V * \ / I ' .
Band XVII .
m
<ty ,
M .
je i5 .
lit besonderer Berücksichtigung der Antkroxologie und Gtknologie»
ü n
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl A n d r e e .
Monatlich 4 Nummern . Halbjährlich 3 Thaler . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , A , 4Sgr . 1870 .
Mittheilungen aus Japan .
ii .
Die verschiedenen Feste im Jahre .
Die Japaner sind ein heiteres Volk und verstehen sich auf Lustbarkeiten und Festlichkeiten , wie nur irgend eines . Wir haben in unseren früheren Mittheilnugeu darauf hin - gewiesen , daß selbst die Feierlichkeiten und Feste , welche von den Bonzen in den Klöstern veranstaltet werden , mit allerlei weltlichen Vergnügungen und Spielen verbunden sind ; es giebt aber auch viele Ergötzlichkeiten , die mit den Klöstern nichts zu schaffen haben , und nicht zu deu Matsuris oder Kirmessen gehören .
Dahin gehören die Gosekis oder fünf großeu Jahres - feste . Sie wurden ursprünglich in Kioto , der Residenz des Mikado , vom Dai'ri , d . h . dem Hofe des Kaisers , veranstaltet , und trugen anfangs eine Art von religiösem Gepräge . Durch dasselbe wurde jedoch die Heiterkeit nicht im Mindesten beein - trächtigt , denn die Moral des Kamicultus stellt den Satz auf , daß ein fröhliches Herz auch rein sei .
Das Seki am Neujahrstage steht voran . Freunde und Bekannte machen einander Besuche und geben Geschenke . Die letzteren bestehen mindestens in zwei bis drei Fächern , welche der Besuchende , altem Herkommen gemäß , in einem lackirten , mit Seide umwickelten Glaskästchen überreicht ; dem giebt er noch eine Papierdüte . In dieser befindet sich ein getrocknetes Stück Fleisch vom Awabi oder Siehbi , einer ganz gewöhnlichen Muschel ; es soll dadurch in Erinne - ruug gebracht werden , daß in alten Zeiten die Japaner sehr frugal gelebt haben . Die Familie , welche den Besuch em - Globus XVII . Nr . 15 . ( Mai 1L70 . )
psäugt , bietet dagegen Saki ( warmen Neiswein ) , Neisbrot und Mandarinenapfelsinen an . Auch der große Seekrebs spielt am Neujahrstage eine Nolle : in jedem Haushalte wird ein solcher das Jahr über ausbewahrt ; gewöhnlich hat man ihn zu Pulver zerrieben .
Das zweite der Gofekis ist das Puppenfest , wel - ches am dritten Tage des dritten Monats , in unserm April , stattfindet und der weiblichen Jngend gewidmet ist . Die Hausmutter schmückt das beste Zimmer mit Pfirsichzweigen und Blumen , zwischen welchen sie die Puppen ausstellt , die den Mädchen gleich nach der Geburt geschenkt worden sind , zumeist hübsch angeputzte Figuren , welche den Mikado und allerlei audere Personen des kaiserlichen Hofes vorstellen . Auch wird ein Festmahl veranstaltet , und die Speisen werden von den jungen Mädchen eigenhändig bereitet .
Am fünften Tage des fünften Monates , also in unserm Juni , wird für die erwachsenen Knaben und Jünglinge das Fahnen - oder Bannerfest veranstaltet . Dann wehen überall in der großen Stadt L ) eddo an hohen Bambusstangen Flaggen und Wimpel , Federn , Haarbüschel , Kugeln von Goldpapier und Streifen Papiers mit bunten Farben . An anderen Stangen baumeln Fische aus Stroh oder Papier - mache ; wieder andere sind mit Waffen und Rüstungen ge - schmückt , und mit Wappen , auf welchen man Familiennamen und patriotische Kernsprüche liest , oder die auch mit den Gestal - ten berühmter Helden bemalt sind . Die Straßen und Plätze
29