Mit besonderer ZerücksicktiZung äer Antkropologie unä Gtknologie .
In
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl Andree .
3 ? »vem^er Monatlich 4 Nummern . Halbjährlich 3 Thlr . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , 4 Sgr . 1812 .
Im Lande der nördlichen Laos .
i .
Die gegenwärtige Stellung und Rivalität der europäischen Handelsmächte in den hinterindischen Reichen . — Jrawaddy und Mekhong . — Luang Prabang , der König und sein Hof . — Märkte und Münzen . — Festlichkeiten bei Nachtzeit . — Die Tättowirung der Schwarzbäuche . — Die Benennungen der Völkerstämme im nördlichen Siam und der Region zwischen Birma und Westchina . — Der
Höhlentempel von Pak hu .
Die Reiche und Landschaften Hinterindiens haben in un - seren Tagen eine größere Bedeutung gewonnen als je zuvor ; sie sind heute allesammt mehr oder weniger dem Einflüsse der europäischen Handelsvölker unterworfen und empfinden die Macht und Gewalt , welche unsere mit so reichen Mit - teln ausgestattete Civilifation auch bei ihnen ausübt . Die Engländer haben dem Kaiser von Birma erst das ganze Küstengebiet am Bengalischen Meerbusen aberobert und nach - her ihm das ganze Land Pegu , also das ganze Mündungs - gebiet des Jrawaddy und des Saluen , weggenommen ; da - durch sind sie Herren der wichtigen Reishäfen von Malmän , Bassein und Ranguhn geworden . Siam ist bis jetzt von den Europäern unbehelligt geblieben ; es gestattet denselben willig Zugang und findet es angemessen , seinen Vortheil in der Ausdehnung des Handelsverkehrs zu suchen . Gegen Annam brach Napoleon der Dritte in geradezu frevelhafter Weise einen Krieg vom Zaune , raubte ihm das Land aus beiden Seiten des Mekhong und zwang außerdem dem Kö - nige von Kambodscha , welcher bis dahin in einem Tribut - Verhältnisse zu Siam gestanden hatte , sein Protectorat aus .
Mit elsersüchtigem Blicke sahen die Franzosen , obwohl ihr Handel in ganz Ostasien sehr wenig bedeutet , daß die Engländer ihre commerciellen Verbindungen immer weiter ausdehnten sowohl in Siam wie in Birma . In dem letz -
Globus XXII . Nr . 20 . ( November 1872 . )
tern eröffneten sie sich den Jrawaddy , welcher von den Strö - men Hinterindiens der praktikabelste ist . Man gelangt auf ihm mit Dampfern bis Bhamo , also in die Nähe der süd - westchinesischen Provinz Wnnan , und von dort aus wurde früher ein lebhafter Karawanenhandel mit Birma unterhal - ten . Seitdem jedoch die mohammedanischen Panthays sich gegen die Mandarinenregierung des Pekinger Kaisers er - hoben und ein selbständiges Reich unter ihrem Sultan So - liman gegründet haben , ist dieser Verkehr unterbrochen wor - den , und der Krieg zwischen den * beiden Theilen hat seit einer Reihe von Jahren ununterbrochen seinen Fortgang . Eben jetzt , im Herbst 1872 , haben die Panthays eine Gesandt - schast nach London geschickt , welche sich um die Freundschaft Englands bewerben soll . Der Sultan verspricht ausge - dehnte Privilegien für europäische Kaufleute und will seiner - seits Alles aufbieten , um die alte Handelsstraße wieder in Aufschwung zu bringen . Damit hat es freilich unter den obwaltenden Umständen vorerst gute Wege , aber so viel ist sicher , daß man von Seiten Englands nichts versäumen wird , jene Verkehrsbahn zu eröffnen , sobald die Verhältnisse sich irgend günstig gestalten .
Die Franzosen ihrerseits hätten von ihrem Cochinchina sich gleichfalls gern einen Wasserweg nach dem südwestlichen China eröffnet , und sie beauftragten Lagrse mit der Erfor -
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