GLOBUS .
ILLUSTRIERTE ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDER - und VÖLKERKUNDE .
VEREINIGT MIT DEN ZEITSCHRIFTEN : „ DAS AUSLAND“ UND „ AUS ALLEN WELTTEILEN“ .
HERAUSGEBER : Dr . RICHARD ANDREE . VERLAG von FRIEDR . VIEWEG & SOHN .
Bd . lxxvii . Nr . 18 . BRAUNSCHWEIG .
12 . Mai 1900 .
Nachdruck nur nach Übereinkunft mit der Verlagshandlung gestattet .
Die Erscliliefsnng des Kaburelaudes in Nordtogo .
Von Fr . Hupfeid , Bergassessor a . D .
( Mit einer Ubersichtsskizze . )
I .
Das Jahr 1897 war ein recht unruhiges für den nördlichen Teil unserer Togokolonie . Die Abgrenzung gegen die französischen Besitzungen stand vor der Thür , und beide Teile suchten sich noch im letzten Moment soviel Terrain wie möglich durch sogenannte „ occu - pation effective“ zu sichern , die allerdings vielfach nur durch ein paar Polizisten repräsentiert wurde . Dabei hatten wir das Unglück , dafs einige unserer tüchtigsten Beamten wegen Krankheit nach Hause zurückkehren mufsten , während einer sogar , der Stationsleiter Wegener in Sugu - Wangara , nach längerem Leiden auf seinem Posten starb . Gleichzeitig brach ein Aufstand des fast noch unbekannten Konkomba - Volkes aus , dessen fortige Bekämpfung angesichts der sehr heftig den Regenzeit verschoben werden mufste , obwohl dadurch unsere Station Sansanne - Mangu viele Monate lang ganz abgeschnitten war . Immerhin gelang es , einem weiteren Umsichgreifen des Aufstandes vorzubeugen .
Unterdessen war in Paris der deutsch - französische Abgrenzungsvertrag geschlossen , und wir konnten mehr alle verfügbaren Kräfte auf die Pacifizierung des uns dabei zugefallenen Landes verwenden . Die truppe , unter der erfahrenen Führung des leider lich verstorbenen Oberleutnants Baron von Massow , traf Ende September , also gegen Schlufs der Regenzeit , in der Station Bäfsari ein . Bereits Ende des Jahres war das Konkombaland unterworfen . Man erkannte dabei , dafs es sich hier um ein reich bevölkertes und fast ganz heidnisches Gebiet handelt , das sich vor Allem auch durch grofsen Viehreichtum auszeichnet .
Nun blieb nur noch das sogenannte Kabureland unerforscht , das den nordöstlichen Teil unserer Kolonie , östlich von den Konkomba bis hinüber zur französischen Grenze , umfafst . Der einzige Europäer , der meines Wissens mit diesem Volke bis dahin in Berührung kommen war , ist Graf Zech , und zwar während seines Aufenthaltes in dem französisch gewordenen östlichsten Ivaburegrenzorte Logba , nördlich von Semere . Im Übrigen war man stets um das Land herumgegangen . Auch die umwohnenden Eingeborenen wufsten nichts Näheres darüber anzugeben . Mit den Leuten von Bäfilo , Dako und Iväbu lagen die Kabureleute fast ständig in Fehde , die sich in räuberischen Überfällen und ähnlichen Erscheinungen des Kleinkrieges äufserte . Zudem war Kabure von altersher eine Hauptquelle des
Globus LXXVII . Nr . 18 .
Sklavenhandels im Hinterlande Togos gewesen , dem man nur dann energisch entgegentreten konnte , wenn man das Land selbst unterwarf . Aus allen diesen Gründen entschlossen sich die zuständigen leiter , die Anwesenheit einer ziemlich bedeutenden deutschen Macht zu benutzen , um in Kabure dringen . Man hoffte , durch Entfaltung grofser mittel diesem wilden Volke so zu imponieren , dafs es keinen Widerstand wagte , eine Hoffnung , die sich dings nur zum Teil erfüllt hat .
Nach obigem Plane brachen nun annähernd zur selben Zeit Dr . Kersting von Südosten von Bäfilo her , Oberleutnant Thierry von Nordwesten etwa halbwegs zwischen Sansanne - Mangu und Bäfsari und Baron v . Massow von Kabu im Südwesten ins Kabureland ein . Dem letztgenannten Offizier hatte sich der Verfasser mit dem Hauptteile der Douglasschen Togoexpedition angeschlossen , um so auch diese Region der Kolonie wenigstens flüchtig geologisch untersuchen zu können .
Unser Abmarsch vollzog sich am Morgen des 22 . Januar 1898 von Käbu aus . Blutigrot stieg die Sonne mit schmaler Sichel — es war gerade eine tielle Finsternis — am östlichen Horizonte auf .
Käbu oder Küntum , wie es die Haussahändler nennen , einen Tagemarsch nördlich von Bäfsari gelegen , ist ein gröfserer Ort von einigen tausend Einwohnern . Diese gehören überwiegend dem Bäfsaristamme an und standen früher direkt dem König von Bäfsari , dessen Oberhoheit sie auch jetzt noch , obgleich nur formell , anerkennen . Käbu hat sich dann seinerzeit den Mangu - leuten und später den Dagomba bei deren Einfällen unterworfen und zahlte bis vor Kurzem an beide Tribut . Man sieht daraus , welchen problematischen Wert unsere staatsrechtlichen Begriffe von Oberhoheit und dergl . in Afrika haben .
Wie alle Orte des Bäfsarilandes ist auch Käbu am Fufse eines isolierten , steilen Berges erbaut , der in Kriegszeiten eine leicht zu verteidigende Zufluchtsstätte bietet . Zwanzig Minuten südöstlich von Käbu liegt am Fufse desselben Berges der vor etwa 30 Jahren gründete Bäfsariort Sara , der sich durch eine ziemlich bedeutende Eisenerzeugung auszeichnet .
Im Gegensätze zu Bäfsari hat Käbu seine günstige Handelslage bald erkannt und daher dem Eindringen des mohammedanischen Elementes und der halb
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