Kleine Mitteilungen.
101
Kleine Mitteilungen.
Zum Steinkultus in Syrien.
Auf den von mir 1882—1885 im nördlichen Syrien ausgeführten Reisen —
eingetragen in H. Kiepert, Karte des nördlichsten Teiles von Syrien im Humann-
i'uchsteinschen Reisewerk, Berlin, 1890 — verzeichnete ich auch, was mir von
dem Kultus von Bäumen und Steinen bekannt wurde. Das Merkwürdigste in dieser
Hinsicht beobachtete ich bei dem Dorfe Jelbaba oder Schëch errili, ca. 10 km
östlich von 'Azäz, 15 km südlich von Killiz (Klîs). In meinem Reisetagebuch findet
sich darüber unter dem 9. November 1882 Folgendes: „1 Uhr 14 Min. am Fusse
des Hügels von Jelbaba; hier befindet sich ein Steinhaufen von ca. 2 m Durch¬
messer, auf welchem Äste eines kleinen vertrockneten Baumes liegen, die dicht
mit den bekannten Kleiderfetzen umwunden sind ]), ca. 30 m davon entfernt auf
(len Hügel zu, der berühmte schwarze Stein, der die Wunderkraft besitzt, dass,
wenn sich ein mit bei aghrysy, Lendenschmerz, Behafteter in ihn legt — er ist
nach der Mitte zu muldenartig vertieft — und dann in dieser Lage mehrere Male
an den Beinen herumgedreht wird, die Krankheit von ihm weicht und er gesund
wird. Der Stein ist 0,77 m breit und 1,9 m lang. — 1 Uhr 23 Min. fort von hier
iluf den massig hohen, zwei Spitzen habenden Hügel hinauf. — 1 Uhr 25 Min. oben
aui der südlicheren der beiden, durch einen Sattel von einander getrennten Spitzen,
^on hier die Zijaret nordöstlich, das Dorf nördlich; in der Richtung der Zijaret,
ea- 1 Stunde entfernt, ein hüjük (i. e. künstlicher Hügel) sichtbar. — Auf der
anderen östlichen Seite des Hügels hinunter, ungefähr in halber Höhe links am
Wege ein Stein (Kalkstein?) mit Löchern, denen das Volk die Wunderkraft zu¬
schreibt, dass sie wunde oder schmerzende Finger, wenn dieselben in sie hinein¬
gesteckt werden, heilen; es sind ca. 8 Vertiefungen, zum Teil/paarweise neben ein¬
ander. — j Uhr 35 Min. von diesem Steine fort. — Am Fusse des Hügels befindet
sich ein ähnlicher, doch grösserer Stein; der ist für Armschmerzen, er steht auf¬
recht und hat oben so grosse brillenartige Löcher, dass man den Arm hindurch¬
stecken kann; dass dieses Manöver in der That oft und schon seit sehr alter Zeit
vollführt wird, sieht man daraus, dass die Durchsteckstelle ganz glatt und glänzend
ist. — Am Fusse des Hügels auch befindet sich die Zijaret (i. e. bewail fa h rtetes
lìrab) des Jelbaba oder Schëch rïh (errili), welche offenbar selbst nicht sehr alt
ist, doch aus altem Material erbaut scheint; vor ihr und neben ihr liegen einige
Säulen; ca. 50 m von dieser Zijaret entfernt, sind die beiden runden, von ca. iy2 m
hohen Mauern umgebenen Räume, in deren einem sich die Männer, im andern die
Frauen baden, um von Krankheit geheilt zu werden. Diese beiden Steinumfassungen
sind ca. 50 m von einander entfernt; aus beiden iiiesst das Brunnenwasser heraus;
ganz in der Nähe liegen die zehn Häuser, aus denen das Dörfchen besteht; die
'ttuslinisehen Bewohner sprechen türkisch, doch mit deutlicher Aussprache des 'am
1) Über die sogenannten Lappenbäume vergi. An dree, Ethnographische Parallelen
Und Vergleiche. S. 58. IC. Nyrop Dania 1, 2 ff. ^■