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Band xvi .
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Mit besonderer Herücksirktigung äer Antkroxologie unck Gtknoloqie .
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl Andree .
^ettNlöer Wöchentlich 2 Bogen . Halbjährlich 3 Thlr . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , ä 4 Sgr . 18 ( H ) »
Die Geschichte des Aussterbens der Urbewohner von Tasmanien .
Es ist eine Geschichte ungeheuer» Jammers und minus - ^rechlichen Elendes . Wir sind wohl bekannt mit der Aus - rottung der wilden Völker ; in unserer Zeitschrift haben wir den Gegenstand oftmals und eingehend erörtert ; wir wissen , daß sich das Wort aus Goethes „ Jphigeuia " bewahrheitet :
„ Es ist der Weg des Todes , den sie wandeln ! "
Die „ Naturvölker " zumeist sind dem Untergange Versal - len , sobald sie vom verderblichen Mehltau unserer christlich - europäischen Civilisation befallen werden .
Das Werk der Vernichtung nimmt seinen Fortgang in Nordamerika , in der Südsee und in Australien . Von den wenigen Indianern abgesehen , denen man im nördlichen Theile der Vereinigten Staaten das Leben fristet , lebt kein kupferbrauner Mensch mehr zwischen der atlantischen Küste uud dem Mississippi . Westlich vou diesem Vater der Ge - Wässer bis an die Gestade des Stilleu Weltmeeres schwiudet ihre Zahl rasch zusammen ; Kugeln , Branntwein , Siphylis uud Blattern räumen schnell unter ihnen aus . Brutale Gewaltmittel und wirkliche oder vermeintliche Fürsorge wir - ken zusammen , um das Unvermeidliche zu beschleunigen .
„ Ueber das Aussterben der Naturvölker " hat ein gewissenhafter und zuverlässiger Forscher , Dr . Georg Ger - laud in Magdeburg , eine werthvolle Abhandlung licht ( Leipzig , Friedrich Fleischer 1868 , 145 Seiten ) . Bei dieser an sich sehr gediegenen Arbeit sind indeß manche reich - fließende Quellen unberücksichtigt geblieben , z . B . die Bulle - tius , Journale und Memoiren der anthropologischen Gesell - schaftcn in Paris und London ; eine Benutzung derselben würde wesentlich zur Vervollständigung beigetragen haben .
Globus XVI . Nr . 19 . ( Dcccmber 1869 . )
I .
In dem großen Drama der Ausrottungen bildet die Ber - uichtung dor Eingeborenen von Tasmanien eine wahrhaft ergreifende Episode . Wir haben ( „ Globus " V , S . 318 ) be - richtet , daß diese Schwarzen bis auf siebe» Köpfe geschmolzen waren , und gaben ( „ Globus " VII , S . 320 ) neue Mitteilungen über den letzten Tasmanier . Als in Hobarttown einem neuen Gouverneur zu Ehren ein Festmahl veranstaltet wurde , erschien als Gast und als Rarität auch dieser dunkelfarbige Manu , der einzige noch auf Erden wan - delnde Sprosse seines Stammes . Mit ihm kamen die drei letzten Frauen , von denen nun anch keine mehr das Licht der Sonne erblickt . Sie Alle sind dahin !
Als der europäische Mehlthau die Insel Bandiemensland besiel , welche jetzt amtlich als Tasmanien bezeichnet wird , soll die Zahl der Ureingeborenen mehr als 6000 Köpfe tragen haben , bevor ein halbes Jahrhundert verfloß , waren sie vernichtet . Wie vielen Schwarzen hat man Nasen und Ohren abgeschnitten , wie vielen den kleinen Finger abgehackt , um ihn als Pseisenstopfer zu benutzen ! Man fand sie als Wilde , uud als Wilde sind sie auch von hinnen geschieden .
Es war uns recht weh ums Herz , als wir James Bou - wick's jüngst erschienenes Werk lasen . ( The last of the Tasmanians ; or the black war of Van Diemens Land , by J . Bonwick , London 1869 , 400 p . ) Der hafte , Wahrheit liebende Mann schildert das Drama mit großer Ausführlichkeit bis in die Einzelnheiten . Er hat sich die Mühe nicht verdrießen lassen , die Archive in Sydney und auf Tasmanien zu durchsuchen , hat alle Zeitungen nachgeschla - gen , mit vielen Augenzeugen verkehrt , und ist , als Australier ,
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