" " nt>
. M% SM
Band XXXII .
%
%
5°
J ? 24 .
lit besonderer VerücllsicKtiZung tler AntI : roVologie unä Gtknologie . Begründet von Karl Andree .
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Dr . Richard Kiepert .
9ßvrtitv» f Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern . Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten i qww
) U ) Cty zum Preise von 12 Marl pro Band zu beziehen .
U r b i n o .
Die Stadt Raphael's liegt ganz fuori di mano , außer der Hand , wie man dort sagt ; man braucht , um dorthin zu gelangen , fünf Stunden Postfahrt . So lange Florenz Jta - liens Hauptstadt war , hoffte man noch auf eine Eisenbahn - Verbindung dorthin ; aber diese Hoffnung ist jetzt völlig ge - schwunden . Urbiuo ist ein Ort , den die Fremden fast gar nicht kennen und fast gar nicht besuchen , obwohl er es sehr verdient . Aber 40 Kilometer in die Apenninen hinein zu fahren ist nicht Jedermanns Sache . Die Stadt selbst zählt kaum mehr als 5000 bis 6000 Einwohner , die gleichnamige politische Gemeinde 16 , 200 ; zur Zeit ihrer Blüthe , im 15 . Jahrhundert , glaubt man , war die Gegend bevölkerter . Die hohe Lage in den Bergen macht das Klima rauh , und manchmal versperrt der reichlich fallende Schnee den Städtern jede Verbindung mit der Außenwelt . In ihren großen Um - rissen fällt die Geschichte Urbinos mit derjenigen von Ra - venna zusammen ; erst war sie römisch , dann gothisch , lon - gobardisch , fränkisch seit Pipin und kam dann durch die sogenannte Schenkung des Exarchats an den bischöflichen Stuhl von Rom . Seit dem 13 . Jahrhundert im Besitz des Hauses Monteseltro , seit 1508 in dem der della Ro - vere , hatte sie das Glück , eine Reihe trefflicher Fürsten zu besitzen , darunter Federigo Monteseltro ( 1444 bis 1482 ) und dessen Sohn , Guidobaldo ( 1482 bis 1508 ) , welche in diesem versteckten Erdenwinkel einen durch Bildung , Kunst und Wissenschaft zu höchster Berühmtheit gelangten Hof zu halten verstanden .
Eine Stadt wie Urbino , die auf zwei Hügeln liegt , bie - tet natürlich einen höchst malerischen Anblick ; und wenn man bedenkt , daß in der größten Epoche der Kunst kunstsinnige Fürsten ihren ganzen Ruhm darein setzten , die Stadt mit
Globus XXXII . Nr . 24 .
schönen Denkmälern zu schmücken , und daß erfindungsreiche Architekten dieselben an die glücklichsten Punkte zu stellen wußten , so wird man begreifen , daß jedem Reifenden eine der lebhaftesten Erinnerungen diejenige an Urbino ist .
Der ganze Ort , von der Straße unten im Thal abge - sehen , zeigt lauter breite Rampen und plötzliche Biegungen ; man muß schon ein tüchtiger Fußgänger sein , um zehnmal des Tages die gegenüber liegenden Abhänge hinauf - und hinabzusteigen und dort seine Geschäfte zu besorgen . Eine Folge dieser Anlage sind die oft überraschenden Ausblicke und Durchsichten . So wendet sich eine enge , von hohen Wänden eingeschlossene Straße ganz plötzlich und man ge - langt an eine Brüstung , von wo sich ein herrlicher Blick ans die Apenninen erschließt . Niedliche Bronzegruppen zieren die Votivsäulen , welche päpstliche Legaten auf den kleinen Plätzen errichtet haben ; die großen dagegen sind wie Gemälde componirt . Die Paläste besitzen weder die Größe noch den stolzen Zuschnitt wie in den Städten des italienischen Flach - laudes , da hier andere Bedürfnisse herrschen . Denn nur zu Fuß oder zu Pferde kann man sich in den Straßen einer solchen Bergstadt bewegen ; Wagen sind ausgeschlossen . Der Gesammteindrnck ist ein strenger , doch ohne Traurigkeit ; in den höher gelegenen Theilen herrscht ein mönchisches Schwei - gen und die Straßen sind leer . Unten im Thale aber ist der Brennpunkt des Lebens .
Trotz alles Nachsnchens fand Ariarte , dem wir in unserer Darstellung folgen , keine Photographie der äußern Ansicht des herzoglichen Palastes und war in Folge dessen genöthigt , zwei Vormittage an die Zeichnung desselben zu wenden , welche unser zweites Bild wiedergiebt . Zugleich treten dort die beiden Kuppen , auf welchen Urbino liegt , deutlich hervor .
47