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Band xxiii .
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20 .
Mai
lit besonäerer Herücksicktigung äcr Antkropologie unä Gtknologie .
In
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl Andree .
Monatlich i Nummern . Halbjährlich 3 Thlr . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , 4 Sgr . 1873 .
An der Küste von Neugranada * ) .
Die Hafenstadt Santa Martha . — Das Papiamento . — Fleischverkauf nach der Elle . — Die Taironas . — In Carthagena . Die Bewohner und ihre Häuser . — Musik und der Bambucotanz . — Ein Besuch auf dem Marktplatze . — Eßbare Früchte .
Die Cocuyos . — Wasserverkäufer . — Der Milchbaum .
Der Schiffer , welcher in der Caraibischen See , dem so - genannten Antillenmcere , sich der Nordwestküste „ lusiens " nähert , bekommt die Sierra de Santa Martha in Sicht . Die Höhen fallen zum großen Theile jäh nach dem Gestade hin ab ; es sind die Ausläufer der Sierra Nevada , welche , wie schon ihr Name besagt , sich Uber die Schneelinie erhebt . Mit einem Blick Ubersieht man Regionen vom hei - ßen tropischen Tieslande bis zu eisbedeckten Berggipfeln , die grönländisches Klima haben .
Santa Martha ist der zweitwichtigste Hasen von Neu - granada , oder wie das Land amtlich bezeichnet wird , der Vereinigten Staaten von Colombia ; die Stadt liegt unter 11° 18' N . , 74° 15' W . von Greenwich . Der Anblick ist malerisch , namentlich auch wegen der Gruppen schlanker Palmen . Das Seeschiff wird sofort von Kähnen umschwärmt , welche von Mestizen gerudert werden ; sie bringen die Fahr - gäste ans Land . An der Nordküste Südamerikas hat sich eine Art von Lingua sranca herausgebildet , die man als Papiamento ( — in Surinam als Popplomento - — ) bezeichnet , ein wunderliches Gemisch von Französisch , Englisch , Spanisch , Holländisch und „ Creolisch " ; vermittelst dieses Ge - , dibbers verständigen sich die Leute verschiedener Nationalitäten .
Die Bai von Santa Martha ist klein , aber gegen Nord -
* ) Vergl . Nr . 1 und 2 dieses Bandes : „ Auf dem Magda - lcnenstrome . "
Globus XXIII . Nr . 20 . ( Ausgegeben 5 . Mai 1873 . )
und Nordostwinde gut geschützt ; Seeschiffe von beträchtlichem Tonnengehalte müssen auf der Außenrhede ankern und sind dort dem Nordost ausgesetzt . Das Innere der Stadt bietet keinen angenehmen Anblick dar , und in den Vorstädten sieht man nur armselige Hütten ; keine Straße ist gepstastert und man findet noch viele Trümmerhaufen , welche von dem Erd - beben 1825 herrUhren . Sie sind mit Cactns und kleinen Mimosen bestanden und Schlupfwinkel fUr Kamäleon , Schlangen und Skorpione .
In den Mittagsstunden , wenn die etwa 6000 Einwoh - ner ihre Siesta halten , ist die Stadt wie ausgestorben , da - gegen herrscht zur Morgenzeit in den Straßen wie im Hasen einiges Leben , namentlich auf dem Marktplatze , der sich auf den Ruinen eines Forts befindet . Dorthin bringen die In - dianer Mais , Bananen , Mcca und Aracacha ; diese Körner und FrUchte bilden Hauptnahrungsmittel neben Schweine - fleisch und Tafajo . Man kauft das Fleisch nicht nach dem Gewicht , sondern nach der Elle . Dem Ochsen wird ein tiefer Schnitt in den Hals beigebracht , so daß er sich verblutet ; dann zieht man ihm die Haut ab , spannt dieselbe an Pfählen aus , entfernt das Fett vom magern Fleisch und zerschneidet dieses in lange , schmale Streifen . Diese werden gesalzen , an der Sonne getrocknet und auf Stangen zum Verkauf ausgehängt ; sie halten sich monatelang , wenn man sie in Petacas , rohlederne Umschläge , verpackt . Die Zu - bereitung ist sehr einfach . Die Streifen werden zwischen
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