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Mit besonderer HerücksiclüLZung äer Antkroxologie unä Giknologie .
In
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl A n d r e e .
Monatlich 4 Nummern . Halbjährlich 3 Thlr . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , 4 Sgr . 18^72 .
Schilderungen aus Russisch - Lappland .
Von Professor Z . A . Frijs in Christiania .
Russisch - Lappland war früher eine unabsehbare Fel - seuwüste ohne Menschen und Thiere — ja sogar ohne Baum und Strauch . Das Weiße Meer vermittelte die geringe Ver - bindung zwischen Finnen , Lappen , Karelen , Normannen und Samojeden . In den Südthälern und Schluchten zeigte sich hier und da etwas Baumwuchs ; allein wenn man die Bäume wegschlug , so ging es , wie auf allen norwegischen Bergen : es kam kein Nachwuchs . Dieselbe unerklärliche Erscheinung trat besonders in Finland als Mißwachs hervor , erzeugte Hungersnoth und zwang die Menschen , sich unter anderen Himmelsstrichen und in anderen Ländern ihr Fortkommen zu suchen . Ihr Ziel waren zunächst Norwegisch - Lappland und die südöstlichen Theile von Rnssisch - Lappland , welche an ihren Küstenstrecken sehr fischreich sind , daher den Einwanderern nicht allein Nahrung , sondern auch Verdienst brachten , indem die Russen sehr viele eingesalzene Fische holten und dagegen wieder Graupe , Hirse , Branntwein , Leinwand , Vadmel ( grobes Wollzeug ) und dergleichen brachten . Dieser Handel erheischte die Fertigkeit in mehreren Sprachen und führte bei den russischen Einwanderern eine zweckmäßigere Tracht ein , welche theils in einem bis auf die Füße reichenden Kaftan , theils in einem solchen kürzern , einer Blouse ähnlichen Klei - dungsstücke von grobem Vadmel bestand . Unter diesem trugen sie ein Hemd , welches unter dem Leibgürtel über die Bein - kleider wie eine Schürze herab hing und wie es heute noch die Krakauer Fuhrleute tragen . Die Kinder jener Aus - und Einwanderer liefen barfuß in den Schneewehen herum , mit weiter nichts anderm als einem Hemde bekleidet . Nach dem Globus XXII . Nr . 11 . ( September 1872 . )
ziemlich allgemeinen Brauch in Nußland , sich abzuhärten , liefen die Einwanderer nackt , mit von Hitze geröthetem Körper und rauchender Haut direct aus der Badestube und stürzten sich in den Fluß , um sich abzukühlen . In ihrer Wohnung hatten diese russischen Unterthanen das national - russische große Geräth , welches sie zum Kochen , zum Brotbacken und zur Aufwärmung gebrauchen . Läugs der beiden Wände in der Wohnstube standen Schlafbänke ( Pritschen ) , welche mit Renthierfellen bedeckt waren , auf Allem aber lag der Schmutz viel dicker , als er in den norwegischen Lappenhütten zu finden ist . Da indeß die Russen sehr häusig sowohl warm als kalt baden , so hilft dies etwas zur Reinlichkeit . Ueberhanpt findet sich das „ Slovakenvolk " um das Weiße Meer nur noch unter dem schmutzigen Landvolk , welches von etwas Viehzucht und Fischerei lebt , wogegen man unter den rus - fischen Handelsleuten wirklich schöne Menschen antrifft , welche sich durch ein sehr ansprechendes Aeußere , hohen , schlanken Wuchs , volles , dunkles Haar und gesunde Hautfarbe auszeich - nen und dadurch dem Ethnologen auf den ersten Anblick zei - gen , daß sie zu einer edlern Race gehören . Ueberhaupt scheint die Mischung von Russen , Finnen , Karelen und Lappen in jenen fernen Gegenden weniger aus die Vermehrung der Slovakenrace , als auf die Veredlung des finnischen Volks - stammes eingewirkt zu haben . —
Drei wichtige Dinge sind in jenen Gegenden schwer zu finden : Kirchen , Apotheken und Aerzte . Da es Landstriche giebt , wo ein'Geistlicher bis 35 Meilen Amtshandlungen vornehmen , ein Arzt Krankenbesuche machen und ein Apo -
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