Beils Forschungen im Süden der Hudsonbai.
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sprechenden melanesischen nicht die geringste Ähnlich
keit haben.
Ein wesentlicher Unterschied, der mit Bezug auf
das Pronomen zwischen den papuanischen und melane
sischen Sprachen obwaltet, ist der, dafs sämtliche me
lanesischen Sprachen die sogenannten Suffix-Pronomina
besitzen, während die papuanischen Sprachen diese Art
von Pronomina nicht kennen. Man sagt z. B. im Motu
(melanes.) nima-gu „meine Hand“ , nima-inu „deine
Hand“, nima-na „seine Hand“. Diese Suffix-Pronomina
stimmen in den melanesischen Sprachen miteinander
lautlich aufs vollkommenste überein. So lautet das
Element für „mein“ = ku, gu, u (malaiisch = ku);
für „dein“ = mu, m (malaiisch mu); für „sein“ =na
(malaiisch = nja); für „unser“ (inklusiv) = ta, da, ra,
(exklusiv) mai, ma; für „euer“ = mai, mi. Diese Suffixe
sind für die melanesischen Sprachen so charakteristisch,
dafs man bei Abwesenheit derselben auf den nicht-me-
lanesischen Charakter der betreffenden Sprache schliefsen
kann.
Was nun jene Sprachen (Britisch-Neu-Guineas und
der Inseln der Torres-Strafse) anbelangt, welche Sidney
H. Ray als papuanisch bezeichnet, so sind es die fol
genden: I. Saibai, auf den Inseln zwischen der York-
Halbinsel von Australien und Neu-Guinea, mit vier Dia
lekten, nämlich 1. Kauralaig (Prince of Wales Is.), 2.
Gumulaig (Mulgrave Is. und Jervis Is.), 3. Saibailaig
(Mount Cornwallis Is., Talbot Is.), 4. Kulkalaig (Mount
Ernest, Warriors Is., York Is.). II. Dabu mit zwei
Dialekten, nämlich 1. Dabu, 2. Toga (beide auf der Küste
von Neu-Guinea, gegenüber den beiden Inseln Saibai
und Boigu). III. Daudai oder Kiwai mit drei Dialekten,
nämlich 1. Mowat (auf der Küste von Neu-Guinea, nord
östlich von Dabu), 2. Perem (Bampton Is.), 3. Kiwai (Kiwai
Is. im Delta des Fly River). IV. Miriam (im Osten der
Inseln von I. Saibai) mit drei Dialekten, nämlich 1. Erub
(Darnley Is.), 2. Mer (Murray Is.), 3. Ugar (Stephens Is.).
V. Tumu, YI. Evorra, beide auf der Küste von Neu-
Guinea, ersteres am Douglas River, letzteres am Queens
Jubilee River. VII. Elema mit zwei Dialekten, nämlich
1. Toaripi oder Motumotu am Cape Possession, 2. Elema,
westlich davon. VIII. Koiari, im Hinterlande von Port
Moresby, mit sieben Dialekten, 1. Koiari, 2. Eikiri, 3.
Koita, 4. Maiari, 5. Favere, 6. Kupele, 7. Meroka.
IX. Kabana im Nordwesten, X. Manukolu im Südosten
von VIII. Koiari. XI. Domara mit zwei Dialekten,
nämlich 1. Domara auf der Südküste von Neu-Guinea,
an der Cloudybai, 2. Mairu auf Mairu oder Touloninsel.
