und geben dadurch zu erkennen, daß die
Mehrzahl ihrer Gesetzgebenden im Erkennen des Begriffes vom
geistigen Eigentum, noch nicht jenen Standpunkt erreicht haben, den
indere Vslker schon längst als einen Gesetzesstandpunkt anerkennen.
* Maoivo⸗ sit a Iα—
5
8 8
Unuot sitatsbiblotnok
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—D ——
Oberösterr. Buchdruckerei⸗ und Verlagsgesellschaft, Linz.
——
—
Herrn
Friederich Oskar Wannieck,
dem Wissenden vom Wissenden
Armanentreue.
Urda.
chon im j„Geheimnisder Runen“ wie
in der Armanenschaft der Ario—
GHermanen“ wurde darauf hingewiesen,
wie selbst die glänzendsten naturwissenschaft⸗
lichen Entdeckungen der Neuzeit von der
ario⸗ germanischen Armanenschaft erkannt,
angewandt und gelehrt, aber als Gehe i m⸗
wissen sorssam gehütet und der
Offentlichkeit aus guten Gründen vorbehal⸗
ten worden waren. Schreibt doch schon der
hochberühmte Abt des Klosters Sponheim,
Johann Tritheim (rithemius), an⸗
fangs des sechzehnten Jahrhunderts an den
Kurfürsten Joachim von Bran—
denburg:
„Die alten Weisen hinterließen bei ihrem
Tode die Grundsätze der natürlichen Magie,
die sie vollkommen inne hatten, absicht⸗
dich in die tiefsten Geheimnisse
verhüllt, damit sie nicht in die Hände
bvon Unwürdigen geraten möchten. Diejeni⸗
zen, welche ihre Schriften lasen und in Aus—
übung bringen wollten, schlugen mancherlei
Wege ein. Einige — und deren gibt es heut⸗
zutage viele — von Verlangen und Ungeduld
nach den bewunderungswürdigen Verheißungen der Weisen
hingerissen, fingen an, nach dem Buchstaben zu arbeiten, weil
sie das Gelesene nicht verstanden. Da sie aber den gehofften
R
*
2
Die „alten Weisen“ des Joh. Tritheim sind die Armanen
Endzweck nicht erreichten, verwarfen sie die besten, durch Er⸗
fahrung bestätigten Bücher mit Verachtung als sinnlos.
Andere, die ihre Mühen in magischen Versuchen ebenfalls
fruchtlos fanden und durch Vorspiegelungen der Schrift⸗
steller sich getäuscht glaubten, suchten, um nicht allein ver—
spottet zu werden, nach Mitgenoffen ihres Irrtums, gaben
noch groöͤßere Dinge vor, als sie angetroffen hatten, mischten
vorsäßlich leere, iörichte und erdichtete Dinge in die Schrif—
ten jener Weisen und brachten mancherlei Charaktere und
unbekannte Namen hinein, denen sie große Geheimnisse bei—
legten, durch deren Uenntinis Wunderdinge bewirkt werden
könnten. Noch andere, nicht damit zufrieden, die Leute auf
vorgedachte Art hintergangen und die natürliche Magie, die
sie nicht verstanden, verdunkelt zu haben, fügten sogar noch
allerhand teuflische Dinge hinzu, wodurch die Werke der
Weisen so befudelt und verunstaltet wurden, daß sie heutzu⸗
tage von den Studierenden nicht nur nicht verstanden und
verbessert werden können, sondern, was das Schlimmste ist,
beinahe von allen Rechtschaffenen, die den Unterschied nicht
einzusehen vermögen, für abergläubisch, teuflisch und dem
christlichen Glauben zuwider geachtet sind. Daher kommt es,
daß die gute Magie den meisten verhaßt oder vielmehr uner⸗
forschbar ist. Fast alle suchen die Wirkungen der natürlichen
Magie in Bildern, Sigillen, Ringen und dergleichen, und
fallen, wenn sie dadurch nichts ausrichten, nach langem ver⸗
zeblichen Arbeiten, aus Verzweiflung auf törichte und aber⸗
zläubische Dinge.“
Soweit Johann Tritheim, der Abt von Sponheim.
Wie sehr aber jene „alten Weisen“ — die Armanen!
sowohl in ihrer Kosmogonie als auch
in ihrer Theogonie in der Erkenntnis vorgeschritten
waren und wie jene Erkenntnisse wieder zu erneutem Leben
erweckt werden können, um die ario⸗germanische Entwicklung
der Zukunft fördernd zu beeinflussen, das zu zeigen sei die
Aufgabe diefes und einiger der folgenden Bände der
—
Das Gesetz der Erhaltung der Kraft
„Guido CList⸗Bücherei“, um ihrem Leitspruche gerecht zu
werden, der da lautet: Nicht zur ück, sondern hin—
auf zum Ariertum!“
Um nur ein Beispiel herauszugreifen, oben Gesagtes zu
beweisen, mag hier einer der bedeutungsvollsten naturwissen⸗
schaftlichen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte gedacht
werden, nämlich des Gesetzes der Erhaltungder
Uraft, oder der Energie, auf allen Gebieten
des natürlichen Geschehens. Bekanntlich hebt
dieses Gesetz hervor, daß alles Stoffliche in der Natur in
steter Bewegung begriffen ist, daß alle unsere Sinneswahr⸗
nehmungen durch jene stofflichen Bewegungen oder Schwin⸗
zungen hervorgebrachte Reizerscheinungen sind. Die Energie
des schwingenden Licht-⸗o der Weltäthers bringt die
Lichteindrücke auf unser Auge hervor, die Schallwellen bedin⸗
zgen die Gehörsempfindungen, welche durch Vermittlung der
schwingenden CLuft unser Ohr treffen, und die
Schwingungen der kleinste Moleküle eines NRör—
pers erzeugen Wärme, welche durch UÜbertragung dieser
Schwingungsbewegung auf unsern Körper in diesem das
Warmeempfinden auslösen. Die Erscheinungen der Elektri⸗
zität, des Magnetismus und des Schwergewichtes werden
benfalls heute schon auf zyklische Bewegungen des Welt—
ithers zuruͤckgeführt und es werden alle sonstigen Erscheinun⸗
zgen im Ceben des Alls, als sich besonders äußernde Energie⸗
oder Kraftformen, und als solche für Bewegung, für Schwin⸗
zung erkannt.
Die armanische Uosmogonie aber wußte schon in Ur—
tagen zu sagen: „Gott (das Geistige) ist ewig und unwandel—
har; das All (das Koͤrperliche, Materielle, Stoffliche) ist
dagegen stetem Werden und Vergehen unterworfen, in ihm
ist nur der Wandel selbst das Unwandelbare, im All bleibt
sich nichts gleich, alles vergeht, um in anderer Form wieder
zu erscheinen, aus Leben wird Cod, aus Cod wieder Leben,
und Ruhe oder Beharren findet sich nirgends.“ Die armani⸗
10
Armanische Kosmogonie und moderne Wissenschaft
stische Rosmogonie erkannte in dem Feuer das Urelement
Urfyr, Surtur, Muspilheim u. s. w.), aus dem alle anderen
drei Elemente sich abgesondert hatten. Das Feuer war das
Element des Entstehens, und das All selbst ist jenes ewig
währende Feuer, das sich wohl zeitweilig vermindert, niemals
völlig verloscht, aber dermaleinst sich wieder entfachen wird,
um alle übrigen Elemente, die es geboren, wieder zu verschlin⸗
gen (Sutur, Muspilheim, Coki, Lokis Fesselung, Cokis Ketten-
bruch, Weltbrand u. s. w.). — Im Zustande der zeitweiligen
Verminderung des Urfeuers entstand das All, die Welt, unsere
Erde, indem das zeitweilig sich mindernde Feuer (Urfyr) sich
zu Äther, dieser zu Cuft verdichtete, aus welch letzterer, durch
fortschreitende Verdichtung, sich Wasser und Erde bildete, bis
das Feuer wieder erwacht und alles wieder in sich auflöst.
Aber auch dann wird es zu keiner Ruhe, keinem Bestande
kommen, denn abermals wird sich CLuft, Wasser und Erde ab—
sondern und ein erneutes All, eine neue Welt, eine junge Erde
wird wieder erstehen, um abermals im Feuer zu versinken,
im ewigen Ureislauf vom Entstehen zum Werden, zum
Wiedervergehen und Neuerstehen.
Aber genau im selben Verhältnisse, in welchem die mo⸗
derne Wissenschaft ihre eigenartige Aunstsprache pflegt und
es nicht gestattet, ihren besonderen Begriffsworten denselben
Sinn zu unterlegen, den sie decken, sobald sie in der Sprache
des Alltags gebraucht werden, ganz genau ebenso hatte auch
die armanistische Rosmogonie den von ihr gebrauchten Aus—
drücken einen ganz anderen Sinn unterlegt als denselben
Worten im Prophangebrauche beigelegt wird.
Wenn wir daher die armanistisch-kosmogonische Bezeich⸗
nung „Feuer“ in das Begriffswort „Wärme“ umsetzen, so
zeigt es sich sofort, daß die armanistische Rosmogonie sich
ganz gut mit den Entdeckungen der modernen Wissenschaft
deckt, denn unsere zeitgenössische „Wärmelehre“, wie die heu—
tige, „mechanische Wärmetheorie“ sagen genau dasselbe, wie
jene „alten Weisen“ es schon in Urtagen klar und deutlich
242
——
Die vier Elemente sind die Aggregatzustände der Materie
in Begriffen festgelegt hatten. — Die zeitgenössische Wissen⸗
schaft sagt: Wärme läßt sich in sichtbare Bewegung ver—⸗
wandeln und Wärme ist nichts anderes als sichtbare Bewe—
zung. Und wenn man irgend welchen Körper immer mehr
und mehr erhitzt, so wird er vorerst rotglühend, danm weiß⸗
glühend, später schmilzt er zu tropfbar flüssigen und ver—
dunstet zu dehnbarflüssigen gasartigen Erscheinungsformen,
his er sich endlich entzündet und verbrennt, um weiteren Wand⸗
lungen zuzustreben; d. h. nach armanistisch-kosmogonischer
Ausdrucksweise, er wird wieder zu Feuer, aus dem er sich
einst gebildet hatte. Wie jedoch umgekehrt jene armanistisch⸗
kosmogonische Geheimlehre aus Feuer Luft entstehen läßt,
so entwickeln sich aus den verbrannten Gasen wieder mehr⸗
atomige Gase, wie wir solche als Sauersftoff, Wasserstoff,
Stickstoff, Kohlensäure, atmosphärische Cuft, Wasserdampf
u. s. w. kennen, wenn sie entsprechend abgekühlt werden. Setzen
wir die Abkühlung fort, so verwandeln sich jene Gase sehr
bald in Flüssigkeiten, um bei fortgesetzter Wärmeentziehung
endlich zu erstarren und feste Formen anzunehmen. Wir haben
daher in den armanistisch-kosmogonischen Beziehungen von
Feuer, Cuft, Wasser und Erde nicht an jene Dinge zu denken,
welche wir in der Alltagssprache so bezeichnen, sondern ledig⸗
lich nur an die Aggregatzustände der Summe
aller Körper, die in den entsprechenden Wärmehöhen
eine brennende, eine gasartige (dehnbarflüssige), eine tropf⸗
barflüssige oder eine feste Erscheinungsform annehmen.
Folgerichtig ist aber auch die uralte Bezeichnung für jene
vier Aggregatzustände des Stoffes oder der Materie als „El e⸗
mente“ in ganz anderem Verstande zu nehmen als der
Chemiker sie zu gebrauchen pflegt, denn sie kennzeichnet keines⸗
falls unteilbare Urstoffe als solche, sondern im Gegenteil
die Gesamtsumme derselben in ihrem
Aggregatzustande in der durch die ent—
sprechende Wärmehshebedingten Erschei—
nungsform.
12
Die esoterische Symbologie der Kosmogonie
Wenn daher die armanistisch⸗kosmogonische Erkenntnis
die Reihenfolge der vier oder „Fyr“-Elemente als Feuer,
Cuft, Wasser und Erde begründet, so muß auch die armani⸗
ssch-theogonische Auffassung naturgemäß die gleiche Keihen⸗
folge einhalten, was jedoch scheinbar nicht zutrifft, denn in
der Cheogonie der Mythologie finden wir Cuft (die Asen),
Wasser (die Wanen), Feuer egeser⸗ Feuerriesen, Feuer⸗
drachen u. s. w.) und die Erde Kiesen, Menschen, Zwerge
u. s. w.). Diese andere Reihenfolge ist aber nur eine schein⸗
bare, da man eroterisch die Erde als das passive Element
betrachtete, auf welches die aktiven anderen ESlemente ein⸗
wirken; daher ist die Erde als weibliche Gottheit gedacht
Gerda, Hertha, Garda, Genovefa, Eva u. s. w.), mit wel⸗
her die Personifikationen der anderen drei aktiven Elemente
Ehebündnisse eingehen. Dies im Auge behaltend ergibt sich
esoterisch⸗theogenetisch sofort die richtige Reihenfolge, und
zwar: Das Urfeuer oder Urfyr in Surtur, der als Anfang
ind Ende (Alpha und Omega) den Namen „8'urt' ur“ —
—D
die Feuerluft, der Ather, ait har — Sonnenhoch und Odin
— Wuotan, Odem, Athem, Ohr AHner Otto), Athene,
Adam, Alma u. s. w., ebenso die Asen und Lichtelfen. In
weiterer Verdichtung zur Cuft, die Sturmriesen, dann der
flüssige Aggregatzustand des Wassers, dessen Personifika⸗
ionen die Wanen Njord Nord,, Noa, Noathun u. s. w.)
bedeuten.
Die gegenseitigen Beeinflussungen von Luft und Wasser,
mythologisch gesprochen der Asen und Wanen, erscheinen als
der Waͤnenkrieg“; die Wanen waren die Eindringlinge, be—
haupteten sich ohne aber gerade Sieger zu bleiben und teilten
ich in der Herrschaft mit den Asen, indem Njord Mord),
Freyr und Freya unter die Götter aufgenommen wurden.
Spätere Myshologen, welchen der esoterische Sinn der Mythe
als Symbolologie der Naturentwicklung unbewußt blieb,
welche die Personifikationen der Naturgewalten für vergött⸗
13
Wanenkrieg und Riesenkämpfe
lichte Helden und Könige hielten, wähnten in diesem Wanen⸗
krieg einen blutigen Religionskrieg, oder eine neue ariogerma⸗
nische Völkerwelle, welche aus der Urheimat in die neuen
Sitze nachgerückt und die Seßhaftigkeit daselbst erkämpft hät⸗
ten, erblicken zu dürfen.
Durch weitere Verdichtung erreichte die Materie den
vierten ÄAggregatzustand „Erde“, und nun wiederholten sich
abermals die Kämmpfe, diesmals aber mit den Riesen, welche
immer im Vachteil bieiben und schließlich völlig unterliegen
werden. Auch die Wanen werden wieder heimkehren, sie wer⸗
den, wenn der dritte Aggregatzustand sich in den zweiten auf—
lösen wird, verschwinden, ebenso Wuotan und die Asen selbst,
wvenn Surtur aus Muspilheim kommen und alles in Feuer
auflösen wird.
Da nun aber hier der zweite Aggregatzustand „Cuft“ in
Ather und Cuft geteilt erscheint, so ergibt sich daraus die
efolerische Geheimlehre, daß es fünf und nicht nur vier Ele—
mente gaͤbe, welche in dem bekannten Heilszeichen, dem, Thru—
denfuß⸗, auch „Albenkreuz“, Pentagramm, Signum salutis,
geheimnisvoll zum Ausdruck gelangen. Und diese merkwür—⸗
dige Figur ist schon darum gaunz besonders beachtenswert,
weil eben im Thrudenfuß die Diagonalen des Fünfecks sich
in Goldenen Schnitte schneiden. Man lese darüber in Pro⸗
fessor G. Hermans hochinteressantem Werke Gnosis, Band III,
Seite 441 -447*) nach, was er über den Goldenen Schnitt
zu berichten weiß. Diese fünf Elemente bezeichnete man auch,
um das Pentagramm nicht anwenden zu müssen, das man
aus manchen Gründen nicht gerne zeigte, durch die fünf Vo⸗
kale: EIOV. Ein Beispiel mag die bekannte Divise
Uaisers Friedrich IV. (III.) bieten, welche so vielfach, aber
ummer unrichtig gedeutet wurde. Sie „verkalte“ das alte
heilsgeichen. das aĩs Calisman die Werke des Kaisers unter
*) Professor G. Herman (Ferd. Mar. Sebaldt): „Gnosis“, Sexual⸗
Religion. 3 Baͤnde: J. Serual-Mystik, II. Sexual⸗Moral, III. Sexual⸗
Magie. Verlag Max Altmann, Leipzig, 1905. Mk. 9 —.
14
Tuistfo, Tuiskfo
den Schutz der fünf Urelemente, somit der höchsten Schöpfer⸗
kraft stellen sollte.
Wenn man vom zeitgenössischen physikalischen Stand⸗
punkte aus diese armanistisch-kosmogonischen Überlieferungen
betrachtet, so muß man darüber staunen, mit welch pragma—
tischer Sicherheit jene Hauptursache der vier verschiedenen,
brennenden, gasartigen, flüssigen und festen Aggregatzustände
in den entsprechenden Wärmehöhen erkannt und klar bezeich—
net wurde.
In der exoterischen Bildersprache, hinter der sich eben
jene esoterischen Erkenntnisse verbergen (Edda, Wöluspa ꝛc.),
wird aber verkündet, daß Erde, Wasser und Luft, d. h. jene
Aggregatzustände der Gesamtmaterie, sich wieder in Feuer
auflösen werden, denn der Feuergeist konnte von den wälten⸗
den Asen nur zeitlich gefesselt, nicht aber getötet werden.
Dieser Feuergeist (Prometheus, Coki u. s. w.) hat das Be—
streben, seine Fessel zu brechen, er wird sie auch brechen, er
wird das All verschlingen, aber nur, um es neu zu ge—
hären, denn:
„Da seh' ich auftauchen zum andernmale
Aus dem „Wasser“ die „Erde“ und wieder grünen ....“
(Edda, Wöluspa, 57.)
Wenn man nun diese Vorgänge, gleichgültig, ob vom
Standpunkte unserer zeitgenössischen Wissenschaft, ob von
jenem der exoterischen Wuotansmythe, oder von jenem des
esoterischen Armanen-Weistums aus betrachtet, so wird
man sofort ein anderes physikalisches Gesetz
zu erkennen vermögen, das im Wuotanismus als „Cuistfo“
oder „Cuiskfo“ vergöttlicht wurde, das die „alten Weifen“,
die Armanen, in die Formel kleideten: „Rer Sweist (Cuist
oder Cuisk) ist der Vater (o) aller Dinge“, und
das der neuzeitliche Physiker als „Sie Polarität der
Uräfte“ bezeichnet. In meiner Schrift, Guido-Cist-Bücherei
Nr. 2, „Die Armanenschaft der Ario-Ger—
manen“ Geite 11-14) wurde auf diese „Polarität der
15
Polarität der Kräfte
Nräfte“ unter der Bezeichnung „Beideinig-zwiespältige Zwei⸗
einheit“ schon ausführlich hingewiesen und gezeigt, wie aus
dieser Zweieinheit sich die Dreieinheiten wie auch die Viel⸗
einheiten abgliedern.
hier ist es nun von Wichtigkeit, auf die „dreieinig⸗drei⸗
spältige Dreieinheit“ Guido⸗-Cist-Bücherei Nr. 2, „Armanen⸗
schaft“, 5. 14 ff.) näher einzugehen und sie von einem ande⸗
ren Standpunkte aus zu beleuchten, auf welchen an jener
Stelle nicht eingegangen werden konnte, wie sich ja im Ver—
laufe dieser und der folgenden Studien wiederholt Anlaß
finden wird, immer wieder auf jene Grunderkenntnisse zu—
rückzugreifen, um sie in ihren so vielseitigen Aspek—
ten kennen zu lernen.
Hat sich dort jene Dreieinheit als eine Folgeerscheinung
gegeben, als: Vergangenheit, Jetzt und Zukunft, als das
Gewordene, das Werdende und das sich Vorbereitende (Urd,
Werdandi, Schuld), so ist diese Dreieinheit auch noch als
die Polarität der Uräfte unter der Polarisa—
tion des apolaren Ausgleiches zu erkennen. Um
nun dieses Erkennen jenes wichtigsten aller physischen Gesetze
seitens der „alten Weisen“, wie Johann Tritheim, der Spon—
heimer Abl zu St. Martin, die Armanenschaft bezeichnete,
nachzuweisen, muß auf deren Theogonie zurückgegriffen
werden.
Die „spähende Wala“ kündet in Strophe 3 der
„Wõlu⸗spa“:
„Einst war das Alter, da Ymir lebte:
Da war nicht Sand, nicht See, nicht salzige Wellen,
Nicht Erde fand sich noch Überhimmel,
nur) Gähnender Abgrund (weites Leer) und Gras nirgends.“
In „Ginnungagap“, der unermeßlichen Leere, dem gren⸗
zenlosen Raum, da war „Allvater“ — die Weltenseele
— und mit ihm das „Chaos des Stoffes“. Dieser „All⸗
vater“ als Weltenseele war der erste geoffenbarte Gott
erster Logos), denn der ungeoffenbarte Gott — der Welt—
16
Polarität der Kräfte. Tuis, Teut, usw.
geist — hatte sein „Es werde!“ gesprochen und hatte durch
Einatmung“) (daher „Od“, „Odem“, Odin⸗-⸗Wuotan, Athene,
Atma, Adam u. s. w.) den Geist zur Materie verdichtet und
sich damit selbst in die Erscheinung gesetzt, d. h. sich selbst
zeoffenbart. Da trennten sich zuerst Wärme und Lälte, Licht
und Finsternis, Muspilheim und Niflheim. Der Zwist ent⸗
stand und die Seugung begann, indem das gestörte Gleich—
zewicht der polaren Spannung nach dem apolaren Aus—
zleich strebte, um den Zustand der Ruhe des Bestandes zu
erreichen; ebenso wie die Elektrizität, wenn das Gleichgewicht
zwischen dem positiven und negativen Pol gestört ist, durch
den elektrischen Funken den Ausgleich anstrebt. Dieses unauf—⸗
hörliche Streben nach Ausgleich und die dadurch bedingte
stete Störung des Gleichgewichtes ist die Ursache der ununter⸗
brochenen Bewegung und Schwingung auf allen Gebieten des
—E
setzes der Erhaltung der Kraft.
Wie schon oben erwähnt, wurde dieser „zeugende“ (fo)
„Zwist“ (Tuist oder Cuisk) als „Cuistfo“ oder „Cuiskfo“
ergöttlicht, und schon Cacitus schreibt im Kap. 2, seiner
„Germanid“: „... In alten Liedern, ihren einzigen Urkun⸗
den und geschichtlichen Denkmälern, singen sie (die Germanen)
bon einem erdentsprossenen‘ Gotte Tuisco (Cuiskfo) und
seinem Sohne Mannus, den Urahnen und Stammwvätern ihres
Volkes.“ Und der verdienstvolle Forscher Wilhelm Reynitzsche)
erkannte schon die besondere Wichtigkeit dieses „Cuiskfo“, in⸗
dem er im Jahre 1802 schrieb: „CTis, Tuis oder Tüß, Tüth,
Teut, Tot, Cheot, CTaut ist die Urkraft der Urheber alles
Lebens, der die Mannen — Mensken, Menschen — mit der
Artha (Gerda, Hertha, Erde) erzeugt und solche nun durch
), Der Buddhismus erklaͤrt diesen Vorgang als Ausatmung, was
mir unrichtig scheint, da ein Zusammenziehen, ein Verdichtungsvorgang
obwaltet, aber keine Ausstrahlung.
x)über Truthen und Truthensteine. Von Wilhelm Reynitzsch,
Koͤnigl. Preuß. wirkl. Reg.Rat. Gotha, 1802.
17
„Gott“ bed. nicht der „Gute“, sond. der „Einzige“, „Einige“
sie, die Muttererde, ernährt und ihr ath, Tad, Tada, Atha,
Vater und Freund ist. Er heißt deswegen auch Atis, Athdis
Vater Tüß), Hans Cüs, Frotis (fron oder heiliger Tüs), vor⸗
nehmlich aber Vod, God, Odin, Vodan, Codan, Guodan,
Got, Göd, Gunt, Gaud, auch Walt, Wold (der Waltende,
GHewaltige ohne Anfang und Ende. Man sprach der Lürze
wegen nur Od, Uod, God und nach und nach verlor sich der
Name Cüs, ein übersinnliches Wesen, der den Begriff des
höchsten und der Allwissenheit hatte, schon in frühesten Feiten.
Da Gott⸗Tüs der Einzige, Einige ist, bekam das Wort
Gott zugleich die Bedeutung des Einzigen
oder Einzelnen, so daß „gottig‘ mundartlich nicht etwa
göttlich‘, sondern etwas Einzelnes bedeutet. (Ih hob nerr
sh gottigs UKreuzerlis; das will sagen: Ich habe nur ein
einziges Kreuzerchen, nämlich: Ich bin sehr arm und habe
kaum einen Kreuzer, den ich mein nennen könnte.) Der Grund⸗
begriff von ihm (Gott, Tüs) war dieser: „Es sei ein einiges
— geistiges — unsichtbares Wesen, das Höchste, ewig und
uwweränderlich, das von leiblichen Augen weder gesehen noch
an einem Orte eingeschlossen werde könne. Seine Kenntnis
fei unendlich, seine Macht ohne Grenzen und unbestechlich
seine Gerechligkeit. Er zeige sich in allen Geschöpfen und
zeschaffenen Dingen, muͤsse nur im Geiste geehrt und in
den Geschöpfen betrachtet werden.“
Durch diese Stelle — allerdings in etwas unbeholfener
Sprache gegeben — hat aber Reynitzsch schon vor mehr als
humdert Jahren den Irrtum berichtigt, daß der Begriff
„Gott“ nicht den „Guten“, sondern den „Einzigen“ zum
Ausdrucke bringt, den Einzigen, der sich in der beideinig—
zwiespältigen Zweieinheit dem „Swist“ als Vater⸗Wutter
uimd als Polarität der Uräfte offenbart und betätigt. Da er
aber nicht nur der Zwisterreger, sondern auch der Zwist⸗
schlichter,) der Trüger und Trugenthüller, helblindi und
*) Auch in Wuotans verschiedenen Namen, wie sie im eddischen
Liede Grimnismal 16—30 und 54 und Juͤngere Edda: Gylfaginning 20,
18
Gottseele, Geistseele, Menschenseele
Har ist, so ist er auch erweitert zur dreieinig⸗dreispältigen
Dreieinheit, der apolare Ausgleicher, der — Richter. Und
hier ist der Angelpunkt gefunden, von dem aus die armanische
Seelenerkenntnis ihre Erklärung findet.
Der Mensch ist das Spiegelbild der Welt; er ist die Welt
im Kleinen, der Mikrokosmos; wie das All, die Welt im
Großen, der Makrokosmos ist. Der ungeoffenbarte Gott jen⸗
seits von Zeit und Raum ist der „Heilsgeist“ (christl. Gott
heiliger Geist, wuotanistisch „Surtur“, d. i. armanistisch:
ur-t'ru — vom Ur zum Ur), der geoffenbarte Gott ist der
zeugende Zwist (Cuist-fo), Vater-⸗Mutter als beideinige
Zweieinheit, aber auch als Breithut (der alles Behütende)
und Bösewirk, als Engel und Teufel die zwiespältige
Zweiheit, welche im apolaren Ausgleicher dem „Dritten“,
nämlich „Thridi“, dem „Dreher“, dem durch Drehen,
Wenden Seugenden zur Dreieinheit wird. So ist auch
die Menschenseele gedacht. Dem ungeoffenbarten Gott (Heils⸗
geist) entspricht der Geist oder die Gottseele im Menschen,
welche als Ausgleicher apolar der Geistseele und der Men—
schenseele des Menschen überordnet ist, und welche als „Ge—
wissen“ sich erkennbar macht. Die Geistseele im Menschen
weist zum geistigen Erkennen (Intuition), die Menschenseele
zum stofflichen Erfassen (Intelligenzs. Der Wuotanismus
kennt exoterisch diese Dreiteilung sehr gut, indem er der Men⸗
schenseele zwei Fylgien ee zugibt, von welchen der
zur rechten Seite zum Guten drängt, der zur linken aber zum
Bösen lockt, während der Menschenseele freie Wahl der Folge—
leistung unter eigener Verantwortung anheimgestellt bleibt.
Der christliche Volksglaube verwandelte die wuotanistischen
Fylgien in den Schutzengel und den zum Bösen verlockenden
Teufel. Immer und überall ist die Dreieinheit, wenn auch
angefuͤhrt erscheinen, sind diese polaren Gegensaͤtze mit ihren apolaren
Ausgleichungen deutlich erkennbar. 8. B. Glutaug und Glanzaug und
Grauseblind, Brenner und Bruͤller und Bebelind, Wettrer und Waller
und Wogenherr, Truͤger und Trugenthuͤller, usw.
18
Dreifache Entwicklung im Raum. Drei Reiche der Natur
unausgesprochen, so doch deutlich erkennbar gezeigt, nämlich
die Polarität zwischen Geistigem und Stofflichen, Gut und
Böse, Licht und Finsternis, Wärme und Uälte, Vater und
Mulier u. s. w. und der apolare Ausgleich darüber als Gött⸗
liches, die Entwicklung, das Werden Fördernde.
Auch eine dritte Dreieinheit der Kräfte fußt auf der Er—
kenntnis der beideinig⸗zwiespältigen Zweieinheit und der aus
dieser sich folgernden dreieinig⸗dreispältigen Dreieinheit, welche
ebenfalls in der „Armanenschaft“ (G.-L.B., Vr. 2, S. LIIff.)
nicht erwähnt werden konnte, und welche nicht minder mit
der zeitgenössischen Wissenschaft im innersten Zusammenhange
steht Ist die erste Gattung dieser Zweieinheiten und Drei⸗
einheiten den Betrachtungen und Erkenntnissen der Seit⸗
eniwicklung gewidmetl, die zweite jener des Werdens
und Waändelus des Stoffes zum All und im All
so gilt die dritte den Betrachtungen und Erkennmissen der
Entwicklung im Raum.
Schon die älteste Symbolik und hieroglyphik bringt dies
durch die einfachsten Zeichen zur Anschauung, und diese waren
der Punkt, die Linie, die Fläche EUreis oder Viereck) und der
Uörper (Augel oder Würfel), welche Entwicklung als die
dresdimenfionalen Ausdehnungen in die
Länge, Breite und Höhe bezeichnet werden, und welche
auch in der Einteilung der sogenannten drei Reiche der Natur
— Willen und der Cat des schaffenden Gottes Zeugnis
geben.
Der Punkt ist die Offenbarung der Gottheit und ist das
„Es werde!“ Es ist der Stoff, die Materie, zu welcher sich
Ler Geist verdichtete, indem er die Stufenleiter der verschiede⸗
nen Aggregatzustände bis zur festen Form derselben herab⸗
gestiegen war und so die Erde in ihren Gesteinsarten Mine⸗
talreich) gebildet hatte. Da nun der Stoff, die Materie, der
m vierten Aggregatzustande verdichtete Geist ist, Geist aber
Leben, Wille, Kraft ist, so muß dem Stoffe — der als Geist⸗
orper felber eine beideinig⸗zwiespältige Zweiheit ist — nicht
2*
20
Ein⸗, zwei⸗ und dreidimensionale Lebensbetätigung
nur Leben, Wille und Kraft innewohnen, sonderner muß
selber Leben, Wille und Kraft sein, wenn auch
nur in latenter Art, versteinert, eingefroren, eingeschlafen,
nicht aber tot. Die lineare Entwicklung aus dem Punkte her—
aus kündet das Erwachen des eingeschläferten Lebens in den
Anfängen der kristallinischen Bildungen im amorphen Ur—
gestein, das in weiterer Entwicklung zur Uristallbildung ge—
langt und in dem Pflanzenreich seine Höchstentwicklung findet.
Trotz der umfangreichen Entfaltungsskala der CLebensäuße—
rungen von der ersten kristallinischen Bildung bis zur ent—
—DDDD
die lineare Richtung gemeinsam, welche wir unbewußtes
Leben nennen, obwohl die „alten Weisen“ auch Gesteine und
Pflanzen als belebte und beseelte Wesen erkannt hatten.“) Wie
wären sonst die Zwergen⸗ und Riesensagen erklärbar, die
Wald⸗ und Moosleute, die Elben und Alfen, Nixen und
Nymphen? Alle jene, erst unserer neuesten gemütlosen Feit,
als leblose unbeseelte Erscheinungsformen des Naturlebens
in aufsteigender Entwicklung geltenden Geschöpfe, sind aber
—
gar wohl erkannt worden; ja sie wußten es bereits, daß diese
niedrigeren CLebewesen ein CLeben in der eindimensiona—
len, linearen Richtung betätigen. Das Cierreich ent—
wickelte sich in der zweidimensionalen Ausdeh—
nung der Fläche, und erst der Mensch erhob sich über die
Fläche zur dreidimensionalen Ausgestaltung in
x) Hakon erwaͤhnt in seinem 1609 zu Muͤnster in 4 erschienenen
Buche: »De viris rebusque frisiae illustr.« Lib. II. eines friesischen
Thruden (Armanen), namens Harko, der uͤber die Seelen der Tiere
ein Buch geschrieben habe. Dies beweist, daß die Armanen,
Thruhten (Druiden) Barden, Albrunen und andere Vielkundige oder
Sages (woraus das franzoͤsische sages — weise entstand) des Schreibens
vohl kundig waren und auch Buͤcher geschrieben haben, was uͤbri⸗
gens schon griechische und roͤmische Schriftsteller bestaͤtigen, wie z. B.
Herodot, IV. cap. 63., J. Caesar, VI. 3. Tacitus: Annales L. IV.
ꝛap. ult., Hist L. IV. cap. 66 und Germania, cap. 11, 12 und 30. —
21
Dreidimensionales Ceben des Menschen
den Richtungen nach Länge, Breite und Höhe,
und gewann dadurch das Herrenrecht über die niedrigeren
Entfaͤltungsstufen der CLebewesen auf unserer Erde. Das ein⸗
dimensionale, lineare CLeben der ersten Gruppe der Wesen des
Mineral⸗ und Pflanzenreiches entfaltete sich nur in der einen
RKichtung (wir sagen heute noch: unbewußt) auf die Erhal⸗
tung ihrer Art, gebunden an einem unveränderlichen festen
Standpunkt. Das zweidimensionale Leben der zweiten Gruppe
der Wesen des Tierreiches entwickelte sich in seiner Lebens—
betätigung schon nach zwei Richtungen, deren eine jener der
ersten Gruppe entspricht, während in der anderen durch die
willkürlich freie Bewegung bedingt, sich das Tier schon selbst⸗
bestimmend Nahrung und Wohnung sucht, vor Gefahren
schützt, aber noch nicht bewußt, aus Erfahrungen der Ver⸗
zangenheit (im Verstande geschichtlicher Uberlieferung) eine
dementsprechende voraussehende Bestimmung für die Aus—
gestaltung seiner Zukunft abzuleiten vermag. Erst das drei⸗
dimensionale CLeben der Menschheitsgruppe begabte diese
nebst den beiden Richtungen der vorhergehenden Gruppe mit
der dritten, welche den Aufstieg zur Höhe ermöglichte, dem
Menschen die Herrschaft über alle anderen Lebewesen seiner
Erde einräumte, indem sie ihn befähigte und damit aber auch
verpflichtete, nicht nur sich selbst und seine Art zu heben und
zu vervollkommnen, sondern auch die Vervollkommnung und
Heredlung der anderen Gruppen der ein- und zweidimensiona⸗
len Lebewesen anzustreben, mit der ihm verliehenen vormund⸗
schaftlichen Gewalt über diese. Wie aber jene dreidimensionale
Einteilung der Lebewesen unserer Erde schon von den „alten
Weisen“ erkannt wurde, und wie sie sich im Leben der Gesamt⸗
menschheit widerspiegelt und zur Einteilung derselben Ver⸗
anlassung bot, das wurde schon G.C. B. Nr. 2, „Armanen⸗
schaft“, Seite 30ff. ausführlich gezeigt. J
Aber noch einer weileren Dreiteilung der Uräfte — die
ebenfalls schon den Armanen wohlbekannt war — muß hier
erwähnt werden; welche Dreikraft sich in die Anzie—
hungskraft, die Schwingungskraft und die Ab—
stoßungskraft auflöst. Durch die Verdichtungsvorgänge
des Stoffes, durch welche die vier Aggregatzustände der Ma—
lerie bedingt wurden, erwachte das Streben gleichartiger Ge—
bilde eines Aggregatzustandes, sich zu kompakten Massen zu
formen, welche einem gemeinsamen Mittelpunkte zustrebten.
Durch den Druck auf diesen Mittelpunkt und durch die gegen⸗
seitigen Seitendrucke der Masse bedingte sich die Schwingung,
welche wieder, zur Abstoßungskraft sich wandelnd, die Mas—⸗
sen vom Mitielpunkte abzudrängen sucht.) Im Zusammen-⸗
wirken dieser drei Kräfte beruht die Entstehung der Himmels—
körper, der Sonnensysteme und ihrer Bahnen im Makro—
kosmos, und in der Menschenwelt, dem Mikrokosmos, die
Entstehung der Stände. Der Anziehungskraft entspricht der
Stand der Ing-fo⸗onen, der Schwungkraft jener der Arma—
nen und der Albstoßungskraft jener der Istfo⸗onen
—0
Nr. 2: „Armanenschaft“, Seite 4eff.). Da nun aber in dieser
Dreikraft alle anderen Dreikräfte sich wiederfinden, so wird
*) Erst mit dem naͤheren Erforschen dieser drei Urkraͤfte und
deren Nutzanwendung wird die Frage der Luftschiffahrt und der Flug—
kechnik endguͤltig geloͤst sein, denn alle bisherigen Luftschiffe und Flug⸗
apparate haben fuͤr die Allgemeinheit keinen praktischen Wert wegen
hres zu großen Kraftaufwandes um relativ unbedeutende Lasten zu heben
uind wegen der dadurch verursachten unerschwinglichen Kosten fuͤr die
Htassenbeforderung von Personen und Frachten. Es wird und muß aber
Jelingen, die sogenannte Schwerkraft in deren positiven und negativen
Teilkraͤfte zu zerlegen und deren Streben zum apolaren Ausgleich be⸗
vußt zu regeln, um beliebig große Lasten heben und durch die Luft in
hestimmter Richtung fortbewegen zu koͤnnen. Die bei der bekannten
Katastrophe der Atlantis erwaͤhnten Luftfahrzenge, die Errichtung der
ingestaunten Zyclopenbauten mit ihren uns raͤtselhaften Auftuͤrmungen
angeheuerer Lasten, die selbst unseren modernsten Hebevorrichtungen
hohnfprechen wuͤrden und manch anderes Raͤtselhafte der Urgeschichte
nenschlicher Technik, sind durch die Annahme, zu erklaͤren, daß den
alten Weisen“ jene Gesetze nicht nur bekannt, sondern auch anwendbar
waren, welches Wissen und Koͤnnen, wie so vieles andere uns verloren
gegangen ist.
22
Natur⸗Ur⸗Gesetz und Menschengesetze
— —
— —
es nicht unschwer zu erkennen sein, wie in der arischen Ur⸗
sprache der Begriff „tri“ ebensowohl die Sahl „drei“ wie
auch den Begriff des „Drehens“ deckt, der zugleich auch das
Schaffen“ bedeutet, und in dem Urheilszeichen, dem „CTrifes“
—8 oder *
als „drehende oder dreifache Zeugung“ seine sinndeutliche
Darstellung fand.
Es ist nicht Aufgabe vorliegender Untersuchung, die eben
besprochenen Dreh⸗ und Dreikräfte in allen ihren Sonder⸗
erscheinungsformen bis ins Einzelne zu verfolgen, da es nur
galt zu zeigen, wie sie sich auch im Leben der Menschheit wie
in dem des Einzelmenschen ebenso nach urewigen Gesetzen —
den Natur-UreGesetzen“ — äußern und folgerichtig
die Renfchheit zwingen, ihre Gesetze zur Rege—
lung ihres Zusammenlebens genau diesen Na—
ur Ur-Gefetzen, sie nachbildend, anzupassen.
Entsprechen die Menschensatzungen, seien sie Familien⸗, Stam⸗
mes:, Volks⸗ oder Staatsgesetze, seien sie Zivil- oder Straf⸗
recht, seien sie einfaches Gewohnheitsrecht, diesen „Natur⸗Ur⸗
Gesetzen“, so erzielen sie das gleichgewogene Glück der unter
solchen Gefetzen CLebenden; weichen jene Menschengesetze aber
hon diesen Natur⸗Ur-⸗Gesetzen, die wir füglich „göttliches Ge⸗
setz/ nennen dürfen, ab, so erzeugt solches Abweichen vom
zöttlichen Gesetze Zwist und Unordnung, welche so lange
währen, bis die Übereinstimmung wieder hergestellt sein wird;
widerspricht aber gar die Menschensatzung jenem gõöttlichen
Gesetz, so ist unheilvolle Verwirrung die Folge, das natur⸗
zemãße Gleichgewicht der Gesells chaftsschidhten Stände)
ennd ins Schwanken, und wird das Gleichgewicht nicht
rechtzeitig hergestellt, so reguliert es sich selbsttätig in krampf⸗
haft zum Ausbruche kommenden Fiebererscheinungen Revolu⸗
onenß, welche der Volkskörper, wenn er noch genügend ge⸗—
24
Das Gesetz ist, das All wird!
sunde Lebenskraft besitzt, besiegen kann, darnach aber erst nach
langem Siechtum gesundet, oder, wenn er diefer Lebenskraft
schon verlustig gegangen ist, solchen Erschütterungen voll—
ständig erliegt. Die Geschichte ist das „Weltgericht“, wenn
man sie als „Geschichtsphilosophie“ zu handhaben versteht,
und auf deren erschütternde Cragik hinzuweisen, mag aͤn
dieser Stelle genügen, wenn man den uralien Armanenspruch
bedenkt, der da lautet⸗)„Das Gesetz ist, das Allwird!“
Das Gesetz aber ist die Rita.
Dieses Erkennen war der Armanenschaft im vollen Um—
fange zu eigen und darauf begründete fie auch ihre hoch⸗
entwickelte Cheogonie und Therofophie, nach welcher Religion,
Recht und Wissenschaft ein Begriff war. In ihrem Lebens⸗
tun erblickten sie die einzig richtige Art der Gottesverehrung,
weshalb sie auch keinen auf Äußerlichkeiten gerichteten Gotles—
dienst hatten, keine Tempelbauten, die nur diesem äußerlichen
Gottesdienst gewidmet gewesen wären, kannten, vielmehr in
ihren Halgadomen alle öffentlichen Versammlungen abhiel⸗
ten, alle Freuden- und Trauerfeste feierten, dort auch ihre
Schulen hielten und das Recht pflegten; und da all diefes
Tun eben Gottesdienst war, so konnten sie sich zur Gotles—
perehrung auch keinen geeigneteren Ort denken als diesen
halgadom. Sie glaubten eben nur das, was sie intuitiv als
wahr erkannten, und dieses Glaubenswissen lebten sie auch
vpollkommen aus.
Nach dem vorgesagten bedürfte es daher eigentlich gar
nicht mehr des Nachweises, daß der Ario⸗Germane sein aͤlt
überkommenes Recht — die „Rita“ — als auf göttlicher
Offenbarung beruhend erkannte und heilig achtete, so heilig,
daß er es mit seiner „Wihinei“ für wesensgleich schätzte und
dessen Befolgung als Gottesdienst betrachtele. Es mag aber
immerhin von Nutzen sein, den göttlichen Ursprung, d. h.
den auf Erkenntnis der Natur-⸗Ur-Gesetze sich
begründenden Ursprung der Rita nachzuweisen,
um auch damit das so oft als Aberglauben gebrandmarkte
25
Göttliche Offenbarung des Gesetzes
Wort: „Göttliche Offenbarung“ auf seine esoterische Be—
deutung hin zu untersuchen.
Der ungeoffenbarte Gott, — der Weltgeist — der jenseits
bon Zeit und Raum noch als Urgeist, als Urkraft, als Ur⸗
willen im Urfyr schwebt, der Eins mit diesem Urfyr war und
ist und sein wird, offenbarte sich durch Verdichtung — als
Weltseele — im Chaos der vier Elemente, die wir schon als
Aggregatzustände der Materie erkannten und die nun sicht⸗
und greifbare Formen angenommen hatten. Als in Urtagen
diese Erkenntnis den Menschen zum Bewußtsein kam, d. h.
als einer der Einsichtigsten derselben nach und nach diese Er⸗
kenntnisse — jedesfalls auf intuitivem Wege — gewann,
nannte er solche Erleuchtung „Offenbarung“, denn die Na—
tur, nämlich das göttliche Walten im Leben der
Natur, lag nun „offen“ und nicht mehr verborgen, sondern
„bar“ (geboren) vor seinem inneren Auge. Der glückliche
Erste, dem diese Erkenntnis „offen wie geboren“ zum Be—
wußtsein kam, hatte vollkommen recht, dies Erkennen ein
gottempfangenes Wissen zu nennen, und wenn Uurzsichtige
— die es zu allen Seiten gab, die heutigen nicht ausgenom-⸗
men — sein dichterisch-esoterisches Bild von der „göttlichen
Offenbarung“ nicht verstanden und meinten, daß Gott per⸗
sönlich in leiblicher Gestalt ihm erschienen wäre, um ihm das
in menschlicher Sprache zu sagen, so müssen wir diese „exoteri⸗
sche Verpersönlichung und Versachlichung“ gelten lassen, als
eine eben so tief gesetzlich begründete Erscheinung, welche als
Spaltung zwischen „Esoterik“ und „Exoterik“ uns zu allen
Zeiten und in allen Religionssystemen in gleicher Weise ent⸗
zegen tritt. Hatte nun einmal die Menschheit in ihren Ein⸗
sichtigsten, den Wissenden — daher Weisen — jene Erkennt—
nishöhe erlangt, so war es ganz selbstverständlich, daß jene
Weisen darnach strebten, ihren Mitmenschen den Weg der Er⸗
kenntnis zu „weisen“, als „wahre Weisheit“ das
Wandeln dieses Weges empfahlen, und damit die „Sitte“
schufen, welcher nachzuleben „sittlich“ war. Dieser Ur—
26
situlib, Richtung, Richten, Gericht, Recht
sprung von „Sitte“ und „sittlich“ kündet uns das Wort
selbst, das als „git uIIh“ von hrabanus Maurus gebraucht
wurde, um das lateinische Wort „morales“ zu verdeutschen.
Das Wort „situlih“ ist nämlich aus vier Urworten gebildet,
und zwar: bi-it-ul Hih; si — Sonne Gimbild des Urfyrs);
it S ist, also: Sonne ist; daher „sit“ (zusammengezogen) —
wahr; ul — Geist; lin Licht; ulih ʒusammengezogen)
Geisteslicht, leuchtender Geist, d. i.‘ Weisheit. Somit das
ganze Wort situlih — wahre Weisheit! Wie weit ist der
zeitgenössische Sinn des Begriffes von „sittlich“, sowie der von
morales“ von dem Begriffe „wahre Weisheit“ entfernt!
Daß mit jener Offenbarung der göttlichen Geheimnisse,
der „Natur⸗Ur⸗Gesetze“, aber auch gleichzeitig der Begriff
des „Rechtes“, nämlich die Erkenntnis der Richtung,
welche der Menschheit als Gesellschaft vorbestimmt war, un⸗
lösbar verbunden ist, das braucht kaum erst besonders her⸗
vorgehoben zu werden, denn es liegt schon in dem Wort—⸗
begriffe des Rechtes, daß die Gottheit die Kichtung
bestimmte und darum auch der Richter sein mußte, so wie
die alten Weisen, diese göttliche Offenbarung verkündend, da⸗
mit naturnotwendig der Menschheit die Kichtung zum
Heile wiesen und darum auch zu deren Richtern ge—
worden waren. Schon in diesem klaren Erkennen der Be—
griffe im sprachlichen Zusammenhange von Richtung,
Kichten, Gericht, Recht liegt die weitere Erkenntnis
dafür, daß die Richter anfänglich noch nicht zu
Rächerngeworden waren, zu welchen sie sich erst in
viel fpäteren Zeiten wandelten, aus welchem durch Jahr⸗
lausende währenden Irrtum sie erst mählich sich zu befreien
beginnen.
Die Armanenschaft hatte es erkannt, daß nach dem
Besetze der Zweieinheit es gut und böse ebenso wie Licht
und Finsternis geben müsse, daß das Gute der Vater des
Bösen und das Böse hinwieder die Mutter des Guten und
umgekehrt sei, da alle Gegensätze im Leben jener allumfassen⸗
27
Richter
den beideinig⸗zwiespältigen Zweieinheit entsprechen, und des⸗
halb konnten fie nur darin ihre Pflicht erkennen, sowohl das
Gute wie auch das Böse richtunggebend zu lenken, um den
apolaren Ausgleich nach der Resultante im Parallelogramm
der divergierenden Uräfte zu finden, um dadurch dem Auf⸗
stieg der Menschheit nach deren Sonnenziel die Richtung zu
geben.
Wenn daher Goethe seinen Mephistopheles Faust auf
die Frage, wer er sei, antworten läßt: „Ein Ceil von jener
Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft“,
und auf Faustens weitere Frage: „Was ist mit diesem Rätsel⸗
wort gemeint d“ die Antwort geben läßt: „Ich bin der Geist,
der stets verneint“, so ist damit jener Polarität der Kräfte,
die in der Zweieinheit liegen, treffsicherster Ausdruck ver⸗
liehen, denn der selbstverständliche Gegensatz ist eben jene
andere Kraft, die stets das Gute will, doch Böses schaffen
muß, die siets bejaht, um die Verneinung hervorzurufen,
um den apolaren Ausgleich, die Resultante des Parallelo—
gramms der Kräfte zu erzielen, welche nach der Fortentwick⸗
lung strebt.
Wie die Menschenseele als jene Dreieinheit erkannt
wurde, gebildet aus der Zweieinheit „Geistseele“ und „Men⸗
schenfeele⸗, deren apolarer Ausgleich die Gottseele ist, wie
deren Lebensäußerungen als Empfindung oder Intuition
Geistseele) und Verstand oder Intelligenz Menschenseele) sich
die Wage halten, um durch die Vernunst oder das Gewissen
Gottseele) ihre Richtung zu erhalten, so waren auch die
Armanen — die alten Weisen — als die Wahrer, Pfleger
und Richter des Volkes diejenigen, welche das Volksgewissen
sichtbar vorstellten, welche dem Volke die Richtung zur Ent⸗
wicklung wiesen, indem sie das Gute wie das Böse im Volks⸗
charakter zum heile zu lenken strebten, wie sie es aus der
Vergleichung (Analogie) mit den natur⸗ur⸗ges etzmäßigen Vor⸗
zängen im Leben des Alls erkennen gelernt hatten. Aus diesen
Verdleichen erkannten sie die erste Stufe der Rechtsprechung,
28
Schiedsspruch, Sühne, Buße, Rache, Urtel, Strafe
des Richtens: den Schiedsspruch, welcher sich auf die
„Schadensgutmachung“, auf „Sühne“ und „Buße“ noch be—
schränkte. Der alte Begriff der Sühne wie der Buße liegt
zuch hier wieder leicht findbar im Worte selbst verborgen:
Sühne, ahd. „suona“ (suon-na) besagt: aus der Sonne,
aus Gott geboren; es galt also, sich versöhnen, d. h. mit
dem Gotte im Menschen sich wieder in Einklang zu ver—
setzen. Ebensolchen Sinn hatte die Buße: ahd. „buoza“ von
buozen“, d. i.: bessern (verbessern), also den verursachten
Schaden wieder gut machen. Aber ähnlichen Wortsinn hatte
auch der ursprüngliche Begriff der „Rache“: ahd. „rahha“
srah — Recht“), ha — verstärkender Ausruf) bedeutet: nach
Recht schreien. Einer, Mehrere oder Viele hatten die „Rich⸗
tung“ verloren und die anderen oder auch sie selbst „schrien
nach Recht“, sie riefen die Armanen als die Richter um
hilfe an, ihnen die verlorene oder vergessene Richtung
wieder finden zu lassen oder, wie es in alten Femformeln
heißt, „das Recht finden zu helfen“. Die angerufenen Arma—
nen suchten nun die verlorene Richtung, das verborgene Recht
und sprachen dann das Urtel (nicht Urteil; Urtel: ur — Ur;
ti — erzeugen; el — Feuer — tel Iti-el] lichterzeugt; Urtel
also: Aus dem Urlicht, d. h. der „Urerkenntnis“, erzeugt, ge⸗—
schöpft), nämlich das im Ur begründete, durch eine Ursache be—
dingte Geschehen suchten sie an der Wurzel zu erfassen, um
aus dieser die weitere Entwicklung zu erkennen, woraus sie die
Mittel zu finden suchten, um die ferneren Wirkungen zum heile
zu richten oder zu lenken. Fanden sie, daß die Handlung oder
Unterlassung, über welche sie urtelten, in ihrer eingeschlagenen
Richtung zum Unheil führen müsse, und dieses weder durch
*) Rachtung * Richtung. 83. B.: Rachtung, lat. Transactio,
bedeutete im alten Deutschen Recht einen Vertrag, in Fehdeangelegen—
heiten und ist gleichsam nichts anderes als eine Richtung, Richtigung oder
Richtigmachung. (Gylmann Tom IV. P. J. Fol. 367) Rachtungsbuͤcher
oder Vertragsbücher, Libri transactionum, Libri recessum judicia-
ium, sind Gerichtsbuͤcher, in welchen die gerichtlichen Vertraͤge und
deren Bescheide und Abschiede protokolliert wurden. Zedler XXX. 494
29
Rita und Wihinei
Sühne noch Buße mehr zu vermeiden war, so griffen sie
zur Strafe (Stra-fe: stra — leer, tot, vgl. „Stroh“; fa —
machen; also: Strafe — leer, tot, unschädlich machen, somit:
vernichten, totschlagen), indem sie das Ubel im Werden zu
hemmen, auszurotten, zu vernichten suchten.
Aus dieser Entwicklung der Begriffe, welche sich in der
Keihenfolge: Richtung, Richter, Gericht, Recht, Sühne, Buße,
Rache Schrei nach Recht), Urtel und Strafe von selbst ergab,
ergibt sich als oberster Grundsatz der Armanen, den Ur—
grund aller Erscheinungen zu erforschen, aus
der Ursache des Geschehenen die Wirkungen
auf das Werdende zu ergründen, um das Su—
künftige, die Schuld zum Heile zu entwickeln
Guido⸗Cist⸗Bücherei Nr. I, S. 8: Ur-Rune); also stets in
der Richtung der Entwicklung, nicht aber umgekehrt nach
rückwärts zu forschen, eingedenk der Nornendreiheit: Urda,
Werdandi, Schuld.
Es wurde schon gesagt, daß die ario⸗germanische Rita,
das Ur⸗Recht der Ario-⸗Germanen, mit deren „Wihinei“ un—
lösbar verbunden war, indem Religion, Wissenschaft und
RKecht ein Begriff war. Daraus ergibt es sich von selbst, daß
die Rita nicht nur das Sittengesetz (Ethik), welches das innere
Verhalten des Menschen regelt und dadurch sein äußeres
handeln zu seinen Mitmenschen in der Familie, in der Ge—
meinde, im Staate in allen Verhältnissen ordnet, umspannte,
sondern auch, daß sie in den Anfängen auch das in sich be—
zriff, was wir heute als Gewohnheitsrecht (ungeschriebenes
Kecht, jus non scriptum) noch teilweise kennen, aus welchem
sich später das geschriebene Recht (jus scriptum) der Rechts⸗
bücher, Rachtungsbücher, Gesetze, Kapitularien u. s. w. ent⸗
wickelte.
Als sich aber im Verlaufe der Seiten der Religions—
begriff vom Rechtsbegriff ebenso trennte wie die Begriffe
Glauben und Wissen, fo daß nunmehr Religion, Wissenschaft
und Recht jedes für sich vereinzelt steht, da verfiel die Rita,
30
Mythe, Märchen, Sagen, Bräuche usw.
welche eben diese drei Richtungen in sich vereinigte, immer
mehr, und eine Zeit drückendster Verwirrung brach an. Da
nun aber keine dieser drei Richtungen für sich allein ohne der
Stutze der beiden anderen bestehen kann, so liegt. es im Natur—
Ur⸗Gesetz tief begründet, daß sie innerlich zur Wiedervereini⸗
Zung draͤngen, wodurch aber ganz selbstverständlich Reibun—
gen entstehen, welche nun auch ihrerseits wieder apolare Aus⸗
zleiche bedingen, die ganz natur⸗ ur⸗gesetzmäßig erfolgen wer⸗
den, weil sie erfolgen müssen.
Dem armanischen Erkenntnissatze zufolge, der da lautet:
„Wer die „Ur“⸗Sache eines Ereignisses zu erkennen vermag,
em bietet auch das Geschehnis selbst — sei dieses ein Übel
der ein Glück — kein unlösbares Rätsel, und daher ver—
nas er Mittel zu finden, das Übel zu bannen und das Glück
zu erhöhen, aber auch Scheinübel und Scheinglück als solche
zu erkennen“,) sei hier der Versuch unternommen, die ario⸗
zermanische Rita von ihrem Ursprunge her wieder aufzu⸗
hauen und in ihrem natur⸗ur⸗gesetzmäßigen Werdegange bis
zu ihrer Verdunklung zu verfolgen, nicht aber rückschauend
aus ihren noch heute fühlbaren Wirkungen ihren Ursprung
aufzudecken.
Nylhen, Märchen und Sagen, teilweise auch einige Reste
von Bräuchen, Meinungen und Gewohnheitsrechten bieten
nach den theogonischen und kosmogonischen Erkenntnissen des
Armanismus die weiterleitenden Glieder zur Aufdeckung der
verschütteten Gänge der Rita, um erst in weiterer Forschung
der Edda sich bedienen zu können, da diese verhäãltnismäßig
sehr jung ist und obendrein schon durch christliche Einflüsse
zetrübt erscheint. Wohl bringt die Edda in ihren Liedern
Jalte armanistische Erinnerungen, diese aber in ihrer jüng⸗
ten Ausgestaltung aus einer Heit, in welcher die Armanen⸗
schaft nur mehr an den versiegenden Resten ihres einstigen
Glanzes sich erfreuen konnte, während sie innerlich schon siech
Ge. L.⸗B. Nr. 1, S. 8 ff.: Ur-Rune.
31
Die Edda ist deutsches, nicht nordisches Erbgut
und altersschwach geworden war. Ist es doch bekannt, daß
die Edda uralte ario⸗germanisch-deutsche CLieder in Über—⸗
setzungen enthält, welche aus Germanien vertriebene Arma—
nen erst nach Island verpflanzt hatten.
Der verdienstvolle Forscher, Direktor Friedrich
Fischbach in Wiesbaden, schreibt darüber in seinem
beachtenswerten Buche: „Asgart und Mittgart“,)
dem folgende umfangreiche Stelle entnommen ist, wörtlich:
„U. Simrock schrieb schon vor fünfzig Jahren, daß die
deutsche Citeratur bis zu Goethes „Faust' nichts besitze, was
ebenbürtig der Edda sei. Er bezeichnet sie als unschätzbares
deutsches Eigentum und Erbgut, wenn auch ihm und den
Germanisten unbekannt war, wo die Edda entstanden. Wohl
entdeckte man einige Spuren in Deutschland, aber im allge⸗
meinen hielt man Island, Norwegen und Schweden für
deren Heimatland. Vur für die Heldensagen der Wölsungen
nahm Simrock die Gegend bei Siegburg an. Durch viele
Unklarheiten blieb die Edda für das deutsche Volk ein Buch
mit sieben Siegeln. Die Rätsel waren nicht durch Scharfsinn
allein zu lssen. Es war nur Zufall, daß die Edda mich
Fischbach) an die Flurnamen meiner Heimat erinnerte.*)
*) Asgart und Mittgart und die schoͤnsten Lieder der Edda, sowie
der Nachweis, daß am Niederrhein die aͤltesten Mythen der Arier (auch
der Griechen) entstanden sind, nebst einer Flurkarte. Von Friedr. Fisch⸗
dach. Verlag K. A. Stauff K Komp., Koͤln. — Beitraͤge zur Mytho⸗
sogie von Friedr. Fischbach. Verlag von A. Baß & Komp., Leipzig.
vx) Ebenso erinnerten sie mich (Guido List) an die Flurnamen
„meiner Heimat“, wie ich solches in meinem Buche: „Deutsch—
RNythologische Landschaftsbilder“, welche im Jahre 1891 er⸗
schienen sind, niedergelegt habe, und welches Buch Schule machte,
ndem eine ganze Reihe von Autoren meist sehr wertvolle Arbeiten
aus dem Bereiche „ihrer Heimat“ veroͤffentlichten. In meinen
Voͤlkernamen Germaniens (GeL.⸗B. Nr. 4) variiere ich dieses
Thema, indem ich statt Flurnamen Voͤlkernamen behandle. Dies
ag beweisen, daß, so sehr Direktor Friedr. Fischbach auch mit
seinen Ausfuͤhrungen recht hat, dennoch uͤber die gesamten arischen
Laͤndereien weit uͤber Europa hinaus, die — sagen wir — mytho—
32
Heimat der Edda
Nach und nach wurde mir zur größten Gewißheit, daß ich das
feltene Glück hatte, dort, wo ringsum die Hochsitze der alt—
germanischen Götter lagen, meine Kindheit zu verleben. Weil
nein Vater als Amtsrichter diesen großen Distrikt verwaltete,
hörte ich oft die auf Karten nicht verzeichneten Flurnamen.ꝰ)
Selbstverständlich ergab die Kenntnis der Copographie viel⸗
tach andere als die bisherigen Deutungen. Asgart und Mitt⸗
zart waren früher nebelhafte Begriffe. Nummehr hat die
Edda nachdem diese Gebiete neu entdeckt sind, realen Unter⸗
zrund. Beachten wir zunächst, wie sie zu uns zurückgekommen
sst: In Island fand' 1643 der Bischof Brynjulf Swendsen
in SFralholt das Manuskript der älteren Edda, das er dem
Saemund Sigfusson, der den Beinamen ,hinn frode“, der Ge—
lehrte, hat und von 1056 bis 133 lebte, zuschrieb. Diese
illere Edda enthält nicht eigene Gedichte Saemunds, sondern
die Viederschrift der im Volke traditionell fortlebenden Hym—
nen und Erzählungen. Die jüngere Edda ist eigentlich nur
ein Rommenilar zur älteren. Sie wurde von Snorri Sturlason
ogischen Uberlieferungen die Namensgebungen beeinflußten. Die My⸗
Hoͤlogie laͤßt sich nicht geographisch an einen bestimmten Punkt der
Irde festlegen, da sie eben in der Esoterik des Armanismus wurzelt,
bwohl sie exoterisch namensmaͤßig die einzelnen Halgadome und deren
Hebiete bestimmte. Darum die zahlreichen Analogien gewisser zusammen⸗
haͤngender Namensgruppen in allen Teilen der arischen Welt.
*) Diese, auf Landkarten nicht verzeichneten (nur auf
Administrativkarten groͤßten Maßstabes erscheinenden Flurnamen sind
es ja eben, die uͤberall auf jenes gan eigentuͤmliche System der Namens-⸗
zebung in Vorzeiten hinweisen, —88 System erst nach und nach klar⸗
jelegt werden kann, da wie gesagt eine ganz bestimmte Reihe von
Ramensformen je eine Gruppe bilden. Derlei Gruppen von regelmaͤßig
sich vorfindenden Namen gibt es sehr viele, und jede dieser ganz bestimmt
mschriebenen Namensgruppen erscheint wiederholt in oft sehr weit
hon Linander abliegenden Weltgegenden. Dieses regelmaͤßige Erscheinen
solcher Namensgruppen zu erforschen und zu systematisieren, soll in einer
pateren NRummer der G.L.⸗B. den Gegenstand der Eroͤrterung bilden,
»bwohl in meinen „Voͤlkernamen Germaniens“ schon die Ursache in
zroßen Zuͤgen klargelegt erscheint.
33
Entstehung der Edda
(1178 - 1233) auf seinem Erbgute Oddi“) in Island, unge⸗
fähr hundert Jahre nach Sagemund Sigfusson verfaßt.“) Die
Besiedelung Islands erfolgte durch die Auswanderung vieler
Familien aus Dänemark und Norwegen, als Harald Har—
fagar tyrannisch die Cehensmonarchie einführte. In Is—
land blieb man bei der, den alten Germanen
so teuren aristokratischen Republik. In dieser
waren drei Thinge. In jedem war ein Hhaupt—
tempel) und ein Heiligtumsvorsteher Godi),
welcher auch die Rechtspflege überwachte. Die
Einführung des Christentums erfolgte nicht durch Zwang,
sondern durch Mehrheitsbeschluß. Wer beim alten Odins-
Glauben bleiben wollte, erhielt nur dann Strafe, d. h. eine
Buße, wenn er öffentlich geopfert hatte. Somit erhielten sich
in Island länger als in änderen Gegenden die uralten reli⸗
giöfen CLieder und Gebräuche. Von Saemund wissen wir nur,
daß er ein gelehrter und weiser Mann war. Der poetische
Name „Säender Mund ist bezeichnend. Die Poesie ist eine
*) Von diesem Gute „Oddi“ wird ebenfalls, aber irrig, der Name
der Edda abgeleitet.
*) Es ist nicht Aufgabe unserer Studie, hier auf die verschiede—
nen Meinungen, uͤber die Entstehungsart der Manuskripte der ver⸗
schiedenen Edda-uͤberlieferungen des naͤheren einzugehen, weshalb hier
ein kurzer Literaturnachweis uͤber die Edda geboten werden soll. Die
kritische Ausgabe der Edda von Sophus Bugge (Christiania 1867) ist
laͤngst uͤberholt und nicht zu empfehlen, weil Bugge zu sehr vom Klassi—
zismus und Christentum angekraͤnkelt, in der Edda nur den Widerhall
zriechischer Moͤthologie und hebraͤisch-christlicher Bibelanschauungen er⸗
blickte. Zu beachten sind: Die erklaͤrende Ausgabe der E. von Luͤning:
Zuͤrich 1839). Symons, die Lieder d. E. Galle 1888); v. Hildebrand
Die Lieder der aͤlteren E.“ (Paderborn 1876); das Glossar dazu von
H. Gering (Paderborn, 1887); Finnur Jonssons „Eddalieder“ Galle
1888/1889); Deutsche uͤberseßungen der E.: Karl Simrock Stutt—
gart 1896, 10. Auflage; B. Wenzel (Leipzig 1883); Wilh. Jordan
Frankfurt a. M. 1800); H. Gering CLeipzig 1892); H. Frhr. v.
Wolzogen, „Edda“ (Leipzig 1876); und die oben angefuͤhrten Edda⸗
Ausgaben Friedrich Fischbachs.
*x*) Halgadom, nicht Tempel!
34
Edda bedeutet: „eh' da“
goldene Saat. Daß er das aufgeschrieben haben
Hll,was Großmütter Gletti) erzählen, ist abzu—
lehnen, denn es handelt sich nicht um Kinder—
märchen Zudem heißen, die Gesetze des Dich—
ens Eddu-Reglur‘; fie beziehen sich also, wie
die gesamte Dichtkunst (Eddu⸗-Cist) auf die he i⸗
ligen Gesänge, die uralt find und das enthal—
en, was „eh' da‘ war.) So wenis die Uberwa—
hunsg der Dichtkunst Aufgabe der Großmütter
ist foa wenig haben sie die Edda verfaßt.“
Snorri Sturlason empfieng seine erste Bildung zu Oddi,
wo Saemund gelebt, und schrieb später das große nordische
Beschichtswerk Heimkringla. Drei bis vier Jahrhunderte
waren verflossen, seitdem die freien Nordmänner nach Is⸗
land geflohen, um sich der Alleinherrschaft Haralds zu ent⸗
iehen Es leuchtet ein, daß in dieser Zeit der traditionelle
Wortlaut der Dichtungen sich besser erhalten hatte, als die
Erinnerung an die ursprüngliche Heimat. Es war ja die Aus⸗
wanderung nach Island nur die letzte Etappe, da schon seit
der gewaltsamen Einführung des Christentums vor und
nach Karl dem Großen“) viele Edlinge nach Norden gezogen
waren. Nach einem halben Jahrtaufend war das Bild des
Wanen⸗Gebietes und der heiligen Berge verblaßt. Die Phan⸗
tasie schuf aus der nordischen Umgebung neue Bilder. Diese
henutzte Sturlason, als er die ältere Edda erläuterte.“
„Es mag kühn erscheinen, altehrwürdigen Deutungen
entgegenzutrelen; aber so unbequem auch diese Umnwertung
pielen sein mag, so steht doch das Eigentum der Hheimat uns
höher als ein noch so ehrwürdiger, von Autoritäten geheilig⸗
——
) G.eL⸗B, Nr. 2, S. 18. Auch der Name der ersten Norn.
„Urda“ hat aͤhnliche Deutung, naͤmlich bezeichnete das, „was zur Ur⸗
zeit da war“: Ur⸗da.
Siehe daruͤber; „Der Tempel zu Rethra und seine Zeit“ von
P. Wigalois, Verlag: Gustav Simons, Berlin-Mariendorf. Eine wich—
cige, sehr verdienstvolle Schrift, die nicht genug empfohlen werden kann.
35
Herkunft der Arier
ter Irrtum. Seitdem wir die Lage von Asgart und Mittgart
kennen, muß Sturlasons Deutung der Mittgartschlange)
verworfen werden. Zudem ist die Edda nur ein KNonglomerat
von Altüberlieferteni. Da und dort sind Widersprüche, Cücken
und Verschobenes.“
Und an gInderer Stelle sagt Friedrich Fischbach: „Die
Hheimat der Edda liegt zwischen der Sieg und der Wupper.
Das mãchtige, schöne Siebengebirge stellt die lieblichen Höhen,
welche im Often die Fluren von Wanaheim begrenzen, sehr
in den Schatten. Die uralte Mittgartschlange, der Rhein,
fließt dort in behaglicher Kuhe, denn die Hügel und Berge
engen die Ufer nicht mehr ein....Erfahren wir jedoch,
daß auf dem rechten Rheinufer, Uöln gegenüber Mittgart
und Asgart lag, so tritt das geistige Schauen in den Vorder⸗
grund . .... Wie langsam bricht sich die Wahrheit Bahn,
Denn allerlei Rücksichten die Verkündigung hemmen! Be—
reits vor fünfsig Jahren bewies KF. Linden—
schmidt, daß die Arier pvon Nord-Westen her
rach Europaund einen Teil Asiens kamen und
das nördliche Afrika besiedelt haben. Sie ka—
men bis nach Indien und gründeten .. .. eine
Kastenherrschaft, durch welche Ursprache, Sit⸗
ten, Kultur'und Mythen getreuer wie anders⸗
wo'gepflegt wurden. Für die vergleichende Sprachfor⸗
*) Es darf nicht vergessen werden, was schon oben bezuͤglich der
vier Elemente als der Aggregatzustaͤnde der Materie ausgefuͤhrt wurde,
daß Surtur als das Urfeuer (Urfyr), Muspilheim als das Reich des
ürfeners (die Waͤrme), Niflheim als das Reich der Kaͤlte Gie Luft),
Authumbla und die Htittgartsschlange als das Wasser und Mir als
die Erdmasse sinndeutlich sich bieten. Die Mittgartsschlange wird die
Erde verschlingen, d. h. der vierte feste Aggregatzustand wird
in den dritten, den fluͤssigen (Wasser) uͤbergehen. Ob nun dieser
eroterisfch fuͤr Wasser erklaͤrte dritte Aggregatzustand der Materie als
Waltmeer oder als der Rhein erklaͤrt wird, ist gleichgiltig, da ja
jede Exoterik vor der Esoterik verblaßt. Siehe Naͤheres daruͤber in
meiner demnaͤchst erscheinenden „Religion der Ario-Germanen in ihrer
Esoterik und Exoterik“.
36
Urorte und Urgebiete
schung und Mythologie ist das vom größten Werte; aber
»Swarein großer Irrtum, Asien als das Hei—
matland der Arier anzusehen.“
Und weiter sagt Friedrich Fischbach: „Nach Bastians
Lehre ist jede Kulturentwicklung in alter Seit innig mit der
landschaftlichen Eigenart verbunden. Wer also die Topo⸗
zraphie der Heimat der Edda nicht kannte und im Nebelgebiete
des Vordens umherirrte, dichtete den alten Göttern sehr viel
Unrichtiges an. Es fehlte ihm der Schlüssel zur Erläuterung.
Wer aber dieses in wenigen Tagen zu bereisende Gebiet
kennt, ist überrascht, in Fluren Schönheiten zu entdecken, die
er früher nicht ahnte. Alle Beweise durch gleichlautende Flur⸗
namen würden hinfällig sein, wenn das Klima nicht ent—
spräche. Wie kann z. B. Island die Heimat der Edda sein,
obschon dort Bäume kaum zimmerhoch werden? Da die Cage
des bon Snorri wiederholt erwähnten alten Asgart in der
Phantasie verblaßt war, schrieb man statt rhenländisch‘ —
grönländisch‘· und verlegte dorthin die Gudrun⸗ und Atlisage!
Wilhelm Jordan war der erste, der diesen Unsinn beleuchtete.“
Sowen Friedrich Fischbach bezüglich des Alters und der
herkunft der Edda, welchen wichtigen Erkenntnissen nur er⸗
gJänzend hinzugefüst sei, daß sowohl die theogonischen wie
die osmogonischen Teile der Edda esoterische Erkenntnisse
in exoterischer Darstellung bieten, und von allen Urorten und
—E gebunden
und mit diesen auf das innigste verschmolzen wurden. Aller⸗
dings ist Uöln solch ein Urort und die Gegend zwischen Sieg
unð Wupper solch ein Urgebiet, weshalb Friedrich Fischbach
leilweise im Rechte ist, die Candschaften der Edda mit dem
Gebiete zwischen Sieg und Wupper und dem Siebengebirge
wesensgleich zu achten. Aber es gibt viele Urge—
biefée und Urorte in Deutschland und
Suropa, an welche in ganz demselben Ver—⸗
stande und mit ganz demselben Rechte die
zleichen Vorgänge zu beobachten sind, wie
37
Alter, Inhalt und Form der Edda
ich solches in Ur. 4 der G.CK.B. erwähne und aus—
führlich begründe. Darin aber liegt ja eben der Beweis,
daß der Inhalt der Edda nicht nur uralt ist,
sondern weit vor die letzte, wahrscheinlich sogar vor die
vorletzte Eiszeit zurückreicht, vor die Seit der letzten oder der
beiden letzten Sintflutzeiten, in welcher Zeit die in Schiffen
Geretteten, dort wo sie Land fanden, sich niederließen, an die
Berge und Fluren die altererbten kosmogonischen und theogo⸗
nischen Erinnerungen banden, und sich als die einzigen Ge⸗
reiteten haltend, ihr Gebiet als das Ursprungsland
des Volkes“, alfo für ein Urgebiet“ erklärten, und die
erste Niederlassung als ihren „Urort“ schätzten. Die uns
erhalten gebliebenen Sagen, Volks-, Orte-, Berg⸗, Wald⸗ und
Flurnamen bestätigen dies. Der Umstand aber, daß alle diese
Sagen⸗ und Namensgruppen in ihren Grundzügen gleich⸗
lamend find und daher auf einen gemeinsamen Ursprung, eine
gemeinsame Quelle unwiderlegbar hinweisen, beweist zur Ge⸗
nüge, bis zur zweifellosen Gewißheit, daß der Ursprung
des Inhaltes (der Theogonie wie der Kosmogonie) der
Edda in ein, selbst geologisch genommen, sehr hohes Alter
zurückgreift, das, in Jahreszahlen auszusprechen, einer sieben⸗
flelligen Zahl bedarf und mit dem Waßstabe unserer noch
heute üblichen historischen Zählmethode nicht in Einklang
zu bringen ist Die Form der Edda, in welcher sie ihren
ehrwürdigen, altüberkommenen Inhalt darbietet, ist freilich
viel, viel jungeren Datums, und wie schon oben gesagt, aus
einer Zeilepoche stammend, in welcher der Armanenschaft
schon die Erkenntnis zu schwinden begann und ihr das Ver⸗
ständnis für manche der tiefen Stellen schon verloren gegangen
war. Das wirkliche Ursprungsland des Inhal⸗
tes der Eddaliegt hoch im Norden, im „Lieblings—
lande Apollos, in dem die Sonne nicht unterging“, wie Hero—
dot die Polarländer der Hyperboräer benennt. Wahrscheinlich
infolge Zeänderter Stellung der Erdachse, waren die Nord—
polarländer derart der Sonne zugekehrt, daß dort ewiger
38
Urheimat der Arier
Tag herrschte und zudem ist es ja geologisch erwiesen, daß
in den Nordpolländern tropische Flora und Fauna bestand.
Als sich aber durch die Veränderung der Erdachsenlage die
Polarländer vereisten, als der „Fimbularwinter“ der Edda
inbrach und nach dessen Vergehen die Flutzeit Sintflut, Dilu⸗
vium) folgte, wodurch die Uontinente und Meere andere Aus—
zestaltung erfuhren, und nach und nach sich der gegenwärtigen
Derteilung von CLand- und Wassermassen näherten, waren
in jener Bildungsperiode der neuen Kontinente auch die Ver—
schiebung der Völkermassen mitinbegriffen. Die von den nörd—
lichen Polarländern verdrängten Arier zogen in meridionaler
Richtung südwärts und retleten so aus ihrem Urlande am
nördlichen Pol das Armanenweistum, die Rita, nach ihren
neuen Wohnstätten. In diesen lebten die dahin sich Geretteten
lange Zeiten isoliert als „Autochtonen“ und erst durch das
Anwachsen der Volksmenge kamen sie mählich mit den an—
deren sich ebenfalls geretteten arischen Völkerwellen in Füh—
lung, und da sie die gemeinsame Rita, die gemeinsame Sprache
verdand, verschmolzen sie sehr bald zu einem einzigen Volke,
obwohl sie in Stämme geteilt blieben, deren jeder sich selbst
für den Urstamm hielt, indem jeder auf seine heiligen Berge,
Walder, Quellen u. s. w. wies, genau wie es Friedrich Fisch⸗
hach in seinem „Asgart und Mittgart“ ausführte, jeder mit
gleichem Recht und mit gleichem Unrecht, denn alle Lokal⸗
erinnerungen und Lokalbennungen sind eben nur die Er—
mnerung an die gemeinsame, im mächtigen Vordpoleis ver⸗
sunkene Urheimat aller.
Und erst nach dieser Erkenntnis können wir zur Edda, als
dem arischen Gemeingut greifen, um in deren theogonischen
n kosmogonischen Liedern die Uranfänge der Rita nachzu⸗
weisen.
In der „Wöluspa“, dem Hauptliede der Edda, das
an Großartigkeit der Anlage und in seinem gewaltigen
Schlusse von keiner Dichtung der Weltliteratur überboten oder
auch nur erreicht werden konnte, weiß schon die „spähende
39
Das Richteramt der Götter
Wala“ in Strophe 5 und 6, sowie in Strophe 27 vom
Kichteramte'der Gsötter zu berichten, indem sie singt
und sagt:
3. Die Sonne von Süden, des Mondes Gesellin,
Zielt mit der rechten Hand die Himmelsrosse.
Zonne wußte nicht, wo sie Sitz hätte,
MNond wußte nicht, was er Macht hätte,
zterne wußten nicht, wo sie Stätte hatten.
Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilige Götter hielten Rat,
der Nacht und dem Neumond gaben sie Namen,
hießen Morgen und Mitte des Cages
—E
27. Da gingen die Berater zu den Richterstühlen,
Hochheilige Götter hielten Rat,
Hbedie Afen follten Untreue strafen
Hder alle Geiter Sühnopfer empfahn.
Damit ist also schon der Nachweis erbracht, daß die
Götter, noch bevor der Menschheit Erwähnung
geschieht (Wöluspa 17), ihre Richterstühle bestiegen hatten,
fie also schon des Richteramtes walteten, das sie selbstverständ⸗
lich auch auf die Menschheit ausdehnten, und zwar durch die
Armanenschaft, welche das lebende Gewissen des Volkes dar⸗
stellte, wie oben gezeigt wurde.
Aber nicht mur in der „Wsluspa“ findet sich diese Er⸗
innerung an den göttlichen Ursprung des Rechtes, sondern
auch in den eddischen Liedern „Wegtamskwidha“ und
„Chrymskwidha“, ferners in der jüngeren Edda, in der
Gylfaginning“, 14, 32 und 42, ebenso in „Bragarödhur“
Bragareden), wie in der Skalda (cap. 35: „Cokis Wette
mit den Zwergen“). In allen diesen Stellen erscheint das
Richteramt der Götter — und das ist hochbedeutsam! —
als eroterisch verschleiertes Natur⸗Ur⸗Gesetz, nach welchem
*) Nachmittagsstunde. „Unterzech“ hieß im Mittelalter die Nach⸗
mittagsmahlzeit, die wir heute I snenhen. Under wurde spaͤter zur
Vesperzeit, zum Vespern.
10
Göttliches Recht, Natur⸗Ur-Gesetz, Menschliches Recht
die Götter, jenseits der Menschenwelt, die Weltordnung
schaffen und richten und lenken.
Um nun aber den Ubergang von diesem „göttlichen
Vecht“, dem Natur-Ur-Gesetz, zum „menschlichen
Recht“ zu finden, das also notwendig auf göttlicher Offen⸗
barung beruhen muß, und, um diese Verbindung und Ab⸗
leitung begreifbar zu machen, ist es vor allem notwendig, aus
jenen oben erwähnten Urgebieten die Stammsagen heraus—
zugreifen, um in diesen Sagen jene Ableitung und Verbin—
dung des Menschenrechtes vom göttlichen Rechte nachweisen
zu können.
Die Urvölker künden sich sagenmäßig stets
als erdentsprossen oder namensmäßig als
solche an; wie z. B. die Sachsen samt ihrem erflen König
Askanius (Ask — Entstehung, die Esche, der erste Mann) aus
dem Harzfelsen herausgewachsen sein sollen und sich die „Sas—
sen“, d. i. die Seßhaften nannten, während die einge—
wanderten Völker hinwiederum ihre Wander—
sagenbewahrten, wie die Helvetier Helvetsen) Lango—
barden u. s. w. Erstere waren die Ing-fo-onenvölker, letztere
wurden es erst aus Ist-fo⸗onenscharen (G.C.«B. Vr. 1,
Seite 31, NVr. 2. Seite 4'eff.. Ebenso die Urorte. S. B.
Speyer, welches die Sage bewahrt, daß ihr Gründer
„Trevierus“ ein Sohn des Mannus und Enkel des Tuiskfo
gewesen sei, weshalb Speyer für die älteste Stadt in Deutsch—
land sich hielt. Ihr Name „Speyer“ aus spyra (Sa — Sonne
oder Heil, pyr — Feuer, Urfyr, und ra — hervorkommen,
also: aus dem Sonnenheilsfeuer entsprungen) deckt sich mit
dem Namen „Crevierus“ (tre, tri — Drehung, Drei; vier —
kyr ⸗ Urfyr, also: drehendes oder schöpfendes Urfeuer; denn
beide bedeuten: „feuergeboren“, also „urerzeugt“. Dazu die
weitere sagenmäßige Meinung, die Stadt reiche zurück bis
auf Noas*) Feiten, also bis zur Feit nach der Sintflut, in
*) Der biblische Noa deckt sich mit dem Njord (Nord) der Edda.
41
Sage von der Entstehung des Friesenrechtes
welcher sich die Fluten verloffen hatten und durch das Sonnen⸗
feuer die Wasser verdunstet waren, wodurch der Boden be⸗
wohnbar geworden war, bestätiget sie als Urort. Viele solcher
Beispiele ließen sich erbringen, doch sei wegen dieser auf
G.⸗“C.«B. Nr. 4 „Völkernamen“ verwiesen. Die Friesen,
welche dem Sachsenstamme angehörten und nur nach ihrer
westlichen Lage am Meere, nach dem Sonnenuntergang Efri
— vergehen, si — Sonne, also die vergehende Sonne) „Frisi“
genannt wurden, bewahrten eine sehr ausführliche und lehr⸗
reiche Stammsage darüber, wie sie ihr Recht gefunden hatten.
Die bahnbrechenden, unübertrefflichen Gebrüder Grimm ver—⸗
zffentlichen in ihren „Deutschen Sagen“ über den göttlichen
Ursprung des Friesenrechtes, nach der Ausgabe des „Alt⸗
friesengesetzes, odit. Wierdsma J., Seite 101 - 108“ folgende
Sage:
Als König Karl aus Franken und Uönig Radbod aus
Dänemark im Friesenlande widereinander stießen, besetzte
jeder seinen Ort und sein End im Franekergau mit einem
heerschild, und jeder sagte: das Cand wäre sein. Das wollten
weise Leute sühnen, aber die Herren wollten es ausfechten.
Da suchte man die Sühne so lange, bis man sie endlich in
die Hand der beiden KRönige selber legte: „Wer von ihnen
beiden den anderen an Stillschweigen überträfe, der sollte ge⸗
wonnen haben.“ Da brachte man die Herren zusammen. Da
standen sie ein Etmal (Heit von Tag und Vacht) in der
Runde. Da ließ König Karl seinen Handschuh fallen. Da hub
ihn Uönig Radbod auf und reichte ihn Uönig Karl. Da
sprach Uarl: „Ha, ha, das CLand ist mein“, und lachte; darum
hieß sein Ort hachensee. „Warum“?“ sprach Radbod. Da
sprach Karl: „Ihr seid mein Mann worden.“ Da sprach
Radbod: „O wach“ (o weh); darum hieß sein Ort Wachen⸗
see. Da fuhr König Radbod aus dem Cande und Lönig
arl wollte ein Ding (Thing, Gericht) halten; das vermocht'
er nicht, denn so viel lediges Landes war nicht da, darauf
er dingen konnte. Da sandte er in die sieben Seelande und
42
Sage von der Entstehung des Friesenrechtes
hieß ihnen, daß sie ihm eine freie Stelle (herrenlosen Candes)
zewönnen, darauf er möchte dingen. Da kauften sie mit
Schatz und mit Schilling Deldemanes. Dahin dingte er und
lud die Friesen, dahin zu ihm zu fahren und sich ihr Recht
zu erkören, das sie halten wollten. Da baten sie Frist zu ihrer
Vorsprechung. Da gab er ihnen Urlaub. Des anderen CTages
hieß er sie, daß sie vor das Recht führen. Da kamen sie und
erwählten Vorsprecher, zwölf von den sieben Seelanden. Da
hieß er sie, daß sie das Recht erkörten. Da begehrten sie Frist.
hes dritlen Cages hieß er sie wiederkommen. Da zogen sie
Notschein (beriefen sich auf gesetzliches Hindernis), des vierten
Tages ebenso, des fünften auch so. Dies sind die zwei Fristen
uns die drei Notscheine (scheinende, erkennbare Not, Zwang),
die die freien Friesen mit Recht haben s ollen. Des sechsten Ca⸗
zes hieß er sie Recht kören Da sprachen sie, sie könnten nicht.
da sprach der König: „Nun leg' ich euch vor drei Kören,
was euch lieber ist: daß man euch töte? oder, daß ihr alle
eigen (leibeigen) werdet d oder, daß man euch in ein Schiff
zebe, so fest und so stark, daß es eine Ebbe und eine Flut mag
qusstehen, und das sonder Riem und Ruder und sonder Tau?
Da erkoren sie das Schiff und fuhren aus mit der Ebbe, so weit
weg, daß sie kein Land mehr sehen konnten. Da war ihnen
leis zu Mut. Da sprach einer, der aus Wittekinds Geschlecht
var, des ersten Afegesen Gichters): „Ich habe gehört, daß
unser Herre Gott, da er auf Erden war, zwölf Jünger hatte
und er selbst der dreizehnte war, und kam zu jedem bei be⸗
schlossenen Türen, tröstete und lehrete sie; warum bitten wir
nicht, daß er uns einen dreizehnten sende, der uns Recht lehre
und zu Land weise?“ Da fielen sie alle auf ihre Unie und beteten
nislich. Da sie die Betung getan hatten, sahen sie einen
dreizehnten am Steuer sitzen und eine Achse auf seiner
Achsel, da er mit ans Cand steuerte, gegen Strom und
Wind. Da sie zu Land kamen, da warf er mit der Achse auf
dae Cand und warf einen Er dwasen gauf. Da entsprang
a ein Born, davon heißt die Stelle der Achs enhof. Und
45
Die kalische Lösung dieser Sage
— ——
zu Eschweg kamen sie zu Land und saßen um den Born her⸗
um, und was ihnen der dreizehnte lehrte, das nahmen sie zu
Kecht an. Doch wußte niemand, wer der dreizehnte war; so
gleich war er jedem unter ihnen. Da er ihnen das Recht ge⸗
diefen hatte, waren ihrer nur zwölf. Darum sollen in dem
Cand allzeit dreizehn Asegen sein und ihr Urteil sollen sie
fallen zu Achsenhof und zu Eschenwege, und wenn sie entzwei⸗
prechen (verschiedener Meinung sind), so haben die sieben die
sechs einzuhalten. So ist das Candrecht aller Friesen.
Diese bedeutsame Sage muß aber erst durch die „Nala“
siehe G.C.B. Nr. I, Seite 30— 838 ff. 53; Nr. 2, Seite 53
bis 54, 60) erklärt werden, denn der Wortlaut ist Täuschung
für Uneingeweihte. Unter den beiden Königen ist weder der
Frankenksnig Uarl der Große Slactenaere), noch der Friesen⸗
herzog (oder König) Radbod zu verstehen, sondern kalisch ge⸗
borgen: Karl⸗ (kar“ eingeschlossen, verschlossen; „ol“
— Veist; alfo der Gewaltige, der den Geist unterdrückt)
und Radbod („rad“ — Recht, „bod“ gebieten, also: das
zebietende, das zwingende Recht). Beide Gegensätze standen
sich schweigend — zuwartend — gegenüber. Da ließ der Ge—
walihaber den Handschuh fallen, das bedrängte, aber doch
zwingende Recht hob ihn auf. Das ist ein ario⸗germanisches
Weistum und läßt vier Deutungen zu.
*) Aus diesem „Karol“, dem maͤchtigen Bezwinger und „Herrn“,
wurde fpaͤter, worauf noch zuruͤckgegriffen wird, der Frankenkoͤnig Karl,
sdewie aus jenem „Radbod“, dem gebietenden pder gebotenen Rechte
spaͤter „Roland“ — das „Landrecht“ wurde. Beide Personifikationen
tanden 'sich als polgre Gegensaͤtze gegenuͤber, wie Winter und Sommer,
Tag und Nacht, Kaͤlte und Hitze, Truͤger und Trugenthuͤller, Boͤsewirk
und Breithut, Grauseblind und Glanzaug u. s. w. — Es ist ein bewußtes
Taͤuschungsspiel der Kala, historische Personennamen zu Decknamen ver⸗
falter Begriffe zu waͤhlen, um verborgenen Sinn vor Uneingeweihten
sicherer zu wahren. Allerdings verursachte solches Vorgehen gar manche
Irrungen dadurch, daß man — mit den Gesetzen der Kala nicht ver⸗
craut sich lediglich an die Namen der historischen Personen klammerte
und nicht beachtete, daß diese gar nicht gemeint waren.
Handschuh, behaben, Hachense
. Die Abergabe mit dem Handschuh war sächsischer
Kechtsbrauch“), und wem der KRönig seinen Handschuh über—
zab, der war dadurch mit der höheren Gerichtsbarkeit be—
lehnt und eingefestet. So wurde der Bischof von Paderborn
pom König Heinrich II. mit seinem Bistum belehnt **) 2. Der
handschuh war Sinnbild oder Kennzeichen des Münzrech-
tes.?x) 3. Auf Freiungssteinen wurde ein handschuh (oft auch
ein Beil mit abgehauener Hand) eingemeißelt, um anzudeuten,
wie weit sich die Freiung erstrecke.) 4. Der hingeworfene
oder auf Speeresspitze überreichte Handschuh galt als Heraus⸗
forderung zum Uampf und hieß, wenn er aufgehoben wurde,
das Rampfpfand, das durch den Kampf eingelöst wer—
den mußte.
Die Gewalt „behabte“ (handhabte) das Recht und der
Wahrer des Rechtes hob den Handschuh auf, indem er sich
mit der Gerichtsbarkeit belehnt wähnte; aber die Gewalt
sagte: „Hachense“ (nag — eingeschlossen wie car], enss —
einzig, mächtig), womit er das schon im Namen „Karol“ an⸗
zgedeutete aussprach. Jetzt erkannte der Rechtswahrer Kadbod)
*) Urkunde v. J. 1088 inter privileg. Hamburg en. 33. „Publice
actum est, super feliquias nostras, cum Chirotheca, sicut mos
ast libris Saxonicis, traditit.“
**) Henricus Rex, Meinwercum advocaverit, et consueta
benevolentia eum arridens S umto Chirotheca: accipe, ait
quo quid accepturus esset, perdinctate, Episcopum, inquit rex,
Patherprunensis ecclesiae. Vita Meinverci, 8 16 Leibnit Tom. I.
Sete.Schtsches Landred 5
*xx) Saͤchsisches Landrecht II. Art. 26. — Allemann. Landre
cap. 186 88, 15, 16. „Nieman en muz keinen Markt noch eret
— —2
kung (Koͤnig) sinen Hantschu durch recht darzu senden zu bewisene
daz ez ßw wite *8
) Z. B. in Wien, auf der alten „Freiung“. Noch heute wird
vom Volke in Wien der Spottruf — —9* bei p n am
Stein!“ Das Schottenkloster wurde auf der alten Freiung 1086 gebaut.
Hatte der Verfolgte den Stein dieser alten Freiung erreicht, so war
er geborgen; das klingt unverstanden in jenem Spottruf auf Drohungen
nach, und will sagen: „Ich fuͤrchte mich nicht; du kannst mir nichts tun.“
3
Wachense, Schatz, Schilling, Deldemanes, usw.
den Irrtum; er sagte: „Wachense!“ (wach, uach, uak, ak —
wachen, bewahren, kätig sein; ense — das Einzige, Große)
und wich vor der Gewolt aus dem Cande. Die Gewalt- und
Zwingherrschaft wollte dingen, aber ohne Rechtswahrung
hermochten die Richter kein Recht zu finden. Sie forderten
die zwei Erstreckungsfristen und die drei Notscheine und auch
dann noch blieben sie stumm. Aber auch nur auf freiem,
herrenlosen Boden konnte ein Ding stattfinden (an einem
halgadom). „Mit Schatz und Schuling kauften sie Delde⸗
manes.“ Das ist abermals Kala. „Schatz“ ist das Geschaffene,
aber auch der Schöpfer oder Schöffe, der das Urtel schafft
nicht schöpft, wie man Wasser schöpft!) und „Schilling“ ist
der Zeugling, das Gezeugte, aber auch ein Richter (stillen,
richten, aber auch Schellen; darum ist die Schelle die Hyro⸗
glyphe für Richter). Deldemanes, löst sich auf in: ti-el-de-
anos und deutet sich nach der Uala: ti — zeugen, s chaffen,
erschaffen; el — Feuer; de — da; manes — Mond; das
will sagen: „seugen das Ticht (des Rechtes) unterm
Mond“e, also in der Nacht. Der verhehlte Sinn ist der:
Nachdem das gebotene Recht, Gadbod) außer
CLandes gegangen war, so versammelten sich
Schöffen und Richter zur Vachtzeit, um das
Licht des Rechtes bei Racht zu wahren, da es
ihnen bei TCag verwehrt worden war.“ Darum
hlieben sie vor dem Gewalthaber stumm und konnten das
Kecht nicht kören.
