Mit besonäerer Herücksicktigung te Intkroyologie und Giknologie .
In
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl Andree .
Monatlich 4 Nummern . Halbjährlich 3 Thaler . Einzelne Nummern , soweit der Vorrnth reicht , a 4 Sgr . 1870 *
Spaziergänge in der japanischen Hauptstadt Deddo * ) .
i .
Allgemein und willig wird von allen Europäern und Amerikanern anerkannt , daß die Japaner ein ungemein ge - werbsames und fleißiges Volk sind . Allerdings hat ihr Be - trieb der Industrie einen ganz andern Charakter als jener des Abendlandes , und die Maschine spielt bei derselben heute noch eine unbedeutende Rolle ; erst in der neuesten Zeit , seit - dem die Regierung große Arsenale und Zeughäuser angelegt hat , welche von Europäern geleitet werden , kommen Maschi - nen in dieser Großindustrie zur Anwendung . Uebrigens wurden in den Eisengießereien schon längst die Blasebälge durch ein hydraulisches Rad in Bewegung gesetzt . Als Brenn - stoss hat man ganz vortreffliche Holzkohle ; neben derselben kommt auch Steinkohle in Anwendung .
Es ist für Japan charakteristisch , daß ein großer Theil der Arbeit auch in der Industrie von Frauen verrichtet wird . Sie zeigen dafür eine große Anstelligkeit und sind sehr eifrig am Werke ; Fabrikarbeit kennt man nicht , fondern nur häusliche Arbeit , an welcher sich mehr oder weniger alle Angehörigen der Familie betheiligen . Dieser Umstand ist von Wichtigkeit ; die Leute bleiben daheim , die übrigen häus - lichen Geschäfte nehmen ungestört ihren Fortgang und die Unterhaltung ist insgemein lebhaft und heiter .
Wir haben früher mehrmals eines Stadttheiles erwähnt , der sich nordöstlich von dem Ogawa , d . h . dem großen Flusse , ausdehnt . Er wird als das Hondscho bezeichnet und von
' ) Vergleiche „ Globus " XVI , S . 177 . 193 . 209 . 401 . XVII , 209 . 225 . 241 . 257 .
Globus XVIII . Nr . 12 . ( October 1870 . )
einem ausgedehnten Canalnetze durchzogen . Er hat nicht die lebhafte Handelsbewegung , wie die innere Stadt , aber es fehlt ihm doch weder an Palästen und Tempeln , noch an Belustigungsörtern und an Gewerbfamkeit . Dort haben manche Großhändler , deren Waarenlager und Comptoire in den Quartieren Kio Bassi oder Nippon Bassi sich befin - den , ihre Privatwohnungen ; denn das Hondfcho ist verhält - nißmäßig ruhig , hat eine angenehme Lage und viele Gärten , namentlich bei den Bonzenklöstern und den nicht weniger als vierzig Tempeln . Diese heiligen Stätten sind mehr als ein - mal durch Erdbeben schwer heimgesucht worden . Der Tempel der fünfhundert Genien zum Beispiel war einst mit einem halben tanseud hölzerner Statnen , alle über lebensgroß , ver - ziert . Diese mit verschiedenen Farben angestrichenen Stand - bilder waren aus den Estraden und in den Galerien aufge - stellt , manche zierten auch Schiff und Chor und die beiden Seitencapellen neben einem kolossalen Buddhabilde , welches unter dem Namen To Sch abori verehrt wurde . Aber diese heilige Miliz sammt dem Großen Gotte ist durch Erdstöße schwer mitgenommen worden ; fast Alles wurde zerstümmelt , und man hat die Ueberbleibsel unter einem Bretterschuppen untergebracht .
Im Hondscho wird die Seidenindustrie sehr schwung - Haft betrieben . In ihr wie in der Seidenzucht sind die Ja - paner bekanntlich Meister , und seit Jahren liefern sie nicht nur Rohseide , sondern auch Grains nach Europa . Ihre Rohseide ist von ganz ausgezeichneter Güte , und eine der I vorzüglichsten'Sorten , welche im Lande selbst am theuersten
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Band XVIII .
Jfa 12 .