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Der Caballo Cocha . — Der peruanische Grenzhafen Lorcto . — Ai Die Ticunas - Indianer ; ihre religiösen Vorstellungen und Tänze . — Die Sage von den Amazonen . — Die Plage der Stechmücken . —
Jahuma . — MensZ
In der Nähe von Moromorote , am rechten Ufer , mün - dete ein Wasserlauf , welchen Marcoy hinauffuhr . Er ge - langte dann in einen Schwarzwasser - See , der zwei kleine Gefließe ans dem Innern aufnahm . Der See wird Ca - ballo Cocha genannt , also Pferdesee ; der Name ist zwei - sprachig ; im Qnichna bedeutet Cocha See . Er bildet ein fünf Leguas langes Oval von großer Regelmäßigkeit , die an - steigenden Ufer sind bewaldet und das dunkelfarbige Wasser ist sehr fischreich . Also auch hier wird Humboldt's tung , daß dunkelfarbige Flüsse arm an Fischen seien , nicht bestätigt . Stechmücken fehlen und das ist eine große Wohl - that ; die ganze Landschaft macht einen feierlichen Eindruck . Ein Franziskaner aus Pebas hat am See ein Missionsdorf gegründet und in demselben einige Ticunas - Familien ange - siedelt , unter welchen er ein einsames Leben verbringt . Mar - coy sand acht armselige Hütten und außerdem einige , die noch unvollendet waren . Der Missionair , ein weißer Mann , schien die Ankunft eines Fremden ungern zu sehen , benahm sich äußerst zurückhaltend , gab aber doch ein Nachtlager und begleitete den Reisenden aus einem Ausflug an den Ufern des Sees . Der Pflanzenwuchs war ganz prächtig . Marcoy bemerkte namentlich eine Caroline« mit schwefelgelben Blü - then nnd den Zimmtlorbeer , dessen Blatt wie Citrone und dessen Rinde wie Zimmt riecht ; deshalb nennt man ihn in Brasilien Canelon . Im See tummelten sich Delphine und Lamantins , aber auch Kaimans .
Der Franziskaner hielt strenge Zncht ; Marcoy fand in der Capelle zwei Jndianermädchen , welche knieten . Sie hat - ten gelacht , während der Padre betete , und dafür sollten sie nun volle zwölf Stunden auf den Knien liegen und die Wand ansehen . Als der Fremde eintrat , lag die eine im Schlafe , die andere hockte nach Jndianerweise . Als die Strafe auf Fürbitte des Europäers erlassen wurde , sprangen die braunen Kinder auf und liefen laut jubelnd davon .
Nach einer vierstündigen Fahrt aus dem Strome wurde Loreto erreicht , die letzte Ortschaft in Peru . Unsere Abbil - dung zeigt , wie das Dorf aussieht , nach welchem eine Provinz benannt worden ist , deren Flächenraum dem mancher enro - päischen Königreiche gleichkommt . Marcoy zählte sechszehn Strohhütten ; Herndon giebt an , daß die Einwohnerzahl sich auf etwa 250 Köpfe belaufe . Er fand dort den Amazonas drei Viertel einer englischen Meile breit und in der Fahrbahn 102 Fuß ties . Als er ein Boot sah , das wie ein Schooner
Globus XII . Nr . 3 .
A mazona s .
sslug an den Atacoari . — Brasilianische Deserteure als Ansiedler . —
Eine Krankenbeschwörung . — Maskentänze der Indianer in Ega . —
Ein gewaltiger Orkan auf dem Strome . — Verschwinden der Insel nraub der Missionaire .
betakelt war , sprach er zu sich : „ Jetzt kommen wir der Civi - lisation nahe . "
Die Hütten dieses armseligen Nestes stehen weit ansein - ander . In denselben leben mehrere Brasilianer , sodann Mn - latten , Neger und Ticunasindianer . Der Handel ist in den Händen einiger Portugiesen , welche Sassaparille und getrock - nete Fische einkaufen ; sie haben allerlei Baumwollenzeug und Knrzwaaren ans dem Lager , doch sind die Geschäfte nnbe - deutend ; seitdem Dampfer in Loreto anlegen , wird sich darin wohl einiges geändert haben . Aber der Aufenthalt ist nnan - genehm , weil man sich vor den Moskitos gar nicht retten kann , und eben so wenig vor dem Sandfloh , welcher sich nn - ter die Fußnägel einbohrt .
Der Reisende machte mit einem jungen Portugiesen , wel - cher in der Schlucht von Atacoari Geschäfte hatte , einen Ausflug dorthin . Er fuhr in einer Piroge den Amazonas eine Strecke hinauf und gelangte dann an den Schwarzen Fluß , welcher durch die „ Quebrada " strömt . Im Innern dieser Schlucht haben Jesuiten aus Ecuador 1710 eine Mis - sion gegründet und dieselbe Unserer lieben Frau von Loreto geweiht ; davon ist aber keine Spur übrig geblieben . Die Nachkommen der dort Bekehrten sind wieder in die Wälder gegangen und führen ein freies Leben an beiden Ufern des Atacoari . Es ist immer und immer wieder die alte Geschichte .
Der Amazonas dringt mit seinem weißen , trüben Was - ser wohl eine halbe Meile weit in die Schlucht ein , welche gegen ihren Ausgang hin eng und vielfach gekrümmt ist . Die Zweige der mächtigen Bänme hängen weit über das Wasser hin und die Lianen überspannen dasselbe von einem User zum andern . Seit einigen Tagen war der Fluß hoch angeschwollen , über die Ufer getreten und die Gesträuche standen tief unter Wasser . Die Fahrt im Zickzack nahm eine ganze Stunde in Anspruch uud nicht selten fuhr der Neichen über grüne Gipfel hinweg bis zu einer Stelle , wo der Atacoari sich theilt . An dem einen Arme standen meh - rere Hütten .
Bei den brasilianischen Soldaten kommt es nicht allzu - selten vor , daß man einen Offizier umbringt , weil derselbe angeblich die Mannszncht allzustreng handhabe . Die Thäter entfliehen und derartige Deserteure , welche auf peruanischem Boden eine Freistätte finden , waren Besitzer jener Hütten . Sie hatten sich Ticunasrauen genommen , die irgend einer Mission den Rücken gekehrt . Sie pflanzen Maniok und
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