Im schwachen Schiff, ohne Riemen Kuder), Ruder
Steuer) und Tau, ließen sie sich von der Ebbe in's Meer
treiben; d. h. die zwölf Asegen überließen sich dem Vatur—
—D—
die at — Rune), verlrauend der göttlichen hilfe. Diese
fanden sie, denn der dreizehnte Radbody gesellte sich ihnen zu,
nd fuhrle sie „die Achse auf der Achsel nach Achsenhof und
Eschweg⸗, nachdem er mit der Achse den „Erdwasen“ auf⸗
Feworfen halte, dem ein Born entsprang. Diese besonders
16
LX ask, dreizehen, sieben, sechs, Erdwasen
kennzeichnende Stelle hebt in steter Steigerung viermal „Achs“
hervor, verbunden mit „Erdwasen“, und zwar in folgender
Reihenanordnung: „Achse“, „Achsel, „Erdwasen“, „(Achs⸗)
Born“, „Achshof“ und „Achsweg“ (Eschweg): Achs —
ask — Entstehung. — Viermal Achs — fyr-ask — Feuer—
entstehung oder Urentstehung aus dem Urfyr oder Gott. —
Achsel — ask-el — Entstehung des CLichtes. — Erdwasen
— das Wesen der Erde, deren Verwesung oder Verwaltung.
— Born — Ursprung, Brunnen, geboren. — Achshof —
ask-haag — die hegung des Entstandenen. — Achsweg —
ask-uag — die Bewegung, Wandlung des Entstandenen,
Leben.
Die Lösung dieser Verkalung ist: »Aus dem Urfyr
Gott) entstand das Urlicht (des Rechtes, Natur-Ur—⸗
Gesetz), als das waltende Wesen der Erde Mensch—
heit) aus der Erde geboren; es wurde gehegt
und bleibt lebendig.“
Des ferneren ist noch zu beachten, daß niemand wußte,
wer der dreizehnte war, der immer einem jeden unter ihnen
glich. Das erklärt sich unschwer durch das, was eingangs über
die göttliche Offenbarung gesagt wurde. Er war der apolare
Ausgleich zwischen Intuition und Intelligenz, die Gottseele,
das Gewissen, das eben immer nur das „Gewisse“, das
RKichtige“, das „KRichtiggebende“ sagt. Wenn bei geteilter
Meinung die Asegen „entzweisprechen“ und die „sieben“ die
„sechs“ einhalten sollen, so besagt dieses: Sieben ist die
Sonnenzahl, die Sonne ist das lebendige Sinnbild des Urfyrs,
also Gottes; sechs (sexual!) die Zahl des Geschaffenen, des
Alls; d. h.: Das Menschliche hat zu schweigen,
wenn das Göttliche das Urtel spricht. Das will
sagen, daß vor dem göttlichen Rechte das
menschliche Mitleid verstummen muß.
Stellen wir somit die Ergebnisse der in der Sage enthal⸗
lenen verkalten Mitteilungen zusammen, so ergab sich eigent⸗
lich die Schilderung der Entstehung der Feme, indem das
47
Feme, das Recht der Tiere
schon bestandene Recht, das „gebotene Recht“ durch einen Ge⸗
walthaber, der immerhin der Frankenksönig Karl gewesen
sein mag, vergewaltigt und unterdrückt wurde. Die alten
Femanen — die Sage nennt sie Asegen —, waren verstummt,
Iber wahrten und pflegten ihr Recht bei scheinendem Mond
zur Nachtzeit „verhehlter Weis“. Dieses alte Friesenrecht,
das aus dem Urfyr als Urlicht des Rechtes, dem Natur⸗Ur⸗
Gesetz gezeugt und von der Erde, der Menschheit geboren
worden war, das hatten sie treu gehegt und lebendig erhalten.
Da von König Karl nicht mehr gesprochen wird, so geschah
diese Hegung des Rechtes gegen seinen Willen, heimlich in
verhehlter Weise — als Feme. — Von dieser wurde das
Kecht gepflegt und erstarkte zum Gewohnheitsrecht, das
sich standhaft dem geschriebenen Rechte gegenüber behauptete
und trotz aller Vergewaltigung späterer Zeiten nicht unter⸗
drückt werden konnte.
Daß diese Mitteilung — wohl in verkalter Form, aber
doch! — als Einleitung dem Friesenrecht einbezogen wurde,
zeigt, daß die Wissenden das verkalie Geheimnis in der hohen
heimlichen Acht wohl geborgen und die Überlieferungen treu
bewahrt hatten.
Uwiderleglich ist aber in dieser Überlieferung der Nach⸗
weis erbracht, daß das Recht göttlichen Ursprunges sei,“)
das heißt aus der Gleichung mit dem intuitiv erkannten Na⸗
tur⸗Ur⸗Gesetz entsprungen ist.
Es wurde schon oben bemerkt, daß im Armanismus die
Erkenntnis erreicht war, daß es im All nichts Unbelebtes
zibt, und daß die Armanen es gewußt hatten, daß Gesteine
und Pflanzen als beseelte und belebte Wesen zu betrachten
seien, und besonders Ciere — als zweidimenfionale Lebe⸗
vwesen — wohl unter der Herrschaft des Menschen durch den
Allwillen gestellt seien, aber eben deswegen die Menschheit
*) Vergleiche die sehr verdienstliche Schrift Professors Dr. Georg
Frommhold: „UÜber den Einfluß der Religion auf das Recht der Ger⸗
manen.“ Greifswald, Julius Abel, 1908.
18
Wuotanistisch⸗Mystisches in der KUarlssage
durch denselben Allwillen verbunden wurde, die Vervoll⸗
kommnung und Veredelung der unter ihre Vormundschaft
zestellten Lebewesen anzustreben. Und auch diese Erkenntnis
bildete sich zu Rechtsformen aus, welche sich gleichfalls in
sagenmäßigen Überlieferungen erhalten haben.
Infolge des bekannten Briefes, den Papst Gregor der
Große (590 - 600) an den Abt MWellitus von Canterbury, be⸗
treffs der Christianisierung der Engländer gerichtet hatte,“)
wurden die Namen, Attribute und sonstigen Heiligtümer
der Asen auf christliche Heilige, auf CTeufel oder auch auf
Helden und Herrscher übertragen (siehe G.CL.-B. Vr. 2,
Seite 52 und 64, ebenso in meiner Schrift „Der Ubergang
bom Wuotanisnius zum Christentum“, über: LKalander)
und so auch in hervorragender Weise auf den
Frankenkönig Karl, der ja der Römerkirche so unschätzbare
x) Mone, Geschichte des Heidentums ⁊c. II. pg. 405. (Papst
Gregor gu den Abt Mellitus v. Canterbury.) Saget dem Augustinus, zu
welcher uͤberzeugung ich nach langer Betraͤchtung uͤber die Bekehrung
der Englaͤnder gekommen bin: daß man naͤmlich die Goͤtzenkirchen bei
jenem Volke ja nicht zerstoͤren, sondern nur die Goͤtzenbilder darinnen
dernichten, die Gebaͤude mit Weihwasser besprengen, Altaͤre bauen und
RKeliquien hineinlegen soll. Denn sind jene Kirchen gut gebaut, so muß
nan sie von Goͤhendienste zur wahren Gottesverehrung umschaffen, damit
bas Volk, wenn es seine Kirchen nicht zerstoͤren sieht, vom Herzen seinen
Irrglauben ablege, den wahren Gott erkennen und um so lieber in den
Staͤtten, wo es gewoͤhnt war, sich versammle. Und weil die Leute bei
hren Goͤtzenopfern viele Ochsen zu schlachten pflegen, so muß auch diese
Sitte zu irgend einer christlichen Feierlichkeit umgewandelt werden. Sie
sollen sich also am Tage der Kirchweihe oder am Gedaͤchtnistage der
heil. Maͤrtyrer, deren Reliquien in ihren Kirchen niedergelegt werden,
zus Baumzweigen Huͤtten um, die ehemaligen Goͤtzenkirchen machen, den
Festtag durch religioͤse Gastmaͤhler feiern, nicht mehr dem Teufel Tiere
pfern, sondern sie m dobt Gottes zur Speise schlachten, dadurch dem
Geber aller Dinge fuͤr ihre Saͤttigung zu danken, damit sie, indem ihnen
einige aͤußerliche Freuden bleiben, umso geneigter zu den innerlichen
Freuden werden. Denn rohen Gemuͤtern auf einmal alles abschneiden,
st vhne Zweifel unmoͤglich, und weil auch derjenige, so auf die hoͤchste
Stufe steigen will, durch Tritt und Schritt, nicht aber durch Spruͤnge
in die Hoͤhe kommt.
49
Wuotanistisch⸗Mythisches in der Karlssage
Dienste geleistet hatte, und dafür aber auch von dem dankbaren
Rom als der „Große“ bezeichnet wurde. Nach dem Aus—⸗
klingen der arischen Göttermythe ersetzte das deutsche Helden—
lied durch Vermenschlichung der Götter die früheren Götter⸗
hymnen, und so entstand auch unter diesem Einflusse das
Geschichtswerk Curbins „Vita Caroli Magni et Rolandi“
(1095), in welchem alle alt⸗arisch⸗mythischen Erinnerungen
auf Karl übertragen wurden. Es ereignete sich das Satyr⸗
spiel im Ringe der Weltliteratur, daß der Frankenkönig Karl
der Große — Slactenaere Sachsenschlächter) mit Beizeichen
und Taten Wuotans ausgestatte wurde, dessen Kult er doch
mit Feuer und Schwert, Bann und Henkerbeil zu vernichten
sich unterfangen hatte. So kam es, daß auch sagenmäßig auf
ihn viele Züge aus der Wuotansmythe übertragen wurden,
welche sonft nicht schriftlich aufbewahrt erscheinen. Aus der
großen Zahl derselben möchten wir eine Sage an dieser
Stelle hervorheben, welche berichtet:
„Als Uaiser Karl zu Zürich in dem Hhause, genannt
zum Loch? wohnte, ließ er eine Säule mit einer Glocke oben
und einem Seil daran errichten, damit es jeder ziehen könne,
der Handhabung des Rechtes fordere, so oft der König am
Mittaͤgsmale siße. Eines Cages nun geschah es, daß die
Glocke erklang. Die hinzueilenden Diener aber fanden nieman⸗
den am Seil. Es schellie aber von neuem in einem weg. Der
Kaiser befahl ihnen nochmals hinzugehen und auf die Ur—
sache acht zu haben. Da sahen sie, daß eine große Schlange
sich dem Seile näherte und die Glocke zog. Bestürzt hinter⸗
brachten sie das dem Kaiser, der alsbald aufstand und dem
Tiere, nicht weniger als den Menschen, Recht sprechen wollte.
Nachdem sich der Wurm ehrerbietig vor dem Fürsten ver⸗
neigie, führte er ihn an das Ufer eines Wassers, wo auf
seinem Neste und auf seinen Eiern eine übergroße Kröte saß.
Uarl untersuchte und entschied der beiden Tiere Streit derart,
daß er die Uröte zum Feuer verdammte und der Schlange
Kecht gab. Dieses Urtel ward vollstreckt.“
50
Das Recht der Ciere
Eine andere Sage weiß zu berichten, daß an demselben
Glockenstrang ein alter Schimmel zog, weil ihn sein un—⸗
dankbarer Herr verstoßen hatte, als er dienstuntauglich
wurde, und welchem der König ebenfalls zu seinem Rechte
verhalf.
Aber nicht nur sagenmäßig ist es nachgewiesen, daß die
alt⸗arische Rita Cieren und selbst Pflanzen und Steinen ihr
Kecht gewährte, und dieses sogar gegen Menschen, sondern
auch mittelalterliche Gerichtsakten bewahren davon Uunde,
wie dieses hochentwickelte Rechtsgefühl selbst in der Gerichts⸗
pflege seinen Ausdruck fand und betätigt wurde.
Ein Beispiel mag dafür den Beweis erhringen:
„Anno Domini 1519, am St. Ursula⸗Tag ist für Wil—
helni von Haßlingen, Richter zu Glurns und Mals kommen
Simon Fliß ob Stilfs und hat angezeigt, wie er von wegen
der Gemeinde Stilfs ein Recht zu führen willens sey gegen
den Mäusen, so genannt seyend Cutmäuse, wie Recht sey.
Und damit dieselbigen Cutmäuse in sollicher Rechtfertigung
nach Ordnung ihre Nothdurft fürbringen mügen, so seynd
sie eines Procurators nothdürftig. Begehren sie, dass der
Kichter ihnen ein Procuratorn von Obrigkeit wegen setzen
soll, auff dass sie sich nit zu beklagen han. Auff solliches Für⸗
hillen hat der Richter genannten Cutmäusen auff Stilfs nach
Ordnung Rechtens einen Procuratorn gesatzt, als Hanßen
Grieneber, Burgern zu Glurns, dem er solliche Gewalt geben
und nach Ordnung des Gerichts bestätigt hat, auch ist umb
das Siegel gebeten worden in Gegenwart Sigmunden von
Tartsch, Hanßen Hafners und Conraden Spergsers. Hienach
hat mehrbemeldter Simon Fliß von wegen der Gemein Stilfs
ider die Culmause auch einen Procurator gesetzet, nähmlich
den Schwarz Minig zu Tartsch und haben darum den Richter
mnib den Insiegel gebeten in Beiseyn vorbemeldter Zeugen,
darauff dann ein Rechtstag angesetzet, als am Mittwochen
F s. Simon und Judas, der Zwölffbothen obgesagten
ahrs.
51
Das Recht der Tiere
Ahundtschafftsrecht am Mittwochen nach
A
bothen Anpo Domini 1520.
Richter: Conrad Spergser, Rechtssprecher: Hanß Hafner,
Casper Metzger, Millner von Lichtenberg, Stoffl Frey, Valtin
Carcher, Martin Lechtaler, Adam von Pojadt, Fliri Peter,
Cuzi Hhanß Feyrabendt, Jeremias von Prad.
Minig von Tartsch, als Procurator der gantzen Gemeind
Stilfs, hat zu verstehn geben, wie er als Procurator der Ge—
meind Hanßen Grienebner als Procurator und Gewalthaber
der unvernünftigen Thierlein, genannt Cutmäuse, auff dysen
Tag Uhundtschafft zu verhören zu wissen gethon und fuer—
zebothen: worüber gesagter Grienebner herfürgetreten und
als Procurator der genannten Cutmäuse in's Recht gedingt.
Darauff hat Minig Waltsch als Sulden bekennt und geseit,
wie dass ihme wohl wissend sey, dass er ungefährlich bei acht⸗
zehn Jahr in Sulden gehaust hab, da sey er ein⸗ und auß⸗
gangen über die Stuck und Güther der Wiesen der gantzen
Gemeind Stilfs: da hab er allzeit gesehn, dass die Cutmäus
ihnen daselbs merklich groß Schaden thon haben an Auf—-
wühlung des Erdreichs, also, dass die von Stilfs das Heuw
und Grumat die Zeitlang gar wenig genossen.
Niclas Stocker auff Stilfs hat bekennt und gesait, dass
ihme wohl khundt und zu wissen sey, dass so lang er gemeldter
von Stilfs hat helfen arbeiten, hat er all Seit gesehn, dass
etwas Chiere, deren Nahmen er aber nit wisse, denen von
Stilfs in ihren Güethern viel großen Schaden thon hand,
insonderlich im Herbeft, da man das Grumat mähen sullt,
seynd sie viel heftiger denn zu andern Seiten gwest; er,
Uhundtschaffter, habe auch in allen deren von Stilfs Stücken
und Alben den Schaden gar genau gesehn.
Vilas von Raining, auch ein Nachbauer deren von Stilfs,
hat sich zue den zween Khundtschafften gestellt und bekennt,
dass er bey zehen Jahr in Stilfs gehaust, und seye ihme nit
4 *
52
Das Recht der Tiere
anders zwissen, als wie Niclasen Stocker vermeldt hat, und
umb so vielen mehrers, dass er die mehrbemeldten Lutmäus
auff denen Stucken offt und viel selbst gesehn hab. Und sind
solliche Khundtschafften mit dem Eid, wie sichs wohl gebührt,
bestättiget worden. Es hat sollicher Khundtschafften bemeldter
Schwarz Minig als deren von Stilfs Procurator, um sieben
Pfennig geschrieben und besiegelt, und hat mit das Urtel
zrlangt.
Klag.
Schwarz Minig hat sein Klag gesetzt wider die Lutmäuse
in der Gestalt, dass diese schädliche Thiere ihnen vielgroßen
merklichen Schaden thon, so würde auch erfolgen, wenn diese
schädlichen Thiere nit weggeschaffet werden, dass sie ihr
Jahrszinse der Grundherrschaft nit mehr geben khundten
dder verursacht wurdthen hinweg zu zühen, weilen sie sollicher
Bestalten sie sich nimmer wüsten zu nähern.
Antwort.
Darauff hat Grienebner eingedingt und das als Antwort
geben und fein Procurey in's Recht gelegt: er hab diese Klag
vider die Thierlein, so Lutmäus benahmset, wohl verstan⸗
den; es seye aber männiglich bewußt, dass sie allda in ge—
wisser Gewöhr und Nutzung sitzen, darum aufzulegen seye:
Derentwegen er in Hoffnung stehe, man werde ihnen auff
heutigen Tag die Nutzung und Gewöhr mit keinem Urtel
nehmen und aberkennen. Sollt annoch aber ein Urtel ergehn,
dafs sie darum weichen müessten, so seye er doch in gerechter
Zuwartung, dass ihnen ein anders Orth und Statt geben
sollt werden, auff dass sie sich erhalten mügend; es seye ihnen
auch bei sothanen Abzug sicher Geleit vor ihren Feinden er⸗
theilet, es seyen Hund, Läatzen oder ander ihrer Feindt; er
seye darob auch in Hoffnung, wenn eine schwanger wär, dass
derselbigen Ziel und Tag geben würde, dass sie ihr Furcht
fürbringen khündte und allsdann auch damit abziehen möge.
53
Ursachen des Rechtsgefühles der Arier
Urtel.
Auf Klag und Antwort, Red und Widerred und auf ein⸗
gelegte Khundtschafft und alls was für Recht khommben, ist
mit Urtel und Recht erkhannt, dass die großschädlichen Thier⸗
lein, so man nennt die Cutmäus, deren von Stilfs ihre Acker
und Wiesmähder nach Caut und Klag, in vierzehen Cägen
raumen sollen, da hinwegzühen und zu ewigen Zeiten dahin
nimmer mehr zurücke khommben söllen; wo aber eins oder
mehr der Chierlein schwanger wär, oder großer Jugend
halber nit fortkhomben mögte, dieselben sollen von Seit an
von Jedermann ein frey sichers Gleit haben vierzehen Cäg
lang; aber die, so zühen mügend, sollen in vierzehen Tägen
wandern.ꝰ)
Wie růhrend naiv ist diese Kundgebung in so später Heit,
fast tausend Jahre nach dem Tode deraltenWeisen,
wie Joham Tritheim zart und vorsichtig jene Epoche be⸗
nannte, in welcher der Armanismus zu verlöschen begann.
Es ist daher beinahe selbstverständlich, daß weder in der
Rita, noch in der Edda, dem richtigen „Alten Testament“ der
Ario⸗Germanen, nirgendwo auch in den Mythen und Mär—
chen oder Sagen, eine Stelle findbar ist, in welcher ein zorniger
Gott die gefamte Menschheit wegen allgemeiner Sündhaf—
tigkeit vertilgen wollte. Solche finstere, bösartige Zerstörungs⸗
lust einem Gotte anzudichten, wäre den ario⸗germanischen
Armanen niemals in den Sinn gekommen und konnte in
ihnen auch nicht aufdämmern, denn sie hatten ja das Natur⸗
Ur⸗Gesetz in seinem göttlichen Verstande durch „göttliche
Offenbarung“ erfaßt, und dieses kennt nur Aufbauen, Ent⸗
wickeln und Verwandeln, niemals aber willkürliches Her⸗
stören! Die arischen Götter verwalten das All nach urewigen
Gesetzen, denen sie selbst ihr Dasein danken und denen sie
selbst unterworfen sind, in deren Rahmen sie als die Schöpfer,
Führer und Schützer der Menschheit wirken, wohlwollend
) Scheible, Schaltjahr, II. 148 — 149. Ohne Quellenangabe.
54
Höchste Entwicklung des Rechtsgefühles der Arier
und gerecht, immer das Ewige im Auge und niemals schwan⸗
kender CLaune unterworfen. Ja die feinfühligste, höchste Ge⸗
rechtigkeit gibt sich sogar in dem exoterischen Umstande zu
erkennen, daß die Wala in der „Wöluspa“ von der Schuld
der Götier spricht, welche durch CLoki zum Treubruch an den
Riesen verleitet wurden, durch welche Schuld die Götter
untergehen mußten. Wohl ist esoterisch keine Schuld nach⸗
weisbar, aber exoterisch wurde sie mit großer Weisheit er⸗
dacht, durchgeführt und zum Verhängnis ausgestaltet, das
die Götter vernichten mußte, um einem erneuten schuldlosen
Göttergeschlecht der Zukunft die Schicksalslenkung der Welt
zu vererben.
KUein Religions-Spystem der Welt, aus was
immer für Zeiten hervorgegangen, was im—⸗
mer für einem Volke angehörig, hatte sich
zleich dem Armanismus zu jener sittlichen
höhe erhoben, um selbst von seinen Göttern
Herechtigkeit zu verlangen, selbst über seine
Götter zu Gericht zu sitzen und sie schuldig zu
sprechen!
Die Rita war darum strenge aber doch milde, denn sie war
anfänglich nur darauf bedacht, zu richten, nicht aber zu
rächen (im späteren Verstande des Wortes „Kache“); sie
richtete nur Brauch und Cun nach dem Siele der steten Ver⸗
vollkommnung auf allen Entwicklungsgebieten ihres Volkes.
Da sie die Natur-Ur-Gesetze im vollen Umfange erkannt
hatte, und daher die erste Ursache aller Geschehnisse in der
ursachenlosen Ursache der ersten Offenbarung Gottes, des
ersten Logos, fand, so konnte sie auch nicht an die sündhafte
Veranlagung der Menschheit glauben, und darum
kannte sie auch nicht den Begriff einer Erbsünde,
und darum wieder lehrte sie freudvolles, todesmuti—
ges Diesseitsgenießen bei stetem Ausblick auf
zukünftige Wiederverkörperung, denn sie lenkte
die arische Menschheit liebevoll durch die Lust zum Leben,
565
Ceitgedanke: Cust zum Leben, nicht Furcht vor dem CTod
weil sie eine Lichtreligion war, während der nachtdunkle
asiatischrömische Dämonenglaube, der während der trauri⸗
gen Zeit der Götterdämmerung die Rita verdunkelte, durch
die Furcht vor dem Tode die Menschheit und ihre Võöl⸗-
ker iyrannisch beherrschte und auch heute noch mit allen
Machtmittein, also weiter beherrschen möchte.
Aber es liegt ebenso im Natur⸗Ur⸗-Gesetz tief begründet,
was schon Alexander von humboldt erkannt und ausge⸗
sprochen hatte, daß, wenn die Zeit begonnen hat einer großen
hoffnung Raum zu geben, so ruht sie nicht eher, als bis
dieselbe erfüllt ist.
—2
Werdandi.
bedarf nach dem bisher Gesagten nicht mehr
hesonders betont zu werden, daß das Recht
nicht als etwas Fertiges, Abgeschlossenes
hetrachtet werden darf, denn fertig ist nichts
m All, da ja das All als Welt selbst weder
fertig noch abgeschlossen, sondern im steten
Werden und Wandeln begriffen ist. Ebenso⸗
wenig als das Recht jemals fertig gewor⸗
den, ebensowenig ist auch die Armanen⸗
schaft als solche niemals ein vollendetes
Hanze gewesen, die ja auch ihrerseits stets
vandelbar blieb, wie ein Strom, der seine
Fluten zwischen beiden Borden rollt und
zdon Sekunde zu Sekunde ein anderes Bild
hietet, denn im All ist eben nur der Wandel
selbst das Unwandelbare, im All bleibt sich
nichts gleich, alles vergeht, um in anderer
Form wiederzuerstehen: aus Leben wird
Tod, aus Cod wieder Leben, und Ruhe oder
Beharren findet sich nirgends.
Es kann daher auch im nachfolgenden
veder ein bestimmter Zeitpunkt der Ent—
wicklung des Rechtes festgehalten, noch auch
ein bestimmt umgrenztes Gebiet angenom⸗
men werden, doch mag im allgemeinen das
letzte Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung in Betracht zu
ziehen sein, wenn auch oftinals die Zeugenschaft eines Hero—
58
Alter des Ariertums und seiner Weltanschauung
dot, Homer, Pitheas, Jul. Cäsar, Cacitus oder anderer, selbst
miitelalterliche Gewährschaften heranzuziehen sein werden.
Man vergesse nicht, daß die Entwicklung jener Geistesrich—
tung, welche dem Armanismus sein Gepräge gab, in weite
Zeilenfernen zurückreicht und sich nur sehr langsam vollzog,
da ja herrschende Weltanschauungen ungemein zählebig sind
und sich nur sehr schwer ändern und noch schwerer und lang⸗
samer verdrängen lassen. Die auffallende Einheitlichkeit dieser
Weltanschauung, sowie der Formen ihrer Betätigung im
weiten Ariergebiet, das sich über fast drei Weltteile der alten
Welt erstreckte, mag übrigens das hohe Alter der Rita wie
der Armanenschaft bezeugen, welche in ihren Uranfängen bis
in die Diluvialzeit, vielleicht sogar bis in das Miocän zurück-
reichen dürfte. Das entspräche nach unserer historischen Zeit⸗
rechnungsmethode mindestens 1,600. 000 Jahre nur bis zum
Beginne des Diluviums; bis zum Miocän jedoch einige
Muͤlionen von Jahren mehr. Wie sich nun in diesem Seit—
raume die Anfänge der Armanenschaft, wie des Rechtes ent⸗
falteten und erstarkten, das entzieht sich aller Beurteilung,
weshalb wir an dieser Stelle eben nur von dort aus unsere
Untersuchungen einsetzen können, wo Armanismus, Arma⸗
nenschaft und Recht bereits im Höhepunkte ihrer Blüte er⸗
kennbar sind, nämlich kurz vor der Zeit, in welcher die römi⸗
schen Weltmachtsgelüste ihre verderbenbringenden Wetter⸗
wolken nach Germanien entsandten, um das Ariertum auf
das tiefste zu verwunden.
Da es kein geschriebenes Recht im Sinne der späteren
Uapitularien, Rachtungsbücher u. s. w., sondern nur das
ungeschriebene Gewohnheitsrecht gab, das für das gewöhn⸗
liche Leben die „Richtung“ bestimmte, während bei außer⸗
zgewöhnlichen Fällen die „Femanen“, Fall für Fall, erst ein
Urlel schufen, mit welchem sie an keine Gesetzesparagraphen
gebunden waren, so stehen uns auch keine anderen Quellen
ur Verfügung als Mythe, Märchen, Sage, Meinung und
Zrauch, sowie unsere Germanenbibel, die Edda. Da nun diese
—
Der älteste Rechtsfall der Edda
in ihren schriftlichen Festlegungen am weitesten
zurückreicht, sei mit dieser begonnen.
Wir haben schon oben gezeigt, daß die Rechtspflege an⸗
fänglich nur eine richtunggebende, mehr beratende war und
auch in den Anfängen der Strafrechtspflege die Besserung
und Schadensgutmachung durch Sühne und Buße näher
lag und erst spät zur Strafe gegriffen wurde, die dann erst
in den Zeiten des Verfalles zur blinden Rache ausartete.“)
Einen kennzeichnenden „Vechtsfall“ erzählt die Skalda,
ꝛ2ap. 39 42, wie folgt:
„Es wird erzählt, daß drei der Asen ausfuhren, die Welt
kennen zu lernen: Odhin, Coki und Hönir. Sie kamen zu
einem Flusse und gingen an ihm entlang bis zu einem Wasser⸗
fall, und bei dem Wasserfall war ein Otter, der hatte einen
Cachs darin gefangen und aß blinzelnd. Da hub Coki einen
Slein auf und warf nach dem Otter und traf ihn am Kopf.
Da rühmie Loki seine Jagd, daß er mit einem Wurf Otter
und Lachs erjagt habe. Darauf nahmen sie den Cachs und
den Otter mit sich. Sie kamen zu einem Gehöfte und traten
hinein. Der Bauer der es bewohnte, hieß Hreidmar und war
ein gewaltiger Mann und sehr zauberkundig. Da baten die
Asen um Rachtherberge und sagten, sie hätten Mundvorrat
bei sich, und zeiglen demm Bauern ihre Beute. Als aber Hreid⸗
mar den Otier sah, rief er seine Söhne Fafnir und Regin
herbei und sagte, ihr Bruder Otr wäre erschlagen, und auch
wer es getan hätte. Da ging der Vater mit den Söhnen auf
die Asen los, griffen und banden sie und sagten, der Otter
wäre hreidmars Sohn gewesen. Die Asen boten Löse⸗
geld, so viel als Hreidmar selbst verlangen würde, und ward
das zwischen ihnen vertragen und mit Eiden
bekräftigt. Da ward der Otter abgezogen und Hreidmar
dahm den Balg und sagte, sie solllen den Balg mit
*) Die Gerichtsverwaltung der Deutschen war daher seit Urtagen
eine zweifache; eine richtende und eine urteilende, heute noch unterschieden
in Zivil⸗ und Strakverfahren.
30
Otterbuße, der Asen Notgeld
rotem Golde füllen und ebenso von außen
hüllen'), und damit sollten sie Frieden kaufen. Da
sandte Odhin den Loki nach Schwarzalfenheim und er kam
zu dem Zwerge, der Andwari hieß und ein Fisch im
Wasser war. Loki griff ihn mit den Händen und heischte
von ihm zum Lösegeld alles Gold, das er in seinem
Felsen hatte. Und als sie zu dem Felsen kamen, trug
der Zwerg alles Gold hervor, das er hatte, und war das
ein gar großes Gut. Da verbarg der Zwerg unter seiner
hand einen kleinen Goldring: Coki sah es und gebot ihm, den
King herzugeben. Der Zwerg bat, ihm den Ring nicht abzu⸗
nehmen, weil er mit dem Ringe, wenn er ihn behielte, sein
Gold wieder vermehren könne. Aber Loki sagte, er solle nicht
einen Pfennig übrig behalten, nahm ihm den Ring und ging
hinaus. Da sagte der Zwerg, der Ring solle jedem, der ihn
besaäße, das Leben kosten. Coki versetzte, das sei ihm ganz recht
und es solle gehalten werden nach seiner Voraussage; er
werde es aber dem schon zu wissen tun, der ihn künftig be—
sitzen solle. Da fuhr er zuruͤck zu Hreidmars Hausfe und zeigte
Godhin das Gold, und als er den Ring sah, schien er ihm
schön; er nahm ihn vom Haufen und gab das übrige Geld
dem Hreidmar. Da füllte er den Otterbalg so dicht
rkonnte und richtete ihn auf, als er voll war.
Da ging Odhin hinzu und sollte ihn mit dem Golde
hüllen. Als er das getan hatte, sprach er zu Hreidmar, er
solle zusehen, ob der Balg gehörig gehüllt sei. Hreidmar ging
hin und sah genau zu und fand ein einziges Barthaar und
zebot auch das zu hüllen, denn sonst wäre ihr Vertrag ge⸗
hrochen. Da zog Odhin den Ring hervor, hüllte das Barthaar
ind sagte, hiermit habe er sich nun der Otterbuße
Antledigt. Und als Odhin seinen Speer genommen hatte
umd Coki feine Schuhe, daß sie sich nicht mehr fürchten durf⸗
en, so sprach Coki, es solle dabei bleiben was Antwari ge—⸗
*) Daher das Sprichwort: „In Huͤlle und Fuͤlle“.
51
Nachbildung der Otterbuße im Weistum
sagt hatte, daß der Ring und das Gold dem Besitzer das
CLeben kosten solle und so geschah es seitdem. Darum heißt
das Gold Otterbuße und der Asen Nolgeld.“
Von dem verkolten esoterischen Sinn, der in dieser Mythe
teckt, Umgang nehmend, sei lediglich auf den Wortlaut der
Schilderung selbst verwiesen, da derselbe in den Hauptzügen
iich in den Rechtsbräuchen vielfach wiederholt.
Der Totschlag galt noch nicht als Verbrechen im Sinne
des modernen Strafrechtes, er war mit keiner Strafe belegt,
es konnte sich durch Buße — wie hier die Asen — jeder lösen,
wie später noch eingehender beleuchtet werden soll. Einige
interessante Beispiele, welche der „Otterbuße“ sehr ähnlich
erscheinen, mögen diesen eigenartigen Rechtsbrauch als tat⸗
sächlich existierend kennzeichnen und dessen hohes Alter er⸗
weisen.
Im Jahre 1360 verordnete der Rat von Nürnberg:
„Wer eines Anderen Hund mutwillig oder absichtlich tot⸗
schlägt, der soll denselben beim Schwanz aufheben und ihn
daran so hoch hängen, daß das Maul des erschlagenen Hun⸗
des gerade die Erde berühre. Alsdann muß der Totschlaͤger
nach und nach so viel guten Weizen über den hängenden
Hund schütten, bis der Hund samt dem Schwanz bedeckt und
berschüttet sei.“ Dieser Weizen gehörte dann dem Eigentümer
des erschlagenen Hundes. Hormayers historisches Taschen⸗
huch, 1832, 8. 373.) Bauern aus Draggesta in Westmanland
Schweden) hatten einen Hirtenhund getstet. Das Gericht von
kLundbeaberg fällte den Spruch: Die Angeklagten sollen den
lllägern so viel Korn geben, daß der tote Hund, in einer leeren
Scheuer aufgestellt, davon bedeckt werde. Die Verurteilten
erboten sich aber, den Klägern aus Ekeby, die damit zufrieden
waren, einige Striche Candes abzutreten, und diese heißen
seitdem Hundana. (J. Grimm in Haupts Zeitschrift f. d.
Ahtertumi gau, 06) Zu Erlenbach am Zürichersee er⸗
schien in den Achtzigerjahren des achtzehnten Jahrhunderts
bhei dem Obervogt, dem Ratsherrn Heinrich Füßli, ein Dörf—
g2
Hüllen und Füllen. Mit Gold aufwiegen
ler mit der Klage, daß sein Nachbar ihm die Uatze totge⸗
schlagen, er daher Entschädigung fordere. Der Obervogt
wollie den Kläger bereden, eine so unbedeutende Sache doch
nicht weiter zu verfolgen. Jener berief sich aber auf das im
Orte bestehende „Katzenrecht“. Auf die Frage, was er damit
meine, äͤußerte der Kläger: „Es bestehe im Orte zu Recht,
wenn einer dem andern eine Uatze totschlage, so ziehe man
derselben den Balg ab und spanne ihn mit vier Stöcken auf
der Erde aus, dann müsse der Cotschläger so viel Korn auf
den Balg schütten, bis dieser damit ganz bedeckt sei. Dieses
Uorn gehöre dem Eigentümer der getöteten Ratze.“ (Man,
Anzeiger der Vorzeit, 1836, 8. 43.) Aber auch in England
kannte man diesen Brauch; in Schweden mußte einst die
Haut eines gesiohlenen Ochsen mit Mehl gefüllt werden
Müller, Sagabibliothek. J. S. 296); und Zach bringt in
seiner „Monatl. Korresp.“ (1809, 8. 130) von den Arabern
folgende Nachricht: „Seepen sagt von den nomadisierenden
Arabern: Hat einer des andern Hund getötet, so nimmt der
Eigentümer vor dem Scheickh den Hund, hält ihn dergestalt
am Schwanze in die Höhe, daß die Schnauze genau den
Boden berührt, und der Cäter muß nun so lange Korn oder
GHerste aufschütten, bis die letzte Spitze des Schwanzes zu—
gedeckt ist.“ — Aus diesem „Hüllen und Füllen“, das den
Beschädigten vom Täter als Buße zur Entschädigung zu
zeben war, folgerte sich aber noch ein anderer Rechtsbrauch.
So wird im Gedichte von den haimonskindern der erschlagene
Vetter Haimons, Hugo, neunmal mit Gold aufge—
wogen. Für den erschlagenen Uönigssohn Cudwig wird
im selben Gedichte angeboten, den Erschlagenen neunmal in
Hold zu zahlen (aufzuwiegen) und einen goldenen Mann, so
zroß aͤls CLudwig war, machen zu lassen.“)
*) Ein interessantes Beispiel dafuͤr, daß „das Aufwiegen in Gold“
als Opker, beziehungsweise als Suͤhne, noch im achtzehnten Jahrhundert
anvergessen war und geuͤbt wurde, mag solgendes Ereignis bieten: Am
i2. April 1716 wurde dem Kaiser Karl VI. ein Sohn geboren. Alles
63
Untrennbare Fusammengehörigk.v. Relig. Wissensch.u. Recht
Dieser merkwürdige Gleichklang zwischen der „Otter⸗
buße“ der Edda und alten Gerichtsbräuchen und die Er⸗
wahnung des Eides zeigen die enge Verbindung zwi⸗
schen Religion und Recht, da stets die Anwesenheit Gottes,
a dessen Zeugenschaft gefordert wird, und der Ort, wo das
Kecht gefucht wurde, die Urteile gesprochen wurden, eben
ets der Halgadom war, da die Findung des Rechtes ja
selber Gottesdienst war und daher alle richterlichen Ver⸗
richtungen von sinndeutlichen Heilshandlungen religiösen
Zeremonien) eingeleitet, begleitet und beschlossen wurden. Erst
eine solche untrennbare Zusammengehörigkeit von Religion,
Wissenschaft und Recht macht die vielen Symbole, die reden⸗
den Urkumden u. s. w. begreiflich und erklärbar, besonders
wenn man es sich stets vergegenwärtigt, daß die „Femanen“
der Richter als Armanen eben gleichzeitig „Gottesfrohnden“,
also Priester waren. Freilich muß hier wieder daran gemahnt
werden, was schon in der „Armanenschaft“ (G.C.-B. Vr. 2,
.2 ff.) gesagt wurde, „daß die Armanenschaft in der CTat
eine Priesterschaft von so idealer Höhe war, wie eine solche
der moderne Begriff, welcher in dem Worte Priester liegt,
nicht mehr zu umfassen vermag, weshalb es vermieden wurde
in der GeC.B.), die Armanenschaft als die ‚Wuotans-
hriesterschaft· zu bezeichnen, um nicht gleich vom Anbeginn
an irrige Vorftellungen berichtigen zu müssen“.
jubelte und die Dynastie der Habsburger schien in diesem Neugeborenen
ich fortpflanzen zu wollen. Der neugeborene Thronfolger Leopold Johann
Joseph erhielt den Titel Erzherzog von Hsterreich, Prinz von Asturien.
Iber noch im selben Jahre starb der kleine Erzherzog, der letztgeborene
Habsburger. Im naͤchsten Jahre gebar die Kaiserin Elisabeth Christine
vohl wieder ein Kind, aber es war eine Prinzessin, die nachmalige
Kalferin Maria Therefia. Die Kaiserin, bangend, der Himmel moͤge ihr
zuch dieses Kind nicht am Leben lassen, perliobte nach Mariazell
ein goldenes Kind, gleich schwer als, der verstorbene Thron⸗
foüUger war. Der Kaͤmmerer, Graf Brandeis uͤberbrachte dieses goldene
Kind im Auftrage der Kaiserin nach dem Gnadenorte, um mit dieser
Opfergabe das Leben der jungen Erzherzogin, der nachmaligen Kaiserin
Mariaͤ Theresia, von der Mutter aller Gnaden zu erflehen.
34
Halgadom, Mal, malum, Marschalk
Durch jenen untrennbaren Zusammenhang von Religion,
Wissenschaft und Recht wird es darum auch klar, wie diese
Kechtsprechungen auf Eide begründet waren und die Sühnen,
Bußen, ja selbst die Strafen in vielen, jä⸗den meisten Fällen
Bedeutung und Form von Opfern hatten. Es wurde schon
betont, daß sowohl die Dinge, wie die Schulen, alle Freuden⸗
und Trauerfeste an den Hhalgadomen unter freiem Hhimmel
vollzogen wurden. Zwar entfielen seit der Einführung des
Christentums alle Beziehungen richterlicher Handlungen zum
herrschenden Uultus, aber mittelbar hatten sich doch die
meisten armanischen (heidnischen) Rechtsbräuche erhalten.
Nach wie vor versammelten sich die Freien an den uralten
halgadomen, die auch Malen (malum, Malstätten) genannt
wurden, woher die vielen Flur⸗ und Ortenamen sich erklären,
in welchen der Begriff „Mal“ das Kennzeichnende ist (3. B.
Malleiten, eine bekannte, reiche Fundstätte prähistorischer
Gegenstände in Niederösterreichj und an welchen meist die
christlichen Kirchen entstanden sind, infolge des oben mit—
zeteilten Briefes Gregors an Mellitus. In christlicher Zeit
mußte daher immer das Verbot erneuert werden, die „Mala“
weder in der Uirche noch in den Vorhallen derselben abzu—
halten. Das Volk konnte sich eben von der altheiligen Stätte,
vom altheiligen Brauche nicht trennen, obwohl die Kirche
ihren Gottesfrieden gestört und durch die Ausschaltung des
Armanenrechtes aus dem Glauben jenes friedlos gemacht
hatte. Selbst des Frankenkönigs Karl eherner Wille vermochte
es nicht, trotz seiner tyrannischen Machtmittel, jenem Ver—
—DDDDDD
Der Vorsteher der Armanenschaft eines Candes oder
Gaues — der spätere Marschalk (G.C.«B. Nr. 2, 5. 33),
den Cacitus als Priester bezeichnet — übte im Namen des
*) „Ut plocita in domibus el atrüs ecclesiarum minime
fiant“ (Cap. J. 813. cap. 21). Das oͤffentliche Gericht zu Erfurt wurde
bei den Stufen der Domkirche gehalten und erst 1474 ünter die Hallen
auf den Markt verlegt. (Maurit. Guden. hist. Erfurtensis pg. 142.)
65
Volksdinge, Wahlrecht, Grafen
Nönigs die höchste richterliche Gewalt aus, sogar im Heere.
So berichtet Tacitus (Germania, cap. 7): „Jum Vönig be⸗
sttimmt der Geburtsadel, zum Heerführer die Capferkeit. Aber
die königliche Gewalt ist keine unumschränkte und auch der
heerführer ist mehr Vorbild als Befehlshaber. Immer auf
dem Platze, immer rüstig, immer an der Spitze — so herrscht
er durch die Achtung, die er einflößt. — Doch darf er
nicht über Leben und Tod richten, nicht ein—
kerkern, ja selbst nicht schlagen lassen. Das
darf nur der Priester (Armane, Marschalk) und auch
der nicht einmal zur Strafe oder auf des Füh—
rers Befehl, sondern auf der Gottheit Gebot,
die, wie sie (die Germanen) glauben, über der Walstatt wal⸗
let.“ Ebenso in cap. 11: „In der Versammlung Ding) setzt
sich jeder, wie es ihm beliebt, und zwar in Waffen, nieder.
Durch die Priester Armanen), welchen hier auch das Ahn⸗
dungsrecht zusteht, wird Ruhe geboten.“) Dann erhält das
Wort der UNönig oder der Häuptling, überhaupt jeder, welchen
Rang, Alter, kriegerische Verdienste, Beredsamkeit auszeich⸗
nen; und jeder stützt sich dabei mehr auf das Gewicht seiner
Meinung als auf die Gewalt seines Machtspruches.“ Ferners
bringt cap. 12 folgende wichtige Stelle: „Endlich werden in
den selben Versammlungen (Dingen) auch die Häuptlinge
Gaugrafen, Raugrafen) gewählt, welche in Gauen und
Dörfern Recht sprechen sollen. Jedem werden hundert Bei⸗
sitzer aus dem Volke, um ihm Rat und Ansehen zu verleihen,
ʒugeordnet.“ Diese Grafen (lat.: comes“) hatten verschie—
) Darum gebietet die Wala Schweigen in der „Woͤluspa“ 4:
„Achtung gebeut ich allen Cuch Edlen, Hohen und Niederen von Heim—
zolds Geschlecht ..“ Als Heilsraͤtin uͤbte sie Armanenrecht aus.
**) Daß das Wort „Graf“, „grave“ oder „greye“ nicht von „grau“
abzuleiten ist, beweist schon der Umstand, daß es im Lateinischen mit
scomes“ uͤberseht ist; ebensowenig darf das franzoͤsische „greffier“
Gerichtsschreiber nicht von yügo“ abgeleitet werden, sondern vom ahd.
greve. In Ungarn heißen darum noch heute die Oberamtsbezirke
Somitate (von comes), also eigentlich Grafschaften, entsprechend
36
greve, hergreve, dincgrav, Sculdahis, Vogt
dene Wirkungskreise, wie aus ihren mannigfaltigen Bezeich⸗
nungen ersichtlich wird. So kennen wir: Candgrafen, Gau⸗
grafen, Markgrafen, Pfalzgrafen, Burggrafen, Raugrafen ⁊c.
Grimm macht besonders auf das ahd. Wort „greve“ auf-
merksam, das in der sächsischen Dorfobrigkeit noch fortlebt.
Der hergreve“ war Heeresrichter (heute heißt er Militär-
Auditior); der „dinegray“* war ein Raugraf,“) der „ruge-
grove“ (Kugegraf) war der Vorsitzende der bäuerlichen Ruge⸗
Ider Rügegerichte für Bagatellsachen, der Sculdahis (lat.:
sculdasiuss) unser „Schultheiß“ oder Ortsrichter —
Diaconus VI. 20: „rector loci, quem ScCIdhais lingua
propria dicunt“) erscheint in lateinischen Urkunden des drei⸗
zehnten Jahrhunderts als Scultetus. Diese Schultheißen
standen später den Zivilgerichten vor und hatten Schöffen
Schöpfer des Urteils) an ihrer Seite. Der deutsche „Vogt“
war der Richter eines kleineren Bezirkes, meist in späterer
Zeit, als die alte, freie Gauverfassung schon im Schwinden
hegriffen und das „Herrentum“, die Gewaltherrschaft, auf⸗
gefkommen war, denn Võögte waren bestellte Verwalter solcher
Machthaber, die nicht in der Gegend selber saßen, in deren
Namen sie das Gebiet verwalteten und auch die Gerichts-
barkeit für sie ausübten. Die freien Dinge waren schon recht
selten geworden, als die Sonderbezeichnung „Freigraf“ üblich
wurde, die sich meistens mit dem „Femgrafen“ deckte; doch
von diesen später. Die Ableitung des Begriffes „Vogt“ vom
lat. „advocatus“ ist unrichtig, denn das lateinische Wort
dem altdeutschen Gau (Gerichtsbezirk), da eben ein Graf der oberste
Richter seines Gaues — der Grafschaft, des Gerichtsbezirkes — war.
Ebeunso war der „Sachsengraf“ Siebenbuͤrgens der einstige Richter nach
Sachsenrecht der Siebenbuͤrger⸗Sachsen, ihr staatsrechtlich gewaͤhrleisteter
Schirmvogt gegenuͤber dem Magyarenrecht.
*) Der Raugraf darf mit dem Rugegraf nicht verwechselt werden;
ersterer war aͤhnlich dem Gaugrafen, nur mit dem Unterschiede, daß er
seinen Gerichtsbezirk bereisen mußte, waͤhrend der Gaugraf seßhaft blieb;
er war also gewissermassen der Vize-Gaugraf. Der Rugegraf hingegen
war nur baͤuerlicher Bagatellrichter.
67
Gewaltherrschaft der Vögte
ist aus dem urgermanischen „fogat“ oder „phogat“*) —
zwingen (unter ein Gebot) entstanden, gerade der Gegensatz
bon dem angenommenen „ich rufe“. Das Amt eines solchen
Vogtes war ein vielverzweigtes, fast allumfassendes: Er
sorgte für die Sicherheit des Candstriches oder der Stadt im
Sinne und Auftrage dessen, der ihn eingesetzt hatte, er ver⸗
waltete oder beaufsichtigte wenigsitens das Munizipalwesen,
und als die Zünfte sich mehr entfalteten, führte er auch über
diese die — oft sehr drückende — Aufsicht. Sie walteten so,
wie früher die ürmanen, nur nicht mehr als Gleich—
berechtigte mit Gleichberechtigten, sondernals
Stellpertreter des Gebieters über geknechtete
Untertanen. Vachdem die Städte aber durch den Handel
reich und mächtig geworden waren, kauften sie öfters die
Vogteigedinge von den stets geldbedürftigen Fürsten oder
Uaisern wodurch sie in eigener Bestellung ihres Stadtregi⸗
mentes freiere Gewalt bekamen und den ersten Grund zur
gänzlichen Befreiung legten, deren Schlußstein die „freie
Keichssiadt“ war. Dieses heißersehnte Siel zu erreichen, war
bekauntlich nicht allzu vielen Städten im „heiligen römischen
Reiche deutscher Nation“ beschieden und die große Mehrzahl
der Städte durfte froh sein, eigenen Magistrat und eigene
Gerichtsbarkeit und damit schon die Befreiung aus der Ge⸗
walt der Vögte erreicht zu haben.
«) „Vogt“ (Schirmherr), fruͤher „Voigt“: ahd. fogat, phogat,
ofogat; mhd. voget, voigt. voit, vogt; mittellatein. vocatus; lat.
avdcatus (Herbeigerufener, Rechtsanwalt, Advokat), vgl.: Lat. voco
sch rufe; 20αο — ich rufe herbei; franz. avouer — gestehen.
Dies die uͤbliche Ableitung. — Ahd. fogat bildete, sich aber aus
den Urworten: fog und at; fog, fug — fuͤge, fuͤgen, Anstand,
Verbindung; at — Geist, Witz, Verstand, Wissen, Gesetz. Der
arspruͤngliche Sinn des Wortes „fogat“ war also: „Fuͤgen unter
das Gefetz“, also ein Bezwingerim Auftrage eines Gewalt—⸗
herrschers. Als dieser Sinn schon abgeblaßt war, entstand erst
das Wort „Zwingovogt“, das nur eine Tautologie ist, ebenso der
„Frohnvogt“.
388
Der Stab
Das richterliche Abzeichen war der Stab, welcher mit
dem Uönigsstab, dem Szepter und dem Bischofsstab, dem
Urummstab, eines Ursprunges ist.
Der Stav, Stab ist das Sinnbild der Stütze („Du bist
mein Stecken und Stab) und die erste Waffe („er schlug ihn
mit dem Stab“), also Sinnbild der Macht; darum hielt der
Vorsitzende einer Versammlung und somit auch der Richter
den Stab aufrecht in der rechten Hand als ein Ehrenzeichen.
Daher war er als „Gerichtsstab“ ein „weiser Stab“ (weisender
Stab) und sinndeutlich deshalb von „weißer Farbe“; an⸗
fänglich nicht gefärbt, sondern nur entrindet. („pse bacu—
lum jurisdictionis aLIbum in manu sua gestans,
et ut judex sedens.““ Haarwerth, Bischof von Mainz,
sagte bei der Urönung zu Kaiser Otto: „Erinnere dich bei
dem Stab, die dir Untergebenen mit väterlicher Gewalt
zu richten.“ (Wittekinds, Geschichtbücher.) Mit dem „Weise⸗
stab“ in der Hand sammelte der „Urtelssprecher“ Kichter)
die Stimmen der Ebenbürtigen Urtelsfinder (Schöffen) und
sprach das geschöpfte (erschaffene) Urtel aus. Davon wurde
er auch der Frager, Fragrichter“) genannt, im Gegensatz zu
den schweigenden oder stummen Richtern, den Schöffen oder
Beisitzern. Der Frager hielt den Stab über sich, der Schultheiß
aber unter sich. Mit dem Stabe gab der Richter das Zeichen
zur Ordnung und gebot Stillschweigen. Irrung, Zwist, Speen
Widersetzlichkeit), Widerwille wurden mit dem Stabe ab—
x) Der Stadtamman des Stadtgerichtes zu Noͤrdlingen hatte den
Stab und die Gewalt vom Buͤrgermeister und Rat und ist um das
ürtel ein Frager. (Eines ehrsamen Raths des heiligen Roͤmischen Reichs ꝛc.
Stadt Noͤrdlingen Raths-Ordnung. Anno 1556. Dieser Stab war von
roter Farbe und hieß davon der „Blutstab“ wegen des Blutbannes,
was aber falsch gedeutet ist. Die „rote Farbe“ bezeichnete „ruoth
Recht. Blut * ahd. bluot — blu-ot, d. h.: blu S achte, ot —Geist,
alfo? „beachte den im Inneren waltenden) Geist“, somit „Leben“. Darum
war das Blut zu wichtigen Vertraͤgen erforderlich (Blutspur, Bluttrunk,
Blutunterfchrift); BlutLann daher die hoͤchste richterliche Gewalt. Der
rote Stab“ war also der „Rechtsstab“ und beruͤhrt sich hier wieder
mit dem „Rugestab“.
J 69
Der gestabte Eid, der gelehrte Eid
getan, gerichtet, geschlichtet, — abgeurtelt. Davon ist das
Zeitwort „stavan“,“) „staban“, „staben“ — richten, gericht⸗
halten; „gestabt werden“ — vor besetztem Gericht zurecht⸗
zewiesen werden; „verstaben“ — mit dem Gerichtsstab be⸗
kräftigen oder am Gerichtsstab angeloben. So geschah es bis
zʒum Erlöschen des Reichskammergerichtes in Wetzlar, wo
eder Schwörende den Gerichtsstab mit den Fingern berühren
mußte; daher sind die Begriffe, „einen an den Stab verpflich⸗
ten⸗ oder „ihn beeiden“ gleichbedeutend.“) Die Eidesformel
an den Stab nachsprechen wurde die Verstabung“**) genannt,
ind es war der „Vorstaber“ derjenige, welcher neben dem
herrn oder Vogt faß, „die Heiligen“ hielte oder das „Halga⸗
om⸗ (Heiligtum, mit dem armanischen Halgadom nicht zu
verwechselnl), das in dem „hilgen Skrein“ (heiligen Schrein)
eingeschlossen war, und dem Schwörenden den Eid „vor⸗
stabte“ oder vorsagte. Das war ein „gestabter Eid“, oder ein
hor besehtem Gerichte, nach vorhergehender Berührung des
Gerichisslabes geschworener Eid. Der „gelehrte Eid“ war
jener, dem eine Meineidsverwarnung vorausging.) Der
„Rugstab“ — von „ruagan“ — rügen — war HZeichen der
*) Schon Ulstlas braucht das Wort „stavan“ zu wiederholtenmalen
z. B.: Math. V. 21: stava eed * Gerichtseid. — Stapastoha —
Zerichtestuhl. Dagastavas — Stabstag oder Gerichtstag, Termin. —
Im Flensburger Stadtrecht vom Jahre 1284 kommen noch „stava
daga“ — Gerichtstage — Termine vor.
ac) „Auf die gesprochen Urtel griff Hanns N. an den Stab und
gelobte, dem Urtel zu geleben vnnd nachzukommen“. (Stehende Formel
n vielen alten Rechtsuͤrkunden.) In christlicher Zeit versuchte man den
SEid auf Reliquien einzufuͤhren, was wohl gelang, aber den Eid
Juf dem Stab — den gestabien Eid — vermochte darum die Kirche
doch nicht zu verdraͤngen, denn der Eid wurde dann auf Stab und
Reliquie abgelegt.
xxx) 1421 wurde mit „gestabenden Eyden“ zu den Heiligen geschworen.
9 Anno 1358 schwur Siegfried v. Sternfels, ein Edelknecht,
Herrn Grafen Krafften von Hohenloch, „daz er vff vnser frawentag
ngemannt (ungemahnt) mit sin seibs Libe sich widerstellen wolle ꝛtc. einen
gelehrten gestabten eyt zu den Heiligen mit vff gehebten Vingern ꝛc. dez
zv Vrkund gib ih den vorgenandt Herrn von Hohenloch disen Brif ver⸗
70
Gerichtsstab, Stabsrecht, Ding und Stab
peinlichen Gerichtsbarkeit, und „auf den Rugstab zeihen“ be—
deutete eine Anklage auf den Cod.“) Der „Vogtstab“, den
ein Herr oder Vogt im gehegten Gericht hält, hieß auch der
„Wettestab“**) (uotto, ete, at, ut — Geist, Witz, Verstand,
Wissen, Gesetz, Gebot, Geding u. s. w.). Wo der deutsche
Usnig zugegen war, in Gau- und Candgerichten, richtete
er selst unterm Gerichtsstab.“*x) König Marimilian J. gab
1507 dem Reichskammergericht seinen Stab)) (er ist von
schwarzer Farbe?), der bis zur Auflösung dieses Gerichts-
hofes im Gebrauche blieb, indem bei den Verhörstagen in
Wetzlar ihn der Vorsitzende in der Hand hielt. Der „Rechts-
gang“ (Prozeß) wurde „Stabgang“ genannt; der ‚RKicht⸗
fleig“ (Proʒeß⸗Ordination) trug gleiche Bezeichnung. Die be⸗
sonderen Rechte einer „Pflege“, eines Gerichtes Provinzial⸗
Gericht) nannte man „Stabsrecht“ (Provinzialrecht). —
„Unter Ding und Stab gelegen“ („da dez Gotteshuss grund
vnnd Boden ist“) war die Erbgerichtsbarkeit verstanden,
welche auch, einer Urkunde vom Jahre 1488 zufolge, „der
Stab über Erb und Eigen“ genannt wurde. („Die Güter, die
anderswo gelegen, da der Stab zu gegenbach hinreicht“, d. i.:
die dahin gerichtbar sind.) In einer Urkunde vom Jahre 15603
sigelt mit meinem eygin Insigel“. (GHanselmann. V. d. Rechten
b. Oehringen)
*) „Ther liut, ther thih mir irgab, zalta in thih then ruagstab.“
Otfried IV. c. 21 v. 26.
**) „Dise schultheißen sullen allez daz klagbar ist richten nach rechte
onnd alz der Stette erber sy, vnnd swaz si mit dem Wettestabe gewinnet,
daz ist daz dritteil des Voits, vnnd diu zwoteil des Schultheizen.“
(GHanselmaun, Von den Rechten von Oehringen.)
*cx) „Sein Majestat (Friedrich III. IIV.) hat alsbald den gerichts⸗
stab von Markgraven Albrechten genomben, sich niedergesetzt vnnd fuͤr⸗
genomben selbs zue sprechen.“ (Muͤller, Reichstags Theat. Urkunde vom
J. 1474 zu Nuͤrnberg, sub Friedr. III. T. J. S. 632.)
1) Ludolph, Jur. Cameralis delincat. Sect. II. & I.
Der „schwarze Stab“ suart stava: suart — Schwert. Es
sollte damit das Gericht uͤber die „jum Schwert Geborenen“ — den
Adel — bezeichnet werden.
71
Gerichtsstab, Marschallstab, Urummstabbbd
die Freiherrl. v. Hohnstädtl. Cehensfolge zu Bischofsheim
betreffend) heißt es: „vnnd ist dem Schultheiß Hannß Caun
zu Bischofsheim sein Macht und Stab, wie bishero zu ge⸗
brauchen, bevollen vnnd der Stab überantwortet worden“.
Der Onolzbachischen Amtsordnung vom Jahre 1608,
Tit. XIX.'S 3., gemäß, soll „die Pfandschafft über eigne
Stükke, die nicht lehnbar sind, derjenige Amtsdiener ichter,
Schultheiß) geben, welcher in vogteylichen Sachen den Richter⸗
stab über selbige führt“. Die KRoönigsbrunnischen Untertanen
lun dem Hherzog von Württemberg „Schirmhuldigung“ als
hrem „rechten Erb⸗·Grund⸗Lehen Stab und obersten Hals⸗
herrn ohne Mittel verwand vnd zuegehörig, Pflicht, Treu
ond Eyd“. (Urk. v. J. 1536. Besold, Documenta Wür-
temb., S. 691.) „Den Gerichtsstab verlieren“ bedeutete der
Hewoit verlustig gehen, als Richter eines Gerichtes zu wal⸗
en Dagegen besagte die Ubergabe des Stabes die Bestäti⸗
gung als Richter oder der Gerichtsbarkeit.“) Es ist ganz
selbsiwerständlich, daß darum der Marschalk ebenfalls seit Ur⸗
lagen den Stab führte, den wir heute noch als Feldmarschalls⸗
stab und als Hofmarfchallsstab im Gebrauche finden, ebenso
leilen die sonst unverständlichen Begriffe, wie: Generalstab,
Generalstäbler, Stabsoffizier, Konstäbler, Stabler, Stabs⸗
flockhaus, u. v. a. ihren Ursprung darauf zurück. Daß
auch Bischöfe, Abie und Äbtissinnen nach dem Stab ge⸗
süstete, ist wohl begreiflich, aber die „Kalander“**) gönnten
ihnen nur den „krummen Stab“, das kalisch das ge—
krümmte, gebeugte Recht bedeutet. Jene, welchen
die strenge armanische Rita zu unbequem war, und sich daher
x*) Koͤnig Ludwig VII. (von Frankreich) bewilligte 1140, einem
Stifte gekaufte Guͤter zu besitzen, bestaͤtigte ihm dieselben und uͤbergab
ihm einen Stab, welcher der Urkunde angehaͤngt wurde und setzte es
mit in die Gewaͤhrschaft. (Urk. bei Westfalen, in prafat. T. III.
Monument. rerum Cinibr. et Megabol. S. 730.)
H uber Kalanden und Kalander: G.⸗L.-B. Nr. 2. S. *3 und o4
und „Vom Wuotanismus zum Christentum“ von Guido List, Zuͤrich,
Th. Schroͤters Nachfolger (erscheint im Dezember 1908).
72
Iwestiturstreit, Stuhl, Stuhlherr
dem „Urummstab“ unterordneten, sagten deshalb „unterm
KRrummstab ist gut wohnen“, und als derselbe an
Macht und Reichtum zunahm, hatte dieses Sprichwort im
zewissen Sinne der laxen Moral auch Sinn und Bestand.
Nach dem Code eines Bischofs wurde dessen Stab dem König
—DDD belehne,
was man die Einsetzung (Iwestitur) mit Ring und
ab) benannte. Der Indessiturstreit — in welchem Rom
siegte — machte diesem Brauch (111)) ein Ende. Das Fer⸗
hrechen des Stabes über den zum Code verurteilten Ver—
brecher bedeutete kalisch, daß der Verbrecher das Recht ge⸗
brochen (daher Verbrecher) und sich dadurch rechtlos gemacht,
d. h. das Recht auf das Leben verwirkt habe.
Dieses „Vecht auf das CLeben“ bezog sich aber nur auf
das Leben „in sein selbs CLibe“,*) d. h. auf das Leben
in jenem Körper, der seinen Geist,gegenwärtig
bekleide, denn auf die geistigen Sustände nach
seinem Code und die materiellen Sustände, in
welche er sich bei seiner nächsten Wiederverkör—
perung eingebären werde, nahm der Armanismus
keinen Einfluß. Erst die Romkirche beanspruchte für sich das
Recht, auf ewig'zu binden und zu Ilösen,
Wie der König auf dem Throne, so saß der Richter auf
dem „Stuhl“ (ahd. stuol, goth. stool, langobard. stôlesazo
Stuhlsasse, Richters. stuol: sat-ul — Sitz des Geistes oder
der Weisheit), dessen größere oder geringere Ausschmückung
den höheren oder geringeren Rang des Gerichtes oder der
Pflege anzeigte. Von diesem Stuhle hießen die Richter auch
Stuhlgrafen, Stuhlherren, Stuhler und in Ungarn erkennt
man noch heute im „Stuhlrichter“ einen höheren Gerichts⸗
*) Ekkehard de Casibus Monasterii Santi Galli c. X. —
Ditmar von Merseburg: „Curamque ei (Hillibardo, baculo
committens pastoralem,“
**) Siehe den oben angefuͤhrten gelehrten gestabten Eid Sig—⸗
frieds von Sternfels.
73
Schöffe, Scabini, Halgadom
beamten an. Das Aufstehen des Richters vom Stuhle hinderte
den Fortgang der Verhandlung.
Ha die Dinge immer im Beisein aller Freien des
Gaues oder der Gemeinde abgehalten wurden, so waren eben⸗
so gewissermaßen auch alle Anwesenden Richter, und gaben
diefe dem Urtelsspruche des Richters durch Susammen⸗
schlagen der Waffen ihren Beifall (Tacitus Germ. II) oder
durch stummes Erheben der Waffen ihrer Mißbilligung
Ausdruck. Später aber wurde eine bestinmite Anzahl von
Schöffen erfordert, je nach der Wichtigkeit des Falles drei,
fünf, sieben, zwölf oder ʒweimal sieben festgesetzt. Karl, der
Frankenkönig, der zuerst die freien Dinge zů verdrängen be⸗
gann und sländige Beamte als Richter einsetzte, nannte diese
fomit mit der alten Benennung Scabini, von scaphan
schaffen schöpfen, woraus „Schöffen aber nicht von
deephjan — schöpfen im Sinne des Schöpfens aus einem
Brumen). Zu einem vollen Spruch gehörten aber zwölf
Schöffen, wãhrend der dreizehnte der Schultheiß, Stuhlherr,
Raugraf u. s. w. war, da stets eine ungleiche Zahl erforderlich
war, um Stimmengleichheit zu vermeiden. Im Armanen⸗
um wor die Dingstätte der durch hohes Alter und der Ahnen
Weihe geheiligte Halgadom, welcher in Urtagen seine Anlage
besonderen Eigenschaften der Grilichkeit verdankte. Es war
ein Berg oder doch ein hügel, dessen Form oft künstlich ver⸗
indert wurde, so daß ganz gewaltige Erdbewegungen er⸗
forderlich waren, um ihn herzustellen, wie z. B. bei dem
schönen Hausberg von Stronegg bei Stronsdorf
nächst Ober-Hollabrunn in Niederösterreich,
das größte mir bekannte —S
*) Über dieses gewaltige Erdbauwerk aus armanischer Urzeit be⸗
richtet Dr. Math. Much in seinem Germanische Wohnsitze und Bau⸗
denkmale in Riederoͤsterreich““ „Alle (vorher aufgezaͤhlten Bergbauten
in Riederoͤsterreich) aber uͤberbietet an Ausdehnung und Vollstaͤndigkeit
der Formenkombination sowie an Unversehrtheit seiner Erhaltung und
an Groͤße des Eindruckes das merkwuͤrdige Bauwerk von Stronegg,
dessen Phramide eine Hoͤhe von 475 Metern, einen Umfang von 272
74
Halgadome, Hausberg bei Stronegg
Dort wo eine Quelle an Urdas Born, Mimirsborn u. s. w.
zrinnerte, oder bei besonders geformten Felsen,“) wie bei—
spielsweise der schöne Halgadom am Hohenstein bei Rothen⸗
kreuz, nächst Stecken in Böhmen,“) wo eine ganze Felswand
rünstlich bemeißelt erscheint, oder der Mittagsstein, die Drei—
—
Schritten hat und eine Flaͤche von 2400 Quadratmetern deckt, dessen
egelfoͤrmiger Tumulus bis zu einer Hoͤhe von beinahe 12 Metern auf⸗
tteigt, einen Umfang von 323 Schritten hat und einen Raum von 5000
Auadratmetern einnimmt, waͤhrend sich das ganze Bauwerk auͤber eine
Flaͤche von mehr als 12000 Quadratmetern ausbreitet. Die groͤßte Erd⸗
oyramide in den Vereinigten Staaten von Nordamerika hat auf ihrem
Plateau eine Flaͤche von etwa 1200 Quadratmetern, welche durch jene
des Tumulus mit fast 1000 Meter nahezu erreicht ist, da aber dieser
Tumulus nur einen Teil des ganzen Bauwerkes bildet, das sich, wie
bemerkt, uͤber einen Raum von 12000 Quadratmetern ausbreitet, so ist
das nordamerikanische Banwerk durch unser heimisches weitans an
Maͤchtigkeit uͤberboten, wobei außerdem die vollstaͤndige Erhaltung des
letzteren noch in Betracht gezogen werden muß. In aͤhnlicher Weise
stehen auch die beruͤhmten Koͤnigsgraͤber bei Alt-Uppsala in Schweden,
in welchen Odhin, Thorr und Freyr begraben sein sollen, an Groͤße
zuruͤck, indem der maͤchtigste dieser drei Huͤgel, der des Freyr, sich 828
Wiener Fuß uͤber der natuͤrlichen Bodenfstaͤche und 507 Wiener Fuß
üͤber der Ebene erhebt, waͤhrend der Tumulus von Stronegg bis 36
Wiener Fuß uͤber der natuͤrlichen Bodenflaͤche und zu mehr als 70
Wiener Fuß uͤber der Ebene aufsteigt, also jene um 8, beziehungsweise
um 20 Wiener Fuß uͤberbietet.“
Diesen, Halgadom von Stronegg belebte ich in meinem Roman
„Larnuntum“ Gerlin, Grote, 1887), sowie auch noch mehr andere
Heilsstaͤtten. Bezeichnend sind die Namen Stronsegg, Stronsdorf und
Ober-Hollabrunn. Stronsegg bezeichnet eine armanische Trojaburg,
was auch durch das Labyrinth, das Tumulus und Pyramide umringt,
sich bestaͤtigt. Stronsdorf ist das Dorf bei Troja. Hollabrunn erinnert
an den Brunnen der Frau Holla. uͤber andere aͤhnliche Halgadome siehe
meine Romane „Carnutum“, „Pipara“, meine „Deutsch⸗mytholog. Land⸗
schaftsbilder“, meine „Alraunenmaͤren“ u. s. w. u. s. w.
*) Der Heidentempel bei Tecklenburg; Beilstein bei Baden, Nieder⸗
oͤsterreich; der „Gutenstein“ bei Gutenstein, Niederoͤsterreich; Teufelskanzel
am Brocken; die Halgadome im Harz; der Hasenstein in der Grafschaft
Schaumbuxg; und viele hunderte andere. Siehe auch Grimm S. 802.
**) uͤber vorgeschichtliche Bauwerke im suͤdlichen Boͤhmen, von
Buido List. Heimdall 1903. Band 8. Nr. 10, 11, 12.
75
Heilige Steine, heilige Bäume
Steine im Riesengebirge, der „hangende Stein“ im Brühl
bei Mödling in Niederösterreichs) und hunderte andere
Felsgebilde, oder bei besonders mächtigen Eschen, Eichen,)
Buchen, Cannen,“s*) Fichten, Linden,) Birken, anderer Wald⸗
) Guido List, Deutsche⸗mytholog. Landschaftsbilder.
*x) Die Roͤmer, die von den Versammlungen der Germanen, zum
Zwecke der Gottesverehrung, der Dinge u. s. w. sehr unklare Begriffe
Jatten, nahmen faͤlschlich au, sie haͤtten den Jupiter unter dem Bilde
her Eiche berehrt. Ammian, Marcet. Lib. XXX.: „Valentineano post
vastos aliquid Alemanniae munimentum aedificanti prope Ba-
siliam quod appellant accoli robur.“ Er uͤbersetzt also den Begriff
solch einer heiligen Eiche in Alemannien mit — Basilia! — Maximus
Tyrius, dis. 88.: „Jovem Celtae colunt; Jovis autem apud eos
imulacrum alta quercus est.“ Daher der Irrtum, die Eiche habe
„Basil“ geheißen. Der beruͤhmteste Eichbaum, bei dem noch im, achten
Fahrhundert Volksversammlungen gehalten wurden, war der „Tuͤsbom“
dei Geißmar in Heffen, den Winfried GBonifazius) unseligen Angedenkens
faͤllen ließ, und den J. H. Schmink „in dissert. de cultu religionis,“
Marburg 1744, 8 7, ebenso falsch „arbor Joxis“ nennt. Eine Urkunde
b. J. 1446 gedenkt eines Halsgerichtes im Dorfe Geschwende bei der
„Hohen Eiche“ (non — Sonne, die hohe). Das Kloster zu Saalfeld
hegte sein Halsgericht „auf der Haide bei der Großen Eiche“. — Siehe
uch Grimm, Rchtsaltri. S. 795. — Im Allgau stand eine „Soͤn⸗ Eiche“,
d. I eine Sieben⸗- oder Sonneneiche. —
an, Zu Lostorf unter der Tanne saßen die Richter. Grimm S. 797.
JEiner Malstatt zur Linden im Steigerwald gedenkt Verporten,
de invesitura Alodiorum. Im Jahre 1424 in der Mitte des, Maͤrz
war bei Trunz vor dem Dorf eine große Versammlung der Graubuͤndner.
Die hoͤchsten Alpen hießen die Grauen. Unter der großen Linde (die
noch steht) versammelten sich die Vorsteher und AÄltesten und die, die
ihren „eigenen Rauch“ hatten (die Freien), redeten zu einander und
vurden eins, hoben ihre Haͤnde auf und schwuren den noch jetzt bestehenden
Bund. Im Bundbrief wurde u. a. bedungen: Alle Buͤndner, wenn red⸗
liche und ernstliche Sachen vorkommen, sollen gemeiniglich und durch
vollgewaltige Boten am Orte Trunz Tagsatzung halten. Beim „Onold⸗
bom“, auf dem hintern Gollberg im Rieß, auch der Spitzberg genannt,
var ein jaͤhrliches Gericht. (Tschudy.) Die Friesen hielten ihre Dinge
zuf einem großen freien Platz naͤchst der Stadt Aurich, unterm Upstal⸗
‚om“, woselübsi sie noch 1328 ihre Gesetze erneuerten. (K. W. Gaͤrtner.
Aitfrief. Gesetze. Leipzig. 1740. 4.) Lindenplaͤtze sinden sich noch heute
diele hunderte durch danz Deutschlaͤnd; die Namen „Sieben Linden“ —
76
Heilige Bäume, heilige Quellen, Brückengerichte
bäumen,“*) auf großen Matten, Wiesen und Mähdern,“*) bei
Brunnen***) und Früssen, auf Brücken)) u. s. w.; dort wurde
die sehr haͤufig sind — beziehen sich auf „Sonnenlinden“ und das „Be⸗
flebenen“, alfo auf Baͤume, bei welchen die Eide geschworen und Dinge
Jehalten wurden. Ihre Siebenzahl war nur sinndentlich. Dasselbe gilt
on Siebeneichen, Siebenbrunnen u. s. w. — Siehe auch Grimm, Rechts⸗
altert. S. 796
*) Im Jahre 1251 tat Siegfried Blankenberger im Michelgericht
Herbstgeding) beim hohen Baum (in Placito generali ad altum
bporum) auf alle Rechte und die Kloster-Vogtei Verzicht, die er uͤber
das Kloster Huͤhesberg gehabt hat. (Paulini, Tract. de Adovocat.
Monast. S. 559.)
**) Das Oetting. Landgericht auf den Leeren, oder Maͤhdern bei
Deiningen im Ries;, das Noͤrdlingische auf der Kuͤrwiese. Sie
vwurden auch die Riedmaͤhder genannt. Das thuͤringische Landgericht
wurde auf dem Ried bei Mittelhausen gehalten.
x***) Heilige Brunnen (Quellen) galten auch als Grenzmarken. Der
zeilige Brunnen im Schildwald ist noch Grenze zwischen Lenz und
Willzau; desgleichen der Jungbrunnen im, Paßtale bei Hoͤflein, der die
Grenze zwischen den beiden Wienerwaldvierteln Niederoͤsterreichs bildet,
und viele, viele andere mehr.
1) Das Sal⸗ (Heil) und Bruͤckengericht zu Wuͤrzhurg (das noch
Infangs des 19. Jahrhunderts als „Stadtfal⸗ und Bruͤckengericht“ in
Abung war), „das seine bestimmte Sal hatte und gewisse Zehenten in
ich faͤßte, die dahin den Zug nahmen“. Es hatte, ehe es „auf die Kanzlei
Jezogen wurde“, zwei besondere Dingstaͤtten oder Salen, und zwar beider⸗
ils der Mainbruͤcke. In der einen, wurde „uͤber Schuld und Schaden,
Haut und Haar“, in der andern uͤber „Hals und Hand“ gerichtet, und
Fieß letztere davon „die schwarze Sal“. Die Grafen von Henneberg
als Erbburggrafen und Schirmvoͤgte des Stistes hatten darinnen den
Vorsitz. (Oberthuͤr, Taschenbuch fuͤr Geschichte. 1796.) Eines Bruͤcken⸗
zerichtes zu Gravenstein erwaͤhnt „Kuchenbacker“ in analect. Hass.
Coln. S. 2914. Das Landgericht des Burggrafentums Nuͤrnberg
wurde noch in der Mitte des 135. Jahrhunderts viermal gehegt und ge—
halten: 4. Vor St. Egiden-Kloster in Nuͤrnberg, 2. in Gostenhof, 3. bei
der Bruͤcke uͤber der Pegnitz zum Stein, und 4. bei der Bruͤcke
zu Fuͤrth; so hießen die hier bestimmten Dingstaͤtten. — 1278 uͤber⸗
jab Burggraf Friedrich der aͤltere gewisse Guͤter dem Kloster Heilsbrunn
Iim Michelsgerichte bei der Bruͤcke in Wikershofen. — In
hen vereinigten sechs Maindoͤrfern zu Franken wurden die jaͤhrlichen drei
Berichte zum Hornung, Maien und Herhst unter den Linden in den
Kirchhoͤfen, nachgehends auf ihren Ratshaͤusern gehalten, die an den
77
Hohe Brüůcken, rote Kreuze, heimliches Gericht
in Urtagen der Halgadom angelegt, an dessen einstigen Be—
stand heute noch der Name zweifellos erinnert. Nach der
Einführung des Christentums, in welcher gewalttätigen
Periode die Halgadome meist mit stürmender Hand genom—
en, oder doch unterm Einflusse drohender Machtentfaltung
—E „Götzen“⸗
irchen umgestaltet wurden,*) da versuchten die gedemütigten,
armanenlos gemachten Germanen, wie schon gesagt, trotz⸗
dem ihre Malen in den Kirchen oder deren Vorhallen ab⸗
ʒuhalten, und wenn dies nicht gelingen wollte, so suchten sie
aͤbgelegene Waldesstellen — die noch heute davon zu den
Roten Kreuzen“* genannt werden — zu diesem Zwecke auf,
oder sie verlegten diese „heimlichen Gerichte“ auch an alt⸗
geheiligte Kreuzwege an offener Straße.***)
Die Võgte und die „Herren“ verlegten später die Dinge
oder Gerichte in die Burghöfe. Freilich waren oftmals alte
halgadome zu Burgen geworden und daher die frühere
Kirchhoͤfen gebaut sind, mit Ausnahme von Obernbreit, das sein Gericht
zu ünd auf der Bruͤcke uͤber den Steppach hielt, als ein Ober⸗
Jericht, wohin die fuͤnf anderen den Zug nahmen und woselbst noch das
einerne Rathaus steht. — Im Holsteinischen und Mecklenburgischen
Hurde an der Levensau, up de Bruke de Luzau zu Segeberg
Gericht gehalten. (Dreier, „vom Nutzen der heydnischen Gottesgelehrsam⸗
keit, in seinen vermischten Abhandlungen. jI. Teil. S. 868.) Hierher
gehoͤren noch die verschiedenen sodenannten „Hohen Bruͤcken“, z. B.
u Wien naͤchst dem „Hohen Markt:, an der Ybbs, Erlaph u. s. w.
velche alle sich als Dingstaͤtten fur Bruͤckengerichte erweisen; das „Hoch“
hezog sich auf die Sonne als „Hohe⸗Ar“, und nicht auf die relative
Hoͤhe des Bauwerks.
*) Der Tempel zu Rethra und seine Zeit. Von P. Wigalois,
Verlag Gust. Simons, Berlin 8. M. 61 Sehr zu empfehlen wegen
seiner quellenmaͤßigen Darstellung der Ehristianisierungsvorgaͤnge und ruͤck⸗
sichtslosen Berichtigung aller bisheriger Annahmen uͤber diese Ereignisse.
Oben zitierte Arbeit uͤber vorgeschichtliche Bauwerke im suͤd⸗
lichen Boͤhmen. Guido List; Vom Wuotanismus zum Christentum.
) Grimm, S. 804 ff. 8. B. das heimliche Gericht“ eine nur
shrrer gzusangliche Felsengruppe bei Senftenberg im Kremstal, Nieder—
oͤsterreich.
78
Anordnung der Gerichtssitzung
Malstätte dadurch gewahrt; zum öfteren aber war der
Grund für solche Maßnahme die leichtere Vergewaltigung
des arischen Rechtes durch das römische Unrecht. — Auch
in Städte wurden die Malstätten verlegt. In Burgen und
den städtischen Rathäusern wurden zwar anfänglich die Ge⸗
richte noch immer auf freiem Platz unter Baumesschatten
zgehegt, doch bald wurden die Sitze unter bedeckte Cauben,
Halcrien und Hallen gestellt, wenn auch bei offenen Türen
verhandelt wurde, oder auch vor der Türe, um scheinbar
dem alten Wortsinne gerecht zu werden.
Die Gerichtssitzung war derart angeordnet, daß der
Kichter sein Gesicht gegen Sonnenaufgang gewendet hatte;
das entblößte Schwert hatte er zwischen den Beinen gestellt,
den Stab erhoben in der Rechten. Ihm zu beiden Seiten
saßen die Schöffen, nur etwas tiefer; rechts stand der An⸗
llager, links der Geklagte.“) Der Dingplatz wurde mit dünnen
Hafelstäben eingehegt und rote Schnüre darum gezogen. Die
heiligkeit des Dinges gab diesen Schranken größere Festig⸗
keit als Balken oder Mauern. Sinnbildlich konnte schon ein
schwacher Faden binden, wie nach Grimm, Rechtsaltertüm.
5.182, ein Dienstmann des Lölner Erzbischofs mit einem
bloßen Fadenzug, laut LKölner Hofrecht eingesperrt worden
wor. Erst späler traten an Stelle dieser Haselgehege hölzerne
Schranken, wovon der Name „Schranne“ für die Dingstatt
*) Norden oder Mitternacht galt als die Gegend der Winter⸗
Hemmungs⸗ und Todesgewalten, von woher man alles Übel erwartete;
daher wurde beim Reinigungseid in peinlichen Sachen — gewissermaßen
zur Abwehr alles Uebels — das Gesicht gegen Nord gewandt. Bei
nderen Eiden gegen Osten — den Tag — oder gegen die Sonne. Dem
zu Enthauptenden wurde ebenkalls das Gesicht nordwaͤrts gewandt. Als
Hakon Parl sein siebenjaͤhriges Kind den Goͤttern opferte, blickte er
egen Norden. Die Juͤten nannten Nord die „schwarze Ecke“, die Friesen
bie Ffurchtbare Seite“; der Galgen wurde auch „der nordwaͤrtsgekehrte
Zauim · Jenannt (Grimm, Rechtsaltertuͤmer S. 807.) Der Tapis“ in
den Fremaurerlogen ist mit den drei großen Lichtern, im Osten, im
Sadete ande in Westen besteckt, waͤhrend im Norden kein Licht steht;
cz ist eben dort die „schwarze Ecke“, der Ort der Finsternis.
79
Schranne, Ram, Tagung, Morgensprache
aufgekommen war. Aber auch „Ram“, von „Rahmen“, „ein⸗
rahmen“, war für den „gehegten und gefriedeten“ Gerichts⸗
platz gebräuchlich, woher die Ausdrucksweisen stammen: „sich
anrahmen“ für: sich vor Gericht einfinden, und „ein Ding
anberahmen“ für: einen Termin anberaumen.
Mit Somienaufgang wurde das Gericht eröffnet,“ mit
Sonnenuntergang geschlossen, denn „nur bei steigender und
scheinender Sonne durfte getagt werden“ und der Richter
eröffnete den Stabgang mit den Worten „uppen Tag“,
d. h. „die Tagung ist eröffnet“. „Sonnenzeit“ galt darum
für alle gerichlliche Handlungen, sowohl für die eigentliche
Gerichtspflege wie für das Warten der Vorgeforderten als
auch für gerichtliche Ladungen; ja es wurde selbst darauf
Rücksicht genommen, daß Richter, Schöffen und die sonstig
Beteiligten noch vor Sonnenuntergang heimkehren konnten.
Vor Sonnemnuntergang mußte auch das Gottesurteil, der ge⸗
richtliche Zweikampf oder die Strafe vollzogen oder auf einen
anderen Cag verschoben werden, wenn die Sonne schon zum
Untergange neigte, da besonders bei Ordalien ein Sieg zur
Rachtzeit als durch den Beistand der Dunkelmächte erzielt
angesehen worden wäre.
Jeder Prozeß“ — sagt Grimm — „ist ein Kampf.
Der Mäger zreift an, der Beklagte wehrt sich. Die Vor⸗
7 Saͤchsisches Landrecht, Art. 61—68. Alemann. Landrecht, cap. 12.
„man soll gericht warten von der Zeit daz die sunnen ufgat unz zu
mittag“. Der Stabhalter fragte deswegen vor gehegtem Gericht: „Ist
die Sonne hoch genug am Tage, daß ich dieses Gericht hegen und halten
mag?“ Oder auch: „Ist es vollkommene und gerechte Zeit, daß ich
— —— Eben daher, und
weil alle Versammlungen des Morgens gehalten wurden, stammt die
Benennung „Morgensprache“ (Parlement, davon Parlamenti). Jeder Teil
mußte „drei Stund“, d. h. zu dreien malen „bei der Sonne“ vorgeladen
werden. (Angsburger Staͤdtbuch, v. J. 1276, das mit dem alemann Land⸗
echt vollkommen übereinstimmte) Tag und Sonne waren geheiligt. Die
schadenstiftenden Geister, Nachtalben und Zwerge haben nur im Dunkel
Racht. „Das heilige Licht!“ war eine Betenerungsformel. (Grimm,
Rechtsaltert. S. 813.)
30
Dienstag, Irda (Erichtag), Dingstag, Gerichtstag
ladung ist eine Kriegsankündigung. Die Gemeinde schaut zu
und urteilt, wer unterlegen sei. Zeugen und Mitschwörende
helfen auf beiden Seiten. Zuweilen löst sich das ganze Ver⸗
fahren in das Gottesurteil eines leiblichen Zweikampfes auf.“
Rechtsaltert. . 834.) Es ist darum erklärlich, weshalb die
Dinge am zweiten Wochentage, der dem Kriegs⸗ und Schwert⸗
gotte Tyr, Iring oder Erich geweiht war, abgehalten wur⸗
den, und dieser Tag daher Dingstag geheißen war. Unser
Dienstag (Dingstags hieß darum früher auch Cystag (engl.
uesdey, fries. tysdag, altnordd. tysdagr, schwed. tisdag,
nach Cyr oder Cüs, Cuisk Swist. In Bayern und Oster⸗
reich hieß und heißt mundartlich noch heute dieser Tag
Irda“, von Iring oder Erich). Cys, Cyr, HSio u. s. w. war
ver der griechische Ares und daher hieß der oberste Gerichts⸗
hof in Athen „Areopag“ Aresfeld); er entsprach ebenso dem
römischen Mars, und wieder ist es Mars * dem der
Dienstag heilig war. Wie unter den Wochentagen der Diens⸗
tag, so war unter den Monaten der September oder Oktober,
in welchem die Sonne im Seichen der Wage⸗ steht, dem
hauptdinge des ganzen Jahres geweiht, und daher war der
Shn Baldurs, der Ase Forseti der Besitzer des Sonnenhauses,
bon dem es in der Gylfaginnig (Edda) 32 heißt:
„Forseti heißt der Sohn Baldurs und der Nanng, der
Tochier Reps. Er hat im Himmel den Saal, der Glitnir
Gleißner) heißt, und alle, die sich in Rechthändeln an ihn
venden, gehen derglichen nach Hausfe. Das ist der beste Richter⸗
stuhl für Götter und Menschen. Es heißt von ihm:
Glitnir ist die zehnte (Götterwohnung); auf gold'nen Säulen ruht
Des Saales Silberdach.
Da 5— Forseti den langen Cag
And chlichtet allen Streit.“
Daher war die jährliche Hauplgerichtszeit das „mihila-
Jing“, das später, in christlicher Ara, zum —A
31
Drei heilige Feiten, ungebotene und gebotene Dinge
—
—
wurde. Aber auch der Erzengel St. WMichael ist ein Streiter
und Held, der stets gewappnet erscheint, denn er streitet mit
dem höllendrachen und hat zuweilen auch die Wage des
Gerichtes in der Hand, die eben die Wage des Zodiaks ist.
Mihila oder Michel bedeutet aber der Große oder Starke und
ist Wuotan selber, und nur des Gleichklanges wegen durch
Michael ersetzt. Der Mihila- oder Michelstag hieß auch das
Herbstgeding, zum Unterschied vom Maigeding, das auf
Walpurgis fiel. Abrigens verordnete Wuotan (Vnglinga
Saga, c 8) drei jährliche Opfer; das erste fiel auf den Herbst
Mihilading, Ernteopfer, Erntefest, Kirchweih), das zweite
m Winter (Wihinaht), das dritte in den Sommer (Sonnwend);
das waren die ungebotenen, auch echten Dinge, oder die drei
heiligen Zeiten, welche auch als Gerichtstage zählten. Später
oSder auch nur als lokale Abweichungen — galten als
Dingzeiten: Walpurgis, Johannis, Michelis oder Martini,
auch statt Walpurgis, der Cag Pauli Bekehrung (25. Jän⸗
ner), oder vierzehn Cage nach Neujahr. In späteren Zeiten,
ils die armanische Dreiteilung vergessen und der Vierteilung
des Jahres gewichen war, gab es vier Gerichtszeiten oder
Zins lage, auch Quartale oder Quatember genannt, und zwar:
Pfingsten, Martini, Dreikdnig und Ostern, welche Einteilung
Iber Hahlreichen lokalen Verschiebungen unterworfen war.
Vdn dem Einflusse des zunehmenden oder vollen Mon⸗
des*) auf alle Naturvorgänge und ebenso auch auf Empfin⸗
dungen, Stimmungen und handlungen der Menschen im gün⸗
sigen Sinne, ebensfo von dem Einflusse im schädlichen Sinne
*) Die noch heute, aus Unverstand, fuͤr Aberglauben gehaltene
Beobachtung der Regeln, gewisse Verrichtungen nur bei aufnehmendem
Ronde vorzunehmen, trotzdem in den „Gezeiten“ (bei Ebbe, Flut u. s. w.)
er Einfluß der Aspekten der Sonne zum Mond wissenschaftlich nach⸗
gewiesen ist (Strabon, Kepler, Newton, Zaplace, Lubbock, Whewell,
Zernoulli, Lenh, Dr. Berger u. a.) und der Nachweis fuͤr deren volle
Berechtigung erbracht ist, mag es wuͤnschenswert erscheinen lassen, hier
aͤher darauf einzugehen, um zu zeigen, daß die Armauen auch in dieser
3
32
Auf⸗ und abnehmender Mond
des abnehmenden und neuen Mondes, wurde die W ahl der
Art der zu verhandelnden Opferdienste, Versammlungen
Beziehung das schon wußten, was vergessen werden mußte, um — neu⸗
entdeckt werden zu koͤnnen, wie so vieles andere auch. In der Stern⸗
kunde werden die verschiedenen gegenseitigen Stellungen der Sonne, des
Mondes und der Planeten zueinander, wie selbe von der Erde aus ge—
sehen werden, Aspekte genannt. Die Konjunktion oder Zusammenkunft
wird mit dem Zeichen angedeutet und ergibt sich, wenn zwei Gestirne
in Bezug auf die Erde einerlei Laͤnge haben. In diesem Falle sind ihre
Orte am Himmel nur um die Differenz oder Summe ihrer Breiten, je
nachdem sie auf einer Seite oder den entgegengesetzten Seiten der Ekliptif
liegen, verschieden, und also, da die Breite der Sonne stets Null, die
des Mondes und der großen Planeten aber nie betraͤchtlich ist, in
der Regel wenig voneinander entfernt. Haben sie bei gleicher Laͤnge
auch voͤllig gleiche Breiten, so bedecken sie einander (von der Erde aus
zesehen) oder es geht der eine Himmelskoͤrper vor dem anderen voruͤber.
Die Konjunktion des Mondes mit der Sonne verursacht Neumond; faͤllt
aber ihre Breite fast oder ganz zusammen, so entsteht eine Sonnen—
insternis. Die Opposition oder der Gegenschein, mit dem Zeichen *
angedeutet, ereignet sich, wenn die Laͤngen zweier Gestirne um 180 Grade
verschieden sind. Stehen Sonne und Mond in Opposition, so haben wir
Vollmond, und faͤllt zugleich ihre Breite fast oder ganz zusammen, so
haben wir Mondesfinsternis. Die Konjunktion des Mondes mit der Sonne
Neumond) vereinigt nun — ganz abgesehen von den sonstigen fluidalen
Stroͤmungen und magnetisch-elektrischen Einwirkungen der beiden Ge—
stirne auf die Erde — deren Anziehungskraft auf diese, welcher nicht
nur die Luft und das Wasser allein ausgesetzt sind, und wodurch der
Luftdruck sich um ein bedeutendes vermehrt, waͤhrend im Gegenschein,
dei Vollmond, das Gegenteil eintritt. Darum fuͤhlen sensible Personen
im aufnehmenden Mond bis Vollmond eine Erleichterung, welche sich
bis zur Ekstase steigern kann, waͤhrend bei abnehmendem oder Neumond
das Gegenteil zu beobachten ist. Daher auch jene gewissen Regeln fuͤr
Heilzwecke, welche anfnehmenden Mond zu deren Durchfuͤhrung verlangen,
und darum aber auch waren Neumond und Vollmond von den Axio—
germanen heilig gehaltene Zeiten. Tacitus cap. 11 schreibt: „Die Be⸗—
ratungen finden, wenn kein unvorhergesehener Fall eintritt, an bestimmten
Tagen statt, und zwar gelten Neumond und Vollmond als segensreichste
Zeit fuͤr die Staatsgeschaͤfte. Die Germanen zaͤhlen aber nicht wie wir
Roͤmer) nach Tagen on Mittag zu Mittag), sondern nach Raͤchten
von Mitternacht zu Mitternacht); so wird verabredet, so anberaumt;
83
Tagungen, Frinen
u. s. w. bestimmt, von deren Unterschied Tacitus allerdings
nichts wußte. Aus der zitierten Stelle aus cap. II des Tacitus
ging aber noch der weitere Irrtum hervor, daß die Germanen,
des Mondkultes wegen, einen Nachtdienst gehabt hätten wie
die Uelten, während sie ja doch einen Sonnenkult pflegten
und, wie oben gezeigt, „tagten“ und nach Tagen zählten.
Wohl begann ihr Tag um Mitternacht — wie ja Not die
Mutter Dags ist — aber niemals rechneten sie nach Nächten,
sondern immer nur nach Tagen. Nach dem Mondmaße hatten
sie vierzehntägige Fristen, nämlich von Vollmond bis Neu⸗
mond, und daher hatte die Woche sieben Cage (ein Mond⸗
viertel); dazu kam aber immer noch ein Tag mehr zur Ver⸗
längerung der Frist, und so war eine wöchentliche Frist acht
Tage, eine zweiwöchentliche „über“ vierzehn Tage galt fünf—
zehn Tage'und eine sechswöchentliche fünfundvierzig Cage
Grimm, 5. 221), d. h. dreimal „über“ 14, nämlich 15 * 45.
Es wurde schon der „ungebotenen“ oder echten Dinge
zedacht, was den Gegensatz der „gebotenen Dinge“ bedingt;
erstere placita non indicta, letztere· placita indicta benannt.
