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Aus allen Erdteilen.
— Einen See in Guiana hat ein amerikanischer Gold
sucher Namens Rots in dem strittigen französisch - brasilia
nischen Gebiet entdeckt. Yon Grand Placer brach der Ge
nannte mit einem Gefährten auf, überschritt den Carnotflufs
und erreichte nach zweitägigem Marsch durch die Berge den
Oberlauf des Carsevenne, etwa 60 km südlich vom Ausgangs
punkt. Yon dort drangen die Reisenden 45 km weiter in
südöstlicher Richtung vor und fanden einen See, aus dem der
Mapa Grande entspringt, ein Elufs, der östlich vom Carse
venne und parallel mit diesem läuft. Der See erstreckt sich
in der Richtung von Ost nach West, ist 35 km lang und 4 km
breit, sein Wasser ist schwarz und klar. Er ist von einer
Krautsavanne umgeben, die von, zahlreichen Bächen mit be
waldeten Ufern durchschnitten wird, die von den benach
barten Hügeln herabfliefsen. — Hirsche, Tapire, Wildschweine
und anderes Wild waren in grofser Zahl vorhanden. Beim
Untersuchen des goldführenden Sandes fand Rofs auch eine
indianische Axt aus geschliffenem Chalcedon. — (Comptes
rendus. Société de géographie. Paris, 1897, p. 190.)
— Die bisher unbekannt gebliebenen Eeue r stein -
gruben, aus denen die Ägypter der Vorzeit das Roh
material für ihre Geräte bezogen, scheint Herr H. W. Seton-
Karr in der östlichen Wüste Ägyptens entdeckt zu haben.
Einige liegen etwa 50 km vom Nil entfernt, andere näher
im Distrikt Wady-el-Sheik, in Schichten an der Vorderseite
von Felskuppen oder auf den stufenartigen Plateaus, die von
den hohen tafelförmigen Bergen zum trockenen, sandigen
Bette des Wady-el-Sheik hinabführen. In einigen Gruben
fanden sich Schachte von etwa 0,60 cm Durchmesser, mit
Driftsand gefüllt und umgeben von dem herausgehobenen Fels
in regelrechter Anordnung. In der Regel wurden die meisten
Funde an centralen Arbeitsplätzen gemacht; doch fanden
sich in einigen Gruben auch eine Anzahl Stöcke oder Knüttel
gleiclimäfsig verteilt, von denen Seton-Karr annimmt, dafs
sie an einem Lederriemen getragen wurden und als Waffe
oder Werkzeug dienten. Viele Gerättypen sind bisher unbe
kannt gewesen. Paläolithische Geräte fand er nur zwei bei
den Gruben, die übrigen in Abydos, Nagada, Nagh Hamadi,
Theben und anderen Stellen der westlichen Wüste. Seton-
Karr hat die Sachen in den Räumen des Royal Archäological
Institut zu London ausgestellt.
— Sir Martin Conway, welchem wir im Jahre 1896
die erste Durchquerung Spitzbergens verdankten, hat sich
Ende Juni wieder dorthin begeben, um seine Forschungen
im Innern der Hauptinsel fortzusetzen. Er will in Kingsbai
landen, von wo aus Schlittenreisen über die nördliche Eis
kappe angetreten werden sollen. Zuletzt will er sich noch
mals dem Hox-nsund zuwenden.
— Während man allgemein bisher angenommen hat, dafs
der amerikanische Bison als wildes Tier ausgerottet ist
und nur noch in Parks sein Leben fristet, meldet jetzt Nature
(8. Juli 1897), dafs noch in einem Distrikte von Kanada so
genannte „Waldbüffel“ Vorkommen, die Örtlichkeit ist schwer
zugängig und liegt in der Nähe des Forts Chipewyan im
Süden des grofsen Sklavensees und wurde 1894 von Caspar
Whitney besucht, dem es indessen nicht gelang, einen der
Bisons zu erlegen.
— Mitteilungen über die Pflanzen, die bei den Kla-
mathindianern von Oregon gebraucht werden, macht
Frederick V. Co ville in den Contributions from the U. S.
National Herbarium (Vol. V, Nr. 2, 9. Juni 1897). Er giebt
von 88 Pflanzenarten, die zu 38 Familien gehören, den ge
nauen botanischen Namen und auch die Namen, welche die
Klamathindianer der Pflanze und dex-en verschiedenen Teilen
geben, an. Nicht weniger als 50 Arten, darunter viele
Beex-enarten, dienen in fi-ischem oder getrocknetem Zustande
als Nahrung, 9 Arten dienen als Heilmittel, 2 als Gifte, 3
dienen, mit etwas Tabak vermischt, zum Rauchen. Andere
liefern Stoffe für Brennholz, Hausgeräte, Waffen, Böte, Matten,
Stricke, Netze, Färbemittel u. s. w. — Einige von den Pflan
zen könnten selbst für industrielle Zwecke Verwendung
finden, so eine Flechte (Evernia vulpina), die eine schöne
kanariengelbe Farbe liefert; der Rocky-Mouixtain- Flachs
(Linum lewisii), der eine starke und dabei feine Faser hat;
einige Wurzeln und Zwiebeln könnten auch für Weifse als
Nahrungsmittel gelten. — Andere Pflanzenprodukte, so die
unter dem spanischen Namen Cascara sagrada bekannte Rinde
von Rhamnus purchiana, bilden schon jetzt einen Handels
artikel.
