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Aeiträge zur Annde von Japan .
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Das Jnselreich des Sonnenaufgangs . — Ter Dualismus in der höchsten Gewalt . — Mikado und Ta'ikun ; der legitime Erbherr und der weltliche Machthaber . — Der geistliche Hoshalt zu Kioto - Miako . — Reise des Ta'ikun zur Audienz beim Mikado . — Der Umzug durch die Stadt ; der geistliche Pomp und des Kaisers Gemahlin . — Der Hofstaat . — Die Audienz und deren politische Bedeutung . — Das Ceremoniel am Hofe . J— Schattengewalt des Mikado . — Beschreibung von Kioto - Miako . —^ Die Paläste . — Lebhaftes gewühl . — - Volksbühne , Hoftheater und Musik .
Japan hat in unseren Tagen eine nicht geringe Beden - tung für den großen Weltverkehr erhalten . Bis vor fünf - zehn Jahren lag das Inselreich des Sonnenaufgangs in ver - einsaniter Ferne , beinahe völlig abgeschieden von der übrigen Welt , und nur mit China , Korea und den Holländern unter - hielt es eine überdies sehr beschränkte Handelsverbindung . Das Reich genügte sich selbst , war in seiner Weise glücklich und zufrieden , Ackerbau und Gewerbe blüheten , die Wissen - schasten wurden eifrig gepflegt und das Volk erfreute sich eines allgemeinen Wohlstandes .
Aber diese Vereinzelung war auf die Dauer nicht zu haupten . Als das ungeheure , an die Küsten dreier Welt - theile brandende Wasserbecken der Südsee zum Schauplatz europäischer Betriebsamkeit und abendländischen Unterneh - mnngsgeistes wurde , verspürte bald auch Japan den Zug der neuen Zeit . Nachdem China eröffnet war , mußte auch das Jnselreich feine Schranken fallen lassen . Nun lag es nicht mehr weit ab von der übrigen Welt , Nanaasaki uud Aeddo waren vermöge der Dampfer in wenigen Tagen zu erreichen . Die neue Zeit hatte sich schon vor länger als einem halben Jahrhundert durch einzelne Sturmvögel angekündigt und gleichsam in Voraus angezeigt , daß die frühere Abweifuug und Ablehnung ferner keine Berechtigung mehr haben solle .
In den Jahren 1799 bis 1803 waren Stewart und Torrey unter nordamerikanischer Flagge au den Küsten der Inseln erschienen , nicht minder die Russen schon im vorigen Jahrhundert ; andere seefahrende Völker folgten in längeren und kürzeren Zwischenräumen .
Tie japanische Regierung begriff , daß eine neue Zeit hereinbreche . Als der russische Admiral Putiatiu dem Tai'kuu ein Schreiben des Kaisers Nikolaus hatte überreichen lassen , erhielt er , im Jahr 1853 , zur Antwort : „ Es liege in der Absicht der japanischen Regierung , die Häsen zu eröffnen , nur wolle man zuvor die nöthigen Vorbereitungen treffen . Mau wisse sehr wohl , daß die fremden Völker ernstlich den Wunsch hegen , mit Japan in Berührung zu kommen , auch wünsche das japanische Volk , mit ihnen Handel zu treiben . Für Schiffe , welche Seeschäden ausbessern und Wasser sammt Holz einnehmen wollten , seien schon jetzt die Häsen geöffnet . "
Noch 1844hatte die^ripanischeRegierung auf ein Schrei - ben des Königs der Niederlande sehr diplomatisch geantwortet . Der europäische Monarch hatte wohlmeinend bemerkt : „ Das - jenige Volk , welches bei der allgemeinen Annäherung aller Nationen sich ausschließen will , wird mit vielen in Streit gerathen . " In der Antwort heißt es : „ Der Kaiser sei innig ergriffen durch eine solche Sprache und ein Wohlwollen Globus XI . Nr . 1 .
ohne Gleichen , doch was tief in seinem Herzen geschrieben stehe , das wage er selber nicht an den Tag zu legen . "
Am 8 . Juli 1853 erschien dann der nordamerikanische Commodore Perry in der Bucht von L ) eddo und erzwang am 31 . März 1854 den Vertrag von Kanagawa . Damit war die neue Zeit für Japan hereingebrochen .
Japan gehört zu den interessantesten Ländern der Erde und seine hohe Cnltur bietet eine Menge Höchst anziehender Seiten dar . Es ist Alles eigenthümlich in diesem Insel - reiche . Wir werden eine Reihe von Schilderungen aus ver - schiedenen Quellen bringen , durch welche unsere Leser einen klaren Einblick in die eigenartigen Verhältnisse des Landes und Volkes gewinnen .
Im Jahre 1863 fand ein Ereigniß statt , durch welches ganz Japan in eine gewiffe Aufregung gerieth : der Taikun nämlich zog aus Aeddo nach Hioto zum Mikado , um diesem einen Höflichkeitsbesuch zu machen . Dergleichen kommt höchst selten vor , und deshalb erregte jener Kaiserzug allgemeine Aufmerksamkeit , namentlich auch der im Laude verweilenden Ausländer . Diese gewannen nun einen wahren Einblick in die gegenseitige Stellung der beiden Herrscher , welche eben jetzt , in der Krisis , welche Japan durchzumachen hat , von erhöheterm Interesse erscheint .
Der Mikado , dieser altlegitime Erbkaiser , hat gar keine politische Gewalt , denn die eigentliche Herrschaft befindet sich in den Händen des Taikun ; aber die Stellung des erstern ist unendlich erhabener , und er trägt einen geheiligten rakter . Deul Volke gilt er für einen Abkömmling der Sonne ; er stammt von Göttern , Halbgöttern und Heroen , dann auch von den Herrschern , welche in ununterbrochener Reihenfolge seit nun länger als 2000 Jahren über „ die acht großen Inseln " regiert haben . Er ist das geheiligte Oberhaupt sämmtlicher Religionen in Japan und insbesondere auch Hoherpriester des uralten , echt volkstümlichen Kami - Cultns . Bei der Sonnenwende im Sommer bringt er der Erde Opfer dar und bei jener im Winter dem Himmel . Ein besonderer Gott hat ihn unter Obhut uud Fürsorge genommen ; dieser überwacht ihn von einem Tempel aus , welcher auf dem Berge Kamo unweit vom Palaste des Mikado steht . Nach dem Tode des geheiligten Herrschers wird dessen Namenstafel in den Tempeln der Vorfahren aufgehängt , namentlich'auch im großen Sonnentempel .
Dieser theokratifche Kaifer und legitime Erbherrscher von Japan , der Mikado , erhält feine hohe Stellung unmittelbar