Erstere fanden zwei- bis dreimal im Jahre statt, zu welchen
alle Freien des Gaues ungeboten zusammenkamen, während
die gebotenen von Fall zu Fall oder nach Bedarf abgehalten
wurden, zu welchen dann die Freien durch den Dingboten
geboten wurden.
erst kommt die Nacht (als Mutter des Tages), dann der Tag“. Auch
hier war die tiefere Naturerkenntnis (gewissermaßen die Esoterik) maß⸗
zebend, um solche Anordnungen zu treffen, die mit dem, was man heute
aus Unverstand Aberglauben nennt, nichts gemein haben, waͤhrend das
Volk — wie noch heute ohne sich um das Warum zu kuͤmmern — dem
Brauchtume folgte und daran allerlei Meinungen und Braͤuche band,
welche spaͤter mißverstanden allerdings in Aberglauben ausarteten. Man
soll daher immer bei vermeintlichem Aberglauben den Ursprung desselben
suchen, um begreifen zu lernen, daß hohe Weisheit sich dahinter birgt,
welche wiederzubeleben groͤßeren Nutzen stiften wuͤrde als die wohlfeile
Verdaͤchtigung fuͤr Unverstandenes als Aberglaube.
45*
84
Freie und Unfreie
Da schon oft der „Freien“) gedacht wurde, muß hier
ganz besonders hervorgehoben werden, daß die „Unfreien“
oder „Unechte“ der Urzeit nicht etwa Ceibeigene im Sinne des
Mittelalters waren, sondern die Familienglieder der Freien.
) Noch im Jahre 500 kannten die Goten, wie aus Theodorich
des Großen in Rom erlassenen Edikte hervorgeht, nur freie Goten.
deren Freiheit er gegen die Eingriffe der Roͤmer auf das Entschiedenste
vahrt. Die Artikel des Ediktes, welche von Sklaven und Freien reden,
sind folgende: Tit. 48, 48, 54, 65, 70, 78, 739, 80 87, 96 100 - 102
108, 417, 118, 120, 121, 428, 444, 142, 148, 150 und 182 unter den
154 Artikeln. Schon beim Eintritte in Italien brachten die Goten
ihr eigenes Recht mit (nach welchem sie auch die Landnahme regelten,
zenau wie es im Sachsenspiegel verlangt wird; davon weiter unten), wie
schon Jornandes bezeugt, indem er sagt: „leges quas usque nunc
onscriptas Bellagines nuncupant“ und dieses war schon geschriebenes
Recht. Aus zwei Schreiben des Koͤnigs Theodorich geht aber mit
wingender Deutlichkeit hervor, daß ausnahmslos alle Goten freie Leute
waren. Im ersten befiehlt der Koͤnig, daß der Blinde Ocecus, der wider—
techtlich versktlavt wurde, sofort in den Zustand eines Freien zu sehen
ei. Da er Kriegsdienste geleistet hatte, welche Roͤmer nicht leisteten, so
erhellt, daß Ocecus ein Gote war. Daͤs andere Schreiben ist noch deut⸗
licher, denn der Koͤnig befiehlt darin: Fut à Costulasat Daila, Gothorum
libertate gaudentibus, onera servilia amoveantur“. Und genau so
varen bei allen anderen germanischen Voͤlkern alle freie Leule uns waffen—
berechtigt; keiner war Sklave, nur die Kriegsgefangenen und mit nur
sehr geringen Ausnahmen wohl auch begnadigte Verbrecher oder solche,
die sich selbst verspielt hatten. Der Koͤnig Athalarich sagt var. VIII, 28.:
nostris est saeculis inimicum, servitutis jugo libera colla de-
drimere. Das erwaͤhnte Edikt Theodorichsregelt die beibehaltene
ͤmische Sklaverei in Hinblick auf die freien Goten im allgemeinen
ach folgenden Grundsaͤtzen: „Alle diejenigen, welche auf eine hinter⸗
istige Weise (plagiando) sich eines Freien (Goten) bemaͤchtigen, ihn
dersenden, verkaufen oder als Sklaven bei sich behalten, erleiden die
Todesstrafe. Die, welche einen solchen bei sich heimlich behalten, kaufen
oder verkaufen, sollen, wenn sie niederen Staudes (uniliores sind,
nit Ruten gestrichen uͤnd ausgewiesen werden; sind sie aber von besseret
Abkunft onsstiores), so soilen sie ein Drittel ihrer Guͤter verlieren
und auf fuͤnf Jahre des Landes verwiefen werden. Wer einen Freien in
Sklaverei haͤlt und behauptet, dazu berechtigt zu sein, soll als Verleumder
bestraft werden. Der Verkauf eines Freten als Sklave aͤndert nicht
dessen Stand; ist er aber volljaͤhrig und schweigt er gegen den Kaͤufer,
oder teilt gar mit dem Verkaͤufer den Kaufpreis, so verliert er dadurch
85
Sklaven, Leibeigene, Kriegsgefangene
Frei war nur das Familienhaupt (heute würde man sagen
Majoratsherr; der Hausvater), nämlich derjenige, der seinen
„eigenen Rauch“ hatte, der den Familienbesitz verwaltete. Er
war stimmfähig und erschien am Ding, während seine Söhne
und sonstigen Sippen als seine Unechte unfrei waren, d. h.
am Ding weder Sitz noch Stimme hatten und nur dem „haus⸗
vater“, dem Oberhaupte der Sippe unterstanden, aber
Nutzungsrechte auf das Familieneigen hatten, das das Sippen⸗
haupt für alle verwaltete, da es nur Familieneigen, aber kein
persönliches Eigen gab. Diese Unfreien waren daher weder
Sklaven noch Leibeigene, sie hatten alle Rechte, nur kein
„Mundrecht“, dessen für sie ihr Sippenhaupt, als ihr „Mund—
walt“ GVormund), waltete. Die Sklaven, die aus einstigen
Uriegsgefangenen bestanden, hatten überhaupt kein Recht, sie
waren Sache und den Haustieren gleichgeachtet; ja sie hatten
nicht einmal ein Recht auf das Leben, denn sie waren Feinde,
und der, der sie gefangen nahm und ihnen nur bedingt das
Leben ließ, konnte sie später, wann, wo und wie er wollte,
ebenso töten, wie er sie auf dem Schlachtfelde hätte nieder—
strecken können. Daran änderte es nichts, wenn sie verkauft
wurden, denn der neue Hherr übernahm käuflich die Rechte
des alten; ebenso vererbte sich ihre Rechtlosigkeit auch auf
ihre Kinder. Erst die Zeiten nach dem blutigen Karl brachten
das Ungeheuerliche fertig, daß ein Stammesgenosse des
anderen Stammesgenossen Herr oder Leibeigener sein konnte,
was der alt⸗arischen Rita auf das schärfste entgegensteht,
welche von der gleichen Freiheit aller durchdrungen war und
nur dem persönlichen Verdienste höhere Ehren, dafür aber
auch höhere Pflichten zuerkannte, bei sonst voller Gleichheit.
seine Freiheit. Wenn einer, der als Freier lebt, von einem anderen als
sein Eigentum angesprochen wird, so muß dieser andere den Beweis
uͤhren; dringt aber ein vermeinter Sklave auf seine Freiheit, so bleibt
sein Defensor (Anwalt, denn der Sklave konnte sich selbst vor Gericht
nicht vertreten) mit dem Beweis belastet. Auch durften Freie (Goten)
aicht auf die Folter gebracht werden. (Die Regierung der Ostgoten in
Italien. Von Prof. Georg Sartorius. Hamburg, Friedr. Perthes, 1811.)
36
Rangordnung der Gerichte
Unter den Gerichten gab es auch Rangordnungen, über
welche Grimm, Rechtsaltert., 8. 793,9) schreibt: „Unwissen-
heit im Rechte schadete denen, die eines Urtheils gefragt, mit
dem Urtheil beladen waren (also den Richtern und
Schöffen), nichts; traute sich ein einzelner Schöffe oder trauten
sich alle Schöffen nicht, in dem ihnen vorgelegten Fall das
Kecht zu finden, so durften sie sich auswärts Kats erholen.
Die Schöffen wandten sich an ein benachbartes anderes Ge—
richt, fuhren zu Hofe, dies hieß: die Fahrt, der Zug,
der Schub. Die Weisung erfolgte unentgeltlich; das nannle
man des Landes Almosen. Die kleineren Gerichte hatten
ihren Oberhof (den nächsthöheren Halgadom), von dem
sie hergingen, wie die Weistümer sagen. Aber die
Rechtserholung vom Oberhof war keine eigentliche Instanz,
denn sie erfolgte vor dem Urtel (das zu sprechen die Richter
und Schöffen sich nicht sicher genug fühlten, weshalb sie
eben zu Hofe fuhren) und wurde von den Schöffen selber
eingeholt und schließlich durch ihren Mund hernach aus—
gesprochen. Auch lag in diesem „ich Raths erholen‘ durch—
aus keine Abhängigkeit des holenden Gerichtes von dem aus—
kunftgebenden. Die Schöffen konnten sich an einen benach—
barten Dingstuhl desselben Landes oder Gaues wenden, der
hnen gleichstand und der sie bei anderer Gelegenheit eben⸗
falls befragte. Crotz dieser gegenseitigen unbedingten Freiheit
bildete sich ganz von selbst im organischen Werdegang das
Verhältnis der geringeren und höheren Gerichte heraus, wie
es die Bezeichnungen Untergericht und Oberhof bedingen.
Daraus folgt, daß es gewisse Oberhöfe) die Haupthalgadome)
gab, deren Gebiete oder Sprengel ganze Länder und Völker
umspannten.“
Wenn Friedr. Karl v. Savigny in seiner „Geschichte des
römischen Rechts im Mittelalter“ (J. 222) nachweist, daß erst
in den fränkischen Rapitularien über Appellationen (Berufun⸗
*) Grimm, R.⸗A. S. 834 mehr daruͤber.
87
Oberhöhe, Vorgedinge, Afterdinge, Mal (Mallus) J
——
gen) verordnet wurde, in der ältesten Verfassung aber noch
keine Gerichtsinstanzen vorkommen, so hat dies seinen ganz
bestimmten Grund in der Loslösung der Ripuarier von der
ario⸗germanischen Rita (G.C.⸗B. Vr. 2, Armanenscaft,
5. 57 ff.) und in der Sucht derselben, das Erbe der Welt⸗
macht Rom für sich zu erringen, obwohl sie nicht sich selbst,
sondern dem viel schlaueren papistischen Rom diesen Liebes-
dienst leisteten. Durch diese aufgezwungene Appellationspflicht
der Untergerichte an die Oberhöfe wurde eben das freie grische
Recht geknebelt und mählich, aber sicher dem römischen Rechte
unterordnet. Wenn man Sovigny entgegenhielt, daß unter den
Friesen man vom Dorfgericht an das Gaugericht und vpon
diesem an das allgemeine Volksding appellierte, so war dies
— wir haben es oben gehört — keine eigentliche Appellation
oder Berufung, sondern nur ein „zu Hofe fahren“, um sich
Kats zu erholen.
Grimm unterscheidet ferner noch zwischen untergeord⸗
neten und nachgeordneten Gerichten, denen entweder ein ande⸗
rer Richter (obschon am selben Orte) vorsitzt, nachdem der
erste Richter ein „Vorgeding“ abgehalten hat, oder die dem
ordentlichen Gerichten zur Entscheidung unerledigter Sachen
nochfolgen. Sie wurden auch Afterdinge, „judicia posteriora“
genannt und folgten meist unmittelbar hinter den ungebotenen
Hingen Aber auch so gewissermaßen „delegierte Gerichts⸗
höfe“, wie man heute sagen würde, waren diese „Afterdinge“,
wie sich aus vielen Orlenamen ergibt, wo sie einst als ab⸗
geordnete Nebengerichte ihre Dingstätten aufgeschlagen hatten,
so z. B. „Eferding“ bei Linz, „Ofterdingen“ in Osterreich,
„Efterdingen“ in Schwaben u. a. m.
Auf der „Malstatt“ (Placitum), dem alten Hhalgadom,
war das „Mal“, das Gerichtszeichen (Mallus) aufgestellt;
das Ding wurde unter freiem Himmel gehalten, wie noch
das alleman. Lehenrecht, cap. XCVI, anordnet: „. .. in be⸗
flossem Hofe oder Huße noch unter tach Dach) noch under
hurgen foll der Herre ein Cehnrecht halten.“ Das Mal stand
38
Malstatt, Irmensul, Rolandssäule, Cieth
auf der Sal oder dem begrenzten freien Platze, wo sich die
Dingpflichtigen versammelten. Mitten war der Ring oder das
Gericht unternm Mal (Baum, Säule, Irmensul, Rolands—
säule u. s. w.), wo die Schöffen auf Steinen saßen, und die
Dingpflichtigen im Kreise rundumstanden und den „King
schlossen“; davon hießen sie der Umstand (die Herumstehen⸗
den); „alle di am ringe sint uzzerhalb oder innerhalb“.
Alleman. Candrecht, cap. 398.) Bei Volksdingen bildete das
Volk selbst (die Freien) den Umstand. Daher die Redensarten:
„Zum Mal gehen“ und „Jeder hat sein Handmal“, nämlich
fein bestimmt angewiesenes Gericht, bei dem er „zu Recht
stund“ oder „rechtansprüchig saß“.*) In späteren Heiten wur⸗
den die Dinge unter einem Cieth**) oder in einem offenen
x) Urkunde K. Friedr. III. v. J. 1464: „Vor den Richtern und
in den gerichten, da dieselben ansprechlich sitzen und hingehoͤren, recht
suchen und nehmen.“ Nach geschlossenem Gericht am Mal wurde ge—
schmaust — oder die „Atzung“ genossen — und daher ward jeder Schmaus
oder Gastgebot ein Mal genannt, auch dann, wenn es nicht am Gerichts⸗
platze selbst verzehrt wurde, und die Tageszeit selbst hieß davon „Mal⸗
eit“. Ad mallum vocare“ galt endlich im uͤbertragenen Sinne fuͤr
zine Labung zu einer Gasterei, wie es eigentlich eine Ladung vor Gericht
urspruͤnglich bedeutete.
*5) Liet, Lith, Lid — Deckel, Dach; z. B. das Augenlid, das
Kannenlith, naͤmlich der Kannendeckel. — Es war ein „Obdach“, eine
Halle, die auf allen Seiten offen war, und wie deren eine große Zahl
hestand und teilweise — meist unerkannt — noch heute besteht. Das
heruͤhmteste dieser „Liethe“ ist wohl der „Koͤnigsstuhl“ unterhalb Rhens
am Rhein, gegenuͤber von Oberlahnstein, der 1808 „von altersher“
als Versammlungsort der Fuͤrsten gelegentlich der Vorwahl Kaiser
Heinrichs VII. zum erstenmale erwaͤhnt wird, den Kaiser Karl IV. im
Achteck aus Quadersteinen 1376 auffuͤhren (erneuern) ließ, den die
Franzosen 1794 zerstoͤrten, der aber von Koblenzer Buͤrgern 1848 in
Ater Gestalt wieder hergestellt wurde. Ein anderes — als solches noch
nicht erkanntes — sehr schoͤnes Lieth ist die schoͤne altsaͤchsische (nicht
romanische), sechseckige Roͤtunde zu Maria-Saal in Kaͤrnten, das den
Archaͤplogen noch immer ein Sphinxraͤtsel bietet. Schon der Name
Maria)⸗Saal weist auf eine Sale, einen Halgadom hin, und der Um⸗
and, daß in allernaͤchster Naͤhe der altberuͤhmte kaͤrntnerische Herzogs⸗
ftühl' auf dem Zollfelde (Salfeld) steht, bezeugt seine alte Heiligung,
89
Cieth, Caube, Sal, Saalhaus, Saalhof
Saal,*) endlich sogar — ganz ritawidrig — in Kammern
und daß es vom Volke als „Heidentempel“ angesprochen wird, ist nicht
minder bezeichnend. —, Eine Laune des Zufalls ließ anfangs des
18. Jahrhunderts in Moͤdliug bei Wien, auf dem „Kalenderberg“ (sehe
über Kalander GeL.-B. Nr. 2, S. 53 ff., 64) als Ruinenneubau den
fchwarzen oder Hungerturm“ entstehen, mit solcher offener Halle, als
lin Lieth“. Dort aber ist eine alte praͤhistorische Ansiedlung nachge⸗
wiesen, und der Name „Kalenderberg“ deuͤtet auf eine dort bestandene
stalande, also auf einen Sitz der Feme und der „Templeisen“ hin, und
fagenmaͤßig werden dort auch „Templer“ genannt. Dieses Lieth an jener
Stelle, wenn auch unbewußt entstanden, paßt vortrefflich dorthin, wo
bielleicht vor einem Jahrtausend das echte gestanden hatte. Solch ein
Lieth als „Gerichtsobdach“, als eine „offene Sal“ duͤrfte den Namen
zUpsala“ in Schweden erklaͤren, und wenn „Upsala“ als „hohe Sal“
edeutet wird, so aͤndert dies am Wortsinne nichts. — Im salischen
Geseh Tit. XJ. wird das „Lieth! „Thenca“ — Ding genannt; auch
sfaxata placitum contectum“, also: ein bedeckter Platz, und wird
dem pilacito sub dio“ dem freien, unbedeckten Platz entgegengestellt.
Ein solches Lieth“ fand sich auch zu Salfeld auf dem Markt (ei
Schilter, Glössar). Die Friesen nannten es — und es stand auf
pfeilern, nach Angabe Wicht's in der Vorrede des friesischen Landrechtes,
. 105. Wenn das „Lieth“ von Laub oder Zweigen gemacht war, nannte
man es „Loba“ oder „Laube“. Eine solche Gerichtslaube bestand in
Ruͤhlhaufen (Grashof. Orig. Mulhus. Sect. I. cp. 8. S. 8. S. 107).
gIn Oriamuͤnde wurde 1292 in einer Laube aus Maien (Birkenbruͤchen),
Jeben dem Rathaus, das Landgericht gehalten. (Loͤber, de Burggraw
Driamund. S. 86) Die Ratmannen zu Hannover versammelten sich
inter einer Laube 1358 for. 83. vor Weihnͤachten. „Juncher Lodewich
hon Brunswich lovede uns Ratmannen eup der Loven (auf der Lauben) ....
and we Ratmaͤnne loveden bene weder in demesulveden Lofte Hulde“. —
Das Gericht zu Winterthur saß an einem besunder Ort in einer be⸗
deckten Laube. — Das Landgericht der Landgrafschaft zu Thurgau, das
K. Sigismund 1417 dem Burgermeister, Raͤten und Buͤrgern zu Konstanz
derkaufte, tagte bei Kreuzlingen unter einer großen Laube. (Urk. 1417.)
*) Die Malstaͤtten — die alten Halgadome — hießen, weil dort
das Heil (nicht nur einseitig das Gericht) gepflegt wurde, auch „Sal“
Sal ⸗Hal CHeil; darum Saal und Haͤlle so ziemlich gleichbedeutende
Begriffe noch heute); sie wurden mit „Seilen“ (Salen) gefriedet und
aus dem gefriedeten gesicherten Sal wurden die Begriffe: die „Saal“
suͤr Malstaͤtte, der „Saal“ (auch Halle) fuͤr das Lieth und die Laube,
endlich das Saalhaus“, so wie fuͤr die abgesonderten freien Hoͤfe: „Saal⸗
hof“. GSanlon Heliar“, der Saal der Helia in der Woͤluspa 41. —
30
Ding⸗e, Spel⸗, Spielhaus
und warmen Stuben“) und schließlich gar bei verschlossenen
Türen abgehalten (hinter verschlossene Cüren gezogen), doch
saßen die Richter immer noch gewaffnet**) den Dingen vor.
Allmählig kamen die alten Dingstätten außer Gebrauch
und man versammelte sich in einem Ding-, Spiel- oder Spel⸗
haus,“***) während die Feme, welche das gebeugte ario⸗germa⸗
nische Recht in die „fem“ (fünf) Finger der Schwertfaust und
in die „hohe heimliche Acht“ nahm, nach wie vor den alten
Malen getreu blieb; — doch davon später. Durch die un—⸗
„Ober⸗Sala“ ein Obergericht. Ein ungeboten Ding: „ut nullus jud ex
publicus, dux vel comes neque alia judiciaria podestas,
nisi illius loci episcopus et suus ad vocatus aliquid in rebus,
sibi pertinentibus, podestam habeat agendi, vel homines illius
dijudicandi, quod eorum lingua Oberzala dictur“. (Urk. K. Ludwig
d. Deutschen v. J. 864. Moͤser's Geschichte, Osnabruͤck. J. Beilage, 6.) —
Oberhof und Obersaal ist einerlei; ein Gericht, zu welchem andere den
Zug nahmen. Koͤnig Ludwig verbot hier den bischoͤflichen Untergerichten
oder Dorfgerichten den Zug (Appellation) an einen Herzog oder Grafen
oder irgend ein anderes Gericht zu nehmen, sondern gebot an den Bischof
und seinen Schirmvogt sich zu wenden. Das Hofgericht zu Onolzbach,
an welches man vom obergebirgischen Hofgericht den Zug nehmen konnte,
hieß noch anfangs des 16. Jahrhunderts das Saalgericht.
x) Der beruͤchtigte Kaiser Wenzel (1578 — 1400), der fuͤr Geld
alles erlaubte, gewaͤhrte 1400 urkundlich den Schaffhaͤusern, bei offener
und verschlossener Tuͤr, uͤber Verbrechen zu richten. (Muͤller, Gesch.
—
*x) „Item, daz keiner kein wehr in die stube zu den rechten trag,
Er seye burger oder gast, bey 15. pf, außgenombhen die Vrtel—
sprecher .... u. s. w.“ (Ehhafft des Gerichts zu Wettelsheim
o. J. 1402. Donnerstag Sebastiani Martyr.) Der Name Wettelsheim,
bon Wette, uette, bezeugt den Ort als eine alte Dingstatt.
„xw) Althd.: spilon — verkuͤnden, sprechen; spil — Spindel, Spiel,
Kampf; spel — Fabel; spelen — sprechen. Got.: spilla — Verkuͤndigung;
spillon — verkuͤndigen; spellan — sprechen, erzaͤhlen, verkuͤndigen. Angel—
saͤchs.; spilian. Altnord.: spila; davon: spilman, spileman — Sprecher,
Verkuͤnder, Saͤnger und erst im uͤbertragenen Sinne: Musiker, Gaukler. —
—AVDD
pielen Spielberge (bei Mauthausen, Meik, Bruͤnn u. s. w.) als Be⸗
zeichnung fuͤr Orte „wo die Rede geborgen ist“, also: Halgadome, Ding⸗
faͤtten, Malberge u. s. w. — Spelhus — Gerichtshaus, in dem das
91
Spielhaus, Sprechhaus, Cheater
zähligen Verschiebungen infolge von Klostergründungen und
andere Gewaltmaßregeln, waren die alten Gaue willkürlich
zerrissen worden, mit der Absicht, die altgewohnte Susammen⸗
zehörigkeit der Stämme zu zerstören, um sie der neuen Ord⸗
snung (wenn man es so nennen darf!l), im rassenlosen Chaos,
auf das Rom seine Macht begründet hatte, der Gerichtsbarkeit
nach römischem Recht gefügiger, d. h. widerstandsunfähiger zu
machen. Die überall entstehenden königlichen Candgerichte
hatten daher keine Grenzen mehr nach den zerrissenen alten
Gauen und hatten mehr den Zweck, den Landfrieden aufrecht
zu erhalten, d. h. das Volk vollständig zu knebeln, als wirk⸗
lich Recht zu suchen, zu finden und zu sprechen. Sie zogen
darum willkürlich angenommene Grenzlinien zur Ungebühr
aus, taten Eingriffe in andere Gerichtsbarkeiten und kamen
endlich aus eigener Schuld in ganz enge Grenzen, blieben nur
in den Herrschaften und Gülern erblicher Landrichter und
verwandelten sich in ein wertloses Schattenwerk,) das seitens
des Volkes alles Vertrauen und alle Achtung eingebüßt hatte.
Jeder nahm nur dort Recht, wo er es bald und sicher, und was
das Schlimmsie war, wo er es nach seinem Wunsche finden
konnte, und spottete der alten Dingstatt, die immer mehr ver—
fiel, da sie mit unerfahrenen Schöffen besetzt war, da die
Wissenden und Wettenden von ehedem durch Verfolgung und
Landflucht immer seltener wurden und endlich ausstarben.
Weil nun jene unfähigen Schöffen selber immer dringender
und häufiger „Lehr und Weisung“ gehrend, um sich Rat
zu erholen, zu Hofe fuhren und dadurch den Rechts- oder
Stabgang ungebührlich verschleppten, so brachte das einige
der neuen CLandgerichte — wohl nur vorübergehend, vielleicht
Maͤrkergeding 1454 gehalten wurde (Schatzmann, de jure et judiciis
communitat. append. S. 1). — Der Rat von Hannover versammelte
sich 1303 entweder auf dem Friedhof oder dem Spelhus, d. h. dem
Sprechhaus. — Aus dem Sprechhaus wurde spaͤter latinisiert „Theatrum“,
Theater. Wie im Jahre 1640 Schottel den alten Ausdruck Spiel“ auf
kustspiel, Schauspiel, Trauerspiel erweiterte.
*) Gruppen: Von Landgerichten. S. 664.
92
Rechtslosigkeit, Gewaltrecht, Indulgenzbriefe
nur durch die taugliche Persönlichkeit eines klugen Richters
bedingt — in guten Ruf und Zugang und damit in eine
scheinbare Anerkennung als Oberhof. Die ihnen anfänglich
freiwillig entgegengebrachte vorübergehende Anerkennung
wollten sie aber später in ein Bannrecht verwandeln, wodurch
sie „allen Zug verloren“, wie man damals sagte.
Die Ursache jenes zerfahrenen Gerichtswesens aber lag
nicht nur in der Rechtlosigkeit und Willkür im Gerichtswesen
durch das Einsickern des römischen Rechtes und des sonstigen
Gewaltrechtes überhaupt, sondern steckte noch tiefer, in dem
das Volksempfinden vergiftenden und vernichtenden Ein—⸗
flusse der römisch-fränkischen Priesterkirche, welch letztere mit
vollbewußter Absichtlichkeit, um das rassenlose Chaos des
römischen Imperiums ungestört weiterzüchten zu können,
in der Bevölkerung die Unbotmäßigkeit gegen die Ge—
richte und den Ungehorsam gegen erkannte Urtelssprüche
anstiftete, großzog und pflegte, um das Volk an sich zu
ziehen und seinen eigenen Vorteil dabei wahrzuneh⸗
men. Vermöge der schier unzähligen „Indulgenzbriefe“
konnte jeder, der zu gewissen Seiten an ge—
wissen Orten sein Anliegen beichtete oder
seine „Handreichung in den heiligen Stock da—
hin sandte“, von allen Urteilen und Be—
schwerungen, von allen Meintaten (lbeltaten),
Lastern, Sünden und UÜbertretungen, von aller
Untugend und Mayl Gefleckung) u. s. w., u. s. w.,
durch die Geistlichkeit entledigt und freige—
sprochen werdenl)
Endlich hörten die öffentlichen Gerichte völlig auf und es
entstanden die sogenannten „Hofratsstuben“**), bei welchen
*) D. E. Dolp, Gruͤndlicher Bericht von dem alten Zustand der
Kirchen, Kloͤster ꝛc, in des Heiligen ꝛc. Reichs ꝛc. Stadt Noͤrdlingen.
1738. Siehe die 12. Urkunde des Anhanges: Indulgenz-Brief des
Papstes Sittus IV. v. J. 1479 an die Hauptkirche in Noͤrdlingen.
*x) Noch 1712 war zu Onolzbach die „Hofratsstube“, die heute
93
Unverzeihliches Recht, Fuirderliches Recht
aller „Gerichts-Umstand“ (Offentlichkeit) der Dingpflichtigen,
ja selbst das stumme Zuhören gänzlich ausgeschlossen war.
hinter verschlossenen Türen gerieten nun die alten Rechts—
begriffe in volle Vergessenheit, die altheiligen sinndeutlichen
Feierlichkeiten, womit sonst die Dingtagungen eingeleitet, ge—
halten und beschlossen wurden, arteten in Spitzfindigkeiten
aus, und der richterlichen Willkür, noch mehr aber brutaler
Gewalt der Gerichtsherren, deren willenloses Werkzeug die
Richter wurden, waren nun Tür und Tor geöffnet, und die
Gewaltherrschaft sorgte schon wohlweislich dafür, daß jene
Türen und Tore nicht vorzeitig verrammelt werden konnten.
Nun begann der Unterschied zwischen „unverzeihlichem
Recht“ und „fuirderlichem (förderlichem) Recht“. Im unver⸗
zeihlichen Rechte wurde „schlechtlich“ (gummari) mit Ver⸗
kürzung der ordentlichen Fristen verfahren; im fuirderlichen
Keqͤste wurde mit gewissen Feierlichkeiten gehandelt, gespro—
chen und vollzogen, um scheinbar im Sinne der alten Ding⸗
gewohnheiten des Rechtes zu pflegen. Das war aber nur
Täuschung, denn die Richter begannen sich des fremden, dem
Holke unverständlichen Cateins zu bedienen, und mit Ver⸗
achtung des Einheimischen, wider deutschen Gebrauch, Ge⸗
ing und Recht, nach römischem Recht zu urteilen — und die
Verwirrung im deutschen Gerichtswesen nahm seinen An⸗
fang.
Schon Agricola — in seinen deutschen Sprichwörtern
Eisleben 1528) — sagte, daß mit der Sprache auch die
Sitten fielen, und es wäre zu besorgen, daß der Deutschen
Treue und Glauben auch fallen werde, denn: „wir Deut⸗
schen tragen nun forthin welsche, hispanische und französische
Regierung heißt, und noch 1715 die „Geheime Ratsstube“ u Wolfen⸗
uͤttel, heute Rinisterium. — „Wir' haben in unserm Hofratshaus
Fuern erstatteten Bericht des mehrern Inhalts verlesen hoͤren“ sagt
Markgraf Friedrich von Brandenburg in seinen Ruͤckbefehlen an die
Ämter 1715, 1716 u. s. w.
444
Verwelschung der Rechtsbegriffe
Uleidung, haben welsche Cardinal, französische und spanische
Urankheiten, auch welsche Practiken“. Und dieser Uampf
um Deutsches Recht und Deutsche Sprache verstummte nie⸗
mals. So schreibt ein Verfechter Deutscher Sache Ende des
siebzehnten Jahrhunderts: Heute noch sind auch die einsichts⸗
vollsten Doctoris juris so sehr an die römische Rede gewohnt,
daß sie die bekanntesten deutschen Sachen nur immer römisch
medrücken und glauben, ihr fremder Ausdruck wäre verständ⸗
licher als der einheimische, z. B. Contractus, Document,
Instrument, Domicilium, Consilium, Intestat, Testament ⁊c.
Man hört nirgendmehr die deutsche Gerichtssprache, oder sie
setzen wenigstens zum einheimischen wohl verständlichen Aus⸗
druck noch den römischen hinzu, als wenn sie ein Wörterbuch
schreiben wollten. So sagen sie: ein Gesetz wird aufgehoben
Tex abrogatur), Herkommen, von alters hergebrachtes
Kecht (us traditum), die gemeine Freyheit oder Unabhängig⸗
eit von eines anderen Befehlen Kutonomia), Stammgüter
Familien⸗Fideikommiß) u. s. w. Ende des achtzehnten Jahr⸗
hunderts sagt Runde in der Vorrede zu seinen „Grundsätzen
Les allgem. teutschen bürgerlichen Rechtes“ Seite XIV):
„er habe dafür gehalten, dass ein Teutscher
über teutsche Sachen für leutsche Leser in teut—
scher Sprache schreiben müsse“, und Danz schreibt
zur gleichen Zeit in seinem Handbuch über ꝛc. brgrl. Recht,
5. 220: wie sehr er überzeugt sei, „daß die Einrichtung
eigentlich Wiederherstellung), teutscher Stammgüter,
näach Ursprung, Grund, Sweck, Umfang, kurz
nach ihrer ganzen Natur so wesentlhich von
römischen Fideicommissis verschieden sind,
dass es leichter sein würde, Feuer und Wasser
nitfeinander zu vereinigen, als diese beiden
so verschiedenen Rechtslehren nach gleichen
kKechtsbegriffen zu beurteilen“.
Alle alrario⸗germanischen Dinge, große und kleine,
Zennt⸗ und Dorfgerichte kamen aus keiner anderen Ursache
95
Fortschreitende Verschlechterung
in Abnahme als dadurch, daß man selbe nicht mehr hegte
wie einst, sie nicht mehr nach Bedarf besetzte und die trotz⸗
dem gefundenen Urteile nicht mehr vollstreckte, auch die
Dingpflichtigen nicht mehr „handhabte“. Jedermann suchte
sich daher von ihnen abzuziehen und die alte Macht, das
alte Ansehen verblaßte immer mehr. Die einzelnen Vogt—
herren zogen ihre Giltleute und Hintersassen vor ihren beson—
deren Kastenvogt, der aber nicht mehr frei und unabhängig,
sondern ihr Ministeriale war, und dem eigentlichen Gerichts
herrn, dem Schatten der einstigen Dinggrafen, entgingen nun
die Bußen. Nach dem westfälischen Frieden vollendeten die
römischen Doctores juris utriusque, was gierige Mini—
sterialen begonnen hatten. Der absichtlich falsch gedeutete und
mißbrauchte „Aammernutzen“ (das herrschaftliche Interesse)
beschleunigte den Untergang der Dorfdinge, unterdrückte das
altgewohnte Herkommen und verwirrte das ario⸗germanisch⸗
deutsche Recht vollständig,“) es veralterten immer mehr die
Grundfesten der deutschen Verfassung und die armanische
Weisheit ging, durch absichtliche Unterdrückung und Schädi—
gung, in leerem unverständlichem Formelwesen und schaalen
Vorurteilen unter. Fünf bis sechs landfremde trügliche
Ministerialen, von der Caune ihres Herrn oder KRönigs ein—
gesetzt und abhängig, ohne Wissen von Recht, ohne Kenntnis
des Candes, seiner Geschichte und herkommens, oft sogar
ohne alle Fähigkeit zu prüfen, zu unterscheiden und zu urtei⸗—
len, warfen sich zu Rechtsprechern auf, nur darauf bedacht,
den Willen ihres Gebieters und den eigenen Vorteil“) zu
wahren, während die erfahrenen Schöffen schon längst ver—⸗
bannt oder abgestorben waren und nur mehr in unsicheren
Sagen die Kunde nachzitterte von den herrlichen Seiten ario⸗
germanischer Rechtswaltung. Das stolze selbstbewußte „Can⸗
*) Doctorum eratio jura nostra inquinavit. (Spener, de prim.
vertigiis feudor 8 3.)
*x) Tangano — Dinggehen, d. h. rechtfordern.
36
Fortschreitende Verschlechterung
gano“ der Armanenzeit, war nun kriechendem Bitten
Im Gerechtigkeit, die man als Gunst und Gnade schmeichelnd
*) Die armanische Buße⸗ und Suͤhnepflege wurde in den folgen⸗
den Zeiten, als an Stelle des Rechtes die Gewalt trat, als ergiebige
Finnahmsquelle des Koͤnigs oder der Reichskuͤrsten und spaͤter der
Staͤdte und Grundherren betrachtet und auf das schamloseste ausgebeutet.
Die schwersten Verbrechen — die vordem mit dem Wehrgeld als Buße
gefuͤhnt wurden — konnten nun mit Geld losgekauft werden. Bei einem
Amte wurden die vom benachbarten Amte Entwichenen aufgenommen
ind gehegt oder wieder ins Gefaͤngnis geworfen bis sie sich losgekauft.
Zei Totfchlag wurden die Guͤter des Taͤters eingezogen und so lange
Juruͤckbehalten, bis er sich durch einen willkuͤrlich angesetzten Geldabtrag
der durch Auftragung eines Allodialgutes zum Lehen abgefunden hatte.
(Sebastian Brandt: Richterlicher Klagspiegel, 1548, fol. 122.) Und
der Freiburger Rechtslehrer Zastus fagt: „Die Gerichtsherren strafen
nur um ihre Einkuͤnfte zu mehren. Es ist rgerlich auf das kuͤnftige
Uugluͤck eines Menschen im boraus rechnen, daher billige ich es nicht,
daß diejenigen, die ihre mit der peinlichen Gerichtsbarkeit versehenen
Gater berkaufen, die Strafen mit zur Summe der Einkuͤnfte rechnen“.
sinici Zasii Opera I. Francof. 1586. Tit. de jurisdict. p. 178.)
Ulrich Tengler, rugt im „Laienspiegel“ (fol. 184) „daß man es dem
Scharfrichter uͤberließ, an dem Deliquenten diejenige Todesart zu voll⸗
ziehen, die ihm just am —V nicht freikaufen
onnte, hatte sich weit mehr aͤber Strenge, Grausamkeit und besonders
Wber Willrxur der Gerichte zu beklagen als in unserer auch nicht ganz
awandfreien Gerichtspraris von heute. Der RNuͤrnberger Celtes sagt
hon den Richtstaͤtten Ruͤrnbergs, „vaß sie mit den Leichnamen der Hin⸗
gJerichteten angefuͤllt sind; die dürch den Wind aneinander stoßenden
Knochen an den Galgen machen ein Geraͤusch in der Luft und die Raben
finden da ein vortreffliches Mahl“. Schon die Polizeivergehen wurden
mit außerordentlicher Strenge bestraft. Wenn Handelsleute z. B. die
Siockfische nicht recht gewaͤssert, die Fleischtare uͤberschritten, schimmeliges
Brot verkauft, Wuͤrfel hergeliehen oder felbst gespielt hatten (nur un⸗
erlaubte Spiele natuͤrlich, wurden sie auf einige Zeit des Landes ver⸗
wiesen. 1419 ward einer sogar auf drei Jahre ausgewiesen, „weil er,
da er mit anderen einen Kauf geschlossen, als sie miteinander den Kauf
darschlagen sollten, seine Tochter zu einem Weibe dargeschlagen und ihm
also die Tochter zu einem Weibé auffailen wollen“. Mit Belegstelien
zu dieser beschaͤmenden Rechtsepoche ließen sich Baͤnde fuͤllen. Klagt
doch schon Walter von der Vogelweide (1165 1230): „Untreu haͤlt
Hof und Leute, Gewalt fuͤhrt us auf Beute, so Fried als Recht sind
tpdeswund“.
97
Unterdrückung des ario⸗germanischen Rechtes
erbettelte, gewichen, das Urtel, die Schlüsse und Verlasse, die
Belehrungen (Kichtungen) und Verfügungen hatten sich längst
schon in gnädigste Decreta und wohlmeinende Befehle ver⸗
wandelt und das einst so selbstbewußte kraftvolle Volk war
entnervt und entsittlicht, in seiner Mehrheit zu feilen Gunst—⸗
strebern geworden, das rassenlose Chaos des römischen
Imperiums hatte wieder einmal die Oberhand gewonnen
und die germanische Rasse vergewaltigt. Neueingekommene
Gemeindeglieder wußten nichts von den Ortsrechten, die
Herichts⸗ und Gemeindebücher wurden nur bei großen Not—⸗
anlässen um Rat befragt — wenn sie noch vorhanden und
nicht (weil in Runen geschrieben, wie Jul. Cäsar berichtet;
siehe G.-C.⸗«B. Nr. JI, S. 20ff, Ur. 2, S. 28 ff.) als
Zauberbücher“ von der römischen Priesterkirche verbrannt
worden waren — aber dann konnte der Gerichtsschreiber
die alte Schrift vielleicht nicht einmal mehr lesen, den Sinn
des Geschriebenen aber sicher nicht mehr verstehen, wenn er
es auch verstehen hätte wollen.
Wenn man diese durch mehr als ein Jahrtausend syste⸗
matisch betriebene Vergewaltigung des ario⸗germanisch-deut⸗
schen Rechtes durch die materielle Cyrannis des Staates und
die geistig-suggestiv geübte Cyrannis der römisch-fränkischen
hierarchie betrachtet, dann wird man sich die Antwort sehr
leicht selber geben können auf die Fragen: Woher denn eigent⸗
lich der so oft beklagte Mangel an Gerechtigkeitsgefühl und
zffentlicher wie privater Treue im Volke stamme? Woher
es komme, daß Ehre und Eigentum nach den sich so oftmal
widersprechenden Gesetzesparagraphen so unsicher und unge⸗
schützt sind? Und hat man sich diese Fragen gründlich beant⸗
wortet, dann frägt man sich aufs neue: Woher kommt es, daß
bei solcher Mißhandlung des Volkes, dasselbe nicht voll⸗
ständig verlottert und verrottet ist, nicht zugrunde ging und
trotzdem noch jenen anerkannt gesunden Kern hat? Und
darauf kann man sich die tröstende Antwort geben, daß die
ario⸗germanisch⸗deutsche Volksseele eben unverwüstlich gut
X
Die geheime Pflege des ario⸗germanischen Rechtes
veranlagt ist, unbewußt noch immer unter dem segensreichen
höheren Einflusse jener magischen KUräfte steht, welchen in
ürtagen die Rüag entsprang, und welchen endlich alle jene
Frenidsuggestionen weichen werden, wenn dem Volke die nur
zeitweilig verdunkelte Erkenntnis des Wertes seiner Rein⸗
rassigkeii wieder zum vollen Bewußtsein kommen wird,
bonꝰ welcher Erkenntnis ausstrahlend sich die Wieder—
zeburt des Ario⸗Germanentums ungehindert vollziehen
uß. Das wird das Erwachen des schlafenden Michels
sein, vor dessen Herannahen schon heute die Dunkelmächte in
feiger Furcht erbeben, und von welchem vorahnend schon vor
Jahrtausenden die Wala in der Wöluspa (63) sang und
sagte:
as „Da kommt ein Reicher zum Ringe der Rather,
Zin Starker von oben beendet den Streit,
Mit schlichtenden Schlüssen entscheidet er alles,
Wahren soll ewig, was er gebeut!“
Aber sehr irren würde man, wenn man annähme, daß
das Volk selber oder dessen Führer, die Armanen, kampflos
sich ihr ererbtes Recht und ihre Dinge hätten nehmen lassen.
Es wurden vielmehr erbitterte Rämpfe darum geführt, wie
die Beispiele nicht befolgter Befehle von den ZSeiten des
Frankenkönigs Larl bis in die neueren Zeiten herauf beweisen,
don welchen einige im Verlaufe dieser Schrift geboten wur—
den. Ferners waren auch die blutigen Verfolgungen, welchen
die Armanenschaft und die Wuotanisten seitens der römisch⸗
fränkischen Hierarchie, wie seitens der entarteten, von der
Nirche mißleiteten und mißbrauchten Nachkommenschaft der
Armanenschaft, dem zum Gottesgnadenwahn hinaufge—
schraubten römisch-deutschen Kaisertum und dessen Satrapen
zu erdulden hatten, die Folgen verzweifelter Kämpfe, deren
satsächliche Opfer mehr Maͤrtyrer zählen, als die Martyro⸗
logien der Kirche — trotz allen nachweisbaren Übertreibun⸗
gen derselben — an mythischen aufzuweisen vermögen; auch
diese beweisen mit furchtbar ernster Beweiskraft, mit welch
39
Die Feme
zäher Ausdauer der ario-germanische Geist seit mehr als
anderthalb Jahrtausenden sich gegen jene Fremdsuggestion
wehrte und bis zur Stunde wehrt, da er nur vergewaltigt,
niemals aber besiegt wurde.
In diesen Rämpfen um das heilige Armanenrecht entstand
erst das Geheimnisvolle der Feme, wie schon in der G.-C.-B.
Nr. 1, 8. 47ff. und VUr. 2, s. 66ff., nachgewiesen wurde.
Wie auf allen Gebieten ario⸗germanisch-deutscher Urzeit, der
man nichts Eigentümliches zuerkennen will, versuchte man
auch der Feme ihr hohes Aller, wie ihre Abstammung von
der armanischen Femanenschaft abzuerkennen und will sie in
den Zeiten des Faustrechtes, im XIV. bis XV. Jahrhundert
entstanden sein lassen, als die „ordentlichen“ (712) Gerichte
versagten. In ganz Deutschland, nicht nur in Westfalen
allein, erhielt sich noch lange das Bewußtsein der Freiheit
jedes Deutschen, trotz der Knechtung vieler als Leibeigener,
welche allgemeine Freiheit eben der armanischen Gerichts—
verfafsung zugrunde lag, und damit auch dem allen Freien
gemeinsamen Gerichte, das keine Kastensonderung in seiner
Hflege kannte. Da die armanischen Femanen aber den Ober⸗
Irmanen — nämlich den deutschen Uönig (G.C.⸗B. Vr. 2,
.20) — als ihr Oberhaupt anerkannten, so entstand daraus
in verchristlichter Zeit die spitzfindige Auslegung, die noch
„freien Gerichte/ wären vom deutschen König und römischen
saiser als „Grafengerichte“ lehensweise zu vergeben, welches
Recht sich später die zur Selbständigkeit gekommenen Candes⸗
herren anmaßten. Die westfälischen Freigerichte, als Grafen—
gerichte, erhielten sich am längsten als königl. Candgerichte,
aͤber nur scheinbar, denn als solche waren sie schon längst
keine „Feme“ mehr, sondern suchten diese zu verdrängen, in⸗
dem fie ihre Form annahmen. Der Erzbischof von Köln,
als Herzog von Westfalen, warf sich zum „Statthalter der
heimlichen Gerichte“ auf und maßte sich das Recht an, namens
des KUönigs den Blutbann zu verleihen. Aber erst unter Konig
Wenzel (j382) wurde ihm solches Recht zuerkannt, da König
7
00
Die Einrichtung der Feme, Freigraf, Wissende
Wenzel stets geldbedürftig war und königliche Rechte an den
Meisibietenden zu verhandeln pflegte. Da entstand auch das
Märchen, der Frankenkönig Karl habe die Feme — deren
Namen man kuhn von Strafe herleitete — begründet, um
den Rückfall ins Heidentum zu verhindern und mit Strafe zu
belegen. Ebenso erklärte man den Namen Freigerichte —
nit bewußter Täuschung — daher, weil sie nicht Gerichte
über Adelige, sondern auch über freie Bauern gewesen wären.
Mit dieser Pseudo-Feme haben wir hier nichts zu tun; sie
wurde hier nur erwähnt, um zu zeigen, wie man durch VNach⸗
ahmung der äußeren Form zu täuschen trachtete, um das
mißliebig Echte um so sicherer zu verderben. Der echte und
wahre Stuhlherr oder Dinggraf, auch Freigraf genannt, war
aber der alte Gaugraf und als solcher der leitende Armane
des Gauhalgadoms gewesen, an welchem die ungebotenen
wie die gebotenen Dinge abgehalten wurden, während der
Raugraf als Wanderrichter — wie schon oben S. 66 gezeigt
wurde — sozusagen als Vizegaugraf, den Gau bereisend,
dingte, wohin er kam. Es lag dies in der Einrichtung des
Wanderarmanentums, das schon eingehend G.C.«B. Vr. 2,
5. 38ff., besprochen wurde, und hatte den Sweck, daß der
künftige Gaugraf, als welcher der Raugraf zu betrachten ist,
Cand und Leute seines HalgadomBezirkes, nämlich des
Gaues, aus eigener Anschauung kennen zu lernen Gelegenheit
hatte. Auch Wander⸗Schöffen, sozusagen seine Gesellen, be—
zleiteten ihn, welche an Ort und Stelle — dem betreffenden
Gemeindehalgadom — durch dort ansässige Schöffen auf die
erforderliche Zwölfzahl sich verstärkten. Darauf bezieht sich
die Formel „gerechles und vollkommenes Ding“; „gerecht“
war es, wenn die Ortsrichter, die Schultheißen mit ihrem
Schöffen das Recht pflegten, aber „gerecht und vollkom—
men“ erst dann, wenn der Raugraf den Vorsitz führte und
die Wanderschöffen als „Wissende“ beigezogen waren. Der
Raugraf mit seiner Folgschar mußte von den Gemeinden,
die er besuchte, verpflegt und beherbergt werden; daher
101
Raufutter und Rauhuhn sind redende Urkunden
ßtßX
——
nannte man das seinen Rossen zu verabfolgende Futter das
„Kaufutter“,“) während ihm jeder Insasse, der seinen
zeigenen Rauch hatte, sinndeutlich ein „Rauhuhn“**) brin⸗
*) Dieses „Raufutter“ ging spaͤter — wie alle Abgaben und
Opfer —, an Kloͤster, Grundherren und deren Voͤgte uͤber und wurden
oft willkuͤrlich erhoͤht. Nur einige wenige urkundliche Belege: Im
14. Jahrhundert hatte die Pfarre St. Poͤlten in Niederoͤsterreich ein be—
stimmtes Quantum Haber, „nomine dictur Wutfuator“ zu fordern; dieses
„Wutfutter“ weist durch den Namen auf eine Opferspende, dem Rosse
Wuotans gewaͤhrt, hin, und war somit fuͤr die Rosse des Raugrafens
hestimmt „als Raufutter“ (G.L.⸗-B. Nr. 1, S. 26ff.). — Urkunde
Kaiser Friedrichs II. v. J. 1215: ..... in quibusdam bonis ejustem
ecclesiae (Pataviensis) fodrum quod vulgo dictur Marhelfuder“
(Marhel, Mahr, Maͤhre, Maroch S Pferd; also: Pferdefutter). —
Urkunde des Bischofs Eberhard von Salzburg v. J. 1158: „A singulis
Monasterii mannsis (Mannhaͤuser) qui vulgo appellandur „Hueve“
(Heu) preter modium avene nullo genere exactionis aliquid
unquam accipiat Ad vocatus“. — Zu Willmeroda und aus dessen
Umgebung empfing der Pfarrer des Dorfes von jedem Rauch eine Meste
Haber, unter dem Namen „Rauchhaber“ (Rauch — Rau Ro Recht). —
Uürkunde v. J. 1414: „..... das Kloster mit samt seinen Leuten
zu schirmen und bei Gleich und Recht zu handhaben, darum si dem⸗
selben ambetman zehen mut Habern jaͤhrlich geben vnd reichen ...“
Das Maß des Raufutters, wozu jeder Hof, oder Hube (d. i. jeder
eigene Rauch“, denn Rauch ist das Sinnbild fuͤr Recht) das Seinige
beitragen mußte, beruhte auf uraltem „Geding und Herkommen“. Das
Kloster Wildzburg gab 10 Mut Haber, und der Maier zu Ostheim an
der Altmuͤhl, von dem „rechten Maierhof“, auf welchem das „Hueb⸗
gericht hafftet“ und der allein Dorfrecht verleihet, Hauptrecht und Nach⸗
schnitt hat, entrichtet zwoͤlf Malter Rauchskorn als Schutzkorn ins
stloster Heidenheim. — Die Domprobstei Wuͤrzburg lieferte dem Schloß⸗
besihzer von Brauneck als Herrn und Vogt der sechs Maindoͤrfer fuͤr
den besonderen Schirm ihrer Hintersaßen in diesen Doͤrfern einen jaͤhr—
lichen Rauch- oder Schutzhaber. Auch das Relnutum fuͤr Pferde—
— IJ bei Kavallerie-Einquartierungen wurde als Raufutter
ezeichnet.
we, Wie Rauch fuͤr Rau (Recht) sinndeutlich war, so war auch
das Huhn (Huun — Richter, daher Hunschaft — Gerichtsbezirk) das
wortdeuͤtliche Sinnbild fuͤr Richter (GL.-B. Nr. 1, Seite 26 ff.).
Es war kein Zehent, keine Abgabe, sondern sollte es nur versinn⸗
bildlichen, daß der Gebende im Raugrafen den Richter
anerkannte. Da das Huhn von sehr geringem Werte war und
102
Dingfahrten, Freistuhl
gen mußte, als „redende Urkunde“ oder „sinndeutliches Wort⸗
eichen“ um es durch Generationen hindurch in steter Erinne⸗
rung zu bewahren, wohin er dingpflichtig und dingrechtig ist.
her Freigraf führte am Gau-Halgadom als Malstatt
den Vorsitz bei allen ungebotenen und gebotenen Dingen; der
Raugraf auf seinen Dingfahrten, dort wo er den „Freistuhl“
errichtete. Die Freischöffen suchten, fanden, sprachen und voll⸗
lreckten das Urtel. Sie stellten auch die Ladungen zu und
noch ist, so war es nicht als eine Wertgabe, sondern lediglich nur
ils ein sinndeutliches Wortzeichen aufzufassen, woran keinerlei
freiheitbeengende hafteten, wie man solche spaͤter
daraͤus spihfindig ableitete. Das Rauhuhn wie das Raufutter
waren eben nur „redende Urkunden“ und nichts weiter. Hier
einige urkundliche Beispiele: „Das Rauchhun oder die Herdhenne
Rachhenna, Rokhon) wird nur von dem gegeben, der seinen
zigenen Herd oder Rauch hat, und heißt, das Vastnahts—
hu'n“. — Landgerichts-Urtel v. J. 1408: Es gab einer „ein Vas⸗
hahtshon, daß er ihm versprechen sollt und er haͤtt ihn zum heren
Herren) genommen also, daß er Urlaub mocht nehmen (d. h. den Schutz
zuͤfsagen), wen er wollt ꝛc.“. — Ein Weistum der Oberickelsheimer
Schoͤffen 1487: „„.. so einer baut auf sein frei Eigen, so ist er
in Rauchhun schuldig, um solch Rauchhun ist unser Herr Mark⸗
graff In zu beschirmen und zu beschuͤtzen verbunden), als ob er tausend
Buͤlden von vnsern Hern * In einer Urkunde v. J. 1336: „... in
der Bogetigen (Vogtei) sol auch jeds hus geben dru Huner“. —
i37977..*.. von einem jewelken Hufe aen Rokhon“. — In einer
Teilungsurkunde der Freiherren Wiprecht und Raven von Helmstadt
uͤber den Genuß ihrer Stammguͤter vom 27. April 4358 heißt es:
„Eme Wiprechten sint auch gefallen zu theile zehen Kappen (Kapaunen),
siben gense und zehen Hünre hie ze Bischofsheim, alle Jare fallende
bon guten hie ze Bischofsheim gelegen, vnd vber diselben gut sol Wip⸗
recht alleine Vogt und Herr sin, von den die gense, Kappen und Hunre
fallende sind“, und weiters;: . achzig Hunre, Fastnachthunre
ind Zinshuure“. — In Westfalen empfaͤngt der Vogt den „Rauch⸗
schatz“ und der Kirchspielsheilige sein Pfund Wachs zu Urkund des
Schuͤtzes. — Ein Hof zu Wildenstein war frei (noch 1802), aber
schuldig aus dem Geding die Besitzer des Schlosses Wildenstein und
keinen andern zum „Mundherrn“ (Beschuͤtzer, Fuͤrsprech zu werben und
anzunehmen; deswegen mußte der Freihofbesitzer jaͤhrlich ein Rauhuhn
den Wildensteinern „zu (redender) Urkund“ verehren. — Zu Schwarzen⸗-
hach am Wald im Vogtlande reichte jeder Bube (GBauernjunge), sobald
103
Freischöffen, Femeid, Fembann
hatten die Pflicht, Verbrechen, die ihnen kund geworden, zu
rügen“, d. h. dem Femgerichte zu wissen zu machen. Sie
mußten frei, ehelich geboren und Stammesbrüder sein. Die
Bedingung, Christen zu sein, kam erst später auf, als die
echte Feme schon vergewaltigt war; vor dem gehörten die
Ualander zur Feme und die mit ihr verbundenen Geheim—
bünde der Templeisen u. s. w. (G.C.«B. Vr. 1, 5. 34 ff.Nr. 2,
5. 53 und 60ff.) Mit feierlichem Eide gelobten sie, das Ge⸗
heimnis der Feme zu wahren, „die hochheilige Fem halten
zu helfen und zu verhehlen vor Weib und Kind, vor Vater
uind Mutter, vor Schwesier und Bruder, vor Feuer und Wind,
vor allem, was die Sonne bescheint und der Regen benetzt,
bor allem, was zwischen Erde und Himmel ist“. Und ebenso
hochpoetisch wie dieser Schwur war auch der Bannfluch, den
die Feme auf das Hhaupt des Verfemten schleuderte: „Du
Verfenuer sollst landflüchtig und vertrieben sein, so weit
Feuer brennt und Erde grünt, so weit Schiff schreitet, Schild
hlinkt, Sonne den Schnee schmelzt, Feder fliegt, Föhre wächst,
Habicht fliegt den langen Frühlingstag und der Wind steht
unter seinen beiden Flügen, so weit der Himmel sich wölbt,
Welt gebaut ist, Winde brausen und die Wasser zur See
hinströmen.“
Das oben erwähnte Geheimnis der Feme, die „hohe
heimliche Acht“, das irrtümlich nur in der selbstverständlichen
er das zweitemal zum heil. Abendmahl vormittags gegangen war, der
Gutsherrschaft ein „Bübenhuhn“, das er solange alljaͤhrlich reichen
mußte, bis er huimten oder von der Herrschaft etwas zu Lehen nahm
Ernst Spieß, Archivalische Nebenarbeiten ꝛc., Halle 1783, 49. — Die
altesten Beispiele dieser ,‚Rauhuͤner“ — aus welchen alle so mannig⸗
fach benannten Schutzhuͤhner sich ableiten — waren die „Go⸗ oder
Gaͤuhuͤhner“, welche dem Gaugrafen als „redende Urkunden“ gereicht
wurden; sie wurden von den lateinischen Geschichtsschreihern pulos
judiciales genannt und fielen spaͤter den Voͤgten, Kloͤstern ꝛc. zu.
Wer sich — in spaͤterer vogteilicher Zeit — vom Erscheinen an den
— mußte samt
den drei Rauchhuͤhnern noch eine „Gaͤns“ reichen. (Gans — Alheid —
Allheit — das Ganze.)
104
Femgeheimnis, rote Erde
Geheimhaltung der Gerichtspflege, der Cosung u. s. w. ge—
sucht wurde, bestand aber, wie G.CK.«B. VNr. 2, S. 52 ff.,
nachgewiesen wurde, darin, daß sie äußerlich als Christen sich
gaben, innerlich aber dem Armanismus anhingen, also „ver⸗
kalt andere“ (ANalander) schienen, als sie waren, und mit allen
Mitteln des ario⸗germanisch⸗deutschen Rechtes, das als Un—
recht erkannte römische Recht befehdeten. Darum sagte der
Freigraf bei der Eröffnung eines Dinges: „Ich gebiete (ario—
germanisch⸗deutsches) Recht und verbiete (römisch) Unrecht!“
Die Schöffen, d. h. Wissenden sollten anfänglich nur auf
„roter Erde“ — unter welcher man irrtümilch nur Westfalen
verstehen wollte — aufgenommen werden. „Kote Erde“ aber
ist RNala und sagt gelöst: „ruoth ar-da“, d. i.: Recht Sonne
da, nämlich: „Das Sonnenrecht (das hohe Ar) ist da. Rote
Erde ist die gesamte ario⸗germanische Erberde, und viele
Orte und Flurnamen erinnern daran, wie z. B. der Ortsname
Hochrotherd“ im Wienerwald nächst Wien, der eine Fem—
Mal⸗Statt war (G.C.B. Nr. 1, 8. 49). Die Feme war nie—
mals auf Westfalen allein beschränkt, sondern über ganz
Mitteleuropa, weit über die Grenzen Deutschlands und Oster-
reichs von heute hinaus verbreitet, weil sie den Blutbann, als
ihr vieltausendjähriges Recht, wahrte und behauptete und
gleiche Gerichtsbarkeit für sich beanspruchte wie das könig—
liche Rammergericht und daher bei verweigerter Rechtshilfe
durch jenes ihre Zuständigkeit für das ganze Reich bean⸗
spruchte und darnach verfuhr. Ihr Einfluß und ihre Macht
war daher auch eine sehr große und durch ihr geheimnisvolles
Walten auch sehr gefürchtet. In den Städten und in den
fürstlichen Ratsstuben saßen unerkannt ihre „Wissenden“
Wettenden, von „uétte“ — richten), und selbst Fürsten
ließen sich in ihren Bund aufnehmen, von welchen viele
wohl heimlich es wünschen und anstreben mochten, die Ab—
sichten der Feme zum Siele führen zu helfen, was sie offen
nicht zu bekunden wagen durften. In den Wirrnissen des
Faustrechtes, bedingt durch das rassenlose Chaos des Impe—
105
Macht der Feme, Kampf gegen diese Macht
riums der Romkirche, bildet daher die Feme einen Hort zur
Unterdrückung der Rechtsunsicherheit und es schien beinahe,
als wolle sie wieder die Oberhand gewinnen, denn selbst mäch—
tige Fürsten fürchteten ihre Macht und beugten sich ihrem
Urtel. Aber die Rechtslosigkeit war eben den meisten Macht⸗
habern und besonders der römischen Priesterkirche zu bequem
geworden, als daß diese nicht alles aufgeboten hätten, um
die allzu unbequeme geheimnisvolle Macht zu brechen.
Die Freigerichte waren ursprünglich — wie es eigentlich
überflüssig erscheint, es besonders hervorzuheben — echte
Dinge, die „bei rechter Tageszeit und scheinender Sonne“
zehalten wurden und zu welchen jeder, der seinen eigenen
Kauch hatte, dingrechtig und dingpflichtig war, bis sie derart
eingeengt wurden, daß sie nur mehr heimlich verhehlte Dinge
an entlegenen, nur den Wissenden bekannten Orten abhalten
konnten, um über die „Femwrogen“ (Femfragen) zu ver—
handeln. Das Gerichtsverfahren (der Stabgang) beruhte auf
den Grundsätzen des Anklageprozesses; ein Freischöffe erhob
die Anklage. Der Angeklagte wurde binnen sechs Wochen und
dreien Cagen, der Angeklagte aber, der zufällig ein Wissender
war, mit dreimal längerer Frist geladen. Die Cadung er—
folgte durch einen Wissenden, und zwar durch den Freifronden
Cehrlingsgrad der Femanen, G.C.B. Vr. 2, 5. 32ff.), der
den Fembrief unter besonderen sinndeutlichen Zeichen an der
Türe des Geladenen mit dem Femdolche anhaftete und sich
drei Spähne aus den Türbohlen heraushieb, die er als redende
Urkunde mit sich nahm. War der zu Ladende nicht auffind—
har, so befestigte der Femfronde den Cadebrief am Stadttor
oder an einem Ureuzweg, den jener angenommener Weise
ziehen mußte. Der Angeklagte konnte sich durch einen Eid
reinigen, der Ankläger diesem aber seinen Eid mit Eides—
helfern entgegenstellen. Leistete der Beklagte mit sechs Eides⸗
helfern einen neuerlichen Reinigungseid, fo konnte der Kläger
diesen mit vierzehn Eideshelfern entkräften, worauf der Be—
klagte mit zwanzig Eideshelfern antworten konnte, dann aber
106
Unterdrückung der Feme
notwendig freigesprochen werden mußte. Diese Eideshelfer
beschwuren aber keineswegs die Tat selbst, sondern nur, daß
sie den Beklagten der angeschuldigten Tat nicht für fähig
hielten oder umgekehrt. Darauf werden wir später noch zu⸗
dkommen. Der Überwiesene oder der der Cadung nicht
Folge Leistende wurde verfemt, d. h. die Oberacht über ihn
usgesprochen. Die Vollstreckung erfolgte durch die Wyd, d.h.
der Verfemte wurde miitels einer biegsamen Weidenrute (der
Wyd) anstatt eines Strickes an den nächsten Baum geknüpft
und zum Wahrzeichen in denselben Baum ein Femdolch ge⸗
steckt, um zu zeigen, daß es ein Verfemter sei, der da auf
dem Baumie hing. Alle Freischöffen waren verpflichtet, den
urtelvollstreckenden Femfronden nötigenfalls Hilfe zu leisten.
Der Femdolch war mit den vier Buchstaben 8. 8. G. G. oder
den vier Runen —8 5 bezeichnet, welche die Fem⸗
losung bedeuteten.
Das summarische Verfahren soll angeblich zu argen Aus⸗
schreitungen geführt und namentlich — so wird behauptet
— zur Befriedigung der Privatrache gedient haben, was
wohl, wenn nicht überhaupt unwahr, fehr übertrieben sein
mag, denn man suchte sich dieses sehr unbequemen heimlichen
Beuchtes für alle Fälle zu entledigen.“) Fürsten und Keichs-
flädte schlossen Bündnisse und versprachen jedem, bei sich Recht
Gericht) zu geben. Es wurden LCadungen vor die Feme
unter Strafe gestellt, bis endlich der Ewige Candfriede und
*) Diese — noch heute vorgebrachten — Anschuldigungen gegen
die Feme sind zu durchsichtig tendenzioͤs, um einer besonderen Richtig⸗
stellung zu beduͤrfen. Im Verlaufe der vorhergegangenen Darstellung
her sogenannten „ordentlichen“ Gerichte, wurde es deutlich genug aus—
gekuͤhrt, wie unordentlich und willkuͤrlich es bei diesen „ordentlichen“
erichten zuging, bei welchen Privatrache, Habsucht, Erbichleicherei u. s. w.
auf der Tagesordnung standen. Wie lacherlich uͤbrigens im Hasse gegen
die urdeutsche Feme noch heute gewuͤtet wird, mag die Tatsache beweisen,
daß man sie alien Ernstes von der kirchlichen Inquisition abzuleiten ver⸗
uchte. Siehe: Thudichum, Femgericht und Inquisition. Gießen 1889.
Das genuͤgt!
107
Scheinbares Aufhören der Feme
die Errichtung des Reichskammergerichtes in Wetzlar beides
unter Kaiser Marimilian J. i. J. 1495) und die endliche
Herbesserung des landesherrlichen Gerichtswesens der Feme
ein — scheinbares — Ende bereiteten. Die Freigerichte wur⸗
den allmählich zu landesherrlichen Gerichten herabgedrückt
seit dem 16. Jahrhundert), als welche sie in Westfalen bis
ns 19. Jahrhundert ein schattenhaftes Dasein führten, aber
trotzdem behaupteten sich unter den verschiedensten Namen
und Formen Reste der Feme bis heute, obwohl im ersten
Hrittel des 19. Jahrhunderts der letzte Freischöffe zu Dort⸗
mund in das Grab sank, der die alte Losung und sonstige
Heheimnisse der Feme treu behütet mit sich begraben ließ.
Aber dank der unzerstörbaren Organisation der Armanen⸗
schaft konnte diese sowohl wie auch die Feme in ihrem geisti⸗
zen innersten Wesen nicht vernichtet werden, da sie im Ge⸗
heimen von Zeitalter zu Seitalter forterbend sich übertrug,
aeben im wohlgegliederten, auf der Dreiheit begründeten
Einteilung des Entwickelns, Werdens, Wandelns alles so
unnachahmnlich verteilt und gegliedert war, daß selbst die ver⸗
nichtendsten halbtausendjährigen Kriege, die wütendsten zwei⸗
tausendjährigen Verfolgungen, jahr hundertelangen Wande⸗
rungen jene innere geistige Einrichtung nicht zu zerstören ver⸗
moqten. Da nun ader alles im Armanentum nach denselben
dreiteiligen Gesetzen, ganz im Sinne des Natur⸗Ur⸗Gesetzes
geregelt war, nach der Erkenntnis des großen garmischen
Gesetzes (G.C.⸗B. VNr. 2, 8. 16, Garma), so war das Ganze
ein so hochentwickeltes Kunstgefüge, in dem alles aus dem
Einzelnen und das Einzelne wieder aus dem All sich begrün⸗
dete und unter sich in beständiger Wechselwirkung erhalten
blieb, so daß das Ganze unzerstörbar war, weil das ver⸗
nichtete Einzelne fofort eine suüͤhlbare Cücke aufwies, welche
— wieder ergänzen
mußle und dies, wenn nucht öffentlich, gewiß im Geheimen.
So ist es auch mit den verloren geglaubten Geheimnissen
der Armaͤnenschaft, beziehungsweise der Feme der Fall, von
108
Cosungswort, Feinzeichen, Sinnbilder
welchen schon G.C.B. Nr. 2, 8. Xuff., 29 ff. und 62 ff., aus⸗
führlich gesprochen wurde; nicht minder aber mit den ge⸗
heimen Losungsworten, Femzeichen und Sinnbildern, welche
wohl nicht durch Überlieferung gedeutet werden können, da
sie ftrenge gehein gehalten wurden und verloren — wären,
wenn nicht die Kala, infolge ihrer gesetzmäßigen Eingliede—
rung in das bewunderungswürdige System des Armanismus,
die sich bietende Cücke ausfüllend, die Deutung böte. Wer
dies Gesetz der Dreigliederung und das da—
mit verbundene Gesetz der Abhängigkeit des
Heschehens aus erkennbaren Ursachen voll er⸗
kenntundanzuwenden vermag, der ist imstande,
alle Rätsel zu lssen und nicht nur jene der Ver—
gangenheit allein, sondern auch jene der nähe—
den und ferneren Zukunft, er ist weiser als ein
Philosophund naturgemäß — infolse solcher
Erkenntnis — religisser als ein Theologe, er
wird ein Wissender, ein — Armane und als
solcher mächtiger als ein Magier, wenn er der
Zeit und nicht seinem Egoismus dient.
Ihrzth s tmn
egind:
rercDekent?manzez?
J
ik
Dornmindszsichen:
ALWAM
Fig. J. Rekonstruierter Inschriftstein.
109
Ein Iynschriftstein
Eines der vielen Beispiele der durch Kala verhehlten
Nachrichten über das Geheimnis der Armanenschaft, bezie⸗
hungsweise der Feme, mag folgender rekonstruierter Inschrift⸗
stein bieten und gleichzeitig zeigen, wie die Rätsel der Uala
lösbar und lesbar sind.
Ein altes schwäbisches Bauernhaus trug noch in der
Mitte des 18. Jahrhunderts einen aus dem frühen Mittel—
alter stammenden Inschriftstein (Fig. 1), dessen Inhalt sich
folgendermaßen lesen läßt: „Ich führ' ein treues Herz, achte
mich ganz gering; leider verkennt man meine Treu', Gott
wird's sicher rächen.“ Es wäre ein gewaltiger Irrtum,
wenn diese sonderbare Verwendung von Siffern und Bild—
werken als Wortzeichen einer Schrulle zugeschrieben würde,
in der befangen der Verfasser jener Inschrift seinen Groll
über unverdiente Zurückfetzung hätte ausdrücken und der
Nachwelt überliefern wollen. Hinter dieser vermeintlichen
Spielerei steckte vielmehr ein tiefer Sinn, den nur die Kala
zu lösen vermag, und zwar in exoterischer wie esoterischer
Kichtung. Die Worte des Inschriftsteines sind lediglich täu—
schende Nebensache und völlig belanglos; sie beziehen sich
höchstens auf eine persönliche Stimmung des Steinsetzers, von
der später die Rede sein soll. Die Hauptsache sind die Zahlen
und die Bilder in ihrer hieroglyphisch⸗symbolischen Bedeu⸗
ung: 4 — Fyr, Urfyr (Feuer), alfo Gott im Raum; 1 der
Einzige oder Gott als Allvater; 3 die hochheilige, drei⸗—
spaltig⸗dreieinige Dreiheit des Entstehens, des Werdens und
des Vergehens zum Neuerstehen, d. i. Gott in der Feit. Die
Summe dieser Zahlzeichen, nämlich 445138, somit Acht,
ist die heimliche Acht, das hohe Geheimnis der Armanen⸗
schaft, deren esoterische Lehre. Da nun aber das Herz als
Symbol folgt, besagt exoterisch jene Acht nichts anderes, als
auf etwas achthaben, es achten oder es beachten. Das herz
ist ein uraltes ario-germanisches Symbol und Heilszeichen,
eines jener simulacrae, von denen Tacitus berichtet, indem
er sagt, daß die Germanen nicht Bildwerke ihrer Götter,
110 I
Dreifache Lösung durch die Kala
sondern nur Gleichnisse, worunter sie sich diese vorstellen, zu
herfertigen pflegen Unier dem Namen der „Herzigen“ Her—
aha, Hertha) verehrten sie die Erdmutter Herta, als deren
Symbol große Herzen aus rotem Stein (Marmor, Quarzit
u. s. w.) in den ihr geweihten halgadomen Cempelhainen)
aufgestellt wurden. Dieser Herzkultus ging, wie manch anderes,
auch in das Christentum über, wo wir ihn als Herz⸗ Jesu⸗
und Herz⸗Mariä-Kult wiederfinden. Herz als hart bedeutet
über ebeuso Wald wie Waltung, und da das Herz allemal
als rotfarbig gedacht ist, so heißt es auch Ruothart, ein Per⸗
sonen⸗ und Ortsname, der häufig vorkommt, immer aber
den Begriff der Rechtswaltung verkalt. Somit bedeutet die
erste Ziffernreihe mit dem Herzen nichts anderes als „achte
der Vechtswaltung“. Die zweite Acht hat denselben Sinn
und besagt „achte das Ganze“. Die Gans als Symbol be⸗
deutel eben das Ganze, worauf auch der Name hinweist,
den die Gans in der Cierfabel führt, und der Alheid lautet,
aber verkalt Allheit bedeutet. Somit ist das Malwort „achte
das Ganze“ in dem Sinne von „achte die Allheit“ aufzufassen
und mit Rücksicht auf die erste Mahnung, die der Rechts-
waltung, also der irdischen Gerechtigkeit gedenkt, auf die
uberirdische, göttliche Waltung, die All-Einheit, zu beziehen.
Die Leiter, die täuschend „leider“ bezeichnet, ist hier im Ver⸗
ande des Hinüberleitens aufzufassen. Daran reiht sich der
Femstern oder Drudenfuß, das Sigill des Heils (signum sa-
utis), und den Schluß bildet, als ein Bild des Rächens
Rechens), der Donnerbesen. Dieser, gleichfalls ein Femzeichen,
bedeutet ihum ar besen, d. h. tun recht Bösen, was so viel
sagen will, als man soll die Bösen zu Gerechten machen, an
hnen das Recht vollziehen oder sie richten. Der exoterische
Sinn der Inschrift ist also: Achte die Rechtswaltung, achte
das Ganze (Allheit), sonst leidest du unter der Feme, die den
Boͤsen ihr Recht gibt. Esoterisch aber sagt sie den Wissenden:
Im Urfeuer Golt sind die vier Elemente enthalten, die die
Welt bilden. Er ist der Eine, der Allvater, der immer war,
Dreifache Lösung durch die Kala
111
immer ist, immer sein wird. Diese Erkenntnis nimm in die
heiligste innerste Acht deines lebenden Herzens, nimm sie in
Acht in der All⸗Einheit, und dies leitet dich zum Heil, indem
du dadusch die Bösen zu Gerechten machst.
Allem Anschein nach war der Steinsetzer ein Ar—⸗
mane oder Semane, ein Wissender (Wettender) der
heiligen Feme. Als solcher dürfte er mancherlei Ver—
folgungen erduldet haben, nachdem das deutsche Volks—
zericht, die Feme, den das römische Recht vertretenden
kaiserlichen oder landesherrlichen Gerichten unterlegen
war. Indem er dies scheinbar gutheißt, kündet er zu—
gleich durch den verkalten Sinn der Inschrift an, daß er trotz⸗
dem, wenn auch heimlich, auch noch fernerhin seines Richter⸗
amtes walten und der Armanenlehre, dem Wuotanismus,
treu anhängen werde.
Dieser Inschriftstein zeigt also durch die verbindenden
Worte, auf welche Weise derartige Hieroglyphen les⸗ und
lösbar sind. So wie in diesem einen Beispiel die Gans als
hieroglyphe für die Ganzheit steht, was durch den Namen
Alheid in der Tierfabel bestätigt wird, ebenso ist auch die
hieroglyphische Deutung der Leiter als leiden und leiten überall
bestätigt, z. B. in den Gerichtsbräuchen, nach denen der Be—
schuldigie an die Leiter gebunden wurde; Leiden sollten ihn
zur Wahrheit, zum Rechte leiten. Später entstand daraus
die Folterleiter, und zwar nur aus dieser Ursache; denn
alles war symbolisch und der Kala unterworfen, im eroteri⸗
schen wie im esoterischen Verstande.
Gehen wir auf die Geheimzeichen der Feme, beziehungs⸗
weise deren „Sigille“ über, so müssen wir wieder zur Ar⸗
*) Die Folter ist keine Einrichtung der Armanenschaft, auch die
Feme kannte sie nicht; sie kam — wie so manch anderes Haͤßliche im
13. Jahrhundert aus Italien. Der alles symbolisierende Deutsche fuͤhrte
da erst die Folterleiter ein; die italienische Folter zog, den Delinquenten
an einer, in der Decke befindlichen Rolle, in die Hoͤhe. Nur in der
deutschen Folterkammer fand sich die Folterleiter als Foltergeraͤt. Fruͤher
diente sie nicht als Folter, sondern wie der Bock nur zur Fesselung.
112
Geheimzeichen, Sigille, Armalein
manenschaft zurückgreifen und erwägen, daß es drei Sigille
gab, welche die drei Stände bezeichneten. Die Ing-fo-onen
führten den Uürsch, die Armanen das „Armalein“ und die
Ist⸗fo⸗onen das Eisenhutfeh. Von diesen wird in G.«CL.B.
Ur. 5 ausführlich gesprochen werden. hier sei eingehender
auf das Armanensigill, das „Armalein“ oder den „hermelin“
verwiesen, der als fürstliches Abzeichen in der Heraldik eine
so bedeutende Rolle spielt. Das rein weiße oder rein silberne
Feld des Wappenschildes zeigt sich mit ganz eigenartigen
Fig.
4
hieroglyphen (Fig. 2, 3 und 4) übersät, die exoterisch als
heraldische Hermelinschwänzchen angesprochen werden, eso⸗
terisch aber das „hochheilige Armanensigill“, das Seichen
„Ar⸗mal⸗ein“, bedeuten. Dieses Heilszeichen zeigt als Kopf
entweder drei kleeblattförmig gestellte Kugeln (Fig. 2) oder
drei im Uleeblatt gestellte Rauten (Fig. 3 und 4), die aus drei
wurzelförmigen Spitzen hervorzuwachsen scheinen und die
zweifache Dreiheit andeuten. Der mythisch⸗mystische Welten⸗
baum NHogodrasill erwuchs aus drei Wurzeln, den Rauwurzeln,
und der germanische Menschheitsbaum hatte drei Aste, näm⸗
lich die Ing-fo⸗onen, die Armanen und die Ist-fotonen. Das
war das „Ar⸗mal“, das Sonnen- oder Gottheitszeichen, das
die Armanen oder Semanen in sich verinnerlicht verschlossen
hielten, indem sie ihr höheres Erkennen, ihr geistiges Wissen
zum Wohle des Gesamtvolkes nutzen, es vor Profanation
iber durch die „hohe, heimliche Acht“ bewahren sollten.
Darum verhüllte das Armanensigill unter der Rala des Wor—⸗
113
Armalein, Hermelin, Vehem
tes Ar⸗mal⸗ein (Sonne als Gott — gedenke — innen) die
Armanenlosung: „Gedenke der Gottheitssonne in deinem
Inneren.“ Aus demselben Grunde ward exoterisch der Her⸗
melin zum Hoheitssymbol der Fürsten und Könige. Die Ar—
ialein Hieroslyphe als heraldischer Hermelin in den Wappen⸗
—56
Fiqꝗ. 6.
bildern und der natürliche Hermelin am Fürstenmantel wur⸗
den, ein jedes für sich, zum redenden Wortzeichen für die
Armanenwürde / ohne daß jedoch der heraldische Hermelin
den naturlichen nachbilden oder darstellen sollte. Beide waren
selbständige Hieroglyphen und unabhängig voneinander. Da⸗
her erscheint in den Wappen der heraldische Hermelin, auf
dem Beiwerk (den Wappenzelten, Fürstenmänteln, KUronen⸗
kappen u. s. w.) der natürliche. Verwechslungen sind selten
und, wenn sie vorkommen, stets zu melden; sie entspringen
der nacharmanischen Periode in der Heraldik. Der Vehem
Fig. 6) als naturlicher Hermelin bildet eine scheinbare Aus⸗
nahme, indem die exoterisch als Hermelins chwänzchen ange⸗
prochene Figur esoterisch der Feuerrune entspricht (Fig. 5).
Diese enthaͤlt auch die Begriffe von Besitz und Heim und be⸗
deuiet: Feuer als das Enslscheidende, somit Richtende in der
——
—
Fig. 6.
fig. 7
Fig. 8.
114
hermelin, Gegenhermelin, Hilfs-Hieroglyphen
heimat oder nach heimischen Recht. Der heraldische Her⸗
melin wird stets Schwarz in Weiß oder Silber (Fig. 7) dar⸗
gestellt, so daß die Hieroglyphen, mit denen das Feld besät
ist, schwarz erscheinen. Als Gegenhermelin ist die Tingierung
verwechselt (Fig. 8), also Weiß in Schwarz. Zuweilen
kommt auch der Goldhermelin oder Gegengoldhermelin vor,
wenn statt Weiß oder Silber Gold erscheint. In der Regel
aber wird die Hermelin-Hieroglyphe schwarz dargestellt, was
auf das verhehlende, verkalende Dunkel der hohen heimlichen
Acht WEsoterik) hinweist, das dieses Heilszeichen als Sigill
umschließt. Das weiße Feld deutet auf das begründende Ge—
setz als die geistige Grundlage jeder Entwicklung, womit
jedoch nicht ein Menschengesetz, sondern das Natur-⸗Ur⸗-Gesetz
gemeint war, aber auch das esoterische Wissen vom Entwick⸗
lungsgange im All (weiß — uith — Geist, Gesetz, Wissen,
Wetten, d. i. entscheiden, richten u. s. w.). Das silberne Feld
Silber — zeolvor, zelvez, zilver u. s. w. löst sich in zil —
das Siel, d. i. das Erreichte, Hervorgebrachte; ver, vir —
Feuer; somit: feuererzeugt; esoterisch: gottgeschaffen) deutet
auf das gottgeschaffene Wirkungsfeld des Armanentums, d. i.
das Volk, hin. Dies sind wohl die wichtigsten, lange aber noch
nicht alle Beziehungen und Bedeutungen, die das Hermelin
als Symbol, hieroglyphe und Hheilszeichen hat, deren ver—⸗
schiedene Lösungen sich aber immer wieder in dem einen
Punkte treffen, daß die Armanen- oder Semanenschaft der
Waltungsstand des Germanenvolkes war, der die geistigen
Güter des Volkes in die „hohe heimliche Acht“ genommen
hatte, um sie zu wahren, zu pflegen und zu mehren.
Hhierher gehören auch jene Hilfshieroglyphen und weiter
entwickelten Heilszeichen, die auf gleiche Weise aus dem
Armanensigill, dem Ar⸗mal⸗ein, hervorgegangen sind. Das
zunächst daraus sich abzweigende neue Heilszeichen war die
heraldische Cilie, die wie jenes die drei Urwurzeln und die
drei Aste zeigt und den Baum des arischen Menschentums,
den Baum der Erkenntnis, die Weltesche Pogdrasill symboli⸗
115
Lilien, Lilienstäbe, Lilienszepter, Lilienkrone
siert. Der Name entstand aus li-li-je, d. h. Cicht, Cicht, von
jeher; er bedeutet also das Urlicht, das göttliche Cicht, das
sich in der Sonne (ar) offenbart, wodurch es wieder auf das
Armanentum hinweift, dessen Sigill eben das Armalein ist.
Diese Ableitung macht es nun auch klar, warum die Lilie
ails Bekrsnung von Zeptern (Cilienzeptern) oder als kenn⸗
zeichnende Zier an Uönigskronen, z. B. der Urone der Bour⸗
bonen, der englischen, der böhmischen Rönigskrone u. s. w.,
erscheint. Das Wort Zepter stammt von scipan, scepan
und bedeutet entscheiden; scipa heißt rechtsprechen, wovon
wieder Schöffe, der Entscheider oder Rechtsprecher, abgeleitet
ist. Das Zepter, ursprünglich ein Richterstab, wurde erst später
zum Herrscherstab, war also ein Armanenattribut, was es
allerdings auch als Königszepter ist. Das Ulevesche Rad, das
us acht Clienstaben gebildet ist, fagt daher durch die Kala:
Achte das Urlicht! Es heißt auch deswegen Karfunkelrad
— leuchten, glänzen); denn
es hält das Licht des Armanentums umschloffen. Der Uar⸗
runkelstein (Granat oder Kubin), der angeblich im Kreuzungs⸗
punkt gefaßt war, hat wohl nicht den Anlaß zu diesem Na—
men gegeben. Alle Lilienstäbe, einschließlich des Lilienzepters,
waren fomit Lichtstäbe und als solche Weisestäbe, die zum
Licht der Wahrheit weisen sollten, weshalb sie sich vortrefflich
als Symbol in der Hand des armanischen Walters, ob Rich⸗
er, Usnig oder Kaifer, eigneten. Eine andere Ableitung aus
⸗
5P8
Fig. 9.
D
Fig. 10.
Fig. 11.
116
Dag, Hohenzollern waren Femanen
dem Armalein ist das Ordenskreuz der spanischen Ritter des
Ordens von San Jago (St. Jakob von Compostella), das
allerdings zunächst als ein Schwertkreuz (Fig. 9) gedeutet
werden kann, das sich aber sofort als eine Weiterbildung des
Armaleins zu erkennen gibt, wenn man das Femschwert
mit den drei Ulingen (Fig. 10), den Dag, in geöffnetem Zu⸗
stande (Fig. I1) betrachtet und sich dabei vor Augen hält,
daß das Schwertkreuz von San Jago ursprünglich im
Geheimritual ebenfalls dreiklingig gewesen ist. Dag (Tag)
ist gleichfalls eine Umschreibung des Lichts. Daraus erklärt
es sich, daß der Dachs und der CLuchs (Lux) Hilfshiero-
gzlyphen für Cag und Licht sind. Außer dem Armaleinsigill
sind die wichtigsten Hieroglyphen für das Armanentum der
— (ar) und der Löwe (I0c, lei, leu — Licht, Ceben,
esetz).
Dieses dreiklingige Femschwert „Dag“, nach Demins
Waffenkunde gezeichnet, befindet sich im Hohenzollernmuseum
zu Sigmaringen, wo man allerdings dessen Herkunft nicht
kennt, aber der Name „Hohenzollern“, der in seiner ältesten
fForm „Holre“, also: solare — Sonnenrecht lautet, bezeugt
dieses Geschlecht als ein uraltes vorchristliches Armanen-
geschlecht; ebenso der Sollernwahlspruch „Jedem das Seine“
uum cuiquo), ein richtiger Wahrspruch eines Richters, so,
daß nicht daran zu zweifeln ist, daß jenen Dag einst ein
hohenzoller selher als Freigraf geführi.
War das Ding verfammelt, so eröffnete der Freigraf
dasselbe, indem er auf den vor ihm geschlossen liegenden Dag
Fig. 10) die Feder drückte, worauf die dreiteilige KAlinge sich
offnete (Fig. II), wozu er die Worte sprach: „uppen dag“,
was so viel sagen wollte als, „die Tagung ist eröffnet“. AÄAuf
der Klinge eines solchen Dags war das Femkreuz eingraviert
G.“C.B. Nr. J, Runentafel) mit dem V (V — Vehme,
Feme) in der Kreuzung und den vier Buchstaben S. 8. G. G.
oder den vier Runen o2e — welche die bekannte Fem⸗
117
Femlosung, Eid
——
losung „Strick, Stein, Gras, Grein“ bedeuten. Die Kala
bietet auch hier den Sinn dieser CLosung. Der Strick war aus
grünen Weidenruten (der Wyd) gedreht; daher ist für Strick
Wyd zu setzen. Wyd bedeutet aber Wissen, Wetten (richten)
„Gesetz“. — Stein ist ebenso für Tegel (Siegel) zu setzen
und bedeutet: „Seheimnis“. Noch heute sagt man „ein⸗
tegeln“ von jemanden, der sich anbiedernd in fremdes Geheim⸗
—
Wiesengras), sondern Gerase — Getöse — Donner —,tuen
ar“ — Recht tun. — Grein — Greyen (Ureien) — Sr—
halten. Die CLösung dieser verkalten Cosung ergibt also:
—ED—
fagen: „Das Gesetz geheimnisvoll durch Recht—
tun GKichten) erhalten“. .
Ausfuhrlicheres über die Feme und deren Symbolik ist
einem befonderen Bändchen der G.C.«B. vorbehalten, da
es hier weiter führen würde als es der verfügbare Raum
gestattet. Nach dem Gange der Schilderung der Entwicklung
des Gerichtswesens und der eingestreuten urkundlichen Bei—
spiele ist es leicht erkenntlich, wie die Feme tatsächlich der
ältesten armanischen Gerichtspflege entsprach, und als diese
unterdrückt wurde, sich im Geheimen forterhielt, so daß deren
Brauchtum uns heute fast wie etwas Fremdes anmuten
würde, wenn nicht aus ihrem Wesen heraus der Armanen—
zeist anheimeln unnd uns damit beweisen würde, daß wir
felber uns in einer uns fremdgeistigen Suggestion verloren
haben, aus welcher wir erst selber wieder heimfinden müssen.
Es wurde schon oben s. 64 u. 69 hervorgehoben, daß bei
den Dingen neben Sühne, Buße und Strafe auch dem Eide
eine ganz besondere Bedeutung zukam, wie solcher Eide auch
schon die Edda in hervorragender Weise als heilig gedenkt,
was noch mehr aus den sprachlichen Deutungen der Bezeich⸗
nungen des Eides sich ergibt. Schon das Wort „Eid“ (ahd.:
ꝛid, mhd.: eit, goth.: aiths, langb.: aido, skyth.: aith)
eitet sich von der Soune ait her, von „ait-ur““ — Urfeuer
118
Schwur und Schwert, Besiebenen, Samir
— Urfyr; ebenso die Bezeichnung „Schwur“ (schwören),
denn: ahd. und mhö.: swuor, swerin, swern, goth.: swaran
entsprang aus: su-ur — Sonne-Ur, d. i. also: bei der Sonne,
dem Urfyr. Da aber Schwören und Schwert sprachlich an⸗
klingt, was kein Zufall ist, da bekanntlich das Schwert den
Sonnenstrahl versinndeutlicht, wie aus der Edda vielfach
nachweisbar ist, so muß auch das sich durch die Wortdeute
ergeben und ergibt sich auch, denn: ahd.: „swert“ aus „su-
art Sonnenart. Darum war das Schwert das heilszeichen
bre nach Tacitus) Wuotans, ebenso Tis, Cuiskfos,
Zios, Cyrs u. s. w.) Daher galt das Schwert selber als Wort—
zeichen oder Sinnbild des „Ait-urs“, nämlich des Eides, und
wurden auf dasselbe ebenso die Eide durch Auflegen der
Schwurfinger abgelegt, wie auf den Stab. Aber noch eine
driite — heute schon vergessene — Bezeichnung hatte der Eid
und diese lautete „gibihun“ und davon stammte der Aus—
druck und der Gebrauch des „Besiebenens“. Sibihun“) aber
zerfällt in die drei Urworte: si — Sonne, bi — bei und hun
— Gericht, besagt also: „Bei dem Sonnengericht“, und da⸗
durch wird auch das uralte Sprich- und Beteuerungswort
klar, das da lautet: „Die Sonne bringt es an den Cag!“ Es
muß immer wieder daran erinnert werden, daß die Sonne
x) „Nec templum apud eos visitur, aut delubrum, ne tugurium
quidem calmo tectum, cerni usque podest sed gladius barbarico
ritu, humi figitur nudus eumque ut Martem regionum quas
circumeunt, prasulem verecundius colunt.“ (Amminianus Marcell.
De Alanis Lib. XXXI. c. 2.)
*) Eine Abart dieses „sibiun“ ist das Schwuxwort „Ssamir“
dessen sich bekanntermaßen der Herzog Heinrich II. von oHsterreich 4141
bis 1177) bediente, der davon den Beinamen „Jasomirgott“ fuͤhrte.
Man nimmt an, er wollte sagen: „Ja, so mir Gott — helfe“, aber
dieses Schlußwort „helfe“ wird nie erwähnt. Man fuͤgte es spaͤter bei,
als man seine richtige Fassung: „Ja samir Gott“ nicht mehr verstand.
Samir besteht aus zwei Urworten: „Sam — mir“; sam Sonne, Feuer
Urfyr; mir'— mir, also: Das Feuer mir, wenn ich unwahr spreche;
de h. die Gottsonne strafe mich! Ja, samir, Gott — Ja, die Gottsonne,
Goͤtt, sei mit mir, um das Versprechen erfuͤllen zu koͤnnen.
119
Aitur, Sieben, Eideshelfer
als „Aitur“ (Aitosyros bei herodot) nur das sichtbare Sinn⸗
bild der unsichtbaren Gottheit darstellte, und daher dort, wo
von der Sonne gesprochen wurde, immer Gott gemeint war.
Und diese Bedeutung hatte daher auch der Eid, der allemal
durch seine Benennung, wie durch seine Anwendung und
sinndeutlichen Hinweise, an die Allgegenwart und Allwissen⸗
heit Gottes erinnern sollte, um an die Wahrung der Wahr⸗
heit unter allen Umständen zu gemahnen.
Da nun alle Vorgänge durqhaus sinndeutliche Beziehun⸗
zen hatten — wie wir solche wiederholt schon in den Gesetzen
der Uala nachgewiesen haben — so sinden wir wieder diese
„Sibihun“ oder „Sibiun“ durch die Zahl „Sieben“*) ver⸗
iinndeutlicht, zumal es ja auch den Armanen bekannt war,
daß der weiße Sonnenstrahl fich in die sieben Farben des
S„pektrums zerlegt. Und darum fanden sich, wie wir oben
gesehen haben (Seite 76ff.), die vielen „sieben Eichen“, sieben
inden“sieben Burgen“, „sieben Brunnen“, „sieben Hirten“,
das „Sieben Gebirge“ u. s. w., und aus ganz gleicher Ursache
auch die „sieben Zeugen“ zum „Besiebenen“.
Obwohl Urkunden den Seugenbeweis bekräftigten, so
lag doch das Schwergewicht in jenem Besiebenen. Dem Be⸗
flagten stand vor Gericht der erste Beweis zu, wie noch heute
imn Duell (dem modernen Gottesgerichtskampf) dem Gefor⸗
derten der erste Hieb oder Schuß. In der Urzeit leistete der
Beklagte allein den Eid; später unerstützten ihn schon Ver⸗
sippte und Freunde als „Eideshelfer“ in der erforderlichen
Anzahl. Diese Eideshelfer brauchten von der Tat, deren er
angeklagt war, selbst nichts zu wissen, sondern sie beschwuren
nur, daß sie seiner Beteuerung und an seiner Unschuld glaub⸗
len; deshalb konnten Eideshelfer nie des Meineides bezichtigt
werden, wie etwa Augen- und Ohrenzeugen, die ihren Eid
Is solche aAblegien. KRach Grimms Rechtsaltertümer (5. 863)
*) Im Sanskrit bedeutet sap schwoͤren, sapta — sieben; und
im Hebraischen, saba — schwoͤren und seba — fieben.
