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Bücherschau.
was selbst dem eingeborenen Thüringer, zu denen der Be
richterstatter sich auch zählen darf und gern zählt, kaum
nach irgend einer Richtung hin charakteristisch erscheinen
wird. Gerade ein Grundrifs hätte hierin eine sehr weit
gehende Beschi'änkung vielleicht mit Nutzen ertragen, um
dadurch die wirklich geographischen Gesichtspunkte und
Thatsachen um so mehr hervortreten zu lassen.
Darf bei dieser Gelegenheit gleich noch einem Wunsche
für eine zweite Auflage, die gerade dies Werk sicher bald
erleben wird, Ausdruck gegeben werden, so wäre es der
nach Vermehrung der Karten, überhaupt der karto
graphischen Beigaben in der Art der z. B. auf S. 31, 60 und
66 sich findenden Kärtchen. Nichts orientiert so schnell und
gut, als eine kleine Kartenskizze, auf welcher das viele
Einzelheiten verbindende Band dem Auge sichtbar wird, und
sei es nur eine schematische Karte oder Zeichnung, wie deren
z. B. Pencks grofses Werk über das Deutsche Reich oder
Part sch’ Schlesien eine ganze Reihe enthält. Den Schlufs
bildet die Besprechung der Handels- und Verkehrs Verhältnisse,
der Siedelungen und endlich der Staatenbildungen.
Die Übersichtlichkeit des Buches wird durch zwei Mo
mente aufserordentlich gefördert, nämlich durch den Gebrauch
von zweierlei Drucktypen und durch ein ungemein ausführ
liches , systematisches Inhaltsverzeichnis oder Sachregister,
das ein sofortiges Nachsehlagen ermöglicht und nicht wenig
dazu beitragen wird, Regels neue Landeskunde von Thü
ringen auch denjenigen Kreisen nahezubringen, die nicht
gerade geographische, sondern irgend welche andere
Interessen an Thüringen und Thüringens Bewohnern haben.
Deshalb seien noch alle naturwissenschaftlichen Vereine, auch
die Behörden, Kontore grofser Unternehmungen u. s. w. auf
diese Arbeit hingewiesen, sie alle werden belehrende und zu
Studien, Versuchen und Vergleichen anregende Thatsachen
zusammengestellt finden: ist ja doch die Geographie eine
Wissenschaft, deren Ergebnisse auch im täglichen Leben
besonders wertvoll sind.
I H amburg. Dr. Gerhard Schott.
Sfownik geograficzny Krolewstwa Polskiego i innych krajöw
slowianskich. Wydany pod redakcya Bronislawa Cllle-
bowskiego, przy wspoludziale od polowy tornu VI Josefa
Krzywickiego , wedlug planu Filipa Sulimierskiego.
Nakladem Wladislawa Walewskiego do konca tomu X.
Od tomu XI z zasilku Kasy pomocy dla osöb pracujacych
na polu naukowym imienia D-ra Mianowskiego. 14 Bde.
gr. 8 °. Preis 84 Rubel (176,40 Mk.). Hauptlager bei
Gebethner u. Wolif in Warschau. Warschau, 1880 bis 1895
(1897, das Jahr des „Nachworts“).
Ein grofses Werk in der polnischen Litteratur ist soeben
beendet worden: das „Geographische Lexikon des
Königreichs Polen und anderer slavischer
Länder“, das seit 1880 lieferungsweise in Warschau
erschien und jetzt in 14 starken Bänden von durchschnittlich
960 zweispaltigen Seiten fertig vorliegt. Es umfafst in der
Reihenfolge eines Alphabets eine geogi-aphisch - statistische
und historische Beschreibung der Ortschaften, der landschaft
lichen und administrativen Einheiten, die innerhalb des in
dem Titel genannten Gebietes liegen, sowie eine vollständige
Hydro- und Orographie des letzteren. Zu diesem Gebiet
gehört vor allem das Königreich Polen, d. h. die zu Rufsland
gehörigen zehn polnischen Gouvernements; ferner die bal
tischen, die westlichen und südlichen Gouvernements des
russischen Reiches, und weiterhin ungefähr alle die Länder,
die einstmals das polnische Reich umfafste. Mafsgebend für
die Redaktion war natürlich in erster Linie das Bedürfnis
der eigenen Landsleute. In zweiter Linie erst steht die
Frage: welchen Wert hat eine solche Publikation aufserhalb
der nationalen Sphäre, für die geographische Wissenschaft ?
In dieser Beziehung sind unbedingt wichtig alle die Artikel
des Lexikons, die sich auf Russisch-Polen beziehen. Hierin
bildet es eine wertvolle Ergänzung zu Semonows „Geogra
phisch-statistischem Wörterbuch des russischen Reiches“
(7 Bände, Petersburg 1863 bis 1885), das die polnischen
Gouvernements nicht enthält. Das polnische Werk bietet
überhaupt das Neueste, Beste und Vollständigste, was zur
Zeit in geographisch - statistischer Beziehung über Russisch-
Polen veröffentlicht ist.
Damit sollen jedoch die Artikel über die anderen behan
delten Länder in ihrem Werte nicht in den Hintergrund
gedrängt werden. Bei ihnen liegen vielmehr die Verhältnisse
insofern anders, als die Redaktion hier überhaupt keine Voll
ständigkeit des Materials erstrebte, sondern nur eine Auswahl
der wichtigsten Orte bietet.
