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66 Löwe: Die Ausnahmslosigkeit sämtlicher Sprachneuerungen.
sowohl Auslassungen einzelner Wörter wie im nhd. Mahlzeit für gesegnete
Mahlzeit, einzelner Silben wie in dem von Schuchardt angeführten magyar.
alá szolgáj < alátos szolgája, und meist wohl verbunden mit den beiden
eben genannten Arten die Auslassung einzelner Laute wie in vulgärdeutsch
moin, der gewöhnlichsten Form für guten Morgen, in der das r geschwunden
ist (das konsonantische i vertritt die Spirans j [für g] nach voraufgehendem
Yokal); in dem bei Schuchardt auch genannten m à ist sogar der Yokal
o und der Nasal n der Kürze halber zum Nasalvokal ò kontrahiert worden.
Ahnlich heisst es im Magdeburger Lande n dach neben blossem dach für
„guten Tag". Die Kürzung um einzelne Laute scheint sich überhaupt
auf die Formeln der Begrüssung und der titularen Anrede zu beschränken.
In allen anderen Fällen ist doch wohl der Sinn des Wortes nicht in dem
Grade selbstverständlich, dass man bis zu dieser höchsten Stufe der Yer-
undeutlichung fortschreitet.
Die Wortverdrehungen sind entweder Euphemismen wie nhd. verflixt
für verflucht, oder phantastische Umgestaltungen von Wörtern in der An¬
lehnung an andere Wörter, wie sie im Scherze und bei Spielen vorkommen,
oder partielle Erschöpfungen.
Für die Wortentstellung selbst haben wir natürlich gleichfalls das
Gesetz der Ausnahmslosigkeit zu postulieren. Freilich umfasst auch hier
der ganze Wandel meistens wohl nur ein einzelnes Wort oder eine einzelne
Wortverbindung. Mehrere Wörter begreift er z. B. in sich bei der Kürzung
der Hunderte der lateinischen Distributiva : duceni < ducenteni, treceni < *tre-
centeni u. s. w. Eine Ausnahme von diesem Wortkürzungsgesetze bildet
nur centeni: eine Form *ceni würde der Deutlichkeit zu viel Abbruch
gethan haben. Da die Wortkürzungen selbst absichtlich stattfinden, so
sind natürlich auch ihre Ausnahmen durch Absicht bedingt. Auch bei
Kürzung der Personennamen lassen sich wahrscheinlich Wortkürzungs¬
gesetze betreffs ganzer JSTamenklassen aufstellen. Ein Wortverdrehungs¬
gesetz haben wir im Deutschen in der steten Ersetzung von Gotts durch
potz in Flüchen wie potz Blitz, potz Wetter u. s. w., im Französischen in
der Verwandlung von -dieu in -bleu in den ursprünglich auf -dieu endenden
Interjektionen wie parbleu, corbleu u. s. w.