Von diesen Papuasprachen hat Sidney H. Ray im
Verein mit Alfred C. Haddon drei, nämlich IV. Miriam,
I. Saibai und III. Daudai, speciell und ausführlich be
handelt, indem er eine Grammatik mit Vokabular und
Sprachproben derselben bearbeitete. Die betreffende,
überaus wertvolle Abhandlung ist in den Proceedings
of the Royal Irish Academy, III Series Volume II (Dublin
1893), S. 463 bis 616, und Volume IV (Dublin 1896),
S. 119 bis 278, erschienen und führt den Titel „A Study
of the languages of Torres Straits. With Vocabulary
and grammatical Notes“. In dieser Abhandlung geben
die Verfasser zunächst eine Einleitung über den Stand
der Frage, dann eine bibliographische Übersicht und
endlich ein vergleichendes Vokabular der drei Sprachen
Miriam, Saibai, Daudai und eine Erörterung der Frage
über das Verhältnis der papuanischen, melanesischen
und australischen Sprache zu einander. Aus der Gram
matik geht überall der radikale Unterschied zwischen
den papuanischen und melanesischen Sprachen evident
hervor, der durch das Vokabular und die in den Sprach
proben zu Tage tretende syntaktische Fügung be
deutend verstärkt wird. Wenn man bedenkt, dafs die
Forschungen Sidney H. Rays blofs auf einen kleinen
Teil des britischen Neu-Guineas, nämlich die Südküste
und die umliegenden Inseln sich beziehen, dafs daneben
noch der Anteil Deutschlands und der Niederlande an
dieser grofsen Insel in Betracht kommt, und dafs wir
vom Innern derselben so gut wie nichts wissen, so
kann man sich ein ungefähres Bild von der Mannig
faltigkeit der Papua-Sprachen machen, welche die zu
künftige Linguistik dieses Sprachstammes zu erforschen
und zu klassifizieren haben wird.
Beils Forschungen im Süden der Hudsonbai.
Die bestehenden Karten von Kanada weisen ein
grofses unerforschtes Gebiet südöstlich der Jamesbucht
auf. Die Forschungen von Dr. Robert Bell und seiner
Assistenten vom Geological Survey of Canada in den
Jahren 1895 und 1896 haben die Geographie des gröfsten
Teils dieses Distriktes in der Hauptsache festgestellt Q.
Die Topographie der Gegend ist ziemlich einfach gestaltet,
indem sie in hydrographischer Hinsicht allein zum Ge
biet des Noddawaiflusses gehört, der in die Rupert
bucht mündet und nächst dem Nelson der gröfste Flufs
dieses Gebietes ist, denn der Big oder Fort George River
hat zwar einen längeren Lauf, ist aber nicht so wasser
reich. Der Megiskun oder Bellflufs, der von der Wasser
scheide (height of land) bei Grandlake zum Mattagami-
see fliefst, ist bisher mit dem Ilannah-bay River ver
wechselt worden; er ist für die Geographie ganz neu;
er besitzt nicht einmal einen indianischen Namen, was
einmal darauf zurückzuführen ist, dafs das Gebiet so
wenig Bewohner hat, und dafs jeder Stamm den Namen,
den ein anderer Stamm einem Flufs etc. beilegt, ver
schmäht. 1
1 ) Recent explorations to the South of Hudson Bay. In
„The Geographical Journal“ 1897, p. 1 his 18 und Karte.
Das Transportmittel in allen diesen Gebieten ist das
Birkenrindenkanoe der Eingeborenen, das noch genau
so, wie vor Ankunft derWeifsen in Amerika, hergestellt
wird und bei dem kein anderes als vorgeschichtliches
Material verwandt wird. Kanoes von 4 bis 10 m Länge
wurden von Bell auf seinen Fahrten benutzt und er
wiesen sich auch besonders deswegen als praktisch, weil
sie so leicht sind, dafs sie bei Stromschnellen bequem
über Land getragen werden können, und weil Material
zu einer Reparatur überall im Lande vorhanden ist. In
verhältnismäfsig junger geologischer Zeit flofs auch das
Wasser des Grandlake, der in derselben Depression
liegt, durch den neuen Flufs zur Hudsonbai ab. Erst
eine Verschlammung des Kanals an der Stelle, wo nun
die Wasserscheide ist, brachte hierin eine Änderung,
die durch eine Tieferlegung leicht wieder aufgehoben
werden könnte. Das in den zwei Jahren erforschte
Gebiet mifst in gerader Linie von Norden nach Süden
450 km; dasselbe umfafst einen Raum von ungefähr
156 000 qkm. Es gehört zum hydrographischen Bassin
des Noddawai und seiner Nebenflüsse, sowie zu dem des
Broadbackflusses, der zwischen dem Noddawai und
Rupertflufs liegt. Das ganze Gebiet ist ein fast ebenes,
mäfsig hoch über der See gelegenes Plateau, dessen