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Ein Blick auf die Insel Rhodus .
Eiland ( ein nnd zwanzig deutsche Geviertmeilen ) mehr und mehr bevölkert , sowohl von semitischen als hellenischen Leuten , deren Mythen und Kulte nach und nach gegenseitig aneinander etwas abgaben .
Die Sonneninsel , welche späterhin sehr richtig als Roseninsel ( denn Rhoden ist der griechische Name für Rose ) bezeichnet wurde , gedieh wunderbar . Ihre Wein - beeren und ihre Feigen wurden hoch gelobt , der Marmor gesucht , das Schisssbanholz vom Gebirge Atabyris war dauerhaft , der Fisch Elops , den man an der Küste sing , galt für einen Leckerbissen , Badeschwämme holte man in Menge aus der Meerestiefe . Aber , sagen die Alten , das Alles will wenig bedeuten gegenüber den guten Gesetzen der Rho - dier und gegen das treffliche Seewesen . Auch war Rhodus , und das rechneten sie sich dort selber zum höchsten Ruhm an , „ die fruchtbare Mutter vieler berühmten Männer und ragte hervor iu Redekunst , Philosophie und anderen Wissen - schasten . " Auch in deu plastischen Künsten „ erwarb sie Glanz . " Ihr gehörten der Maler Protogenes an und der Bildhauer Chares aus Lindos , der Philosoph Panaetios , welchen Cicero hochschätzte , und einer der sieben Weisen Griechenlands , Kleobulos . Dem großen Redner Aeschines nnd dem Dichter der Argonautica , Apollonios , schenkten die Rhodier das Bürgerrecht .
Die rhodischen Kaufleute und Schiffsrheder würdigten Wissenschaft und Künste , und besonders stolz waren sie auf ihren Protogenes , der im höchsten Grade naturgetreu malte . Chares , ein Schüler desLyfippos , war der Bildner des weltberühmten rhodischen Kolosses . Diese Apollo - statne ruhte mit den Füßen auf zwei Felsen am Eingange des Hafens ; der Künstler bedurfte zur Herstellung des Stand - bildes nicht weniger als nennmalhnnderttauseud Pfund Me - tall . Er starb , bevor er fein Werk vollendet hatte , an welchem dann einer seiner Schüler noch zwölf Jahre lang arbeitete . Der Koloß war ein Weltwunder , die „ einlaufenden Schiffe fuhren zwischen feiueu Beinen hindurch in den Hasen ein , " * ) uud das Standbild des Gottes diente auch als Leucht - thurm . Aber es stand nur etwa zwanzig Jahre , denn 222 vor Christi Geburt wurde es während eines Erdbebens mn - gestürzt . „ Auch jetzt noch , da es am Boden liegt , erscheint es als ein Wunder " , sagt Plinins . Von den Verhältnissen dieses Kolosses kann man sich einen Begriff machen , wenn man weiß , daß jeder Finger an den Händen dicker war als ein Mannsleib .
Ein Orakel verbot den Rhodiern , ihn wieder auszu - richten , und so blieb er in Trümmern sast ein Jahrtausend laug am Boden liegen , denn auch in der christlichen Zeit rührte man ihn nicht an . Die Araber jedoch , welche in der zweiten Hälfte des siebenten Jahrhunderts auf Rhodus er - schienen , trüge» keine Scheu vor dem Sonnengotte ; Omars Feldherr , Moawijah , verkaufte im Jahre 672 das Metall an jüdische Handelsleute , und diese beluden nicht weniger als neunhundert Kameele mit demselben .
Die Insel hat eine reiche Geschichte . Im Allgemeinen
* ) So wird auch heute noch oft behauptet ; die Sache ist aber eine Fabel aus deu byzantinischen Zeiten ; die Einfahrt zum Hafen hat an der engsten Stelle eine Breite von lü ( > Fnß , der Koloß war siebenzig Ellen hoch . Strabo XIV , 2 . führt eine Dichterstelle an und bemerkt : „ Vom kolossalen Standbilde des Sonnengottes sagt der Jambendichter :
Das Chares einst ,
Der Liudier , siebenmal zehn Ellen hoch gemacht . "
Uebrigenö zeigen die rhodischen Schiffer noch zwei unter dem Wasser liegende Felsen , auf welchen , wie - die Sage geht , die Füße des Kolosses ruhten . A .