120
Eideshelfer. Jemanden unter Gottesurtel stellen
schwuren in Wales oft 100, 200, ja 300 Eideshelfer, und
man sah in einem so großen Aufgebot an Eideshelfern nicht
etwa eine Entweihung des Eides, vielmehr eine Bekräftigung
seiner Heiligkeit, wie des Gebetes bei gemeinsamer Andacht
Grimm, ebenda 8. 894). Aber dies bezeugt schon eine Ver—
dunklung des esoterischen Erkennens, das sich in Spitzfindig—
keiten überbot, denn bei den Ripuariern (Grimm 860) tra⸗
ten 72, bei den Ditmarsen (Grimm 863), wenn gegen einen
Mörder geklagt wurde, 360 Eideshelfer auf. Wenn dies auch
auf kalendarische Beziehungen zu deuten scheint, so ist doch
schon ein Spiel mit mystischen Zahlen darin zu erkennen, das
den Beweis in sich schließt, daß die wahre esolerische Erkennt⸗
nis schon zu dunkeln begann. Die Femanen waren noch bei
dem alten einfachen Grundsatz geblieben, wie wir oben s. 105
zesehen haben, denn zuerst schwor der Angeklagte allein, dann
mit sechs Eideshelfern also zu sieben, dann zu zweimal, und
endlich zu dreimal sieben, worauf sein Freispruch erfolgen
mußte. Noch deutlicher für den hohen sittlichen Ernst der
Femanen spricht aber folgender Rechtsbrauch: Konnie ein
hauptverbrecher, dem man aber den Reinigungseid nicht auf⸗
tragen zu dürfen glaubte, da man ihn dessen nicht für würdig
erachtete, der ihn geziehenen Schuld nicht überwiesen werden,
trotzdem aber gegen ihn ein dringender Verdacht nicht von
der Hand zu weisen war, so stellte man ihn unter Gottes Urtel,
indem man ihn in feierlicher Weise dem Urtel seines eigenen
Gewissens und dem des allwissenden und allgerechten Gottes
überantwortete und sodann vom Gerichte ungefährdet entließ.*)
. In spaͤterer Zeit, als dieser Rechtsbrauch vergessen oder doch
derdunkelt war, wurde derselbe in der Absicht, ihn in verkalter Weife
der Nachwelt zu uͤberliefern, in der Volkssage uͤber die, „Lalenburger⸗
Streiche (naͤheres daruͤber in G.⸗L.⸗V. Rr 6) eingefuͤgt. Da heißt
es „Die Lalenburger wollten einen fremden Dieb an ihrem Galgen nicht
haͤngen, sondern gaben ihm Zehrgeld mit der Weisung, sich anderswo
haͤngen zu lassen, denn der Galgen gehoͤre nur fuͤr sie (die Lalenburger)
und ihre Kinder“. — Im neueren Recht erfolgt der Freispruch wegen
nangelnder oder ungenuͤgender Beweise.
121
Eidesleistung. Falschschwören. Stein und Bein schwören
Die Eidesleistung geschah mit zur Sonne erhobener Hand
und ausgestreckten zwei Fingern und dem Daumen, oder in⸗
dem der Schwörende mit diesen Fingern das Schwert oder
den Stab berührte. Bei einer Ubernahme eines Grundstückes
geschah die Bestätigung des Empfanges mit zur Sonne er⸗
hobener Hand mit ausgestreckten zwei Fingern; bei der Ab—
fage mit eingezogenen oder gekrümmten Fingern. Von dieser
sinnbildlichen Entsagung oder Abweisung mit gekrümmten
Fingern leitet sich der Aberglaube her, daß ein absichtlich
falscher Schwur dadurch für den Schwörenden unschädlich
würde, wenn der Schwörende die Schwurhand auswärts
halte und die linke Hand hinter dem Rücken ebenfalls nach
außen wende, um nicht in sich hinein, sondern von sich weg zu
schwören. UÜber die sinndeutlichen Handgeberden wird in einer
—DO
werden; für vorliegende Arbeit mag Gesagtes genügen.
Der Schwörende mußte mit der rechten Hand immer
etwas berühren, entweder den Schwertgriff oder dessen Ulinge,
den Stab oder — in christlicher Zeit — Kreuz oder Reliquien.
Auch in der Edda schwört Siegfried bei des Schwertes
Schneide. Der schwörende Freischöffe legte seine Schwurhand
auf die breite Klinge des Femschwertes. Frauen schwuren bei
Brust und Zopf u. s. w. Noch heute hoͤrt man sprichwört—
lich, daß jemand „bei Stein und Bein geschworen“ habe.
Auch das greift auf die Femanenzeit zurück. „Stein“ haben
wir schon als Tegel — Geheimnis erkannt und „Bein“ ist
nicht, wie mit absichtlicher Cäuschung auf Relique bezogen
wurde, ein Heiligengebein, sondern Pein (Spitze, Pennis, Ge—
nauigkeit, Qual), welche Bezeichnung schon als „Peinliche
BHerichtsordnung“ nicht eine „qualvolle“, sondern eine „ge⸗
naue“, eine „zugespitzte“ (auf das Siel gerichtete) Gerichts⸗
ordnung bedeuͤtet. „Stein und Pein schwören“ besagt also:
„auf das Armanengeheimnis, d. i. die hohee,
heimliche Acht in ihrer genauesten Erkenntnis
zu schwören“. Wenn in späterer Feit unter Stein die
122
Dreistufige Unschuldbeteuerung
Hhoden und unter Pein der Phallus verstanden wurde,
welche beispielsweise der Araber beim Schwören noch heute
berührt, so ist dies nur eine exoterische Ubertragung der eso⸗
lerischen Erkenntnis, denn das „Geheimnis der hohen heim⸗
lichen Acht in seiner (peinlich) genauen Erkenntnis“ ist ja
eben nichts anderes als das „Begreifen der Vorgänge
des Entstehens, Werdens und Wandelns des
Seins“, folglich das Geheimnis der Zeugung. Mißverstand
hat daraus den Begriff der Serual-Kulte geschaffen, auf
welche Abwege später die orientalischen Religions-Systeme
und Mythologien geraten sind, welche die Astarte-⸗, Uybele—
und Phallusdienste gezeitigt haben, als die esoterische Er—
kenntnis zu verblassen begann.
Wie aber alles im Armanentum der Dreistufung unter⸗
ordnet war, so auch die Unschuldsbeteuerung vor Gericht. Die
erste Stufe war die Beteuerung bei sich selbst.
Der Beteuernde berührte sein Gewand oder sein Geräte,
3. B. den Steigbügel, den Rand des Schiffes, ein Rad u. s. w.,
denn bei geringfügiger Veranlassung war ihm die Anrufung
der Gottheit zu heilig. In weiterer Steigerung schwur er beim
haupte der Mutter, des KRindes, beim Barte des Vaters
Usnig Karl schwur bei seinem Barte: „Par la moi barboe,
qui me pent au meton!“). Die zweite höhere Stufe
var die direkte Anrufung der Gottheit zur
Zeugenschaft und das war der Eid mit und ohne Eides⸗
helfern. Die dritte und höchste Steigerungsstufe
war nicht mehr die Anrufung der Gottheit zur Seugenschaft
durch den Eid, sondern schon um deren unmittel
bare Entscheidung durch ein Urtel, und diese
dritte Stufe nannte man „Or dal“, nämlich „Gottesurteil“.
Diese Stufe begründete sich in der zweifellos gewissen Über⸗
zeugung, daß unbedingt der Schuldige unterliegen müsse, denn
die Sonne bringtes an den Cag!
Das Wort „Ordal“ ist in seinem Ursprunge mit „Urtel“
gleichwertig (siehe S. 28) und besagt: „Aus dem Urlicht (Gott
128
Ordale, Orakel, Uampfhelfer, Codesopfer
als Urfyr, Urerkenntnis) geschaffen oder geflossen“. Man be⸗
fragte die Gottheit unter feierlichen Weihehandlungen um
ihr Urtel, das man aus dem Ergebnis erkannte. In diesem
Sinne war auch das „Cosen“ ein Ordal, und darum waren
Ordale wie Cosungen gleichwertig mit Orakeln. Darum
hießen auch die die Gottheit befragenden Weihehandlungen,
delchen dem Armanismus zufolge die Gottheit ihre Ant⸗
worten zu erkennen gab, selbst Ordalien, welche im Zeitalter
— Wudotanstumes durchaus die Bedeutung von Orakeln
atten.
In Urzeiten, ehe noch der Eid mildernd die Sitten be⸗
einflußte, hatte der Beklagte mit „Kampfhelfern“ zu rechnen,
an deren Stelle eben später — noch zu Zeiten des Wuotans⸗
tumes — die „Eideshelfer“ traten. Halte er nun nicht die
erforderliche Zahl solcher Nampfhelfer gefunden, so war er
der Rache seines Gegners verfallen, er wurde zum Opfer
der Gottheit, d. h. er wurde getötet, sobald er in die Hände
seines Feindes fiel, wenn die Gottheit ihm nicht das Leben
dadurch rettete, daß ein hemmender Vorfall seine Opferung
störte oder verhinderte, was man damit erklärte, daß seine
Opferung der Gottheit mißfiel“) und sie dieselbe darum ab⸗
lehnte. Daher bedurfte es aner „Vorfrage“ zur Erforschung
des göttlichen Willens, ehe man zur eigentlichen Opferung
schris. So wie nun armanische Femanen Freigraf, Richter ꝛc.)
als sichtbares Gewissen des Volkes und darum als Stellver⸗
reter der Gottheit bei Feststellung von Sühne, Buße oder
Strafe durch das gesuchte, geschöpfte und geraunte Urtel
den erkannten Willen der Goltheit aussprachen, ganz ebenso
*) Noch bis in das christliche Mittelalter herein herrschte der
Brauch, daß ein zum Haͤngen Veruͤrteilter, sobald der Strang an dem
er gehaͤngt wurde riß, er frei und ledig war und hingehen konnte, wohin
eiellle Hinrichtungen waren eben — Menschenopfer— Durch
das Reißen des Strickes gab aber die Gottheit zu erkennen, daß dieses
Opfer ihr mißfiel, daß sie es ablehnte, und darum war der Hinzu⸗
richtende frei.
24
Unschuldsbeweise
2
suchte man hinsichtlich eines darzubietenden blutigen Opfers
— das gerade kein Menschenopfer, keine Hinrichtung sein
mußte — sich des Urtels der Gottheit selbst zu versichern. Da—
durch wurde der Eid zum Beweismitiel, denn aus ihm ging
die Antwort der Gottheit hervor, ob der Beklagte schuldig
sei oder nicht, ob er der Gottheit als Sühnopfer genehm sei
oder nicht. Reichte der Eid nicht aus, war er als Orakel⸗
Ordal unzulänglich, so trat das Ordal an die Stelle des
Eides, um zu erfahren, ob die Gottheit das Opfer wolle
oder nicht, beziehungsweise, welches von beiden, ob den Be—
klagten, ob den Uläger. Das Ordal mußte dann den Beweis
erbringen, daß die Gottheit den wahrhaft Unschuldigen in
ihren besonderen Schutz nehme, auch dann noch, wenn die
Menschen von seiner Unschuld nicht mehr überzeugbar wären.
Mithin war die göttliche Antwort auf die Vorfrage der
Eid, „der Beweis der Unschuld“, und somit das
Ordale, das „Beweis mittel“. Eben dadurch stellt sich
auch der Unterschied zwischen Ordal-Orakel und Ordale erst
im eigentlichen Sinne fest, denn ersteres enthält einen göttlichen
Ausspruch hinsichtlich der (näheren oder ferneren) Zukunft,
letzteres einen göttlichen Wahrspruch über die Vergängenheit.“)
Da auch das Cosen als ein Ordal zu betrachten ist, so erklärt
solches ein friesischer Brauch, den wahren Cäter durch das
CLosen zu ermitteln, wenn einer im Getümmel erschlagen
wurde, ohne daß man den eigentlichen Täter zu bestimmen
vermochte.
Diese Gottesurteile wurzelten so fest im ario⸗germanisch⸗
deutschen Geiste, daß sie die Kirche nicht zu unterdrücken ver⸗
mochte, sondern sie in ihre CLiturgie aufnehmen mußte und
dadurch selber heiligte. Die christlich⸗liturgischen Vorschriften
über Gebote, Gesänge, Beschwörungen, Messen u. s. w., sowie
das derlei Gottesurteile begleitende Zeremoniell, welches
hauptsächlich von Bischöfen festgesetzt wurde, kann bei
y) Vergl. Philipps, Deutsche Geschichte, l. S. 254 und Grimm,
Deutsche Rechtsaltert. S. 908 ff.
125
Zweikampf, Wasser⸗ und Feuerprobe, Folter
Schröckh, Kirchliche Gebräuche, Bd. XXII, S. 242, nach-
zesehen werden, wo diejenigen Werke aufgeführt erscheinen,
welche diesem Gegenstande speziell gewidmet sind.
Das vorzüglichsie Ordal war der Sweikampf; später
kamen noch die Wasserprobe, die Feuerprobe (das heiß
Eysen u. s. w.), die Kreuzprobe, der geweihte Bissen (Abend⸗
mahlsprobe) und das „Bahrrecht“ hinzu, welche des näheren
zu erörtern einer späteren Nummer der G.C.«B. vorbehalten
bleiben muß. Von allen diesen Ordalien ist bis heute nur
der Zweikampf — das Duell — in UÜbung geblieben, ob⸗
wohl er sich von seinem eigentlichen Zwecke — dessen man
sich kaum mehr bewußt ist — sehr weit entfernt hat, doch
bezeugt das starre Festhalten an der Art der sogenannten
rifleruchen Genugtuung, daß der alte Armanengeist noch
lebendig geblieben ist, und es wäre eine auf armanischen
Grundfätzen sich ergebende Erneuerung des Zweikampfes als
Ordal freudiger zu begrüßen als dessen Abschaffungen aus
nicht maßgebenden, unrichtigen materiellen Gründen.
Aus den Ordalien, auf diese mit Cruggründen aufge—
pölzt, ging die Einführung der undeutschen nichtarmanischen
Folter hervor, eines der fluchwürdigsten Dangergeschenke des
römischen Un⸗-) Rechtes, und können wir an dieser Stelle
als nicht zu unserer Sache gehörig — über diese Scheuß-
lichkeit ruhig schweigen und selbe jenen berüchtigten Schau⸗
buden für Menschenbestien verachtungsvoll überlassen, welche
dazu berufen scheinen, die tierischen Instinkte im Menschen,
erbärmlichen Gewinnes wegen, zu pflegen.
Es wurde schon sS. 28 ausgeführt, daß die Armanen
Richter und noch nicht Rächer im gehässigen Sinne des Wortes
Rache waren und daher auch das, was sie Strafe nannten,
im Sinne unseres heutigen Strafrechtes noch lange keine Strafe
war, und es daher auch eigentlich damals noch kein Straf⸗
cecht gab. Infolge dessen waren das, was wir heute Ver⸗
brechen nennen und so vielfältig klassifizieren, ungemein ein⸗
fach geordnet und in folgende Hauptgruppen gesondert. Man
126
Totschlag, Mord, Blutrache, Fehde
unterschied bei Ctungen zwischen Cotschlag und
Mord wie heute, nur nach anderen Voraussetzungen. Offent⸗
licher Cotschlag, ja sogar der an einem König begangene, war
infolge der allgemeinen Wehrhaftigkeit kein todeswürdiges
Verbrechen, auch der „heimliche Mord“ war es nicht. Der
„heimliche Mord“ lag nur in dem Verbergen der Leiche (im
Brumen, in einem Fluß, unter dürrem Reisig u. dgl.), und
wollte der Totschläger nicht als ein Mörder gelten, so brauchte
er sich nur öffentlich zur Cat zu bekennen und sich bereit erklä⸗
ren, das Wehrgeld als Sühne zu zahlen. Ließ er es auf die Klage
ankommen, so lief er dadurch auch keine Gefahr. Die Sippen
des Erschlagenen begruben dessen Leiche aber erst nach erhal⸗
tenem Wehrgeld“) (von diesem später) oder bis sie Rache ge⸗
libt oder Sühne“) erhalten hatten. Der Vächstversippte, dem
die Blutrache oblag, erschien mit gezücktem Schwert vor dem
Richter, die Leiche mitbringend, und so erhob er die Ulage
auf Entrichtung der Mordbuße, oder wenn sich der Beklagte
dessen weigerte, war seine Ulage auf Kampf und Fehde gegen
ihn gestellt. Alle zu Wehrgeld berechtigten Sippen traten ge—
rüstet auf und zogen, dreimaliges Wehgeheul erhebend, drei⸗—
*) Eine Suͤhnformel, nach Grimm, Rechtsaltert. S. 89, mit
velscher sich die Erben des Erschlagenen nach erhaltenem Wehrgeld oder
Suͤhne mit dem Totschlaͤger versoͤhnen (versuͤhnen) lantet: „So sollen
se (die Erben und der Totschlaͤger) denn teilen miteinander Messer und
Braten und alle Dinge wie Freunde. Wer das bricht, soll landfluͤchtig
sein, so weit Christenleute in die Kirche gehen und Heiden in ihren
Tempeln opfern, Feuer brennt, Erde gruͤnt, Kind nach Mutter schreit,
Holz Feuer naͤhrt, Schiff scheitert, Schild blinkt, Sonne den Schnee
schmilzt, Winde brausen, Wasser zur See stroͤmt, Mannen Korn saͤen;
es seien dem versagt alle Gotteshaͤuser, jederlei Wohnung, die Hoͤlle aus⸗
genommen. Die Suͤhne soll aber doch bestehen fuͤr ihn und seine Erzeugten
solange Menschen leben! Und wo beide Teile sich treffen, sollen sie beide
miteinander sein wie Vater und Sohn in allen Gelegenheiten“. — WVergl.
den Eid der an⸗ und aufgenommenen Freischoͤffen in die Feme, S. 103.)
**) Nach dem Rheingauer Landrecht (Ge6, bei Bodmer, S. 627:
„Es ist Landrecht, daß man den Toten nicht soll begraben, bevor der
Totschlag nicht gestraft oder gesuͤhnt“.
127
Ceibesverletzungen, Fehde⸗ und Beuterecht
mal die Schwerter blank. Nach dem ersten „Bes chreien“*)
ward der Cote „fürbaß getragen“, nach dem dritten Schrei
steckten sie die Schwerter wieder ein. Die Form gebot, den
Tolen neun Schrilte nahe zu bringen, und „wenn der Mann
schreitet drei Schritte, soll er ein Zeichen legen und so bei
jeden der anderen drei Schritte je eines“.
Bei Leibesverletzung unterschied man auf Ver—
wundung oder CLähmung, und ob die bleibende Narbe
biel oder wenig entstellte, ob sie offen sichtbar bleibe oder
durch Kleidung, Bart oder Haar verdeckbar wäre. Unter die
nicht versehrenden leiblichen Gewalttätis—
keiten gehörten beschimpfende Griffe oder Berührungen
der Hand oder Finger einer freien Frau, das Zupfen eines
Mannes an seinem Barte in beschimpfender Absicht, Not⸗
zucht*t) und Wegelagerung. Hingegen war Raub keine ent—
hrende Handlung (Sprichwort: Reiten und Rauben ist keine
Schande, das thuen die Besten im Cande), denn es war
Beuterecht uͤnd selbstverständliche Folge des Fehde—
rechtes. Dagegen war Diebstahl entehrend, der dem
Kaub oder dem Beutemachen gegenüber gestellt war wie der
heimliche (feige) Mord“ dem offenen CTolschlag im Kampfe.
*) Auch „Geruͤffte“ (Gerufe) genannt. Sachsenspiegel, Art. 64.)
*) Die Genotzuͤchtigte soll, so sie eine verehelichte Person, so wie
sie aus der Gewalt des Mannes kommt, mit „zerbrochenem Leib, flattern⸗
dem Haar und zerrissenem Gewand“ das Gericht fuchen und weinend
und schreiend ihr „Laster“ klagen, ihren Schleier in der Hand tragen“
and Hilfe „anschreien“ uͤber den Taͤter. Schweigt sie aber diesmal
till, so soll sie auch hinfuͤro schweigen.“ Das Glossar zum Sachsenspiegel
sagi aͤhnlich: Es fFeye gleich ein weib oder maget ob ste vber der gleichen
diug klaget, bie sollen jhre schleier, stirnbande, haben (Hauben oder
anderes so sie haben, von ihrem heupt reissen und jhr har reuffen vnd
ihre haͤnde winden, doch nicht schlecht heulen oder schreien, ohn allein
das sie noht mit weinender stimme und rinnenden augen und mit ge⸗
ruffte klaͤgen, als der text spricht“. Der 64. Artikel des Sachsenspiegels
sagt: „WAnn Frawen oder Megde notzoͤge (Notzucht) Klagen vor Gericht,
sie follen das dlagen mit Geruͤffte durch der handhafften That und
durch der Noth willen, die sie da beweisen sollen.“
128 F
Diebstahl, Tagdieb, Nachtdieb
Nur ein Abermaß von Gewalt verunehrte den Totschlag
zum Mord, oder auch, wenn Wehrlose, Frauen, Kinder,
Greise getötet wurden. Daher durfte der, der im offenen,
„ehrlichen“ Kampf, in erklärter Fehde, Mann gegen Mann
focht und siegte, beziehungsweise den Gegner tötlete, rechtlich
Beute nehmen; der Sieger durfte den überwundenen Gegner
berauben. Am verächtlichsten galt jener Diebstahl, der Bieh
oder Getreide betraf; den Kühen die Milch stehlen machte
ehrlos. Ferners wurde sehr scharf zwischen „Cagdieb“ und
Nachtdieb“ unterschieden. Holzdiebstahl bei Cas, verbun—
den mit lautem Geräusch, war nicht ehrlos, wohl aber der
geräuschlose zur Nachtzeit. Dem erwischten Dieb band man
die Hände vorne, schnitt ihm die Cragbänder und Unsöpfe
des Beinkleides ab, das er mit den gefesselten Händen tragen
mußte (um nicht fliehen zu können, denn in der Flucht haͤtte
er das Beinkleid verloren und wäre gestürzt), während das
gestohlene Gut man ihm auf den Ruͤcken band, das er so
zu dem Richter tragen mußte. Hatte man Verdacht, so konnte
man Hhaussuchung halten; verlief sie ohne Erfolg, so zahlte
man Buße wegen Hausfriedensbruches.
Dagegen waren die unterscheidenden Begriffe von CLäste—
rungen Ehrenbeleidigungen) sehr ausgebildet und gehörte
dahin nicht nur der unbegründete Vorwurf einer unehelichen
Geburt, Vorwurf leiblicher Gebrechen oder Mißgestalt, der
Faulheit, der Unfreiheit, der Feigheit, angeblicher oder ge—
sühnter Verbrechen, sondern auch der Anwurf des Umganges
mit Elfen und Geistern, der Zauberei und Ketzerei. Ganz be—
sonders verpönt waren Schimpfworte, wie „Zohensuhn,
Musensohn, Manntolle, Nachtreiterin, Wettermacherin, hexe,
Fehna u. s. w., welches — ziemlich reichgliederiges — Ver—
zeichnis sich in christlicher Ara geradezu gegen das Wuotans-
tum im gehässigsten Sinne wendete; die vordem heiligsten Be—
griffe verwandelten sich in die verächtlichsten Bezeichnungen.
Ebenso einfach waren auch Sühne, Buße und
Strafe. Alle Ungericht (Ungerecht, Missetah), selbst
129
Friedekaufen, Hautlösen, Wehrgeld
Totschlag und Mord konnte mit Geld gelöst werden, was
man „Friede kaufen“ oder die „Haut lösen“ nannte,
weil die Weigerung des Wehrgeldes“ den Ausbruch
der Fehde bedingle und der Wehrgeldweigernde der Gewalt
der Fehdekündenden bloßgestellt war. Das Wehrgeld war also
die Buͤße, das Verbessern oder Gutmachen des Schadens,
welche somit zur Entschädigung den Beschädigten oder deren
Erben zufiel. Das Wehrgeld aber, das der Usnig, das Volk
oder das Gericht um des gebrochenen Friedens willen in
Empfang nahm — in Urtagen der Halgadom, also die Gott⸗
heit selbfi, als Opfer — das war die Sühne. Daß sowohl
Sühne als Buße in Geld geleistet wurde, bezeugen noch heute
die Wortbegriffe „vergelten“ und „entgelten“, denn bei den
Friesen heißt noch heute jede Buße und Sühne „jeld“, und
das altnordische gialda“, Mehrzahl „giöld“, hat die Be—
deutung von verbeffern (luere, pendoréô, solvere, repararo,
nach Grimm, Rechtsaltert. 8. 649). Die Sühne hieß auch
„Wette“ oder das „Gewette“,“) das von den „Wettenden“
*) Wehrgeld war die gesetzlich bestimmte, Summe, die gezahlt
werden mußte, um sich einer Klage zu „erwehren“ sich frei von ihr zu
nachen; Suͤhne⸗ oder Renegeld oder auch die Buße. Der Sachsenspiegel setzt
aAls hoͤchstes Wehrgeld fuͤr den Tod eines Mannes 18 Pfund oder 24 alte
Schock Groschen. (Sachsensp. III. Art. 45. Er setzt auch Wehrgeld
ur Tiere (Ul. Art. 89. Rach der Hoͤhe dieses Wehrgeides von 18 Pfund
wurden alle Suͤhnen und Bußen, auch das Gewette (Strafe) bemessen,
und zwar: (Sachsenspiegel) „Gantz-Wehrgeld 18 Pfund, Halb⸗Wehrgeld
z Pfund, vierte Teil ist fuͤnfthalb Pfünd u. s. w.“ Auf Island galt
der Freie 100 Unzen Silbers. — Da sowohl die Fehde, wie die Rache,
zuch das „Beschreien“ vor Gericht, und im Gegenteil das Zahlen des
Wehrgeldes — wenn der dazu Verurteilte Zohungzuntähig war — auf
der ganzen Sippe lastete, so konnte der Anspruch auf das Wehrgeld
auch in das ESrbrecht fallen, denn der naͤchste Erbe schloß nicht unbedingt
die entfernteren Verwandten aus, sondern das ganze Geschlecht machte
seinen Anspruch darauf geltend, wenn auch im einzelnen nach den durch
das Erbrecht festgesetzten Teilen.
sWette, von vette, wid Gesetz, Wissen; der Wettende S der
Richter. Spaͤter, und zwar schon im Sachsenspiegel, deckt es den Begriff
bon Strafe, denn ., Gewette“ ist in diefem Rechtsbuche die Strafe, die
9
130
Wehrgeld
Wissenden, Richtern) dem Beklagten aufgetragen wurde.
Jeder Mensch nach Stand, Geschlecht und Alter hatte seine
destimmte Bewertung und selbst Sühne und Buße für Taten,
die kein Cotschlag waren, wurden nach dem Maßstabe des
Wehrgeldes berechnet, und es konnte daher auch für Ver—
letzungen, Verstümmelungen und arge Schmähungen in be⸗
sonders schweren Fällen selbst das ganze oder halbe Wehr⸗
geld aufgeiragen werden. Auf Hsöhe und CLeistung von Sühne
Zder Buße hatte Stand, Geschlecht und Alter des Täters wie
des von der Tat Betroffenen bestimmenden Einfluß; ebenso
unterschied die Cat eines Freien oder Unfreien oder gar eines
Freischöffen, welch letzterer doppelt so hoch bewertet wurde
als ein gewöhnlicher Freier; er erhielt oder zahlte — je nach⸗
dem — doppeltes Wehrgeld nach dem Grundsatze: höhere
RKechte bedingen höhere Pflichten. So war z. B.
die Ehre eines Freien durch die Beschimpfung eines Unechtes
nicht berletzbar; eine Frau brauchte gewaltsamen Einbruch
Hausfriedensbruch) nicht zu büßen. Hatte ein Haustier oder
ein Sklave (Anecht) jemanden getötet oder perletzt, so mußte
dessen Eigentümer durch Wehrgeld büßen. Das allemannische
Candrecht bestimmt, wenn Pferd, Rind und Eber töten, das
zanze Wehrgeld; ist der Getötete jedoch nur ein Unecht, nur
das halbe. Ist aber die Tötung und Verletzung durch einen
Hund erfolgt, so heißt es: „Der Mage des Getöteten soll sich
mit halbem Wehrgeld begnügen, fordert er aber doch das
zanze, so wird ihm mit der anderen Hälfte der Hhund aus⸗
zelieferi, den er aber über seiner Haustüre aufhängen muß
ͤer ein Ungericht verhaͤngt wurde, und „wetten“ ist so viel wie „Strafe
zahlen“. Noch spaͤter erst gewann der Ausdruck Wette seine gegenwaͤrtige
Bedeutung. Da auch durch Richterspruch einer seinen Kopf verwetten
sonnte, der Richterspruch aber als Ordal galt, Gluͤcksspiele aber eben⸗
falls Ordale im gewissen Verstande waren, 3. B. das Losen, so ist auch
die „Wette“ im modernen Sinne noch immer ein Ordal, denn einer
hoͤheren Macht — die wir mißverstehend Zufall nennen — wird bei der
Wette die Euntscheidung anheimgestellt, ebenso wie bei den Losgewinsten
und anderen Gluͤcksspielen.
31
Beschränkungen des Wehrgeldes
und, bei Verlust des in Geld empfangenen anderen halben
Wehrgeldes, nicht eher abnehmen darf, bis das Tier ver⸗
fault und die Unochen herunterfallen; auch darf er zu keiner
mderen Türe ein⸗ oder ausgehen als derjenigen, über welcher
der faulende Hund hängt.“ Ebenso wurde der Unecht, der
einen Tolschlag beging, für welchen sein Herr das Wehr⸗
geld zu bezahlen hatte, wenn der Wehrgeldansprecher sich nicht
it der Hälfte des ihm gebührenden Wehrgeldes begnügte,
iber der Cür des Ansprechenden bei Erlag der anderen Hälfte
aufgehangen, bis er faulte und herunterfiel, wobei ebenfalls,
so lange die Leiche über der Tür hing, kein anderer Ein⸗ oder
Ausgang benützt werden durfte. Daraus wird klar, daß
haustiere und Hhaussklaven Hausknechte, Unechte) gleich⸗
bewertel waren, aber auch, daß, um der Habgier in der
Ausbeutung des Wehrgeldrechtes für jene, welche es in der
vollen Strenge und Härte durchsetzen wollten, zu steuern, ge⸗
wisse lastige und wohl auch entehrende Bedingungen gestellt
wurden, um dadurch nachdrücklich auf Milde, Nachsicht und
liebebolles Entgegenkommen hinzuwirken. Das Gebot
erebe zu den EStammes-)Mach st e n — wir werden
im dritten Abschnitte noch ausführlicher darauf zurückkommen
kennzeichnet sich dadurch schon als ein armanistischer
Grundsatz in der Volkserziehung, in der Richtung, der
durchaus nicht erst christlichen Ursprunges ist, wie so gerne
breitspurig, aber unwahr ausgeführt wird. Wie jene christ⸗
liche Ciebe sich äußerte, mag in der wertvollen Schrift
bon Wigalois, „Der Tempel von Rhetra und seine Zeit“)
nachgelefen werden, auf welche hier wiederholt verwiesen
werden soll.
Der Zusammenhang von Buße und Sühne mit früheren
Opfern steht außer allem Zweifel, und schon Grimm erkannte
darin den Ursprung der Vieh⸗ und Getreidebußen der früheren
Zeil. Es muß daran erinnert werden, daß in der Urzeit als
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132
Wehrgeld als Sühne und Buße
Geld, d. h. als das (Wert )Geltende, Vieh und Getreide
galt, und viele unserer Ausdrücke diesen Ursprung bezeugen;
so z. B. die Bezeichuung „gangbares Geld“ (Münze)
auf das „gehende Vieh“ zurückweisen, auch der Ausdruck
„überhaupt“, mundartlich „überhaps“, ahd. „uiberhoubet“,
weist auf das Sählen nach Aspfen (man zählte auch
Menschen „nach Köpfen“, wie später nach Helmen, Schilden,
Spießen, Seelen u. s. w.). Es kommen daher noch lange Heit
Bußen vor, welche entweder vollständig in Getreide und
Vieh oder in Getreide, Vieh und Geld zahlbar waren. Kaiser
Otto J. verurteilte einen gewissen Eberhard zu hundert
TalentenimRösselwerte (GGrimm, R.A., S. 587:
„centum talentis aestimatione equorum“). Und Geld—
bußen für Jagöfrevel waren nach Grimm, R.⸗A., s. 667:
„Wer einen Hirsch fing, soll büßen 60 Schilling und einen
halben, und einen fahlen Ochsen“, oder: „für ein Reh soll
man geben 60 Schilling und einen halben, und eine fahle
Beiß, so es aber ein Bock, so soll er geben einen fahlen Bock
und 60 Schilling und einen halben“, und wer eine Hindin
fing, gebe eine fahle Kuh“ u. s. w. Bei einigen Gerichten er⸗
hielt fich lange die Abgabe von Schweinsfüßen, Hühnern,
Gänsen, Kapaunen, Hafer, Getreide u. s. w., wie wir schon
oben gesehen haben. Frauen hatten kleine Vergehen, wie
Schimpfereien, Schlägereien u. s. w., mit einem Sack Haber,
der mit einem roten Bande (ruoth — Recht — Strafe) ge—
bunden sein mußte, zu sühnen, der aber nicht den Gekränkten,
sondern dem Gerichte anheimfiel, also eine Sühne — einst
Opfer — bedeutete. hier gelangen wir wieder zur Otterbuße
der Edda und deren Nachwirkungen zurück, deren schon oben
5. 59 ff. gedacht wurde.
Schon oben S. 28 ff. wurde gezeigt, wie in der Drei⸗
stufung der Sühne die Buße und diefer die Strafe folgte
—A leer, tod, vgl. Stroh; fe-fa — machen; also:
Strafe — leer⸗, tot⸗, unschädlichmachen, somit: vernichten,
lotschlagen, töten). Späterer Unverstand, vielleicht und wahr—
133
Strafe, Todesstrafe
scheinlich sogar absichtliche Verdunkelung des Wort⸗
sinnes, leitete den Wortbegriff „Strafe“ von streifen, streichen,
peinigen, punire, poona, olun povos ab und daher morteo
punire für Kapital- oder Hauptstrafen, da es eben so am
besten zur Vergewaltigung des deutschen Rechtes zugunsten
des rsmischen Un⸗Rechtes paßte.
Schon Tacitus, in der Germania, nachdem er im Kap.7
erwähnt hatte, daß nur dem Armanen (Priester) das Recht
zustehe, namens der Gottheit Strafen zu verhängen, sagt aus—
drücklich im Kap. 12: „Die Strafen sind verschieden, je nach
dem Verbrechen. Verräter und Überläufer hängt man an
einen Baum; Feigheit, Fahnenflucht und widernatürliche Un—
zucht wird bestraft, indem man den Schuldigen mit über⸗
eworfenem Flechtwerk in Morast und Sumpf versenkt. Der
sSinn dieser Anwendung zweier entgegenge—
setzter Todesarten ist der, daß bei der Bestra—
fung Verbrechen öffentlich gezeigt, Schand—
taten aber verborgen werden müssen. Aber auch
leichtere Vergehungen werden nach Verhältnis geahndet. Die
Aberführten bußen an Pferden und Vieh; eine Hälfte fällt
dem Konig oder der Gemeinde (dem Halgadom, als Opfer,
Zühne), die andere dem Beleidigten oder seiner Sippe als
Buße) zu.“ Cacitus kennt also nur zwei Codesstrafen, näm⸗
lich das Hängen und das Versenken in den Sumpf, und als
Nörperstrafen erwähnt er nur so beiläufig im Kap. 7 das
en und ebenda auch das Einkerkern als Freiheits—
strafe.
In einer Femgerichtsformel heißt es: „Wer die Geheim⸗
nisse der Feme verrät, den soll der Freigraf greifen lassen, ihm
die Hände binden, ein Tuch vor die Augen, ihn auf den
Bauch werfen, die Zunge zum Nacken herausziehen, einen
dreisträngigen Strick (die Wyd, aus drei Weidenruten gedreht)
um den Hals tum, und ihn sieben Fuß höher henken lassen als
einen anderen Dieb.“ Aus dem Versenken in den Sumpf ent⸗
sprangen — permutlich aus lokalen Ursachen, wenn kein
134
KUala und Symbole der Strafarten
Sumpf vorhanden war — das Ertränken, das Lebendig-
Begraben und das Lebendig⸗Einmauern.
Außer diesen Lebensstrafen scheinen dem ario-germani⸗
schen Ältertum noch folgende Codesarten aus urzeitlichen
Mpferweihen herzuleiten sein: Das Enthaupten, das Rädern,
das Vierteilen, das Steinigen, vom Felsen stürzen, das Ver⸗
brennen (das lebendige Feuer) und „den Blutaar ritzen“.
Diese verschiedenen Codesstrafen hatten ihren Ursprung der
HNala zu danken, denn sie hatten sinndeutliche Beziehungen
zum Berbrechen selbst. So mußten z. B. Diebe eine Hündin
zum Galgen tragen die neben den Dieb gehängt wurde.
hündin heißt aber heute noch in der Jägersprache „Cewe“
ind das bedeutet Dieb. Das war also ein „lesbares“ Heichen,
das jeder verstand. Friedensbrecher trugen die „Bracke“ zum
Kichtplatz, und Bracke, Brecke bedeutet Brecher, Verbrecher.
Morder trugen eine „Küde“ — Rod — Verrottung. Trotz
dieser Sondernamen waren aber alle eben Hunde, und der
Begriff Hund in der dritten Wort-Ordnungs-Stufe deutet auf
Hemmung, Verrottung, Ende, Cod.“) Der Nachtdieb wurde
gehängt, der Cagdieb enthauptet, das beweist, daß das Hän⸗
zen für schimpflicher galt. Diese tiefere Verachtung des Hhän⸗
zens rührt aber aus nachwuotanistischer Zeit her, denn
Wuotan, als Hangatyr, war Herr aller Erhängten, und
darum war im Wuotanstum das Erhängen der vornehmste
Opfertod, und war als Selbstopfer vor allen anderen Selbst—
opferarten (Selbstmord sagt man heute) der bevorzugteste.
Das spätere Rädern oder Vadebrechen wurde — wie noch
heute in Indien am Feste des Wischnu zu Jaganath —
uͤrsprünglich vom fahrenden Götterwagen vollzogen, und
zwar als Opfer. Später war es das neunspeichige Rad des
Sotlerwagens oder das Julrad, mit dem das heilige Feuer
zezeugt wurde. Der Wortsinn „Vad“ (siehe G.C.B. Vr. J,
2 Rad) als Ruoth ⸗ Recht war die Ursache, es als Hin⸗
8) Siehe G.L.B. Nr. 1, Seite 27: Hund.
135
Kala und Symbole der Strafarten
richtungswerkzeug zu gebrauchen, als der Sinn des Opfer⸗
lodes sich in den häßlichen Sinn des Straftodes verwandelt
hatte. Das Enthaupten mit dem Schwerte galt für edler; das
Schwert ist ja der Sonnenstrahl, während das Beil Glitz)
dem Donar geweiht war. Es ist derselbe Unterschied zwischen
Schwerttod und Beiltod, wie zwischen Walhall und Trudheim
aA⸗ Totenstätten. Das Vierteilen wurde mit vier Ochsen voll⸗
zogen, welche an Seile gespannt waren und den Verurteilten
n vier Teile zerrissen. In der niederdeutschen Genovevasage
wird die Bestrafung Golos, „er wird von vier Ochsen zer⸗
rissen, die noch nicht im Pfluge gegangen“ (im Urtert: „Golo
werd riva, fyr osa, nit gane in Are⸗), durch die Kala wie
folgt deutbar: „Kälte (Ger Winter, Golo) vertrieben
werdriva; riva * reißen, zerreißen), v o m Feuer auf—
gezehrt(fyr — Urfyr; osen ⸗ asen — äsen —essen), ging
sicht in das Sonnenreich (nit gane in are). Das ist be—
deutsam, daß die Bedinguns lautete, daß „die vier Ochsen,
die noch nicht im Pflug gegangen“ sein dürfen, (nit gane
in are), denn in der Ainwendung der Kala auf die Hinrich⸗
tungen des Hierteilens erwächst daraus ein anderer Sinn als
in der Sage. „Werd riva fyr osa nit gane in are“, besagt
dann als Gerichtsformel durch die Uala: „Wird vertrieben
durch die Feuerasen, (weil er) nicht ging im Sonnenrecht“.
Einer späteren Nummer der GiEB. muß es vorbehalten
werden, die Kala in den Rechtsformeln und Kechtsgebräuchen
ausführlich in ihrem inneren Zusammenhang und ihrer
organischen Entwicklung zu schildern, wodurch diese Formel
erst ihre volle Bedeutung enthüllen wird. Das Steinigen war
eine schimpfliche Ausstoßung aus der Gemeinde und wurde
derart vollzogen, daß der Ausgestoßene nackt aus der Ge⸗
— der Gemeindeglieder, die
eine Zeile bildeten, einen Stein nach ihm warf. Hatte er alle
ohne ernste Verwunduns hinter fich, so stand ihm die Flucht
in den Wald offen, in den er nun gebannt war. Selten gelang
hm dies, denn meistens erlag er schon den ersten Steinwürfen.
136
Kala und Symbole der Strafarten
Es war aber immer eine Art von Lynchjustiz und keine richter⸗
lich zuerkannte Strafe. Im Verlaufe der Zeiten entwickelte sich
daraus das „Spießrecht“ der Candsknechte und das Spieß
rutenlaufen in den vormärzlichen Heeren.
Das vom Felsen stürzen war auch keine durch Richter⸗
spruch erkannte Strafe, sondern ein freiwilliger Opfertod
lebensmüder Greise, um sich Wuotan zu weihen; sie fuhren
zu Wuotan. Das CLebendige Feuer“ war auch nur Selbst⸗
opfer der höchsten Weihe und kam erst als richterliche Strafe
mit so manch anderem aus Italien. Das „den Blutaar ritzen“
war eine Opferung gefangener Feinde und ebenfalls keine
richterliche Strafe. Ihrer wird in der Wilkinasaga erwähnt,
und bestand darin, daß dem völlig entkleideten Gefangenen,
der auf dem Bauche liegend mit Händen und Füßen an in
die Erde gerannte Pfähle gebunden wurde, mit der Schwert
spitze am Rücken die Gestalt eines Aares eingerissen wurde.
Jede Rippe bildete sozusagen eine Feder des Flügels, die ihm
dann aus dem Leibe gebrochen wurde, um ihm schließlich das
herz von rückwärts aus dem Leibe zu reißen Es war Ehren⸗
pflicht eines also Gemarterten, die Qualen durch Lachen und
Schmähworte zu erdulden und tapfer zu sterben. Da nur
sagenmäßig von dieser Codesart, und im ganzen nur dreimal
berichtet wird, so dürfte es sehr zu bezweifeln sein, daß sie
jemals wirklich vollzogen wurde, vielmehr erscheint es als
beinahe gewiß, daß die Erzählung nur kalischen Wert hat
und sonst — Erdichtung ist. Die Kala sagt: bluot are, d. h.
„Sonnenopferrecht/ Dem Feinde, der raublüstern, beute⸗
gierig und rachsüchtig ins Land fällt, das Sonnenopferrecht
mit dem Schwerte auf den Rücken zeichnen, sagt ja deutlich
zenug, ihn aus dem Cande mit Wunden im Rücken zu jagen.
Ich kann und mag an die Tatsächlichkeit dieser Scheußlich
keit, da sie so gar nicht in den Rahmen des UÜbrigen paßt,
im Ernste nicht glauben, und nehme an, daß diese Nachrichten
nur mißlungene Kala, oder UÜbertreibungen eines minder—
begabten Skalden sind. Einer hat diese — echt indianermäßige
137
„Richtung“⸗gebende Volkserziehung — — ——
— Schaudermär erfunden, und zwei Nachdichter haben sie
ihm „nachempfindend“ nacherzählt. Derlei soll ja auch heut⸗
zutage bei so manchen „Schriftstehlern“ vorzukommen pflegen
und ist darum nicht für Wirklichkeit zu nehmen. Nur der
Vollständigkeit zu CLiebe habe ich auch diese Blutaarritzung
hier aufgenommen, verweise sie aber nachdrücklichst in das
Keich der Fabel.
Da übrigens Tacitus nur zwei richterlich zu verhängende
Todesarten als Strafe kennt, so können zu seiner Zeit die an⸗
deren Todesarten wohl vereinzelt als Codesopferungen vor⸗
gekommen sein, aber die komplizierten Fälle müssen erst der
verchristlichten Gerichtspflege zuerkannt werden, als der Ar—⸗
manengeist, der Vergewaltigung erliegend, zu weichen be⸗
gann. Je einfacher die Kala in ihrer Sinndeute sich gibt, um⸗
fo edler leuchten die Grundsätze der Rita hervor; je kompli—
zierter und schwerer deutbar aber die KRala in späterer Heit
wird, ebenso mehr verdunkelt sich die Rita in ihrer Versinn—
deutung, um endlich, im sie überwuchernden Symbolismus,
völlig zu ersticken.
Daß die armanische Gerichtspflege infolge ihrer „rich⸗
tung“gebenden Volkserziehung auch Ehrenstrafen
kannle, das haben wir schon gesehen, wo die Gerichtspflege
der Habsucht in der Ausnützung des Entschädigungsrechtes
S. 96) zu begegnen suchte, um die Pflicht der Nach—
ficht mit seinem Stammesnächsten zur Cugend
der Liebe zu adeln. Alle jene Ehrenstrafen, von diesem
Standpunkte aus betrachtet, werden in ihrer sinndeutlichen
Uala erst klar, und erweisen sich als weise erwogene pädago⸗
zische Hilfsmittel, das große Rind, Volk genannt, plan⸗
mäßig zu erziehen, indem man ihm den Weg zum
heile „richtete“. Wenn man die vielen, wohl gutgemeinten,
meist aber bedeutend übertriebenen, Panegyriken auf die so—
zenannte „gute alte Feit“ kritiklos aufnimmt, so könnte man
leicht einen ungerechtfertigten Haß auf unser zeitgenössisches
Beschlecht werfen, ohne zu bedenken, daß die Menschheit
138
Erziehlich richtunggebende Rechtsbräuche
selbst noch sehr weit zum Siele allgemeiner Vollendung hat,
und daß selbst ihre Führer und Erzieher, wenn auch vorge—
—
falls nur Menschen waren, sind und sein werden, und trotz
erreichter und mühsam bewahrter Höhe, doch in der All⸗
gemeinheit wurzelten und Kinder ihrer Zeit waren, sind und
es stets bleiben werden. Immer wieder werden wir die beid⸗
einig zwiespältige Zweieinheit, in den Gegenpolen des Geistig⸗
Intuitiven und des Stofflich⸗Intellektuellen zu erkennen ver⸗
mögen und das Bestreben, den apolaren Ausgleich im Geist⸗
Stofflichen zu finden, erkennen können, um das Empfinden
mit dem Verstande in der Vernunft zu gipfeln und zu ver⸗
einen. Darauf soll später noch nachdrücklicher verwiesen werden.
Was nun diese erziehlich richtunggebenden
sinndeutlichen Rechtsgebräuche betrifft, die unter
dem Gesamtnamen „Ehrenstrafen“ nicht vollkommen sinn⸗
entsprechend verzeichnet sind, da sie weit richtiger als sinn—
deutliche SUülhnhandlungen qanzusprechen wären, so
ist die Zahl eine sehr große, von welchen viele zweifellos sehr
alt, andere mehr örtlichen Charakter tragen, während wieder
andere, und das wohl die Mehrzahl, erst aus nacharmanischer
Pflege stammen, als die Uala verwilderte und aus ihrer ur⸗
sprünglichen Einfachheit zur komplizierten Spitzfindigkeit aus—
zeartel war. Im Sinn der Buße, nämlich des Verbesserns, mag
als älteste Art, Widerruf und Abbitte zu betrachten
sein, indem der überwiesene Schmähredner verhalten wurde, sich
zffentlich selbst eine Maulschelle zu geben, und dann zu
rufen: „Du Mund, da Du dies Wort geredet, da logst Dul“
Der Begriff des Wortes Maulschelle erklärt ganz gut, warum
der Schlag auf den Mund ein verkalendes Beizeichen war.
Die Schelle war sinndeutliches Zeichen für die Begriffe Rich⸗
ter, Gericht u. s. w., denn „Skillan“ bedeutet richten, wie
schellen (schallen) und eine „schallende Maulschelle“ besagt
alfo ein weithin vernehmbares Richten des Sprachorganes“
auf künftige Wahrrede. Mehr hatte es also nicht zu bedeuten
139
Erziehlich richtunggebende Rechtsbräuche
als ein „Merkzeichen“; der körperliche Schmerz war Neben⸗
sache. Erst in späterer Zeit der Verwilderung kamen die
mittelalterlich⸗christlichen Verschärfungen des Uniens, die
Verabreichung der Maulschelle durch den Henker am Pranger
u. f.w. hinzu Das Sffentliche Tragenbeschimpfen—
der Abzeichen, aus ähnlichen Ursachen entsprungen, wie
oben s. 130, das Aufhängen des Hundes ober der Tür, ge⸗
fallete sich in der Verfallszeit des Gerichtswesens ebenfalls
in kaum zu überblickender Mamigfaltigkeit, aus anfangs ein⸗
fachsten Sinndeutlichkeiten, aus. Einer Frau, welche den An⸗
wurf des Ehebruches nicht zu entkräften vermochte, wurde
vorne das Hemd aufgeschlitzt. Dem Verurteilten wurde eine
role Mütze auf die Brust gebunden und die Juden mußten
einen spitzen Hut, später einen gelben Fleck auf dem Kaftan
tragen. Die rote Mütze auf der Brust sagte durch die Kala
Rot — ruoth — Recht; Müutze — mettis — Schöpfer, also:
Schöffe, Richter; Brust — berusto, berüsten, verwalten, so—
mit): „Der Richter waltete des Rechtes“. Der spitze Hut, war
der· „Jotenhut“, das Abzeichen der Joten Giesen), welche
als die feindlichen (nur stofflichen) Naturkräfte, und daher
als die Feinde der (rein geistigen) Götter galten; er ward als
redende Urkund denen zu tragen verordnet, welche sich
durch rein materielle geistlose Habgier als ge⸗
meinschädlich erwiesen. Da solches eben meistens die Juden
betraf, wurde fehr bald aus dem „Jotenhut“ der „Juden⸗
hut“, als welchen ihn noch heute die Heraldik kennt. Die gelbe
Farbe — die Farbe Donars — wurde erst später zur
Hestfarbe (man denke an die gelbe Quarantaine⸗Flagge der
Aontumaz⸗Stationen) und als solche zum Judenabzeichen;
das aber erst im christlichen Mittelalter. Eine weitere Ehren⸗
trafe war das Verbot Waffen zu tragen. Die Waffe
war das Sinnbild des freien Mannes, der darum selbst vor
Gericht bewaffnet erschien, weshalb die Entwaffnung gleich⸗
bedeilend mit Entehrung war, so wie das Wort „feige“, nach
Grimm, R.A. (8. 664, Note), geradezu „zum Tode be⸗
140
4
Eselritt der Uaiserin Beatrix
stimmt“ bedeutete. Verlust der Freiheit bedingte daher auch
den Verlust der Wehrhaftigkeit, und im selben Maße, wie
jene sich verringert, vermindert sich auch gleichzeitig diese und
mit ihr die Ehre und das Gefühl für diese. In späterer Feit
war das Aberkennen des Rechtes Sporen zu tragen eine
empfindliche Strafe für die Ritterschaft. Der Efelritt,
verkehrt, dessen Schwanz statt des Zaumes in
der Hand, war eine Ehrenstrafe für Frauen, die dann
meist völlig nackt durch die Straßen reiten und den Hohn der
Menge ertragen mußten. Der Ursprung dieses Schmach-
rittes ist in den jährlichen Umzügen der Götter selbst zu
*) In Darmstadt wurde der zu diesem Brauche dienende Esel
von den Herren von Frankenstein zu Bessungen gehalten, und
mußte Darmstadt jaͤhrlich zwoͤlf Malter Korn als Eselslehen dafuͤr an
jene entrichten. Dafuͤr hatten sie, wenn der Esel zum Eselritte benoͤtigt
wurde, denselben durch einen eigenen Boten nach Darmstadt oder in
das betreffende Dorf der Umgebung zu senden. Auch Marburg in
Hessen, kannte diesen Brauch. Die Geschichte kennt einen solchen Fall
in Mailand, in welchem eine deutsche Kaiserin solche Schmach er—
dulden mußte. Kaiser Friedrich Rothbart hatte seine Gemaͤhlin
in Mailand zuruͤckgelassen, waͤhrend er selber seinen Heerzug weiter ver—
folgte. Die treulosen Mailaͤnder aber hatten die edle Stauffin gezwungen,
nackt auf einem Maulesel, verkehrt sißend und dessen Schwanz statt des
Zuͤgels in der Hand haltend, die Stadt zu durchreiten und so zu ver—
lassen, bei welchem Schmachritt sie der Mailaͤnder Poͤbel mit Kot be—
vparf. Mailand wurde darauf, 1458, vom Rothhbart erobert und der
Kaiser bestrafte Schmach mit Schmach. Er ließ ein riesiges Schaffot
exrichten, und drohte jedem maͤnnlichen Mailaͤnder mit sofortigem
Henkertod, von dem er sich nur zu loͤsen vermoͤge, wenn er aus dem
After des Maultieres, das die Kaiserin geritten hatte, eine hineingesteckte
Feige mit den Zaͤhnen herausholen und am Plaͤtze sofort oͤffentlich ver—
zehren wuͤrde. Von einer hohen praͤchtigen Tribuͤne sah er und, seine
Gemahlin dieser eigenartigen Suͤhne zu. Die edlen Mailaͤnder waͤhlten
die Feige, und so blieb der Henker, der vergeblich seiner Opfer haͤrrte,
gur ein muͤßiger Zuschauer dieser wohlverdienten Zuͤchtigung. Nuͤr auf
Fuͤrbitte seiner edlen Gemahlin — es war Beatrir Rainalde von
Burgund — dyruieß der Kaiser und ließ sich an dieser Zuͤchtigung ge—
nuͤgen. Drei Jahre spaͤter ließ er die treulose Stadt, erneuter Wider⸗
spenstigkeit wegen, am 4. Maͤrz 1162 vollstaͤndig — bis auf die Kirchen —
zerstoͤren, ihren Grund mit Salz bestreuen und fuͤhrte mit eigener Hand
141
Ritt der Lady Godiwa in Conventry
suchen, wie der noch heute stattfindende Ritt der CLady
Sodiwa(god — guͤt; diwa — Göttin) beweist. Die Götter
wurden als Geister ohne das Gewand des Geistes, also ohne
Usrper gedacht, und darum ritt die Darstellerin der Göttin
mit entblößtem KUörper ohne Gewandung, um das Geistige
des Wefens zu verfinnbilden. Der Graf hieß Mercia
moer — mehr, tia, za — zeugen) und weist namensmäßig
zuf den Mehrer des Segens hin; es war also der Um—
zug der gabenspendenden mehrenden Götter. Daß der neu—
zierig durch die Spalte Blinzelnde erblindete, beweist eben,
daß der Umzug, der Umritt der Göttin selber war. Der An⸗
hlick der Goltheit ist keinem Sterblichen, nur dem Sterbenden
gegönnt. Der Mann erblindete nicht, fondern er starb. Das
ist vielfach bezeugte mythologische Regel. Giehe TCacitus,
Germania, cap. 40.) War nun dieser Ritt ein Ehrenritt, so
war der verkehrte auf dem vergchteten Esel ein Schmachritt.
Kitt Rita) ist das Gesetz, das Rechttun; das wurde verkehrt
in Unrechttun, und darum mußte der oder die Unrechttuende
auf dem verachteten Reittier, verkehrt oder unrecht, statt des
Zügels den Schwanz in der Hhand, durch den Ort reiten.
den Pflug uͤber die gerichtete Stadt. (Siehe osterreichs Hort, Band J.
Seite 39 40.) Ein anderer Umritt, der noch heute als Erinnerungsfest
aͤhrlich am 7. Angust in alter Form zum Gedaͤchtnisse gefeiert wird,
aud in der englischen Stadt Conventry statt, und wird „der Ritt
der Lady Godiwa“ genannt. Im Mittelalter (wann und bei welcher
Gelegenheit ist vergessen) bat eine mildtaͤtige Dame, Lady Godiwa,
ihren Gemahl, den harten Grafen von, Mercia, um Schonung der
Staͤdt Conventry. Der Graf war zur Erfuͤllung dieser Bitte bereit, wenn
seine Gemahlin am hellen Tage voͤllig nackt durch die Stadt
ritte. Das geschah, und alle Bewohner Conventrys schlossen die Fenster,
nur ein Maun blinzelte neugierig durch eine Spalte und soll zur Strafe
zuf der Stelle erblindet fein.Es haͤlt schwer, alljaͤhrlich eine Dar⸗
stellerin fr die Ladd Godiwa zu finden. Am 7. August 1907 fand sich
gis Lady Godiwa ein Fraͤulein „La Milo“, eine Dame, die in Londoner
Varietees in plastischen Posen auftritt. Mit einer Wachsschicht uͤber⸗
zogen, von ihrem herrlichen Haar umwallt, ritt sie durch Conventry.
Diesmal hat kein Buͤrger von Conventry seine Fenster verschlossen,
sondern zu hohen Preisen vermietet, auch soll keiner erblindet sein.
142
Mählich. Verschwinden d. Kala, unbewußt. Fortleben ders.
Wenn auch in Conventry scheinbar ein freiwillig übernom⸗
mener Schmachritt — als stellvertretende Sühne — vorzu—
liegen scheint (nach der Auffassung der Sage), so zeigt doch
der Umsiand, daß die Lady Godiwa ein weißes Roß reitet
und wie gewöhnlich im Sattel sitzt, daß es kein Schmachritt,
sondern ein solcher in allen Ehren ist. Wie überall, so ist
auch in Conventry der mythische Sinn absichtlich verkalt wor⸗
den, um den alten Brauch kirchlichen Eiferern gegenüber be—
haupten zu können.
Es gäbe noch eine große Fahl ähnlicher Ehrenstrafen
zu erwähnen, doch stammen diese meist aus Feiten der nach-
armanischen Gerichtspflege, in welchen, wie mehrfach er⸗
wähnt wurde, die Kala schon verwirrt war, oder aus alten
CLynchgebräuchen, die mit richterlichen Erkenntnissen nichts
zu tun hatten, obwohl sie sich mittels Kala sehr gut erklären
lassen, denn das Sinndeutliche in allem und jedem war dem
Germanen zur zweiten Natur geworden und ist es ihm noch
heute, denn unbewußt wendet er die Kala an*) in oft merk⸗
würdig richtigen Wortspielen, die er noch heute mit dem alten
Namen, als — „Lalauer“ bezeichnet.
Wie aus vielen der angeführten Beispiele sich ergab,
schätzte die armanische Gerichtspflege die persönliche Freiheit
*) Ein Beispiel fuͤr unbewußte Anwendung der Kala bietet fol⸗
gender, vielbelachter Witz Kaiser Wilhelms J. Einst — lange vor 1870 —
besuchte Prinz Napoleon (Plon⸗-⸗Plon) den preußischen Koͤnigshof. Zu
Ehren dieses Besuches wurde eine Parade abgehalten. Der Prinz stand
im Rufe, den Kanonendoner nicht vertragen zu koͤnnen, ohne daß ge⸗
wisse Unannehmlichkeiten sich einstellten. Mit Ruͤcksicht auf diese Leibes—
schwaͤche war die Anordung gemacht worden, daß sein Standpunkt in
der Raͤhe einiger Batterien gewaͤhlt wurde, welchen Sparsamkeit im
Pulververbrauch nicht empfohlen war. Nach, dem militaͤrischen Schau⸗
iel, das der Prinz hoch zu Roß genoß, mußte er sich zuruͤckziehen, um
rine Kleider zu wechseln. — Fuͤr den Tag seiner Abreise gab aber
Koͤnig Wilhelm als Parole das Wort „Schweifurt“ ans. — In der
zweifellos! — absichtlichen Wahl dieser Parole liegt aber eben die
unbewußte und doch beabsichtigte Anwendung der Kala, naͤmlich die An⸗
wendung eines Wortes mit „verkaltem“ anderen Sinn.
143
Das Armanenrecht kannte keine Freiheitsstrafe
des einzelnen für so unantastbar, daß man die Ent⸗
ziehung der Freiheit als Straͤfvollstreckung,
als etwas zu Ungeheuerliches betrachtete, um Freiheitsstrafen
im späteren und unserem zeitgenössischen Sinne durch Richter⸗
spruch zu verhängen. Wohl spricht Tacitus in seiner Ger⸗
oma, cap. 7, davon, „daß der Feldherr nicht über Leben
ind Tod richten, nicht einkerkern, ja nicht einmal schla⸗
gen lassen durfe, welches Recht nur dem Priester Armanen)
Zuf der Gottheit Gebot zustände“, aber es ist damit nur das
gemeint, was wir heute als Verwahrungshaft“ bezeich⸗
Jen. Und das bezeugt noch der Sachsenspiegel (III., Art. 42)
deutlich genug, wo es u. a. heißt: „Und darumb ist uns
kundig von GOttes Wort, dass der Mensch GOttes Bild
ist, und sol GOttes Ebenbild und frey sexn, und
wer sich auch anders iemand zueigent, dann GOtt, der thuet
wider GOtt. Nach rechter Währheitaber zusagen,
so hat Eigenschafft von Gezwange, und Gee⸗
fängnus, und von unrechter Gewalt, ihren Ur—
sprung, die man von Alter in ein unrechte Ge—
wohnheit gezogen hal, und nun vor Recht hal⸗
ten wil.“
Durch die Verquickung mit dem römischen (Un⸗Recht
war das armanische Recht ins Wanken gekommen, noch mehr
sber dadurch, daß — wie wiederholt S.96 u. a. O.) gezeigt
vurde — das Gerichtswesen als Einnahmsquelle mißbraucht
wurde, und zwar nicht nur im Strafprozeß, sondern auch,
was spe ungleich schädlicher nachwirkte, auch im Sivil⸗
prozeß.
Aher die Besitzrechte an Grund und Boden
mag uns der vierundvierzigste Artikel des dritten Buches
des Sachsenspiegels einige Anhaltspunkte geben, um auf
diesen weiterzubauen. Er lautet: „Und da unser (der Sachsen)
Horfahren her zu Cand kamen,) die die Dsringer (Chürin⸗
V Diefe „Ist-fo⸗one nv⸗Sage des Sachsenspiegels widerspricht
der „Ingefo⸗onen“-Sage der Sachsen, denn nach einer ihrer alten
144
Besitzrechte an Grund und Boden
ger) vertrieben, die da waren in Alexanders (des Großen)
Hheer gewesen, der mit ihrer Hülff hat bezwungen Asiam, und
welche, da Alexander starb, sich nicht durfften unterthun in
dem Cande, durch des Candes Hass willen, die schifften von
dannen mit drey hundert UAylen, die auch verdorben bis auff
vier und funfftzig. Und derselben kamen achtzehen gen
Preussen, und befatzten das Land, zwölff besatzten Rugen, und
hier und zwantzig kamen hie zu CLand. Und da ihr so viel
nit war, dass sie den Acker bauen möchten, und
da sie auch die Döringischen Hherren schlugen
und vertrieben, ließen sie die Bauern sitzen
ungeschlagen, und bestettigten ihn den Acker
zu folchem Rechten, als noch die Lassen Ceute,
Unterthanen) haben. Und davon kommen die
Lassen her, und von den Lassen, die sich ver—
wirkten an ihren Rechten, seynd kommen die
Tagwerken, die arbeiten um ihren Lohn.“
Stammsagen, die Gebr. Grimm (nach dem Froschmaͤuseler J. cap. 2,
und nach Aventins Bayr. Chronik, Blatt 18b) erzaͤhlen, sind die Sachsen
mit Aschanes (sprich Askaues, vgl. Aschenas, besser Askenas, Moses J. 10, 8,
Jeremias 51, 27), ihrem ersten Koͤnig, aus dem Harzfelsen mitten im
Walde bei einem frischen Borne herausgewachsen. „Ask“ — Eutstehen
vergl. G.L-B. Nr. 1, S. 80), aͤber auch die Esche, der Welt⸗ und
Reuschheitsbaum Igadrasil. Dieses „Wachsen aus dem Felsen“ ist aber
vieder Kala, und ist mit dem Namen Germanen innig verbunden. Schon
Aventin (Joannes Turmayr 1477- 1534) leitete den Volksnamen
„Germanen“ aus germinare — hervorwachsen ab. Der Name leitet sich
ab aus dem ahd. „garm“ * Germ (vergl. Hefe, von hevan, davon:
heben, Hebel), das Gaͤrungerzeugende, davon: garman — „aus
eziner Ursache hervorwachsend zu neuer Ursache werden“, und
daher „Garma“ — Schicksal, sanskrit.; „Karma“. Das aus dem
Felsen hervorwachsen bedeutet also kalisch: „Die aus eigenem
Denken, Tun, Handeln, sich selbst Geschaffenen“, also ein
Urvolk oder „Ing⸗fo-onen“. Die „Ist-fo-onen“-Sage des Sachsenspiegels
bezieht sich also nicht auf das Sachsenvolk in seiner Gaͤnze, nicht auf
deren Jug⸗fo⸗pnentum, sondern auf heimgekehrte „Ist⸗efo-pnen“, welche
nun mit Beute beladen, Land erwarben und innerhalb ihres Stamm⸗
55 spcher seßhaft, zu Ing⸗fo⸗onen geworden waren. (G.⸗L.⸗-B. Nr. 2,
—2 16.
145
Das rassenlose Chaos. CLandnahme
In den Glossen wird des näheren noch erörtert, daß sie
im Kande „Sassen“, also Sachsen (Derra antiquorum Saxo-
num, westlich von der Weser, auf der Geest oder dem Wald⸗
und heideland bis zur Hunte im VNorden, im Süden bis zum
Angrivarenwall) sich seßhaften machten, und zwar mit Zu—
stimmung des Üönigs Buoch Bog) von Bojochaim, dessen
Keich von Böhmen bis Jütland sich erstrekte, auch Rügen
umfaßte und „Croyenrike“ (CTrojer⸗Reich, Doringen, Chürin⸗
gen) genannt war. (Das ist das Reich der CTrojaburgen, von
welchen Carus Sterne so verdienstvolle Aufschlüsse brachte.)
Die Doringe wurden zu Lassen gemacht, ein Ausdruck, der
sich in den Formen „CLaten“, „Ceute“, für niederes vermisch⸗
tes Volk bis heute erhalten hat, ähnlich wie bei den Römern
die „Cadini⸗. Auch diese Ladini bestanden aus allerlei zu⸗
fammengewürfeltem Volk Uriegsgefangene aller Länder),
welches endlich durch seine Masse in Rom allmählich über die
drei ersten bevorrechteten Schichten der KRömer Meister wurde,
sowohl politisch wie sprachlich. Das war eben jenes rassen⸗
lose Chaos, die Brutstätte des römisch⸗ hierarchischen
Imperiums der nachcäsarischen Seit, welches seinen verderb⸗
ichen Einfluß auch auf Germanien ausdehnte. Aus solchen
hörigen Ceuten (Cassen, Caten) entstand unser Proletariat,
wobei jedoch nicht übersehen werden darf, daß im LCaufe
des Mitlelaliers auch ein sehr großer Ceil urspruünglich freier
Germanen von den Großgrundbesitzern, sowohl Adel wie
Uirche, ebenfalls zu Hörigen herabgedrückt und um ihre
Freiheit betrogen wurden. —
Die Ist⸗fo⸗ onen der Sachsen — wie aller Ario⸗Germanen
— hatten aber seit Urtagen die ritagemäße Gepflogenheit, bei
Candnahme, wenn das Land schon bewohnt und nicht mehr
Neuland, aiso nicht mehr unbewohnt war, den Bewohnern,
nachdem sie besiegt waren, ein Drittel des bebauten Candes
abzunehmen, sie auf den restlichen zwei Dritteln aber „unge⸗
schlagen sitzen zu lassen“.“) Ein interessantes Beispiel bietet
*) GeC.B. Nr. 1, S. 32 ff, Nr. 2, S. 529 Landnahme — 8).
146
Candlose unter Odoaker und Cheodorich
die Landnahme der Goten unter KNönig Theodorich dem
Großen (Dietrich von Bern) im Jahre 489 in Italien.
Procop, der sicher kein Freund und Lobredner der Goten
war, berichtet, daß nicht nur die Goten sich mit einem
Drittel der rösmischen Ländereien begnügten, son—
dern, daß sie auch nichts weiter nahmen als das, was Odoaker
8 ihnen schon früher genommen, also, daß keine neue
ränkung des Eigentums stattfand. Also keine Plünderung,
Brandschatzung u. s. w. Cassiodor (var. J., 28) läßt den
Uönig CTheodorich sich folgendermaßen äußern: „Si Roma-—
num prädium (ex quo Deo propitio fontium fluenta
transmisimus, ubi primum Italiae nos suscepit imperium)
sine delegatoris cujusdam pictatio, präsumptor barbarus
ocupavit, illud priori domino, submota dilationo, resti-
uaf. Quodsi ante designatum tempus rem videtur in-
gressus, quoniam präscriptio probatur obviaré tricennii,
peditiouem jubemus quiscere pulsatoris“. Daraus er—⸗
zibt sich, daß die Teilung der Landlose unter die Goten eine
bollkommen geregelte war, daß man den Gothen schriftliche
Anweisungen auf die ihnen zugefallenen Candlose ausstellte
und daß sich der ganze Vorgang in voller — und daher durch
— E
diszipliniert vollzog. Daß dies in so großer — ritagemäßer
— Ordnung vor sich ging, ebenso wie fünfzehn Jahre früher
unter dem Uönig Odoaker, beweist das Vorhandensein eines
alterprobten Rechtes, wie altgewohnter Schulung, die wir
einige Jahrhunderte später — unter christlicher Ara — so
schmerzlich vermissen. Beachtenswert aber ist der Umstand,
daß, während ihrer sechzigjährigen Herrschaft in Italien, die
Goten für sich abgeschlossen blieben und mit den Römern
sich nicht vermischten. Auch das ist ritagemäß, sie bildeten —
wie in Indien, Chaldäa, Babylon, Agypten, kurz, wie sonst
überall — für sich eine Uaste, und zwar die Uriegerkaste,
aus welcher sich der spätere italienische Adel entwickelte, trotz-
dem sie die herrschaft verloren, die sie in anderer Form, frei—
47
Zeitgenössische Urteile über Ario-Germanen
lich unter Aufgabe ihrer Nationalität und Sprache, wieder
gewannen, wieder gewinnen mußten! Die Goten führten die
Waffen, sie folgten dem Rufe zur Schlacht; die feige ge⸗
wordenen Römer lebten unter dem Schutze ihrer gewohnten
Gesetze, die man ihnen beließ, — während die Goten ihr
eigenes Recht wahrten — in gewohnter Genußsucht weiter;
jedes der beiden Völker redete seine eigene Sprache, pflegte
seine eigene Sitte und Kleidung, ohne im großen und ganzen
das Bedürfnis zu fühlen zu einem einheitlichen Volke zu ver⸗
schmelzen. Trotz dieser Scheidung anerkennen doch die Römer
die guten Gemütseigenschaften ihrer neuen Herren, und die
Bischöfe beeilen sich, den Römern das keusche, tadellose Ceben
ihrer Besieger, als nachstrebenswertes Beispiel in den glühend⸗
sten, begeifleristen Worten, vor die Sinne zu führen.“) Selbst
hre Feinde, die in ihrer Eitelkeit schwer gekränkten Römer,
erzählen einzelne Züge, die von der Sinnesweise der Goten
vorteilhaft zeugen und unsere Bewunderung herausfordern.
So ward 3. B. während des blutigen Kampfes mit den
Griechen, Neapel, dessen Einwohner es zum Teil mit den
Feinden der Goten gehalten hatten, von dem damaligen
Aönige Italiens, Cotilas, eingenommen. Das sogenannte
Uriegsrecht möchte selbst bei zeitgenössischen Heeren — und
mußie es bei diesen tatsächlich sehr oft — den Siegern zur
Enischuldigung gedient haben, wenn sie die eroberte Stadt
*) So schreibt z. B. der katholische Bischof Salvianus von
Marsilla, De gubernations Dei, Lis. VII“ uüher die Vandalen, welche
anter Gaͤnserich 427 ihr maͤchtiges Reich in Afrika gegruͤndet hatten,
das 5335 von Belisar zerstoͤrt wurde: „Es gibt keine Tugend, in welcher
wir Roͤmer die Vandaͤlen uͤbertreffen. Wir verachten sie als Ketzer (sie
waren Arianer) und doch uͤbertreffen sie uns an Gottesfurcht. Gott
uͤhrt die Vandalen uͤber uns, um die unzuͤchtigsten Voͤlker durch die
ittenreinsten zu zuͤchtigen. Wo Goten herrschen, ist niemand unzuͤchtig
außer den Roͤmern, wo aber Vandalen herrschen, sind selbst Roͤmer
keusch geworden Das sagte ein Bifchof derfelben katholischen Kirche,
deren Papst Urban VIII. im Jahre 1484, am 3. Dezember, die grauen⸗
volle Vulle Summis desigerantes der hehren Germania ins Angesicht
schlenderte, ohne die Suͤnde gegen den heiligen Geist zu scheuen.
10*
48
Cotilas. Candlose. Heilslos
eingeäschert, die Einwohner geplündert, gemordet, geschändet
hätten. Allein Cotilas, der Gote, erkannte dieses sogenannte
Uriegsrecht nicht nur nicht an, sondern im Gegenteile ließ
er den ausgehungerten Neapolitanern zuerst wenig, zunächst
mehr und dann immer mehr Lebensmittel zuteilen, damit sie
nicht durch allzu große Gier und die zu rasche Befriedigung
des Heißhungers ihr Leben gefährdeten (Procop, Gotischer
Urieg. Ausgabe: Muratori, T. III. cap. 8). Welche Cobes⸗
posaunen es in alle Windstriche schmettern würden, wenn
solches von einem Römerheer oder dgl. zu berichten wäre!
Und während dieses ganzen blutigen Krieges unter König
Totilas, in welchem die Goten sowohl ihrer herrschaft in
Italien, ihrer Religion, wie überhaupt ihres Bestandes wegen
sich schlugen, wird keiner einzigen von ihnen verübten Greuel⸗
lat berichtet, obwohl ein leidenschaftlicher Vertilgungskampf,
und nicht in ritterlicher Weise, gegen sie geführt wurde.
Der in Besitz genommene Boden, sei es als Cand für ein
ganzes Volk, sei es als Gau für eine Hunschaft,“) sei es als
Weichbild für eine Gemeinde, wurde von der Sonne (Ar) zu
Lehen für das Volk, die Hunschaft oder die Gemeinde genom⸗
men, und dann nach Losen gleichmäßig vermessen und unter
die Teilnehmer am Zuge verteilt. Es wurde bei jeder
Gattung, ob CLand, Gau, Gemeinde, um je ein Los mehr ge—
bildet als Teilnehmer waren, und dieses eine Cos ward als
„Heilslos“ zur Anlage des halgadoms bestimmt; sei es nun
der Candes⸗, der Gau⸗ oder der Gemeindehalgadom. In
Iglau steht z. B. die Hauptkirche zu St. Jakob auf dem
„Heulos“, ein Name, der — wie die Schreibart deutlich genug
zeigt — heute unverstanden ist, aber trotzdem noch deutlich ge⸗
*) Nicht „Hundertschaft“, wie irrtuͤmlich angenommen wurde,
sondern Hunschaft von Hun Richter, naͤmlich: Gerichtsbezirk. Ebenso
ist Zentschaft“ nicht Zehnerschaft, was gleichfalls Irrtum ist, sondern
vom Sentgerichte (Seent; spaͤter geistliches Gericht; fruͤher Gemeinde⸗
gericht) her benannt, das ein Untergericht, ein Gemeindegericht war, das
seinen Zug zur Hunschaft nahm.
149
Fertiges Staatsgefüge der Ist⸗fo⸗onen⸗Züge
nug aufden armanischen Halgadom, auf das
Heilslos hinweist; ebenso wie der Ortsname „Kottles“
in Niederösterreich auf das Heilslos als Gotteslos
deutet. Der CLandesname „Andalusien“ birgt die alte Bezeich⸗
nung „Vandalenlos“; es war das Cand, das die Vandalen
in Spanien in Besitz genommen hatten. Und Ortenamen mit
den Endsilben „los“, „lus“, „les“, „leis“, wie z. B. Sieghart⸗
les, Matzles, Getzles, Schlagles u. v. a., weisen. deutlich
darauf hin, daß einmal jene Cose einem Sieghart, einem Matz
Mates, Matthias), einem Götz (Gottfried) u. s. w. zugefallen
find. Das „Schlaglos“, das sich in „Schlagles“ erhalten hat,
dürfte wohl schwerlich auf Schlag (als Waldschlag) zu be⸗
ziehen sein, sondern gleichfalls auf einen verballhornten
Personennamen.
Da wir auch hier wieder die Dreiteilung (wie überall)
treffen, und zwar Cand, Gau und Gemeinde, welche den Be—
zriffen Volk, Stamm und Sippe in gewissem Sinne ent⸗
fprechen, und wir dieser Dreiteilung bei jeder Landnahme
Odoaker, Cheodorich u. s. w.) wieder in der Verwaltung
des gewonnenen CLandes begegnen, nämlich, daß den Pro⸗
binzen Herzoge (duces), den Gauen Grafen (comes) vor⸗
standen, aber auch den Städten und Gemeinden Grafen nied⸗
rigeren Ranges (sozusagen zweiter Klasse) vorgesetzt waren,
diese Einteilung aber sofort, wie selbstverständlich platzgreift,
wenn das Schwert in die Scheide gesteckt war, so zeigt es
unwiderleglich, daß das Völkerheer solcher Ist-fo⸗onen⸗Züge
schon also geordnei vom Heimatsvolke sich losgelöst und schon
mit fertigem Staatsgefüge die Wanderfahrt angetreten und
sich vollkommen ordnungs⸗, also ritagemäß in ihrem neuen
heimatlande niedergelassen hatte. Dieses ritagemäß Geord⸗
nete jedes Ist⸗-fo⸗onen⸗Zuges, das jede Störung, jede UÜber⸗
hebung einzelner, jede Unbotmäßigkeit verhinderte, läßt eben
jene CLandnahmen so bewunderungswürdig erscheinen und
d beinahe sicheren Erfolg jedes solchen Suges erklärbar
inden.
160
Grund und Boden kein persönliches Eigentum
Nachdem nun aber vom Führer des Ist-fo⸗onen⸗Huges
das neugewonnene Cand von der Sonne (Ar oder Al) zu
Lehen genommen wurde, so beweist dies, daß er es nicht
als persönliches Eigentum beanspruchte oder betrach-
tete und es daher auch kein anderes persönliches Eigen⸗
tum an Grund und Boden geben konnte, wenn schon
der König selber für sich kein solches erkannte, da er sich
ja als CLehensmann und Sachwalter der Gottsonne (Ar oder
Al) betrachtete und in deren Namen das Cand weiter ver—
lehnte. So wie nun der König sich selber nur als Cehens-
traͤger betrachtete, so belehnte er als Sachwalter der Ar seine
Fahrtmannen, je ihrem Range entsprechend, wieder mit den
hnen zukommenden Landlosen, für sich und ihre Nach⸗
ommen. Die Kinder bildeten die Sippe, die auf dem Cehens⸗
gute saß, und waren als Sippenglieder nutzberechtigt und be⸗
rriebspflichtig unter der Leitung des Familienhauptes, der
der Mundwalt oder Vormund der Sippe war, bis zu seinem
Tode, in welchem Falle sein ältester Sohn in seine Rechte und
Pflichten trat. Derjenige, der ein Land sich aneignete ohne
Mittler, d. h. der es für sich von der Sonne als „Arland“
oder „Alod“ (Allod), (al — Sonnenfeuer, od — Gut) direkt
zu CLehen nahm, war nun niemandem außer Gott („ar“ oder
„al“) Cehenspflichten schuldig und sonst vollständig unabhän⸗
zig, aber auch für einen solchen war Grund und Boden
kein persönliches Eigentum. Daraus ergibt sich, daß
er es weder verkaufen, noch durch Schulden belasten durfte,
da es nicht sein Eigen, sondern nur Lehen war.“) Ebenso⸗
—
*) Ein interessantes Beispiel bietet die Geschichte der Babenberger
in der Ostmark zwischen den Jahren 976 —1246. Das Geschlecht wurde
mit der Ostmark vom Reiche belehnt. Es rang nach und nach den
MRagyaren das Land ab, das wir noch heute Niederoͤsterreich nennen.
Die Kaiser, um die Tatkraft der Markgrafen anzuspornen, schenkten
diefen nach und nach verschiedene Gebiete der Mark, auch solche, die
noch nicht erobert waren und im Besitze der, Magyaren zur Zeit der
Schenkung sich hefanden, als „Allodial-Guͤter“. In der goldenen
Bulle Kaiser Friedrich J. in welcher er die Ostmark zum Herzogtume
461
Hube. Hune. Ritter
wenig durfte ein Lehensgut geteilt werden. Ein solches Gut
begriff eine Hufe oder Hube (ahd.: huobe, angelsächs.: Pyde,
lat.: mansus, dän.: bool u. s. w.) Landes in sich, nach ur⸗
alter Berechnung genügend eine Familie zu erhalten. Es war
zeschätzt, um mi einem Pflug und einem Gespann, als Acker⸗
nd bebaut werden zu können und umfaßte zwanzig, dreißig
oder vierzig Morgen, je nach örtlichem Brauch. Erst in
spaälerer Zeit wurden die Huben auch geteilt, und daher stam⸗
men die „Halbhubner“ (Halbhuber), gegen die älteren „Hub⸗
ner“, die nun zum Unterschiede „Vollhubner“ genannt wur⸗
den. Eine solche Hube galt später als „Mannslehen“, wäh⸗
rend hundert derselben oder auch mehr oder weniger als
Ritterlehen“ betrachtet wurden. Erstere waren Bauern⸗, letz⸗
lere Rittergüter, mit welchen schon die Hunschaft verbunden
war, während die „hubner“ oder „Mannslehner“ schon als
horige, Leibeigene galten. Da aber mit dem Ritterlehen die
Hunschaft“ verbunden war, ergibt sich daraus, daß der nun⸗
mehrige Vorsteher der Hunschaft, der Ritter,“) ehemals als
Hune⸗xx) der armanische Richter (Femane) war, und zur Seit,
Is die Hubner noch Freie waren, ihnen weder vom Asnige
Fer Graugrafen, noch durch Erbfolge als Herr gesetzt, son⸗
erhob und dem Herzog volle Landeshoheit gewaͤhrte, erklaͤrte er alle
Reichslehen und fonstigen Lehen, sowie auch alle fruͤheren Allode in
der Ostmark als dem Herzog von Hsterreich zu Lehensrecht verkallen, so
aß kein fremdes Lehen und kein nichtbabenbergischer Allodialbesitz mehr in
Hsterreich zu Recht bestand. (Siehe naͤberes daruͤber in meiner Ab⸗
handlung „Die Babenberger“ im Kaiser⸗Inbilaͤumswerke Hsterreichs
Hort“, Verlag „Vindobona“, Wien, 1908, Band J. S. 22-47.)
*) Schon oben S. 141 zeigte sich der sprachliche Zusammenhang
wischen Rita und Ritt, derselbe Zufammenhang besteht auch zwischen
Rita und Ritter Rit“ — Rita, und „er“ — der Ausuͤber, der Macher, also
Ritter“ S der Walter der Rita; in unserem Deutsch muͤßte das Wort
mit Ritaer“ lauten. Daher auch die strengen Rechtsanschauungen
und Rechtspflichten, welche in der Bluͤtezeit des Rittertums einem
Ritter eingeschaͤrft wurden; das war das letzte Aufflackern des nur
mehr unklaren Bewußtseins vorchristlicher Armanenwuͤrde.
) Daher auch der Name „Hunen⸗“ oder Huͤnengrab“.
152
Besitzrecht, Eherecht, Erbrecht, Ehe
dern lediglich durch freie Wahl der Hunschaft als ihr Richter,
der ein Gleicher unter Gleichen, anerkannt war. Daher war
ehemals auch die hunschaft nicht ihm verliehen, sondern nur
die eine Hube, die er selber bebauen mußte. Und ebenso
war es mit den Grafschaften; auch der Graf hatte nur die
eine Hube, die er selber bebaute, auch der Graf war ein Glei—
cher unter Gleichen, und so gings fort bis hinauf zum KLönig
selber, denn alle Germanen waren frei, gleichberechtigt, und
nur geistige und körperliche Tüchtigkeit gab nach ihrem Maß—⸗
stabe größere Rechte, welchen aber auch größere Pflichten
hinwiederum die Woge hielten.
Weil es nun an Grund und Boden kein Eigentum, weder
persönliches noch sippliches gab, so mußte auch das „Er b⸗
recht“ dementsprechend ausgestaltet gewesen sein. Dieses ent⸗
spricht darum auch dem Besitzrechte“*) und entwickelte
sich aus dem „Eherechte“. Schon das Begriffswort „Ehe“
zeugt durch seine sinnfällige Wortdeutung für die hohe Weihe
dieser Einrichtung, welche mit Recht die „Rauwurzel“*) des
Germanentums genannt wurde. Eh heißt geradezu Gesetz;
vielmehr ist Gesetz eben die „Eh“. Ehafft Gericht oder ehlich
Ding (Aleman. Cand⸗Recht, cap. 75: „wi diu richter elichiu
dink gebiten sullen“) hatten ihre besonderen Rechte und Ge—
setze und hießen davon „Ehding“, „Echtding“. Das Wort
„Ehafft“ ist zusammengesetzt aus dem Urwort „E“ oder
Eh“ Gesetz und „haft“ — Anhänglichkeit, Zwang und
bedeutet eigentlich „Gesetzeszwang“. Es bezeichnete die Samm⸗
lung bürgerlicher Gesetze fuͤr Sennt- und Hunschaften, welche
sich diese selbst gesetzt; heute würde man selbe „Gemeinde⸗
oder Candschafts-Satzungen“**) nennen.
*) Wohlgemerkt: „Besitzrecht“ und nicht Eigentumsrecht.
*) G.⸗L.⸗B. Nr. 1, S. 20: Eh⸗Rune.
*ixs Das alte, vom Koͤnig Rudolf von Habsburg 12786 bestlaͤtigte
Stadtrecht von Augsburg, wird die Ehafft genannt und beginnt: „Hie
ber hebet sich an die Ehafft in unde allis div recht“ usp. — Das
„Eboͤk“ ist ein Gesetzbuch. — „Landeuew“, „Landewa“ bedeutet Land—
158
Sippengliederung, Morgengabe, Mitgift, Eheschließung
Das Besitzrecht der Sippe an dem Erbgute mußte darum
schon sehr ausgebildet sein, um allen Streitigkeiten in der
Erbfolge, die keine willkürliche, sondern gesetzlich streng und
unabänderlich geregelt war, vorzubeugen. Im Sachsenspiegel,
Buch J, im oͤritten Artikel ist die gradmäßige Sippengliede⸗
rung und ihr Erbrecht bis ins siebente Glied, wo die Sippe
endel, genau verzeichnet „Nu merke, wo sich die Sippe anhebet
und wo sie sich endet“). Schon die Ehe an sich selbst wurde
ursprünglich nur als bürgerlicher Vertrag aufgefaßt, wie
schon das Wort e, eh, ae, ea, ewa u. s. w. also „Gesetz“ an—
deutet. Von der Morgengabe oder dem Brautkauf hieß die
heirat „Gift“ von geben, wie noch heute die Aussteuer als
Mitgift (Mitgabe) bezeichnet wird, denn die Gabe selbst war
die Braut, die der Bräutigam ihrem Vater, Bruder oder
sonstigem Vormund abkaufte. Gefa“) — geben, heißt so viel
als verheiralen; Gefn, die Gebende, ist ein Beiname Freyas,
und Gefion ist nach Gylfaginning 35 die vierte Asin, eine
Jungfrau, und ihr gehören alle, die unvermählt sterben; sie
ist die Brautgöttin der Edda. Die vorchristlichen Gebräuche
hei Eheschließungen spiegeln sich noch in der mittelhoch⸗
deutschen Dichtung. Im Nibelungenliede erfolgt nach der
Herlobung das Beilager ohne Priester und Kirchgans; im
Parzeval findet zuerst das Beilager, dann erst die kirchliche
Traums ftatt. Im Wigalois wird erst am Morgen nach der
Bramnaͤcht die Messe gesungen. Im Lohengrin sprach der
Kaiser selbst die Brautleute zusammen, am Abend erfolgte
das Beilager und die Brautmesse erst am nächsten Morgen.
Die kirchliche Crauung führte erst die Kirche ein, denn da
kecht. — Lege Allemannorum, Tit. IV.: „De juratoribus, quales
rel quantos, Secundum Euva homa habere debet“. — Allemann.
Landrecht, cap. 289: Diu e, die got selber schrieb mit siner Hant. Die
alten Sachsen schrieben „ae“ und nannten ihr Gesetzbuch „Aebek“. 7
Ist geseo athre Ae on minum Leonun withsrothende there Ae minesmodes“,
d. i. Ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, welches streitet
mit dein Geseh meines Gemuͤtes“. (Beda, Erstes Buch der Geschichte.)
*) G.⸗L⸗B. Nr. 1, S. 21: Ge⸗Rune.
154
Vollehe, Notehe, Winkel⸗ oder wilde Ehe
vordem jeder Vertrag, jede Rechtshandlung infolge der Drei⸗
einheit Religion-Wissenschaft-Recht geheiligt war, so bedurfte
auch die Eheschließung keiner besonderen Weihe vom Stand⸗
punkte der Wihinei aus. Strenge Chegesetze verwehrten Miß-
heiraten zwischen Freien und Unfreien im Interesse der Rein⸗
haltung der Rasse, denn die Unfreien, als aus Nachkommen
von Kriegsgefangenen aller möglichen Völkerschaften stam—
mend, waͤren einer Reinhaltung der Rasse im Wege gestan⸗
den (G.C.«B. Nr. lI, s. II, Ka-Rune). Einer Cockerung
der Rita entstammte der später geduldete Ausweg für die Ver⸗
bindung vornehmer Männer mit geringen Frauen, welcher
jedoch kein feierliches Verlöbnis vorherging, und welche ohne
Brautkauf, Brautgabe und Mitgift eingegangen wurde, mit⸗
hin keine wahre, volle Ehe war, deren LKinder nicht erb⸗
berechtigt waren, dennoch aber als rechtliches Verhältnis galt.
Bei den Cangobarden wurde später auch bei diesen Mischehen
den Frauen die Morgengabe bewilligt, woraus das Wort
„merganatica““) wurde, das der Bezeichnung „morgana⸗
lische Ehe“ zugrunde liegt. Diese Frauen der Notehen oder
„morganatischen“ Ehen wurden „Kebsen“ oder Uebsweiber,
lateinisch aber concubine ejus, genannt („eoncubinae eöus
homine Gepa“ — eheliches Uebsweib mit Namen Gepa.
Saalbuch des Klosters Formbach 1181). Weil aber später
die Kirche diese Notehen mißbilligte, wurden sie seltener und
wuchsen zu dem aus, was man heute als „wilde Ehe“ oder
„Konkubinat“ bezeichnet. Nur im hochadel — der so manche
Armanensitte, wenn auch uwerstanden, noch bis heute pflegt
— blieb die „merganatica“ als morganatische Ehe bis
heute im Gebrauch und wird durch die Crauung auf
die linke Hand gefeiert.
Die Ehe ward für vollzogen angesehen, wenn vor
Zeugen beide Teile zusammen ein Bett bestiegen und man
*) merga ⸗ Jungfrau, Frau; nat ⸗ naut — Not, Zwang; ica —
aska — entsprungen; d. h. „Der Not an (ebenbuͤrdiger) Frau entsprungen“,
also: Notehe.
156
Vermõgensrechte der Frau und Witwe. Gattenrecht
über sie die Decke breitete. Am nächsten Morgen erfolgte
die Ubergabe der Morgengabe oder die Rückgabe der Braut,
wenn der Mann erkannte, daß sie schon früher ihre Blume
verloren. Dieser Brauch erklärt sich durch den Sweck der Ehe
Gesetzl), der darin gipfelte, einen „echten“ — gesetzmäßigen
Erben zu erzielen. Darum war Unfruchtbarkeit der Frau
nicht nur Scheidungsgrund, sondern Scheidungspflicht. —
War der Mann aber unvermögend, so hatte er das Recht,
sich einen Stellvertreter zu wählen. Weil die Frau aus der
Hormundschaft ihres Vaters, Bruders oder Gheims durch
die Ehe in jene des Mannes überging, so stand dem
Manne der Rießbrauch des ihm von der Frau ʒzugebrachten
Vermsgens zu, obwohl es ihr Eigentum verblieb. Erst
bei der Scheidung oder wenn es sich um das Erbe' han⸗
delte, wachten ihre Vermögensrechte auf. Als ihr „Mund⸗
walt⸗e Bormund) stand dem Manne das Recht der Züch⸗
ligung zu. Das Jüterboger Stadtrecht II. 82 sagt: „Schlägt
der Mann die Frau mit Stock und Ruthe, so bricht er keinen
Frieden.“ Und im Nibelungenliede heißt es von Siegfried:
Und er zerbläute gar gewaltig ihren Urimhildens) wonnig⸗
lichen Leib“, als sie das Geheimnis der Gürtellösung Brun—⸗
hildens ausgeplauscht hatte.s) Die Shebre ch er in durfte
er anfänglich unbekleidet, später im bloßen Hemd und Mantel
aus dem Hofe treiben. Die Hormundschaft über die
Witwe fiel an ihren mündigen Sohn oder die sonstigen
Erben des Mannes, aber sie hatte das Recht, sich bei schlechter
Verwaltung ihres Vermögens bei dem Dinge zu beklagen,
das dann die Vormundschaft über sie übernahm, wenn ihre
ANlage begründet war. Den Rachteilenderehelichen
Süsergemeinschaft bei Überschuldung des Gatten
«I Der Nibelunge Nôt, XV. Aventiure, Strophe 894:
Daz hat mich sit geronwen“ sprach daz edel wip (Krimhilt),
auch hat er so zerblouwen darumbe minen lip,
daz ich iz in geredete daz beswarte ir den mout,,
daz hat diei wol errochen der helet kuͤene unde guot.
156
Gürtelrecken, Stuhlrücken, Vaterrecht
konnte sie durch das „Gürtelrecken“ entgehen, wenn sie
beim Begräbnis des Gatten, diesem den Gürtel auf das Grab
warf, oder Richter und Zeugen darreichte (reckte)), oder die
S5chlüffsel, die ihr mit der Morgengabe überreicht wur⸗
den, dem Toten auf die Bahre legte Eischers Erb⸗
folge II., 8. 213). Die Schlüssel waren das sinndeutliche
Zeichen der Hausfrau und wurden ihr daher bei der Schei⸗
dung auch abgenommen. Wenn die Frau oder die
wilwesihren Stuhl rückte, d. h. das Haus freiwillig
oder gezwungen verließ, verlor sie damit auch die Gũter⸗
gemeinschaft mit den Kindern dieser Ehe; davon stammt der
Zrauch und das spätere Sprichwort: „GJemanden) den Stuhl
vor die Tür setzen“, für aus dem Hause jagen und der Güter⸗
gemeinschaft entsetzen.
Ddas Baterrecht setzte mit der Geburt des Kindes ein.
Ob das Neugeborene leben bleiben dürfe oder nicht, entschied
der Bater. Sollte es leben bleiben, so befahl er das Uind auf—
zuheben, das ihm auf den Boden vor die Füße gelegt wurde.
Die Frau, welche ihm das Kind vor die Fuͤße legte und dann
aufhob, hieß davon „Hebamme“ (iordgumma, jordemoder
— Erdmutier; hevan amma — hebende Mutter) und war
in Urzeiten eine Heilsrätin,**) also Arztin und sozusagen Stell⸗
herlrelerin der Göttermuiter Frouwa, da sie Armanin war.
