Beurteilungen .
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desselben ausgesagt werden , und diese Urteile allgemeine Anerkennung beanspruchen dürfen . 1 Dann liabe ich weiter an der Bibel nachgewiesen , wie das Erhabene auch im Kleinen , und wie es in der Einfachheit hervortreten kann , wie es sich mit dem Rein - Schönen und dem Naiven und Lieblichen vereinigt , und auch Lust wie Schmerz und selbst Spott sich erhaben ausdrücken kann . Für alles dies habe ich die Beispiele aus der Bibel gegeben und kann hier nur nochmals , wie ich es schon einmal in dieser Zeitschrift getan habe ( XI . 162 ) , mein Bedauern darüber ausdrücken , dass unsere Ästhetiker die Bibel eben nicht kennen .
Ich kann also „ Amorphie , Disproportionalität , losigkeit , Asymmetrie , Disharmonie als ( Jharakeristika des Erhabenen " ( Seite 147 ) nicht gelten lassen . Sonst wäre das Erhabene nicht schön . Es ist aber wirklich schön , d . h . es kann schön sein , und ist keineswegs ein „ nicht mehr Schönes " ( Seite 147 ) , etwa ein liches . 2 Hat denn wirklich ein Ästhetiker beim Anblick
1 Ich würde also den Niagara - Fall erhaben nennen , aber doch nicht behaupten , er sei an sich erhaben , „ mag ein Mensch Zeuge dieses Schauspiels sein , oder nicht " . Wenn kein Mensch Zeuge selben ist , so ist jener weder erhaben , noch irgend etwas , was wir von ihm aussagen könnten , wie z . B . fließendes Wasser ; dann wissen wir eben gar nicht , was er ist , womit wol der Verfasser stimmt ( S . 84 ) . Ob man das Object mit Kant ( beim Verfasser S . 22 ) lieber „ erhebend " als „ erhaben " nennen will , ist gleichgiltig . Es ist auch kein Ding „ rot " , sondern veranlasst mich nur , rot zu empfinden .
2 Auch Carrière sagt ( beim Verfasser S . 91 ) : „ Nur vergesse man nicht , wie die Größe allein es nicht tut , sondern stets die dingungen des Schönen erfüllt sein müssen . Wir stehen nicht halb , sondern innerhalb des Schönen " . Gerade dies hat Goethe so deutlich gemacht . — Auch Kuno Fischer kann ich für mich citiren ( S . 82 ) : „ die Natur erhebt uns nicht , sie imponirt uns nur ; die lebte Natur in ihrer bewegten Idealität ist uns heimlicher , als die starre , tote , die uns in ihrer unbeweglichen und starren Größe zu -
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