— Zur littex-arischen Geschichte des Einhornes ver
öffentlicht Cai'l Cohn (Progr. der 11. städt. Realschule zu
Berlin, 1897) einen zweiten Teil. Darin weist er unter anderem
nach, dafs das Einhox-n in gutem Sinne als ein Symbol Jesu
Christi angesehen wird. Die Bibelexegeten sehen in dem
einen Horne des Tieres zuweilen ein Bild der Einheit
Gottes, des Glaubens oder der Kirche. Häufig wei'den mit
ihm die Heiligen, Apostel und Gläubigen verglichen, die in
dem einen Glauben und der aus ihm fliefsenden einen
Hoffnung stark und unüberwindlich sind, wie es nach der
Sage das Einhorn ist. Im bösen Sinne bezeichnet das uxxbe-
zähmbax-e Einhorn in der patristischeu Litteratur den Hoch
mut oder die Hochmütigen, dann ist es das Symbol böser
Mächte, der Juden und Kix-chenvex-folger, auch der Teufel
selbst. Neben der alten mystischen Deutung der Ei-zählung
vom Fange des Einhornes durch eine Jungfrau auf die
Menschwerdung Chx-isti im Schofse der Maria geht bereits
früh eine rein moi'alisch allegorisierende, auf menschliche
Verhältnisse Bezug nehmende oder das Einhorn, wie es im
Mittelalter so häufig geschah, als Vorbild gewisser Tugenden,
aber auch gewisser Laster benutzende Darstellungsweise ein
her. So erscheint das Einhorn namentlich auf Kunstdarstel
lungen als Sinnbild der Keuschheit. Diese Vorstellung und
Art der Darstellung zeigen denn auch den Weg, auf welchem
es zum vielbenutzten Wappentiere gewox-den ist. Neben dem
Sinnbild der Keuschheit hat wohl die dem Einhorn nach
gerühmte Stärke und Unüberwindlichkeit es geeignet er
scheinen lassen, als ritterliche Zier zu dienen. Später kommt
das Wundertier dann als Schildträger vor, wie im englischen
Wappen; namentlich Engländer haben denn auch verschiedent
lich den Vei-sucli gemacht, seine reale Existenz nachzuweisen,
bisher freilich ohne Ex-folg. E. R.
— Die Insel Krakatau seit dem grofsen Vulkan
ausbruche. Auf der etwa 800 m hohen Spitze des berüchtigten
Ki'akatau in der Sundastrafse sollte an Stelle des durch den
vulkanischen Ausbruch vernichteten Triangulationspfeilers ein
neuer errichtet werden; aber alle Versuche, die von Mannschaften
der Ti’iangulationsbrigade vom 26. Juni bis 2. Juli 1896 ge
macht wui’den, die Spitze zu en-eichen, wai - en vergeblich.
Der ganze Bei-g ist mit einer viele Meter dicken Aschenschicht
bedeckt, in welche Regengüsse schmale Schluchten mit senk
rechten Wänden ausgespült haben. Auch die schmalen, stehen
gebliebenen Rücken zwischen den einzelnen Schluchten, auf
denen man voi-zudi'ingen versuchte, sind durch Steilabstüi-ze
unterbrochen und das lose Matei-ial stürzt überall nach.
Man errichtete den Pfeiler daher auf dem etwa 130 m über
der See gelegenen Hügelrücken des benachbarten Lang
eiland, wo man weniger Schwierigkeiten an traf, und stellte
so einen brauchbaren Zwischenpunkt für die Verbindung der
Dreiecksnetze von Java und Sumatra her. Nachdem bereits
Ende August 1896 diese Station für Winkelmessung auf
Langeiland errichtet, gelang es doch erst um Mitte Januar
1897, der ungünstigen Luftvei-hältnisse wegen, die Messungen
auszuführen. Das Leben für die Beobachter auf der Insel
war höchst unerquicklich. Am Tage stieg das Thei-mometer
in der Wohnliütte tagelang auf 34° C. und fiel in der Nacht
nicht unter 30° C. Der durch die Sonne erhitzte Sand hatte
am Tage eine Temperatur von über 60° C. Das Trinkwasser
mufste regelmäfsig von Batavia herbeigeschafft werden. Der
Pflanzenwuchs ist auf der erst wenig verwittei’ten Aschenlage
noch im Entwickelungsstadium. In der Nähe des Strandes
bilden Casuarinen kleine Büsche und sonst kommt besonders
das Gelagahgras vor. Die Tierwelt ist wieder durch Varanen,
einige Vögel und Insekten vertreten. Am Strande findet man
Bimsstein in Menge. Die ganze Insel ist mit Asche überdeckt,
in welche die Regengüsse auch zahllose Schluchten, mit
40 bis 50 m Tiefe, eingegraben haben, die jetzt von einer
Algenkruste überzogen sind, die das Nachstürzen der Aschen
masse vei-hindern. — Von dem Hügelrücken sieht man die
nördliche steil abgestürzte Wand des Krakatau vor sich.
Täglich finden an derselben noch Abstürze statt und braun
rot gefärbte Staubwolken steigen dann, durch die herunter
rollenden Steinblöcke und Sandmassen aufgewirbelt, in die
Höhe, und schweben lange um die Spitze, bis sie sich auf-
lösen. Man hat sie von vorbeifahi-enden Schiffen für Rauch
wolken gehalten und so entstand das Gerücht., dafs der Ki-a-
katau wieder in Thätigkeit sei, was nicht zutreffend ist. Die
beiden Krater des Krakatau, Danan und Parbuatau, sind vei--
schwunden, die See bedeckt die Stelle, wo sie siclx einst er
hoben. In der Nähe von Langeiland erhebt sich ein steiler
Felsen, „der Bootsmansrots“; er ist der einzige Übei-rest des
in den Äbgrund versunkenen nördlichen Teiles von Ki-akatau.
(Tijdschi-ift van liet K. N. Aardrijksk. Gen. 1897, p. 118
bis 123.)
Verantwort!. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallerslebertlior-Promenade 13. — Druck: Friedr. Vie weg u. Sohn, Braunschweig.