Daher ist im Französischen „gages feme“ (weise Frau) noch
*) Die Ablegung des Guͤrtels war das sinndeutliche Zeichen
redende Urkund) des entsagten Erbrechtes. Die Erbin legte ihn auf das
rab und entsagte damit dem Erbe, aber sie wies dawmit auch alle
Haftung mit ihrem Eigengut von sich. So bekam 1309 Margarete von
Beausen, die Witwe nach Jeans de Chalons, Grafen von Aurxer, eine
rierliche Urkunde daruͤber, „daß sie ihren Guͤrtel auf dem Grabe ger
Mannes gelassen und folglich der ehelichen (gesetzlichen Gemeinschaft
tfagt, aber sich damit aus aller Haftpflicht geloͤst habe. Man uͤber⸗
antwortete deswegen einen Ungerichten (Missetaͤter dem Fraisch — Richter
ohne Guͤrtel, denn die blutige Hand (das Blutgericht) nahm kein Erbe.
(De bloͤdige Hant er nemt geen erfnis“. Mathei, In paroem. belgi-
zis VI. 8. 183.)
**) G.⸗L.«B. Nr. 2, S. 42, Armaninnen.
157
Echte Kinder, unechte Kinder, Mantelkinder
heute ihr Titel. Ließ der Vater das Kind nicht aufheben,
Lnn wurde es ausgesetzt. Der Aussetzling durfte noch nichts
genossen haben, denn ein Tropfen Milch oder Honig*), oder
das erste Bad sicherten ihm das Ceben. Noch in christlicher
Zeit durften nur ungetaufte Kinder ausgesetzt werden, darum
legte man neben den Aussetzling Salz, was besagte, daß er
die Taufe noch nicht empfangen habe. Später legte man die
ʒum Aussetzen bestimmten Uinder vor die Lirchentür; wer
sije aufnahm, erhielt Gewalt über sie, welche die Eltern durch
die Aussetzung verwirkt hatten. Der Aussetzung selbst
verfielen meist nur mißgestaltete, verkrüppelte Kinder, die
nicht lebensfähig waren, oder solche, welche der Vater nicht
als „ehelich“ (echt, gesetzlichj geboren, also nicht als sein
„echtes“ Kind anerkennen woilte. In letzterem Falle, der doch
für die Mutter den schweren Vorwurf der ehelichen Untreue
enthielt, konnte die Mutter ein Ordal verlangen. Das
ind wurde in den Schild des Vaters gelegt und ins Wasser
gesetzt. Schwamm der Schild wie ein Boot, so galt das Kind
für echt; sank der Schild aber unter, so galt es für unecht.
Diese Wasserprobe erhielt sich lange und spielte in den
herenprozessen ihre bekannte grausige Rolle. Auch da galt das
Schwimmen füůr die elbische Wesenheit, also als Be⸗
weis der Hexenschaft, das Untersinken für menschliche
Wesenheit. Daß hier Schuld- und Unschuldbeweis sich
vershieden äußern, ist nur scheinbar, denn die Probe galt hier
das echte Kind zu kennzeichnen, dort das elbische Wesen, in
iden Fällen bejahte das Schwimmen, verneinte das Unter⸗
inken.
Mantelkinder waren Adoptivkinder, welche der Va⸗
ter in seinen Mantel hüllte zum Zeichen, daß er sie unter
seinen Schutz nahm; auch unechte Kinder, weil er sie
eseinen Schuh treten und aus diesem heraussteigen ließ. Der
*) Milch und Honig waren geheiligt, darum fließt der, Sage nach
das Parqhes oder das heilige Land von Milch und Honig uͤber.
158
Erbfolge, Testament, Seelgerät
Schuh war das Sinnbild der Weiblichkeit und die sinndeut⸗
liche Handlung wollte sagen, er wolle die Kinder so halten
als wären sie von seiner Frau geboren; darum hießen sie
„unecht“, denn echt, aus der Ehe stammten sie eben nicht. Das
Mantel⸗ oder unechte Kind beerbte seinen Mantel- oder un⸗
echten Vater, doch wurde es allen echten Rindern — auch den
später geborenen — nachgesetzt in der Erbfolge, wie diese dem
erstgeborenen Sohne nachgesetzt waren; weibliche Erben folg⸗
sen den männlichen im RVange. Uneheliche KRinder (nicht zu
verwechseln mit den unechten) sind nur in der Mutter Habe
erbberechtigt gewesen. Sie hießen Bankert (auf der Bank
und nicht im Ehebett geboren), Bastard (nieder geboren),
Winkelkind (das Konkubinat hieß Winkelehe), Liebeskind
Kind der Liebe, nicht der Ehe), Pfaffenkind, Nonnenkind,
Hübschkind (die Dirnen hießen eben Hůbschlerinnen), Huren⸗
balg u. s. w. Später wurden auch diese unehelichen Kinder
erbberechtigt; als solche hießen sie „halbbürtig“, stehen in der
Erbfolge den „vollbürtigen“ nach und erben nur halb soviel
als die vollbürtigen.
Ein willkürliches Durchbrechen der Erbfolge gab es
nicht, und niemand konnte oder durfte über sein Eigen nach
dem Code zu Ungunsten der Erbberechtigten verfügen, oder
wie man heute sagt, seinen letzten Willen im Testamente kund⸗
sun. Das war erst eine Einführung der Kirche, um das
„Seelengeräte“ zu stiften, das ihr ungezählte Millionen ein⸗
brachte und noch heute einbringt, und gegen welches Unrecht
Eyke von Repgau in seinem Sachsenspiegel auf das schärfste
kämpfte, und darum mit gewissem Stolze in der Vorrede
dieses Rechtsbuches sagte:
„Ih sté zu rame sam ein wilt,
daz din Hunde bellen an,
swen miner leére nu bevilt,
der spreche an mich ouch swaz er kan“.“)
*) „Ich stehe gu Rom wie ein Wild / Das die Hunde bellen
in; / Wenn meine Lehre nun befiehlt / Der sprech' gegen mich doch
160
Guterkonfiskation, Altenteil, Gesamt- und Privateigentum
War kein rechtlicher Erbe vorhanden, um das Erbe an⸗
zusprechen, dann erbte der Staat, ebenso beerbte der Staat
ie im Caude verstorbenen Fremden, und später, als der oben
erwähnte Rechtsgrundsatz, daß „blutige Hand kein Erbe
nehme“, schon unterdrückt war, auch die hingerichteten Ver⸗
brecher. Später, in der Zeit des vollkommenen Verfalles
des deutfchen Armanen⸗Rechts, bildete das willkürliche
und planliose Konfiszieren der Güter, ohne Rücksicht
auf Erbrechte der Sippe, eine beliebte Bereicherungsquelle
für den Staat und seine Schergen.
Unter „setzen auf den Altenteil“ verstand das
deutsche Recht, und versteht noch heute das bäuerliche
Gewohnheitsrecht, das viele wertvolle Erinnerungen
en die alten Rechte bewahrt, wenn der Vater sich schon bei
CLebzeiten von seinen Kindern beerben läßt, indem er dem
Altesten sein Vermögen abtritt und sich in eine Ecke am
herd, in ein enges Stübchen, in das „Austragstüberl“,
Ider in das „Ausgedinghäuserl“ zurückzieht. Letzteres ist
meift ein kleines, dem Bauernhof angebautes Hhäuschen, in
welchem die „Ausgedinger“ ihre alten Cage in Ruhe zu ver—
eben — hoffen.
Wie zwischen liegendem (festen) und fahrendem (beweg⸗
lichen) Eigentum unterschieden wird, ebenfo zwischen Ge—⸗
sannteigentum (Cand, Gau, Hunschaft, Hehnt— oder Sennt⸗
schaft) und Privateigentum. Ersteres heißt auch Mark,
Weichbild, Stadt⸗ oder Burgfrieden, je nachdem. Die Mark
wurde durch Berge, Wälder, einzelne Bäume, Steine, Flüsse
u. s. w. abgegrenzt. Daher hieß ehemals der heutige Foͤrster,
Markfchöffe, Holzgraf u. s. w. und Fremde wurden als
was er kann“. Das pfaͤffische (kanonische) Recht war allerdings, ebenso
wie das roͤmische (Un⸗) Recht durch die buchmaͤßige Verbreitung des
Sachfenrechtes arg bedroht. Trotz der paͤpstlichen Bulle, trotz des Zornes
des Papstes und der Wut der Priesterschaft, verbreitete sich der Sachsen⸗
diegel aber Deutfschland und drang selbst nach Boͤhmen, Polen, Liefland
und weiter, da er, — obwohl nicht mehr rein ritagemaͤß — doch dem
weduͤrfnis nach wirklichem Recht vollkommen entsprach.
160
Mark, Malstein, Grenzbegehung
„Ausmärker“ bezeichnet. Die Mark war heilig und unverletz⸗
lich. Das Verrücken eines Marksteines, das Ausackern der
Grenzsteine galt als unsühnbarer Frevel, der den schon ver⸗
storbenen Grenzsteinverrücker über das Grab hinaus ver—
folgte und ihn so lange nicht zur Ruhe kommen ließ, bis die
von ihm versetzien Malsteine wieder gauf ihren richtigen Platz
gestelli wurden. Jetzt erst war seine Seele frei, um ihrer wei—
seren Entwicklung zustreben zu können.
Die Legung der Grenzzeichen geschah feierlich, besonders
wenn sie fur ganze Ortschaften, Marken oder gar Gaue ge—
schah. Alle Dingpflichtigen mit ihren Söhnen und Sippen
waren zugegen. Ebenso wurden sie jährlich zum Mihilading
feierlich begangen, und erhielten die Jungen — als die künf—
sigen dingbaren Bauern — bei jedem Grenzzeichen eine Ohr⸗
feige, oder wurden an den Ohren geschüttelt, damit sie sich
die Stelle genau merken und ihrer gedächten, wenn sie einmal
ihre Jungen herführen und selbe ihnen zeigen würden. Noch
heute sagt man im unbewußten Erinnern an alten Brauch,
bei Verabreichung einer schwungvollen Ohrfeige, oder eines
wohlmeinenden „Schopfbeutlers“ dem damit Beglückten, man
gebe ihm damit einen „Denkzettel“. Die Besitznahme des an⸗
gefallenen Erbgutes bedurfte keiner vorhergehenden Feier⸗
uͤchkeit, denn es gehörte ja der Sippe ohnehin, welche nur
einen Mundwalt erhielt; der Besitz als solcher wechselte ja
nicht den Besitzer, da dieser ja die Sippe selber war. War aber
das Gut, gleichgültig ob Allod oder CLehen, durch Aussterben
der Sippe heimgefallen, an die Mark, den Gau oder das
Cand, dann wurde die neue Besitzersippe in der Person ihres
Mundwalters oder Herrn (Herr noch nicht im späteren ent⸗
stellten Verstande) in besonders feierlicher Weise „eingefestet“
oder eingefetzt. Das Gut wurde durch das Ausschneiden eines
Rasens aufgelassen, durch Annahme dieses Rasenstückes, in
das noch ein Ast gesteckt wurde, symbolisch der Besitz ange⸗
reten. Viele derartige Bräuche weisen Rechtsaltertümer,
Weistümer und Sagen aus, auf welche in einer späteren
161
Fahrende Habe, Heergewate, Frauenrade
Nummer der G.⸗L.B. eingehender zurückgegriffen werden
soll, da an dieser Stelle der Raum dazu mangelt.
Unter „fahrender Habe“, „Fahrnisse“ oder „beweglichem
Eigen“ verstand man Vieh, Geräte, Waffen und Kleiderr),
und — da der Reichtum eben meistens in Vieh bestand — war
dieses das „Geltende“, das „Geld“, wie schon oben sS. 132
zezeigt wurde. Weiter wurde unterschieden zwischen „Heer⸗
zewate des Mannes“**) und dem „Gerade“, dem Hausgeräte
und dem Sierat der Frau. Das „hHeergewate“ gehörte als
Erbe dem ältesten ledigen Sohn, denn der verheiratete hatte
es schon bei der Ausrichtung erhalten. Die Frauenrade Hie⸗
rat, Schmuck) war das, was die Frau in der Truhe oder
Lade hatte, aber es gab deren zweierlei. Die, welche die Witwe
aus der Verlassenschaft ihres Mannes erbte, und die andere,
die, nach der Mutter Tod, die Cochter erbt Jungferngerade,
Nistalgerade, Mumengerade).
Da alle wichtigen Rechtssachen an den Dingen verhan⸗
delt wurden und somit auch als gottesdienstliche Handlungen
zalten, so waren alle an eben diesen Dingen geschlossenen
Herträge auch von gewissen sinndeutlichen Weihehandlungen
begleitei, namentlich solche, welche Erwerb oder Abtretung
des Guiles betrafen. Da Grund und Boden — wie schon ge⸗
sagt — unverkäuflich und unbelastbar war (warum, wird im
In der Urzeit wurde auch, das Haus zur „fahrenden Habe“
gezaͤhlt. (Grimm, Rechtsaltert.: „Huͤser fahrend gut gegen dem fruͤnden
ind liegend gut gegen den Herren“) Daruͤber bringt Ausfuͤhrliches in
heachteuswerter Zufammenstellung Architekt Professor B. Hanftmann in
Magdeburg in seinem hochwichtigen Buche: „Hessische Holzbauten“,
Abschnitt: Gemeingeschichtliches uͤber den, westdeutschen Holz⸗
bau'uͤber arid-germanische Bausymbolik ist dieses bahn⸗
brechende Werk von ganz unschaͤtzbarer Wichtigkeit. Es erschien
in der N. G.Elvert'schen Verlagsbuchhandlung, Marburg i. H. 1907.
10, XViil und Lo0 Seiten mit 118 Abbildungen und einer Karten—
kizze, und kostet brosch. Mt. 40 —, geb. Mk. 11 —.
naͤhmlich von ‚wat“ — Kleid, älso Heerkleid, Ruͤstung und
Waffen. Der Ausdruck „Heergewette“ wie ihn der Sachsenspiegel ge⸗
hzraucht, ist irrefuͤhrend, nicht . wette“ fondern „wat“ liegt zu Grunde.
11
162
Auswanderungsfieber, siscus regius, Königseigen
dritten Abschnitt gesagt werden), so war das Entsagen auf
Grund und Boden gleichzeitig auch das Entsagen auf die
Zugehörigkeit (Zuständigkeit) zur Gemeinde, sowie anderseits
der Erwerb eines Gutes innerhalb der Mark, gleichzeitig die
Aufnahme in diese bedingte.
In der Zeit der sogenannten Völkerwanderung war auch
iber die sonst so seßhaften Ing-fo-⸗onen ein Auswanderungs⸗
fieber hereingebrochen; genau so, wie Mitte der Vierziger—
jahre des vorigen Jahrhunderts das Goldfieber nach Kali⸗
fornien lockte. Die in die Heimat gedrungenen Vachrichten,
daß dieser oder jener Ist-fo⸗one in Italien oder Byzanz sein
Glůck gemacht habe, in unermeßlichen Reichtümern schwelge,
welche Nachrichten sagenmäßig ins fabehafte übertrieben
wurden, drängten viele, ihre Scholle zu verlassen, um in der
Fremde das Glück zu erjagen. Es ist begreiflich, daß sie für
den von ihren Vorfahren urbar gemachten und selbst gepfleg⸗
ten Boden und die Baulichkeiten, die sie nun verließen, Ent⸗
schädigung verlangten. Wohl sicherten sie sich ihr Eigentums-,
beziehungsweise Rückerwerbungsrecht der zu verlassenden
Güter meist auf hundert Jahre, aber damit war schon der
Anfang zum Verkauf von Grund und Boden vorbereitet,
den das römische Recht erst vollends einführte, nachdem der
Frankenksönig Karl das freie unbebaute CLand — den Mark⸗
wald — als herrenloses Gut, dem „fiscus regius“ ein-
verleibte. Durch diesen „fiscus regius“ wurde die bis dahin
geltende Anschauung, daß die heilige Mutter Erde
nur als Vutzung für den sie Betreuenden ver—
gebbar sei, umgestoßen und der Begriff des „UAönigs-
eigens“, der vom Slaatsbegriffe noch sehr weit entfernt war,
besser gesagt, sich von diefem sehr weit entfernt hatte, ein⸗
geführt und immer mehr eingefestet. Das „Königseigen“ war
hersönliches Eigentum des Königs, und hatte einmal der
Begriff des Eigentums für Grund und Boden platzgegriffen,
so gab es sehr bald auch anderes persönliches Grundeigen⸗
um. Die Allode wurden zuerst in diesem Sinne aufgefaßt, und
163
Bodenwucher, Pfandschaft, Geiseln
diesen folgten bald auch die Voll— und Halbhubner, und wer
mir das kleinste Fleckchen Erde bebaute, sprach bald von
eigenem Grund und Boden. War früher der Grund und
Boden unverschuldbar, weil er uwveräußerlich war, so wurde
er nun auch verschuldbar, da er als Uauf⸗ und Verkaufs⸗
gegenstand anerkannt war, und damit streckte schon der Boden⸗
Dcher seine gierigen Krallen nach ihm aus, dessen furchtbare
Derwüsiungen wir heute endlich zu erkennen vermögen, um
hoffentlich denselben für die fernere Zukunft Einhalt gebieten
zu lernen.“)
Die fahrende Habe, die immer als persönliches Eigen
galt, war felbstverständlich verkäuflich und beschuldbar, und
Dar das alte deutsche Recht gegen die Schuldner besonders
strenge, denn es fußte ja auf Wahrheit und hielt strenge
darauf, daß gemachte Zusagen auch pünktlich eingehalten
vurden. Der Schudner, der unfähig war, seine Zusagen —
die nicht gerade geldliche zu sein brauchten — einzuhalten,
verfiel durch Dingspruch in die Gewalt des Gläubigers wie
eine tote Sache als Pfandbesitz bis zur Lösung. Aber er
konnte auch Pfandschaft — durch fahrende Habe, Vieh u. s. w.
oder Bürgschaft durch Stellung von „Geiseln“ leisten, welche
Geisein lahde gi-gal — geben Hheil, also; die Heil⸗ oder
Friedengebenden) nun für den Schuldner leiblich hafteten.
Hie Gefchichte kennt zahlreiche Beispiele s olcher Bürgschaften
durch Stellung von Geiseln, freilich nicht für gewöhnliche
Schulden oder sonstige Zusagen, sondern meist als Bürg⸗
schaften für Gelöbnisse bei Friedensschlüssen u. s. w., wo⸗
*) Sehr eingehend berichtet daruͤber in seinem hier wiederholt an⸗
zefuͤhrten Werke, Sexual-Mystik, -Moral und »Magie“ Professor
G. Hermann F. F. Sebaloth. Verlag: Mar Altmann, Leipzig, auf
Seite 194 ff. in Bande II.. worauf hiermit verwiesen sei. — Ferners:
Die Bodenrechtsreform iPreis 1 Mark) und „Die Vernunftwidrigkeit
und Gemeingekaͤhrlichkeit des bestehenden Geld und Waͤhrungswesens
und feine Reforine GOPreis 50 Pfg.. Beide Schriften von J. Matern,
Verlag von Gustav Simons, 1808, Berlin, S. W. 61.
1*
164
Begriff der Schuld
durch eben wieder mittelbar der Beweis erbracht ist, daß
das alte Recht unter Schuld nicht nur eine aushaftende Geld—
forderung verstand, sondern im weitestgehenden Verstande
jede erst zu erfüllende Zusage.
Noch umfassender als das alte deutsche Recht nahm
die armanische Rita und mit ihr die Wihinei den
Begriff „Schuld“ in hohe Acht und nannte darnach auch
die dritte Norne: „Schuld“ (Skuld). Ist die erste Norne
„Urda“, das Urwissen, nämlich die Erkenntnis von dem,
was seit dem Ur da war, des „Entstandenen“, ist die
zweite Norne „Werdandi“ das Erkennen des stetigen Ent—
wickelns, des Werdenden, so muß naturgemäß die dritte
Norne, die „Schuld“, das Erkennen des „Wandelns“
sein, das Erkennen des Vergehens zu neuem Ent—
stehen“, was wir mit anderen Worten auch Sterben
nennen, nämlich das Drängen durch den Cod zu
neuerwachendem Leben, zur — Wiedergeburt.
Im ersten Abschnitte dieses Buches haben wir das Ent⸗
stehen, den Ursprung der Rita gezeigt, im zweiten
Abschnitte das Wer den jener Einrichtung, welche wir
Recht zu nennen gewohnt sind, während im dritten
Abschnilte das Wandeln gezeigt werden soll, um durch
dieses Wandeln zu zeigen, welche dunklen Pfade zu schreiten
sind, um das kommende neue Recht — nach dem alle ger—
manischen Völker schreien, die doch als Ario⸗Germanen,
nach Joseph Cudwig Reimer,“ berufen sind, ein „Pan—
germanisches Deutschland“ zu bilden — im ritagemäßen
Sinne neu erstehen zu machen und den erweiterten Bedürf—
nissen der kommenden neuen Ara des ario⸗germanischen
Armanentums entsprechend auszugestalten.
*) Vergl. die beiden wichtigen epochemachenden Buͤcher von Jos.
Ludw. Reimer (Verlag: Thuͤringische Verlagsanstalt, Leipzig): „Ein
Pangermanisches Deutschland“, 1905 und „Grundzuͤge deutscher Wieder—
geburt“, 1906, deren gewissenhafte Beachtung wir nicht dringend genug
empfehlen koͤnnen.
165
Die Welt wird, die Rita ist!
Wie dem Frühlinge, der Jahreszeit des „Ent
stehens“, der Sommer, die Jahreszeit des „Werdens“
folgt, worauf der Herbst, die Versprechungen seiner Vor⸗
zänger, deren „Schuld“, einlöst durch die Ernte, um ster—
bend den Samen für neues Entstehen, Werden und Wandeln
im scheinbaren Code des Winterschlafes zu bewahren, wäh—⸗
rend hinter all dem steten Wechsel und Wandel das un⸗
wandelbare Leben lenkt, ebenso folgte dem Ent⸗
stehen des Rechtsbewußtseins das Werden der
RKechtsbegriffe und deren Pflege (Gerichte), bis das
Recht in Schuld verkümmert im Codesschlaf des römi-
schen Unrechtes erstarb, aber dennoch den Samen bewahrte,
der nach diesem vergehenden Winterschlaf dem im herauf⸗
dämmernden Ariogermanen-Frühling neu erblühenden Rechte
zum Leben verhilft. Dieses Leben aber ist die Kita, denn
die Welt wird, nur die Rita — das Natur-Ur—
G e s e tz — ist.
—2
Schuld.
Denn es kommt zum Kreise der Rather
Dder Starke von Oben zu enden den Streit,
Mit schlichtenden Schlüssen entscheidet er Alles
Währen wird ewig was er gebeut.
Edda. Woluspa, 63.
—2
e Rita ist, die Welt wird! Weil die
Kita ist, so lebt sie, weil sie lebt, so ist sie das
Leben felber, das Leben aber ist Gott! Die
Welt ist, aber sie entstand, sie wird, sie wan⸗
delt sich stetig in ihrer Form. Das Ent⸗
tehen, Werden und Wandeln der Welt voll⸗
zieht sich nach urewig unwandelbarer Ord⸗
ung, und diese unabänderliche Ordnung ist
zas in flammender Sternenschrift geschrie⸗
bene Vatur⸗Ur⸗Gesetz, die Rita, Gott selber
als waltender Wille.
Ddie Rita ist, die Menschheit
wird! Weil die Rita ist, so lebt sie, weil sie
lebt, so ist sie das Leben selber, das Ceben
ber ist Gott! Die Menschheit ist, aber sie
entstand, sie wird, sie wandelt sich stetis in
hrer Form. Das Entstehen, Werden
und Wandeln der Menschheit vollzieht sich
iach urewig unwandelbarer Ordnung und
diese unabänderliche Ordnung ist das in den
urfachenauslösenden Wirkungen der un⸗
ondelbaren Schickfalswaltung sich kündende
alurUr⸗Gesetz, die Rita, Gott selber als
waltender Wille.
168
Ich, All⸗Ich, All⸗Ein⸗Ich, All-Ein⸗Ich⸗Heit
Die Rita ist, du wirst! Weil die Rita ist, so
lebt sie, weil sie lebt, so ist ste das CLeben selber, das
Leben aber ist Gott! Du bist, aber du entstandest, du wirst,
du wandelst dich stetig in deiner Form. Das Entstehen,
Werden und Wandeln deiner Ichheit vollzieht sich nach ur—
zwig unwandelbarer Ordnung, und diese unabänderliche Ord-
nung ist das in deinem Gemüte sich stets geltendmachende,
niemals gänzlich verstummende Empfinden des ununterdrück⸗
baren Natur⸗Ur⸗Gesetzes, der Rita, des Gottes selbst, der in
und mit dir als unbesiegbarer Wille waltet.
Dubistals Ichheiteine Weltfür dich, aber
als ein in das All⸗Ich eingegliedertes Einzel-Ich mit diesem
Eins, und folglich das All-Ich selber, das die Ge—
samtmenschheit ist. Als dieses All⸗Ich Menschheit) bist du
wieder unablösbar mit der „All⸗Ich-Heit“, dem All
selbst verbunden, das du deshalb auch mit einem ein—
zigen Gedanken in und mit dir zu umfassen vermagst, als die
„All⸗Ein⸗Ich-Heit“ (Alleinigkeit).
Du bist und du wirst! Dein Ich ist Eins mit Gott
und darum ewig in und mit Gott ohne Anfang und ohne
Ende unwandelbar. Die Form deines Ichs aber entstand,
wird und wandelt sich, sie wechselt in der Art der Erscheinung,
sie kommt und vergeht, sie wird, aber du, dein Ich, bleibt
unwandelbar, denn — du bist! In und mit deinem Geiste,
der deine Ichheit ist, bist du Eins mit Gott, dem All und der
Menschheit, während du mit deiner Erscheinungsform, dei⸗
nem Körper, ein Teil der Welt, der Menschheit bist. Weil
dein Ich aber mit Gott Eins ist, kannst weder du selbst,
noch was du fühlst, denkst, sprichst und tust verloren gehen,
denn ohne dich, ja selbst ohne das unwahrnehmbarste Kleinst⸗
atom, wäre das All nicht mehr das „All“, es würde auf—
hören als „All⸗Ein-Ich-Heit“ (Alleinigkeit) zu bestehen.
Die Rita ist, die Welt wird. Darin spricht sich die
zwiespältig zweieinige Zweieinheit“) zuerst aus. Der Geist ist,
*) G.L.⸗B. Nr. 1, S. 28, Nr. ẽ, S. 11.
169
Das eingeschlossene und das einschließende Ich
der Stoff wird; denn Stoff ist der verdichtete in die Erschei⸗
nung getretene Geist, also dieser selbst und daher ebenso
wis, nur in sinnlich wahrnehmbarer Form.“) Wie aber die
jeweilige körperliche Erscheinungsform deines Ichs — als
Mensch — ein Teil der Menschheit, und diese wieder ein Teil
des Alss ist, und wie du als Ichheit in diese Menschheit und
nit ihr in aufsteigender Richtung in das All eingegliedert bist,
genau so bist du selber wieder solch eine Welt, die aus zahl⸗
Lichen kleinerer Ichheiten zusammengesetzt ist, deren jede
wieder eine Ichheit oder Welt für sich bedeutet, die genau
so wie du in die Menschheit eingegliedert bist, in jene Welt
eingegliedert sind, die du selber bist'“) u. s. f. ohne Auf⸗
hören in absteigender Richtung.
Die ganze Reihe dieser endlosen Kette von Ichheiten oder
Wellten, die ineinander eingekapselt sind, ist für
unfere Sinne nicht wahrnehmbar, sie verläuft endlos nach
beiden Richtungen in das unendlich Kleinste, wie in das un⸗
endlich Größte nach den urewigen Natur⸗Ur-Gesetzen. Und
so wie der einzelne Mensch sich in dem Ringe seiner Sippe,
seines Volkes, seines Staates, der Gesamtmenschheit fügt,
ebenso forderst du als Lenker jener Welt, die
dich als ihren Gott verehrt, von deinem
Uörper, daß sich Glied für Glied und jedes Atom bewähre
und seine ihm vorgeschriebenen Dienste verrichte zum Wohle
jener Welt, die dein Ich ist und zum eigenen Wohle
jedes einzelnen Atoms, das sich in deinem Wohle erfüllt.
Da aber, wohin du auch in der Natur nur immer hinblicken
magst, sich überall der Wille zur höheren Entwicklung, das
Streben nach Vervollkommnung deutlich erkennbar offenbart,
so muß in jener Richtung auch das von dir, und allen Men⸗
schen, so heiß erfsehnte Glücktec) sich finden, das
) Siehe oben, Seite 10 ff.
9 —
— x) Eben mit dem Niederfchreiben dieses dritten Abschnittes vor—
iegenden Buches beschaͤftigt. kommt mir ein vraͤchtiges Werk zugeflogen,
170
Pflichten bedingen Rechte, Rechte bedingen Pflichten
eben die erreichte Vollkommenheit ist, denn das
was du als geistige Ichheit jenseits deines kör—
perlichen Ichs in deiner Wesenseinheit mit
GHott willst, das empfindest du als körperliche
Ichheit innerhalb der Menschheitsebene, in
der Sone von Zeit und Raum, als „dunklen
Drang“), als „deine Pflicht zum Glück“. Da aber
Pflichten auch Rechte bedingen, so hast du auch das Recht
auf Glück.
Pflichten bedingen Rechtel Willst du ernten, so
säe zuvor! Willst du wohnen, so baue dir vorerst ein Haus!
Sieh, die Mutter Erde bietet dir Raum und zeitigt dir die
Frucht aus dem Samen, den du ihr anvertraut und gibt
dir wiederum Raum genug, um darauf dein Haus zu bauen.
So lange du den Samen säest, so lange du die keimenden
gen pflegest und geduldig ihres Reifen harrest in steter
achsamkeit, um Schädlinge abzuwehren, so lange wird dich
die gütige Mutter Erde mit Nahrung auch für den Winter
versorgen, und für so viel darüber, daß du im nächsten Jahre
wieder genügende Aussaat hast. So lange du dein Haus in
Stand hältst und Verfallendes besserst, so lange du es vor
solchen bewahrst, welche es bewohnen wollen, ohne
das ich bestens zur Ergaͤnzung meiner Ausfuͤhrungen empfehle und es
lebhaft bedauere, daß es nicht fruͤher in meine Haͤnde gelangte, um es
ausgiebiger benuͤtzen zu koͤnnen als es mir, bei so vorgeschrittener Arbeit,
zegoͤnnt ist. Das ausgezeichnete Buch betitelt sich: „Deine Pflicht
un „Gluͤck“. Von einem (anonymen) Menschenfreund. Theodor Thomas,
eipzig 1908.
*) Laͤßt nicht Goethe im Faust (Vorspiel „Im Himmel“) den
Herrn zu Mephistopheles sagen:
„Zieh! diesen Geist von seinem Urquell ab,
Und fuͤhr' ihn, kannst du ihn erfassen,
Auf deinem Wege mit heraͤb,
Und steh' beschaͤmt, wenn du bekennen mußt:
Zin guter Mensch in seinem dunklen Drange
Ist sich des rechten Weges wohl bewußt“.
171
Zeitliches kann Ewiges weder zeugen noch besitzen
——
daßsieeserbautunddarinnendeineErnten
verzehren wollen, die sie nicht gesäet haben, so
lange wirst du in Frieden darinnen wohnen und glücklich
sein. Wenn du aber — aus was immer für einer Ursache —
nicht mehr säen willst oder kannst, wird die sonst so gütige
Nuiter Erde dir die Ernte versagen, sie wird für dich zur
Wusie, dein Haus, das du nicht stetig besserst, wird verfallen
imd dir kein Obdach mehr bieten, und Hunger und Lälte wer⸗
den dich von deiner Scholle vertreiben. Von deiner
Scholle? — Ist sie wirklich dein, so nimm sie mit! — Das
Haus, und wäre es noch so groß, kannst du abtragen, mit dir
nehmen und wo du willst wieder aufbauen, denn es ist dein,
dein von dir geschaffenes Eigen; die Früchte des
Bodens, den du bebaut und der diese Früchte als Ernte
zibt, sie sind dein, dein von dir geschaffenes ESigen;
die Geraie, die du aus Stein, Holz, Metallen u. s. w. erzeugtest,
sie sind dein, dein von dir gesschaffenes ESigen, aber
den Grund und Boden, den dir der Mundwalt der gütigen
Mutter Erde, die Gottsonne „Ar“ geliehen, der ist nicht
dein Eigen, denn du, Erdenpilsér, bist auf ihm
dem Ewigen! — nur zu Gast, denn merke: Nie
kann Ewiges Eigen des Zeitlichen seinl Selbst
die Sippe, für die du das Gut verwaltest und in der du wieder⸗
zeboren wirst, da du dein eigener Nachkomme sein wirst, wie
du dein eigener Vorfahre warst, selbst diese Sippe ist von nur
dbeschrantuer Dauer, gegen das Leben der nahezu) ewigen
zütter Erde. Was derin Eigen ist, kannst du auch
fortschaffen, was nicht dein sein kann, das ist
für dich und deine stärkste Kraft unbeweglich,
unverrückbar!
Weißt du, was das bedeutet?
Du neinsi, das wären Widersprüche? — Du sollst deine
Ernte, dein Haus vor Schädlingen schützen, vor solchen, die
nicht gesäet, die nicht gebaut, die also ernten und wohnen
wollen wo sie nicht gesäet, nicht gebaut haben, und dann
172
Die Rita kennt kein „Du mußt!“
wãre trotzdem alles dein Eigen, was du fortzuschaffen kräftig
zenug!? Also auch das, was andere gesäet, gebaut) Wo wä—
ren da Widersprüche anders, als in deiner unrichtigen Auf—
fassung zu finden? Höre!
Die Ritaist das Gesetz, das Natur-Ur-Gesetz,
aber sie ist kein Gebot, sie kennt kein „Du
solIIst!“, kRein „Du mußt!“ Frei erklärt dich die Rita,
du darfst dir deine Gesetze setzen für dich selbst, aber vergiß
nie, daß du im Banne des ewigen Natur⸗Ur-Gesetzes und
jener Kräfte stehst, welche diese wahren und erfüllen, welche
dich erheben und fördern, wenn du mit ihnen gehst, welche
dich zermalmen, wenn du ihnen trotzest.
Du bist frei, dein freier Wille mag entscheiden, ob du
säen und ernten, ob du bauen und wohnen willst, oder ob
du es vorziehst, n ur zu ernten, was andere gesäet, nur
zu wohnen wo andere gebaut haben. Diese Wahl steht dir frei,
zleichgültig, ob du ein Einzel⸗Ich oder eine Gesamt⸗-Ichheit,
ein Volk bist Aber das Natur-Ur-Gesetz, die len—
kende Allmacht, wird dich dahinstellen, wo sie
deiner bedarf. Willst du säen und bauen, um ernten
und wohnen zu können, so gibt sie dir das CLand, willst
du aber nur ernten und wohnen, so verweist sie dich in
die Wüste als Nomaden. Und nistet sich der Nomade
im seßhaften Volke ein, und duldet dieses — wahnbetört —
solche Einnistung, so wandelt der Nomade das fruchtbare
Cand (Paradies) zur Wüste, die Gottheit treibt das Volk
hinaus und nur Wolf und Schakal hausen künftig in den
Kuinen. Und die Gottheit läßt solches geschehen, denn sie gab
dem MWenschen den freien Willen, sie sagte nie: Du mußt!
Du sollst! Sie gab dem Menschen das freie Erkennen und
—
Sie straft auch nicht, sowenig als sie belohnt, sie gibt nur
der Saat die Ernte. Blicke hinüber jenseits des Ural und
zähle die Ruinenstädte in den Wüsten, die einst blühende Cand⸗
schaften waren, so lange als der Pflug und die Sense über
1738
Seßhafte und Nomaden
die Erde fuhr und die erst der Nomade zur Wüste machlte,
unbewohnbar für den Säenden und Bauenden. Und nur der
omade zieht mit seiner Uarawane durch Sonnenbrand
und Samum über das tote CLand, über die entweihte Mutter
Erde dahin, wie ein fluchbeladener Flüchtling. Wehe aber
dem Cande, in das der Nomade — wie die Heuschrecke —
einfällt! — Er macht es zur Wüste! —
Das weißt du aber, daß du deine keimende Saat zu be—
wachen hast, um sie vor Schädlingen zu bewahren. Wãähne
nicht das seien nur Engerlinge, Würmer und Feldmäuse,
nein, es sind auch solche, welche ernten wollen, ohne gesäet
zu haben, welche wohnen wollen, ohne gebaut zu haben, es
sind eben die Nomaden. Sie sagen es dir freilich nicht, daß
sie Nomaden sind, sie verkleiden sich in das Gewand deiner
Art, um dich zu täuschen, aber sie suchen dir dein von dir ge⸗
schaffenes Eigen zu enttragen. Darum weise den Nomaden
von dir, gewähre ihm nicht Wohnraum in deiner Mark,
nimm ihn nicht zum Gemeindegliede an, und vertraue ihm
liemals die Armanenwürde als Richter, Anwalt, Lehrer oder
gar als Heerführer, denn er bleibt was er war und ist, ein
Nomade umd als solcher dein Schädling und Feind, denn du
bist von ihm geschieden durch das Nalur⸗Ur⸗Gesetz für alle
Zukunft, denn er bleibt auch in deinem Gewande Nomade,
dein feindlicher Gast, und macht das von dir bebaute Cand
zur Wüste, und dich selbst zum unsteten, landfahrenden
Nichtshab. FZahlreich sind die Feinde dieser Art, und darum
suchst du Hilfe gegen dieselben und verbindest dich mit deines⸗
zleichen zur gemeinsamen Abwehr solcher, die da ernten und
wohnen wollen, ohne gesäet und gebaut zu haben. Du
suchst Hilfe und versprichst, Hilfe zu leisten, du
zibst und nimmst genau so, wie du sätest, um zu
ernten, bautest um zu wohnen: Du übernimmst
Pflichten um Rechte zu genießen, denn das Recht
it die Ernte, weil die Pflicht die Saat ist. Du bildest nun wit
deinesgleichen eine Gemeinde; mehrere, viele Gemeinden bil⸗
174
Gut und Böse der Rita, Gut und Böse der Gesellschaft
den bald einen Gau, viele Gaue ein Volk und deren mehrere
endlich den Staat. Das sind die Ringe, in die du
dich einschließest. Du und deinesgleichen, die sich so
zusammenfinden zu gemeinsamer Hilfe, zu gemeinsamem
Schutz, „Einer für Alle, Alle für Einen“, ihr seid alle frei
in eurem Willen, eurem Tun, ihr seid eben „Individuali—
täten“. Bald wird es jedem einzelnen klar, daß gewisse
Reden und Handlungen des einen nicht in die Meinungen
und Wünsche der anderen stimmen, und der Einzelne lernt
gar bald sein Wollen und Tun so zu lenken, daß es mit dem
Wollen und Tun der anderen nicht in Widerspruch gerate,
weil er es an sich selbst empfand, wie es ihm nicht behagte,
wenn das Tun anderer sein Behagen trübte, seinen Vorteil
—
Interessen unterordnen, und nun erst entstand der Unter—
schied zwischen Gut und Böse im Sinne der
Hesellschaft gegen die Begriffe von Gut und
Böse der Rita.
Gut im Sinne der Rita ist alles, was dem
natürlichen Werden förderlich ist, und böse,
was dieses hemmt oder gänzlich aufhören
macht. Da aber Gut und Böse eben Naturgewalten sind,
wie Tag und Nacht, Wärme und KRälte u. s. w., und als
solche lediglich polare Spannungen bedeuten, deren apolarer
Ausgleich die Entwicklung selber ist, so kann es eben kein
einseitiges Aufheben des Bösen geben, denn dann müßte der
Hegenpol, das „Gute“, gleichfalls aufhören und damit die
Entwicklung, das Leben. Anders ist es mit dem Gut und
Böse im Sinne der Gesellschaft. Dieser gilt für
zut, was die Interessen der Mehrzahl fördert, und böse, was
diefen zuwider läuft. Da es nun aber unmöglich ist, Wünsche,
Wollen, CTun und Lassen aller gleich zu stimmen, da ja die
Menschen weder geistig noch körperlich gleich ge—
artet sind, und jeder einzelne für sich eine eigene Ichheit,
eine eigene Individualität bedeutet mit seiner ihm allein eige—
175
Parlamentarismus, Absolutismus
nen Interessensphäre, so war es seit dem Verluste des Imner⸗
lichkeitsbewußtseins nicht mehr moöglich und wird es niemals
moglich sein, die Interessen der Gemeinde, des Volkes, des
Stoales so durch Gesetze zu umschreiben, daß die Interessen
einzelner nicht gekränkt werden, welche dann die Unzufriede⸗
nen sind, sich gegen diesen Interessenschutz der Gemeinde, des
Holkes, des Slaates auflehnen, um ihre Einzelinteressen wahr⸗
nehmen zu können. Diese Unzufriedenen mußten nun mit Ge⸗
walt gezwungen werden, ihr individuelles Interesse dem uni⸗
versellen Interesse unterzuordnen, wodurch die Gerichte
siehe oben s. 26ff. ) entstanden. Anfänglich gaben diese nur
die Richtung im beraͤtenden Sinne an, doch bald trat Zwang
an die Stelle des Rates und die Begriffe von „Gut“ und
pon „Bösse! im Sinne des Strafprozesses waren
entstanden, damit aber auch schon die Verdunklung der Rita,
denn nicht jeder handelt oder ist böse, den das Strafrecht als
böse bezeichnet, und nicht jeder ist deshalb gut, weil das
Strafredot ihn noch nicht als böse bezeichnete, oder gar des⸗
halb, weil er sffentliche Auszeichnungen und Belobungen
empfangen hat. Weil aber die Interessen aller oder der
Mehrzahl noch immer nicht die Inieressen der Gesamt⸗Ichheit
des Volkes sind, so ist das, was wir heute Parlamen⸗
Irsismus nennen, ein Unding, namentlich auf der Grund⸗
lage des allgemeinen Wahlrechtes, denn schon
Schiller sagt: „Was ist die Mehrheit? Die Mehrheit ist der
Unsinn, Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen.“ Ebenso
st aber auch der „Ubsolutismus“ ein Unding, und die
„Oligarchie“ nicht minder, denn auch in diesen Formen
kommen Einzelinteressen auf Kosten der Gesamtheit, diese
schädigend, zur Herrschaft. So lange also nur die Außer⸗
lich herrscht in ihrem Du sollst, Du mußt, so
lange diefes Du sollst, Du mußt mit Gewalt
de durh Todesfurcht gebietet, so
langesbleibt die Ritattor, und die Völker gehen
ihrem Untergange entgegen. Gotterdämmerungs.)
176
„Ich will!“ nicht aber: „Du mußt!“
Erst wenn die Imerlichkeit durch das in das Volk
getragene Bewußtsein wieder erwacht, daß jeder einzelne
eine ewige Ichheit ist, die in steter Wiederkehr nur die Er—
scheinungsform wechselt, daß jede Ichheit ebenso ungebär⸗
lich wie unsterblich ist, daß jedes Ich sein eigener Vorfahre
war und sein eigener Nachkomme sein wird, erst dann —
aber auch nur dann! — wird die Rita wieder erstehen und
eine neue Regierungsform schaffen, welche die Menschen zum
Glücke führen wird, indem sie durch die Cust zum
Leben mit Liebe lenkt s(richt herrscht!).
Da die Menschen unter sich weder geistig noch
körperlich und daher auch nicht geistkörperlich
auf'gleicher Höhe stehen, werden — wenn die Inner⸗
lichkeit, die wahre Vernunft die alleinige Führung über—
nommen hat und die herrschaft des Materialismus über—
wunden sein wird — die Hoͤherentwickelten die Führer
der Masse sein, sie werden die Wünsche der einzelnen hören
und selben, soweit sie die Entwicklung fördern, volle Rech—
nung tragen. Es werden dann wieder Volksdinge — keine
Parlamente — entstehen, es werden dann wieder Volks—
könige — kein Gottesgnadentum, keine Präsidenten — wal⸗
len, als Gleiche unter Gleichen, es wird dann wieder eine
seue Armanenschaft erblühen und das goldene Seit—
alter anbrechen, von dem die Soziologen wohl träumen,
das sie aber nur mit Innerlichkeitsmitteln erzielen können,
ohne Gewalt, ohne Zwang, ohne Revolution, denn die Rita
kennt kein „Du mußt“, sondern nur ein „Ich will“.
Daher ist das, was wir heute noch im Strafrechte als
„Freiheitsstrafe“ kennen, ein Unding, denn die Frei—
heit des Einzel-Ichs ist sowohl vom Natur-Ur-Gesetz als
Auich von der Rita, ja selbst sogar noch vom Sachsenspiegel
v) Die Lehre von der Wiedergeburt eroͤrtert und begruͤndet
Hofrat Professor Mar Seiling in seinem ausgezeichneten Buche: „Die
ardinalfragen der Menschheit“ (Leipzig, O. Mutze, 1906. Preis 2Mk.),
vporauf hier besonders hingewiesen sein soll.
177
Freiheitsentziehung ist nur Erziehungsmittel
hebe oben S. 142 ff. als ein uwerletzbares Recht anerkannt
arum muß die Freiheitsentziehungals „Strafe“
fallen und damit selbstverständlich auch ihre — wenn auch
gesetzlich geregelte, aber doch willkürlich bemessene — vor⸗
us beftimmte Zeitdauer. Der Nutz- und Schutz-
derband der Einzeln-Iche zu Gemeinde, Volk und Staat
fordert Pflichten und gewaͤhrleistet Rechte und legt diese
Pflichten und Rechte als Verträge in seinem Gewohnheits-
rechte, seinen Gesetzen u. s. w. nieder. Diese Gesetze, sollen sie
ʒweckfördernd sein, dürfen mit der Rita nicht in Widerspruch
kommen, sondern mit dieser übereinstimmen. Die Rita kennt
aber nur ein „Ich will“, nicht aber ein Du mußt“. Darum
keine Freiheitsentziehung,als Strafe, sondern
nur eine solche als Erziehungsmittel, und da
niemand vorhersagen kann, daß diese Erziehung in dieser
oder jener Spanne Zeit beendet sein wird, so kann auch
vorher die Dauer der Abschließung nicht festsetzbar sein,
sondern bleibt von dem pädagogischen Erfolg abhängig. Ge⸗
meingefährliche Missetäter (Mörder, Räuber u. s. w.) sind in
den strengeren Erziehungsanstalten solange zurückzuhalten,
bis sie als besserungsfähig erkannt werden und dann an leich⸗
lere Erziehungsanstalten abgebbar erscheinen, aus welchen
sie die Freiheit wieder erlangen können. In diesen Erziehungs⸗
der Befferungsanstalten haben sie sich ihren Unterhalt selbst
zu verdienen in regelmäßiger Arbeit, bleiben aber von der
Hesellschaft völlig abgeschlossen, bis sie in dieselbe zurück⸗
kehren dürfen.
Die Todesstrafe hat wie jede andere Strafe
zänzlich zu entfallen. Wenn der nicht besserungs⸗
fähige Missetäter in der strengeren Erziehungsansialt, die
man dann schon Besserungsanstalt nennen könnte, festgehalten
wird, kann sich dessen Anhaltung unter Umständen auch auf
die Dauer seines übrigen Lebens erstrecken, was aber im
vorhinein unbestimmbar bleibt, da nur seine Besserungs⸗
fähigkeit ihm den UÜbertritt in die Erziehungsanstalt ermög⸗
12
1778
Eigentun schafft Eigentum
licht und aus dieser ihm selbst erworbene Erziehungsresultate
die völlige Freiheit wiedergewinnen können. Bei allen bleibe
Schadensgusmachung (Buße) und Versöhnung (Sühne) das
Richtunggebende; Rache und Strafe sind aus dem ritagemäßen
kommenden Rechte zu streichen.
Niemals kann Ewiges Eigen des Seit—
lhichen sein! Und weil das Ewige über dem Seitlichen,
dieses in sich einschließend, steht, so kann auch Seit—
lbiches niemals Ewigeserzeugenl
Die gütige Mutter Erde gibt dir für deine Saat deine
Ernte, als Frucht deines „Sigentuns“, zum
„Eigentum“. Wenn du einen Apfelbaum pflanzest, wirst
du drei und mehr Jahre dich gedulden, ehe du die ersten
früchte erntest. Es sind anfangs wenige, doch mehren sie sich
sährlich bis etwa ins fünfzigste Jahr, dann nimmt der Er⸗
—E0———
den Baum pflegen, ihn vor Schädlingen schützen, damit
dein Eigentum aus deinem Eigentunsent—
sprossen, dir nicht entgehe. Aber obwohl dein Eigentun
dir die Ernte verschaffte, so ist doch dein Eigentun nicht im—
stande, die Apfel zu erzeugen, sie sind nicht deine
Mmenschenarbeit, sondern die von dir nur
geförderte Naturarbeit!
Weißt du, was das bedeutet?
Der Mensch ist aber in seiner Verblendung nicht nur
so weit gegangen, daß er auch Grund und Boden (also re—
lativ Ewiges) als sein Eigentum erklärte und mit Grund
und Boden Handel treibt, indem er ihn kauft und verkauft,
also in verwerflichstar Weise den Bodenwucher“) betreibt
und dadurch maßloses Elend verschuldet, sondern er maßte
*). Naͤheres und Begruͤndendes daruͤber in dem schon oͤfter genannten,
hochverdienstlichen Werke G. Hermann's (F. M. Sebaldt): „Sexual—
Mystik, Aeral. ⸗Magie“, (Mar Altmann, Leipzig, 1905), III. S. 324 ff.
uind a. a. O.
179
KNapital, Fins, Zinseszins, Rostgeld
sich sogar das Recht an — wie er meint — ewige Werte
zu schaffen, indem er das Kapital erfand nebst
ewig fortwuchernden Sins und Sinseszins.
Professor G. Herman (M. F. Sebaldt) schlägt in seinem
nonurnentalen Serxualwerke zur Abhilfe dieser ritawidrigen
Uberhebung das „Kostgeld“ vor, nämlich ein Geld, welches
mahlich an Wert verliert — nach dem Beispiele des Apfel—
baumes, so daß es nicht fortzeugend stets Zinsen muß ge⸗
bären, sondern auch steter Neuerzeugung und steter Abnahme
unterworfen ist, wie alles Stoffliche in der Vatur. Denn die
ungeheuren staatlichen und privaten Hypothekarlasten müssen
endlich das Gesamtvermögen der Voͤlker auffressen, welche
in absehbarer, mathematisch feststellbarer Zeit nur mehr, um
diese Zinses- und Sinseszinseslast leisten zu können, in uner⸗
hörten Frondienst, der ärger ist als die scheinbar überwun⸗
dene Sklaperei, ihre ganze CLebenskraft einsetzen müssen, um
diese Ungeheuerlichkeil an Unrecht weiterzutragen und weiter
zu vererben. Das Geld, das vom Gelten seinen Namen ent⸗
lehnte, wie schon oben gezeigt wurde, war als „gangbarer
Pert⸗ pon dem „gangbaren Vieh“ abgeleitet worden, das
ja auch an Wert verlor, und stetes Neuschaffen bedingte, und
so wird auch die Zeit kommen, welche die Erkenntnis brin⸗
zen wird, daß die für die Ewigkeit in unglaublicher Ver⸗
Llendung geschaffenen Geldwerte eine böse Hemmung des
Volkswohles und seiner Entwicklung zum Glücke bedeuten
ind ebenfalls vergänglich sind, denn Seitliches kann
nicht Ewiges schaffen!
Mil dem Durchdringen des Bewußtseins der Inner—
lichkeit wird dem Volke auch dieses Erkennen aufdämmern,
und es werden — ohne Revolutionen, ohne Cerrorismus —
auch diese Hemmungsschranken fallen, denn die Rita und
deren Wahrer und Pfleger, die Armanen, kennen kein „Du
sollst“, Du mußt“, sondern nur ein „Ich will“, und
wenn diefes „Ich will“ vom Volfs-Ich ausse—
fprochenwerden wird, dann wollen es alle in
I 12*
180
Du bist und du wirst! Wiedergeburt
voller Erkenntnis des Natur-Ur-Gesetzes,
das da sagt, Seitliches vermag nicht Ewiges
zu schaffen!
Du bist und du wirst! Deine geistige Ichheit On—
dividualität) ist ewig, deine körperliche Ichheit (Persönlichkeit,
das Kleid deines Geistes) wird, d. h. sie entsteht, wird und
wandelt sich im Sterben durch den Cod zur Wiedergeburt.
Du wirst in dem Ringe, in dem deine Ichheit eingeschlossen
ist, nämlich in deiner Familie, deiner Sippe, deinem Stamme,
Volke u. s. w, immer wiedergeboren, da du dein eigener
Vorfahre bist, dein eigener Nachkomme (Enkel oder Urenkel
oder sonst naher Verwandter) sein wirst. Darum errichteten
die Ario⸗Germanen Familien⸗Güter, nicht persönliches Eigen,
um den Wiedergeborenen den Sippen⸗- oder Familienbesitz zu
wahren. Der Sippe war daher das Besitzrecht gewahrt und
das Sippenhaupt, das Vater oder herr genannt wurde, war
nur deren Walter. Darum war die bestimmte Nachfolge
„echter Erben“ so strenge beansprucht, und aus diesem „Eh“
oder „Gesetz“ erfolgte die Ehe, die gesetzmäßige Verbindung
mit Mann und Frau. (Siehe oben S. 152ff.)
Die Ario⸗Germanen wußten das Gesetz der Wieder⸗
geburt. (Vgl. Mar Seilings: Kardinalfrage der Menschheit.)
Schon die Edda sagt, daß der hiörwards-Sohn Helge, als
Sigmunds⸗Sohn Helge, und zum drittenmale als Haddingja⸗—
skathi Helge wiedergeboren worden sei. Ebenso war die Wal—
küre Sigrun die wiedergeborene Swawa. Hofrat Mar Seiling
gibt viele, weniger sagenhafte Beispiele für die Wiedergeburt
und Erinnerungen an frühere Einleibungen GKeinkarnationen)
bekannt. Die „Heimchen“ und „Hausgeisterlein“ galten unseren
Vorfahren als die zur Wiedergeburt drängenden Seelen ihrer
Ahnen und erfuhren darum einen ganz eigenartigen Opfer⸗
kult, da man sie als zur Sippe gehörig achtete und in ihnen
die Nachkommen erkannte. Ja, Sagen melden, daß diese
heimchen bei Wanderungen mitzogen und mit den Wohnsitz
wechselten, also bei der Sippe verblieben. Der Familienbesitz
181
Mann und Weib sind eine Zweieinheit
des Hochadels (Fideikommiß) ist ein — wenn auch durch
römisches Unrecht verdorbener — Rest dieser ario⸗germani⸗
schen Einrichtung.
Die zukünstige Wiedererwachung des Innerlichkeit⸗
bewußtseins wird darum abermals die allgemeine Wieder⸗
erstehung der Familiengüter einführen und mit ihr die gesetz⸗
liche Erbfolge, wodurch die willkürlichen Verlassenschafts⸗
befugnisse von selber fallen werden und damit all die häß—⸗
lichen Erbschleichereien mit ihren noch häßlicheren Folgen.
Der Mann ist ein halber Ring, das Weib
die andere Hälfte, erst durch ehaft Band ver—
bunden sind beide erst Eins, gesondert ist jedes
ein Unding! Die Ehe ist die Rauwurzel der
ArigeGernanen. Willst du vollwertig fein, so
derbinde dich ehaft mit dem dir bestimmten
Weibe — aber nur mit diesem! — und du hast
dir die Grundlage geschaffen, um dein zeit⸗
liches Glück zu bauen, das eines der Mittel ist,
um dein ewiges Glück zu erreichen.
Du bist eine Zweieinheit: Das Geistige in dir, die
Intuition, läßt dich deine geistige Heimat ahnen, das
Nsrperliche in dir, der Intellekt, weist dich zur Erde,
zum Stofflichen, und im Berufsleben, im Wirrwarr der sich
setig widerstreitenden Ideen und Begriffe verlierst du die
ndtive Steuerung, wenn du als Mannwesen auf dich allein
zestellt bist. Der weibliche Mensch ist dieselbe Zweieinheit
Die der männliche Mensch, aber infolge seiner feineren Orga⸗
nisation ist beim Weibe die Intuition lebhafter als beim
Manne, und daher findest du so oft Ursache, die verblüffende
Sicherheit in den Ratschlägen deines Weibes — wenn sie
nämlich dein wahrhaftes Weib und nicht nur deine seelen⸗
lose Zierpuppe oder noch Schlimmeres ist — zu bewundern,
ind Analich bist du, wenn du diesen intuitiven nicht
instinktiven!) Ratschlägen folgst, von welchen schon CTacitus,
Hermonia, cap. 8. siaunend zu berichten weiß: „Ja, der
182
Die SEhe ist die Rauwurzel des Ario⸗Germanentums
Germane schreibt dem Weibe eine gewisse Heiligkeit und
prophetische Gabe zu (die Intuition, das Fühlen, Ahnen);
man achtet ihren Rat, man horcht ihrem Ausspruch. Wir
selbst haben unter dem verewigten Vespasian jene Veleda
zesehen, welche weit und breit für ein göttliches Wesen galt.
So haben sie auch vor Zeiten Albruna und anderen Frauen
verehrt. Doch war das weder Schmeichelei noch Vergötte—
rung.“ Und weiter sagt Tacitus in cap. 18: „Aber das
Eheleben ist strenge bei den Germanen und das ist wohl
ihre achtungswerteste Sitte.. . Sie begnügen sich mit einem
Weib ... Die Ausstattung bringt nicht das Weib dem Manne,
sondern der Mann dem Weib ... Diese Geschenke (Morgen⸗
gabe) sind nicht Cuxusartikel für weibliche Eitelkeit, noch
zum Schmuck der Neuvermählten, vielmehr Rinder, ein ge⸗—
zäumtes Roß und ein Schild mit Schwert und Speer. Mit
folchen Geschenken wird die Gattin empfangen, wie sie selbst
wieder dem Manmne ein Stück der Bewaffnung zubringt.
Diese Dinge gelten als das stärkste Band, als die geheim
nisvolle Weihe den Schirmgöttern des Ehebundes. Das Weib
soll nicht glauben, es stehe außerhalb der Gedankenwelt des
Mames u. s. w. Darum wird sie schon auf der Schwelle des
Ehestandes belehrt, sie trete ein als Genossin der Arbeiten
und Gefahren, um mit dem Mann Gleiches im Frieden,
Gleiches im Kriege zu tragen und zu wagen; so soll sie
leben, so sterben u. s. w.“ Und der anonyme Menschenfreund,
der das beherzigenswerte Buch „Deine Pflicht zum Glück“
geschrieben, sagt (S. 253): „Aluge, natürlich gebliebene und
entwickelte Frauen folgen eben nur ihren von unbeirrtem
Gemüt und Verstand zurechtgewiesenen Wahrnehmungen,
die ihrer weniger verkümmerten Beobachtungsgabe an sich
besser gelingen. Sie können deshalb sehr wohl ihren Männern
sogar in anscheinend verwickelten Berufsfragen Rat geben.
Die erfolgreichsten Männer des praktischen Lebens verdanken
ihre Erfolge weit mehr, als jemals laut wird, der stillen Rat—
zebung ihrer klugen Frauen.“
183
Gemüt, Verstand, Vernunft
Dementgegen äußert sich die Zweieinheit im weiblichen
Menschen im umgekehrten Verhältnisse. Ist im feineren Or⸗
zanismus des Weibes das Gemüt — die Intuition, das
Fühlen, Ahnen — die hervorragende Eigenschaft, zu deren
Hunsten der Verstand — der Intellekt, das Begreifen, das
Verstehen und das darnach Handeln — vermindert und vom
Gemul beherrscht wird, fo wird beim Manne wieder das
Gemüt vom Verstande beherrscht und oft geradezu unter⸗
drückt. Wie daher der Mann klug ist, der den intuitiven Mah—
nungen des weiblichen Gemütes Gehör schenkt und diese Rat—
schlaͤge — nicht blind befolgt, sondern — mit seinem Ver—
and in Einklang zu bringen versteht, wodurch erst das sich
entwickelt, was als Vernunftüber Verstandund
Semäs'als der apolare Ausgleich dieser pola—
ren Spannung schwebt, ebenso klug ist aber dann auch
die Frau, welche ihrem intuitiven Fühlen den Verstand ihres
Mannes als Regulator anzupassen versteht, denn auch sie
erreicht damit den apolaren Ausgleich der Vernunft. Beide
Gatten werden dann im „gegenseitigen Anpassen“ „inein⸗
ander aufgehen“, zu einer Zweieinheit verschmelzen und die
Grundlage einer „glücklichen Ehe“ gelegt haben, in welcher
sich „beide verstehen“ und „ein Herz und ein Sinn“ geworden
sind. Wie das Volk unbewußt es fühlt, was hier erörtert
wurde, bezeugen eben jene aus der Volkssprache genommenen
Begriffe, welche hier unter Anführungszeichen in den Tert
berwebt wurden. Da die Rita nun ein „Du mußt!“ nicht
kennt, so kennt auch die ehafte Vereinigung von Mann und
Weib weder „Er soll dein herr sein“, noch „Sie soll deine
herrin sein“, am wenigsten aber das berüchtigte Er soll
dein Narr sein“. Auch hier bedingen die Rechte die Pflichten,
der apolare Ausgleich muß auch hier die Wage halten. Mit
diesem apolaren Ausgleich ist aber die Sweieinheit erreicht
ind das Gluͤck begründet Wie leicht ist es, eine glückliche
Ehe zu haben und wie erschwert Unverstand diesem natur⸗
ur⸗gefetzmäßigen Glück so oft das Entfalten!
184
Naturgesetzmäßige Grundlage ehelichen Glückes
Ss ist der Mann ohne Weib und das Weib
ohne Mann nur die Hälfte eines Menschen, der
erst in der ehaften Gemeinschaft von Mann
und Weib ein Vollmensch wird. Darum sei der
Mann ganz Mann und das Weib ganz Weib.
Darum dränge sich das Weib nicht ein in männliche Berufe,
es versuche nicht, ein Mannweib zu werden und glaube nicht
den Verlockungen falscher Propheten, die ihm eine unmög—
liche Freiheit versprechen aus egoistisch⸗materiellen Ursachen,
denn diesen Propheten ist es nur darum zu tun, billigere
Arbeitskräfte zu finden, die sie noch besser ausschinden können,
um den Ewigkeitswahn ihrer papierenen Kapitalien fort—
träumen zu können. Der Vollmann und das Vollweib sollen
gemeinsam daran arbeiten, die Ehe allen zugänglich zu
machen, sie sollen gemeinsam darnach streben, alle Ehehinder⸗
nisse, die nur in falschen Voraussetzungen und Uulturaus-
wüchsen bestehen, zu beseitigen, um die Ehe wieder zur Rau⸗
wurzel der kommenden Pangermanen zu erheben, um wieder
allen mit der Ehe die natur⸗ur-gesetzmäßige und daher rita—
gemäße Grundlage anzustrebenden Glückes zu bieten.
Die Ehe ist zu tief im ario⸗germanischen Charakter ver—⸗
wurzelt, als daß sie nicht in eine erneute, veredeltere Phase
treten würde, wenn jenes herandämmernde Inner—
lichkeits-Bewußtsein die arische Menschheit
durchdrinugen wird; sie ist naturnotwendig und wird
daher aus Innerlichkeitsgründen sich von selber entwickeln,
ohne äußeren Zwang, ohne äußeren Umsturz. Die Ehen
werden dann auch von sich selbst in größerer gegen—
seitiger Aufrichtigkeit und nicht mehr aus mate—
riellen Gründen geschlossen werden, auf welche Verkuppe—
lungsursachen heute die meisten sogenannt unglücklichen Ehen
und deren Scheidungen und Skandale beruhen, da wieder das
Beistig-Sexuelle die naturgemäße Verbin—
dungsursache bilden wird, welche Ursache die garmischen
Wirkungen und Wirkungsursachen auslösen wird, die zur
185
Endliche Unmöglichkeit der Prostitution
Verringerung und endlichen Erlöschen der Prostitution leiten
werden, und das ganz von selbst.) Damit wird aber auch jene
längstersehnte glückliche Zeit heraufdämmern, in welcher die
Ehe, und naturnotwendig nur die Ehe, die von den
Armanen der Urzeit angebahnte Zucht des
Bottmenschen erfüllen wird und damit eine weit—
tragende Regeneration der Ario⸗Germanen, als den Pan—
germanen**) der Zukunft anbahnen, und durch diese auf die
GHesamtmenschheit veredelnd wirken, ganz im Sinne des
Heibelschen Wortes: „Am deutschen Wesen wird die Welt
genesen!“
Die scheinbar so drohende Degenergtion auf allen Gebieten
des Lebens von der Entartung des Menschen bis zur Ent—⸗
artung von Uunst und Wissenschaft, von Sitte und Gesetz
erschroͤckt den armanisch Wissenden und Schauenden keines—
») uͤber dieses Thema, das außerhalb des Rahmens unserer Be—
trachtuug hinausfuͤhren wuͤrde, seien zu vergleichenden anregenden Studien
folgende, sich zwar haͤufig widersprechende Schriften empfohlen, aber eben
zerade aus den gegensaͤtzlichen Gedauken entspringen neue Gesichtspunkte,
welche zur Rechtfertigung der oben ausgesprochenen Anschauungen fuͤhren
werden. Diese Schriften sind:
Prof. G. Hermann, „Sexual-Mystik, ⸗Moral, ⸗Magie“
Altmann, Leipzig, 1905).
Deine Pflicht zum Gluͤck“ (Theodor Thomas, Leipzig, 1908),
cap. VIII.: „Vom Kampf um das Geschlecht“.
„Augurenbriefe“ von Ernst Freih. von Wolzogen G. Fontane
Comp., Berlin, 1908), cap. IV.: „Sexueller Idealismus“ und cap. VII.
„Roms Rache“ — oder „Der Segen des Christentums“, S. 39 —-75 und
S. 103 - 161.
Dr. Joörg Lanz von Liebenfels Schriften im „Ostara⸗
Verlag“, besonders seine wertvolle „Theo⸗Zoologie“. Verlag: Ostara,
Rodaun bei Wien.
Franz Herndls philosophische Romane „Das Woͤrtherkreuz“
und „Die Trutzburg“ samt Folgeromanen, in weichen er vom philosophisch⸗
heosophischen Standpunkte aus die Frauenfrage aͤußerst sympathisch er⸗
zrtert und die vielen sich teils widersprechenden Ansichten zu klaͤren und
zu vereinen versucht. Verlag Max Altmann, Leipzig.
Siehe di mehr erwaͤhnten Schriften Fee. Reimer's: „SEin
Pangermanisches Deutschland“ und „Grundzuͤge deutscher Wiedergeburt“.
186
Zukunftswert der Kinder
falls, da er genau das Natur⸗Ur-Gesetz darin walten sieht und
dessen Entwicklung kennt und es weiß, daß, wie im Natur—
leben es auch im Völkerleben zyklische Perioden gibt, welche
dem Entstehen, Werden und Verwandeln im Niedergange
Sterben) entsprechen, um durch den Cod wieder zum Neu—
erstehen hinüberleiten. Er weiß aber auch, daß dieser schein—
bare Rundlauf kein zurück zum Alten— wenn auch noch so
schönen Abgelebten — bedeutet, sondern immer ein Aufwärts
in der Spirale, wie ja auch unser Sonnensystem nicht im
Rundlauf eines Ringes, „in endlos ewigen Bahnen kreist“,
sondern ebenfalls in der Schraubenlinie dem fernen Endziel
seiner Vollendung entgegenzieht.
Und so wie du durch die Saat die Ernte einheimst, so
erzielst du deine Rinder, und wie du durch Eigentun dir dein
Eigentum in seiner Art und Güte bestimmst, so bestimmst du
durch Erziehung den Zukunftswert deiner Uinder. Wisse
aber, daß die Erziehung deiner Kinder schon weit früher zu
beginnen hat, ehe dein Weib dir den ersten Kuß gegeben,
nämlich bei dir felber! Nicht das Wort, noch weniger Stock
und Rute erziehen dein Kind, sondern dein eigenes Fühlen,
Denken, Tun, deine Lebensführung im großen und kleinen
als Beispiel. Auch die Erziehung sollte kein „Du mußt!“,
keinen Zwang anwenden, sondern den Willen des Kindes
„richten“, indem du ihn liebevoll zum Ziele des Heiles weist.
illeine Entgleisungen sind, wenn als Lehrbehelfe kluge be—
nützt, von großem pädagogischen Nutzen, weil sie als selbst⸗
zeschaffene Leiden wirksamer als willkürliche Strafen sind.
Schon von frühester Kindheit an wecke in deinem Kinde das
Unterscheidungsvermögen zwischen Empfinden und Verstand
und lenke es zum Erfassen der Vernunft. Achte darauf, nach
welcher Richtung sich seine Lieblingsbeschäftigungen bewegen,
um nach dieser Richtung hin es klug zur Standeswahl zu
lenken. Irrtümer in dieser CLenkung, oder gar unverantwort⸗
licher Zwang zu einem bestimmten Beruf, haben mehr Lebens⸗
freude und Lebensglück zerstört als ermittelt werden kann. Ist
187
Dein Reich ist von dieser und jener Welt
der Wille des Kindes kräftig auf einen bestimmten Beruf ge⸗
richtel, so wird es den elterlichen Zwang früher oder später
doch brechen, aber seine schönsten Jahre sind vergeudet und
erst im späten Alter, wenn andere schon längst ihre CLebens⸗
ernte genießen, wird es kaum erst durch die Blüten verspäteter
Aussaat wehmütig erfreut, deren Reifen es nicht mehr erleben
kann, während die Zwangssaat verdorrte, denn — das all⸗
lenkende VNatur⸗-Ur⸗-Gesetz kennt kein Du mußt! Swinge dein
ind nicht zum toten Buchstabenwissen, sondern fördere sein
vielseitiges KAönnen, fördere sein Spielen, denn aus dem Spiel
erwächfi das Können. Im Spiel versucht das Kind seine Kraft
und stählt seinen Willen, die vornehmste Uraft des Menschen,
wenn sie nach dem Siele der allgemeinen Entwicklung ge⸗
richtet wird.
Und hast du das deinem Kinde durch dein lebendiges
Eigentun beigebracht, so hast du ihm die schwerste Kunst, die
eigentlich die leichteste sein sollte, gelehrt, die Kunst zu leben.
das Reich deines Lebens ist gleichzeitig in
diefer und in jener Welt, denn du bist eine geist-körper⸗
liche Zweieinheit, und durch den Willen Gottes, der dein
eigener Wille ist, mit gleicher Macht an das Geistige, wie an
das Körperliche gleichzeitig angewiesen, weshalb du weder
agen kannst, daß dein Reich von dieser Well sei, noch von
jener, denn es umschließt in einem Ringe das
Diesseits wie das Jenseits. Darum freue dich deines
Erdenlebens, denn dein Menschenkörper ward dir zum
Vehikel gegeben, um das Glück zu erreichen, das dir als Ziel
vorschwebt, und das du nur mit Lebenslust zu er—
zielen vermagst. Fälschung der Rita ist es, zu sagen, du
wärest sündhaft geboren, du müßtest, dich kasteien und in
Furcht und Zittern den Tod und das jüngste Gericht erwar⸗
en, wie es jene dich trüglich lehrten, die dich mit Todes⸗
fürchtbändigen wollten, umdich unterihr Joch
zu zw ingen. Rochmals sage ich dir, du bist frei, mit eise-
em Willen geboren und unter kein Du-⸗mußt⸗Joch gebeugt,
188 J
Die Zukunft ist kein kampfloser Friede
weder im guten noch im bösen Sinne, du kannst frei wählen,
welche Saat du säen willst, aber auch die Ernte wird dein sein,
die der Saat entspricht; die Ernte wird dich beglücken oder
aber auch nicht, darum wähle klug nach Empfindung und
Bedenkung und weiser Erwägung. Und wenn dir auch der
zußere Erfolg, das äußere Glück versagen sollte, so wird
dir doch der nnere Erfolg, das innere Glück gewähren und
freudig hoffend magst du in den Tod gehen, denn das innere
Hlück wird dich durch das dunkle Reich des Codes“) geleiten
zur neuen Wiedergeburt, die dir dann auch das äußere Glück
zewähren wird, weil du das bewahrte innere Glück schon als
Lebensschatz mit dir wiederverkörperst.
Glaͤube aber nicht, daß das sicher kommende, gewiß
wiedererwachende ritagemäße Leben in der Zukunft der Völ⸗
ker, dann wenn das Innerlichkeitsbewußtsein wieder lebendig
zeworden sein wird, ein ewiger kampfloser Friede sein wird,
wenn auch die Rita kein Du mußt und nur das Ich will
kennt!
Stehen nicht genug der Gegensätze gegenüber, als beid—
einige⸗zwiespältige Zweieinheiten? Wärme und KRälte? Tag
und Nacht ꝰ Förderung und Hemmung? Gut und Böse? —
Du und deine Genossen wählt die Förderung, weil ihr
sie wollt. Andere wählen die Hemmung, welche sie mit glei⸗
hem Willen wollen. Ihr platzt auf einander und der Kampf
ist da. Und blicke um dich und sage wo du keinen Kampf
siehst ) Freilich krachen nicht immer die Rartaunen und blinken
nicht immer die Schwerter, weil nicht jeder Kampf mit
den Waffen ausgefochten wird, wie sie der Urieg bedarf, aber
Uampf bleibt Kampf, ob er in den Wolken wütet, um den
*) Nicht die „Finsternis“ des Todes! — Dunkel heißt nur un⸗
bekannt. — Viele, die im Starrkrampf gelegen, behaupten, das Reich
— als das Diesseits, und
beklagten es, in ihren Koͤrper zuruͤckgerufen worden zu sein. Ein Ver—
gleich zwischen beiden Reichen waͤre zwecklos. Beide haben ihre Sonder⸗
destimmungen und sind diesen angepaßt. Beide sind notwendig und daher
jedes feinem Zweck, das Gluͤck zu erreichen, entsprechend eingerichtet.
— —
189
Die Phrase vom „friedlichen Wettbewerb
Winter zu vertreiben, oder im sogenannten „friedlichen Wett⸗
bewerb“ zwischen zwei oder mehreren Konkurrenzunterneh⸗
mungen gegeneinander. Die Wut der entfesselten Leiden⸗
schaflen, die da wie wilde Bestien aneinanderplatzen, läßt das
geflugelte Wort vom „friedlichen Wettkampf“ als eine der
plumpesten zeitgenössischen Heucheleien erscheinen. Und Kampf
nuß sein, denn: Das Leben ist ein Rampf, und der Kampf⸗
preis ist das Ceben.“ Der Kampfpreis, das Ceben, ist aber
der Sieg, und „Sig“ ist, wie „Ar“ und „Al“ und „Fyr“,
eder Lie Sonne das lebende Symbol der Gottheit. Das
Fördernde, das das Gute will, nämlich das Glück, wird erst
dann siegen, wenn es sich innerlich gekräftigt hat und im
Willen erstarkt ist, dann zieht es aus dem Lager der Gegner
noch Kraft an sich und im Entscheidungskampf wird es
fiegen. Unterliegt es, so hat es noch nicht die nötige Spann⸗
kraft erlangt und wird — um zu erstarken — zurückgeschlagen.
Die Niederlage ist niemals Seichen des Unwertes, sondern
nur Zeichen dafür, daß du den Kampf zur Unzeit, da du noch
nicht gerüstet warst, begonnen hast, oder dich zum Beginne
drängen ließest. Bist du aber gekräftigt, dann tritt auf den
Namipfplatz und schone deines Feindes nicht, denn er will
bon dir vernichtet werden. Aber wenn du kämpfest, dann
kaͤmpfe ehrlich, ohne Hinterlist und Falschheit, schone auch
deines Körpers nicht, denn wenn auch dieser ins Gras fällt,
so lebst du doch weiter, wirst wiedergeboren und dein Schwert
wiederfinden, um es aufs neue zu schwingen.
Uämpfest du für das Fördernde, so stehst du in deiner
nächsten Wiederverkörperung an bevorzugterer Stelle und
näher dem Glücke, denn das Fördernde, das die Entwicklung
im Sinne der Rita, des Natur⸗ Ur⸗Gesetzes anstrebt, kann
wohl zeitweilig verdunkelt werden, muß aber über kurz oder
lang imn Siege bleiben, und dann werden jene die Ersten sein,
die bielang die Letzten waren, denn Walhall liegt nicht in
Wolkenhsöhen, sondern hier auf Erden, milten unter uns'),
*) GeL.B. Nr. 2, S. 12. (S. 11 -17.)
190
Die Rita ist, die Welt wird!
und die Einherier der Zukunft wandeln schon unter uns noch
unerkannt, vielleicht sogar verhöhnt und verspottet, aber voll
zuten Willens und voll Vertrauen auf ihre die Zukunft vor—
bereitende armanische Sendung.
Der Grundsatz der Rita, der alle anderen Sätze aus sich
selbst heraus erklärt, lautet: „Die Rita ist, die Welt wird“.
Die Rita, das ewige Gesetz, führt die Entwicklung der
Welt, das All, durch alle Phasen des Entstehens, Werdens,
Wandelns in ewiger Gesetzmäßigkeit hindurch, darum halte
inmer dein geistiges Auge auf das Ewige, dein leibliches
Auge auf das Wandeln, lerne erst steuern, dann wage die
Meerfahrt.
Was soll ich dir noch weiter künden? Lese die theosophi⸗
schen Lieder der Edda, lese darin auch Codfafnirs Cied und
Sigrdrifumal mit den gebotenen Lebensregeln, immer wirst
in anderen Worten das Obengesagte wiederfinden, wenn du
den Sinn hinter den Worten auf das Ewige beziehst. Lese die
Runendeutung in G.«L.«B. Nr. J, und wieder wird sich der⸗
selbe Sinn in abermals anderen Worten bieten, und gehe
hinaus in Wald und Flur und entziffere die Runen des CLebens,
wie und wo sie ungesucht sich dir offenbaren, immer mehr
wird dir die erlösende Offenbarung werden: Mit freudigem
Lebensmut gewinnst du die Richtung zum Glück, mit zagender
Todesfurcht verlierst du deren Spur, darum verwirf diese
Irrwurzel und du wirst die Blaue Blume finden, weil es so
— nicht anders Gottes Wille ist und darum auch der
eine.
Nun hab ich geschlossen das Hohe Lied
Hier in der Halle des Hohen,
Den Irdischen nötig, den Joten nicht!
Heil ihm, der es lehrt!
Heil ihm, der es lernt!
Das Heil all Ihr Hörer
Nehmt Euch zu Nutzl!
—RD
191
Einschlägige CLiteratur
Nachfolgende Werke seien allen Freunden der Forschungsergebnisse
Guido List's aͤuf das angelegentlichste empfohlen, da in selben das Wirken
Guido List's anerkannt und in seinem Sinne angewandt und weiter⸗
gebaut erscheinen.
Hugurenbriefe von Ernlt Freiherrn v. Wolzogen.
Berlin, 1908. F. Fontane & Comp. 80. XII u. 161 Seiten.
Inhalt: Wohltaͤter der Menschheit S. 1. — Das ungereimte Jahr—
hundert S. 13. — Fromme Kurpfuscher S. 23. — Sexxueller Idealis⸗
nus S. 89. — Die Panker S. 75. — Der Kulturwert des Witzes
S. 87. - Roms Rache - oder der Segen des Christentums 5. 103 - 1601.
Auszüge adus den «Hugurenbrielens: Seite 119: „..... Nun
ist es erst in allerjuͤngster Zeit einem ausgezeichneten Philologen und
aͤberaus phantasiereichen Gelehrten gelungen, dieses Geheimnis der Runen,
wenn auch nicht endguͤltig und einwandfrei, zu loͤsen, so doch in einer
Weife aufzuhellen, daß auf die dunkelsten Eddalieder ein ganz neues Licht
faͤllt. Und nach den ganz neuen Srundsätzen, die dieler Gelehirte aulltellt,
offenbart sich uns in dem gesamten, altgerman. Denken und Fuͤhlen, in
den religiosen Vorstellungen, wie in Sitten, Gebraͤuchen, Rechtsanschau—⸗
ingen eine folgerichfigkeit und eine Sedankentiele, die nur hoͤchste Be—
wunderung auskoͤsen kann. Dieler Selelirte ilt Guido von bilt in Wien.
... Und ungelehrte Leute, die mit weniger Muͤhe ein anschauliches
Kulturbild unserer heidnischen Vorzeit in sich aufnehmen wollen, werden
aus seinen Romanen „Carnuntum“ und „Pipara“ mehr lernen, als aus
den Romanen von Felirx Dahn.“
Und nun baut der Verfasser auf den weiteren vierzig Seiten die
uns bekaunte Armanenlehre Guido List's weiter auf und erweitert sie —
und darauf wollen wir ganz besonders aufmerksam machen — auch auf
musikalifches Gebiet, auch auf dieses die von Guido List gefundenen
Besethze anwendend und in genialer Weise zur Geltung bringend.
Hessische Holzbauten.
Beitraͤge zur Geschichte des westdeutschen Hauses und Holzbaues
zur Fuͤhrung durch L. Bickell: „Hessische Holzbauten.“ Von Professor
8. ßanitmann, Architekt B. D. A. Mit 119 Abbildungen und einer
Kartenskizze. Marburg i. h. 1907. I. G. Elvert'sche Perlagsbuchhandlung.
Es ist sehr verdienstlich, daß der Herr Verfasser mit der herge⸗
hrachten uͤberlieferung bricht, daß der deutsche Baustil kein selbstaͤndiger
und von Italien und Griechenkand aus beeinflußter waͤre, und gerade
das Gegenteil darin beweist, indem er die Urformen der Rendissance
dut den deufichen Holzbau zurückfüfirt und durch unanfechthare Beispiele
zwelleilos belegt. Daß der Herr Verfasser dabei wiederholt S. XVI.
161. 468. 172. 178. 176. 188) Guido List teils erwaͤhnt, teils zitiert,
ist um so erfreuender, weshalb wir auf feine „Hessischen Holzbauten“
ganz besonders an dieser Stelle aufmerksam machen.
42
Guido List's Werke,
oweit noch im Buchhandel erhaͤltlich. Etwa Vergriffenes besorgt, soweit
moͤglich, Buchhaͤndler Frie dr P Schalk, Wien, VI., Mariahilfer—
raße 97.
zarnuntum. Historischer Rwman aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. Berlin,
G. Groke'sche Verlagsbuchhandlung, 1889. 2 Baͤnde, 7 Mark.
Deutsch· myfrologische srandschoftsbilder. Berlin, Haus Luͤstenoͤder, 1891,
5 Krꝰ 40 H. Jetzt: Cornelius Vetter, Wien, III. Hauptstraße 22.
dalkuͤren eihe. Epische Dichtung. Bruͤnn, 1895. Verlag „Deutsches
Haus“, Preis Kr. 24.
—XDDD Historischer Roman aus dem
3. Jahrhundert n. Chr. Leipzig, Literarische Anstalt Aug. Schulze,
1895, 2 Baͤnde, 5 Mark.
lederoiterreichisches Vinzerbüchlein. Reich illustriert. Wien, Cornelius
Vetter, 1898. Preis Kr. 1—.
Unbesiegbare. Ein Grundzug germanischer Weltanschauung. Reich
ausgestattet. Wien, Friedrich Schalk. Preis Kr. 1120.
König Vannius. Ein deutsches Koͤnigsdrama. Verlag des Vereines
Deutsches Haus“ in Bruͤnn, 1889. Preis Kr. 1—.
der ederaufbau von Carnuntum. Mit zwei Karten. Wien, Friedrich
Schalk, 1900. Preis Kr. 1
ommer-Sounvwend-feuerzauber. Skaldisches Weihespiel. Wien, Scherer⸗
verlag, 1901. Preis Kr. 150.
Alraunen⸗ Mären. Kulturhistorische Novellen und Dichtungen aus ger⸗
manischer Vorzeit. Ssterreichische Verlagsanstalt“, Wien, 4903.
Preis geh. Kr. 3260 Mrk. 8.-); geb. Kr. 4180 Mrk. 4.-).
Zoscttte Ein Liebesbrama in fuͤnf Aufzuͤgen. Wien, „Literatur⸗
instalt Austria“, 1903. Preis Kr. 250.
Zesieimnis der Runen. C. F. Steinacker, Leipzig, 1908. Preis
Mrk. 150.
qnenichatt der Hrio-Germanen. C. F. Steinacker, Leipzig, 1908.
Preis Mrk. 150.
Die Religion der Hrio· Germauen in ihrer ECloterik u. Exoterik. Th. Schroͤter's
Naͤchfolger, Zuͤrich, 1908. — Erscheint demnaͤchst.
Der übergang vom Wuofanstum zum Christentum. Zuͤrich, Th. Schroͤter's
Nachfoiger, 1908. — Erscheint demnaͤchst.
die bug e qlo· Germanen. E. F. Steinacker, Leipzig, 1908. Preis
Mrk. 360.
wir richten aie herzliche Bitte an alle, denen die Ptlege deutscher
Fessessultur und Verbreitung arisch germanischer Weltanschauung
smserem Volke am herzen liegt, unsere Bestrebungen durch
weitrint zur Cuido· von · Tist· Gesellschatt zu unterstũtzen.
Guido⸗List⸗Bücherei
. Reihe: Forschungsergebnisse Ar. 4.
Die Namen
8*
Velkerstämme Germaniens
und deren
Deutung.
Von
Guido List.
Zweite Auflage.
Mæ
wien, Verlag der Guido-von-LCist-Gesellschaft.
kür den Buchhandel bei C. F. Steinacker in Leipzig.
1909.
Die Namen
224
4
Völkerstämme Germaniens
und
deren
Deutung.
Don
Guido List.
—
Wien, Verlag der Guido-von⸗List- Gesellschaft.
für den Buchhandel bei C. F. Steinacker in Leipzig.
1909.
Das Übersetzungsrecht in fremde Sprachen, wie alle übrigen Rechte
ausdrücklich für den Verfasser vorbehalten.
Die Vereinigten Staaten von Nordamerika gewähren
nur für die Dauer eines Jahres, und da noch sehr mangelhaft,
Sschutz gegen Nachdruck und geben dadurch zu erkennen, daß die
Mehrzahl ihrer Gesetzgebenden, im Erkennen des Begriffes vom
zeistigen Eigentum, noch nicht jenen Standpunkt erreicht haben, den
andere Völker schon längst als einen Gesetzesstandpunkt anerkennen.
Hberösterr. Buchdruckerei- und Verlagsgesellschaft, Linz.
Dem
schriftkühnen und zielsicheren
herrn
Dr. J. CLanz von Liebenfels
m
armanischen Ulfila der Zukunft
Joher Verehrung
zugeeignet vom
Verfasser.
egroße Zahl der germanischen Stämme und
Völker bildet einen noch unaufgeklärten
dunklen Punkt in der Vorgeschichte der
Deutschen, und dies um so mehr, als dieselben
Stammes⸗ und Volksnamen oft in räumlich
ehr bedeutenden Entfernungen von einander
zu verzeichnen sind, wo sie oft plötzlich auf⸗
lauchen, um alsbald wieder zu verschwinden,
um anderen Benennungen zu weichen, ohne
daß es glaubhaft erscheinen könnte, daß ein
zanzes Volk mit einem Schlage seine Ursitze
berlassen und zum Wanderstabe gegriffen
haben könnte. So viele Versuche auch unter⸗
rommen wurden, Klarheit in dieses Stämme⸗
und Võölkergewirre zu bringen, so sind diese
HDersuche doch immer mißglückt und die
Candkarten, welche jene Stammes- und Võöl—⸗
kergruppierungen Germaniens zur Zeit des
zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung
zur Anschauung bringen, bieten noch immer
senes sinnverwirrende Durcheinander von
Stammes⸗ und Völkernamen, in welches sich
zu vertiefen schier jedem als ein nutzloses
Beginnen erscheinen muß.
Von dem Grundsatze ausgehend, daß zwei⸗
fellos jeder Name zur Zeit seines Entstehens aus ganz be—
stimmten Ursachen entstanden und deshalb auch einen ganz
bestimmten Begriff zum Ausdrucke gebracht haben mußte,
versuchte ich es, diese Namensworte selbst auf ihren ver⸗
2
Arische Rasse, Arische Völker, Arktogaea.
borgenen Sinn zu prüfen, um durch deren Begriffsdeutung
den Schlüssel zur Klärung jenes scheinbar so planlosen Völker⸗
zgewirres zu finden und womöglich System in jene Stämme⸗
zliederungen zu bringen.
Vorerst, ehe jener Frage nach dem System und der Be—
deutung der Stammes⸗ und Völkereinteilung Germaniens
näher getreten werden kann, ist es wichtig, die Begriffe von
den Bezeichnungen „arische Rasse“ und „arische Völker“ klar⸗
ulegen und über die Entstehung und die Urheimat der Arier
ien zu finden, um auf solchen Grundlagen fußend,
die Wortdeutungen der Stämme⸗ und Völkernamen verstehen
und ordnen zu können. Die Urheimat der Arier wird im
nördlichen Europa nun schon allgemein angenommen, indem
die Hypothese von der Einwanderung aus Indien schon
längst als unhaltbar aufgegeben wurde.“) Ob diese Ur—
heiniat im Norden Rußlands oder im VNordwesten Deutsch-
lands angenommen wird, ist gleichgültig, denn sie ist in beiden
Fällen richtig und umrichtig zugleich, weil sie weit höher im
Norden lag, woher eben die Einwanderungen meridional in
südlichere Weltteile erfolgte, als die nördlichen Candmassen
vom Meere verschlungen wurden oder der mählichen Ver—
eisung anheimgefallen sind.
Die fünfte Rasse, die „weiße“ oder „arische Urrasse“, der
„Fomo Europaeus“, entstand spätestens zur Zeit des
Diluviums in der Interglaçialperiode vor der Haupt⸗
Blagialzeit in einem Kontinent — Arktogäa genannt —,
welcher bis zum Vordpol, vielleicht, und zwar höchst⸗
wahrscheinlich, weit über diesen hinaus gereicht hatte,
indem der heutige europäische Teil des arktischen Eis—
meeres, die Nord⸗ und Ostisee, noch nicht bestand und sich
an deren, Stelle Festland befand, welches Island, Skandi—
navien, Finnland, die britischen Inseln mit dem heutigen
Nordeuropa bis etwa zum fünfzigsten Breitegrad herab zu
) G. L.B. (Guido⸗List⸗Bücherei) Nr. 3, Seite 35 —40 und 57-56.
3
Europa während der Eiszeit.
einem Kontinent verband, während die großen Gebirge im
Süden des heutigen Europas Inselgruppen bildeten, welche
einem mächtigen Ozean entstiegen. Die russischen Steppen
und Sümpfe zwischen der Ostsee und dem Kaspisee waren
ebenfalls überflutet, so daß die Arktogäa von allen übrigen
Aontinenten, alfo auch von Asien, abgeschlossen war. Jene
Arklogãa nun war in Zeitenfernen, welche mit dem Zeitmaße
der Jahresringe nicht mehr gemessen werden können,*) als
sie noch nicht vergletschert war, die Wiege der arischen Urrasse.
Als sich im Verlaufe von Jahrzehntausenden die Cande und
Wasferverteilung verschob und nach und nach der nördliche
Uontinent sich den Formen anpaßte, welche dem heutigen
Europa immer mehr entsprachen, als die Eiszeit die nörd⸗
lichen Gebiete unbewohnbar machte, wurden die Arier süd⸗
wärts gedrängt und zogen in meridionalen Richtungen in
die noch nicht vereisten Landstriche ein, naturgemäß ziemlich
zleichzeitig, da der sich mählich füdwärts verschiebende Eis—
zürtel der Richtungslinie von Breitengraden ungefähr ent⸗
sprochen haben mußte. So kamen denn die Arier gleichzeitig
in das nördliche Gebiet des heutigen Europa zwischen den
Längengraden 30 westlicher und 400 östlicher Cänge von
Sreenwich. Doch der Eiswall drängte sie immer mehr süd⸗
waärts, bis er etwa in der Höhe des 50. Breitegrades zum
Stillstande gelangte. Aber auch von Süden herauf ergossen
sich die Eismassen über das Land, so daß die arische Vasse
auf ein sehr kleines Gebiet zusammengedrängt wurde, denn
eisfrei war nur der Boden des heutigen Frankreichs, den
längs der Pyrenäen ein unübersteiglicher Eiswall von der
pyrenäischen Halbinsel abschnitt und nur die Westküste am
Biscaischen Meerbusen und ein schmaler Uferstreifen am
heutigen Golfe von Lyon waren offen. Dann zog sich die
Eismasse der Alpen nordwärts bis etwa zum 47. Breiten⸗
grad, einen Eiswall bis zum Schwarzen Meere bildend,
) Mind
estens
1600.0
o0oo Jahre; siehe G.
..⸗B. Nr.
.NUr. 3, Seite
58.
A.
ß ou C
Arier während der Eiszeit.
welches offen lag, während im Osten die Eiswüsten des
Kaukasus, wieder den einzigen Zugang zu Asien versperrend,
sich bis zum Kaspisee ausdehnten, dessen Wassermassen nord⸗
wärts bis zu den nördlichen Eisfeldern reichten. War vom
5. Längengrad nach Osten ab das eisfreie Land nur auf etwa
drei Breitegrade beschränkt, so ward es durch die Ver—
eisungen der böhmischen Gebirge noch mehr beengt, so, daß
etwa um den 14. bis 20. CLängengrad nur das Donautal
rine mögliche Verbindung mit den räumlich größeren eis—
freien Gebieten des östlichen Europas gewährte, wo denn
auch überall die hartgeprüften Arier ihre Sitze aufschlagen
konnten und zur vorläufigen Ruhe kamen.
Eingeschlossen zwischen Eis- und Wasserwüsten, ohne
Verkehr, ja gewiß ohne Uenntnis anderer Rassen, entwickelten
sich die Arier selbständig im steten harten Rampfe mit einer
kargen Natur und bildeten in solcher Schule ihre geistigen
und körperlichen Uräfte in ganz anderer Weise aus als jene
anderen Rassen, welche einer verschwenderischen Natur ihr
Dasein und fast kampfloses Ceben dankten. Diese eng⸗
begrenzten Gebiete dürften bald übervölkert gewesen sein und
dürfte diese Uberbevölkerung die Veranlassung geboten haben,
die UÜberzahl jener, welche der karge Boden nicht mehr zu er⸗
nähren vermochte, zu zwingen, Neuland zu suchen, um —
zanz im modernen Sinne — Lolonien zu gruünden.“) Der⸗
artige Auszüge dürften schon während der vorletzten,
zewiß aber während der letzten Zwischeneiszeit stattge⸗
funden haben, denn Spuren der Arier finden sich über
der ganzen Erde — aus vorhistorischer Zeit — verbrei⸗
breitet, wie z. B. die Arriois oder Erriois im polinesischen
Archipel, welche alle Rasseneigenarten bewahrten, aber ihrer
Uultur und Sprache völlig verlustig gegangen sind. Nur ein
Merkzeichen uralten Ahnenerbes hatten sie in ihrem einzigen
Schrift⸗ und Heilszeichen treu bewahrt und dieses einzige
G.eL.e«B. Vr. 3: „Rita der Ariogermanen“, Seite 35 —40.
Wanderungen der Arier über die ganze Erde.
Zeichen ist das Hakenkreuz, der alt-arische „Fyrfos“, jenes
unleugbare Siegel, das die Arier allüberall dort aufgedrückt
hatten, wo sie kulturverbreitend aufgetreten sind. Nur nebenbei
sei hier erwähnt, daß die Arier über China bis Uorea vor⸗
gedrungen sind, daß die koreanische Schrift noch heute ihre
Abstammung von den arischen Runen bekundet, daß sie die
babylonisch⸗assyrische wie die iranisch⸗persische Kultur be⸗
zründet haben, daß die großen Kulturzentren, wie z. B. das
AUr“ der Chaldäer (Ur- Kasdim) ihre Gründungen sind, ja,
daß auch die alt⸗egyptische Kultur unter ihrem Einflusse ent—
standen ist. Nachweisbar waren Buddha, Osiris u. v. a.
