Die ethische Idee der Vollkommenheit .
Von H . Steinthal .
Wenn ein Redner vor uns aufträte und also begönne : »Höret , Himmel ! und merk' auf , Erde ! « : würde uns da nicht bange sein , das bekannte Sprichwort »der Berg kreiste ; da gebar er eine Maus« werde in diesem Falle das Mis - verhältnis zwischen Eingang und Inhalt der Rede sogar noch viel zu schwach ausdrücken ? Hier ist ja ein Eingang , von dessen Größe der antike Kunst - Richter keine Ahnung hatte .
Jesaja hat eine seiner Reden so begonnen . Und wie befriedigend lautet es weiter : »denn Gott spricht« ! Ja , fast wendet sich nun das Gefühl völlig um ; solcher Fortgang ist zu groß , selbst für solchen Anfang . Es ist ja zu wenig , dass Himmel und Erde aufhorche , wenn Gott redet . Aber jetzt nur um so gewagter für den Redner . Was hat er nun Würdiges zu sagen , nachdem er den größten Anfang zur Kleinheit herabgedrückt hat ? Weiß er noch eine Steigerung ?
»Kinder hab' ich auferzogen und ernähret , und sie — sie sind von mir abgefallen . « Der Gottheit unendlicher Jammer ertönt , ihr Jammer über den Frevel des Menschen . Nicht zum Höchsten hinauf , nein vom Höchsten herab ertönt hier die Klage über einen Undank , der so unnatürlich ist , dass er unmöglich , scheint . Da ist Ursache zu einer Anklage des Schöpfers gegen das Geschöpf , welche Himmel und Erde