bewahrte sie , in Folge klugen Lavirens ihrer KanfleUte uud Rheder , welche mit Jedem , der die Macht in Vorder - ästen hatte , auf gutem Fuße zu stehen trachteten , ihre Unab - hängigkeit und deni römischen Reiche wurde sie erst unter Kaiser Vespasiau einverleibt . Eine Zeit lang gehorchte sie dem Könige Mansolns vonKarien und dessen Witwe Artemisia ; nahm später macedonische Besatzung auf uud kam dann auch iu deu Zeiteu der Nachfolger Alexanders , in's Gedränge zwischen den Königen von Syrien und Aegypten . Aber der Handel war immer blühend und die Rhodier blieben die Hanptsrachtlente auf dem Mittelmeer . Dem Könige Mithri - dates lieferten sie eine Seeschlacht ; zur Zeit der Bürger - kriege Roms litten sie viel , und häusige Erdbeben richteten großen Schaden an , namentlich das vom Jahre 155 nach Christi Geburt . Seit der Theiluug des römischen Reiches stand Rhodns unter den byzantinischen Kaisern . Dann kamen die Araber , die Byzantiner , abermals die Lateiner ( Franzosen und Venetianer ) , die Araber noch einmal , die Genuesen uud endlich die Türken , welche seit dem I . Januar J 523 Herren der Insel geblieben sind .
Unter allen diesen Wechselfällen litt die Insel viel , aber seit dem Anbeginn des vierzehnten Jahrhunderts er - füllte sie weit und breit die Christenheit mit ihrem Ruhme , und die Rhodiser Ritter , diese letzten Kreuzfahrer , verliehen ihr strahlenden Glanz .
Am 15 . Juli 1099 hatten die Kreuzfahrer unter Gott - fried von Bouillon die heilige Stadt Jerusalem eingenommen . Ein menschenfreundlicher Mann ans der Provence , Gerhard Tnnc , der als Pilger mitgezogen war , pflegte Verwundete und Kranke . Schon im elften Jahrhundert hatten Kauf - leute aus der italienischen Handelsstadt Amcilst beim heiligen Grabe zwei Spitäler zur Aufnahme von Wallfahrern ge - stiftet uud das eiue nach der Maria Magdalena benannt , das andere nach dem heiligen Johann dem Barmherzigen , der einst ein Bischof in Alexandria gewesen ist . Gerhard gab der wohlthätigen Anstalt zweckmäßige und umfassende Einrichtungen ; seine Spitalbrüder , Hospitaliter , widmeten sich ausschließlich der Krauken - uud Pilgerpflege und erhielten vorn römischen Papst eiue Ordensversassnng . Sie waren wohlwollende , bescheidene Leute und trugen einen groben schwarzen Mantel mit einem achteckigen weißen Kreuze auf der linken Brust .
Bald traten auch Rittet der Genosseuschast bei , welche dann ihren ursprünglichen Charakter verlor . Schon der zweite Vorsteher , Raymnnd von Pny , setzte durch , daß die Mitglieder eine ausdrückliche Verpflichtung zum Kampfe gegen die Ungläubigen übernahmen , und von nun an ge - hörten die Hospitaliter zur streitenden Kirche ; sie hießen dann auch , uach der Herberge des Johannesspitals , Ritter des heiligen Johannes zu Jerusalem , Johanniter . Diese legten den Panzer nicht ab , bekämpften die Mohammedaner und erhielten auch im Abendlande große Schenkungen . Aus dem Verein bescheidener Krankenpfleger wurde ein Orden stolzer , kriegslustiger Ritter , welchem ans allen germanischen und romanischen Völkern Europas kräftige Männer zu - strömten . Den neuen Verhältnissen gemäß bildete er seine Verfassung aus ; seine Vorsteher nannten sich Meister und seit Hugo von Reval ( 1278 ) Großmeister . Sie theilten sich nach ihren Landsmannschaften und Sprachen in sieben „ Zungen " , nämlich Provence , Auvergne , Frankreich , lien , Aragonien , Deutschland nnd England . Nun waren sie reich nnd bildeten ans ihren Besitzungen Commanderien , Comthnreien ; von den Päpsten erhielten sie immer mehr Vorrechte , wurden überuiüthig , geriethen selbst mit der Geistlichkeit des Morgenlandes in Zwist ; ihre Eifersucht gegen die Tempelherren führte zu ärgerlichen Händeln zwi -