Arier; ersterer ein Sakkumane, letzterer ein Saku, beide also
speziell Sachsen. Nicht minder sind die übrigen nordafri⸗
kanischen Gebiete — schon in Urtagen — tausende von
Jahren vor dem Auftreten der Wandaler, grisch besiedelt
worden, aus welchen Besiedelungen sich die Mischrassen und
Typen der silurischen Mittelmeervölker entwickelten, welche
dann später wieder — schon als Mischrassen — das südliche
Europa überzogen. Schon viertausend Jahre vor unserer
Zeitrechnung waren die Arier, vom nordwestlichen Asien
kommend, uͤber den Hindukusch in Indien eingezogen, um
dort ihre Niederlassungen zu begründen, was aber jedesfalls
nicht ihr erstes Eindringen in Indien war, sondern nur
jener Vorstoß gegen das südliche Asien, von dem die
Beschichte zuerst zu berichten weiß, während
die früheren Einwanderungen, welche gleich—
zeitig mit der europäischen Einwanderung in
meridionaler Richtung aus der nordpolaren
Arktogäatkamen, vergessen wurden.
.Es ist — was ebenfalls hier nur so beiläufig erwähnt
sein mag — in allen asiatischen, wie afrikanischen Kultur⸗
staaten des Altertums eine sich stets wiederholende Erschei—
nung, daß dieselben immer und nur von Ariern begründet
wurden, und nur so lange sich erhalten konnten, so lange
deren Einfluß gesichert war, daß sie verfielen, sobald arischer
J
Kulturmission der Arier. Siderisches Jahr.
Zuzug aufhörte und das Ariertum in den fremden Rassen
unterging, aber sofort wieder auflebten, wenn der zeitweilige
Zuzug von Ariern wieder lebhafter wurde und die unter⸗
drückten arischen Elemente dadurch aufs neue belebt wur—⸗
den. Die Geschichte des Pharaonenlandes ist dafür ein klas⸗
siisches Beispiel, wie nicht minder jene des cäsarischen Rom,
daß schließlich mur mehr durch germanische Kraft gehalten
wurde, welche dessen Zerfall noch um Jahrhunderte hinaus⸗
schob. Doch, wie gesagt, dies nur so nebenbei. Ein ähn⸗
liches Beispiel bietet Siebenbürgen; siehe weiter unten.
Als die Eiszeit — dieser regelmäßig kommende
sonnenwinter“) — ihr Ende gefunden hatte, und die
zroße Flutzeit mit ihrem Schrecken hereingebrochen war,
welche einem ebenso regelmäßig wiederkehrenden
sSonnenfrühjahr emsspricht, das gemeiniglich als „Sint⸗
flut“ bezeichnet zu werden pflegt, da wurden unsere arg ge⸗
plagten Vorfahren abermals durcheinander gerüttelt, wohl
im bedeutenden Bruchteil von den furchtbaren Elementar⸗
zreignissen vernichtet, ein Teil zur CLandflucht genötigt, so
daß wahrscheinlich nur ein kleiner Rest derselben auf der
schwer bedrängten Scholle ausgehalten haben mochte. Es
*) Ein Sonnenjahr oder ein siderisches Jahr wird auf 25.868
Lrdenjahre berechnet, und teilt sich wie ein solches in vier Jahres-
zeiten, also in ein Sonnenfrühjahr (Flutzeit, Sintflut), in einen Sonnen⸗
sommer (Brandzeit, Welthrand) in einen Sonnenherbst und in einen
Sonnenwinter (Eiszeit, Fimbularwinter). Es entfällt somit auf eine
Sonnen- oder siderische Jahreszeit ein Zeitraum von je 6467 Erden—
jahren. Der Beginn eines neuen Sonnenjahres findet dann statt, wenn
alle sieben Hauptplaneten sich gleichzeitig in einem der zwölf Sonnen⸗
häuser oder Sternbilder des Tierkreises vereinigen. Daraus ergibt sich
von selbst, daß es einen Zyklus von zwölf siderischen oder Sonnen⸗
jahren gibt, welcher als das „große Sonnenjahr“ anzusprechen
ist, während das andere das „kleine Sonnenjähr“ ist. Das kleine
Sonnenjahr umfaßt also 25. 8668, das große dagegen 310.416 Erden⸗
jahre. Wenn nun der Beginn eines kleinen Sonnenjahres in die
Fodiakalzeichen des Steinbockes, des Wassermannes oder der Fische
fällt, so tritt eine der Haupteiszeiten, sonst nur eine der
Siderische Jahreszeiten. Sintflutzeiten.
ist auch heute schwer möglich, sich davon eine Vorstellung
zu machen, welche Verheerungen die rasch zum Schmelzen
gelangenden ungeheueren Eismassen angerichtet haben
mochten, bis die unabschätzbaren Mengen freiwerdender
Wasserfluten sich ihre Abzugskanäle — unsere heutigen
Strom⸗ und Flußläufe — gewühlt hatten, um sich in die
Meere zu ergießen, ja um sich neue Meere zu schaffen. Erst
mit Eintritt des Sonnensommers — unserer gegen⸗
wärtigen geognosischen Epoche, der historischen Zeit —
kamen die Arier Europas zur Ruhe, vermochten wieder an
ihrer arggeschädigten Üultür weiter zu bauen. Durch die
hier nur flüchtig angedeuteten, kaum ausdenkbaren furcht⸗
baren Elementarkatafirophen mögen nun die einzelnen Teile
der Arier in den verschiedensten Gegenden Europas ver—
streut worden sein, und hatten höchstwahrscheinlich die ein—
zelnen Teile von dem Bestande der übrigen keine Ahnung,
woraus es sich erklärt, daß es so viele „Ursagen“ gibt, welche
sich an „Urorte“ knüpfen, indem die Ureinwohner eines
solchen Gebietes sich für das Stammvolk erklären, von
welchem alle übrigen Stämme abgezweigt wären. Alle diese
Ursagen (vgl. u. a. Tacitus, Germania, cap. XXXIV)
Nebeneiszeiten ein; fällt der Beginn eines Sonnenjahres aber
in die Tierkreiszeichen des Krebses, des Löwen oder der Jungfran,
so tritt eine der Hauptweltbrandzeiten ein. Die Geologie kennt
und unterscheidet daher gar wohl Haupt und Nebeneiszeiten. Fällt
der Beginn des Sonnenjaähres — was hier so nebenbei bemerkt sein
mag — in das Zeichen der Jungfran, so tritt eine solche Periode ein,
in welcher ein neuer Sonnengott geboren wird, eine Epoche der
unbefleckten Empfängnis“ — eines Sonnengottes „der mit
Fener tauft“ — und das ist der esoterische Ursprung des Dogmas
von der „unbefleckten Empfängnis“, sowie aller Parällmythen der
selben. Beginnt das Sonnenjahr im Zeichen der Fische, so kommt
Einer, der mit Wasser tauft“ Im Erdemahr spiegeln sich
diese esoterischen Ereignifsfe in den beiden Johannen, den Cäufer
Baptist) 23. Juni, „der mit Wasser tauft“ und den Evangelisten,
27. Dezember, „der mit Feuer tauft“ (Apokalypse).
3
Urrasse und Mischrassen.
sind an und für sich richtig, denn sie beziehen sich auf Ge—
rettete aus der großen Flutzeit, welche sich für die allein
Uberlebenden halten mußten, ähnlich wie in der biblischen
Sage von Noa berichtet wird. Derartiger „Urvölker“ und
Urorte“ der Arier gibt es aber viele innerhalb der Grenzen
der zur Eiszeit eisfrei gebliebenen Hone Europas, sowie an
den Rändern derselben, und sind über ganz Europa zwischen
den 60. und 42. Breitegraden verstreut aufzufinden.
Bis zu diesem Seitpunkte bildeten die Arier noch eine
einheitliche unvermischte Urrasse, welche eine einheitliche
Sprache redete, die wohl, durch die lange Absonderung der
einzelnen Stämme, in Mundarten und Dialekte gespalten
—A
Wege nach dem eisfrei werdenden Europa. So drangen
die Finnen nördlich in Skandinavien ein, und begegneten dort
den nordwärts ziehenden Ariern, sich mit diesen vermischend.
Die turanische Rasse (Mongolen) flutete, schon teilweise mit
Ariern durchsetzt, über den Ural im breiten Wanderstrome
nach Europa, sich ebenfalls mit den uransässigen Ariern ver⸗
mengend, und durch diese Vermischung auf Grundlage der
arischen Urrasse die Misch⸗ und Nebenrassen der Slaven in
deren verschiedenen Cypen bildend. Nicht minder überfluteten,
von Südost und Süden über die Balkanländer, Italien und
Spanien hereinbrechend, die silurischen und bascisch⸗semiti⸗
schen Mischrassen Asiens und Vordafrikas Europa und die
arische Urrasse, woraus die Kreuzungsrassen der Gaelen,
Uelten und Keltogallen hervorgingen, wie schon oben gesagt
wurde. Durch diesen Vildungsprozeß der neuen Rassen auf
Grundlage der Urrasse, mußte nalurgemäß das Gebiet der
Urrasse auf europäischem Boden bedeulend verringert werden,
ja diese selbst verlor an Reinheit der Rasse ganz bedeutend, so
daß die uralte heilige „Rita“ nicht nur durch Gesetze vermehrt
wurde, welche Mischehen verpönten, sondern überdies auf
Grundlage der uralten Serualreligion sich eine eigene Sexual⸗
moral entwickelte, welche planmäßig rassenreine Edelgeschlech⸗
Germanische Völker als Kern der Arierrasse.
ter züchtete, aus welchen der Adel hervorging.“) Trotz diesen
Bemühungen war dem Schwinden der Rassenreinheit nicht
mehr Einhalt zu tun, und so mag es heute nur mehr
wenige Gegenden im weiten arischen Sprachgebiete Europas
zeben, in welchen noch geschlossene Gruppen rassenreiner
Arier zu finden sind, während der Großteil derselben —
wenngleich noch immer als zur arischen Urrasse zugehörig
— ihre Rassenreinheit eingebüßt hatte. Immerhin kann man
noch immer von der arischen Urrasse sprechen und die ger—
manischen Völker als deren Uern erkennen. Somit wäre die
Bezeichnung arische Rasse für alle germanischen und deutschen
Völker zutreffend, während aber nur von einem deutschen
Volke, einem englischen Volke, einem niederdeutschen Volke
u. f. w. gesproasen werden kann. Der Rassenbegriff, dehnt
sich aber quch auf die Ario-Inder, auf die arischen Berber—
stämme VRord-Afrikas, auf die „Guanchos“ Wantschen,
Wandaler) der kanarischen Inseln, auf die Andalusier (Wan⸗
dalen) Spaniens u. s. w. aus, wenngleich diese schon längst
ihre Sprache verloren haben, doch aber als Rasse noch nicht
untergegangen sind.
SMilt wäre das Gebiet, das jene eingangs erwähnten
Uarlen Germaniens des zweiten Jahrhunderts unserer Seit⸗
rechnung als von Germanen bewohnt angeben, in den
hauptzůgen richtig, wozu nur bemerkt werden muß, daß
die meisten der für keltisch oder sarmatisch gehaltenen Ge—
hiete noch immer als arisch⸗germanische anzusprechen sind,
da sie arisch benannt sind, arische Urbevölkerung nachweisen,
welch letztere erst in viel späͤterer Zeit der Verwelschung,
Slavisierung und Vomanisierung zum Opfer gefallen sind,
und trotz der Vermischung mit fremdrassigem Blute selbst
pe noch deutlich genug Spuren ihrer arischen Rasse be—
wahren.
)
83 ff.
G.C.B. Nr. 1, Seite 20; Vr. 2, Seite 45; Ur. 3, Seite 152 ff,
—J
Kassenwerhältnisse im zweiten Jahrhundert n. Chr. J
Die bisherigen Ausführungen lassen also erkennen, daß
die Bevölkerung Europas etwa zur Zeit des zweiten Jahr⸗
hunderts unserer Zeitrechnung auf arischer Grundlage be—
ruhte, daß die Gebiete des (heutigen) südlichen Skandinaviens,
Islands, Dänemarks, Deutschlands, Rußlands, Osterreichs,
ngarns, Schweiz und Nordofrankreichs mit Belgien und
holland rein arisch war, und nur an den Grenzgebieten
sich Spuren von Rassenmischung bemerkbar machten, daß
diese Rassenmischungen jedoch im Herzen Europas wie im
Nordwesten Deutschlands am wenigsten, fast gar nicht be—
merkbar sind, und daß sich auch große arische Inselgebiete
mitten in solchen Landfstrichen erhielten und fortpflanzten,
welche scheinbar für die arische Rasse vollkommen verloren
gegangen sind. Es ist also über das ganze weite Gebiet
sur eine Rasse — die arische Urrasse — ausgebreitet, welche
aber aus einzelnen Urgebieten erwuchs, deren jedes für sich,
sich als das Stammland des ganzen Volkes betrachtete. Aber
schon frühzeitig mußten diese einzelnen Stämme, infolge ihrer
Ausdehnung Fühlung mit den Nachbarstämmen und schließ⸗
lich mit der Gesamtheit gefunden haben, und trotz bewahrter
Einzelunabhängigkeit war doch eine einheitliche geistige Lei⸗
tung bemerkbar, welche sich in der „Rita“) äußerte, dem
großen Gesetze, das alle Stämme zu dem großen Arier⸗
polke vereinte.
Diese Rita macht sich in der, dem Ariertume zur Wesens⸗
notwendigkeit gewordenen Dreiteilung aller arischen Ein—
richtungen von der Religion bis zur Sprache, von der sozial⸗
politischen Einteilung bis zur Gliederung des Hauswesens
bemerkbar und beweist, daß dieselbe eine altererbte Insti—
tution ist, welche gewiß noch in voreiszeitliche Tage zurück—
reicht. Diese Dreiteilung, weiche auf der intuitiven Erkennt⸗
nis aller Naturvorgänge beruht und in der Beobachtung
des Naturlebens im Wandel vom KNeim zur Blüte und
e
G.C.B. Nr. 3: Die Rita der Ariogermanen.
—*8
3
Dreigliederung der Ario⸗Germanen.
von dieser bis zur Frucht mit dem eingeschlossenen
samen, der wieder zum Keime wird, sich begrün⸗
det, diese Dreiteilung kennzeichnet sich in allen Einrichtungen
des Ariertums in den drei Ordnungsstufen: . Entstehen,
2 Werden Wirken, Walten) und 3. Vergehen zu
seuem Entstehen, und ist, wie schon gesagt, durch jahr⸗
hunderttausendelange Ubung dem Ariertume in allen seinen
Zweigen zur Wesensnotwendigkeit geworden und auch noch
heute unbesiegbar sein eigen. Dementsprechend teilte sich auch
das Volk in die drei Slände: J. Nährstand, 2. Lehr—
stand und 3. Wehrstand.
Der „Nährstand“ war das Volk selbst in seiner
Gänze; jeder mußte dem Nährstande angehören, d. h. Bauer
—D— denn seßhaft
mußte jeder sein, um aus dem Boden seine Nahrung zu ge⸗
winnen Da Grund und Boden unveräußerlich und weder
perfönliches noch königliches Gut war, sondern nur von der
Sonne (Ar, Gott) zu Cehen genommen war, so war das
Gut Familieneigen und wurde vom Familienhaupt für die
Familie verwaltet. Alle Familienglieder waren Nutznießer
und daher auch Bebauer des Gutes, standen aber unter der
patriarchalen herrschaft des Familienhauptes, ohne dessen
Unechte zu sein.
Der Cehrstand“ war die geistige Blüte des Volkes.
Zu demfselben zählten die Armanen oder Semanen, nämlich
die Priesterschaft, welche Cehrer, Richter und Gelehrte in
einer Person waren, und zu welchen alle Fürsten und Könige
zählten, ohne darum aber aufzuhören, dem Nährstande als
solchen anzugehören.
Dem „Wehrstande“ gehörten alle jene an, welche die
Uberzahl bildeten, so daß sie der Boden des Familiengutes
oder die Alemende des Bolkes nicht mehr zu ernähren ver⸗
mochte.“) Sie scharten sich um einen zum „Herzoge“ ge—
) Ein interessantes Beispiel solcher Kolonisation bildet die Ein⸗
wanderung der Boser in das heutige Bohmen, das nach ihnen genannte
2
Nährstand, Lehrstand, Wehrstand.
wählten Führer (aus dem Lehrstande) und zogen auf
CLanderwerb aus, um eine Kolonie zu gründen, welche
Volksschar schon vollkommen ritagemäß geordnet den fer⸗
tigen Staat in sich barg, der sofort nach der Landnahme in
raft trat. Darin lag eben die von allen histo—
rikern aller Seiten und aller Völker einstim—
mig anerkannte und gerühmte staatenbil—
dende und staatenerhaltende Kraft der
Arier.**)
Das war die ursprüngliche Ausgestaltung der drei
Stände: Der „Nährstand“ war die Grundlage aller; der
„Lehrstand“ war noch durch persönliche Eigenschaften er⸗
werbbar, er war noch nicht erblich, noch nicht zum Adel ge⸗
worden; der „Wehrstand“ war noch nicht zum Militarismus
erstarrt, ja hatte mit dem heerwesen als solchem nur losen
Bojohemum, im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (Ju—
stinus XXIV cap. 4 und Livius V cap. 34 sequ.). In „Gaͤllia
Leltica“ herrschte König Ambigatus, unter dessen Herrschaft die Be—
pölkerung derart überhand genommen hatte, daß Hungersnot drohte.
Die Überzähligen zogen daher in zwei Volkshaufen geteilt unter der
führung zweier Neffen des Königs, namens Bellovesus und Singo—
besus aus, um Land für sich zu erwerben, d. h. Kolonien zu gründen.
Nach dem geworfenen Los folgte —— dem Zuge der Vöogel,
äberstieg die Penninischen Alpen und siedelte sich in Etrurien und
Umbrien an. Sigovesus dem die Stimme der Götter befahl, dem Zuge
der Wolken zu folgen, kam in die Gebirge des heutigen Böhmens,
wo er für sein Volf die Landnahme vollzog. Die Bojer waren Arier,
allerdings nicht mehr rassenrein, aber noch lange keine Kelten, wie ihr
arischer (deutscher) Volksname und ihre Personennamen besagen. Aus
Bojohemum verpflanzten sie dann Zweigkolonien, wie sich später zeigen
wird, nach Bayern, Rhätien, Osterreich, Ungarn usw. Ver „heiüge
Frühling“ (ver sacrum) der Römer ist — eine urarische Einrichtung
- als der Auszug“ (sècession) eines „Ist-foonen“⸗Heeres zur Ver—
gleichung heranzuziehen. Siehe darüber weiter unten.
**) G.L.⸗B. Nr. 2, Seite 2ff: Ing⸗fo⸗onen, Armanen und Ist⸗
foronen. G.C.B. Nr. 3, Seite 148 ff: Landnahme unter Odoaker
und Theodorich.
Ingävonen, Hermionen, Istävonen.
Zusammenhang, sondern begriff mehr die Kolonien in sich,
welche, solange im Markland, nämlich dem Grenzland,
noch Raum war, im „Markwald“ angesiedelt wurden, um
dori das zu bilden, was später als Markgrafschaften be⸗
kannt wurde, um eben die „Mark“ zu schirmen. Inter⸗
essante Beispiele werden dies belegen. Das eigentliche Heer,
den Heerbann“ bildete das Vost selbst, da ja jeder Freie
waffenfähig und waffenpflichtig war. Erst die fünfhundert⸗
jahrigen Vömerkriege ließen fiehende Heere entstehen, wie
z. Bjenes Marbots, Vannius u. a., wodurch sie der Wehr⸗
stand statt zur Kolonisationsarbeit zum Kriegshandwerk als
einem Erwerbszweige für die UÜbergeborenen ausgestaltete
und so zur Entsiehungsursache des „Candsknechtswesens“ wie
des schweizerischen „Reislaufens“ wurde, das bis zum
Schluffe des achtzehnien Jahrhunderts in UÜbung blieb.
Und merkwürdig! Diese drei Stände, nämlich „Nähr—
tand, „Cehrstand⸗ und „Wehrstand“, finden sich in den Be—
richten des Tacitus (Germ. cap. 2) und bei anderen römi—
schen und griechischen Autoren wieder unter der Bezeichnung
Ingãvonen“, „Hermionen“ und „Istävonen“, und damit
ind wir bei den germanischen Stämme- und Völkernamen
angelangt. Freilich sagt Tacitus, es wären „Stämme“ (und
nicht Stände“), auch wußte er nicht, was diese Namen be⸗
deuten, schrieb sie auch unrichtig nieder, wie eben sein, an
germanische Caute ungewohntes Ohr ihm die Worte hören
sieß. Derlei Unrichtigkeiten finden sich noch auffallender bei
anderen, namentlich bei Julius Cäsar. Die römischen und
zriechischen Autoren waren eben keine Philologen in unserem
Sinne, se gaben sich nicht die Muͤhe, die germanische
deutsche) Sprache zu lernen, ja, sie haben uns nicht einmal
den Versuch zu einem germanischen Wörterbuche hinter⸗
laffen, trohdem ihnen lexikographisches Arbeiten gar wohl
bekannt waͤr. Es ist darum ein wohlberechtigtes
Beginnen, die Namen, die sie uns hinterlassen
haben, zu berichtigen, denn nur der Deutsche
Ing⸗efo⸗onen, Armanen (Semanen), Ist-fo⸗onen.
allein kann in dieser seiner ureigensten Sache
Kichter sein.
Ohne mich erst auf linguistische Weitschweifigkeiten ein⸗
zulassen, sei bemerkt, daß jene drei, fälschlich als Stammes⸗
namen bezeichneten Staͤndes namen richtig geschrieben
lauten: „Ing-fo⸗onen“, „Armanen“*) (Ir- oder auch her⸗
manen) und „Ist-fo⸗onen“. Jeder dieser drei Namen hat
nach den oben erwähnten „Drei⸗Teilungs-Regeln“ auch drei
Bedeutungen, wovon aber für vorliegende Zwecke, der Rei—
henfolge entsprechend, für die „Ing-fo-⸗onen“ die erste Wort⸗
ordnungsstufe, für die „Ar⸗manen“ die zweite und für die
„Ist⸗fo⸗onen“ die dritte Geltung hat. Der Name „Ingefo—
onen“ besagt nach der ersten oder „Entstehungsstufe“: „Die
aus dem Ahnenursprung —
Fortzeuger und Erhalter.“ Der Name „Ar⸗manen“
besagt nach der zweiten oder „Werdestufe“: „Die Sonnen—
oder Rechtsmänner.“ Der Name „Ist⸗fo⸗onen“ be—
zeichnet nach der dritten, der „Vergehungsstufe zu neuem
Entstehen: „Die ins Dunkel Gehenden durch An—
derung des Schicksals.“9
Das entspricht vollkommen den für „Nährstand“, „Cehr⸗
stand/ und „Wehrstand“ erkannten Merkmalen. Aber weiter!
Der Raum, der für die „Ing⸗-fo-⸗onen“ (Ingväonen) auf den
blarten des Germaniens im zweiten Jahrhundert unserer
Zeitrechnuns — ohne bestimmte Begrenzung — angegeben
wird, entspricht bezeichnenderweise einem Gebiete, das in
den ältesten frühmittelalterlichen Urkunden***) als „Terra
antiquorum Saxonum“ bezeichnet wird, welches Gebiet in
diesen Urkunden zwar sehr klein erscheint, da es in den karo⸗
lingischen Sachsenkriegen, sowie durch die Gründung des
*) Auch „Semanen“, irrig: Semnones, nämlich: Sonnenmänner
Armanen. Siehe auch G. X. B. Ar. I, Seite 31.
*) G.⸗C.-B. Ur. 1, Seite 31ff. Nr. 2, Seite 4-9.
Wilhelm Freiherr von Hodenberg: „Hoyersches Urkundenbuch“,
achte Abteilung.
15
Terra antiquorum Saxonum. Urgebiete.
Bremer Bistums und durch anderweitige Verluste bedeutend
eingeengt wurde, vordem aber eine sehr große Ausdehnung
hane, welche ungefähr die britischen Inseln, Holland, Dãne⸗
mark, das südliche Skandinavien, sowie die norddeutschen
Ostseegebiete etwa bis zur Odermündung mit dem entspre⸗
chenden Hinterland umfaßte. Der weitere wichtige Umstand,
daß gerade in jenem Gebiete, das als „Terra antiquorum
„Saxonum?“ gekennzeichnet ist, das „Alt-⸗Sächsisch“ gesprochen
wird, eine Mundart, welche dem „Alt⸗Arischen“ am nächsten
unter allen germanischen Sprachen steht, sowie noch andere
Merkmale lafsen gerade in diesem Gebiete eines der wichtigsten
„Urgebiete der arischen Rasse und der germanischen Völker“,
damit auch des deutschen Volkes erkennen.
Es wurde schon erwähnt, daß nach den furchtbaren
Flutkatastrophen der schwindenden Eiszeit, welche ganze
Hölker vernichtet und weite Länder entvölkert haben mochte,
die solcher Flutnot Entgangenen an geeigneten Punkten Neu⸗
ansiedelungen begründet hatten, und da sie von anderen
Gruppen solcher Geretteten der großen Entfernungen wegen
keine Uenntnis haben konnten, sich für die Einzigen der
Uberlebenden und damit auch für die Stammväter des neu
erblühenden Gesamtvolkes gehalten haben mußten. Solcher
Gruppen Uberlebender der Flutkatastrophen Eintflut) hat
es auf dem Boden von Mittel-Europa mehrere gegeben und
können wir selbe aus den „Urgebieten“ und den „Urorten“
noch heute mit ziemlicher Sicherheit bestimmen und diese als
die Entstehungsstätten der germanischen Stämme aus arischen
Urgruppen erklären.
So entstanden in erster Linie die Sach sen, die Cherus—
ker, die Azalen, die Gothen (Jüten) und andere Völker⸗
gruppen bis weit im Osten, wie die Thraker oder Da⸗
ier, die Hungaren u. a. Alle aber waren reine Arier,
sprachen dieselbe Sprache — wenn auch durch lange Iso—
lierung in verschiedenen Mundarten — und waren, dessen
sich selber unbewußt, durch die gerettete Rita im geistigen
6
Urorte. Ist⸗-fo⸗onen⸗Nolonien. Markgrafschaften.
2
Gemeinverbande mit allen übrigen Stämmen
zeblieben. Neben diesen größeren Urgebieten waren
aber auch noch kleinere Urorte zu verzeichnen, welche
entweder auf gleiche Art wie die Urgebiete entstanden oder
aber aus Haupthalgadomen, nämlich Stätten, welche gleich⸗
zeitig der Gottesverehrung, dem Unterrichte wie der Rechts⸗
pflege geweiht waren, hervorgegangen sind. Solche Urorte
waren Usln, Wien, Trier, Paris, Uri und noch
manche andere.
Jedes solcher Urgebiete wie jeder solcher Urorte war —
der urarischen Rita gemäß — in der Dreiheit gegliedert. Die
Ingefo⸗onen waren die Grundlage als die Stammfamilien,
die Armanen waren die CLehrer, Priester, Richter (Skalden,
Barden) und die Ist-fo⸗onen waren jene, die über die Zahil
geboren wurden und auswandern mußten, um eine Kolonie
zu gründen, in welcher sie selber wieder zu Ing⸗fo-onen
wurden. Diese Kolonien liefen nach Maßgabe des freien
Candes anfänglich strahlenartig vom Urorte aus, diesen ring⸗
förmig umgebend, auch sandten sie später selber wieder Kolo—
nien aus, und fortzeugend so weiter, bis die letzten Rolonien⸗
bolonnen mit den Kolonienausstrahlungen eines anderen Ur—
gebietes zusammenstießen, wodurch naturgemäß Reibungen
entstanden, welche Mark⸗ oder Grenzsicherungen bedingten
und damit die Ursache zur Errichtung von Grenzwehren —
der Markgrafschaften — wurden.
Diese naturgemäße Entwicklung und ritamäßige Glie—
derung läßt sich in allen Urgebieten nachweisen durch die
Namen der sogenannten „Stämme“ des „Volkes“, welche
aber keinen anderen Wert haben, als heute allenfalls die
Ortenamen in einem Lande, denn alle waren trotz der Stam⸗
mes⸗ und Volkssondernamen doch nur ein Volk, eine Raffe,
nämlich Arier.
Bevor jedoch die Namensdeute der verschiedenen Namen
der einzelnen germanischen Völkernamen geboten wird, sei
vorerst die Deutung der Gesamtnamen, als „Arier“ Ger—
17
Arier. Germanen. Teutonen. Deutsche. Sachsen.
manen“, „Deutsche“ erörtert. Der Name Arier — mehr
Kassen⸗ als Volksname — bildet sich aus „Ar“ — Sonne
als Gott (Urfyr); „ri“ — hervorkommen, zeugen, „er“ —
CLeute, also: Sonnengezeugte Leute“. Sie bezeichneten sich
damit als ein Urvolk, das von keinem anderen Volke ab⸗
stamme, sondern direki göttlichen Ursprunges sei. Der zweite
Name „Germanen“ — wie es schon Joannes Avpentinus
—R—
borwachsen“ ableitete, richtig erkannte — entspringt aus dem
alt-arischen Worte: „garma“, d. i. hervorwachsen (von:
„gar“— gar; „garm“ — Germ Hefe, von „hevan“,
davon heben); „garm⸗ an“ — „aus einer Ursache hervor⸗
wachsend zur neuen Ursache werden“, also: „Schicksal“,
Sanskrit: „Karma“) und sagt also: „Die aus eigenem
Schicksal hervorwachsenden Männer“ oder „Die Schicksal
schaffenden Männer“. Dieser erhabene Name zeigt noch tie⸗
feren Sinn, wenn man erwägt, daß das Schicksal, selbst über
den Göttern in der germanischen Mythologie waltet, und die
Erkenntnis des selbstgeschaffenen und selbstauszutragenden
Schicksals (ohne Zulassung einer sühnelosen Vergebung der
Sünden durch irgendwelchen göttlichen oder kirchlichen Gna—
denschatzl) die eihische Basis des Wuotanismus“) war. Der
dritte Rame „Deutsche“, abgeleitet von „Ceutonen“ (siehe
Seite 20), bezeichnet die von „Teut“ (Cuiskfo) Abstammenden,
eigentlich einfach, das „Volk“; „dit“, „diut“.
Das Gebiet der großen Völkerfamilie der „Sachsen“,
die „Terra antiquorum Saxonum“ gibt für diese natur—
gemäße Gliederung und Entwicklung ein lehrreiches Bei—
spiel. Sie besteht aus den vier großen Stämmen der „Sach—
sen“, der „Friesen“, der „Chauken“ und der „Angeln“.
) Siehe näheres darüber in meinen Schriften, G.eCLeB. Vr. 1:
„Das Geheimnis der Runen“, Vr. 2: „Die Armanenschaft der Ario⸗
zermanen“ und Vr. 3: „Die Rita der Ariogermanen“, Verlag Guido von
List⸗Gesellschaft in Wien, 1908.
88
Sachsen. Chauken. Friesen. Angeln.
—
Die bekannte Ableitung ihres Namens von „sahs“, näm⸗
lich „Messer“, „Schwertmesser“ ist unrichtig, denn sicher
wurde dem Waffennamen der Volksname zugrunde gelegt
und der Volksname selber aber von „saß“ — * itz abgeleitet,
was einfach die „Seßhaften“ bezeichnet, wie ja auch der
Name „Sassen“ — und zwar richtig — sehr oft unter den
—
namentlich im „Sachsenspiegel“, erscheint. Als die „Seß⸗
haften“ sind die Sachsen sicher die Urbevölkerung der „Terra
antiquorum Saxonum“, an welche sich dann die anderen
Sachfen⸗dweigniederlassungen angereiht hatten. Da sind
die „Chauken“ („‚cocca“ — Boot, aber auch Keuche,
Uüche, Höhle, Koje usw.), welche sich durch ihren Namen
einfach als Schiffer und Fischer, also als Gewerbetreibende
und nicht als Volk erklären; dann die „Friesen“ (Frisi
— „fri“ — Tod, Untergang; „si — Sonne), welche eben⸗
falls durch den Namen, als der im Westen — dem Sonnen⸗
untergang — wohnende Teil des Volkes erkennbar sind,
ohne sich als ein besonderes Volk zu geben. In einem an—
deren Verhältnisse stehen die „Ungeln“ oder „Angili“,
welche sich durch die Namensdeutung als „Hher⸗manen“ oder
„Armanen“ erweisen, nämlich: „an“ — Ahnen, „gi“ —
geben, Gabe, und „li“ Cicht, Gesetz, Recht; somit waren
sie es welche das von den Ahnen gegebene Ge—
setzwahrten, und pflegten. Es waren also in ihrem
Gebiete die Halgadome, die sie als Priester, Kichter und
Lehrer (Skalden, Barden) verwalteten; wohlgemerkt aber
als Stand und nicht als Stamm, was schon der Name „Ar—
manen“) bezeugt, welchem das, dem Stamme nötige Fort⸗
zeugen durch das Fehlen des Bezeichnungsbegriffes , for —
) Der „Armane“ wurde nicht als solcher geboren, sondern schwang
sich durch seine persönlichen Vorzüge erst zu einem solchen auf, welchẽe
Würde nicht erblich war. Erst in späterer Zeit ging der hohe Adel aus
dem Armanenstande hervor, es bildeten sich die „rassenreinen“ Edel⸗
geschlechter, in welchen das Armanentum erblich wurde.
19
„Ol“⸗Orte. Oldenswort. Oland.
zeugen, abgesprochen ist, das die beiden anderen Stände, die
Ingefo⸗onen und die Ist⸗fo⸗onen so charakteristisch auszeich⸗
set. Daß die „Angili“ wirklich die „Armanen“ der „arischen
Sassen“ waren, bezeugt noch der weitere — sich in analogen
Fällen, wie sich spaͤter zeigen wird, regelmäßig wieder—
holende — Umstand, daß im Angelngebiete sich zwei
Ol“-Orte“) finden, welche auf dort bestandene Haupthalga⸗
dome hinweisen, als Sitze der Armanen, als Tempelstätten,
Gerichtshöfe und Schulen.*) Es sind dies die noch heute
blühende Stadt „Oldenswort“ und die Insel „Oland“.
„Ol“, „Ul“ bedeutet „Geist“; daher Schule (Sa⸗Ule) und
darum ist die Eule (Ule) das Sinnbild der Gelehrsamkeit,
wie der Olbaum (Ol — Geist, tre — zeugen; oltre — Ol⸗
baum) das gleiche Symbol ist, begründet auf dem Doppel⸗
sinn des Wortes, weshalb eben Eule und Olbaum als Hiero⸗
glyphen (z. B. in der Heraldik) den Geist, das Wissen be—
eichnen. „Oldenswort“, richtig „Olensuort“, besagt „Gei⸗
stes⸗ oder Wissensort“; „Oland“, richtig „Ol-Cand“ ist das
„CLand des Geistes oder Wissens“. Das sind archäologische
Erinnerungen an früheste Zeiten. Die Anwohner rund um
die Halgadome nahmen endlich den, den Armanen zukom⸗
menden Namen „Angili“ für sich in Anspruch, der auf die—
sem Wege endlich zum Volksnamen wurde, was sich sehr oft
Diedeholte, wie es spätere Beispiele noch wiederholt zeigen
werden.
haben sich nun die „Sachsen“ als „arische Sassen“
mit ihren „Armanen“ in den vermeintlichen vier Völkern
Sachsen, Chauken, Friesen und Angeln) erwiesen, so finden
ich in den anderen, mit ihnen in Verbindung stehenden Völ—
kern und Stämmen, die von ihnen abgezweigten Ist-fo⸗onen⸗
Siedelungen, von welchen es nicht leicht ist, sie sirenge nach
den Altersgraden zu sichten, sowie deren engere Verwandt—
*) Schule ⸗ Sule ⸗ sa⸗ule; „sa“ „ Geist, Wissen;
el p 5 S „sa“ zeugen; „ul“ * Geist ss
*) G.CK. B. VUr. 2, Seite 25—- 26.
0
Uimbern. Teutonen. Pharodini. Suardones.
schaftsgrade untereinander nachzuweisen, was überhaupt
auch nebensächlich ist. Swei Vamen solcher Ing-fo—
onen⸗Stämme, welche mit den Sachsen räumlich und zeitlich
in Verbindung standen, um später als selbständige Völker
zu gelten, sind die von ihnen sich abgezweigten „Kimbern“
und „Teutonen“, welche schon in den Namen als aus
Ist-foonen hervorgegangenen Ing⸗fo⸗onen erkennbar sind.
„Uimbern“ entstand aus „kim⸗ — Keim, und „bern“
barun) ⸗ tragen, und bezeichnet sie als „Ueimträger“, also
als die Pflanzer eines neuen Volkes. „Teutonen“ bildeie sich
aus „ti“, „ut“ und „onen“, was sich zweifach deuten läßt,
je nachdem man ti⸗ut getrennt oder als tiut vereint anneh⸗
men will; — „ti“ S zeugen, „ut“ — Geist, Witz, Verstand,
- also der zeugende Geist der Ahnen, der in ihnen fort
lebt; — „tiut“ (Tiu, Tio, Theo, Deo, Deus, Zio, Zeus
u. s. w.) ist der zeugende Gott, und da — nach Tacitus
der Stammvater aller Germanen „Cuisko“ (richtig wohl:
Tiuskfo)) genannt wurde, so dürften sich die Teutonen wohl
nach diesem genannt haben, in welchem Falle sie Ciuskfonen
zu schreiben wären, was — nebenbei bemerkt — auch der
Urform des neuhochdeutschen Namens der Deutschen ent—
sprechen würde.
Beachtenswert ist ferner, daß die Uimbern und Teutonen
nordwärts des Sachsengebietes schon auf der dänischen Halb⸗
insel, sich seßhaft gemacht hatten, und dort die, Teutonen“
wohl eine Art Warkgrafschaft gebildet haben mochten, wie
solche an den Sachsengrenzen mehrfach —- durch die Namen
nachweisbar sind. Da finden sich gleich an den KRüsten
Holsteins und Mecklenburgs) der Meeresbuchten von Lübeck
und Kiel die „Pharodini⸗ und die „Suardones“;
erstere waren Ackersleute, welche mit Feuer Mhar) die
Strandwälder rodeten (rodini), letztere die Schwerlmannen⸗
also die Strandwache, welche das Cand vor den Wickinger⸗
) G.L.⸗B. Nr. s3, Seite 14.
23
Brokterer. Tubanten. Leuchsi. Senucci. Duiven u. s. w.
— —
einfällen zu schützen hatten. Daß ihre Burganlage gewiß mit
kluger Benützung des Terrains gewählt war, bezeugt, daß
sie auf jener Landzunge angegeben wird, welche die Kieler⸗
bucht von der Lübeckerbucht scheidet, und sie somit die zwei
großen Meerbuchten sozusagen mit einem Blick zu übersehen
bermochten. Andere ehemalige Ist-fo⸗onen⸗Siedelungen,
welche schon längst in vorhistorischer Seit zu Ing-fo-onen
geworden waren, sind die folgenden, welche hier ohne be—
immte Reihenfolge angeführt werden sollen, da sie — wenn
auch besonders genannt — so doch schon in frühhistorischer
Zeit mit dem Gesamtvolke verschmolzen waren, trotz schein⸗
bar bewahrter Einzelselbständigkeit. Da sind die „Brok—⸗
lerer“ oder „Bruͤkteri“, die Bewohner der erhöhten
Bruchufer an den Sümpfen und Wasserläufen der Haide
pon „boruk“ — erhöhte Bruchufer), in der Gegend der
sachmaligen Grafschaft Brockhausen. Ferner erscheinen
Stämmenamen, welche an örtliche Eigentuͤmlichkeiten mah—
nen und mit den dort Wohnenden kaum besondere Beziehun⸗
gen — in völker- oder stammesgeschichtlicher Bedeutung —
achweisen; wie z. B. die „Cubanten“, (CTauchenten), die
„Ceuchsi“ (Cachse), die Senucci“ Snöcke — Hechte,
iebst dem noch heuie bestehenden „Hechteln“ bei Wast—
richt), die „Du iven“ (Cauben), die „Glinter“ Weihe),
die „Genter“ (Gans, heute noch „Gent“), die „Schwal⸗
men“ Echwalben), die „Cwenthe“ (Tauben) und die
Tubbergen“ GBergtauben). Diese — und viele ähnliche
Namen — bezeichnen nur das besonders auffallende Vor—
kommen besonderer Tiergattungen an bestimmten Ortlich⸗
keiten, welche davon den Namen erhielten, der sich dann auf
die dortigen Ansässigen übertrug, ohne diese dadurch als
besonderen Stamm oder gar als ein besonderes Volk kenn⸗
zeichnen zu wollen. In den Siegesbulletins Julius Cäsars
erscheinen diese Namen — und wir werden deren noch mehr
finden — freilich immer als „Völker“, die er besiegte; eine
Siegesberichterstatterkunst, die auch noch späteren Feldherren
22
Gugerni. Usipeten. Menapii. Bataver. Tungri u. s. w.
sehr geläufig war, die aber nur für seine Zeitgenossen Be—
rechtigung hatte, aber heute endlich einmal richtig gestellt
zu werden verdient. Es kommen aber noch andere Namen
vor, wie z. B. die „Gugerni“, von „gug“, cok, coca —
höhle, Schutz, Zuflucht und „gern“ — begehren, wünschen;
die „Gugerni“ waren also Flüchtlinge, welche Schutz suchten
und dort fanden. Ebenso die „Usipeten“, welche von den
Gütern ihrer Sippe vertrieben, und dort ebenfalls Schutz
gefunden hatten, denn: „us“ — aus, „sip“ Sippe, „ede“
— Güter. Die „Menapii“ („mena — Männer, „apur“
— wiederkehren) werden als wiederkehrende oder wieder—
gekehrte Männer durch ihre Namen gekennzeichnet und es
ist daher schwer zu entscheiden, ob sie als Seefahrer, Handels⸗
leute oder dergleichen zu betrachten sind, welche regelmäßig
nach längerer Abwesenheit wieder heimkehrten, oder ob in
ihnen die Reste eines mißglückten Ist-foconen⸗Duges zu er—
kennen wären, die wieder heimgefunden haben und sich nun
im Rheindelta niedergelassen hatten. Eben dort hausten auch
die „Bataver“ oder „Batavier“ („bat“ — Wasser,
Sumpf, Bad; „avi“ — Auen und „er“ — Ceute), welche ihr
Name einfach als Bewohner der Küstensümpfe bezeichnet. Die
„Tungri“ oder „Congern“ hatten ihren Namen von den
in die Erde gegrabenen Gruben, welche mit Erde oder Dung
gedeckt wurden — von althochdeutsch „tunga/ — um als
Winterwohnung, Versteck oder Getreidespeicher zu dienen.
Die „Tenchterer“, „Tengteri“, „Canchares“, aber
richtiger geschrieben „STengetereiers“ („tengete“ — tüch-
tige; „reiers“ — Reiter) sind eben Reiter — „Kitter“, der
blriegsadel — aber noch lange kein Volk. Es waren Mar—
komanen, auf welche wir spaͤter zurückkommen werden, und
als solche eben Sachsen. Die „Condrusi“ („cond“, gund
* bergen; „rusi“ Schilf, Rohr; in der Gegend des heu—
tigen „Londroz?) erweifen sich als im Schilfrohr einer
Flußniederung wohnende Ceute, vermutlich Schiffer oder
Fischer. Die — von Julius Cäsar ebenfalls als „Volk“
28
Aduatucer. Ampsivarii. Fosi. Hannover. Angili.
bezeichneten — „Aduatucer“, welche von Ptolemãäus rich⸗
tiger „Aduakote“ geschrieben wurden, entpuppen sich als
„Gutswächter“, denn: „ad“, ed — Gut, und „uak⸗er“ —
Wach⸗Ceute, Wächter. Nach Julius Cäsar waren sie der
Troß der Kimbern und Teutonen, welche nach deren Nieder⸗
lage sich dort angesiedelt haben sollen, wo er sie als „Volk“
gelroffen und besiegte. Sie waren eben Dienstmannen der
Sachsen und als solche deren Grenzwächter — im Sinne der
späteren Marken — geworden; eine Art Grenzmiliz, wie
ben im Vorden die „Suardones“ und die „Teutonen“ es
waren. Außer diesen Namen kommen noch s olche vor, welche
auf ganz bestimmte Lebensberufe hinweisen, also wieder nicht
als Volfks“⸗ oder „Stammesnamen“ gelten können, als: Die
„Ampsivarii“ (richtig: Ampsifari; von „ampsi“ —
Ems, (at.: amasus); fari — 38 Schiffer), die Schiffer—
zunft auf der Ems, und die „Fossi die Macher. Diese
Fofi waren flavische oder wendische Arbeitergruppen, Kessel⸗
schmiede und dergleichen (ähnlich den heutigen Pfamenflickern
iid wandernden Mausefallenhändlern, vergl. weiter unten),
welche außerhalb der Ansiedelungen in abgelegenen Orten
zeduldet wurden und dort fliegende Cager bildeten. Sie sind
der Ursprung des „Völkleins von der Haide“, das außerhalb
des Gefetzes und Rechtes stand, aber seiner — relativen —
Nützlichkesit wegen an den Gebietsgrenzen geduldet wurde,
ahnlich wie die Zigeuner von heute. Speziell in der Ent⸗
wicklung der Stadt „Hannover“ (hoen⸗vver — am hohen
Ufer) spielten die „Arbeitervölker/ im 12. Jahrhundert eine
besondere Rolle. Dies nur nebenbei. Es bleibt nun nur
noch übrig, der sächsischen Armanen und deren Nieder—
lassungen, beziehungsweise Halgadomen Erwähnung zu tun.
ODben, wurde schon der „An gili“ gedacht und dabei er—
wähnt, daß jeder Armanenbezirk einen oder mehrere „Ol⸗
Orie“ besaß, was sich nun sofort bestätigen wird. Auch diese
Armanenbezirke haben keinen Anspruch, als Stämme oder
Völker zu gelten, sie waren eben lediglich Anstalten für Lul⸗
2eä
Sigulonen. Sabalingi. Angrivarii. Dulgibini. Sigamben.
—
tus, Unterricht und Recht, kurz „Waltungsstätten“, und gin—
gen erst — als sie in christlicher Zeit ihre Bedeutung verloren
hatten — unter der übrigen Bevölkerung auf, welche sich ihres
Namens bediente, in der Annahme, daß dieser ihr Stamm⸗
name sei.
Vom Nordwesten beginnend, finden wir die „Sigu—
lonen“ („Sig — Sonne; „ul“ — Geist; „onen“ — Ahnen,
auch Männer; daher: „Sonnengeist der Ahnen“ oder „Son⸗
nengeistmänner“, was sich mit dem Namen „Armanen“ deckt)
mit dem Halgadom zu „Ulsby“ („ul“ — Geist, „bi“, „birg“
— bergen; das „geborgene Wissen“). Die „Sabalingi“
(„sa“ — Sonne; „balin“ bellin] — richten, Gericht; „gi“
— geben; Geber des Sonnen Rechtes, Richter), ihr Halga⸗
dom war zu „Oldesloe“ — Geistes⸗)Wissenswort oder
auch „altes Recht“, nämlich Sachsenrecht. Die „Angri—
parii“, richtig Angerefari“ („an“ — am, bei; „gerefa“
— Richter; „ri“ — Rita; also „Bei den Richtern der Rita“,
d. i. nach „arischem oder Sachsenrecht“), ihr Halgadom lag
in „Oelde“ („ol“ — Geist, Wissen; „ede“ — Gut, Hort
— Geistes⸗ oder Wissenshort). Die „Dulgubini“ oder
„Dulgibini“ („d' die; „ul“ — Geist, Wissen; „gibini“
— gebenden), ihr Halgadom war: „Obisfelde“ („öb“, ub
— Auff, Eule Uhu] — Geist, die Weisen; also das Feld
der Weisen, eine Parallele zum „Idisenfeld“ der Edda.
Auch die „SSigambrier“ oder „Sigamben“ waren an—
fänglich kein Volk, sondern nur eine Armanenstätte, von
welcher — wie überall — der Name auf die in ihrem Ge—
biete sich Ansiedelnden übertragen wurde. Der Vame spricht
dies deutlich genug aus: „fi“ — Sonne; „gamben —
Männer; genau dasselbe wie „Armanen“. Der „Ol-⸗Ort“
ihres Gebietes war das heutige „Ol pe“ im preußischen Re—
gierungsbezirk Arnsberg, deffen Name übrigens gleichfalls
an einen Halgadom erinmnert.
Mit der nun gegebenen Aufstellung ist das große Ur⸗
zebiet des Sachsenvolkes — in den Hauptnamensformeen —
28
Belgiae — Belgen.
dargestellt, obwohl noch eine große Zahl von Orte⸗ und
Flurnamen zu erwähnen und zu deulen wäre, welche alle
hier aufzuführen die vorliegende Studie zu sehr überlasten
würde, ohne dieselbe dadurch beweiskräftiger zu gestalten, da
le aderen Vamen in ganz demselben Sinne sprechen wie
die angeführten und aufgelösten.
dae Ergebnis der Namensdeutung der verschiedenen Be⸗
irke im großen Sachsengebiete — das sich bei allen anderen
Slammgebieten in seiner Gänze wiederholen und bestätigen
wird — zeigt, daß von einem Zentralgebiete aus sich die
Ist⸗fo⸗onen⸗Ströme strahlenförmig über das nächstgelegene
end verbreitelen, wo Zweigniederlassungen entstanden, welche
ihrerseits wieder Ableger buͤdeten, während auch die Stamm⸗
siedelung immer wieder Ist⸗fo⸗ onen⸗Zdüge nachsandte, bis
diese Zůge endlich mit Siedelungen anderer Stämme zusam⸗
menstießen, wodurch erst Grenzen entstanden, welche schließlich
zurch Markgrafschaften gesichert werden mußten. Immer
ber wuchs die Zahl der Ist-fo⸗onen, welche endlich allen
perfügbaren Raum des Landes erfüllten und da sie im
bampfe um das Dasein den Boden erträgnisreicher und
dadurch befähigter machten, eine größere Menschenmenge zu
ernähren, zu Ing-fo⸗onen wurden. Sie alle aber waren —
trotz der verschiedenen Namen — ein Stamm, ein Volk, eine
RKasse. Als aber für die Ist-fo-onen kein Raum mehr inner⸗
halb der Grenzen des Landes war, als die Abenteurerlust
hurch die vielen Uriege usw. erwachte, da bildete sich das
RKeislaufen“ immer mehr aus und eine neue Form der Ist⸗
fo⸗onen⸗Züge entstand, welche das Uriegshandwerk als sol⸗
hes und damit den „Uriegsadel“ zeitigte. Speziell die Sachsen
zeichneten sich hierin ganz besonders aus in ihrer Waffen-
zemeinschaft mit den Sueben oder Schwaben, auf welche bei
den Markomanen und Quaden noch im befonderen zurück⸗
gegriffen werden wird.
Ein weileres großes „Argebiet“ ist das der „Belgen“
oder „Belgiae“, welche — wie die Sachsen — ursprünglich
26
Belgiae. Morini. Caletes. Atrebates. Turnacum.
rassenreine Arier waren, aber während die Sachsen ihre
Rassenreinheit in ihrem Urgebiet wahren konnten, waren die
Belgen der keltischen und gallokeltischen Uberflutung, nament—
lich unter römischer Herrschaft, preisgegeben und der Ver—
wälschung auf arischer Grundlage ausgesetzt. Ihre Namen
sind aber durchweg rein arisch, so daß sie noch in den ersten
Jahrhunderten des Mittelalters als in der Hauptsache arisch
betrachtet werden können, und auch die Annahme des fran—⸗
zösischen Idioms ist noch nicht völlig vollzogene Catsache, da
ihre alte Sprache — das „Vlämische“, das dem „Alt⸗Säch—⸗
sisch“ sehr nahe steht — als Volkssprache noch keineswegs
erloschen ist. Da die Entwicklung der „Belgen“ in ganz der
zleichen Weise sich vollzog wie jene der Sachsen, nämlich durch
„Ist⸗fo⸗onen⸗Züge“, welche zu „Ing⸗fo⸗onen“ wurden, später
auch Markgrafschaften entstanden und auch sie ihre „Ar—
nanengebiete“ mit den charakteristischen „Ol-⸗Orten“ aus—⸗
weisen, so bedarf es hier nur mehr der Aufzählung und Kenn⸗
zeichnung der Gebietsnamen der Belgen unter Hinweis auf
das bei Erörterung der Sachsennamen Gesagte, um über die—
selben sofort im klaren zu sein.
Der Name „Belgide“, von „bel“ — Sonne; „gi“ —
zeboren, gegeben; „ae“ — Ceute, Männer, besagt, daß sie
„Sonnenkinder“ wären, dasselbe wie es der Namensbegriff
Arier“ ausspricht und bezeichnet somit die Belgen als ein
Urvolk. Die aus ihren Ist-fo⸗onen⸗Siedelungen entstandenen
Bezirke erscheinen unter folgenden Namen: „Morini“, als
die in den Mooren oder Sümpfen Wohnenden, also die
„Moormänner“ (Corfgräber); „Caletes“ (cal“ — Wasser;
„edes“ — Güter), die Begüterten am Meeresufer, in der
Hegend des heutigen „Calais“; „Atrebates“ („a“ — an,
bei; „tre“ — drehenden, durch Ebbe und Flut veränder—
liichenden; „bates/ — Sümpfen, Sumpfseen), die an den
veränderlichen Sumpfseen Wohnenden, in der Gegend der
alten Städte „Turnacum“ (drehendes, veränderliches Was—
ser und „Caruenne“ (dasselbe; veränderliche Sümpfe,
27
Nervii. Grudii. Remi. Viromandui. Saolare u. s. w.
—
Fennen); „Ner vii“ („ner“ VNehrung, hinter den Dünen,
Lagunen; „vii, virer“ — lebende Leute), die in der Nehrung
Wohnenden; ferners die „Grudii“ oder „Cor dier“, auch
„Cordrici“ („cor“ — eingeschlossen, Hirten, Kurden;
rici⸗ — reich), das Hirtenbereich, heute „Uortrijk“, und
hie Remi“ („re“ — zeugen; „mi“ — mehr; daher „Re⸗
use⸗), die „Vermehrenden“, also Kaufleute in der Gegend
des heutigen „Reims“, und noch manch andere kleinere
Bezirke, die heute noch in den Städte⸗, Orte⸗ und Flurnamen
naqsklingen. Der belgische Armanenbezirk findet sich unter
em Vomen der VViromandui“ („vir“ — fyr — Urfyr,
Urfeuer, Gott, gleichbedeutend mit „ar“ und „al“; „man⸗
du⸗ AManner; also so viel wie Armanen) mit dem Ol⸗
Orte „Solare“ oder „Saolare“ — —
— Geist, Wissen; „ara“ * hohes Recht, Somenrecht; „saol“
— Schule; also: hohe Schule), welche Bezeichnung noch heute
in den Ramen der alten Bergfeste „Solre⸗Chateau“
nachklingt. Rur beiläufig mag erwähnt sein, daß der Dy⸗
astenname „Hohenzolergo in seiner Urform ebenfalls
„Solra“ lautete und den Ursprung dieses mehrtausend⸗
jährigen Geschlechtes aus armanischer Wurzel erweist.“ Eine
syslematisch geschlossene Kette von Markgrafschaften schließt
Belgien von der römischen Provinz „Gallia ILugdenensis?
ab, welche gewiß schon in vorrömischer Zeit gegen die vor⸗
dringenden Gallokelten errichtet wurde, trotzdem die Völker⸗
namen bis zu den Pyrenäen und Spanien hinab ario⸗ger—
manische sind — darunter viele Ol-Orte — aber auch „Ste⸗
phans⸗Orte“, deren Bedeutung später erörtert wird. Die
Keihe dieser Markgrafschaften, von den Caletes ab nach Süd⸗
ost laufend, lauten: Ambiani“ („ambi“, ambet — Amt,
Dienst; „ani/ — Maänner, Mannen), also: Dienstmannen;
Bellobaci“, richtig Belgowaki⸗ („belgo“ — Bel—⸗
*) Genealogie des Gesamthauses Hohenzollern, von J. Großmann
E. Berner, G. Schuster und R. Zingeler, Berlin. Möoser. 1906.
W
Suessiones. Catalauni. Veliocasses. Parisii. Meldi. Tricasses.
gen; waki — Wächter; also ebenfalls Dienstmann als Wäch—
—00—
pen von Belgien enthält, dessen Löwe dichterisch der „wachende
Löwe von Flandern“ genannt wird. Diesen folgen die
„Suessiones“ („sues“, „suitz“ Schweiz, Schwyz] „suez“
— versinken, verloren; verlorenes Land; „õͤnes“ — Män⸗
ner; heute „Soissons“), die verlorenen Männer, also Ist⸗
foronen; sie wurden dem Kampfe geopfert, waren
dem Candbaue verloren. Den Schluß bilden die „Cata⸗
launi“ („cat“ — LKatze, Katte, Rämpfer, Krieger; „la⸗uni“
— gesetzmäßig, also verpflichtete, geworbene Söldner, soge—
nannte „Recken“, nach späterem Begriffe „Candsknechte“),
welche geworbene, chattisch⸗suebische Söldner waren, also
schon ein stehendes Heer bildeten („rahha“ — Rache; „rehha“
— Rächer — Recke).
Um nur einen kurzen Uberblick über die germanischen
Volks⸗ und Ortenamen südlich jener belgischen Markenlinie
im heutigen Frankreich zu geben, mögen folgende Volks—
namen dienen, ohne dieselben übrigens in Gruppen einzu—
ordnen. Im römischen „Gallia Lugdenensis“ finden sich,
an die belgischen “Caletes“ und „Belgowaker“ grenzend,
die Veliocasses“ (‚uel“, „vel“ — Wehle, LKüstenteich,
Cagune; „casses“ — eingeschlossen), die in das Wehl Ein—
zeschloffenen; „Parisii“ (paris“, „pardis“ — Gehege,
Entstehunssort, Urstätte), also eine „Urstätte“, wie später bei
Uöln, Wien und Trier sich erweisen wird. Viele Eigenarten
des Volkslebens in Paris, wie dessen alte (nun verchristlichten)
HNultstätten und deren Brauchtum bestätigen dies. Leider
ist der Raum zu enge, um näher darauf eingehen zu können.
Die „Meldi“ („meldian“ sangelsächsischs — melden) waren
Meldeposten, also eine Grenzhut den belgischen „Suessiones“
gegenüber, welche wahrscheinlich etwas unzuverläßliche Nach—
barn — wie ihr Name es auszudrücken scheint — gewesen
sein dürften. Die „Tricasses“ („tri“ Drehung, Zeu—⸗
gung, vergl.: Trifos; „casses“ — eingeschlossen) waren ein
29
i i iboraltar.
ingones. Mandubi. Ambarri. Aedui. Sennones. G
Urstamm, denn ihr Name besagt, daß sie aus sich selbst ent⸗
standen, ihr Entstehen wie ihre Entwicklung in sich einge⸗
schlossen tragen, also von keinem anderen Volke stammende
Einwanderer, sondern Ureinwohner wären. Dementgegen
bezeugt der Name „Lin gones“ ihrer Nachbarn („ling“ —
Abromnmling; „ones“ — Männer), daß jene kein Urvolk,
sondern Einwanderer sind, wahrscheinlich von den „Tri—
cassen/ stammend. Die „Mandubii“ sind die Männer,
die im Flußgebiete des Du bis wohnten; ebenso die „A m⸗
barri⸗“, Dienstmannen, Canzknechte („ambi“ — Dienst-
nannen, „Söldner“), welche am Flusse Arrar (Ambi Arrar)
seßhaft waren. Die „Aedui“ oder die „Aedener“ waren
Butsbesitzer („äde“, ede“ — Güter, ‚er“ — Ceute; also:
Ederer⸗ oder „Güterer“). Die „Sennones“ waren
deren „Semanen“ oder „Armanen“, ihr „Ol⸗Ort“ war
Julen⸗ (i⸗ulen“ — Eulen, heute: St. Julien de Sault).
Henau so lassen sich die „Völker“Namen durch ganz Süd⸗
frankreich und Spanien verfolgen, wo neben anderen fol⸗
gende „Ol⸗Orte“ noch heute bestehen: „Oleron“, Insel
in der Westküste Frankreichs; „Olette“ im Departement
Pyrsennées; „Oler on“, im Departement Bas-Pyrénnées;
nicht zu vergessen des altberühmten Wallfahrtsortes auf einer
Insel im Golfe von St. Malo, an der Lüste der Normandie,
Mont de St. Michel“, der das ganze Mittelalter hin⸗
durch — als Rivale Sti. Jagos di Compostella — ein heiß
erstrebtes Pilgerziel aus ganz Deutschland war, da beide
alt⸗arische, vorchristliche Hhalgadome waren. Ja, der süd⸗
lichste Punkt Spaniens ist ein arisch-germanischer Halgadom
zewesen, denn „Gibor⸗altar“) (Gibraltar) sagt wörtlich:
Geber⸗Allerzeuger“, also Gott als Schöpfer, und hat daher
p dem maurischen „Gibel tarik“ gar keinen Zusammen⸗
ang.
*) Gibor ist einer der fünfbuchstabigen arischen Gottheitsnamen
in der Kabbala. Näheres darüber in G.K.B. Nr. 6: „Das Gesetz der
Ursprache der Arier und die armanische Mysteriensprache“.
3
Cherusker. Chamaven. Mattiaci. Hermunduri.
Nächst den Sachsen sind die „Cherusker“ als Ur—
stamm zu erkennen, von welchen ganz genau dasselbe gilt,
wie bei den Sachsen und Belgen nachgewiesen wurde, weshalb
hier nur die Namen und deren Deutungen zu erbringen sind.
Der Name Cherusker erklärt sich aus „ker“ (kar) — einge—
schlossen; „usk“ (ask) — Entstehung; „er“ — CLeute, besagt
also, daß ihre Entstehung und Entwicklung in ihrem Stamme
eingeschlossen ist und sie somit Ureinwohner ihres Gebietes
sind. Die „Chamaven“ (kam“ — Bergrücken; „aven“
— hinziehen, ausbreiten) sind die längs des Harzer-Berg-—
rückens Ausgebreiteten. Die „Mattiaci“, von „matti“
— kochen, heiß; und „aken“ — Wasser, Quelle, zeigen, daß
sie in der Nähe von heißen Quellen wohnten, und da dieser
Name wie ihre geographische Lage mit Wiesbaden stimmt
„wies“ ñ gekocht, heiß; „baden“ — Bäder), so sind sie
leicht als die Vorfahren der Wiesbadener von heute zu er⸗
kennen, ohne darum ein Volk genannt werden zu dürfen.
Ihr Name ist eben nur als Lokalbezeichnung, nicht aber als
Volksname zu betrachten; sie waren wie alle übrigen Che—
rusker. Die Hermunduri“ waren die Armanen der Che—
rusker und ihr Name löst sich auf in: „heri“ (ari) — „hehr,
hoch, sonnig; „mund“ — Waolter Gergl. Vormund) und
„uri“ Ur, altersher, bezeichnet sie somit als „die hehren
Walter von Altersher“, also für Armanen. Ihr „Ol⸗Ort“
entspricht dem heutigen „Oldisleben“ bei Apolda („ol“
— Geist; „dis“ — SHeuger, Gott; „leben“ Ceben; d. h.
das Entstehen des Wissens vom Götilichen), und lag im Ge—
biete des „Semanus Silva“, nämlich des „Semanen-Waldes“;
Semanen und Armanen aber sind sich deckende Begriffe;
ebenso aber auch „Wald“ und „Walt“ im Hinblicke auf das
Walten.
Einer der Hauptstämme des deutschen Volkes, die
„Schwaben“ Guabi, Suebi, Suevi usw) erweist sich als
kein Urstamm, sondern als aus Ist⸗fo⸗onen frühester Zeit
erwachsend, und darum finden sich die Schwaben am ver—
311
Schwaben. Suabi. Suevi. Sidenii. Stettin.
breitetsten unter allen deutschen Stämmen. Nicht nur in
zeschlossenen Staatsverbänden als Nord-, Süd⸗ und Ost—⸗
schwaben, sondern auch mitten unter anderen Stämmen und
Hölkern eingestreut (z. B. die Banater⸗Schwaben) und auch
vollkonimen in diesen aufgegangen, immerhin aber ihr Ge⸗
präge hinterlassend. Sie haben mit den Sachsen seit Jahr⸗
aufenden in Waffengemeinschaft gestanden und kommen
überall mit diesen — schon in der ältesten Geschichte Asiens
gemeinsam genannt vor. So im mittleren Europa als
„Quaden“ neben den sächsischen ‚Markomanen“, welches Ver⸗
hältnis sich im Mittelalter als „CLandsknechtstum“ neben dem
RKittertum“ erneuerte und derart auf die Zusammensetzung
der Heere nachhaltig wirkte, daß diese noch heute aus In⸗
AInterie und Kavallerie bestehen, obwohl die alte Stammes—
zrundlage beider Waffengattungen schon längst verwischt ist.
Davon später mehr.
Dder Vame „Suabi“ oder „Suevi“ („Sue“, „Sues“
— Weggang, Untergang; „evi“ — hinziehen; also die Weg—
ziehenden oder Auswandernden. Vergl.: „Suita“, „Suitones“
Schweden; „Suits“ — Schwyz, Schweiz; „Suez“ das
versinkende Land; „Zuaven“ — wilde algerische Nomaden,
daron die französifch-algerische Infanterie usw.) ist unter
allen Ist-foonen⸗Namen unbedingt der älteste und hat im
Caufe von Jahrtausenden seine alle Bedeutung verloren und
sich zur Bezeichnung eines großen Bruchteiles des ganzen
Deutschvolkes erweitert, in welcher Bedeutung er schon von
Scope in dessen Wanderberichten wie im Sachsenspiegel an⸗
zewandt wird.
Das Urvolk der „Suabi“ dürfte in den „SSidenii“ oder
„Sidinii“ in der Gegend des heutigen Stettin zu suchen
sein, deren Name dem Begriffe „Arier“ vollkommen ent⸗
spricht, denn „sid“ — wahr (sonnigrecht); „ini“ — innen,
somit bezeichnet es jene, welche das Sonnenrecht in
sich tragen und folglich Arier sind. Dasselbe spricht auch
das Wappen von Steltin aus, welches im blauen Felde ein
32
Chatti. Cakkobardi. Semanen. Calucones.
3
bekröntes rotes Adlerhaupt zeigt. Das ist ein redendes Wap⸗
pen, und zwar nicht im Sinne der modernen Heraldik, son⸗
dern wenn man es hieroglyphischlöst und liest.
Als hieroglyphe“) gelesen kündel es: „Blah! Ruoth Arhofut
keronel“, Blau! Rotes Aarhaupt, Krone!) d. h.: „Wache!
Rechtbehaupten immerdar!“ Ein später abgezweigter Ist⸗
foronenstamm dieses Urvolkes sind die „Chatti“ oder Kat—
den“ (katte — Katze, Krieger), welche weit südlich als „Mark⸗
grafschaft/ der „Cherusker“ gegen die römische Provinz
Germania superior“* am Vallum romanorum im Taunus
aufgestellt erscheinen, und somit als ein Canzknechtherr zu
betrachten sind, das dann im Verlaufe der Seit zum Volke
erstarkte. Wie mächtig und stark bevölkert das Land der
Nordschwaben gewesen sein muß, zeigt der Umstand, daß es
nicht weniger als drei Armanengebiete mit zusammen vier
„Ol⸗orten“ ausweist. Es sind dies: Die „Lakkobardi“
nicht Congobarden), deren Name sich löst aus „lakko“ (lago)
— Gesetz, und „bard“ — leben, hervorbringen, also: zum
Leben bringen, wodurch sie als diejenigen zu erkennen sind,
welche das Gesetz oder die Rita lebendig erhalten, also
„Armanen“ waren. Ihre Ol-Orte entsprechen den noch
heute blühenden Städten: „Oel heim“ — Wissensheim, und
VUelzen“ — Wissenszeugung. Die „Semanen“ (unrich—
lig von Tactius u. a. als „Semnones“ bezeichnet), deren
Name aus „Se“ — Sonne und „manen“ — Männer, sich
sosend als gleichbedeutend mit Armanen sich ergibt. Ihr Ol—
Ort ist „Olbernhau“ bei „Chemnitz“ in Sachsen („Ol⸗
— Geist, Wissen; „bern“ — gebären; „hau“ — Wald—
lichtung), also die „Geburtsstätle des Wissens im heiligen
Waldeshag“. Die „Calucones“, richtig „KRalugo—
nen“, sind „Angili“ an der Elbe, welche diesen Strom
heraufgekommen sind, und also sächsische Armanen waren
und fächsisches Weistum dem suebischen Weistum der
*) G..B. Ur. 5.
e
KUalugonen.
„Cakkobarden“ und „Semanen“ entgegenstellten, und ge⸗—
heim bewahrten. Sie wurden darum Kalugonen“ genannt;
von: „kal“ — verbergen, geheim (erkalt); „lug“ (ag)
— Gesetz; „onen“ — Wänner oder Ahnen, nämlich
diejenigen, welche das Gesetz der Ahnen geheim
werkall) bewahren, also die geheimnisvollen
MNaänner. Ihr Ol-Ort war „Olvenstedt“ („„Ol“ —
Wissen; „ven⸗, fen — zeugen; „stedt“ Stätte; also: Wis—
senszeugungsstätte) bei Magdeburg. Nebenbei bemerkt, ist
Magdeburg ebenfalls eine uralte Halgadomsstätte des
Zeugungskultes wie „Uöln“, „Crier“, „Paris“, „Wien“
u. a., wovon später mehr.
Das Ineinanderfließen der großen Gebiete der Sachsen,
Schwaben und Cherusker, zwischen deren Gebieten keine
Markgrafschaften“ eingeschoben sind, so wie das schon mehr⸗
fach erwähnte Verhältnis der Waffengemeinschaft zwischen
Sachsen und Schwaben beweist, daß diese Völker sich, wenn
schon nicht als einheitliches Ganzes, so doch als Verwandte
fühlten und im Staatenbunde lebten, daher auch ihre gegen⸗
seiligen Grenzen nicht zu versichern brauchten. Dasselbe
Herhältnis findet sich auch weiter gegen die östlichen Gebiete
Germnaniens, nur gegen Norden und Süden finden sich
wieder strategisch geficherte Marken. Ein wichtiger Beweis
dafür, daß sich trotz aller gegenteiligen Ansichten der alt—
arische Einheitsgedanke in den germanischen Völkern leben—
dig erhalten hatte, und daß der von den Armanen an den
Ol Orten gepflegte Dienst der Rita, die geistige Sentral⸗
leitung tatsaäͤchlich in Ubung hielt, ohne es nötig zu haben,
diese in einem sichtbaren Oberhaupte — einem Großkönig
zur Geltung zu bringen.“)
Ostwärts der Schwäbengebiete, jenseits der Oder, ist
abermals ein großes Völkerbündnis zu verzeichnen, das aus
mehreren Urgebieten bestehend, unter dem Gesamtnamen der
) G.CK.⸗B. MNr. 2, Seite 24.
34
Cugii. CLemovii. Rugii. Ethelrugii.
„Lugii“, richtig der „Lukier“ — von „luk“ — geschlos—⸗
sen, also die Zusammengeschlossenen — bekannt ist. Gieich
am rechten Ufer der Oder, nächst deren Mündung in die
Ostsee, den Sidiniern (Stettin) gegenüber, saßen die Le mo—
vii“, benannt von „le“, leo — Gesetz, und „ovi“ — Au,
Gebiet, Cand, somit „Rechtsland“ oder „Gesetzmäßiger Be—
sitz“. Den Lemoviern war also jener Landstrich durch Ver—
trag eingeräumt worden, dessen Bedingungen in der Schutz-
oerpflichtung gegen Wickingereinfälle fich begründeten, wie
sich solche westlich bei den Suardonen und Teutonen ergab.
heute ist dort das Herzogtum Lauenburg mit der Stadt Leba
am Flusse Leba, durchwegs Namen, welche aus dem Ur—
namen sich bildeten. Auch das Wappen Cauenburgs als
Hhieroglyphe löst und liest sich wie folgt: „Iu Rot
eine weiße Burg, die ein weißer Löwe stützt. Im grünen
Schildfuß ein weißer Querfluß“; d. i.: „ruoth Nwyd burg,
wyd leol gryen fos skillan wyd aken!“ und gelöst: „Recht
Hesetz geborgen, Gefetz lebendigl — Unrecht zeugt Gericht
mit Schrecken!“ Sine deutliche Sprache von Grenz und Ge—
setzeshütern.“)
Nächst den „Lemoviern“ an den Lüsten der Ostsee saßen
die „Rugi“ oder „Rugen“, ein Volk, das sich durch
seinen Namen als Urvolk erklärt, denn „ru“ — Urspruns
und „gi“ — Gabe, geben, Entstehung; somit besagt der
Name, daß sie im Ursprung alles Seins ihr Entstehen fan⸗
den, also ein Urvolk sind. Aber auch in Skandinavien und
auf der Insel Rügen faßen Rugen unter dem Namen Ethel—
Kugi, und es scheint faft, als wäre dort ihr eigentliches Ur⸗
sprungsland, denn Ethel — othal oder othil, was ver—
schiedene Deutungen zuläßt, besagl: Geistesheil, Heimat, Ur⸗
sitz, Ursprung. Es ist sehr wahrscheinlich, daß, da selbst noch
im späteren Mittelalter die Inseln der Ostsee durch Wasser⸗
einbrüche an Land verloren und zerrissen wurden, die Bil-
S.K.B. Nr. 5 und Nr. 6.
35
Arkona. Rugium. Rugiclei. Ulmerugi. Vidivari. Gothen.
—
dung jenes Teiles der Ostsee in verhältnismäßig später Zeit
erfolgte, so daß die Rugensitze durch das Eindringen des
Meeres getrennt wurden und beide Teile ehemals ein Gebiet
begriffen. Auf der Insel Rügen lag die alte Stadt „Ar—
kona“, deren Name auf eine Urstätte deutet, denn „Ar“ ist
Sonne, „kona“ die Gebärerin, also Sonne als Gebärerin, die
Sonnenfrau, die Urmutter, und dort war auch die Kultstätte
der hertha nach Tacitus, welche allerdings wieder die ge—
bärende Erde bedeutet. Der scheinbare Widerspruch aber
löst sich sofort, wenn man Arkona, die Sonnenfrau, als die
Frau des Sonnengottes, somit die Erde erkennt, was mit
dem Herthadienste vollkommen übereinstimmt. Im Rugen⸗
zebiete des Kontinentes findet sich noch die Stadt „Rugium“,
von welcher Ptolemäus berichtet und welche dem heutigen
Rugenwalde Rugenwaltung, Waltungsstätte der Rugen) ent⸗
spricht. Die Cemonier, die von Tacitus gemeinsam mit den
Kugen erwähnt und geschildert werden, dürften als deren
Strandwache aufzufassen sein. Der Nebenname für Rugen,
Rugichei“, bezeichnet nicht das Volk, sondern das Cand,
in dem sie wohnen, von „lei“ — Gesetz, Gebiet. An der
Weichselmündung saßen die „Ulmerugi“, welche sich als
die rugischen Armanen erweisen, denn „ul“ — Geist usw.,
„mer“ — mehren, besagt, daß sie das Wissen der Rugen
mehrten, und tatsächlich findet sich deren „Ol-Ort“ neben
Danzig in dem Städtchen „Oliva“ („Gli/ — Wissen,
Fa“ — erzeugen, also Wissenserzeugung, nämlich eine
Schule). Die „Vidivari“, richtig„Bistilafari“ oder „Vi—
tulafari“ sind die Weichselfahrer, namlich die Weichselschiffer,
bon welchen es allerdings fraglich ist, ob sie Rugen oder
Hothen waren, es aber am wahrscheinlichsten ist, daß sie
iich aus beiden Stämmen rekrutierten.
Ebenfalls ein Urvolk sind die „Gothen“ (Gothi, Gutto—
nes, Geothones, Gothunni, Gothones) am rechten Weichsel⸗
ufer bis zur Oflsee; doch scheint deren Urgebiet nicht wie bei
den Rugen in Skandinavien zu suchen sein, wo ebenfalls ein
Q2*
36
Gothen. Galindae. Skythen. Schitomir.
„Gothland“ vorhanden ist, sondern wohl dafür in ihrem Ge—
biete an der Weichsel, im Nordosten Germaniens. Das skan—
dinavische Gothland — das ja viel später eisfrei geworden
sein mußte als die Weichsellandschaft — ist gewiß die Be—
siedelung durch gothische Ist⸗-fo⸗onen, welche ja in allen Tei—
len Europas große Reiche begründet hatten. Die „Gethae“
Thrakiens, die Ost⸗ und Westgothen, deren Reiche an der
Donau, in Spanien und Italien, sowie in der Balkanhalb⸗
insel, geben den Beweis für die große Ausdehnung der go⸗
thischen Wanderzüge in weit vorgeschichtlichen Zeitaltern.
Aber auch kleinere gothische Siedelungsgebiete durch ganz
Europa haben sich in den Namen kenntlich erhalten. So
bei „Gossensaß“ (Gothensitz“; in Tirol am Brenner; die
„Gaituni“ in Niederland an der Gete, als Utgaöiten, heute
„Alt⸗Geten“; die „Jüten“ usw. Der Name entstand aus
„ge“ ⸗ñ entstehen, „oth“ — Geist, Verstand, Wissen, Besitz;
daher besagt: „geoth“ so viel wie Ursprung des Geistes, des
Besitzes, also das „Gut“, im Sinne des Eigentums. Die
Hothen bezeichneten sich als die Besitzenden, was immer auf
Erbbesitz, also lange Seßhaftigkeit, hinweist. Ihr Gebiet er—
streckte sich auch viel weiter nach Nord und Nordost, als bis⸗
her angenommen wurde und namentlich tief in das Skyten⸗
reich hinein, denn die Skyten waren Arier“) und keine Sar—
maten. Als das Meer — das Asien von Europa schied —
austrocknete, dessen Reste in den Pinskischen und Rokitno—
S⸗ümpfen noch erhalten sind, da besiedelten die Gothen mit
ihren Ist-foronen das neu emporwachsende Cand, und es
benannten sich davon die Neubefiedeler jHalindae“, von:
„gal⸗ * Wasser und „lind, lined“ — aufhören, lindern,
nämlich als die auf verschwindendem Meere Wohnenden;
der Name übertrug sich fpäter auf „Galizien“. Herodot
kennt dort noch das Skytenmeer und an dieses erinnert noch
heute der arische Stadtname „Schitomir“ nächst Kiew,
8)
Skyte Sakyte — Saku — Sachse.
37
— S
Aestii. Bastarnae. Sudini. Sulones. Volhynien.
der deutlich den alten Namen „Skytenmeer“ durchschimmern
läßt. Die Erinnerung an die schon von Herodot erwähnte
Pferdezucht auf den weiten Steppen des ehemaligen Meeres⸗
zrundes, lebt in dem Volksnamen der „Aestii“ oder „Aestier“
fort, in welchen ebenfalls gothische Ist⸗-fo⸗onen zu erblicken
sind, und welcher Name schon von Herodot in der Form von
„Eh⸗skampes“ als Pferdefelder oder Pferdesteppen überliefert
ist und den Namen „Aestier“ als „Eh—stirer“, nämlich
„Pferde⸗Züchterleute“ auflöst und erklärt. Nächst den Kar—
pathen werden die „Bastarnae“ genannt, welche dem
Namen nach bis weit in die Urzeit zurückgreifend erscheinen,
denn sie nennen sich noch „Renntierhälter“ — Vor⸗
stand einer Familie, Hauswirt; „tarn“ — Renntier, also:
Kenntierhälter). Südlich ist schon ein breiter Keil moglisch-
turanischer Völker, die „Jazygen“ eingetrieben, der die
Herbindung mit den arisch⸗germanischen Völkern der unteren
Donau unterbindet und damit für vorliegende Studie die
zstliche Grenze zieht. In diesem großen Gothen⸗ und Skyten⸗
gebiete sind nun aber noch die Armanenbezirke mit deren
so charakteristischen Ol-Orten zu betrachten, nämlich die
„Sudini“ („sud“ — Sonne, Feuer, Wahrheit; „ini“ —
innen; der Sonnengeist innend waltend. Vergl.: Sidini)
mit ihrem Ol⸗Orte „Oletzko“ („Olesfo“ — Geistzeugend)
im heutigen russischen Regierungsbezirke „Suwalki“ (Su—
walti — Sonnen oder Rechtswaliung). Ferners die „Su⸗
lones“ Guu — Schule; „ones“ — Männer; Schul⸗
männer, Cehrer) im heute russischen Volhynien (ol-ini —
Sudini), mit vier Ol-Orten, und zwar: „Ples zo w“ (Oles⸗
a u — Wissensau), „Pleszyce“ (Olesiusia besseres,
höheres Wissen), „Pleszanica“ — (Olesanik, d. ir:
„Ole“ — Wissen; „sa“ — zeugen; „ik“ — Entstehen;
also: Wissenszeugungsursprungs und „Olchowecz“ („Ol-
kuitz“, d. i.: Geist und Witz, nämlich „Streben nach Wissen
und Verstand“, nach Wissen und dessen Anwendung). Selbst
aus den verslavisierten Formen dieser Namen ist noch die
38
Rußland und dessen Ostseeprovinzen. Riga. Reval.
arisch⸗germanische Bestimmung dieser Ortlichkeiten klar zu
erkennen.
Aber nicht nur diese engen Grenzen innerhalb des heuti—
zen Rußland sind für die ario⸗germanische Urbevölkerung
desselben maßgebend, denn dieselbe erstreckte sich über ganz
Kußland, die Ostseegebiete mitinbegriffen bis weit nach dem
nördlichen Asien hinein. Es ist ein Irrtum, die Ostseepro—
binzen erst durch die Hansa als deutsche Ansiedlungen anzu—
nehmen, wie es ein gleichgroßer Irrtum ist, Ostpreußen erst
durch Kolonisation des deutschen Ordens als Beutschgrün⸗
dung zu betrachten.“) Beide — wie überhaupt ganz Rußland
— waren grio⸗germanisches Urland, und bildet das ario⸗ger⸗
manische Element noch heute die Grundlage des durch mon⸗
zoloiden Einschlag verslavisierten russischen Volksgemengsels.
Schon der Name Rußland ist ario⸗germanisch, denn der Name
RKusse stammt von „Rus“, „Rodsen“ und das kommt von
„rod“, „ruoth“ Recht. Rurik, nämlich: „Hrurekr“ bezeich—
net den „rechten Recken“ also einen ario⸗germanischen Ist-fo—
onen,“) der ins Cand gerufen wurde, daher war er eben der
„rechte“. Ja, sehen wir den Namen „Ural“; er löst sich in
„ur⸗al“ Ursonnenfeuer, also von diesem erzeugt. Sibirien
bedeutet das „Eishervorbringende Land“, und „Altei“ —
vom Feuer erzeugt, gleichbedeutend mit „Ural“. Doch würden
diese Betrachtungen weit über die uns vorgezeichneten Gren⸗
zen hinausragen, und mögen daher hier nur noch einige
russische Ortenamen ihre Erklärung aus der ario-germam—
schen Ursprache finden und als germanische Gründungen an—
gesprochen werden.
Diese wenigen Beispiele wären: Riga, aus: „ri“ —
Recht, Rita, und „ga⸗ geben, also: „Rechtgebend“, ein
Armanenort. — Reval, aus: „re“ — Recht, „fa“ zeu⸗
*) Siehe darüber die schon oft erwähnte hochverdienstliche Schrift.
Der Cempel von Rethra“, Verlag von G. Simons, Berlin SW6:
velche gegen die Slaventheorie energisch Stellung nimit und begründet,
**) G.K. B. VNr. 2, Seite 8.
39
Wiborg. Wologda. Wilna. Charkow. Aelvgeonen. Burgunden.
gen, „al“ — Sonne, also: „Recht gezeugt aus der Sonne“. —
Wiborg, aus: „wi“, wig — KRampf, Weihe, „borg“ —
geborgen, also entweder ein eingeschlossenes Heiligtum Halga⸗
dom) oder ein Waffenplatz, eine Festung. — Wologda,
aus: „wol“, uol, ol — Geist, „og“, ag — hervorkommen,
„da“ — da, hier, also: „Geist, entspringt da“, ein Armanen⸗
ort. — Wilna, aus: „wil“, uil — Geisteskraft, Wille, „na“
— Geburt, also: Willensgeburt, ein — relativ — neuerer
halgadom aus einer Ist⸗fo⸗onenkolonie hervorgegangen. —
Kiew, aus: „ki“ — kennen und „ew“, eh — Gesetz; also:
Gesetzeskenner, ein armanischer Gerichtsstuhl. — Charkow,
aus: „car“ — eingeschlossen, „kow“, kob — koke, Hoöhle,
euche, Küche, Koje usw.; also: Eingeschlossene Höhle oder
hütte; ein befestigter Wohnort (in Wällen eingeschlossen). —
Turinsk, aus: „tur“ — drehen, tri, drei, wenden — Ent⸗
stehung, Werden, Wandeln, „insk“, asf — Entstehung, also:
Schöpfungsentstehung; ein Ur⸗ oder Entstehungsort mit Hal⸗
zadom. — Cobolsk, aus: „tob“ — toben, wüten (vergl.:
Wuotan, wütendes heer), stürmend, „ol“ — Geist, „Ssk“,
ask — Entstehung; also: „Gewaltige Geistesentstehung“, ein
armanischer Ol-⸗Ort usw. usw. Die Ortenamen: Helsingfors,
Abo, Bjorneburg, Libau, Mitau, Windsau usw., bedürfen
nicht einmal der Deutung um sie als germanische vorhanse—
atische Entstehungen zu kennzeichnen.
Imerhalb des Võölkerbundes der Cugier, südlich der Ru—
zen und im Westen der Gothen, dehnt sich das Gebiet der
„Aelvaeonen“, deren Name in ihnen Ureinwohner er⸗
kennen läßt, denn sie rühmen sich der Abstammung von
Ahnen, welche vom Feuer, d. i. vom göttlichen Zeugungs—
feuer, dem Urfyr, ihr Entstehen herleiten („ael“, al — Feuer,
Ur⸗Fyr, Gott; „fae“, fa — zeugen, gezeugt). Südlich von
diesen dehnt sich das weite Gebiet der, Burgunden“, von
dem aus die anderen Burgunden Reiche in Westdeutschland,
Ostfrankreich und die kleinere Niederlassung in Graubündten
und Vorarlberg begründet wurden. Auch der Name
10
Burgund. Manimi. Calisia.
„Burgund“ erweist einen Urstamm, denn: „bur“ — Ent—⸗—
stehung, Bauer, pur, rot (purpur), rein; „gund“ —
verborgen, eingeschlossen, Rampf, Entscheidung, schief,
quer dee — quer⸗ oder schiefsehen, schielen), woraus
sich mehrere Deutungen ergeben, deren bezeichnendste ist:
„Die aus dem Dunkel des Urs Hervorgegan—
genen“. Ihr Wappen, das sogenannte „Burgunderkreuz“,
wird heraldisch blasoniert, als: „In Rot ein weißes
Andreas⸗Ast⸗Ureuz“. Das Andreaskreuz ist ein schief
oder quer liegendes Ureuz; Kreuz ist aber im Alt⸗Arischen
„rod“; darum löst sich als Hieroglyphe das
Wappen von Burgund wie folgt:
bur gund ask rod
das ist: (In) Purpur (ein) queres oder schiefes Ast — Kreuz
wyd
(von) weiß(er Farbe oder Silber) und besagt:
„Burgund ist begründet auf Recht und Gesetz“.
Darum ist auch noch eine zweite Namensdeute zu erwägen,
welche die Burgunder als Rechts- und Gesetzes—
leute ansprechen ließe in welchem Falle die „Aelvpaeonen“
der Urstamm der Burgunder wären, worin eine starke Wahr⸗
scheinlichkeit liegt. Im Burgundengebiete, als deren Ar—
manen, finden sich die Manimi“ oder „Omani“ („Ma—
nimi/ — Mahner, also: Rechtsmahner; „Omani⸗ —
Amann, Rechtsmann) und deren Ol-Ort war „Calisia“,
richtis: „Naliusia“ („kal“ geheim, verborgen; „ius“
gut, „iusisa“, „iusia“ — bessers also: „Das verborgene
Bessere“, womit die „verkalte“, nämlich verhüllte, Geheim⸗
lehre Esoterik) der arischen Rita gemeint war, welche an
den, OlOrten von den Skalden gehütet und gelehrt wurde.
Diese Geheimwissenschaft, „Nal a“ genannt, war die in der
„großen heimlichen Acht“ verborgene Esoterik der Armanen,
deren Reste noch in den Geheimnissen der Feme, der Minne—
*) Heute: Kalisch, russisch Polen.
T
Naharnapalii. Silingae. Askiburgerberge. Dantuten.
singer, der Bauhütte, der Herolde usw. durch das ganze
Milelalter hindurch gepflegt wurden und noch heute, aber
mißverstanden, im sogenannten „großen Geheimnis“ der
Freimaurer spukt, von dem aber keine der Cogen auch nur
die leiseste Ahnung mehr hat. Die „Naharnavalii“,
deren Name aus „nahar“ — Nachen und „navali“ —
Schiffer sich formte, sind — wie aus früheren Parallel⸗
ergebnissen hervorgeht — kein Volk, sondern ein Berufszweig,
nämlich jener der Schiffleute.
Südwestlich der Burgunden breiten sich die „Silingae“
aus, welche sich als „Schlesier“ bis heute in ihren Ursitzen
und in ihrem Namen erhalten haben und wacker um Er—
haltung ihrer Nationalität gegen die drohende Slavisierung
ringen, welcher so viele der Ostgebiete zum Opfer gefallen
sind. Ihr Name aus „si“ — Sonne und „ling“ — Ab⸗
zömmling; mit dem angehängten „ae“ oder „er“ für Ceute,
erklärt sie für Sonnensöhne, wie der Urname „Arier“. Daß
sie ein Urvolk sind, beweist der Name des Gebirges, das
in ihrem Gebiete liegt und das den urarischen Namen
„Askiburger Berge“ (Asciburgius mons) führte, von
„ask“ — Ursprung, Entstehung; „burg“ — bergen; in diesen
Bergen also, welche das heutige Riesengebirge, das sich bis
zegen Urakau in seinen Ausläufern, dem Eulengebirge usw.,
erfireckt, ist das Entstehungsgebiet der Silingae zu erkennen.
Nur nebenbei mag erwähnt sein, daß der Name Riesen—
gebirge nichts mit dem Riesen oder Jötunen zu tun hat,
sondern von „risan“ sich ableitet, das „Steigen“, „Empor⸗
wachsen“ bedeutet, also mit „ask“, nämlich „Entstehen“ gleich—
bedeutend ist. Das Eulengebirge liegt in dem Ar—
manengebiet der Silinger, das sich nach früheren Erörterungen
als das Gebiet der Ulen oder Weisen leicht erkennen läßt
und in welchem die silingischen Armanen als „Dantuten“
*) G.«C.eB. Nr. 1, 5. 36 ff; Vr. 2, Seite 55—-54, 62 ff; Vr. 3,
Seite 43.
42
Dituni. Corconti. Wandaler.
oder „Dituni“) walteten. Es braucht auch nicht mehr
besonders hervorgehoben zu werden, daß auch diese „Dan—
tuten“ kein Volk, sondern der silingische Lehrstand waren.
Drei Ol-Orte derselben blühen noch heute, und zwar: „Ol-
bersdorf“ („ol“ Geist, Wissen, „bers“ — gebären),
„Orlau“ (Orla — Urlohe, Urfyr, Sonne — Urort des
Geistes) und „Oles na“ („ol“ — Geist, Wissen, „es“ (as)
Auferstehung, Träger, na“ — Geburt; somit: „Ent—
stehung und Bestand des Wissens“). Der „Jeschken“ bei
Reichenberg enthält noch abgeschliffen das „ask“ in seinem
Namen, wie südlich von ihm das Städtchen „Oschaz“
als „asksaß“ — Entstehungssitz seinen Bestand aus Urtagen
durch seinen Namen kündet. Dort aber saßen die silingischen
Corconti“, kein Volk, wohl aber die Berghirten oder
Sennen, denn: „kor“, kar — Felfenkar, eingeschloffen, „conti“,
zundi — verborgen, eingeschlossen; somit: „In den Berg⸗
kesseln oder Felsenkaren geborgen, eingeschlossen“.
Aus dem mächtigen Staaten- oder Völkerbunde der Cu—
gier stammen auch die während der Völkerwanderung viel⸗
zenannten Wandaler, obwohl sie dort nirgends als seß—
hafte Völker bisher verzeichnet erscheinen. Das ist nach den
bisher erbrachten Erörterungen nicht mehr unerklärlich, denn
es waren die Wandaler eben Ist-fotonen aus dem Gebiete
der Lugier, welche erst gelegentlich ihres Auszuges ihren Na—
men erhielten oder wählten. Wandalen“, Uandalen, An—
dalen, Anadalen, löst sich auf in: „an“ — Ahnen, Ent—
stehung; „ad“ i wieder, „al“ — alier, „en“ oder „er⸗ —
Leute, bedeutet somit: „Allwiedererstehung“. Sie waren
eben Ist-foronen, welche — durch Schiedsspruch der Götter
— ihr Heimatsrecht verloren hatten und wandern (uandaren)
mußten, um als ein neues Volk wiederzuerstehen, als welche⸗
sie eben auch einen neuen Namen erhalten hatten. Sie bilseten
) „Dau“, tain — Zweig; „tuten“ — deuten; also: Zweigdeuter,
Runenleser.
—
Silingen. Asdingen. Ubier. Köln.
zwei große Volksheere, welche sich wieder Sondernamen nach
hren Herzögen beilegten, welche, aus Armanengeschlechtern
stammend, ihrerseits zu Ahnherren neuer Adelsgeschlechter
wurden. Es waren dies die „Silingen“ („si“ — Sonne;
„ling“ — Abksömmling: Sonnensöhne) und die „As din⸗
gen⸗ („as — Walter, Träger, mit dem Begriffe des Gõtt⸗
lichen; „ding“ — Versammlung, Gericht: Gott geleitete
Walter). Die Züge und Reiche der Wandalen in Europa
Andalusien) und Afrika bis zu den Kanarischen Inseln
Guanchos, Wandschen) liegen außerhalb des Rahmens vor⸗
liegender Studie.
Nach Westen, zwischen Maas und Rhein zurückkehrend,
nehmen wir nun die dort unterbrochene Namensreihe wieder
auf. Dieses Gebiet weist seine ganz eigenartige Charakteristik
durch den besonderen Umstand auf, daß eine ganze Reihe
selbständiger kleiner Urgebiete zu beobachten ist, welche sich
um — im Altertum schon — bedeutende Städte ziehen, die
als hervorragende Nulturstätten betrachtet werden müssen, da
in ihnen sich Reste von Volksgebräuchen aus vorchristlicher
Ara erhalten haben und heute noch geübt werden, die nur
auf uralte Erinnerung an längst verschwundene Riten von
hoher Bedeutung beruhen können.
