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H . Steinthal ,
unter dieser Idee der Vervollkommnung einer ethischen urteilung . Der Fortschritt des Einzelnen besteht darin , seine persönliche Tugend immermehr dem Ideale anzunähern , welches seine Gesammtheit geschaffen hat ; der Fortschritt der letztern wird darin erkannt , dass sie dieses Ideal immer höher rückt .
Es wäre völlig trostlos , wenn die Geschichte der heit bloß in Dingen , welche sittlich gleichgültig sind , eine Entwicklung zeigte . Wenn nun aber die Cultur nur im Dienste der Sittlichkeit gedeiht , so würde , da doch in ihr vorzugsweise der Fortschritt sich kund gibt , schon dadurch auch eine allmähliche Förderung der Sittlichkeit gegeben sein , da letztere doch wohl , wie die Kunst , mit der Vermehrung und Verfeinerung der Mittel auch höhere Ziele erreichen wird . Die Cultur aber liefert nicht bloß Mittel , Werkzeuge , Instrumente , sondern sie ergreift unmittelbar die künstlerischen und auch die sittlichen Ideen . Die Cultur Homers kennt nicht die poetischen Darstellungsmittel eines Sophokles , aber auch nicht dessen künstlerische , noch auch dessen sittliche Ideen ; und das Heidentum kennt weder die ästhetische noch die ethische Erhabenheit des Monotheismus .
Freilich , wenn man die Ideen so abstract fasst , wie bei Herbart geschieht : so gibt es keinen Menschenstamm , welcher menschlich lebt , in dessen Leben nicht auch die Ideen ihre Verwirklichung fänden . Ich will von einigen australischen elendesten Horden absehen ; aber bei jedem Negerstamm ist innere Freiheit und eine gewisse Beseelung der Gesellschaft , Wohlwollen und Recht und Lohn . Ist nun kein Unterschied zwischen Neger - Recht , römischem und heutigem deutschen Recht ? ich meine , ein Unterschied in der Idee des Rechts ?
Die sittlichen Institutionen , wie sie vorliegen in der Rechtspflege , in der Verwaltung oder Regierung , in den Formen des socialen Lebens , als da sind : Ehe und Familie nebst Verwantschaft , Freundschaft , Verkehr , Teilung der Arbeit ( Stände ) und Association u . s . w . , diese alle sind geworden und gewachsen und allmählich veredelt in der Geschichte , und zeigen uns nicht etwa bloß immer voll -