beitrage zur Kunde von Japan .
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Wesen der japanischen Cultur . — ( Zivilisation schon in sehr früher Zeit . — Charakter des Volkes . — Die Berührung mit Völkern dcs
Abendlandes . — Unangemessenes Benehmen der Europäer und Amerikaner . — Der heilige Berg Fusi yama . Häusliches Leben . , jn Benteng - Uokuhama . — Hausdienerschaft . — Die Toris . — Familienleben , Kindererziehung und Spiele . -
Die Bildung der^Iapaner .
Das schöne Jnselreich des Sonnenaufgangs , Nippon , das wir Japan nennen , ist ein Cnltnrland in der vollen Be - dentnng des Wortes . Zwar weichen Anschauungen , Sitten , Gebräuche und Einrichtungen vielfach von denen der euro - Peuschen Menschheit ab und an dem ganzen japanischen Wesen erscheint uns Vieles recht seltsam . Aber das ist auch um - gekehrt der Fall ; der Japaner seinerseits findet an der euro - päisch - christlichen Civilisation Vieles verwunderbar und ver - werslich . Er gehört eben einer ganz andern großen Stammgruppe des Menschengeschlechts an , und es wäre von unserer Seite geradezu widersinnig , von ihm zu verlangen , daß er sich in unserer Weise hätte entwickeln sollen . Manche bei uns haben sich daran gewöhnt , überall den europäischen Maßstab als den allein richtigen anzulegen ; das ist jedoch entschieden unstatthaft und verstößt gegen alle Gerechtigkeit .
Die Cultur jenes ostasiatischen Jnselreiches ist eigen - artig ; sie ist homogen , in ihrer Entwickeluug und Fort - bildung von Außen her , bis auf unsere Tage herab , nicht gestört worden ; sie ist durchaus original und farbig . Nur von einer Seite her hat Japan einige fremdartige Elemente aufgenommen , von China , aber es hat diefe selbständig in sich verarbeitet und zu seinem vollen Eigenthum gemacht .
Kein anderes asiatisches Volk kann sich an Civilisation mit den Japanern messen . Diese haben ein geordnetes und gegliedertes Staatswesen , das sich wesentlich unterscheidet sowohl von dem patriarchalischen Despotismus und der ver - rotteten Mandarinenwirthschaft in China , wie von dem anar - chischen Feudalismus der Afghanen , den auf religiöser Kasten - trennung beruhenden Einrichtungen der Hindus , wie von der Willkürherrschast in den mohammedanischen Ländern . Man - ches im öffentlichen Leben Japans erinnert an unsere mittel - alterlichen Zustände , an die Einrichtungen der Feudalzeit , aber mit einem für Japan manchmal sehr vortheilhaften Unter - schiede . Japan hatte allezeit geordnete Rechtszustände und eine Menge von wohlthätigen öffentlichen Anstalten und Ein - richtnngen , von welchen einst in Europa auch die hervor - ragenden Köpfe noch gar keine Ahnung hatten .
Ich will nur Einiges hervorheben . Japan hat seit länger als einem Jahrtausend Civilstandsregister , die in Europa bekanntlich sehr neuen Datums sind . Seit vielen Jahrhun - derten sind Geburten , Heirathen und Sterbefälle in jeder Gemeinde verzeichnet worden . Das Finanzwesen hat sich allezeit in musterhafter Ordnung befunden und ehe das Land mit den Fremden in unliebsame Berührung kam , hat man außerordentliche Abgaben kaum gekannt . Pässe und Nr - künden aller Art sind von den Staatsbeamten immer ge - bührenfrei ausgestellt worden .
Globus XI . Nr . 2 .
Schon vor tausend Jahren hatte Japan ein Postwesen und zwar ein sehr geregeltes . Jeder der mehr als sechszig Landesherren muß in seinem Gebiete dasselbe in bester Ord - nnng halten ; allemal in Zwischenräumen von IV ? bis 4
Stunden befinden sich Stationen , an denen Träger oder Pferde gewechselt werden . Auch Laufzettel sind seit Jahr - Hunderten in Japan bekannt , nicht minder Postschiffe , die sich in einem aus lauter Inseln bestehenden Lande als noth - wendig erwiesen , die aber Europa erst sehr spät eingerichtet hat . Die Beförderung der Correfpondenz ist sicher , rasch , und seit Jahrhunderten tragen Briefträger die Schriften in einem Kasten , der an einer langen Stange befestigt ist ; ge - wöhnlich gehen mehrere hintereinander in Begleitung eines Postbeamten , welcher an den verschiedenen Stationen die Briefe abgiebt . Als man in Europa noch nicht wußte , was Postkarten mit Verzeichnung aller Ortschaften und mit Angabe der Beförderungstarife seien , hatte dergleichen Japan , und dazu Preiscouraute , welche iu deu Wirths - Häusern angeschlagen waren , um die Reisenden gegen Ueber -
vortheilung zu sichern .
Die Anlage von Wasserbecken zur Speisung der Ca - näle , durch welche die Felder befruchtet werden , ist schon seit dem Jahre 36 vor Christi Geburt bekannt . Theestranch und Apfelsinenbaum sind früh ans China eingeführt worden . Seit dem fünften Jahrhundert unserer Zeitrechnung hat Japan den Maulbeerbaum und die Seidenzucht ; zwei Jahrhunderte später kannte es den Gebrauch des Erd - öls uud der Steinkohle . Die Einrichtung der Pferde - Posten füllt ins dritte Jahrhundert ; im vierten Jahrhundert ließ der Herrscher Getreidespeicher bauen , damit das Volk nach Mißernten nicht Hungersnoth leide . Das „ Rad , welches den Süden anzeigt " , also den Compaß , hatte Japan schon 543 , Wasseruhren werden um 660 erwähnt und 670 die Wassermühlen . Seit dem dritten Jahrhundert waren am Hose die chinesischen Schriftzeichen im Gebrauch ; die eigen - artigen Schriftzeichen der Japaner wurden erst gegen das Ende des achten Jahrhunderts erfunden .
Die erste Volkszählung hat im Jahre 86 vor Chri - stns stattgefunden ; damals wurden auch vou der Regierung Schiffswerften angelegt . Im zweiten Jahrhundert nach Christus sind die Provinzen in Verwaltung skr eise und diese in Unterdi st riete getheilt worden . Im fünften Jahr - hundert wurde iu jedem Bezirk eiu Gelehrter beauftragt , Bei - träge zu einer Landeskunde zu sammeln und namentlich Alles zu sammeln , was auf die volksthümlichen Ge - bräuche und Ueberlieferuugeu Bezug häl Mit ten Landstraßen ist Japan seit anderthalbtausend Jahren versehen ; es verfertigte Baum Wollenpapier im siebenten