Zwischen Rhein und Maas, südlich der „Gugerni“, dehnt
sich das Gebiet der „Ubier“ mit ihrem Ol-Orte „Nölhn“
am linken Rheinufer. „Ubier“ von „ubi“, „auff“ — Eule
und „er“ — Ceute, läßt sie als die „weisen Leute“, also
als Armanen erkennen. Sie sind aber gleich anderen —
wie wiederholt angedeutet — schon vorlängst zu einem Volke
erstarkt, das vermutlich durch den berühmten Halgadom von
KUöln guten Verdienst gefunden haben mochte, welcher Halga—
dom einer der hervorragendsten, wenn nicht überhaupt der
erste, der Arier war, der — wenn der Vergleich statthaft ist
— ihm den Rang eines arischen vorchristlichen Papstdomes
hedingte. Der noch heute übliche Ausdruck „das heilige
Nöln“ begründet sich auf seine vorchristliche arisch-wuota⸗
u
20
Kolna. Colonia. Agrippina. Ara Ubicorum.
nistische Bedeutung als Haupthalgadom, weshalb er auch
später zu einem Erzbistum in christlicher Arawurde. Der
Jame „ANolna“ ist der Urname und hat mit dem römischen
Namen „Colonia Agrippina“ keinen Zusammenhang,
eher noch mit dem älteren römischen Namen „Ara Ubis—
om, denn „arera“ heißt Sonnenzeugung und Sonnenrecht.
Der Name „Aolna“,Y wie er ganz richtig im Anno—
lie de gebraucht wird, löst sich aus „kol“ — Quelle und „na“
* Geburt, bezeichnet somit eine Eutstehungsstätte, eine
Heburtsquelle des Volkes und reicht — wie alle
arischgermanischen Namen — in weitvorrömische Zeilen
zurück. Der Mittelpunkt des „heil i gen Kolna“ war und
ist noch heute sein Dom, sowie sein Bolksleben, das uralte
Züge bewahrte, dessen Mittelpunkt wieder der altberühmte
Aölner Karneval ist. Es sei darum geftattet, diese beiden
eigenartigen Mittelpunkte von unserem Standpunkte aus
twas näher zu betrachten, nämlich die eigenartigen Namens—
formen derselben auszulöfen.
Der Dom des „heiligen Köln“ ist der Erbe des Halga—
domes des einstigen „heiligen Kolna“ und bewahrt in seinem
Sonderkult die ununterdrückbaren Erinnerungen an die arisch⸗
wuotanistische Urzeit. Dieser Sonderkult erfireckt sich auf die
kölnischen Heiligen, welche im Uölner Dom eine besondere
Herehrung genießen, und zwar: Die heiligen Drei Ks
nige, die heilige Ursula, der heilige Gereon und die
unschuldigen Uinder.
dDie Ableitung des Namens „Kolna“ von Kolonie ist absolut
unrichtig, besonders mit dem Hiublick auf eine Römergründung, und
dies wird sofort klar, wenn man die anderen Städte, welche gleiche
Namensformen zeigen, betrachtet, die alle in Gegenden liegen, wohin
die Kömer nie gekommen sind. Zu diefen gehören, Köin an der Spree,
heute in Berlin aufgegangen, Köln an der Elbe, bei Meißen; Rolin
in Böhmen, Kolomea in Galizien und noch andere mehr, welche alle
die nämliche Bedeutung hatten als sie entstanden sind, nämlich Ent—
sttehungs⸗ oder Zeugungsstätten, alfo Urorte
74*
Die heiligen Drei Könige.
Die Drei UAsnige sind in der exoterischen Lehre für
das Volk die drei Asen Wuotan, Donar und Loki,
welche verchristlicht als Rasspar, (Gastibari), Melchior
Melichari) und Balthasar Galtasahari), aber auch als
Galgalath, Malgalath und Saracia oder auch als
Ator, Eator GSator) und Perator vorkommen. Die
Namen derselben sind arisch⸗germanisch und bedeuten: Kaspar
— eingeschlossene Entstehung (Embrio); Melchior der Ver⸗
mehrende und Balthasar — die ferneren Nachkommen. Ator
— der Urtrieb; Eator — die Wiederkehr und Peratores
(perahta — Gebärerin; „ores“ — Nachkommen) — die
kommenden Geschlechter. Die Weihegaben, welche die drei
Uönige nach Bethlehem bringen, Weihrauch, Myrrhen
und Gold, alt⸗arisch ausgesprochen, sind: „rökels“, „myr⸗
ran“ und „or“ und sagen wortsinndeutlich: Empfäng—
nis, Mehrung und Nachkommen.“) Der Stern der drei Uö—
nige ist arisch „steor“ und besagt: Wiederkehr. Die Erklärung
dieser Symbolik liegt wieder in dem Erkennen des Entstehens,
Seins und Vergehens zu neuem Entstehen, in dem Erkennen
der Ewigkeit der Ichheit (Individualität), aber des Ver—⸗
gehens der Persönlichkeit im steten Wandel des Entstehens,
Seins, Vergehens, Nichtseins und Wiederentstehens zu er—
neutem Sein, in welchem die Ichheit — die Individualität
— das Ewige, die Erscheinungsform — das Persönliche —
das Vergängliche ist. Dies spricht sich auch in der Bezeich⸗
nung „tri kunik eore steor“ aus, welches bedeutet: „Ent⸗
stehung, Geburt, Nachkommen, Wiederkehr“. Der esoterische
Sinn dieser Symbole liegt aber tiefer.
Wir sehen hier ein Werk der arischen Armanen, welches
bezweckte, das Christentum mit dem Wuotanismus zu ver—
schmelzen, zu welchem Zwecke sie einen Bund mit dem Send⸗
j i eben,
N Die wörtliche Übersetzung dieser Namensformen hier zug
wäre — — 8 nur eine wortsinndeutliche Umschreibung
gegeben werden.
16
Die heiligen Drei Könige. Ursula. Gereon.
boten Roms schlossen, der sich die „Kalander“*) nannte, näm—
lich jener, welche durch „Wandlung zu ändern“ suchten. Sie
knüpften an das Evangelium Matthäi, 2. an und entwarfen
die Legende von den „tri kunik eore steor“. Der Sinn ist fol—
zgender: Der menschgewordene dritte Cogos (Wuotan,
Christus) wird von drei Königen angebetet, die, von einem
Sterne geleitet, ihm Gold, Weihrauch und Myrrhen zum
Opfer bringen. Da fällt zuerst die erste Dreiheit auf, mit
dem Sterne, dem Seichen der Menschheit als Mikrokosmus,
dann die zweite Drei (Gold, Weihrauch, Myrrhen), unter deren
Sinnbild höchste armanische Mysterien verborgen sind. Die
drei Aönige sind Magier, Wissende, Armanen, führen aber
den Titel Könige, weil die Vertrautheit mit der Magie ein
wahres Königtum bildet und weil die hohe Kunst der Magie
von allen Adepten aller Zeiten und Völker die „königliche
Uunst“ oder das heilige Königtum — sanctum regium —
zenannt wird. Der Stern, der sie leitete, ist derselbe, dessen
Sinnbild für alle Einführungen in die Magie, in alie Ny—
terien wir wiederfinden. Für die Alchymisten ist er „das
Zeichen der Quintessenz“, für die Magier „das Große Ar—
canum“, für die Mystiker „das geheiligte und geheimmisvolle
Pentagramm“, und er wurde später für die verbannten Ar—
manen das in die „Hohe heimliche Acht“ genommene trost⸗
reiche Feichen der „Wiedergeburt der Rita⸗, der hochheilige
fFemstern“. Näheres darüber in G.C.«B. Nr. 5, 6 und *.
Die heilige Ursula, welche das Volf „sint Ursula“ (nicht
„sanct“) benennt, bedeutet: „sint Ursala⸗ — „ewiges Un
heil“; der heilige „Gereon“ sagt in seinem Namen „Wie⸗
derkehrende Geburt“; seine Hieroglyphe ist ein Drache, dessen
haupt er mit dem linken Fuß Feriritt. Das will sagen:
Drache duraka, nämlich die Vernichtung des Gezeugten,
Tod: Fuß — fos, die Zeugung; also: die Zeugung beßeg den
) S.ã.-B. Vr. i, Seite 36—38 ff, 53; Nr. 2, Seite 53 -54, 64,
Ur. 3, Seite 43.
47
Gereonshaupt. Trimurti.
Z
Tod, somit das Aussterben des Volkes. Das Gereons⸗
haupt, ein Heilszeichen der arischen Hieroglyphik, das die
„Wiedergeburt“ bedeutet, ist ein gleichseitiges Dreieck, (Tri⸗ag
— Drehend bewegt), dessen jede der drei Seiten aus dem
Profilschnitte eines Menschenkopfes gebildet ist;) es kommt
aber auch — ähnlich dem indischen Crimurti — als ein
Mannshaupt mit drei Gesichtern vor, von welchen das dritte
schwarz ist, also das Dunkel des Urs andeutet, aus welchem
die Persönlichkeit in der Geburt emportaucht, um darin im
Tode wieder zu verschwinden. Das Haupt ist bekrönt, das
heißt: „kerone“ und bedeutet abermals „Wiederkehr“, „Wie—
dergeburt“. Der Kult mit den „unschuldigen Kindern“ würde
hier zu weit führen und verweise ich diesbezüglich auf meine
umfangreiche Studie: „Die Sage vom heiligen Gral
und deren deutschmythologischen Ursprung“
„Hamburger Nachrichten“, Somntagsbeilagen Vr. 26, 27,
28 und 29, 1891).
Das hier nur in den allerknappesten Umrissen Gezeigte,
das noch viele andere Momente und Vamen (wie „Gerirud“,
„Kunibert“ und deren Kultus) unerwähnt lassen mußte, be—
weist zur Genüge, daß das „heilige Kolna“ als eine „Ur—
und —— im Sinne einer Naturreligion zu er⸗
kennen ist, in welcher ganz selbstverständlich das Seruelle eine
wesentliche kulturelle Bedeutung gewann, welche zu einer
Serualmoral führte, um welche die modernen Rulturmenschen
die vorchristlichen Arier zu beneiden allen Grund und alle
Ursache haben. Dies beweist schon allein der Ursprung un⸗
seres neuhochdeutschen Wortes „sittlich“, das gebildet wurde,
um das lateinische Wort „morales“ in das Althochdeutsche
zu übersetzen und das im Althochdeutschen „situlih“ lautete
und — „wahre Weisheit“ bedeutete (sid — wahr svon Sonne
„si“ abgeleitet und „ulih“ — Weisheits, was man von dem,
) G.L.B. Nr. j, Seite 16, Illustrationstafel.
18
Karneval. Fasching. Fasnacht. Fasten.
was man heute „Moral“ oder „sittlich“ nennt, nicht mehr
allemal behaupten könnte.“)
Der Rarneval von Köln hat außer den allgemeinen
Merkmalen noch seine ganz besonderen Kennzeichen lokaler
Bedeutung. Der Name Karneval von „car“ eingeschlossen,
„na“ — Geburt, „val“ (ual) — aller, ist das Zeugungsfest
des Volkes, beziehungsweise der Menschheit (der Rasse) und
wird auch „Fasching“ (fasing — „fas“ — zeugen, „ing“
— was davon abstammt; „fasing“ — ZSeugungszeit) ge—
nannt. Er beginnt mit der Perchtennacht, „giperahtanaht“
einstens genannt, welche Bezeichnung auf Peratha bezogen
wird, aber deutlich sich löst in: „gi“ — geben, „pe“ — (pa,
fa, fe) — zeugen, gebären, „ra“ (rah, rauh, rauch) — recht,
zesetzmätzig wiederkehrend; „naht“ Nacht, somit bezeichnet
es jene Nacht, welche das regelmäßig wiederkehrende Zeugen
einleitet. Das Wurzelwort „fas“ in „Fas⸗ing“, „Fas⸗nacht“
und „Fas⸗ten“ stammt vom Ur⸗ oder Ueimworte „fa“ und
bedeutet „„eugen“, was aber durch das Wort „fasen“ oder
„faseln“ — dummes Zeug machen, tolles Zeug schwätzen,
verschleiett wurde. Als Sinnzeichen wurde — und wird
an manchen Zeugungsorten, z. B. in Paris, noch heute —
der „Fasnachtochse“ („ta“ — fa — zeugen; „tyr“ — Seuger;
davon Satyr und S(a-)ctyr, Stier) herunigeführt. „Fas
nacht“ ist darum die Zeugungsnacht; „Fasten“ das Ein—
stellen, Aufhören des Zeugungsfestes. Der Fasching oder
Uarneval war daher das grisch⸗germanische „Dionysosfest“,
wie dieses das arisch⸗griechische Zeugungsfest war und wie
es als „Florealien“ und unter anderen Bezeichnungen in
allen Ländern gefeiert wurde, welche auf arischer Grundlage
bevölkert wurden. Der Kult des Wuotanismus war ein
heiterer Naturdienst — frei von Ausschweifungen, wie sie
die südlichen Kulte zu verzeichnen hatten — doch die Kirche
als Feindin der Naturreligion, die sie als Heidentum bezeich—
) G.L. B. Vr. 3, Seite 26.
48
Misterienspiele. Halgadomsmaiden. Kotinge.
nete — setzte der Betätigung des Vaturtriebes die düstere
Askese entgegen, ohne die Erinnerung an den Wuotanismus
unterdrücken zu können, obwohl die Deutschen dadurch —
sehr zu ihrem Nachteile — etliche Jahrhunderte später zu
trübseligen Narren herab erzogen wurden.
Die Masken und Vermummungen stellten ehemals die
Göttergestalten selber vor und fußten in den — auch den
Ario⸗Germanen sehr wohlbekannten — Mysterienspielen, in
welchen die Göttermythen und im Karneval speziell die Göt—
terhochzeiten dramatisch bis in die allerintimsten Einzelheiten
hinein dargestellt wurden. Die „halgadomsmaiden“*) und
„Heilsrätinnen“ — eine den indischen Bajaderen ähnliche
weibliche Priesterschaft — hatte eine geheimgehaltene scharf
bestimmte sakral⸗sexuelle Verpflichtung mit hochernstem
hintergrunde, nämlich der planmäßigen Erzielung und Heran⸗
bildung einer Edelrasse, der Grundlage des später sich daraus
entwickelnden Adels. Die an den Halgadomen aus solchen
sakral⸗sexuellen Mysterienopferhandlungen resultierende Nach—
kommenschaft — „Kotinge“, nämlich Göttersöhne genannt
— wurde planmäßig zur geistigen und körperlichen Helden⸗
laufbahn erzogen und zu großen politischen Aufgaben be—
stimmt. Daraus erklärt es sich, daß in der germanischen
heldensage alle großen Volkshelden aus dem Dunkel unge⸗
wisser Abstammung hervorgehen Eiegfried u. a.) und als
„Findlinge“ bezeichnet, ihnen immer aber mystische Eigen⸗
schaften beigelegt werden, welche eine ganz bestimmte Ab⸗
sichtlichkeit erkennbar machen, und ebenfalls daraus erklären
sich die Stammesmythe alter Geschlechter Merowinger usw.),
welche immer ihren Urahn von ganz bestimmten Götter⸗
zestalten und ganz bestimmten mythischen Ereignissen her⸗
leiten, welche in den Mysterienspielen begründet sind.**) Die
G.K.«B. Vr. 2, Seite 42 ff, Armaninen.
*) Die Abstammung der Kotinge aus solch saerar sexellen Myste⸗
lien, habe ich dichterisch in meinem Roman Carnuntum“ Gerlin,
Brote, 1888) ausgeführt; ebenso in meinem Roman „Pipara“, in
meiner Novelle Reckenminne (Alraunenmären u. a. O).
50
Wappensagen. Kölner Karneval. Faschingsbräuche.
—
spätere christliche Ara jedoch, welcher der Zusammenhang
der Geschlechts· und Wappensagen mit der „heimlichen Acht⸗
dem großen Geheimnis der armanischen Skaldenschaft) un⸗
klar geworden war, nahm diese Sagen vom rein mythischen
Standpunkte auf, und verwies sie in das Reich der Fabel,
aus welchem sie nun eine glänzende Auferstehung finden
werden, um ein neues, ungeahntes Cicht auf die arisch⸗-germa⸗
nische Vorzeit zu werfen. Das Besondere für den Uölner
arneval ist das sprichwörtlich noch genannte „Bohnen⸗
lied“, an das der Ausdruck, „das geht noch über das Boh⸗
nenlied“ erinnert, obgleich dieses Bohnenlied jedoch verloren
zegangen ist. Dieser alte arisch-germanische Fas⸗ingsgesang
läßt sich aber wieder herstellen aus verschiedenen Kölner
Redensarten, welche scheinbar sinnlos sind, aber uralte An—⸗
klänge enthalten, die jedoch hier zu deuten unterlassen bleiben
mag. Der „Rosenmontag“ ist ebenfalls spezifisch Kölner
Eigen, und war der alte Vereinigungs- und Eheschließungs-
tag. Ebenfalls war es Rölner Brauch, am Faschingsdienstag
die „alten Jungfern“, dort „Möna“*) genannt, zu bewir—
ten, wobei ihnen Spottgebäcke vorgesetzt wurden, uͤnter wel⸗
chen die bekannten „Nonnenfürzchen“ nicht fehlen durften.
Um späteren Wiederholungen vorzubeugen, sei gleich hier
einer alten Wiener Gepflogenheit Erwähnung getan, weiche
noch heute bei keinem der Faschingszüge außeracht gelasfsen
wird, und wie in Köln auch in Wien an den Fafchings
dienstas und an den „Dom“ gebunden ist, da“eben alle
Domkirchen an Stelle der wuotanistischen Halgadome
getreten sind. Sie haben deshalb auch alle ihre Teufelssagen,
denn der Teufel ift ja eben der Zeuger, der in den Halga⸗
*) Möna von mönak oder mönask; „mön“ — Mann, Mond,
Zeuger; ak oder ask (3. Wortstufe) verkehrt, vernichtet; also: „un—
ruchtbar“. — Dasselbe Wort bedeutet auch Münnich“, „Möonch“,
ohne vom lateinischen „monachus“ abgeleitet werden zu müfssen, da
arische Sprache dieselben Ur- Keim⸗ Wurzel und Stammworte
besitzt.
b1
Stephansturmreiben in Wien. Mensch im neutrum.
domen seine Heilsstätte hatte. In Wien sagt man, daß am
Faschingsdienstag die alten Jungfern den
Stephansturm reiben müßten; warum dies aber
geschehen muß, daß weiß niemand, und um das zu fragen
fällt auch niemandem ein. Aber in allen Faschingszügen
erscheint auf einem Wagen der Stephansturm, welchen wahre
Prachtexemplare altjüngferlicher Spottgestalten mit Waschel
und Reibsand eifrigst bearbeiten. Das ist eine Hieroglyphe,
ist reine „Nala“, nämlich ein Rest jener alt⸗skaldischen Kunst,
durch versteckten (verkalten) Doppelsinn der „Rennworte“ alte
Uberlieferungen zu bhewahren, welche in ihrer exoterischen Deu⸗
tung nebensächlichen Sinn, in ihrer esoterischen Lösung aber
dem Wissenden wichtige Uunde geben. Die „Uennworte“
jener uralten Wiener AUberlieferung lauten:
„Fasching⸗Dienstag — alte Jungfern — Stephansturm
reiben“, rückübersetzt: „fasing thingstag mönak (möna)
sta fa thurn ri ban“ — das will sagen: „Zeugungsgerichts⸗
tag. Nichtzeugende beständige Zeugung verdrehend, zeugen
sich den Cod.“ Das weist auf ein in Urtagen geübtes „Seu⸗
gungsgericht“, das Zeugungsuntüchtige zum Code ver—⸗
dammte, im Interesse tüchtiger Nachkommenschaft, welche
eine der Hauptziele der Sexualreligion wie der Sexualmoral
war. Später unterblieben die CTötungen, und verfielen jene
Unglücklichen einem an Sklaverei grenzenden Dienstverhält⸗
nisse, indem sie aller Menschenrechte entkleidet, nur mehr
Sache waren, aus welchem Verhältnisse sich der verächtliche
Ausdruck für Mensch im neutrum, nämlich das Schimpf-
wort „das Mensch“ erklärt.
Es wurde schon erwähnt, daß jeder Halgadom nicht
nur allein Stätte der Gottesverehrung, sondern zugleich auch
Schule und Gerichtsstätte war, und daß die Skalden gleich⸗
zeitig Priester, Lehrer und Richter und damit auch die Walter
des Volkes waren. Der Ario-Germane glaubte
eben nur das, was er durch intuitives Erken—
nen wußte, und lebte auch danach und folglich
4*
32
Dulken. Julier. Treverii.
waren, Religion, Wissenschaft und Recht ein
Begriff, und ruhte deren Ceitung und Wah—⸗
rung auch nur in einer Hand, der der Armanen.
In einem Armanengebiete nun, das einen Hhaupthalgadom,
vielleicht überhaupt den wichtigsten Haupthalgadom besaß,
wird es daher nicht besonders überraschen, zwei Armanen⸗
Unterabteilungen zu begegnen, von welchen sich allerdings
nicht mehr — vorläufig wenigstens — sagen läßt, ob diese
beiden Namen Parteien, sich gegenseitig bekämpfende Schulen,
oder höhere und niedere Stufen der Skaldenschaft bezeich⸗
neten, denn alle diese Namen sagen, daß es „Weise“ oder
„Wissende“ waren. Neben dem hauptnamen „Ubier“
kommen noch die „Dulken“ (die Ulken — die Wissenden
mit ihrem Ol-Orte „Wilich“ — uilich bei Bonn) und die
Julier“ (irulieer — Wissende Leute) vor, welch letztere
bei „Jülich“ (i⸗- ulih — bei den Wissenden) saßen, um dort
— moͤglicherweise — eine Art von Vorbereitungsanstalt für
den Haupthalgadom von VKolne zu leilen. Ferner kommt im
Gebiete der Übier noch der Name „Confluentes“ vor,
dort, wo die Wosel in den Rhein mündet, welcher Name
lediglich Ceute bezeichnet, welche von Flüssen eingeschlossen
iind, also mit der Armanenschaft als folcher in keiner Be⸗
ziehung standen (Noblenz; „kob — Bogen; „lenz“ — ein⸗
schließen).
Die Mosel aufwärts treffen wir abermals auf ein Ur⸗
gebiet mit einem berühmten Hhalgadom, es ist das Gebiet
der Creveri“ (Trier), nämlich „Urzeugung“ („tre“ —
tri, Seugung: „ueri/ — uri— Ur, also: Urzeugung).
Auch nahe bei Trier liegt eine Ortlichkeit mit dem Ramen
„Olewig“ („ole“ — Wissen; „wig“ — geweiht; oder
auch „ol“ Wissen, „ewig“ — eibig also eiwede „Wis⸗
sens geweiht“ oder „unvergängliches Wissen“ besagend). Es
war Olewig also ein Ol-On außerhalb des halgadoms,
vermutlich wie bei KRöln eine Zweig⸗ oder Vorbereitungs
anstalt für den großen Halgadom
Mediomatrici. Divodurum. Mettis. Ceuci.
53
Südlich von den Trevieren dehnt sich das Gebiet der
„Mediomatrici“, deren Hauptort anfänglich „Divo—
durum“ (Götterburg) genannt wurde, endlich aber als
Mediomatricorum“ erscheint, während der vorrömische
Name „Mettis“ in nachrömischer Zeit wieder zur Gel—
tung kam, da die Germanen keinen Fremdnamen
übernommen oder auch nur umgebildet haben,
sondern immer ihre eigensprachlichen Benen—
nungen,anwandten und pflegten. Die berüchtigte
deutsche Fremdlandssucht wurde erst etliche Jahrhunderte
später den Deutschen gewaltsam anerzogen und es wird
wohl noch sehr lange währen, um dieselbe ihnen wieder ab—
zugewöhnen. Der Name „Mettis“ aber bezeichnet Gott
als Schspfer, und paßt ganz vorzüglich darauf die
römische Namensübersetzung „Divodurum“. Wie aber der
Stadtname „Mettis“, der sich regelmäßig bei allen ,Mettis-
Orten“ in „metz“, „mezzo“, „mutz⸗ verflachte, mundartlich
in „mütt“ abschliff, beweist, daß der Turm der
Stephanskirche in Metz, sowie die große Glocke
desselben, welche beide als Wahrzeichen Metz's gelten, fran—
zösiert „la Mutte“ (sprich „muͤtt“) genannt werden, wo⸗
rinnen eben das alte „mettis“ inkarniert ist. Sehr bezeich—
nend ist der Umstand, daß diese Uirche dem heiligen Stephan
geweiht ist, auf welchen Umstand später zurückgegriffen
werden soll.
Südlich des Gebietes der Mediomatriker ist das der
Ceuci“, welche ihr Name als Gesetzeskenner („leu“ —
Gesetz; „ki“ — kennen) bezeichnet. Der alte „Wasken—
wald“ (u⸗ask Entstehung), lateinisch: „Vosagus mons“,
heute verderbt in „Vogesen“, scheint als ihr Urland ange—
sprochen werden zu dürfen, umsomehr, als auf der östlichen
Seite des Waskenwaldes, rheinabwärts die „Raurici“, die
Triboker“, die „Nemeter⸗ und die Bangionen⸗
Medio“, mettis SSchöpfer;?, mat“ — Macht; „rici“ S rei
d. i. öpf mar cht; „ri c
54
αιιιια
Ceuci. Tiboker. Raurici. Nemeter. Vangionen.
—
saßen, welche — mit Ausnahme der „VNemeter“ — wohl
hrem Stamme zugezählt werden müssen. Die „Criboker“,
obwohl kleiner an Sahl und Gebiet als die „Ceuci“, dürften
wohl deren Urstamm sein, denn ihr Name, der sich in „tri“
— Zeugung und „boki“ (bok) Cräger auflöst und sie
als die „Entstehungsträger“ kennzeichnet, laͤßt sie als ein Ur—
volk erkennen, dem wahrscheinlich die Ceuci entstammen. Süd⸗
lich erscheinen die Raurici“ („rau“ srod! — Recht; „rici“
— reichen), die „Rechtsreichen“, als deren Armanen mit
den Ol-Orten: „Olten“, das alte „Rauricorum“ („ol“
— Wissen; „ten“ — halten, stützen) und „Oelenberg“
„öl“ — Wisfen; „en“ — Maͤnner, Leute, „berg“ — geheim,
geborgen, also: Männer des geheimen Wissens). Nördlich,
bis in die Mainzer Gegend, saßen die „VVangionen“,
deren Name („wang“ — die Eingeschlossenen; „anen“ —
Männer) sie als zwischen andere Stämme eingeschlossen be⸗
zeichnet; noch erinnert „Mannheim“ daran. Die „Neme⸗
ler“, deren Name sich löst in: „nem“ — nehmen; „ed“ —
Gut und „er“ Ceute, welche sich also als die „Güter⸗
nehmenden Ceute“ kennzeichnen, scheinen die Vangionen aus
ihren Sitzen verdrängt und von ihrem Volke (Triboker, Rau⸗
rici und CLeuci) losgelöst zu haben, worauf sich die Vertrie⸗
benen in Ringwälle einschlossen ( Worms, Mannheim, Mainz)
und daher „Vangionen“, die im Wang oder Pferch Einge⸗
schlossenen genannt wurden.
Diese Trennung war aber in sehr früher, weit vor—
römischer Zeit erfolgt, und hatte vorlängst schon einer Ver⸗
schmelzung der feindlichen Stämme den Weg gebahnt.
Worms wurde zum Urorte der Vangionen, wie aus dessen
Wappen, dem Schlüssel „tri“, dreh, ur) und dem Stern
ssteor — Wiedergeburt) hervorgeht, und auch der Name,
sich lssend in „or“ — (wor, uor, or) Nachkommen und „mes“
— mehren, besagt dasselbe.
Ebenso hatten die Nemeter“ in „Spever“ ihren
Nrort, dessen Name sich von „pyr“ — Feuerzeugen ableitet,
55
Speyer. Sequani. Helpetier. Schweiz.
und das zu einem hochbedeutsamen Ol-Orte erwuchs. Ja,
Cokalsagen behaupten, daß der Gründer von Speyer, oder
wie der alte Name „sappyra“ lautete, CTervirus, ein Sohn
des Mannus und ein Enkel Tuiskos (Ciuskfo's) gewesen sei,
was allerdings mit „sa⸗pyr⸗ra“ übereinstimmt, denn Ter⸗
virus löst sich auf in „ter⸗yr⸗us“; sa und ter — zeugen; pyr
und fyr — Urfeuer; ra und us — entsprossen. Beide Namen
sagen also: Aus dem zeugenden Urfeuer entsprossen, und
zeugen wieder von „verkalten“ Uberlieferungen, welche an
eine mythische Persönlichkeit gebunden wurden, ein Beispiel
für berechnete Mythenbildung.
Im Süden der „CLeuci“ liegt das Gebiet der „Se⸗
quani“ („seguani“ — „segu“ (sig) — Sonne; „ani“
Männer), welche sich als Sonnemnaͤnner oder Armanen er⸗
weisen, mit ihrem Ol⸗Orte, dem heutigen „Salins“ („sal“
— Heil, „in“ — innen; Innerliches Heil). In Sankt
Etienne“) Gtephan) bietet sich ein Ist-foronen⸗Ort; da⸗
von später.
Mit den „Hhelvetiern“, richtig „Helfetsen“, bietet
sich das interessante Beispiel einer Ist-foronen⸗Kolonie. Die
Stammsage der Schweizer berichtet, daß sie aus Schweden
ausgewandert und sich hier niedergelassen hätten. Der Name
„Schweiz“, aus „suits“ gebildet, erinnert an die „Suito—
nen“, die Schweden, wie an die „Suebi“, die Schwaben
— wie schon oben Seite 31 gezeigt wurde — und erweist,
in Abereinstimmung mit der schweizerischen ESinwanderungs⸗
sage, die Besiedler der Schweiz als suetonische Ist-fo⸗onen.
Dies erhärtet noch mehr der Name „Helfetsen“ (elve—
tier), denn dieser löst sich auf in „hel“ — dunkel, verborgen,
und „fetsen“ — fortziehen, wandern, und besagt somit: „Ins
Dunkle, Ungewisse gehen“, oder „fortziehen auf Nimmer—
wiederkehr“. Es wiederholt sich hier dieselbe Erscheinung,
welche schon oben auf Seite 42 bei den „Wandalern“
Altfranzssisch: St. Estienne.
56
Uri. Unterwalten. Schwyz. Ariobrygen. Aedui.
sich ergab, daß die Ist-fo⸗onen gelegentlich der Ausfahrt
einen neuen Namen erhielten, unter welchem sie auf Land—
erwerb auszogen und das gewonnene Neuland damit be—
nannten. Hier Helfetser“, dort WMandaler“. Den Zen—
kralpunkt ihres Neulandes machten sie zum „Ur-Ort“ und
nannten ihn „Uri“ (Urzeugung); das Armanengebiet, dort
wo die Göttlichen hier unten auf Erden walten, nannien sie
„Unterwalten“, und von „Schw yz“ (suits) aus lenk⸗
ten sie später ihre Ist-fo-onen⸗Scharen, um andere Gebiete
Kantone —- zu kolonisieren. Diese, von ihren Ist-fo⸗onen
gebildeten Niederlassungen, umfaßte darum der alle Stamm⸗
name „Schweiz“, der schon in ihrem ersten Ist-fo⸗onen⸗
Gebiet „Schwyz“ zum Ausdrucke gelangte.
Südlich, auf dem Boden der heutigen Provençe, Sapvo⸗
yens und Nord⸗Italiens, erscheinen noch die „Aliobro—
gen“, auch „Plobrygen“ oder „Ariobrygen“ ge—
nannt, welche wohl eine Markgrafschaft bedeutet haben
mochten, wie aus dem Umstande hervorgeht, daß unter allen
bisher genannten arisch⸗germanischen Völker⸗ und Stammes⸗
namen dieser der erste ist, in welchem das Wort „Arier“ er⸗
scheint, das nur noch einmal vorkommt, wie sich später
zeigen wird. Alle Stämme und Völker wußten es eben, daß
sie Arier waren und dies als selbstverständlich erkennend,
nahmen sie dieses Wort nicht in ihre Sondernamen auf, wie
ja, vergleichsweise bemerkt, nirgends in ähnlichen Namen
der Begriff „Europa“ angewandt wurde. Hier aber, zur
Benennung einer Grenzwehr in den Alpenpässen, angesichts
der wilden Natur mit ihren Eiswüsten und deren Schreck⸗
nissen, paßte gerade dieser Name als „Arierschrecken“ wun—
derbar hinein, denn „brog⸗er“ oder „brygeer⸗ bedeuet
Schreckensleute“ Schreck⸗ers und in Verbindung mit dem
Begriffsworte „Arier“ somit die „arischen Schreckensmän—
ner“, vor welchen — besonders in den unwegsanen Gebirgs—
schluchten — die Cegionare gewaltigen Respekt hatten. In
Herbindung mit den „Aedui“, („ed“ — Gut; „ui —
57
—Z
Ceutronen. Nantuates. Narisker. Gabreta Spylva.
Ceute) oder „Edener“ hielten sie Julius Cäsar wacker
stand, und erschwerten ihm das Eindringen nach Gallien in
zanz besonderer Weise. Benachbart nach Südost lag das
Hebiet der „Ceutronen“, ebenfalls eine Ist-fo⸗onen⸗
Niederlassung, denn deren Name kennzeichnet sie gleichfalls
als Nimmerwiederkehrende (‚ce“ ke) — kein;
„utr“ satorj — Wiederkehr; „onen“ — Maͤnner). An sie
stoßen die „Nantuates“ („nanthu“, „nand“ — der Lühne;
„ates“ katesl — Kämpfer), wieder eine Militär-Kolonie.
Die anderen ario⸗germanischen Namen in Gallien und
Italien gehören nicht in den Rahmen vorliegender Studie,
da deren Verwelschung schon in den ersten Jahrhunderten
unserer Zeitrechnung derart im Zunehmen begriffen war,
daß sie schon damals als verloren betrachtet wurden, wie
solches die vielen Stephansorte erkennen lasseñ, auf deren
besondere Bedeutung noch zurückgegriffen werden wird.
Weiter nach Osien vorrückend und das römische Koloni⸗
—
siich nördlich der Donau und des Vallus Romanorum die
Narisker“ längs des heutigen Böhmerwaldes, welcher
als „Sabreta Silva“ erscheint. Der Waldname „Gab⸗
reta“ aus „gabor“r) — Geber und „eta“ — Güter, Besitz,
bezeugt, daß die Narisker im Walde lebten und aus diesem
ihre Kahrung zogen, nämlich ihren Unterhalt, ihr Heil, was
auch ihr Name besagt, denn „nar“ — Heil, Unterhalt, „isk“
ask) — Entstehung, „er“ — CLeute, somit: Heilsentstehungs⸗
leute. Sie In eben im besitzversprechenden Walde ihr
heil, ihren Unterhalt suchend, sich niedergelassen. Ihr Ol—
Ort, wo ihre Armanen saßen, war „Oelnitz“ bei Zwickau
„oel“ — Wissen, „nitz“ snioʒzanj — Nutzen, genießen; also:
Wiffensausnůhungs, wãährend ihr Hauptort die heutige Stadt
) Gabor, Gibor, Gaber ist aber auch einer der fünfbuchstabigen
Namen Soltes, worauf in G.L.⸗B. Nr. s besonders hingewiesen werden
vird. Vergl. auch Gibraltar — Gibor⸗Altar; zwei fünfbuchstabige
Hottesnamen.
58
—æc.
Eger. Vindelicer. Rhätier.
Eger in Böhmen war. Der ursprüngliche Name der Stadt
Eger muß nach deren Wappen „Agar“ gelautet haben, denn
das Wappen wird wie folgt blasoniert: Geteilter Schild,
oben ein halber schwarzer Adler in Gold, unten ein weißes
Schräggitter in Rot. Das löst sich hieroglyphisch auf in:
or ar swart half. ruoth gund agen wyd
Gold Aar schwarz halb. Rot Quergitter, weiß)
und besagt: Nachkommen (ind) Sonnenschwerthilfe; Recht
entscheidet lebendes Gesetz.) Danach besagt der Name Eger
agar) „lebendes oder quellendes Recht“. Nicht unerwähnt
mag bleiben, daß die russische Adelsfamilie „Naraskin“,
welche aus Eger stammt, das gleiche Wappen wie die Stadt
Eger führt und in ihrem Namen an den Stamm der „Na—
risker“ erinnert. Nebstbei sei bemerkt, daß die Mutter des
Zaren Peter des Großen aus der Familie „Naraskin“
tammte.
Ostlich von den Agri décumati und südlich des Vallus
Romanorum stoßen wir zuerst auf das große Völkerbündnis
der „Vindelicer“ in „Rhätien“, dem dann ostwärts
die Noriker und Pannonier folgten. Spätere Verschiebungen
haben dann eine Anzahl neuer Namen auftauchen lassen,
welche manche Aufschlüsse bezüglich der sogenannten Völker—
wanderung ergeben, die aber, über den Rahmen vorliegender
Intersuchuns hinausgehend, hier nur angedeutet werden
önnen.
Der Name Vindelicer“, richtig: „Findeliker“,
löst sich in: „finde/ — finden und „lik — Einfassung, Ge—
setz, mit dem bekannten „er“ — Ceule am Schlusfe, und kenn⸗
zeichnet sie als Ceute, welche sich in einer gesetzmäßigen Ver—
). Nach einer mir gewordenen privaten Mitteilung soll der halbe
Adler im Egerer Wappen ein halber Hahn sein, wonach die hiero—
gzlyphische Lssung folgendermaßen lauten würde:
or han swart half. ruoth gund agen wyd
[Gold Hahn schwarz halb. Rot Wuergilter weiß)
das sagt: Nachkommen haben Schwerthilfe. Recht entscheidet lebendes Ges etz.
59
Brigantier. Breonen. Consuantes. Licates. Genauni. Noricer.
einigung, also einem Völkerbund, befinden, also aus meh—
reren Völkern oder Stämmen bestehen müssen. Unter diesen
sind die „Rhätier“ die ältesten, denn „rhe⸗ti“ — Seugungs⸗
ursprung, folglich ein Urland. Um dieses Urland nun grup⸗
pieren sich die anderen Völkerschaften des Bundes der Vin⸗
delicer. Gegen Südwesten, längs des Bodensees Odinssee)
und beiderseits über diesen hinaus, ist wieder eine Grenzgraf⸗
schaft bemerkbar, unter dem Namen der „Brigantier“
von „brigan“ — Schrecken; „ti“ — erzeugen; „er“ —
Leute), die „Schreckenerzeuger, deren Burgen in „Brigo—
banne“ Echreckensbann, heute Breunlingen) und „Bri—
zantium“, heute Bregenz, erkennbar sind. Längs des nach
hnen benannien „Brennus“ Grenner) saßen die
„Breuni“ oder „Breonen“, nicht minder eine Grenz⸗
miliz wie die vorige, denn auch deren Name löst sich in „bre“
— Brand, brennen und „onen“ — Männer, und scheinen
also mit den Brigantiern eine geschlossene Uette zur Grenz—
hut gegen Rom gebildet zu haben. Hinter dieser Verteidi⸗
gungslinie saßen die „Consuanten“ („kon“ — umfassen;
suan“ — einschließen; „etes“ — Güter; „Konsuanetes“
— zusammenhängende Güter), die „Licates“ („lik“
Einfafsfung; „etes — Güter) und die „ßenguni“ („ge“
— Erde; „na“ — geboren; „uni“, oni — Männer), die
Erdgeborenen, also wieder ein Urstamm. Das Armanen⸗
zebiet dieser Namensgruppe wurde nach den Runikaten“
(„runi“ — Runen; „kat“, kut — schneiden, ritzen; „en“, er
— Ceute) benannt, deren Ol-Ort war „Ulme“ (ol⸗me —
Wissensmehrung) das heutige Ulm mit seinem Dom.
Nach Osten reihen sich die Noricer“ („nor — Felsen;
„ik“, ask — entsprungen, entstanden), ein Urvolk an, dessen
Grenzwehrmannen nach den Flüssen genannt wurden, an
denen sie faßen; so die Ambisontes“ („ambi“ Dienst⸗
mamnnen; „sontes“ — Sontus), Ambidravi“*) („ambi“
Im Gebiete der „Ambidravi“ liegt der Ol-Ort „Olang“ [„ol“
— Wissen; „ang“ — eingeschlossen).
30
Ambisontes, ⸗dravi, lices. Alauni. Sevages. Taurisker. Styria.
— Dienstmannen; „dravi“ — Drau), „Ambilices“
„ambi“ Dienstmannen; „lici“ — gesetzlich verpflichtet;
also ein Grenzwehrvolk); der Ambilicier Hauptorte waren
„DVirunuum“ („phyr“ — Urfyr; heute KUlagenfurt) und
„Cilli“ („cil“ — ziel — zeugen; „liki“ — Gesetzs. Außer
diesen sind noch zwei Armanengebiete zu erkennen, und zwar
das der „Alauni“ („ala“ — fyr, Feuer, Sonne; „uni“,
oni — Männer), deren Ol-Orte „Juvacum“ oder „Ju—
oiacum“ („juva“, jofa jovis — Feuerzeugung, „ak“ —
hervorkommen; also aus Feuerzeugung entstanden; daher
der Stier Uri— von Salzburg) und „Ulrichsberg“ („ul“
— Wissen; „rich“ — reich; „berg“ — geborgen) — ge—
borgenes Wissensreich. Dann das der „Sevages“ (,se“,
si — Sonne; „uages“ — agen — hervorkommen) also vom
zleichen Verstande, mit ihrem Ol-Orte „Ovilava“ („ouil“
— ol — Wissen; „ava“, aga — hervorkommen) dem heu⸗
tigen Wels. Ein weiteres Volk der Noriker waren die
„Taurisker“ („thur“, tyr — zeugen; „isk“, asf — Ent⸗
tehung), ihr Name lebt noch im Namen „Styria“ —
Steiermark, wie in steirischen Wappen fort. Letzteres ist der
heraldische „Panther“, dessen Name sich löst in „pan“ — pyr
— Urfeuer und „tyr“ — Zeugung, bedeutet somit Urzeu⸗
gung. Ihr Hauptort war „Noreija“, das heutige Neu—
markt in Steiermark.
Aber auch in dem Gebiete der heutigen Steiermark,
welches durch seinen Namen „Styria“ und sein uraltes Wap⸗
pen sich als ein ariogermanisches Urland erweist, erhebt der
Slave seine raublüsterne Hand nach urheiligem germanisch⸗
deutschem Erbbesitz. In erster Linie handelt es sich um die
Hauptstadt Graz an der deutschen Mur wie oben in Böhmen
an der deutschen Moldau um die Hauptstadt Prag, auf deren
deutschen Namen und deutschen Ursprung wir noch eingehend
zurückkommen werden. Der in Graz verstümmelte deutsche
) Ursprung des franzsösischen Wortes „gavages“ — weise.
61
Graz, Grätz oder Creutz, Graiacum. Kreuzenstein.
Name lautet: Creuz“) und war im Jahre 1735 noch unver⸗
gessen.“) Die heutige Namensform ist einfach durch lautliche
Abschleifung aus Kreuz entstanden und hat mit dem slavi⸗
schen „gradez“ gar keinen Zusammenhang. Aber unsere For⸗
scher der alten Schule, die keinen Begriff von einer Ursprache
hatten und über das Althochdeutsche nicht hinauskonnten,
verwiesen jeden ihnen unverständlichen Ortenamen aus Be—
quemlichkeit entweder in das Slavische oder Keltische, um so
seiner los zu werden und nicht sagen zu müssen, daß sie un—⸗
fähig wären, ihn zu erklären. Welch traäurige Folgen fie damit
heraufbeschworen, das bedarf wahrlich keiner befonderen Er⸗
wähnung. Auch die modernen Uonversations-Cexika, wie
Brockhaus, Meyer usw., schreiben unkritisch den verderblichen
Unsinn der slavischen Abstammung von Graz und vieler an⸗
derer Ortenamen nach; und gerade deren Redaktionen hätten
die nationale Pflicht, derartigen Wahnsinn nicht unkritisch
ins Volk zu tragen.
Es wuͤrde für sich ein Buch allein füllen, die Fluß-, Berg,⸗,
Flur⸗ und Ortenamen der schönen deutschen Steiermark auf
ihrenausnahmslos ariosgermanischen Namens—
ursprung zurückzuführen und weit die uns gezogenen Gren⸗
zen überschreiten, während Einzelheiten als Beispiele zu bieten
wenig nutzen würde, zumal gerade in Steiermark ein vielver⸗
sprechender Anfang zur Begründung einer Ortsnamensfor⸗
) Creutz mundartliche Bildung aus: Krajan Kreiden, daher la⸗
einistert: Graiacum. Der Name, Kreuz“ (Creutz) hat mit dem Begriffe
des Ureuzes keinen Zusammenhang, ebensowenig als der Burgname
„Kreuzenstein“ (Nieder⸗Osterreich) mit dem Kreuze etwas zu tun hat,
denn letzterer entstand aus „Krajanstein“, dem gelsen auf welchem
die Argjan“s oder „Kreidenfeuer“ (Alarmzeichen) angezündet wurden.
*) Zedler: Großes, vollständiges Universal-CLexikon, Eilfter Band,
Seite 507: „Grätz oder Creutz, Cat. Graiacum, Graecicum, Savaria
und Criscum, eine prächtige Stadt in Nieder-Steyermark, usw.“ —
serners in: Kreckwitz, Beschreibung von Ungarn. — Zeillers Reichs-⸗
Seographie, J. pg. 537. — Hungar, per Stüdel, II. 69. 411, 551. —
Intinerar German. J. pg. 58 ff.
2
— 5—
Venonetes. Isarci. Tridentini. Oltresarke.
schung bereits von Roman Walter in Graz unternommen
wurde, der die Ergebnisse seiner Namensforschungen in
mehreren ausgezeichneten Studien in der prächtigen Wochen⸗
schrift „Grazer Wochenblatt“ (redigiert von Professor Aure—
lius Polzer, dem bekannten verdienstvollen Germanisten) ver⸗
zffentlicht wurden. Von diesem rührigen Kreise in Graz, dem
ferner noch Professor Dr. Ferdinand Khull, cand. puil.
Franz Wastian, Karl Gawalowski, Dr. Anton Schlossar u. a.
aingehören, ist für die Zukunft auf diesem Gebiete der For⸗
schung noch vieles Grundlegende und Richtigstellende zu er—
warten.
Südlich der langen Waffengrenze der Brigantier und
Breonen, noch zu Rhätien gehörend, finden sich die „Ven o—
netes“ („venon“, fennen — Heuger, Sennen, Hirten; „etes“
— Güter: Sennen⸗, Hirtengüter), die „Jsarci“ („is“ —
Eis, Gletscher; „arki“ eingeschlossen, vergl. Archer,
„Archiv“: die zwischen Gletscher Eingeschlossenen). Deren
Armanengebiet war das der „Tridentini“ mit dem
hauptorte „Dridentum“ („tri“ — SFeugung; „dent“, tent
— halten, bewahren; „ini“ — Männer) und dem Ol-Orte
„Oltresarke“ bei Arco am Gardasee („ol“ — Geist,
Wissen, „tre“ — zeugen, entstehen; also Wissensentstehung.
Sarke“ ist der Flußname, gebildet aus: „sa“ — zeugen,
„arke“ — Bogen, Einschließung, der in Bogen, Krümmun—
zen Einschließende).
An diese rein ario⸗germanischen Gebiete schließen sich
nach Süden durch die Combardei und die Riviera noch mit
ario⸗germanischen Namen bezeichnete Völkerschaften an, welche
aber schon längst der Verwelschung zum Opfer gefallen sind,
obwohl noch in später Zeit, im vierten, fünften und selbst
noch im sechsten Jahrhundert ario⸗germanische Ist-fo⸗onen⸗
Züge der Gothen, Cakkobarden, Rugen, Heruler usw. dort
das ario⸗germanische Element auffrischten, es trotzdem aber
vor dem Versinken im italischen Völker- und Rassengewirr
nicht zu bewahren vermochten. (Siehe darüber mehr weiter
63
Uimbern der „sieben“ oder „dreizehn/ Gemeinden. Cenomani.
— —
unten samt den entsprechenden Anmerkungen). Die letzten Reste
deutscher Sprachinfeln sind die „sieben“ und die „drei⸗
zehn Gemeinden“ Git und Tredice Comuni)ꝰ) in den
Provinzen Vicenta und Verona Ober⸗Italiens, die sich selber
noch „Uimbern“ nennen. Bei diesem Namen darf aber
nicht an die nordisch-sächsischen Kimbern gedacht werden,
ebensowenig als die Stadt Cimbria (Stuhlweißenburg in
Ungarn) und andere Rimbern⸗Orte mit jenen in Zusammen⸗
hang gebracht werden könnten, sondern lediglich an die im
Namensbegriffe gelegene Bedeutung „Ueimträger“ als Be—
zeichnung einer Ist-fo⸗onen⸗Nolonie, welche das Volk fort⸗
pflanzen sollte. Wenn sich diese sieben und dreizehn Ge⸗
meinden daher selber „Nimbern“ nennen, so tun sie es
mit vollem Rechte, trotz der aus Uwverstand dagegen erho⸗
benen gelehrten Bedenken.
Die „Kimbern“ jener „sie ben“ und „dreizehn Ge—
meinden“ sind eben die Reste alt⸗germanischer Ansiedelun⸗
zen als Paßwarten, um die Mündungen der Alpenpässe auf
talischem Boden dem germanischen Mutterlande im Rücken
stets offen zu halten, welche Bedeutung und Bestimmung sie
auch noch im Mittelalter zu erfüllen hatten. Sie sind die
Keste der Markgrafschaft „Vern“ und wurden „Ceno-
mani“ genannt, nämlich Kampfbrandmänner. Cietrich
von Bern, Hildebrand, Hadubrand usw.).
Auch sie haben ig Ol⸗Orte, und zwar: Die „sieben
Gemeinden“ in „Asiago“ („as“, os — Mund; „asi“ —
Walter; „ago“ — bewegen, handeln; also: die handelnden
Walter) und die „gdreizehn Gemeinden“ in „Velo“
(„uel“ — ol; „lo“ Ort; Wissensort), in „Saline“ („sal“
— heil; „ini⸗ — Männer; also „Heils⸗“ oder Armanen) und
„Selva die Progno“ gpsel⸗ — sal — Heil; „pau — fa
— zeugen: Heilszeugung). Auch in „San Bartholomeo
) Deutschmythologische Landschaftsbilder von Guido List: „Auf
der Völkerheerstraße.“ Seite 150 — 162.
34
Cepontii. Salassi. Caurini. Etrusker. Veneter. Carantanien.
tedesco“ ist noch ein Ol⸗Ort in Erinnerung denn „Varthel“
ist ein alter Beiname Wuotans, ihn als den Feuerzeugenden
bezeichnend.
Hölkernamen aus Oberitalien wie: „Lepontii“ („le“
* Gesetz, „po“ — zeugen, „onti“ — Männer: gesetzgebende
Männer), „Salassi“ (,sal“ — heil, „assi“ — Träger:
heilsträger), „Laurini“ EStiermänner, VBiehzüchter, vergl.:
Taurisken), „Cenomani“ („ceno“ Feuer, Brand, kühn;
„mani“ — Männer), „Ligurier“ („lig“ — Gesetz, Licht;
„ur“ — Ur; „ri“ — zeugen, gezeugt; „er“ — Ceute: vom
Urlicht, Urfeuer erzeugte Ceute, Sonnensöhne, Urstamm);
„Veneter“ ESumpfgülerbesitzer); „Senones“ (Armanen, mit
ihrem Ol⸗ oder Armanenort: Ariminium); „Etrusker“
„etor“ — Wiederkehr; „usk“, ask — Entstehung; „er“ —
Leute; also: Leute wiederkehrender Entstehung, somit ein—
gewanderte Ist-foconen. Ihre Ol-Orte: „Volaterre“
„uol ol; „ater“ — Wiederkehr; „re“ — zeugen: wie⸗
—
— ski — Entstehung; „ini⸗ — Männer: Wissensentstehungs⸗
männer, Lehrer, Armanen), „Dolci“ („uol ol; „ki —
Ueim; Wissenskeim) und so viele andere bezeugen, daß das
Urelement auch im vorrömischen Italia ario germanisch war
und erst später der griechischen und phönikischen Kolonisation
wie dem Wachstum des römischen Weltreiches erlag.
Südlich von Noricum, im Südosten von Rhälien, liegt
das Gebiet der „Carni“ (die in Felsenkaren Eigeschlosfe—
nen; der Name erhielt sich im Landesnamen „Caran—
tanien“, Kärnten, obwohl die Gegend dem heutigen Urain
entspricht), mit ihren Ol-Orten „Julium Carnicum“
und „Forum Ju lium“, in den „Älpis julii⸗ gelegen (den
julischen Alpen), welche sich, ähnlich wie bei den Silingae
Schlesiern), als das „kulengebirge“ erkennen lassen, al—
den Sitz der „i⸗ulen“, der Weisen oder Wissenden. Alle diese
und die schon früher gezeigten „i⸗ul“-Bildungen der Ol—
Namen stehen aber keineswegs im Abstammungsverhältnisse
65
Julier. Panonier. Azalen. Zeizzoberge. Armanskoke.
vom Geschlechtsnamen der „Ju lier“ (Julius Caesar), wohl
aber haben sie mit diesem Geschlechtsnamen gemeinsame Ab⸗
stammung, denn die Julier waren in Urtagen aus „i⸗ulen“
entsprossen, somit romanisierte arische Armanen.
Auch aus diesem kurzen Beispiele von ario⸗germanischen
Volks⸗ und Orte-Namen ergibt es sich, daß, wie auf der
pyrenäischen Halbinsel, auch in Italien die ario⸗germanischen
Völkerschaften der arischen Rasse die Grundstimmung des
italienischen Völkergemengsels bilden, aber, von anderen
Mischrassen überflutet, ihrer Eigenart verlustig gegangen
sind. Gleiches läßt sich auch auf der Balkanhalbinsel und
den Balkanländern erweisen, was aber als unseren Vorhaben
zu entfernt liegend hier nur angedeutet werden mag.
Ostwärts der Noricer, am rechten Donauufer, breiten
sich die Cande der „Panonier“ aus, deren Name sich
lösend in: „pan“ — pflanzen, zeugen; „onen“ — Männer,
sie als Pflanzer oder Ackersleute und Viehzüchter bezeichnet.
Durch Panonien führte die breite Ist-foronen⸗Wanderstraße
nach dem Süden wie nach dem Osten (Donau) von den frü—⸗
hesten Urtagen bis zur Seit der großen Römerzüge der rö⸗
misch⸗deutschen Kaiser, weshalb gerade in diesen Landstrichen
viele Niederschläge der zahllosen Ist-fo-⸗onen⸗Hüge allüberall
verblieben, welche es daher ungemein erschweren, aus den
mannigfaltig übereinand und ineinand geschobenen Volks—
schichten die Urbevölkerung ausscheiden zu können. Von
Nordwest an der Donau beginnend, finden sich zuerst die
„Azali“, deren Name sich löst in „az“, as os — Mund,
Auferstehung, Ase; „al“ — Sonne als Urfeuer, und sie so⸗
mit als Urvolk erklärt. Ihr Urgebiet waren die „Heizz o—
berge“ (von Seizzo dem Schönen, Zeuger; römisch mons
cetius) und in diesen der Armanskoke“, die Ar manen—
burg, heute der hermannskogel, der Sitz ihrer Armanen,
von welchen aus, als die Ebene (das Wiener Becken) wasser⸗
frei und bewohnbar wurde, sie, diese als Weide- uUnd Ge—
winnland in Besitz nehmend, von den Höhen niederstiegen
8
86
Vian. Vianiomina. Stephansdom.
—
und bevölkerten. So entstand in Urtagen „Wien“, auf einer
Anhöhe über den Sümpfen des sich mählich entwässernden
Seebodens. Der Urname Wiens, in welchem schon das noch
heute mundartliche „Wean“ erscheint, lautet: „Dianio—
mina“ und löst sich aus: „pvian“ (Wean) — Weide, Ge—
winn;*) „io“ feurig, freudig (vergl.: „Jovis“, „Juppe“
usw.; als Freudenruf, im heutigen: „Ja“; als Bestäti—
gungs⸗ und Verstärkungsruf: in „Feuer⸗jo!“, „Mord-io!“);
„mina“ — Männer; also: Männer des freudigen
GHewinnes, der wonnigen Weide.s) „Vianio—
mina“ war also ein Ort der Wonne, der freudigen Entste—
hung, und hatte als solcher auch einen der Entstehung ge—
weihten Halgadom „sta fal“, der beständigen Zeugung ge—
weiht, der heute verchristlicht als „Stephansdom und
Stephansturm“ das Wahrzeichen Wiens bildet und
mundartlich der alte „Steffel“ (se — sta; fel — fa)
genannt wird. Das ist ebenfalls „Rala“ wie das „Stephans⸗
turmreiben“, von dem schon oben bei Köln (Nolna, Seite 47)
gesprochen wurde. Die alte hohe Schule zu St. Ste—
phan, die in das früheste Mittelalter zurückreicht und sich
1364 zur Universität ausgestaltete, fußt in der vorchristlichen
halgadomsschule und halte ihre Zweiganstalt im Neben⸗
halgadom zu „St. Ulrich“ Wissensreich), auf welchem
hügel im Jahre 180 die Leiche des Philosophen auf dem
Throne, Cäsars Marcus Aurelius verbrannt wurde und
NVergleiche das im Jahre 1000 n. Chr. von Leif entdeckte und
benannte „Winland“ sauf Labrador), das nicht als „Weinland“ er—
klärt werden darf, da dort nie Wein wachfen kann, fondern — wie
Wien — als Gewinn⸗- oder Weide⸗ sWinne, Wonne] Land.
Wein hat allerdings denselben Ursprung — von Gewinn entstand
aber weit später aus gleicher Wurzel.
ec) Es sind also hier zwei Namen zu beachten und zwar der Orts⸗
aame „Vian“, Dianjo!“ „Wienne“, „Wien“ und der Name der Ein—
wohnerschaft: „Dianiomina“ Wienermänner. Derartige Zweiteilungen
— und Einwohnernamen sind häufig auch añdrerseits zu be⸗
obachten.
67
Karnotjan. Canuntum. Osen.
welcher Ort schon seit mehr als hundert Jahren im an—
wachsenden Wien aufgegangen ist. Das alte Wappen kenn⸗
zeichnet Wien auch als halgadom. Heraldisch blasoniert,
eigt dieses Wappen ein weißes Kreuz in Rot. Als
hieroglyphe gelefen, sagt es: „ruoth wyd rod Ureuz)“,
nämlich: echts- und Gesetzes Ursprung.“ Das neue Wap⸗
pen seu Kaiser Friedrich III. ist der Doppelaar, ist aber für
Wien als Urort bedeutungslos. Der Nome: „Dianiomina“
wurde von den Römern in „Vindomina“ und „Vindobona“
verwandelt, aber, wie überall, so auch hier, tauchte sofort
nach dem Ende der römischen Invasion der alte germanische
Name wieder auf, denn nirgends auf deutschem
Boden haben'sich die Kösmernamen als, solche
dder verändert erhalten. Die Fremdnamensucht der
Deutschen ist viel jungeren Datums. Weitere Ol⸗Orte der
RAzalier⸗ waren „Ol lers bach“ („ol“ — Geist, Wissen;
are — von der Sonne; „bi ⸗ bei, von; „ag“ — Feuer;
olarsbiag“ — Strahlendes Geisteswissen), „Ulmer—
feld“ (Feld der Geistesmehrung) und viele andere. Unter
den Städien der „Azali“ sei nur eine genannt, nämlich „ANarr⸗
notjan“ (,‚kar“ — Einschließung; „notjan“ — wötig;
hon den Römern in „Carnuntum“ verderbth, das sich als
ein befestigter Platz — als ein heristal, eine Heer⸗Berge —
für den Fall der Kriegsnot erweist. Das Gebiet der Azali
erftredle sich langs der Donau bis zur Raabmündung (Arabo))
und war südlich von der Leitha Ciutaha), dem Neusiedlersee
und dessen Sumpfland, dem Hansag, begrenzt. Es muß aber
sich viel weiter ausgedehnt haben und auch auf das linke
Donauufer übergegriffen haben, denn dort, in den Kleinen
Uarpathen (eingeschlossenes Wachstum) erscheinen die „O si“,
deren Name mit dem der „Azali“ gemeinsamen Ursprung
bezeugt, nämlich „Entstehung“. Die Armanen der „Osen“ hat⸗
len ihren GlOrt in Ulma⸗ (Wissensmehrung) bei Versecz)
) Arra⸗bo: Sonnenrechtsbieter, Richter, Armanen; heute Raab.
**) Versecz: „uer“, ur — Ur, „Secz“ satz sitz; also: Ursitz.
5*8
38
Osen. Ostarland. Ostmark. Ostarici. Osterreich.
in Ungarn. Die von Norden eindringenden „Bo jer“ haben
sich über das Azalenland ergossen und dasselbe in ein östliches
und westliches Gebiet getrennt, indem sie selbst sich gleich
einem Keil in die Mitte eingeschoben und bis gegen Rhätien
das Cand besetzt hatten. Rame und Volkf der „Azalen“
wie der „O sen“ blieben aber trotz der Wirren der sogenann⸗
ten Völkerwanderung, trotz der folgenden Hunnen, Aparen⸗,
Magyaren⸗ und Mongolen Einfälle dauernd am allen Ur⸗
und Erdboden, der „hohen roten Erde“,) haften und
das beweist nebst vielen anderen Merkmalen auch noch der
Umstand, daß gerade es jene Candstriche waren, welche am
Beginne des sich neubildenden Deutschen Reiches unter der
Bezeichnung „Ost mark“ und „O starrici“ in dessen Ver—
band traten. Diese neue Form des allen Ramens gibt aber die
Bedeutung unverändert wieder, nämlich: „os“ — Auf—
erstehung, Entstehung; „tar“ — zeugen aus dem Ur, er⸗
schaffen; somit: Aufersiehungsland. Mark⸗ ist das be⸗
kannte „Grenze“, wie „rici⸗— „reich“ bedeutet und somit
hat sich der Name auch im Begriffe „Osterreich“ bis heute
erhalten, und zwar als dessen Urnaͤme mil Bezug auf dessen
Urvolk. Das sagt auch das Urwappen von Nieder—
Dsterreich, das heraldisch sich blasoniert:
„In Blau, fünf' goldene Adler.“
Das löst sich hieroglyphisch wie folgt:
„blah fem or are“,
und besagt: „Wachsamkeit (bringt zur) Entscheidung (der)
Nachkommen Sonnenrecht.“ Gewiß eine prächtig kennzeich⸗
nende Heerschildshieroglyphe fur den Markgrafen! Bejeich⸗
nend ist noch, daß in vorcarolingischer Zeit das Azalengebiet
im Besitze der uralten Grafen von Scheyren genaunt wird,
welcher Name früher als ein Stammname erscheint, und zwar
„Hochrotherd“, ein Ort im Wiener Wald, der sich als uralte
Femstatt erweist und besagt, daß das hochheiliger Erb⸗ und Rechts—
boden sei. Es war ein Fluͤr⸗ und Waldname der später auf die An⸗
siedelung übertragen wurde.
69
Aravisker. Grafen von Scheyren. Bojer.
in der Form „Skiran“ (Skeiren), was einfach „Richter“ be—
deutet und Armanen bezeichnet. Skire ist eben Richter und
heute noch wird der Richter in England „shire“ und „sherif“
genannt, sowie „skore“ eine Grafschaft bezeichnet; Graf
und Richter ist aber gleichbedeutend.) Der Besitztitel der
Hrafen von Scheyren ist also Irrtum; sie waren nicht
Besitzer dieses Candstriches, sondern Grafen oder
Kichter in demselben. Anschließend an die Azalen,
jenseits der Raabmündung, und eingeschlossen von der Drau
und der Donau, die bald ihren Ostlauf streng südwärts rich⸗
tet, findet sich das Gebiet der „Aravisker“, deren Name
sich löst aus: „ara“ — Sonnenzeugung; „visk“, uisk, ask —
Entstehung, also: aus Sonnenzeugung entstanden, somit ein
Urstamm. Ihre Hauptsitze längs der Donau waren „Ara⸗—
bona“ Raab), „Brigetio“ (Grenzwehr; O. Szöny bei Ko-⸗
morn), „Carpis“ (Gran), „Acincum“ (Alt-Ofen) usw., dann
„Cimbriana“ (Neim⸗Cräger⸗Männer; Urstätte), heute Stuhl⸗
weißenburg, und ihre Ol-Orte: „Halicanum“ (Heilsort),
wahrscheinlich Krapina⸗Teplitz und „Sala“ („Sal“ — —
heute Zala⸗Egerszeg, „Arade (Ar⸗rad — Sonnenrad, Son⸗
nenrat) usw.
Wie schon erwähnt, haben sich die „Bojer“ von Norden
kommend, wahrscheinlich durch das Waagtal auf Panonien
zeworfen, was möglicherweise die Veranlassung zur Errich⸗
tung des Grenzpostens von „Brigetio“ gab. Dies vollzog
ich allerdings schon in weit vorrömischer Zeit, da die „Bo—
jer“ als Ist⸗-fo⸗onen schon im sechsten Jahrhundert vor Chr.
ArV
Namen „Boicer“ erhalten hatten, da sie, dem Orakel gemäß,
dem Wolkenzuge, also dem Winde zu folgen hatten „boi“,
bö — Wind; „er“ — Männer). Ihr zweiter Ist-fo⸗onen⸗
Zug, der aus gleicher Orakelursache folgte, sehle sich in
Italien in der Po-⸗Ebene fest, woselbst sie ebenfalls als „Boii“
) G..B. Mr. 3, Seite 6a ff.
20
Boiohemum. Böhmen. Bojovari. Bayuvaren. Bavyern.
—
wie als „Gallii transpadana“ und „Gallii cispadana“
— unglücklichen Kriegen
aufgerieben wurden. Die Annahme, daß die italischen „Bojer“
nordwarts gezogen und sich in Pannonien und Rhätien seß—
haft machten, ist nicht annehmbar; sie sind sicher in den
nderen italischen Völkern aufgegangen, nachdem sie ihre
Selbständigkeit eingebüßt hatten. Der Hauptzug der Boier
hewegte sich durch den herzynischen Wald in das Innere
des heutigen Böhmens, das als „Bojohemum“, Bojerheim,
noch heute ihren Namen trägt. Von dort aus zogen in
späteren Jahrhunderten wiederholt bojische Ist⸗ fo⸗ onen⸗
Zcharen auf verschiedenen Wegen südwärts über die Donau
und zwar durch das Waagtal über Brigetio in das Gebiet
der „Azalen“, das Cand zwischen Neusiedlersee (Peiso Lacus)
und Plattensee besetzend und sich von dort aus nach Vori—
rum vorschiebend und so die „Azalen“ sowohl von den „Ara⸗
piskern“ wie den „Ofen“ abtrennend. Andere Süge gingen
durch den Böhmerwald nach Bayern,“ wo sie sich an der
Donau, dem alien „Batava“ („bat· — Sumpf, Wasser, Bad;
„ava⸗ Auen) gegenüber festsetzten und „Vojodurum be—
zründeten, welche Swesterstädte das heutige Passau bilden.
Hie Ol⸗Orte der Bojer in Pannonien waren „Oltid“ (Wissens⸗
e „Ollar“ (Wissenssonne) und „Olad“ Wissens⸗
zut, hort).
Die Ausbreitung der Bojer über die Donaulande und
Bojohemum bis über das ganze Südgermanien zeitigte in
den folgenden Jahrhunderten das große bayrische Vsnig⸗
reich, das innig verbunden mit dem später auf urarisch⸗
germanischer Grundlage entstandenem CLakkobardenreiche einen
machtvollen arisch⸗germanischen Staatenbund aufrichtete, der
ein großes mächtiges Deutschland hätte begründen können,
), Die Ist⸗fo⸗onen der Bojer nannten sich „Bojovari“, d. i.:
„Bojer-fahrer“, also wandernde Bojer, woraus der Name „Bayuvaren“.
Bayern sich entwickelte.
7.
Carni. Aemona. CLaibach. Klagenfurt.
wenn solches nicht durch den Frankenkönig Karl, den großen
zSlactenäre“, im Interesse Roms, im Ueime wäre zer⸗
treten worden.“)
Südlich der Bojer in Panonien findet sich noch ein Teil
der „Carni“ (heute Urain) mit, ihrem Hauptorte
Aemona“, dem heutigen „OCai bach“, was wieder ein
interessantes Beispiel von der Ubereinstimmung alter und
neuer arisch⸗germanischer Namen mit dem heutigen Wappen
bielet. Der alte Stadtname „Aemona, ldst sich auf in:
ae⸗ eh ⸗ Gesetz und „mona“ — Männer, bezeichnet
also deren Einwohner als „Gesetzesmänner“ somit als „Ar⸗
manen⸗. Der neue Stadtname „Caibach“ sagt dasselbe,
denn er löst sich auf in: „lai“ — lei — Gesetz; „bi“ ⸗ bei;
„ag“ — Feuer, Sonne; „birag“ — vom Sonnenfeuer um⸗
loht, somit: „vom Sonnenfeuer umstrahltes Gesetz“. Die
Wappen drücken dasselbe aus. So jenes von Urain, das
sich heraldisch blasoniert als: „Im silbernen Felde ein
blauer Adler mit Urone, auf der Brust ein Halb⸗
mond, rot-weiß geschacht. Die Kennworte sind:
Silber blau Urone
hieroglyphisch: sil⸗ber blah kereon
das sagt: Sonnenerzeugtes bewachen in steter Wiedergeburt
Cand, Gut) ewig)
Adler Mond halb rot weiß Schach.
ar man half ruot wyd agen
Armanen mit Hilfe von Recht und Gesetz, das sie hegen.
Das schöne Wappen von Caibach blasoniert sich: In
RKot ein weißer Curm, darüber ein grüner Drache,
inr child fuß ein beraster Dreiberg. Die Kennworte
ind:
*) Siehe darüber meinen Essay: „Karl der Große und der
dreiunddreißigjährige Sachsenkrieg“, Berlin, „Vossische Zeitung“,
Sonntagsbeilage Vr. 20 und 25, 1892, und der „CTempel von Rhetra“.
S. Simons, Berlin, S. W. 61.
72
Breuci. Amantini. Scordisci. Carpi.
Kot weiß CTurm grün Drache Fuß Dreiberg Rasen
hieroglyphisch gelsöst:
ruot wyd thurn gryn duraka fos tri berg
rasen (S tuen are S donnern)
das besagt: „Recht und Gesetz wenden Greuel der Vernich—
lung, schaffen Fortzeugung geborgen im Rechttun.““)
Südlich der Drau — noch zu Panonien gehörig —
finden sich noch drei Völkernamen, welche sich als Grenz—
warten erkennen lassen, die wohl in vorrömischer FZeit gegen
Italien mochten errichtet worden sein und in ihrer Bejeich
aung noch die alte Bestimmung verraten, trotzdem sie längst
schon zu römischen Provinzen geworden sind. Diese sind
Die „Breuci“ hbre — Brand; „uc“ — ak — Feuer; „i,
ier, er“ — Ceute), eine Brandwache wie die Brennen, Bri—
ganti u. a.; die AAmantini“ (amman“ — Dienstmann),
eine Söldnerschar und die „Scor disci“ („scar“ — Schar;
disci“/ ⸗ einäschern, vernichten; Rächerschaaren; vergl.:
Solda⸗teska— besagend: aus einer Söldnerschar hervorgegan—
gen), welche sich gleichfalls als eine Grenzhut namensmaͤßig
erweisen. Die andern südlichen und östlichen Völkerschaflen
— ebenfalls arisch⸗germanisch benannt — aber schon früh⸗
zeitig verwelscht, mögen für heute ununtersucht bleiben. Da—
hin gehören die, Dacer“, „Chraken“, „Geten“, „Sarmaten“,
die Krimgothen“, die „Armenier“ (Armanen) und andere.
Nochmals zu den „O sen“L zurückkehrend, findet sich öst⸗
lich derselben das Volk der „Carpi“ in den „Karpathen“,
deren Name sich löst in: „car“ — eingeschlossen; „pa
Heugung; „ten“ ⸗ halten; und auf ein Urland wie ein
Urvolk deutet, das ebenfalls drei Ol-Orte ausweist
), Das Wappen von „LKlagenfurt“ wird blasoniert: In Blau
ein weißer Turm und grüner Drache, grüner Schildfuß. Hieroglyphe:
olah und, thurn gryn duraka gryn fos; das besagt: Wachend Gefetz
wendet ab Greuel der Vernichtung und en siahender UÜbel.“ Klagen⸗
furt (die Furt über die Glan) entstand neben dem zerstörten „Viru⸗
tuum“.
77
Bestarner. Bojohemum. Markomanen. Quaden.
„Olesno“ Wissensentstehung), „Plaszi“ (dasselbe) und
„Oleszvar“ („ol“ — Wissen; „as“ — Walter; „var“,
far — fahrend, wandernd; also: Wanderlehrer). Der Urort
der „Carpi“ war die heutige Stadt „Naschau“, deren
Name sich löst in: „ka“ — einschließen; „ask“ — Ent⸗
stehung; „au“ — Cand, Gebiet, Au; also: das eingeschlossene
Entstehungsland. In den Karpathen erscheinen aber auch
die schon oben genannten „Vastarner“, die Renntierhälter,
welche durch ihren Namen es bezeugen, daß noch in histori⸗
scher Zeit in Mitteleuropa das Renntier nicht ausgestorben
var und herdenmäßig gezüchtet wurde (siehe oben Seite 37).
Von all diesen Stämmen und Völkern umschlossen, auch
ganz eigenartig wie mit einem mächtigen Ringwall von Ge—
birgen umgeben, liegt das Land der „Vojer“, Bojohemum,
das heutige Böhmen, für sich abgeschlossen da, welches seit
Beginn unserer Feitrechnung als das große „Marko—
manenreich“ gilt, neben dem das nicht minder mächtige
„Quadenreich“ erscheint. Die Ureinwohner dieses eigen⸗
artigen CLandes haben sich in dem Gebirgs-⸗Ringwall erhalten,
wohin sie im sechsten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung
von den eingewanderten „Bojern“ zurückgedrängt wurden.
Aber auch diese wurden nicht aus dem Lande vertrieben, als
die Markomanen“ und „Quaden“ kamen, sondern sie
verloren nur an jene ihre Selbständigkeit und blieben, mit
den Ureinwohnern verschmolzen, die Grundlage, das Volk,
während die Markomanen die Herren, der Uriegsadel wurden.
Dieses eigenartige Land, das seit dem sechsten Jahr—⸗
hundert vor unserer Zeitrechnung seinen Namen „Böhmen“
Bojohemum, Bojerheim) führt, ist ein merkwürdiges Bei—
spiel dafür, wie sich schichtenartig, durch stets wiederkehrende
Ist⸗fo⸗ onen⸗ʒüge, neue Völkerschichten über die autochthone Be⸗
völkerung schoben, ohne diese aber zu verdrängen Das Volf
selbst blieb immer und allemal dasselbe, nur
der Machthaber, der Adel, wurde ein anderer; hier genau
so wie überall. Auch die alten Urorte mit ihren Halgadomen
—
—24
Colduer. Marbood.
34
blieben bestehen, nur neue Orte kamen dazu. Entweder ent—⸗
tanden diese aus neubegründeten Herrscherfitzen, aus Burgen,
oder aus Heer⸗Bergen (Heristale), nämlich Sammelplätzen für
den Heerbann, welche zu Festungen oder festen Städten im
Herlaufe der Seiten sich ausgestalteten.
Eine solche Umgestaltungsepoche trat für Bojohemum zur
Zeit der Besitznahme durch Marbod ein. Marbod hatte,
bevor er sich vollständig im Jahre 8 vor unserer Seitrechnung
nach Bojohemum hineinzog, seinen Sitz in ldit an der
Mulde, füdwestlich von Leipzig; dort auf einem „Col“ oder
Granitfelsen, der steil aus dem Muldetal aufsteigt, lag seine
Burg, heute längst umgebaut in ein Spital, aber noch immer
das Schloß genannt. Dies ergibt sich aus Strabon (VII. 1.),
wo es heißt: „Hier (im deutschen Mittelgebirge des Chürin⸗
zerwaldes, des Erz⸗ und Riesengebirges) ist auch der herzy⸗
nische Wald (Harzwald) und das Volk der „Sueven“, das
zum Teil „diesseits“ des Waldes wohnt (von Gallien aus-
zesehen links, westwärts, außerhalb Böhmens), dann die
Colduer“, bei welchen der Königssitz des Marobodus ist,
namens „Vujämum“.
Bei diesen Colditzern hatte also Marbod seinen Sitz auf—⸗
zeschlagen und beherrschte von da aus halb Deutschland.
Dahin hatte er auch nach Strabon seine Folgescharen, die
Markomannen versetzt. Von Marbod erzählt nun Strabon,
er wäre als Jüngling nach Rom gekommen, wo ihm
Augustus, um ihn zu gewinnen, viele Wohltaten erwies. Nach
seiner Heimkehr schwang er sich zum Vönig auf, indem er
die herrschaft über folgende Völkerschaften gewann: 1. über
die „Markomanen“, 2. über die „Colditzer“, 3. über die
„Cugier“, 9. über die „Humier“ („Sonnenmänner“, von
welchen die „Sommerschenburg“ zwischen Seehausen und
helmstädt im Magdeburgischen den Namen führt), 5. über
die „Butonen“ (Buren, Bauern, Bauermänner), 6. über die
)
Colditz Felsensitz.
75
Marbod.
Mugilonen (Mugil Mugel ⸗ hügel;) die „Hügelmänner“
waren Ackerleute bei dem heutigen „Mügeln“ östlich von
Colditz mit der alten Burg „Rugedal“ Rechtsthal — Fem⸗
stätte), 7. über die „Sibiner“ (Si ⸗Sonne, „bi * bei,
in“ imen, „er“ — Leute; — innerlich Sonnenleute —
Armanen), und 8. über die Semnonen“ (Armanen, siehe
ben Seite 32). Der herrschende Stamm war der der Marko⸗
manen, dem Marbod selber angehörte. Marbods Reich er⸗
redte sich vom Harze, wo er die Oberhoheit über die Cherus⸗
ker beanspruchte, über die Schwaben, bis in das nördliche
Böhmen, und dehnte er schließlich seine Herrschaft über das
zanze Böhmen bis zur Donau und über die Waag aus.
ber dieses große Reich berichtet Velleijus Paterculus IVII.
08 - 109):
dem Volksstamme der Markomanen gab es da⸗
mal⸗ (zu des Augustus Zeiten) nicht⸗ mehr in Germanien,
bae noch ununterworfen war. Dieses Volk war unter Marbod
aus seinen alten Sitzen (in Obersachsen) aufgebrochen, war
in das Innere von Germanien geflüchtet (so ) und bewohnte
jetzt die vom herzynischen Walde umgebenen Gegenden, (näm—⸗
lich Bojohemum, wie Vellejus Palerculus spater ausdrück⸗
lich erwähnt). Marbod, von altadelichem Geschlechte, von
zroßer Köͤrperkraft und wilder Sinnesart, war mehr von
Abflammung ein Barbare als an Verstand. Er behauptete
inter den Seinen keine augenblickliche, zufällige, wechselnde
und in dem guten Willen der Gehorchenden ihren Bestand
ankende Oberherrschaft, sondern beschloß bei sich ein festes
und geordnetes UNönigreich zu gründen, sein Volk weit von
dem ksömischen zu enlfernen, und da, wohin er aus Furcht
*) Solch ein „Mugil“ — CTumulus, läßt in dortiger Gegend einen
zünstlichen Hügel, ein Hunengrab vermuten. In Nieder⸗ Osterreich
besteht ein Dorf, nameus „Groß⸗Mugel“. Da es aber kein „Klein⸗—
Mugel“ da gibt, so sollte der Ortsname eigentlich ‚Beim großen Mugel“
auten, was er tatsächlich auch bedeutet, denn dort steht ein sehr großer
hügel, ein „Hünengrab“.
76
Marbod.
so, sol) vor fremden Waffen geflohen war, wenigstens die
Seinen zu den mächtigsten zu machen. Darauf besetztie er die
ganze schon erwähnte Gegend, und unterwarf entweder oder
gewann durch Unterhandlung seine sämtlichen Naächbarn.
Seine Person war stets von einer Leibwache umringt (sein
Reckengefolge, siehe G.C.B. Nr. 2, Seite 78: Ist-fo⸗onen als
Rahakaten, Recken). Sein Reich brachte er durch beständige
Ubungen der Truppen fast bis zur Art römischer Disziplin
und zu einer hohen und selbst unserer Herrschaft
furchtbaren Machtenwicklung (ahal). Gegen die
Römer benahm er sich so, daß er zwar nicht zum Kriege reizte,
aber doch zeigte, daß er, selbst gereizt, Kraft und Willen zum
Widerstande haben würde. Völkerschaften und Einzelne, welche
von uns (den Römern) abfielen, fanden bei ihm einen Zu—⸗
fluchtsort. Sein aus 40. 000 Mann Fußvolk (Schwaben,
Quaden) und 4000 Mann Reitern (Markomanen, Sachsen)
heste hendes Heer bereitete er dadurch, daß er es in beständigen
Uriegen gegen die Nachbarn abhärtete und übte, zu einem
größeren Werke vor als das war, welches er jetzi unter den
händen hatte. Man mußte ihn auch deswegen fürchten,
weil er Germanien links (westlich) und nach vorn (süd⸗
westlich), Pannonien nach rechts (östlich), im Rücken seines
Gebietes (südlich) Norikum liegen hatte, und so, gleich als
komme er überall hin, überall gefürchtet wurde. Ja, selbst
Italien konnte seine Fortschritte nicht ohne Besorgnis mit
ansehen, da ja von den hohen Alpenpässen — welche die
iußerste Grenze Italiens bilden — der Anfang der seinigen
nicht mehr als zweihundert (römische) Meilen entfeent
war.
„Diesen Mann nun beschloß Tiberius Cäsar (im Jahre
6 unserer Zeitrechnung) von verschiedenen Seiten her anzu⸗
zreifen. Dem Sentius Saturnius wurde aufgegeben, durch
das Gebiet der Uatten, mit Durchbrechung der angrenzenden
herzynischen Wälder, die Legionen nach Bojohemum zu füh—
ren. Er selbst wollte von Carnuntum, einem Orte Noricumé,
77
Bujaenum. Bubienum. Marobudum. Parhaag.
der nahe an der betreffenden Grenze lag, das
in Illyrien stehende Heer gegen die Markomanen führen.“
Soweit Vellejus Paterculus. Der Feldzug kam aber nicht
zustande, weil sich ganz Pannonien im Aufruhr gegen die
Römer befand, der Rom vollauf beschäftigte. Dem Aufstande
Pannoniens folgte der Aufstand der Harzer und Katten, die
Teutoburgerschlacht (97n. Chr.), darauf langwierige Kriege
gegen die Rheinvölker, welche mit der Vertreibung der Römer
nicht bloß aus dem Nordwesten, sondern auch aus Süd⸗
deutschland endeten. In Marbod und Arminius erkennen wir
den „Oberarmanen“, der als „Deutscher König“ in Macht
trat, genau wie solcher Vorgang in G.CK. B. Nr. 2, Seite 24,
dargestellt wurde. — Dem unseligen Einflusse Roms aber
gelang es, diesen Ober⸗Armanen zu stürzen und durch Gegen⸗
könige — Ureaturen Roms — diese vieltausendjährige Sin—
richtung zu untergraben und zu zerstören. Doch dies gehört
nicht mehr in den Rahmen gegenwärtiger Untersuchung; es
galt nur zu zeigen, daß Bojohemum (Böhmen) und das
heutige Mähren (Markomaniaq) schon seit dem sechsten Jahr⸗
hundert vor unserer Zeitrechnung von ario⸗germanischen Ist⸗
fo⸗onen⸗Völkern besiedelt wurden, welche hier zu Ing⸗fo⸗onen
wurden, welche aber die autochthone ario⸗germanische Ur—
bevölkerung weder verjagt noch aufgerieben, sondern mit
dieser sich verschmolzen hatten. Strabon nennt als die ersten
herrschersitze Marbods neben Colditz auch „Bujämum“,
welches von einigen in dem heutigen „Grimma“ in Sachsen,
in der Nähe von Colditz vermutet wird. Zweifelslos aber ist
es mit dem „Bubienum“ des Ptolemäos — dem heutigen
„Bubenitz“ bei Prag wesensgleich. Prag selbst wird als das
„Marobudum“ des Ptolemãäos — Marbodobudum — Mar⸗
bods Baude — schon namensmäßig als germanische Grün—
dung bezeichnet. Aber diese „Marbodsbaude“ war nicht Prag
selbst, das schon bestand, sondern eben nur ein neuer Bau —
Surg oder heristal (Heer⸗Berge) — des Marbod, bei dem
uralten „Parhaag“, einem aus Urzeiten herüberragenden
78
Parhaag (P'rhag), Prag, Casurgis. Swantewit. CTroja.
ariogermanischen Urort und Urhalgadom, von gleicher
Heiligkeit und gleichem Alter wie KRöln, Wien, Trier,
Paris usw. Dieser urdeutsche Name Prags aber löst sich
jeicht in „Par“ — Wald, Park (pardis — Paradies) und
„Haag“ eingeschlossen, als der heilige Bannwald des
halgadoms, und entkräftet ohne weitere Worte die erzwun⸗
zgene Ableitung der Slavophilen von Praha — Schwelle, denn
niemals wurde von solchen Kleinlichkeiten ein Orte- oder
Flurname abgeleitet. Ein anderer Name, unter dem auch
Hrag erwähnt wird, lautet: „Casurgis“; auch der ist ur—
germanisch und löst sich in: „cas“ — Kampf; „ur“ — Ur
und „gis“ — Gabe; also: „Durch Kampf in uralter Zeit
zgegeben“. Noch meiden uralte germanische Sagen von der
großen Bojerschlacht“, in welcher die Bojer den Warko—
nanen unterlegen“) und ihres Haupthalgadomes „Parhaag“
verlustig gegangen sind, den nun die siegenden Markomanen
„Casurgis“ nannten. Aber selten ist solch neuer Name von
Dauer swie z. B. bei Byzanz, das den neuen Namen Kon—
tantinopel noch heute führt), denn er verschwand bald, wäh⸗
rend der alte deutsche Name „Parhaag“ sich bis heute in
„Prag“ abgekürzt erhielt. Noch mehr; der Dom, wenn auch
erst von Karl IV. im Jahre 1344 begonnen, ist eben schon
durch seine Bezeichnung als „Dom“ der verchristlichte Hal⸗
zadom; er ist dem heiligen Veit itus) geweiht, dem ver⸗
hristlichten Wuotan, dem „Swantewit“, d. h. exoterisch:
dem „Schwanenweißen“, esoterisch aber dem „Schwund des
Wissens“, also dem „verdämmerten gestorbenen Wuotan“.
Es wäre wieder unnütz, gegen die Lächerlichkeit direkt Stel—
lung zu nehmen, daß „Swantewit“ ein slavischer Gott ge—
wesen, wie häufig behauptet wird, um die vielen reindeutschen
St. Veit⸗Orte als siavische „Gründungen“ ansprechen zu
esnnen. Nördlich vom Hradschin, am rechten Moldauufer,
hefindet sich ein Ort „Croja“; es war dies eine der vielen
*)
Tacitus, Germania, cap. 42.
79
Prof. A. Brückner: „Allerlei Mystifikationen“.
—— — rG ———— —
— — — — — —
Trojaburgen, von welchen uns Carus Sterne in seinem aus-
gezeichneten Buche „Cuiskoland“ näheres erörterte; also
wieder ein Zeuge für das urgermanische Wesen Prags. VNoch
vieles mehr wäre hier zu erwähnen, wenn es nicht allzu sehr
den Rahmen vorliegender Studie überschreiten würde; doch
sei es noch kurz erwähnt, daß alle sogenannten
„FJlavischen Stammsagen⸗ als absichtliche
Täuschungen sich erwiesen, einschließlich der
Libusfasage, der Przemyslsage, der Sagen
von Czech und Lech, sowie der Cyrill-und
Methudlegenden, und sei dieserwegen auf Professors
A. Brückner aufklärende Essays: „Allerlei Mysti—
fikationen“, J. „Die Wahrheit über die
Slavenapostel“ (Cyrill und Methud) und ihr
Wirken“, und II. „Nünstliche Sagen, die weise
Libussa usw.“, München 1903, Beilage zur „Allgemeinen
Zeitung“: Jahrgang 1903, Nr. 163, 164, 249 und 250, ver⸗
wiesen und es lebhaft bedauert, diese vorzüglichen KAlar⸗
ttellungen hier nicht zum Abdrucke bringen zu können. Alle
alten Ortenamen Böhmens — nur vereinzelte Neugründun—
zen ausgenommen — lassen sich trotz tschechisierender Hülle
als ariogermanische Namensgebungen nachweisen.
Es wurde schon oben Seite 30 ff. darauf hingewiesen,
daß die Sach sen und Schwaben als „Markomanen“ und
Guaden“, als Reiter und Fußkämpfer, als „Kitter“ und
Candsknechte“ in vieltausendjaäͤhriger Waffenverbrüderung
ftanden und in dieser Verbrüderung die ganze alte Welt
durchzogen haben. Die „Markomanen“ erscheinen darum
auch unter zahlreichen Namen, wie Mericaner, Merwinger,
Marwinger, Merowinger (auch als Königsgeschlecht dieses
Namens), Myrginger usw. was sich immer auf den Begriff
mer“ oder „mar“, d. i. „Pferd“ Maähre) begründet. Ebenso
die „Quaden“, welchem Namen der Begriff des „Hin—
und Herziehens“, des Wanderns, zugrunde liegt, wie deren
Urnamen „Schwaben“. Unter Marbot — dem Pferde- oder
80
Bojohemum. Béhmen.˖ Mähren. Eburodunum.
Keitergebieter — besetzten die Markomanen Bojohemum
und das nach ihnen noch heute benannte Mähren *), ohne,
wie gesagt, die Bojer darum landflüchtig zu machen, welchen
nur ein Teil ihres bebauten CLandes abgenommen und sie
unter die Oberhoheit der Markomanen gebracht wurden.“**)
Je nachdem bald die Markomanen, bald die Quaden die
Oberhand gewannen, ward das Reich das Markomanen⸗
oder das Quadenreich, und der betreffende Römerkrieg, der
Markomanen⸗ oder Quadenkrieg genannt, während das Volf
in Bojohemum fortwährend dasselbe blieb und der Wechsel
nur in der herrschaft und damit im Vamen sich vollzog.
Trotzdem aber hatten die Markomanen — welche den hohen
Adel bildeten — nie vergessen, daß sie Sachsen waren, was
die vielen Sachsenorte in den nördlichen Donaugegenden be—⸗
weisen ESachsengang, Sachsenhausen usw.), so wie die
Quaden — welche den niederen Adel begründeten — nie
vergessen hatten, daß sie Schwaben waren, was wieder zahl⸗
reiche Schwabenorte Schwadorf usw.) beweisen. Daß ein
Staatsgefüge, wie das des Markomanen⸗ und Quadenreiches
es war, das aus kriegerischen Ursachen entstanden, ein vor⸗
wiegend militärisches Gepräge erhalten und zeigen mußte,
ist felbstverständlich, und so sehen wir auch in diesem Reiche
den Schwerpunkt auf die Grenzverteidigung gelegt, während
die Ol⸗Orte wie die Urorte der bojischen und vorbojischen
Zeit angehören. Die Urorte wurden, wie „Asscch“ (Ask —
Entstehung) schon oben erwähnt, und sei hier nur noch der
hauptstadt Mährens, „Brünn“, gedacht, des alten „Ebu⸗
rodun“, dessen Name sich löst in: „eb“ — herziehen,
kommen; „ur“ — Ur; „odun“ — göttlicher Geist, Odem,
d. h. „Der aus dem Ur wehende Gottesgeist“ be—
*) Professor Heinrich KRirchmayer: Der altdeutsche Volksstamm
der Quaden. 2 Bände, reich illustriert. Brünn, Deutsches Haus.
**) Siehe: Sachsenspiegel. Ebenso die Landnahme Dietrichs von
von Bern nach 490 in Italien. G.. B. Nr. 3. Seite las ff.
81
Hohenstein. Rothenkreuʒ. Manhart. Rahacatae.
lebt diese Stätte. Die Ol-Orte in Böhmen sind
„Ullersdorf“ („ol“ — Wissen; „er“ — Ceute) und
„Ullitz“ („„ol“ — Wissen; „itz“, uitz — Witz; geistig
—D
mütz“ („ol“ — Wissen; „mettis“ — Schöpfer: Wissens—⸗
schöpfer), „Ullers dorf“ (Wissens-Männer, Armanen),
„Ulrichskirchen“ („ol“ — Wissen; „rich“ — reich;
„kirchen“ — das Einschließende, Gemeinde, wobei just nicht
an eine christliche Rirche gedacht werden muß). Außer den
Genannten besitzt Böhmen und Mähren noch viele Ur⸗ und
Ol⸗Orte (wie solche auch sonst überall auf deutscher Erde
vorkommen), welche mit anderen Namen gekennzeichnet sind
und welche alle zu nennen, viel zu weit führen würde, wes—⸗
halb auch hier nur ein Beispiel herausgegriffen sein mag.
Ein Halgadom besteht bei „Rothenkreuz“ (ruoth⸗
kreuzl) am Hohenstein nächst Iglau *), tief im Waldes—
schatten verborgen mit drei gewaltigen hünen—
betten. Der Rame „hohenstein“ weist auf Sonnenkult;
„Rothenkreuz“ auf die Dingstatt; und alle anderen Flur⸗,
Wald⸗ und Ortenamen seiner Umgebung kennzeichnen dieses
Stückchen Erde als einen klassischen Boden urarischen Weis—
tums; ja, bei Rothenkreuz steht noch die alte
Ir minsuͤl — vergessen, stumm und doch so beredt! — Den
militärischen Charakter des „Quado⸗-Markomanenreiches“
kennzeichnen die Grenz⸗ oder Markgrafschaften längs des
linken Donauufers, welche donauaufwärts von der Gran bis
zum „Mondwald“ oder „Manhart“ (Cuna Sylva)
durch die „Rhacatae“ gekennzeichnet sind, welche richtig
als Rahhakatter“ anzusprechen sind. Der Name löst
*) Der Halgadom von Hohenstein ist trotz seiner „Vernewerung“
als parkähnlich verstümmelte Anlage noch deuilich genug zu erkennen,
besonders die abgemeißelten Felsen und die drei Hühnenbetten, welche
von der Gartenkunst nicht zerstört werden konnten, noch weniger aber
durch diese erst geschaffen wurden.
32
Recken. Rugen. Chremisa. Oels. Haide. Heiden.
sich, wie folgt: „rahha“ — Rache; „katte“ — Kämpfer,
Quade; „er⸗ — Ceute, Männer: Männer des Rache—
kampfes. Es waren dies nicht Ansiedler, um das Cand zu
bebauen, sondern Söldner, welche das Kriegshandwerk zu
hrem Berufe erkoren haben, jene Abart des Ist-fo-onentums,
von der schon oben, Seite 13, 28, gesprochen wurde, aus welcher
die sangesberühmten „Recken“ *) (rehhe, rahhe) und später
die „Landsknechte“ und „Reisläufer“ hervorge—
gangen sind. Ebenso aber auch die römischen Soldtruppen,
wie die »Gentes Markomanori“, die „Centes
Quadii“ u. a. m. Oberhalb des Manhartes finden wir
die „RKugen“ **) mit ihrem hauptorte, dem alten
„Chremisa“ (karemisa — „kar“ — einschließen; „re“ —
zeugen; „mi“ — mehr; „sa“ — zeugen: Stätte einge—
schlossener Vermehrung, heute Urems an der Donau) und
hrem Ol-Orte „Ol s“ auf der „Olserheide“*). Weiter
») Davon die Berg feste Ruine] mit befestigtem Dorfe
„Rechberg“ im Kamptale hinter Krems a. d. Donau. Das Dorf ist
nit Ringmauern und zinnenbekrönten Toren noch heute umgeben und
war einstens eine mächtige Calsperre Schloß] des Kamptales unter
dessen Schutz sich die Scharen der Recken sammeln konnten.