Die Herausgeber des Werkes geben selbst zu, dafs die
Bearbeitung der Artikel aus verschiedenen Gründen recht
ungleichmäfsig geworden sei. Eine gewisse kritische Vorsicht
ist daher bei Benutzung der Artikel gewifs zu empfehlen,
aber das, was es über Russisch-Polen bietet, ist das Voll
ständigste und Beste, was zur Zeit vorhanden ist. Der
Referent hat jahrelang Gelegenheit gehabt, das Werk zu
benutzen; es hat ihm stets gute Dienste geleistet und ihn
insbesondere rücksichtlich Russisch - Polens selbst in den
kleinsten Dingen nie im Stiche gelassen.
Die Herausgabe eines Supplements zur Ausfüllung der
Lücken und Ungleichheiten des Hauptwerkes, sowie auch
zur Verwertung neueren Materials soll 1898 begonnen werden.
Traugott Pech.
F. R. Statliam: Südafrika, wie es ist. Aus dem Eng
lischen übersetzt von P. Baltzer. Berlin, J. Springer, 1897.
Die Arbeit beruht auf „den Erfahrungen einer zwanzig
jährigen täglichen Berührung mit dem politischen und
socialen Leben in Südafrika an fast allen Hauptplätzen“. Sie
beginnt mit der Annexion von Transvaal im Jahre 1877 und
geht bis auf unsere Tage herab. Für einen Engländer ist
sie ein schönes Zeugnis vorurteilsfreier, vielseitiger Kritik.
Die politischen und militärischen Persönlichkeiten, die Eigen
heiten der Volkscharaktere der Eingeborenen, Engländer
und Buren, die socialen und wirtschaftlichen Verhältnisse,
die Eigenheiten der Natur Südafrikas finden eine eingehende
und fesselnde Darstellung, bezw. Berücksichtigung. Oft wird
die Entwickelung durch Vergleiche mit anderen Kolonieen
und aus vergangenen Zeiten belebt. Der letzte Teil giebt
die Entwickelung der Macht des Diktators Rhodes und einen
Blick in die Zukunft der südafrikanischen Staaten.
Dl*. Friedrich Ratzel: Politische Geographie. Mit 33
in den Text gedruckten Abbildungen. München und
Leipzig, R. Oldenbourg, 1897.
Es giebt zwei Arten hervorragender Geistesthaten und
insbesondere auch bedeutender Bücher: solche von mehr
unmittelbarer und solche von mehr mittelbarer Be
deutung ; solche, die mehr durch ihren fertigen Inhalt und
solche, die mehr durch die von ihnen ausgehenden Wir
kungen bemerkenswert werden; solche, deren Wert in der
Vollendung und solche, deren Wert in der Anregung
liegt. Bücher der ersteren Art findet man vorwiegend in
solchen Gebieten, die bereits einigermafsen durch gearbeitet
sind und sich insbesondere bereits ausgebildeter Methoden
erfreuen, Bücher der letzteren Art vorwiegend im Bereiche
wenig oder gar nicht bearbeiteter Gebiete, die noch des
bahnbrechenden Genius harren.
Das vorliegende Werk Ratzels, von dem einzelne Ab
schnitte in den letzten Jahren bereits an verschiedenen
Stellen veröffentlicht sind, gehört, ebenso wie die beiden
Bände seiner Anthropogeographie, der letzteren Gattung von
Büchern an. Angesichts des heutigen Standes der wissen
schaftlichen Geographie mufs es als eine bahnbrechende
Leistung freudig begriffst werden. So sicher heute auf der
Grundlage fester Methoden und im Bunde mit den benach
barten Naturwissenschaften die allgemeine physische Erd
kunde fortschreitet, so hoch entwickelt nächst ihr heute die
wissenschaftliche Landeskunde besonders in ihren physikalisch
geologischen Teilen ist, so unbefriedigend ist noch immer der
Zustand der allgemeinen Geographie des Menschen, mag man
die Verkehrs - oder Wirtschafts- oder Kulturgeographie oder
sonst ein Gebiet ins Auge fassen. Auch die wissenschaft
liche Landeskunde leidet darunter, wie insbesondere der ver-
hältnismäfsig unbefriedigende Zustand der Abschnitte über
die politischen Verhältnisse in manchen sonst trefflichen
neueren Werken beweist. Die allgemeinen Gesichtspunkte,
die für diese Abschnitte in Betracht kommen, hat Ratzel im
vorliegenden Buche zum erstenmale systematisch behandelt.
Ein solches Erstlingsunternehmen hat natürlich die
gröfsten Schwierigkeiten zu bewältigen. Sie entspringen
vor allem dem Mangel fester, von vornherein gegebener
Methoden, die hier vielmehr erst bei der Arbeit und durch
sie zu schaffen sind. Auf diesem Mangel beruht es wohl
hauptsächlich, dafs allgemein die Geographie des Menschen
an Vollendung hinter der naturwissenschaftlichen Seite der
Erdkunde, die in dieser Beziehung mit den übrigen Natur
wissenschaften den Vorzug fester und fertiger Methoden
gemeinsam hat, so sehr zurücksteht. Denn wo sie, wie in
der Frage der Volksdichte und ihrer geographischen Ur
sachen, eine feste Methodik erreicht hat, da finden wir auch
ihr Gebiet bereits mit der wünschenswerten Emsigkeit und
Gründlichkeit angebaut. Die Gewinnung fester Methoden ist
hier aber vorzüglich deswegen so erschwert, weil wir es
hier überall mit geistigen Erscheinungen zu thun haben, die
ihre eigenen, höchst verwickelten und wechselnden Ursachen
in sich tragen, und zu denen das räumliche oder geogra