»*) Rugen und heruler waren azalische Armanen, deren Namen
auf die Bewohner — wie schon wiederholt gezeigt wurde — über—
gegangen war, welche dann eine Markgrafschaft gebildet hatten.
Zeide Namen stehen in keiner Verbindung mit den gleichnamigen
Holkern an der Ostsee und im Gebiete der Semanen. Diese Namen
ind durch gleiche Benennungsursachen bedingt, selbständig entstanden.
*x) Es fei hier der „Haide“ und ihrer hohen Bedeulung in allen
Gebieten des Ario-Germanentums, von der „Terra antiquorum Sa-
xonum“ bis in den fernsten Süden und Osten gedacht, welche für das
Germanentum ebenso bezeichnend wie der „Wald“ (ES Walt, Waltung,
Waltungsstätte), die See (lagu — Gesetz, Meer S Mehrung), Berg
Bergen, Verborgen) 8 waren, um so mehr als eben von der Haide
sich auch der Begriff „Heide“ ableitet. Das Begriffswort Haide (Heide)
erscheint im Gothischen als: haithi (Feld), haifthnd Heide S im freien
Feld Wohnender); im Althochdeutschen, als haida (Haide) und heidan
Heidebewohner, Verbannter, vergl. „Polklein von der Haide“);
m Mittelhochdeutschen, als: heide (Haide) und heiden (Götzendiener,
83
Heruler. Bechelaren. Center. Ait. Eid.
aufwärts die Heruler“*) („ar“ Sonnenrecht; „ul“
— „ol“ — Wissen; „er“ — Männer) in „Bechelaren“
und noch weiter nach Westen die „Lenter“ in der Gegend
Heide); mundartlich als: Had (Haide) und Heid' (Heide). In der ario—
germanischen Ursprache aber, welche den Hauchlaut „h“ selten
durch Schriftzeichen bezeichnete, erscheint das Wort Haide (ie Bezeich—
nung als Götzendiener bestand noch nicht), aus „Ait“ gebildet, welches
Wort „Ait“ wir noch in „Aiternessel“ S Brennessel und im Personen⸗
namen Eitel (Ait-⸗el — der Sonnenfeurige, Glänzende) besitzen; ebenso
im Begriffe „Eid“ (Ait) — Schwur. Herodot nennt noch die Sonne mit
einem skytischen Namen: „Aitosyros“, und da die Skythen aber Ario—
Bermanen waren, so lautete der Name Aitos⸗yros richtig: Ait-ur —
—D
Ur Ario⸗Germanischen: aitda — Sonne da, nämlich: das von der
Sonne beschienene Land, im Gegensatze zu dem dunklen, schattigen
Wald. Darum war die „Haide“ auch das wonnige Land der W'aide
Wunnehaide), das „Gewinnland“, wie oben bei „Wien“, Seite 66,
gezeigt wurde. Die Haide, als das Wonneland, als die „Wunnehaida“,
wo sich das Volk belustigte und wo es seinen heiteren Natur—
dienst pflegte, während die ernsten Mysterien in Waldesdunkel
gefeiert wurden, war den christlichen Bekehrern, welche Askese predigten,
ein Greuel. Sie verbannten daher, als sie zu Macht gekommen waren,
die Wuotanisten aus der Christengemeinde auf die Haide, welche sie
mit Teufeln, Gespenstern und allen Höllenschrecken bevölkerten, um sie
den Christen verhaßt zu machen. Aus den auf die Haide Gebannten
entwickelte sich das „Bölklein auf der Haide“, das aus allen möglichen
verzweifelten Elementen sich zusammensetzte und bis in die Mitte des
neunzehnten Jahrhunderts aus Heimatlosen bestand, um welche Zeit
man dieset Vaganten zwangsweifse in jene Gemeinden inkorporierte,
nnerhalb deren Marken sie an einem bestimmten Tage angetroffen
wurden. Von diesem „Völklein auf der Haide“ rührt nun der Begriff
Beide“ für den Nicht⸗-Christen her, und zwar auf der interessanten
Eutwicklungsstufe: Gothischt: haithno — der auf dem freien Fgelde
Wohnende, also außerhalb der Gemeinde; althochdeutsch: heidan —
Heidebewohner, Verbannter; witteldowdeutsc heiden ⸗ auf die Haide
Berbannter, Vöolklein von der Haide, Götzendiener, Heide. Die
Haide war eben ursprünglich das Arland“ GSonnenland) das noch
kein Gut — „ed“, „at“, od“ war, von dem noch niemand Besitz er—
zriffen hatte; es war als Arland herrenloses Land, das erst Karl der
Franke zum Hohne der ario-germanischen Rita als Fiscus regius zum
Ksnigseigen“ erklärte (Siehe G.-C. B. Ar. 3, Seite Jas ff und 178ff.)
*) Siehe Anmerkung (**) auf Seite 82.
*
CLinz. Lentia. Urfahr. Stilifrida. Stronegg.
des heutigen Linz an der Donau Entstehungsleute) mit
ihrem Urorte „Urfahr“ („ur“ — Ur; „far“ — Zeugung).
Nach Niederbruch der Römerschaft nahnien diese Markgräaf—
schaften, die aber der Wichtigkeit wegen durchaus kleine
önigreiche waren, sofort südlich der Donau Cand und
Städte in Besitz, wodurch es sich erklärt, daß längs der Donau
durchaus Doppelstädte stehen. So z. B. Krems, Mautern;
Markt⸗Pechlaren GBechelaren), Stadt⸗Pöchlarn (Arelate);
Urfahr⸗Linz; KNagran-Wien usw. — „Kagran“ war,
bevor es im neugeschaffenen XXI. Gemieeindebezirk Wiens
aufging, ein unscheinbares Dorf, das nur auf Spezialkarten
zu finden ist, doch aber war es ein „Vicus“, nämlich ein
Markt, welcher jeder römischen Donaustadt am anderen —
rechten — Ufer gegenüberlag, wo die Handels⸗ und Tausch⸗
zeschäfte mit den unabhängigen Grenznachbarn abgewickelt
wurden, welche man nicht gerne auf römisches Gebiet her⸗
überkommen ließ. Der Name „Nagran“ löst sich aus:
„kag“ — koke — Höhlung, KUeuche, Boot und „ran“ — rain,
ram — Bruchufer (welche an der Donau „Wagrains“,
Wagrams — uagran — Wasserrand genannt werden) und
bezeichnet die Hütten am Ufer. Die befestigten Orie der
„Rhakater“ lagen erst jenseits der Donauebene im Manhart
und den nördlichen Bergen, wie die mächtige Wallfeste von
„Stilifrieda“, das heutige Stillfried an der March.
ein Volk auf deutscher Erde hat aber so viele prähistorische
Bauwerke hinterlassen, als gerade die „Quado⸗Marko—
manen“, darunter die größten Erdwerke überhaupt, wie den
mächtigen Halgadom von „Stronegg“,) oder den ge—
waltigen Cumulus von „Geiselberg“.
— MMSyLeuJxu
*) Siehe darüber meine Romane: „Carnuntum“ Grote, Berlin
888]. „Pipara“ 1895], meine Novellensammlung „Alraunenmären“
Wien, Osterr. Verlagsanstalt, 1903), meine „Deutsch⸗mythologischen
Candschaftsbilder“ und zahllose Abhandlungen in den verschiedensten
Slättern GOsterreichs und Deutschlands auch G.L.B. Ur. 3, Seite 73ff.
85
— —
Cotini. Cogni. Gepiden. Banater Schwaben.
Das Gebiet der Quaden reichte aber nach Osten weit
über die heutige Grenze Mährens in die Karpathenländer
hinein, wo noch drei Volksstämme sitzen, welche zum Quaden⸗
reiche zählten. Es sind dies die „Cotini“ (,fkot“,
kat — Kampf; „ini“ — Mämer) also wieder ein Grenz—
wehrvolk und die „Cogni“ („koke“ VLeuche, Boot, Hütte;
„ini“ — Männer; Häusler, Kleinbauern), welch letztere heute
„Gaidler“ genannt werden. Sie sind aber trotzdem noch
immer „Quaden“ und ihr Hauptort „]Uäs mark“ („kas“,
kat — Kampf; „mark“ — Grenze) ist die „Quadenmark“
Grenze), denn „Quade“ deckt sich mit „ANade“ (Katte) und
kommt in dieser Form noch im böhmischen Stadtnamen
„Naaden“ vor. Der andere Stamm ist der der „Gepiden“,
der sich löäst in „ge“ — Erde und „piden“ — fußen, also:
die im Boden Fußenden, die Seßhaften, was abermals auf
Ureinwolhmer zu beziehen ist. Heute jedoch sind die Gepiden
schon vollständig slavisiert und gelten in Ungarn als
Slowaken infolge Vermischung mit eingewanderten Mon—
golenhorden („slov“ — Slave; „ake“ — beweglich, wan⸗
dernd, also: wandernde Slaven; Mausefallenhändler, Kessel—
flicker; siehe oben Seite 23 über die „Fosi“).
Von den vielen ario⸗germanischen Stamm⸗ und Sprach⸗
gebieten, welche in Ungarn aus der magyarisch⸗slavischen
Uberflutung noch hervorragen und auch heute noch im un⸗
ausgefochtenen Rampf um ihr nationales Recht stehen, mag,
neben den „Banater-Schwaben“, noch der „Sieben—
bürger-Sachsen“ gedacht sein. Die Germanen Un—
garns sind arische Urbewohner des Candes,
ebenso nördlich wie südlich der Donau. Die sogenannten
„Banater⸗Schwaben“ sind Reste der oben, Seite 59 und 72,
genannten drei Grenzwehrvölker „Ambilici“, „Breuci“ und
„Amantini“, welche in ihrer uralten Bestimmung als Militär⸗
kolonien im Jahre 1535 wieder auflebten und erst im Jahre
1875 endgültig als solche ihr Ende erreichten. Nur nebstbei
sei erwähnt, daß ein ähnliches Beispiel das Tiroler Kaiser—
36
Tiroler Raiseriäger-Kgmt. Temesvar u. a. ung. Ortenamen.
Jäger⸗Regiment darbietet, das aus der uralten Brenner
Srenzwehrkolonie der „Brennen“ hervorging, ohne daß
bisher dieser merkwürdige historische Entwicklungsprozeß
eine entsprechende Betrachtung und Würdigung gefunden
hätte. Selbstwerständlich haben die Banater-Schwaben wie
alle germanischen Ureinwohner Ungarns ungemein viel an
Boden und Volkszahl eingebüßt, da auch ein großer Ceil
derselben entgermaͤnisiert wurde und seit dem Jazygen⸗
eindringen, dann durch die Hunnen⸗, Aparen⸗, Magyaren⸗,
Mongolen⸗, Tataren⸗ und Türken⸗Einfälle und deren Ge—
waltherrschaft schwer geschädigt wurden, so daß sie in
zahllose Sprachinseln zerrissen, heute schwerer denn je um
Erhaltung ihrer nationalen und sprachlichen Eigenarten zu
ringen haben.
Um nur einige wenige Ortenamen aus dem Banater⸗
Schwabengebiete in Ungarn aufzuführen, welche scheinbar
magyarisch klingen, seien genannt: „Cemespar“ — die
Temesfahrer; nämlich Schiffleute auf der „Temes“,
welcher Flußname als Themse in England wiedererscheint und
der oder die Nebelerzeugende oder Dampfende be—
deutet. — „Buzias“, Puzias, aus: „buozze“ — Nutzen und
„ask“ — Entfstehung, also: Nutzenentstehung; ein
passender Name für eine Istefo-⸗onen⸗Kolonie. — „Pan-
csowa“, früher: Panzowa, Banzowa, von: „panzo“ —
Schlamm, Morast, Sumpf und „owa“ — Au, also:
morastige oder sumpfige Au. — „Ubetz“, von „ub“,
„uff“ — Eule, dem Sinnbild für „iul“, „ul“ — Geist,
Wissen und „ets“, „setz“ — Sitz, also: „Wissenssitz“,
ein Schulort, ein Halgadom als Armanensitz. — „Werschetz“
— Wehrsatz, Wehrsitz, Festung. — „Kitinda“, richtiger:
„Gikinda“, von „gi/ — geben, „kinda“ — Kinder; ein
„Uindergebender“ Ort, eine FZeugungsstätte, also ein
Urort. — „Csatad“, von „sat“, „sas“ — Sitz und „ad“
(ed) — Gut, also der „Gutssitz“, d. h. der Sitz des Guts-
herrn in einem Großgrundbesitz. — „Cißa⸗Kalmanfalva“ —
887
Agram. Pest. Esseg. Sabaria. Odenburg.
Kalmansdorf, von Ualman, d. i. Ralander. —
„Szeghegy/“ — Sonnenhaag. — mNeusatz“ — Veu—
fitg. —„Cugos“, „lug“, lagu — Gesetz und „os“ Mund,
Träger, also: Gesetzesmund, Gesetzesträger, somit der
Sitz eines Stuhlherrn, eines Richters. Die Hauptstadt Kroa⸗
tiens „Agram“, heute noch von den Uroaten „Hagrab“ oder
„Sagrab“ genannt, das „Sagora“ des Ptolemäos, bedeutet,
die von derSonne (sa) aus der Erde (go) Hervor—
gebrachten (ra), also einen Urort. „Essegg“ (Ezech,
ODseg, usw.) in Slavonien, von den Römern „Mursia“ ge—
nannt, ist ein germanischer Name und bedeutet die Burg
legg) der „Osen“, also die Osenburg. Im eigentlichen
Ungarn seien noch genannt: „Pest“ oder „Pesth“, lateinisch
he er
—
„Pestum“, das irrtümlich aus dem altslavischen „pesti“
richtig: pecse Ofen) abgeleitet wird, aber aus dem ario—
zermanischen „bastarn“, entstanden und sich in „basth“ und
endlich in „besth“ — Pesth abgeschliffen hat. „Bas“ ist ein
Unternehmer (z. B. niederländisch: „Slaaphbas“, einer der
Unterstand zum Schlafen gibt), „tarn“ — Renntier; also:
„Bastarn“ — Renntierhälter. Das „Pesth“ der Urzeit erweist
ich somit als eine Ansiedelung der Bastarner, von welchen
schon oben Seite 37 bei den Karpathenvölkern gesprochen
wurde. Eine figurierte Vase im Besitze des k. k. Hofmuseums
in Wien, aus einem Tumulus bei Odenburg in Ungarn, stellt
einen vierräderigen Wagen mit Frau, Reiter und einer Renn⸗
lierherde vor; ein Beweis, daß in den Tiefebenen Ungarns
in vorhistorischer Zeit das Renntier heimisch war (s. beigegebene
38
Aquincum. Buda. Ofen. Braunsberg.
Illustration). Auch „Odenburg“*) und Steinamanger, das
noch seinen urariogermanischen Namen „Sabaria“ führt,
den auch die Römer unverändert übernommen hatten, erweist
sich als ein Urort, denn: „sa“ — Sonne; „bar“ — CLeben,
„ria“ entstanden; d. h.: „Durch die Gottsonne ist dort das
Leben entstanden.“ Für die uralte Besiedelung spricht auch
jene merkwürdige Vase mit den Renntierbildern und dem
uralten Vierradwagen, der von rückwärts mittels einer CLenk⸗
tange gelenkt wurde, da er noch keine bewegliche Vorder⸗
achse hatte, obwohl er von zwei Pferden gezogen wurde.
Auch „Ofen“, das magyarisch „Buda“ genannt wird (itzt
mit Pest zu Ofen⸗Pest, nämlich: Budapest vereinigt), das
römische „Acincum“ oder „Aquincum“, erscheint in allen
drei Namensformen germanisch benannt. Die Zusammen⸗
stellung der beiden Namen „Aquincum“ und „Ofen“ ergibt
ein merkwürdiges Übereinstimmen derselben in einem Sinne.
Ofen, althochdeutsch „ofan“ oder „ophan“ entspricht dem
zotischen „auhns“ und dem „egna“, „ehna“, „echna“, das
„sich opfern“ bedeutet, und der ario⸗germanischen Sprach-
wurzel „ag“, „ak“, „ach“ angehört. Daher sind die
„Braunsberge“ (brauns: „bar“ — CLeben, „auhns“ — dar⸗
bieten, also: CLebendanbieten — Brandopfer), wie z. B. bei
heimburg in Ungarn, und die „Blocksberge“ „bel“ — Sonne,
„ok“ lag, ak, achs — das Hervorkommende),**) Brandberge,
nämlich solche, wo die Sonnenfeuer (die Feuüer, die aus der
Sonne hervorkommen) loheten, und wo die Brandopfer dar⸗
Der heutige Yame „Odenburg“ bedeutet eine „öde Burg“,
eine Buinenstadt, die sich allmählich wieder bevölkerte und aufrichtete.
Die Namemn „ödes Schloß“, „der Turm“, Zdes Dorf⸗ usw. die so
zäufig vorkommen, und sich immer an Ruinen oder Ruinenstälten
binden, beweist dies zur Genüge.
*e) ag, ak, ach bedeutet in der ersten Wort⸗Ordnungsstufe das
Hervorkommende“; daher z. B. die Flußnamen: Waag, Agger, Ager,
Hcker, Eger, Jakst, Ach, ÄAche. Dann: wagen, agieren, das hervor⸗
kommende Feuer: Ag, Agg, Agert — Feuersitein usw.; in der zweiten
Wortstufe bedeutet es das Hervorgebrachte: Ochse — Gewinn der Züch—
tung; ogs — Ernte, augst — August, der Erntemonat; Aeg — Ei
—F
Blocksberg. Preßburg. Pisonium. Pison. Pöschen.
—
geboten wurden; daher: „ofan“ oder „ophan“ — dar—⸗
hieten (zum Opfer nämlich). Der Opferplatz im Hause hieß
daher „ofan“, „ophan“, „Ofen“, zum Unterschied vom
„Herd“, wenn auch meist beide eins und dasselbe waren.
„Ofen“ mit seinem „Blocksberg“ war solch eine Opfer⸗
tätte, und daher ein „Ofen“. Nun aber zerfällt der römisch
scheinende aber urgermanische Name „Akinkumb“ in drei
Urworte, und zwar „ak“ — hervorkommen aus dem Sonnen⸗
keuer, „ing“ (ink) die Abkömmlinge (z. B. die Karol⸗ing⸗er
— die von Karl abstammenden Männer) und „kumb“ —
hügel, Berg, also: den Berg der Abkömmlinge des Sonnen⸗
feuers, somit der Armanen, welche ihr Leben dem Urfyr —
Hott — dargeboten, geweiht hatten. — Man braucht dabei
gerade nicht an Menschenopfer im eroterischen Sinne zu den⸗
ben, wohl aber im esoterischen Verstande, als an das „gott⸗
geweihte CLeben der Armanen“. Der dritte germanische
Name der Stadt Ofen, „Buda“, bedeutet einfach „Baude“,
„Bude“, „Baute“, bezeichnet also ein hervorragendes Ge—
däude, wahrscheinlich einen hölzernen Burgbau“).
Ferners löst sich „Esterhazy“ sehr leicht in „Osterhaus“
auf. Es ist bekannt, daß die deutsche Göttin „Ostara“ —
nacken — Wache usw.; die dritte Wortstufe bedeutet Vernichtung:
bAlage [Kal⸗ age * Wenden in Trauer] z3. B.: Eckel, verecken, Agonie,
Zwicken sswi⸗acken], Schwäche ssu⸗achj usp. Es kann daher „ag“, „ack“,
‚ach“ ebenso Feuer, Wasser u. a. bezeichnen, das hervorkommt, hervor⸗
zekommen ist oder der Vernichtung anheimfällt oder diese bedingt.
Näheres darüber in G.K⸗B. Nr. 6: „Die Ursprache der Ario⸗Germanen“.
*) Berr Ernst Pauschenwein in Preßburg Poszony) in Ungarn
andte mir in liebenswürdiger Weise, während vorliegendes Buch schon
im Drucke war, eine Abhandlung über ungarische Ortenamen, aus
welcher ich — soweit ich selbe mit meinem Systeme vereinbaren und
als richtig erkennen kann — und soweit selbe überhaupt in den Rahmen
vorliegender Studie passen — folgendes hier anführe:
PHreßburg hieß bei den Kömern Pisonium, d. h. der Ort am
Pischon⸗Fluß. (Moses J. 2, 102 11: Und es ging aus von Eden ein
Strom ..... der heißt „Pison“ .....) Der Ister der Griechen,
jetzt Donau genannt, hieß zum Teil „Pischon“, und ein altes Donau—
dett bei Preßburg hatte den Namen „Pöschen“, „Pötschen“. — Pison —
—
—
Esterhazy. Hungaren. Siebenbürger Sachsen.
vergl. Valvasors Ehre des Herzogtums Urain — Eoster
zenannt wurde, und das scheinbar magyarische „hazy“ nichts
weiter als das vermagyarisierte deutsche Wort „Haus“ ist.
Diese wenigen Beispiele mögen genügen. Es mag nur
noch des Volksnamens Ungarn gedacht sein, der gleichfalls
zermanischen Ursprunges ist, und weder mit Magyaren noch
mit den mongolischen Hunnen im Zusammenhange steht.
Die lateinische Form Hungaria, weil sie das anlautende „H“
noch besitzt, führt von selbst zu dem ario⸗germanischen
„huun“. Dieses Wort, gedoppelt als „hu⸗un“ bezeichnet den
Großen, Mächtigen, das Urwesen; es ist ein Beiname Wuo—
tans als: J. Schöpfer, 2. als der im All Lebende und 3. als
den Totenführer, der Große Cote. „gar“, „garen“ bedeutet
hervorgewachsen (siehe oben Seite 17 Germane), somit er⸗
scheint die Namensdeute für „hungar“ als die aus dem
Urfyr Hervorgewachsenen und ist wieder gleichbedeutend mit
„Arier“, und somit die Bezeichnung für ein Urvolk. Und
ein solches mußten die Hungarn auch sein, da gerade der
Teil Europas, den die ungarische Tiefebene deckt, in der Eis⸗
piesen, pischen, erscheint in vielen Wortformen und bedeutet „rinnen⸗
des Wasser“, „Fluß“. In Ortenamen bezeichnet es einen am Flusse
liegenden Ort; 3. B. Pistyan, nicht aber Pest; ferner: die Piesting in
Nied.Osterr; vielleicht auch der Pöstlingberg bei Linz, Pischelsdorf,
Pösing, Pisino in Istrien, Pisogne bei Brescia u. v. a.“
Dazu bemerke ich, mit Bezug auf das in G.⸗K.B. Nr. 3 „Rita“,
Seite 31 — 39 u. a. O. Gesagte und auch in diesem Buche Nachgewiesene,
daß, soweit Ario⸗Germanen die Erde bevölkerten und die von ihnen ge⸗
gründeten Wohnsitze benannten, immer dieselben Namensgruppen erschei⸗
nen, da sie die Berge, Cäler, Flüsse, Wälder usw. nach ganz bestimmten
Grundsätzen benannten, welche überall dieselben waren. Es kann daher
nicht Wunder nehmen, wenn wir in England die Themse und in Ungarn
die Temes, in Schottland ein Edinburg und in Ungarn, und sonst noch
wiederholt ein Odenburg finden; ebenso wie wir ein „Ur“ (Ur⸗NHas⸗
dim) in Chaldäa, ein „Uri“ in der Schweiz, ein Tribur (Ur-Trieb) in
Deutschland, nebst vielen anderen Ur-⸗Orten (Urach, Urbeis. Urdenbach,
Urdingen, Urloffen, usw.) finden.
Herrn Ernst Pauschenwein sei aber für sein, meinen Werken ent—⸗
zegengebrachtes Interesse hiermit bestens gedankt.
9
Siebenbürgen. Sieben.
—DDD0 Seite 4 gezeigt
wurde.
die „Siebenbürger-Sachsen“ sind als Nachkom—
men der „Dacier“, „Chraker“ ebenfalls ein Urvolk und nicht
etwa erst Nachkommen der im zwölften Jahrhundert einge—
wanderten Sachsen vom Niederrhein, welche nur den vor—
gefundenen arg gefährdeten und hart bedrängten Rest der
Urbevölkerung kräftigten und auffrischten, selbst aber in dem—
felben aufgegangen sind. Der Volksname wie die Wappen
bon „Siebenbürgen“ und von „Hermannstadt“ sprechen eine
eindringliche Sprache und erzählen von dem todesmutigen
Uampf einer kleinen Volksmenge gegen ihre Bedränger, aber
auch von der unbesiegbaren Zuversicht auf kommende bessere
Zeilen, auf welche sie der Ahnen Weistum zu vererben hoff—
en und dasselbe für ihre Nachkommen treu bewahrten.
Der VRame „Siebenbürgen“ hat mit der Sahl Sieben
als solcher und ailen auf diese begründeten Annahmen nichts
zu tun, und sei gleich anfangs daran erinnert, daß Zusam⸗
nensetzungen von Ortenamen mit dem Begriffe Sieben
nicht nur in Siebenbürgen selbst noch mehreremale vorkom⸗
men, fondern überall dort, wo Arier und Ario-Germanen
seßhaft sind oder es waren, sich erhalten haben, und zwar
in den verschiedensten Formen. So erscheinen die „Sieben
dorfer“, das „Sieben⸗Gebirge“, die „Sieben Berge“, die
Sieben Hügel“ (Rom), „Sieben Linden“, Sieben Brunnen“,
ZSieben hirten“, „Siebenborn“, „Siebenbürge“ (achsen),
Siebenegg“, „Siebeneichen“, „Sieben Gemeinden“ EGette
ommuni und Griechenland), „Siebengesteinen“, „Siebengru⸗
ben“, „Siebenheut“ „Siebenhuben“, „Siebenlehn“ oder
„Siebeln“, „Sieben Orte“, „Siebental“, „Siebentürme“
Schloß in Konstantinopel), „Siebenwolden“ usw. Ohne auf
andere sich veränderte Wortformen gleichen Ursprunges ein—
zugehen, sei nur noch darauf hingewiesen, daß Donars Frau
Sibia“ genannt war, daß die Familie im Germanischen
Sippe“ hieß, daß der Ausdruck „etwas besiebenen“, etwas
beeiden bedeutete, daß das „Sieb“ als symbolisches (hiero⸗
J—
Siebenbürgen.
glyphisches) Saubergeräte galt und schließlich, daß das von
„Sibun“ abgeleitete Zahlwort „Sieben“ eben darum als
„mystisch“ galt“) und seinerseits wieder eine nicht zu über—
blickende Anzahl weiterer symbolischer Benennungen und
Bezeichnungen bedingte. „Si“ bezeichnet die Sonne, sowohl
als Himmelskörper, wie auch stellvertretend für Gott, Recht
usw., je nach dem bestimmenden Beiworte, wie z. B. „sigi“
— die gebende Sonne, „sibi“ — bei der Sonne, sonnenähn⸗
lich, „sifa, sife“ S Sonnengezeugt, „sibiun“ — bei der Sonne
untergehen usw. Der heilige Wald, in dem die Sonne unter⸗
zugehen schien, in welchem sie scheidend zum letztenmale auf⸗
flammte, war die Gerichts⸗, die Scheidungs⸗ oder Entschei⸗
dungsstätte, denn — si⸗bi⸗ un! — mit der Sonne war auch
das Recht untergegangen, das durch den Verbrecher ge⸗
brochen wurde. Im „Sieben“⸗Wald, ⸗Gebirge, »Berge
usw. ist dies noch im Namen erhalten. Aber auch dort, wo
ein Volksrecht durch die Gewaltherrschaft fremdrassiger Er—
oberer unterdrückt wurde, dort wo es — si⸗bi⸗ uni — mit
der Sonne untergegangen war, dort hoffte man auf dessen
erneutes Entstehen, denn es gibt keine Vernichtung, nur eine
zeitweilige Verdunkelung, weil auch das Recht wieder auf—⸗
erstehen muß, wie die Sonne nach ihrem Untergang. Dem
siebenten — si⸗bi⸗ unten — Tag folgt der Sonntag! So zogen
sich die Armanen“) der Dacier auf den „si⸗bi⸗un-berg“ zuͤrůck,
dem sie das Wappen gaben, das „Siebenbürgen“ noch
heute führt und das sich heraldisch also blasoniert: „In
Blau Sonne und Mond mit halben schwarzen Aar woch
send aus roter Binde. In Gold sieben Burgen rot.“ Das
löst sich hieroglyphisch: „Blah ar man ar half swart ask
ruoth bund or sibun burg ruoth.“ Das heißt: „Wache
) Weil aus den Sieben“ farbigen Strahlen des Prismah sich
wieder der Eine Weiße Sonnenstrahl bildet, war eben Sieben die gott⸗
liche Zeugungszahl. Näheres darüber G.8. B. Nr. 5, 6 und 7.
*) Deren Ol⸗Orte waren: „Olthid“ bei Hermannstadt Geistes⸗
teidigung] und „Ola“ bei Toblicza [„ol“, „la“ — Wissensgeseßg.
9
Hermannstadt. Kronstadt. Nlausenburg.
Armane. Rechtshilfe dämmert wachsend aus dem Rechts-
bunde. Nachkommen behaupten geborgenes Recht.“ (Sibun
si⸗bi⸗ un bedeutet hier mit der Sonne unter⸗ aber auch wieder
aufgehen, also: bewahren, behaupten.) Das Wappen von
„Hermannstadt“, der alten „Armanenstätte“, wird
heraldisch blasoniert: „In Rot zwei Schwerter gekreuzt.
Urone. Drei Seeblätter & Caub) von Gold.“ — Hierogly⸗
phisch gelöst, löst es sich: „Ruoth fuo sahse⸗rod (Ureuz) kerone
tri si laaub or.“ Das heißt: „Rechteszwang! Sachsenrecht
kehrt wieder, (die) zeugende Sonne bringt es hervor l(in den)
Nachkommen.“ Das Wappen von „Uronstadt“ bietet
heraldisch „eine goldene Urone in Blau“, was sich hiero⸗
glyphisch löst in: „blah kerone or“, d. i.: „Erwarte (wache)
die Wiedergeburt (des Sachsenrechtes) in den Nachkommen.“
Auch das Wappen „Klausenburgs“ ist bedeutsam;
heraldisch wird es blasoniert: „In Blau, weiße dreitürmige
Burg“, was sich hieroglyphisch löst in: „blah wyd tri thurn
burg“ und besagt: „Wachend (lebend) Gesetz (ist in der) ent⸗
stehenden Wendung geborgen.“
Diese vier hieroglyphischen Wappenlösungen deuten
übereinstimmend die Hoffnung auf die Zukunft an, indem
die waltenden Armanen das arische Weistum standhaft
wahrend es den Nachkommen vererbten, welche es wieder
aufleben lassen sollen, wenn die Seitverhältnisse günstigere
geworden sein würden. Die Wappen von Siebenbürgen
swart ruoth bund — dämert dunkelt im Rechtsbund) und
blausenburg (tri thurn — entstehende Wendung) weisen
schon auf eine im Werden begriffene oder sich schon voll⸗
ziehende Wendung zum Besseren hin, und dürfte darunter
wohl ein namhafter Zuzug arisch⸗germanischer Ist⸗fo⸗onen
verstanden werden, welcher die zusammengeschmolzenen Ur⸗
einwohner kräftigte und ihnen jene Zuversicht heraldisch—
hieroglyphisch zum Ausdrucke bringen ließ. Es darf nicht
außer Acht gelassen werden, daß das Ist-fo⸗onen⸗Wesen eine
ritagemäß geordnete, allgemein arisch⸗germanische Ein—⸗
4
Siebenbürgen. Ripuarier. Franken.
richtung war, mit welcher die Einwohner Siebenbürgens
gerechnet hatten, und zwar nicht in Erwartung eines Zu⸗
falles, sondern indem sie Boten nach Germanien entsandten,
um die Istfo⸗onen aufzufordern, nach Siebenbürgen zu
bommen. Der durch eine solche Aufforderung erfolgte Zu⸗
zug germanischer Ist fo⸗onen ist die Ursache des erneuten
Aufblühens des siebenbürgischen Germanentums, und zwar
in früh vormittelalterlichen Seiten, weit vor dem zwölften
Jahrhundert. Gleiche Vorgänge lassen sich aus verschiedenen
Zeiien und aus anderen, auch außereuropäischen Siedlungen
der Germanen nachweisen und durch die Kita erklären (vergl.
das Seite 11-13 Gesagte).
Damit ist der Ring geschlossen und sind die wichtigsten
Namen der Völker, Stämme und Orte des germanischen
Mitteleuropa erklärt, soweit selbe zur Zeit des zweiten Jahr⸗
hunderts unserer Zeitrechnung bekannt waren, da, trotz nötig
gewordener Abschweifungen in andere Zeitalter, eben das
weite Jahrhundert zur Grundlage vorliegender Studie ge⸗
wählt wurde.
Es wird nicht unbeachtet geblieben sein, daß der Name
Arier nur in einem der aufgefuͤhrten Völkernamen enthalten
war *), wenngleich in vielen Umschreibungen auf denselben
augenscheinlich Bezug genommen wurde, wie sich des öfteren
ergab. Das erklärt fich sehr einfach damit, daß sich alle
emanischen Völker als Arier wußten und fühlten, und das
Selbstwerständliche unausgesprochen lassend, in ihren Sonder⸗
amen nur der kennzeichnenden Merkmale Erwähnung taten,
vie beispielsweise wir heute die Zugehörigkeit zu einer be⸗
stimmten Rasse ja ebenfalls in keiner Namensbezeichnung be⸗
sonders betonen, weil auch wir das Selbstwerständliche uner⸗
wähnt lassen.
Run taucht aber im fünften Jahrhundert mit einem
Male ein Volksname auf, in welchem die Bezeichnung
„Arier“ enthalten ist, und zwar die „Ripuarier“ und
a) Seite 56: Ariobrygen.
95
Ripuarier. Franken. Salier.
ziemlich gleichzeitig deren anderer Name „Franken“. Ihr
Hebiet war aim rechten Rheinufer zwischen den Friesen und
Alemanen und erstreckte sich später auch auf das linke Rhein—
ufer hinüber bis zur Mosel. Sie erscheinen zuerst als
„Provincia Ripuarorum“, ebenso als „Du-
zatum et Pagum Ripuarorum“, und Ravennas,
der Geograph des siebenten —*288 von Jacob Gro⸗
nrovius 1698 herausgegeben), bezeichnet sie als „FPrau-
eiam Rkineénsem?s; Jornandes um 450 verstümmelt
als,jRiparioli“. Ihre Gesetze, das „Salische Recht“,
ist älter und lag dem Lex Ripuarium aus der Mitte des
echsten Jahrhunderts, wie dem Capitular KRönigs
Dagobert (628 -639) zugrunde.
DHer Name „Ripuarier“, irrtümlich von „riva“ —
Ufer abgeleitet, führte zu der Annahme, es wären „Ufer⸗
Arier“ unter ihnen zu verstehen, was zweifellos Irrtum ist,
denn von Ufern wurde noch kein Volk benannt, und warum
sollte gerade solcher Nebensächlichkeit wegen hier zum ersten
MNale der Begriff „Arier“ namensmäßig betont worden
feind — Der Grund liegt tiefer; der Name sagt es deutlich:
Ripa“ heißt „abscheiden“; „ripu“ aber der „Abgeschiedene“;
fomit sind die „Ripu⸗arier“ diejenigen, welche vom „arischen
Recht“ der „Rita“ sich losgesagt hatten, vermutlich, um dem
Christentum sich zuzuwenden, denn sie waren durch Jahr⸗
hunderte hindurch als römische Provinz romanisiert und des
rischen Rechtes entwöhnt worden. Nach Erlöschen des
Kömerreiches kam ihpen das Verlangen, die Erbschaft Roms
anzutreten, welche Macht⸗ und Herrschaftsgelüste die Bestre⸗
bungen vorbereiteten, welche von Karl dem Großen
Slactenãre) verwirklicht wurden. Darum nannten sie sich
uch die „Freien“ (Franken), nämlich frei von der arischen
Rita. Darum erscheinen ihre „Armanen“ ebenso plötzlich
als „Salier“, und darum erschien das „salische Ge—
setz“, das, obwohl in der alt⸗arischen Rita noch immer
fußend, doch schon die Crennung von dieser bedeutet. Hier
—Mi
Ripuarier. Franken. Franzosen.
also war die Aufnahme des Begriffes „Arier“ in dem neu⸗
bedingten Namen „Ripu⸗Arier“ von Bedeutung, und darum
finden wir ihn auch in diesem zuerst enthalten. Kein Er—
eignis im Werdegange der Völkergeschichte kommt unvor—
hereitet, und so ist auch die Katastrophe, welche die Zeit Karls
bedeutet, durch das Scheiden der Franken aus dem Arier—
hunde vorbereitet und damit auch die Bedingung der Mög⸗
lichkeit gegeben worden zum Entstehen Frankreichs, der fran—
zösischen Sprache, des Unterganges der Cakkobarden, und der
argen Schädigung der Germanen auf der italischen Halbinsel.
Diese Entwicklung aber war den Historikern bis heute
entgangen, weil sie den Namen Ripuarier nicht richtig zu
deuten verstanden, und deshalb haben sie, in einem nicht
minder großartigen Irrtum befangen, das nachmalige
Frankengebiet als das alte „Ist-fo⸗onen⸗Territorium“ be⸗
geichnet und natürlich alles andere Land als das Gebiet der
Hermionen“ (Armanen) in den Landkarten überschrieben,
nur um die Namen, mit denen sie offenbar nichts anzufangen
wußten, irgendwo ehrenvoll zur Ruhe zu bestatten. Mittelbar
und bedingt hatten sie damit zwar nahe an das Siel getroffen.
Ja, durch die Scheidung von der alt⸗arischen Rita waren die
achherigen Franken und Franzosen allerdings zu Ist-fo⸗onen
zgeworden, denn sie versanken auf Nimmerwiederkehr in das
Ur, sie waren für das Ario-Germanentum verloren, aber sie
waren im zweiten Jahrhundert noch lange keine Ist⸗fo⸗onen,
wie aus dem Ergebnisse dieser Studie klar geworden ist.
Später bedeuteten sie für die Ario-Germanen mehr als nur
verlorene Ist⸗-foronen, denn sie wurden die Vergifter des
Volkes und der Rita, sie waren es — losgesagt von der Rita
—welche trotzdem noch als Ario⸗Germanen sich gebend, das
bisher Unerhörte zum Gesetze machten, daß ein Stammes—
zenosse des anderen Unecht, Leibeigener, Sklave sein konnte“),
*) Sachsenspiegel; „In der Zeit, wo die Sachsen das Land er—⸗
oberten, waren alle Sachsen frei, gab es keine Unechte (Leibeigene,
Sklaven); überhaupt gibt es keinen Grund, warum einer
der Gewalt des andern unterworfen sein soll“.
97
Armanenbezirke. Urstätten. Ist-fo⸗onen⸗Siedelungen.
indem sie das römische Recht in ihr salisches Recht aufge—
nommen hatten und damit die frühere Gleichheit vor dem
Gesetze erschütterten, den bisherigen drei Ständen den vierten,
den „Hörstand“, hinzufügten, dem bald als fünfter der „Hehr⸗
stand“ folgte, worauf dann die alten Freiheiten von Stufe zu
Stufe sanken und der Riesengötze, das „Gottesgnadentum“,
sich drohsam emporreckte, um im „Roi soseil“ sich selber zu
übergipfeln.
Die Ripuarier begründeten die Schmach des Deutsch⸗
tums, die sich ihrerseits wieder in der sprichwörtlich gewor⸗
denen deutschen Hundedemut, wie in der deutschen Fremd—
landssucht übergipfelte, um nun hoffentlich zu Besserem hin⸗
überzulenken.
Es wurde schon eingangs (Seite II—19) betont und be⸗
zründet, welche Bedeutung die drei Stände: der „Ing—
fo⸗onen“, der „Armanen“ (Hhermionen, Irmionen) und
der „Ist-fo-onen“ bekunden, und wie in den Uarten,
welche das Germanien des zweiten Jahrhunderts unserer
Zeitrechnung darstellen, das Gebiet der „Ingefo⸗onen“ als
dem Bereiche der „Terra antiquorum Saxonum“ teilweise
entsprechend, als ungefähr richtig angenommen werden darf,
obwohl wir überall in Mitteleuropa auf Ing⸗fo⸗onen⸗Gebiete
gestoßen sind, welche selbstverständlich mit gleichem Rechte
auf die gleiche Bezeichnung Anspruch erheben dürfen.
Es ergab sich ferner, daß die Armanen-Bezirke“
allemal in den Ing⸗fo⸗onen⸗Gebieten eingekapselt lagen;
gleichgültig, ob diese Ing⸗fo⸗onen⸗Gebiete „Urstätten“
waren oder aus Neulandgewinnungen einstiger
Ist-fosonen-Siedelungen hervorgegangen, zu
Jung-Ing-fo⸗-onen-Gebieten sich entwickel—
ten. Ferner ergab es sich, daß die Armanenbezirke —
wahrscheinlich infolge des Anwachsens der Städte an ihren
halgadomen — nach und nach ihre Namen auf die Be—
wohner selber übertrugen, welche schließlich als Bezeichnung
von Stämmen oder Völkern galten, während sie nichts mehr
38
Ver sacrum. Secession. Bojer. Bojovaren.
als lediglich Cokalnamen waren. Erst nachdem das Christen⸗
tum den Wuotanismus völlig unterdrückt hatte, verloren die
Armanenbezirke ihre Bedeutung und erlangten aber meist als
Erzbistümer, Bischofssitze oder Klöster erneuten Vorrang in
einem anderen Verstande. Daraus ergibt sich von selbst, daß
die Einzeichnung der „hermionen“ auf den mehrerwähnten
Narten Germaniens vollständig fehlerhaft ist und keiner wei⸗
teren Bekämpfung mehr bedarf.
Was die „Ist-fo-onen-Gebiete“ anbelangt, so ging
ebenfalls aus den Ergebnissen dieser Studie hervor, daß es
solche im eigentlichen Sinne nicht geben konnte, sondern ledig—
lich nur Ift fo-onen⸗Scharen oder Ist-fo-onen⸗Völker, wenn
man den Begriff Volk in dem Sinne nimmt, in dem er im
Mittelalter im Verstande von KUriegs⸗,Völkern“ aufgefaßt
wurde, woraus der Begriff der späteren „Regimenter“ sich
herausbildete, also „Scharen“. Jede Ist⸗fo-onen⸗Siedelung
wurde sofort nach ihrer Landnahme und Seßhaftmachung
ihrerseits ja selber wieder eine Ing-fo⸗onen⸗Siedelung, welche
im Verlaufe mehrerer Generationen ebenfalls, und dies in
regelmäßiger Zeitfolge, ihre Ist-fo-onen⸗Scharen entsandte.
Der Vorgang war derart, daß nach vollbrachtem Früh⸗
lingsopfer (ver sacrum) die Äbergeborenen oder Istfo-onen
rinen neuen Gesamtnamen erhiesten der sie als Volk bezeich⸗
nete, unter welchem sie ihren Auszug (secession) hielten. So
zogen aus Aquitanien im sechsten Jahrhundert vor unserer
Zeitrechnung die arisch⸗germanischen Bojer nach dem, nach
ihnen später benannten Bojohemum. Sie waren also
Ist⸗foronen und wurden in Bojohemum seßhaft und infolge⸗
dessen dort zu Ing-foconen. Nach mehreren Generationen
waren nun aber auch sie wieder gezwungen, Ist⸗fo⸗onen⸗
Scharen oder Völker auszuscheiden, und diese zogen unter
dem Namen „Bojo⸗vari“, nämlich „fahrende Bojer“, aus,
und bildeten das große Reich der Bayuvaren“. Während
die erste Schicht der Bojer, wenn man so sagen darf, obwohl
sie in Bojohemum seßhaft blieb, ihre Unabhängigkeit und
Bapyuvaren. Bayern. Bojaren. Ruriker.
—
ihren Namen verlor, der nur am Lande haften blieb, so hat
deren zweite Schicht, die Vayuvaren“, ihre Unabhängig—
keit nicht nur bewahrt, sondern sogar ein mächtiges Reich be⸗
gründet, das — wie schon oben gesagt — mit dem Cakko—
bardenreiche enge verbunden, die ario⸗germanische Macht⸗
zrenze südwärts viel weiter vorgeschoben hatte, als wir heute
die deutsche Sprachengrenze zu ziehen wagen. Wieder aber
muß daran erinnert werden, daß „das Volk“ der „Bayu—⸗
varen“, die heutigen „Bayern“, keineswegs die Vach—
kommen jener Bojer⸗Ist-fo⸗onen sind, sondern, daß es von
diesen, als seinen Besiegern, nur den Namen erhalten hatte,
da eben auch die Bojer-Fahrer ihre Herrschaft auf ein schon
seßhaft vorgefundenes Bolk ausgedehnt hatten, in welchem
sie selbst den Uriegsadel bildeten, welcher vom alten
„Armanenadel“ wohl zu unterscheiden ist. Die russischen Bo⸗
jaren, obwohl vollständig russifiziert, waren in ihren Ahnen
ebensolche Bojer⸗Fahrer. Noch heute scheiden sie sich in
„fürstliche/ und „Landesbojaren“, also in hohen und niederen
Adel, während das Volk andersrassig ist. Andere russische
Fürsienhäuser führen ihren Ursprung auf „hrurekr“
Kurik den Großen) zurück und nennen sich davon Ruriker
oder Rjurikowitsche. Der Name „KRusse“, von „Rus“,
„Rodsen“, bedeutet die „Rechtmäßigen GHerren)“, ist also
deutsch. So entstand der Unterschied zwischen dem hohen,
dem Armanen⸗Adel und dem niederen oder Kriegsadel. Die
Führer eines Ist⸗fo⸗onen⸗Zuges waren aber immer aus Ar—⸗
manengeschlechtern, sie waren die Herzöge, die nach der Seß⸗
haftmachung erst Könige wurden, und stammten aus den
Fürstenfamilien, deren Titel von „Fyr“, nämlich Urfeuer, sich
herleitei. Die „Grafen“ waren — als Richter — ebenfalls
Armanen und daher dem hohen Adel zuzurechnen. Die
„Herren“ oder „Freiherren“ jedoch gehörten dem Kriegsadel
in; die „Ritter“ den Markomanen, die „Edlen“ den
Sschwaben. Im Sachsenspiegel ist diese Scheidung der
„Sassen“ und „Suaven“ genau in diesem Sinne durchgeführt.
7*
100
Neue Völkernamen haben nur besitzkennzeichnenden Wert.
Wieder aber muß daran erinnert werden, daß all diese
Völkernamen lediglich nur besitzkennzeichnenden Wert haben,
da eben alle diese Völker Arier und daher
einer Kasse und einer Abkunft waren, und sich,
soweit es in ihrer Macht lag, gegen Rassenkreuzung — durch
sexuelle Moralgesetze — schützten, welche ehemals nicht nur
in den Armanengeschlechtern allein, sondern im ganzen Volke
Geltung hatten. Die heutigen sogenannten „Mesalliance—
Gesetze“ haben den wichtigsten Punkt der Rassenreinheit ver⸗
dunkelt und sind darum fast wertlos geworden. *)
Bezeichnend für das „Ist-fo-nentum“, das oben
auf Seite 12 in der Namensdeute als die große Menge jener⸗
erkannt wurde, welche „in das Dunkel gehen durch
Anderung des Schicksals“, ist, daß auch die Begräb—
nisplätze den gleichen Namen trugen, welcher dann auf folche
Uirchen des Christentums übertragen wurde, welche vor—⸗
nehmlich als Begräbnisstätten dienten. Daß aber diese auch
dem Entstehungskulte gleichzeitig geweiht waren, begründeit
iich in der arisch⸗germanischen Auffassung des Codes, welcher
nicht als eine Vernichtung, sondern als eine Übergangsstufe
zu neuentstehendem Sein in der Wiedergeburt galt Darum
bedeutet „Ist-fo“ nach den drei Ordnungsstufen, in der
ersten oder Entstehungsstufe: Der im Eise (Code) Feugende;
d. h.: Der aus dem Code Wiedererstehende; in
der zweiten oder Werdensstufe: Der beständig Seiende; d. h.:
Er ist, er geht, wandelt; in der dritten, der Ver—
zehungsstufe zum Keuerstehen: Der in das Dunkel (uist, wüst,
leer) Versinkende; d. h. Er wandert fort auͤf Nim⸗
merwiederkehr (hel fetsen), oder er wandelt zum
Ur zurück, nämlich: Er stirbt. — So aber, wie er zum
Ur zurückwandelt oder stirbt, ebenso kommt er wieder aus dem
Ur zur Erde, indem er wiedergeboren wird, und darum ist
die Entstehungsstätte auch gleichzeitig die Vergehungsstätte,
——
) G.L.eB. AUr. 3, Seite 152ff.
101
Ist⸗fo⸗onen. Stefansorte und Stephanskirchen.
— Bæ2*
— —
Anfang und Ende, das Alpha und Omega. Darum war
aber auch jeder Dom die Waltungsstätte, denn das Walten
oder Werden liegt zwischen Geborenwerden und Sterben; es
ist das CLeben, das Gesetz, das Recht. So fanden sich in
diesen Erörterungen drei Stephansdome nebst den zahllos an⸗
deren Domen und Kirchen dieses Heiligen, und zwar in Metz,
St. Etienne (Estienne, Istienne) (Seite 55 und 55) und in
Wien (Seite 31 und 66). Wie es aber kam, daß gerade dieser
heilige zum Schutzpatron jener Dome wurde, das habe ich
schon anderswo *) gesagt. Nicht unerwähnt mag des ferne—
ren bleiben, daß der Begriff „Ist-fo“ auch zum Personen⸗
namen wurde, und zwar noch zu einer Zeit, in welcher dem
tlinde der Name mit bestimmter Deutungsabsicht, und noch
nicht wie heute nur des Wohlklanges wegen gegeben wurde. Wir
begegnen diesem Begriff in drei Formen als Personenname,
und das ist sehr bezeichnend. Nämlich als „Stephan“ —
stehende Zeugung im relativen Sinne, als: bestehend, be⸗
ständig, oder: stillestehend, aufhörend. Das will sagen:
inder Fremde fortzeugend, in der Heimattot.“
Sehr bezeichnend für den Übergeborenen, der zum Ist-fo⸗onen
bestimmt wird. Die anderen Formen, wie „Istvan“ (Ist⸗fo)
in Ungarn üblich, „Etienne“ (Estienne) in Frankreich, und
„Stefano“ in Italien gebräuchlich, zeugen durch ihre Häufig-
keit, namentlich in alten Feiten, wie zahlreich in jenen Län⸗—
dern eben Ist-fo-onen gewesen sein mochten; ja, in Ungarn
wurde der Name sogar durch den Candespatron national.
Erwägt man nun, daß gerade in den Grenzgebieten die
Stephanskirchen und Stephansorte zahlreich zu verzeichnen
sind, während selbe in Inner-, Nord- und Westdeutschland
selten und nur vereinzelt in großen Zwischenräumen sich
tinden, und da nur an kleineren Kirchen, nicht aber an Domen
der Name haftet, so ergibt es sich daraus von selbst, daß der
VHom Wuotansturm zum Christentum“. Th. Schröter's Verlag.
Zürich, TSchweiz.
102
Stephan, Etienne und Istvan als Personennamen.
—
—
Bezug auf diesen Namen und seinen mythischen Träger, der
später zu einem christlichen Heiligen sich wandelte, nicht nur
im metaphysischen Sinne, sondern auch sinndeutlich im greif⸗
bar physischen Verstande auf die Reinheit der Rasse ange⸗
wandt wurde. Stephan wurde sowohl als wuotanistischer
Ase wie als christlicher Heiliger zum Schutzherrn aller jener,
welche berufen waren, als „Kimbern“ oder „Keimträger“
in die Fremde zu ziehen — zu hel fetsen! — um sie zu
mahnen, Arier zu bleiben und nicht in fremder Rasse zu ver⸗
sinken. Hier findet sich die Armanenlehre der Serualmoral,
hon welcher auf Seite 8 und später wiederholt gesprochen
wurde, in den Rahmen des Wuotankultes gefügt, ohne aber
vom Christentum übernommen worden zu sein, da dieses die
utopistische Lehre von der einen Herde mit dem einen Hirten
beriritt. Die Absichtlichkeit der Anlage der
wuotanistischen Sta-fans-⸗Dome, welche all—
überall außerhalb der Stadtwälle lagen, um
damit eben anzudeuten, daß der Ist-fo⸗-one
außerhalb des Volkes stehe, doch aber zu
diesem gehöre, erklärt die christliche Lithurgie bezüglich
der christlichen Stephans⸗Dome damit, daß der Erzmärtyrer
Stephanus außerhalb der Tore Jerusalems gesteinigt wurde
und darum auch dessen Gotteshäuser außerhalb der Stadt—
wälle angelegt wurden. Diese Scheindeutung bedarf keines
weiteren Rommentars, zumal sie erst etliche Jahrhunderte
später auftauchte, nachdem die Kirche Herrin geworden
war.
In jenem Sinne also, welcher das Versinken der Ist-fo—
onen in der Überzahl der fremden Rasse begreift, kann man
füglich von Ist-fo-onen-Gebieten sprechen, und als solche alle
nichtgermanischen Länder und Völker Europas bezeichnen,
denn sie alle sind auf arisch-germanischer Unterlage ent—
tanden, und heute dem Germanentume ebenso abhold, wie es
die Ripuarier infolge ihrer Lostrennung von der alt⸗arisch-
zermanischen Rita geworden sind, was die Völkerentwicklung
103
Völkerbündnisse bedingen neue Völkernamen.
im Rahmen der Geschichte von den ältesten Seiten bis zur
Gegenwart mit Tausenden von Beispielen belegt.
Aber nicht jedes Neuentstehen von Völkern ist mit dem
Ist⸗fo⸗onentum in Einklang zu bringen, etwa nach dem
Schema „Bojer⸗Bojuvari⸗-Bayuvaren-Bayern“, sondern
viele, wie es sich bei den „Cugiern“, „Vindelicern“ usw.
ergab, danken ihr Entstehen einem Völkerbund, in dessen
Rahmen eine Gruppe von Völkern sich vereinigte, deren Son—
dernamen dabei allmählich in Vergessenheit gerieten, wobei
es ganz gleichgültig ist, ob solch ein Völkerbund sich frei—
willig oder gezwungen bildete. Ein solches Beispiel bieten
die „RJlamanen“ oder „Alemanen“, welche nach dem
zweiten Jahrhundert plötzlich auftauchen, sofort ein mäch-
liges Volk bildend, das zur Grundlage des späteren Herzog-
ums Schwaben und des schwäbischen Ureises im römisch—
deutschen Reiche wurde. Der Name „Alamanen“, der sich
löst in: „al“ — Sonnenfeuer als Gott; „la“ — hervorbrin⸗
gen; „manen“ — „Männer“, der sie somit gleichbedeutend
mit „Arier“ als „Sonnensöhne“ bezeichnet, würde auf ein
Urvolk deuten, wenn er nicht erst so spät aufgetaucht wäre.
Da aber die Alamanen sich selber als „Suabi“ bezeichneten,
und aus dem „Semanengebiet“ (Seite 31ff) hervorgegangen
sind, also mehrere schwäbische Völker in sich vereinigten, so
ist damit auch der Hinweis auf ein Urvolk nicht nur erklärt,
sondern auch gerechtfertigt, um so mehr, als die Semanen
als Armanen tatsächlich Teile eines Urvolkes waren, das im
steten und dauernden Besitze seiner Ur- und Erb-⸗Erde von
den Urzeiten bis zur Gegenwart verblieb. (Vergl. Tacitus
Germania, Kap. 39.)
Nach all dem Vorgebrachten dürfte es klar geworden
sein, daß die germanischen Völker aus der arischen reinen
Rasse hervorgegangen sind, und zwar aus den verschiedenen
Gruppen Geretteter, welche die furchtbaren Flutkatastrophen
der Sintflutperiode überdauert hatten. Daß diese Gruppen
UÜberlebender aber die alt-arische Kultur wie die alt⸗arische
104
Zeitgenössische Ist⸗-fo⸗onen sollen ritagemäß gepflegt werden.
Rita, und zwar in jedem einzelnen Falle gerettet und weiter
gepflegt halte, und daß endlich, als sich aus diesen Gruppen
Heretteter, welche wir als „Urvölker“ und „Urstämme“ er⸗
kannten, auf deren Urgebieten Staaten entwickelt hatten, sich
in diesen das Zusammengehsörigkeitsgefühl regte, und zu
Staatenverbänden leitete, welche schließlich zur Vereinigung
eines Großteiles derselben unter der Bezeichnung „Deutsches
Keich“ führte. Es ergab sich ferner, daß die Namen der
Urvölker stets den Urnamen „Arier“ umschrieben sich bei—
legten, und daß die Ist⸗-fo⸗onen bei ihrem Auszuge einen
neuen kennzeichnenden Namen erhielten, unter dem sie wieder
zu Ing-fo⸗onen geworden sind. Ebenso ergab sich aus den
Namen der Armanen, daß diese die alt-arische Rita als
Beheimlehre pflegten und die geistigen Walter des Gesamt⸗
volkes waren. Ja, ein Name (Gleszvar, Seite 73) bezeugt
sogar namensmäßig die Wanderskalden, nämlich den vielfach
bezeugten Umstand, daß die Armanen aller Ol-⸗Orte im steten
Verkehr unter sich standen, was sich auch bei Siebenbürgen
Seite 93) wappenmäßig nachweisbar bestätigte. Daraus
ergab es sich, wie hochentwickelt und organisch geleitet das
große Staatsgefüge der Ario⸗Germanen auf Grund der
Kita ausgebildet war, mit welcher Sorgfalt das Ist-fo-onen⸗
Wesen organisiert und geleitet war, in welcher organischen
Gliederung eben die Ursache gelegen ist, für die von allen
Historikern aller Zeiten und aller Völker gerühmten staaten⸗
hildenden und staatenerhaltenden Kraft der Arier, der Ger—
manen und der Deutschen.
Die alt⸗ario⸗germanische Fürsorge für unser zeitgemäßes
Ist⸗fo⸗onen⸗ tum — für unsere Auswanderer — wäre unseren
modernen Sozialpolitikern wie National⸗Okonomen nicht
dringend genug anzuempfehlen, sie könnte unserer Kolonial⸗
volitik von unberechenbarem Nutzen sein.
Der Erkenntnis folge die Tat. Alaf sal fena!
—D
Mitteilungen
der
Guido⸗von⸗List⸗Gesellschaft zu Wien.
79it vorliegendem vierten Bande der „Guido⸗List⸗Buͤche re i“
beginnen wir den zweiten Jahrgang — wenn wir so sagen
duͤrfen — der von uns satzungsmaͤßig zugesicherten Veroͤffent—⸗
lichungen der Forschungsergebnisse Guido Lists. Es werden auch im
Gesellschaftsjahre 1908, aͤhnlich wie im Vorjahre, mindestens zwanzig
Druckbogen ausgegeben, da — trotz erfreulichen Wachstums der Ge—
sellschaft und stetig zunehmenden buchhaͤndlerischen Vertriebes der ,Guido⸗
List-Buͤcherei“ — die noch junge „Guido⸗von-List-Gesell—
schaft zu Wien“ noch nicht so weit erstarkt ist, daß sie, wie geplant,
m Jahre vierzig oder mebr Druckbogen herauszugeben in der Lage ist.
In der Erwaͤgung dieses Umstandes, und in der Absicht, die eposch e—
machenden Forschungsergebnisse Guido Lists so rasch als moͤg⸗
lich erscheinen zu lassen, hat es der gefertigte Vorstand fuͤr zweckmaͤßig
zrachtet, vorlaͤufig von der Ausgabe der „Dichtungen dramati—
schen und erzaͤhlenden Inhaltes“ — der geplanten zweiten Reihe
— sowie der „Neudrucke aͤlterer Schriften“ unseres Meisters
Buido List — der beabsichtigten dritten Reihe nnserer Guido⸗List-Buͤcherei
— abzusehen, und vorerst noch folgende Werke von Guido List, als der
ersten Reihe, den „Forschungsergebnissen“ angehoͤrend, herauszu⸗
geben, naͤmlich:
Buido-List-Buͤcherei Nr. 4: Die Volkernamen Germaniens
und deren Deutung.
Nr. b6: Die ario-germanische Bilderschrift, Nr. 6: Das
Besetz der Ursprache der Ario-Germanen und deren
Rysteriensprache und Nr.7: Die Kabbala und die Esoterik
des Armanismus.
50)
106
Mit dieser siebenten Nummer der Guido⸗-List-Buͤcherei ist
das Hauptgeruͤste der Forschungsergebnisse unseres Meisters vorlaͤufig
abgeschlossen und soll dann alljaͤhrlich nur mehr ein Band aus der ersten
Reihe erscheinen, waͤhrend alljaͤhrlich dann auch Baͤnde aus den beiden
anderen Reihen zur Ausgabe gelangen werden, und zwar je den Mitteln
der Gesellschaft entsprechend, bis zum Umfange von jaͤhrlich vierzig und
mehr Druckbogen.
Bezuͤglich des oben erwaͤhnten siebenten Bandes, „Kabbala und
Esoterik des Armanismus—, sei noch ganz besonders bemerkt, daß
die von unserem Meister durch Intuition gefundenen Gesetze der Ursprache,
der Mysteriensprache, der Bilderschrift und besonders der Gesetze der
Kala, welche er in seinen bisher erschienenen vier Baͤnden der „Guido—
List⸗Buͤcherei“ in praktischer Anwendung zeigte, nun eine glaͤnzende Be⸗
sttaͤtigung erfahren haben, indem der bekannte Gelehrte, Herr Dr. Moritz
Altschuͤler, erklaͤrte, daß jeder von Guido List in obengenannten
dier Buͤchern ausgesprochene Satz, auch in der Kabbala
enthalten sei, welche alles von Guido List intuitiv Aus—
zesprochene vollinhaltlich bestaͤtiget. Auf Grundlage dieses
Ausspruches beschaͤftigt sich nun unser Meister mit dem Studium
der Kabbala in deren Beziehungen zur Esoterik des
Armanismus und legte im Verlaufe der letzten Wintermonate einen
Teil seiner diesbezuͤglichen Findungen in einer Reihe von Vortraͤgen
seiner Gemeinde, in den zahlreich besuchten „Guido-List-Abenden“, vor
und wird der siebente Band der „G.⸗L.⸗-B.“ das Ergebnis dieser Fin—
dungen in ausfuͤhrlicher Weise veroͤffentlichen.
Wie sehr das emsige, rastlose Wirken unseres Meisters auch seitens
der Mitglieder und Freunde unserer, seinen Namen tragenden Gesellschaft
anerkannt wird, beweisen die zahlreichen Zusendungen von Aktenmaterial
zu seinen Forschungen, welche in solchem Maße einlaufen, daß es seine
Kraft uͤbersteigt, einzeln darauf einzugehen, so daß er oft gezwungen ist,
mit brieflichen Autworten monatelang warten zu lassen. Wir kommen
seinem Ersuchen hiemit gerne nach, indem wir fuͤr ihn die geehrten
Herren Einsender bitten, die Verzoͤgerung seiner Antworten zu ent—⸗
schuldigen, da selbe eben nur persoͤnlich von ihm erteilt werden koͤnnen.
Der Vorstand dankt daher im eigenen Namen, wie in dem unseres
Meisters, hiemit folgenden Mitgliedern fuͤr ihr unterstuͤtzendes Wirken
zganz besonders, und zwar:
107
Herrn Assessor im koͤnigl. Heroldsamte Dr. Bernhard Koerner
in Berlin, fuͤr wichtige handschriftliche Urkunden mit Bezug auf
Rechtsgeschichte, Rechtsbraͤuche, Hausmarken und Wappenkunde.
Herrn Geheimrat Conrad M. v. Unruh in Friedenau—
Berlin, fuͤr wichtige Nachrichten uͤber gleiche Themata und Drui⸗
dismus;
Herrn Amtsgerichtsrat M. Heße in Brandenburg a. d. H.,
kuͤr Mitteilungen uͤber Runenkunde;
Herrn Kunstmaler Christian Ferd. Morawe in Friedenau⸗—
Berlin, fuͤr Mitteilungen praͤhistorisch-anthropologischer Beobachtungen
von besonderer Wichtigkeit;
Herrn koͤnigl. Baurat Wilhelm Koehne in Berlin, fuͤr
Mitteilungen uͤber Hausmarken, Wappen und einschlaͤgige Antikaglien;
Herrn koͤnigl. Amtsgerichtsassessor Heinr. Christ. Meyer in
Adlstein, fuͤr wichtige literarisch-philosophische Mitteilungen;
Herrn k. k. Hofstaats-Beamten ꝛc., Wil helm v. Pickl-Scharfen—
stein, Eblen von Witkenberg in Meran, fuͤr sein aufopferungsvolles
Wirken im Interesse unserer Gesellschaft und Einsendungen aus dem
Gebiete der Heraldik;
Herrn ostindischen Handelsherrn Eduard Lorenz Lorenz⸗
Meyer in Hamburg, fuͤr sein tatkraͤftiges Wirken im Interesse unserer
GBesellschaft;
. Herrn Dr. Haͤberlin in Wyk auf Foͤhr, fuͤr seine Mit—
teilungen uͤber Hausmarken und Verwandtes;
Herrn Praͤsidenten des Altertumsvereines am Harz, Th. Nolte
in Thale am Harz, fuͤr seine vielen literarisch-archaͤplogischen Ein⸗
sendungen
Herrn Ernst Pauschenwein in Preßburg, fuͤr seine sprach—
wissenschaftlichen Einsendungen, welche — soweit in den Rahmen vor⸗
liegender „G.⸗L.-B. Nr. 4“ passend — benuͤtzt wurden;
Herrn Wilhelm Bennignus in Atlantic-City, Nord—
amerika, fuͤr seine literarischen Einsendungen.
Es ist leider nicht moͤglich, allen geehrten Einsendern und Foͤrde⸗
rern an dieser Stelle zu danken, aber es moͤge durch die hier Genannten
der Beweis erbracht sein, welch reges Vereinsleben im Mitgliedsringe
unserer Gesellschaft herrscht, was hier mit besonderer Genugtuung her⸗
borgehoben sei.
108
Noch mag erwaͤhnt sein, daß die „Guido⸗-⸗von-List-Gesell—
schaft zu Wien“ ihre regelmaͤßigen Zusammenkuͤnfte waͤhrend
der Wintermonate am 9. November 1908 mit der Feier des sechzigsten
Geburtstages ihres Meisters eroͤffnete, welche glaͤnzend verlief und bei
welcher der Gefeierte mit weit uͤber 200 Drahtgruͤßen und anderen
Sympathiekundgebungen erfreut wurde. Wir glauben, die fuͤr diese Feier
von unserem Praͤsidenten Herrn Friedr. O. Wannieck verfaßte Festrede
inseren Lesern nicht vorenthalten zu duͤrfen und lassen selbe hier im
Wortlaute folgen:
Dieselbe lautete:
„Es ist ein festlicher Anlaß, ein Freudentag besonderer Art, der
uns hier zusammenfuͤhrt.
Unser verehrter Meister Herr von List, der Mann, um den als
Kristallisationsmittelpunkt sich diese Vereinigung gebildet hat, der Mann,
dessen Denken und Dichten, dessen Wirken und Schaffen in weitem
Freundeskreise so begeisterten Widerhall fand, daß daraus die List—
Gesellschaft hervorwuchs, hat in diesem Jahre am 5. Oktober sein
z0. Lebensjahr vollendet.
Das Herzensbeduͤrfnis, dieses fuͤr uns so uͤberaus freudige Ereignis
nicht sang- und klanglos voruͤbergehen zu lassen, hat die List-Gesellschaft
hewogen, heute eine kleine Feier zu veranstalten, um der Wertschaͤtzung
und Verehrung fuͤr den Dichter, dessen Namen unsere Gesellschaft traͤgt,
auch einmal in anderer Form als durch Mitarbeit bei der List-Gesell⸗
schaft Ausdruck zu verleihen.
Es ist noch kein Jahr verstrichen, seit unsere Vereinigung ins
Leben gerufen wurde nud ungefaͤhr 11/, Jahre, seitdem die ersten
Anregungen zur Gruͤndung eines solchen Unternehmens zum festen
Entschluß reiften.
In dieser kurzen Spanne Zeit ist — ohne uͤberhebung darf es
gesagt sein — ein gutes Stuͤck Arbeit geleistet worden und unsere
Gesellschaft zaͤhlt Mitglieder und Freunde, soweit auf dem europaͤischen
Festlande die deutsche Zunge reicht.
Den Blick einzig in die Zukunft gerichtet, in vollkommener Klarheit
uͤber das, was wir wollen, haben wir bis jetzt fuͤr die Verwirklichung
inseres Zieles, fuͤr die Verbreitung der List'schen Lehren und Gedanken
mm deutschen Volke gearbeitet.
109
Ein Tag wie der heutige jedoch bietet uns Anlaß, auch einmal
der Ruͤckschau zu pflegen und uns zu klarem Bewußtsein zu bringen,
welche von der Persoͤnlichkeit Lists ausstrahlenden und durch sie wirkenden
Kraͤfte es waren, die zur Gruͤndung unserer Gesellschaft fuͤhrten.
Zu diesem Zwecke ist es notwendig, unseren Blick ein wenig ins
Weite zu richten und uns klar zu werden uͤber die vom deutschen Volke
heute erreichte Entwicklungsstufe und uͤber die Richtungslinien, welche
unsere kulturelle Entwicklung fuͤr die naͤchste Zukunft andeuten.
Die Zeichen der Zeit, die sich uns bei solcher Betrachtung zeigen,
sind nun fuͤr uns hoͤchst befriedigend und gluͤckverheißend.
Es ist gegruͤndete Hoffnung zu der Annahme vorhanden, daß das
deutsche Volk oder vielmehr die aus dem Germanentum hervorgegangenen
Voͤlker einer Wiedergeburt und Verjuͤngung entgegengehen, die allein sie
in den Stand setzen wird, jene Hoͤhe der Kultur und allseitigen Ent⸗
faltung zu erreichen, zu der sie vermoͤge ihrer Naturanlagen bestimmt waren.
Es ist, als ob die germanische Welt sich anschickte, aus einem
Zauberschlaf zu erwachen, der sie durch fast 114, Jahrtausende umfangen
hielt, seitdem sie durch den Schicksalsschluß der 3Z. Norn in den Bann
fremder Geistesmaͤchte geraten, der eine freie ungehinderte Entfaltung
ihrer glaͤnzenden Begabungen so wie sie anderen Voͤlkern zuteil geworden
war, nicht aufkommen ließ.
Wiederholt im Laufe der Geschichte hat das deutsche Volk, gefuͤhrt
von Helden des Geistes und des Schwertes, versucht, die Fesseln
abzuschuͤtteln und zu einer weseneigentuͤmlichen, aus den Tiefen der
Volksseele qnillenden Kultur zu gelangen, doch war es bis jetzt immer
auf halbem Wege stehen geblieben, denn es hatte die Grundlage gefehlt,
die wahrheitsgetreue Kenntnis der deutschen Vorgeschichte, das Wissen
von dem heiligen Ahnenerbe, das man den Deutschen geraubt und dessen
Wiedergewinnung unserer neuesten Zeit vorbehalten blieb.
Eine Schar ausgezeichneter Maͤnner ist seit einigen Jahrzehnten
am Werk, die Dornenhecke von dem versunkenen Paradies unserer
Kindheit wegzureißen und uns jene alten verlorenen Kunstschaͤtze wieder
zu erschließen.
Aber das Werk war unvollendet geblieben, man hatte uns das
aͤußere Gewand gegeben, doch fehlte uns die Kenntnis des Geistes, der
unter der Schale verborgen war.
1173
Guido von List war es vorbehalten, die Arbeit der Germanisten
zu kroͤnen durch die Entdeckung der Esoterik des Germanentums, durch
Auffindung einer erhabenen Philosophie und Geheimlehre, welche den
Symbolen der germanischen Mythen und Skaldendichtungen zugrunde—
lag und deren Hauptlehrsaͤtze durch die Urbedeutung der Runen und
inderer germanischer Heilszeichen festgelegt waren.
Durch List's Arbeiten ist somit erst die religioͤs-metaphysische
Brundlage gegeben fuͤr die Bestrebungen der großen deutschen Kultur⸗
bewegung, die es sich zum Ziele setzt, alle Gebiete unseres kulturellen
Lebens mit deutsch-⸗germanischem Geiste zu erfuͤllen, mit deutscher Wesens—
art zu durchdringen und die Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des
Deutschtums in den Mittelpunkt unserer Bildung zu stellen.
In der Esoterik des Armanismus, wie List sie darstellt, duͤrfen
wir die uralte Weisheit der arischen Muttersprache ansprechen, die nach
anserer bisherigen Kenntnis ihren hoͤchsten philosophischen Ausban im
alten Indien gefunden hatte.
Eine Zeitlang hatte es auch den Anschein, als ob wir uns nach
Indien wenden muͤßten, um zu einer unserer Wesensart angemessenen
Weltanschauung zu gelangen, nach der das deutsche Volk waͤhrend der
Jahrhunderte seiner Unterjochung und Knebelung durch fremden Geistes⸗
und Gewissenszwang vergeblich gerungen hatte, und fuͤhrende Geister
bersprachen sich eine neue „Renaissance-⸗Periode“ vom Studium der
Sanskrit⸗Literatur.
List gebuͤhrt nun das ungeheure, nicht abzuschätzende Verdienst,
den Nachweis erbracht zu haben, daß wir im eigenen Lande, in den
heiligen uͤberlieferungen unseres eigenen Volkes das Gold urarischer
Weisheit und die Elemente einer Weltanschauung zu finden vermoͤgen,
die geeignet sein wird, die so lange vergebens erstrebte Versoͤhnung zwischen
Wissen und Glauben herbeizufuͤhren und die hoͤchsten Beduͤrfnisse unseres
Beistes zu befriedigen.
Das dunkle Bewußtsein von jener geistigen Enteignung, der alles
zum Opfer fiel, was das germanische Altertum an Kulturwerten besaß,
und die Sehnsucht nach besseren, harmonischeren Zustaͤnden hat in dem
deutschen Volke stets fortgelebt und ihren Ausdruck gefunden in den
vundervollen Sagen von Goͤttern, Koͤnigen und Heerfuͤhrern, die in
Bergen schlafen und dereinst erwachen werden, wenn die Not am
111
hoͤchsten gestiegen, um ihr Volk zu retten und einer gluͤcklicheren Zukunft
entgegenzufuͤhren.
Wiederholt im Laufe der Geschichte hat die Not im deutschen
Volke einen solchen Hoͤhepunkt erreicht, daß der Fortbestand deutschen
Wesens und deutschen Geistes ernstlich gefaͤhrdet schien und stets war
dann der rettende Held erschienen, der zur rechten Zeit das rechte Wort
zu sprechen und die rechte Tat zu wirken wußte.
Auch in Meister List muͤssen wir eine solche Verkoͤrperung des
Schutzgeistes unseres Volkes erkennen, die uns zur rechten Zeit gesendet
vwurde, um uns Erkenntnisse zu geben, deren wir beduͤrfen, zur Loͤsung
der uns bevorstehenden Kulturaufgaben.“
An alle Freunde, der von unserer Gesellschaft im Glauben an die
hohe Sendung der Ario⸗Germanen der Zukunft, ins Werk gesetzten
Bemuͤhungen, ergehe aber die Bitte, unsere Bestrebungen durch Ver—
breitung der „Guido⸗List⸗Buͤcherei“, sowie durch Werbung neuer Mit—⸗
zlieder zu unterstuͤtzen, da es uns nur durch stetig sich steigernde Mit—
zliederzahl ermoͤglicht werden kann, die Schriften unseres Meisters in
erweiterter Auflage herauszugeben.
Wir bitten, sich von unserem Sekretariate geeignetes Werbemate⸗
riale in jeder beliebigen Anzahl zu diesem Zwecke kostenfrei zusenden
zu lassen.
Mitgliederverzeichnis
TX
Guido⸗von⸗List-Gesellschaft zu Wien.
Folgende Herren haben den ersten Aufruf zur Gruͤndung der Guido—
hon⸗List-Gesellschaft unterzeichnet:
Als Stifter die Herten:
Friedrich Wan nieck, Großindustrieller in Muͤnchen.
Friedrich O. Wanuieck, Gutsbesitzer, Gut Seibetsberg, Post
Furatsfeld bei Amstetten, Niederoͤsterreich.
Verein Deutsches Haus“ in Bruͤnn.
Herr Eduard Lorenz Loren —9* yer, ostindischer Handelsherr Hamburg.
Frau Architekt Margarete Ludwig in Muͤnchen.
Herr Hermann Tietgens, Großhandelsherr in Hamburg.
„Geheimrat C. M. von Unruh in Friedenau-Berlin.
Ferners folgende Herren:
4
Eugen Baron d'Albon, Wien.
phij. Emil Baumann, zZuͤrich.
Ing. Ludwig v. Bernuth, Graz.
Anton Breitner, Mattsee.
Dr.Hans Brendicke, Schriftsteller
Hund Redakteur, Berlin.
Direktor Friedrich Fischbach,
Wiesbaden 7.
Henry de la Fontaine, Schloß
——— ee
Friedrich Freiherr v. Gaisberg
auf Schoͤckingen, Ritter—
schaftlicher Abgeordneter, vor—
hender Kapitelherr des „St.
Michael“, Schloß Schoͤckingen
Wuͤrttemberg).
Dr. Karl Gloͤßl, Gemeinderat,
Wien.
Dr. Hugo Goͤring, Weimar.
Dr. Harald Arjuna Graevell
van Jostenoode, Schrift—
steller, Heidelberg.
Ing. Karl Graebel, 3
Oberleutnant Grun, Goͤrlitz.
Architekt, Professor B. Hanft⸗
mann, kgl. Oberlehrer fuͤr
Bauwissenschaften, Magdeburg.
Luise Hackl, Schriftstellerin, Wien.
Karl Heise, Schriftsteller, Zuͤrich.
Dr. AdolfHarpf, Abbassieh-Cairo.
Prof. Albert Kauntter, Noͤr⸗
tingen (Wuͤrttemberg).
Prof. Karl Knortz, North—
Tarrytown, U. S. A.
Professor Dr. Ferdinand Khull,
Graz.
Dr. Hermann Kienzl, Heraus—
geber des „Blaubuch“, Berlin.
113
Heinrich Th. v. Kohlhagen,
Herausgeber der geneal. herald.
Blaͤtter des „St. Michgel“,
Bamberg.
Bustav Lindecke, Lehrer, Langen—
feld, Ostpreußen.
Dr. Joͤrg Lanz von Liebenfels,
Rodann.
Exzellenz Geh. Rat Dr. Karl
Lueger, Buͤrgermeister der
e anpt und Residenz⸗
stadt Wien.
Thristiean Friedr. Morawe,
Kunstmaler, Berlin⸗Friedenau.
Anton August Naaff, Heraus—
geber der „Lyra“, Wien.
Th. Nolte, Archaͤoldge und
Ehrenvorsitzender des Alter—⸗
cumsvereines, Thale a. H.
Viktor Orendi⸗Hommenau,
Schriftleiter des „Deutsch⸗
ingarischen Volksfreundes“,
Temesvar.
Bust. Paganetti-Hummler,
Naturhistoriker und Schrift⸗
steller, Voͤslau.
Wilhelm b. Pickl⸗Scharfenstein
FIdler v. Witkenberg, k. u.k.
Offizier a. D., Hofstaatsbeamter
d. R. ꝛ⁊c. ꝛc. Meran.
Hermann v. Pfister⸗Sch weig—
husen, Hochlehrer und Wehr⸗
herr a. D., Darmstadt 4.
Ing. Josef Poͤrtl, Wien.
Hrof. Aurelius Pol zer, Heraus⸗
geber des „Grazer Wochen⸗
blattess, Graz.
J. L. Reimer, Schriftsteller,
Wien.
Dr. med. u. phil. Wilhelm, Ro h⸗
meder, Schulrat, Muͤnchen.
Jos Roneck, Gutsbesitzer, Kron—
urg.
Arthur Schulz, Herausgeber der
Blaͤtter fuͤr deutsche Erzie⸗
hung“, Birkenwerder⸗Berlin.
A. Freiherr v. Schweiger—
Lerchenfeld, Brunn am
Gebirge.
Hofrat. Prof. M. Seiling,
Muͤnchen⸗Pasing.
Rudolf Freiherr v. Seydlitz-
Kurzbach auf Kl. Wilkau.
Bustav Simons, Erfinder des
Simonsbrotes, Mariendorf⸗
Berlin.
Friedrich Karl Stephan, Kunst—⸗
gewerbler, Plauen.
Heinrich Vieweg, Verlagsbuch—
haͤndler, Groß⸗Lichterfelde⸗
Berlin.
Franz Vogl, Fabrikant, Purgstall.
Ir. Ernst Wachler, Gruͤnder und
Leiter des Harzer Bergtheaters,
Rhoͤndorf a. Rh.
Arthur Ritter v. Wallpach auf
Schwanenfeld, Innsbruck.
Romuald Walter, Graz.
Dr. Fritz Wilhelm, Elektro⸗
techniker, Wien.
Friedrich Wie gershaus, Schrift—
—I
Baurat Wustandt, herzogl. Bau⸗
gewerbeschuldirektor, Koburg.
J. F. Willigens, Inhaber des
Verlages „Lumen“, Wien.
—R8 Wiegershaus, Elber⸗
feld.
Dr. Franz Winterstein, Kassel.
Wilhelm Reichsgraf y. Wurm⸗
brand-Stuppach, Schloß
Steyersberg.
Prof. Paul Zil1mann, Heraus⸗
jeber der „Nenen metaphysischen
Rundschau“, Groß⸗Lichterfelde—
Berlin.
114
ztand der Mmiĩtglieder bei sSchluss des vierten Bandes der Guido.Cist.Bucherei:
Herr Carl Ahrens in Meran. Neuer Frankfurter Verlag,
Herr Dr. M. Altschuͤler in Frankfürt a. M.
Wien. Herr B. Fuͤllgraf in Thale-Harz.
Herr k. Gymnasial⸗Professor Bal Herr Oberleutnant P. Grun in
Jerome in Loͤcse C(Leutschan, Glogau.
Ungarn). Freiherr Friedrich von Gaisberg
herr Dr. med. H. Bauer in auf Schoͤckingen, Schloß
Baden Deutschland). Schoͤckingen.
Herr Emil Baumann in Zuͤrich Herr Professor M. v. Glasen app
(Schweiz). in Riga.
herr Baumbach v., Amtsrichter Herr Staatsrat C. F. v. Glase—
in Hessisch⸗Lichtenau. napp in Riga.
Herr CBauscher, Fabrikant in Herr Karl Graebel, Ingenieur
Muͤnchen. in Chemnitz.
Herr Kunstmaler Karl Becker in Herr Hermaunn Groͤger, Fabrikant
Pasing bei Muͤnchen. in Sternberg.
Herr Emaunel Beranek, Kauf⸗ Herr Karl Grunert Dr. Professor
mann in Wien. in Bremen.
Herr Rudolph Berger, Groß- Herr Dankwart Gerlach in Groß—
Kaufmaun, Santiago de Chile, Lichterfelde.
Suͤdamerika. Herr Willy Gerlhach, New-York
Herr L. v. Bernuth, Ingenieur City U. S. A.
in Graz. Herr Friedrich Gothmann, Di—
Herr Hermann Braß, Fabrikant rekkor der O.oͤ. Buchdruckerei⸗
in Hohenstadt. und Verlagsanstalt in Linz
Herr Anton Breitner, Schrift⸗ a. d. D.
steller in Mattsee. Herr Kurt Ritter von und zu
Frl. A. Brenner, Lehrerin in Goldegg, k.k. Kaͤmmerer und
Wien. Rittmeister a. D. in Meran.
Frl. Antonie Breun in Bruͤnn. Harzverein fuͤr Geschichte und Alter⸗
Bund der Deutschen Nordmaͤhrens, tumskunde iu Thale a. Harz.
Olmuͤtz. Herr G. Hauerstein, Groß—
Herr Eugen Brix in Wien. Kaufmann in Hannover.
Herr Graf v. Brockdorff in Herr Dr. med. von Hartungen
Meran. in Meran.
Herr Friedrich Burkhardt, Kon- Herr Oberst Hellwig in Hagenau
sul a. D. Stuttgart. Elsaß).
Herr Mar Cuno, Finanz-Rech- derr Franz Herndl, Schriftsteller
nungsrevisor in Speyer. u. Rinisterialbeamter in Wien.
Herr Gutsbesitzer Baron Edgar FroͤuleinLuiseHackl, Schriftstellerin
Ecker, Graͤmbach. in Wien.
Herr Apotheker Elze in Cottbus. Herr Karl Heise, Schriftsteller
Herr Hentiy de la Fontaine, in Zuͤrich.
Schloß Limpertsberg in Lurem- Herr Horst von Henning in
hurg. Weimar.
115
Herr Architekt B Hanftmann,
Koͤnigl. Oberlehrer fuͤr Bau—
wissenschaften in Magdeburg.
Herr E. H.
den Hofrat E. Hoͤhne in Schoͤne⸗
erg.
derrn Rudolf Janko, Sekretaͤr des
Theosophisch. Vereines in Wien.
Herr F. K.
Frau Lina Keßler, Regierungs—⸗
baumeisters Witwe in Meran.
Herr Hochschulprofessor Leopold
Kliment in Bruͤnn.
Herr H. Th. v. Kohlhagen in
Bamberg.
Herr Josef Krammer in Wien.
Herr F. F. Kohl in Wien.
zut Anton Kral in Salurn,
Deutsch⸗Suͤd⸗Tirol.
Herr v. Krogk, Rittergutsbesitzer
in Großwerden.
Herr Wilhelm Koöoͤhne, koͤnigl.
Baurat in Berlin.
Herr Dr. jur. Bernhard Koerner,
Regierungs Assessor in Berlin.
Herr Friedrich Kunitz. Hauptmann
in Serajevo.
Kurvorstehung in Meran.
Frau Amelie Lanna⸗Schmidt,
Schriftstellerin in Wien.
Herr Dr.Lehmann-Hohenberg,
Professor in Weimar.
Herr Dr. Joͤrgganz v. Liebenfels
in Rodaun bei Wien.
Herr Gustav Lindeke, Lehrer in
Langenfeld, Ost-Preußen.
Herr W. Lohe, Rechtsanwalt
in Duͤsseldorf.
Herr Karl von List, Oberbaurat
in Wien.
Exzellenz Geh. Rat Herr Dr. Karl
Lueger, Buͤrgermeister der
Reichs⸗Haupt⸗ u. Residenzstadt
Wien.
Herr Gustav Ludwig, Architekt
in Muͤnchen.
Frl. Mathilde Mayer in Meran.
herr Dr. Willy Mahr, Amts—
richter in Darmstadt.
Herr Dr. J. Marzinowsky,
Haus Sielbeck, Euten.
Herr Kunstmaler Ch. F. Morawe
in Friedenau-Berlin.
Herr Eugen Mertins, Allein⸗
inhaber d. Simonsfabriki. Wien.
Herr Karl Meißner Eisenbahn⸗
Sekretaͤr in Essen⸗Ruhr.
Herr Sanitaͤtsrat Dr. med. E.
Meissen, Sanatorinm Hohen⸗
honnef am Rhein.
Herr F. L. Milner k. u. k. Haupt⸗
mann d. R., Schloß Heralatz,
per Polleßkirchen
Herr Archaͤploge Th. Nolte in
Halberstadt am Harz.
Herr Reg.-Komm. v. Noppeney
in Luxenburg.
Herr Dr. Josef Neumayer, Vize—
huͤrgermeister d. Reichs⸗Haupt⸗
und Residenzstadt Wien.
Frau Ida Luise Nusch, geb.
Frein Freyschlag v. Freyenstein,
Oberstensgattin in Meran.
Herr Kurt Paehlke in Koͤnigs⸗
berg (Preußen).
Herr Ernst Panschenwein, Kauf⸗
mann in Preßburg.
derr Josef Pfitzner, n.eͤ. Landes⸗
beamter in Wien.
Herr Professor J. Pokhorny,
k. k. Schulrat, Bruͤnn.
Herr k. u. k. Generalmajor i. P.
Karl Porges GKarl Hilm) in
Muͤnchen.
Herr Karl Pusch, Betriebsleiter,
in Poln.Ostrau.
Frau Hermine von Pulszky,
Budapest.
Verein Roland, fuͤr Familien—
forschung, Ortisgruppe Berlin.
Herr Gutsbesitzer Josef Roneck
in Kronberg.
Herr Schriftsteller J. L. Reimer
in Wien.
116
Herr Otto Rilke in Wien.
Herr Schulrat Dr. Wilhelm
Rohmeder in Muͤnchen.
Herr Gustav Simons in Marien⸗
dorf⸗Berlin.
Herr F. K. Stephan, Kunst⸗
gewerbler in Plauen.
Herr Hofrat Professor Max Sei⸗
ling in Muͤnchen-Pasing.
Freiherr Rudolf von Seydlitz—
Kurzbach in Klein-Wlkau.
Herr P.Siedenschnur, in Stutt—
gart.
Herr Willy Schaͤfer, Redakteur
und Schriftsteller in Berlin.
Herr Regierungsrat Professor J.
Scherber in Wien.
Frau Baronin Schleinitz in
Meran.
Frl. J. H. Schlender, Schrift—
stellerin in Dresden.
Herr Blasius Schemna, k. k.
Generalmajor in Triest.
der Nathunde Schmidt in Muͤn—⸗
en.
Herr Dr. H. S.
Freiherr von Schweiger-Lerchen—
keld in Brunn a. G. Nieder—
Osterreich.
Herr k. k. Fregatten⸗-Kapitaͤn
Schwickert in Wien.
Herr Arthur Schulz, Heraus—
geber der „Blaͤtter fuͤr deutsche
Erziehung“, Berlin.
Herr Gustav Schultze, Kaufmann
in Groß⸗Biesnitz.
Hherr Dr. R. Schulz in Wulkow.
Herr Karl Schuller, technischer
Beamter in Wien.
Herr Hugo Schuster in Binningen
bei Basel.
Sr. Exzellenz Freiherr v. Te uffen⸗
bach zu Tiefenbach u. Maß—
weg, k. u. k. Feldzeugmeister z. D.,
ß. ü. b. Kaͤmmerer ꝛc. in Goͤrz.
Herr Paul Toberenz, Fabriks—
besitzer in Zerbst Anhalt.
Herr Dr. med. Andreas Trieb,
in Graz.
Frin. Kate Ulrich, EKpglish In-
structor for the ⸗2Staats-
prüfung« in Wien.
Herr Richard Ungewitter in
Stuttgart.
Herr E. Urban, kaiserlicher Rat,
Bankier in Bruͤnn.
Herr Verlagsbuchhaͤndler Heinrich
Viehweg in Groß—-Lichter⸗
felde.
Herr Franz Vog,, Fabrikant in
Purgstall, N..
Herr Geheimrat Arthur Vogel
in Willmersdorf-Berlin.
Herr P. Wanner, Handelsherr
in Pforzheim.
Frau Professorin Olga Florian—
Wisinger, Malerin in Wien.
Herr Bildhaner Karl Wollek in
Wien.
Herr Schriftsteller Romnald
Walter in Graz.
Frau Anna Wendthausen in
Kluͤtzow, Pommern.
Herr Ernst Freiherr v. Wolzogen
in Darmstadt.
Herr Dr. Fritz Wilhelm, Elektro—
techniker in Wien.
Herr Musikdirektor Richard
Wickenhausser in Wien.
Herr J. F. Willigens in Wien.
Herr Dr. Ernst Wachler, Di—
rektor des Harzer Bergtheaters,
Jena.
Herr F. Wiegershaus, Elberfeld.
Herr Arthur von Wallpach,
Ritter auf Schwanenfeld,
Schriftsteller in Innsbruck.
Herr Dr. Heinrich Ziegler in
Graz.
117
Der Ehrenvorstand setzt sich aus folgenden Herren zu—
sammen:
chrenprälident: Herr Friedrich Wannieck, Großindustrieller, Muͤnchen.
Kurator: Herr Friedrich Oskar Wannieck, Gutsbesitzer, Seibetsberg, R8.
Kanzler: Herr Schriftsteller J. L. Reimer in Wien.
khrenmitglieder:
Herr
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11
Direktor Friedrich Fischbach in Wiesbaden (gestorben). J
Arjuna Harald Graevell van Jostenoode, Schriftsteller in Heidelberg.
Dr. Franz Hartmann in Algund.
Bymnasialprofessor Dr. Ferdinand Khull in Graz.
Dr. Joͤrg Lanz v. Liebenfels in Rodaun.
Wilhelm von Pick!-Scharfenstein, Edler von Witkenberg,
Fuuül k. Offizier a. D., Hofstaatsbeamter d. R. ꝛe. ꝛc. in Meran.
Hochlehrer und Wehrherr Hermann von Pfister-Schweig—
hufen in Darmstadt (gestorben).
Professor Aurelius Polzer in Graz.
AÄrthur Schulz in Berlin.
Dr. Ernst Wachler in Jeng.
Abgeordneter Heinrich Wastian, Schriftsteller in
VProfessor Paul Zillmann in Groß—-Lichterfelde.
Rorrespondierende Ilitglieder:
Herr
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Herr
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Ober⸗Post⸗Inspektor Ehrhardt in Berlin.
Hiktor Orendi-Homena, Redakteur des „Deutsch⸗ungarischen
Volksfreund“, Temesvar.
Professor Georg Gautzer, A. M. in New-York.
Friedrich Schalk, Buchhaͤndler in Wien.
zand. phil. F. Wastian in Graz.
Buchhaͤndler Karl Bornemann in Znaim.
Der Vorstand setzt sich aus folgenden Damen und Herren
zusammen:
Dorlitzender (Praͤsident)y: Herr Friedrich Osbar Wannieck, Gutsbesitzer.
A —
chatzmeilter: Frau Schriftstellerin Amelie Lanna⸗Schmidt in Wien.
Derlagsleiter: Schriftsteller Guido List in Wien.
donnogee Schriftstellerin und Redakteurin Fraͤulein Luise Hackl
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Unwsersitatsbibliothekx
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Unbeamtete Vorltandsmitglieder:
Herr Dr. M. Altschuͤler in Wien.
„ J. F. Willigens in Wien.
„ Josef Pfitzner in Wien.
zekretärin: Fraͤulein Rosa Wimpffen in Wien.
Alle Zuschriften an die „Guido⸗-von⸗-List-Gesellschaft zu Wien“
werden an die Adresse der Sekretaͤrin der Gesellschaft, an Fraͤulein Rosa
Wimpffen, Wien LX., Bleichergasse 18, erbeten.
Fuͤr den Vorstand der Guido-von⸗List-Gesellschaft zu Wien:
R. Wickenhausser, Schriftfuͤhrer.
Wir richten die herzliche Bitte an alle, denen die Pflege deutscher
eisteskultur und die Verbreitung arisch -germanischer Welt⸗
anschauung in unserem Volke am herzen liegt, unsere Bestrebungen
durch Beitritt zur „Guicdo⸗vonList Gesellschaft ⁊u unterstutꝝen.
Univers itats Pibliothet der Hu Scerilir
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Zweite Reihe:
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Wien, Verlag des Verfassers durch die Guido—
pon⸗List · Gesellschaft. F.r den Buchhandel:
Osterreichisches Verlags⸗-Institut Wien XIII/,,
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