226 Tarsus in Cilicien , die
ganzen Fülle ihrer bezaubernden Schönheit und Anmuth . Den Besieger des Brutus und Cassins empfing sie als Venns geschmückt ; sie fuhr in einem vergoldeten Schiffe ; die Segel waren purpurfarben , die Nuder mit Silber ein - gelegt . Nachlässig lag sie auf schwellenden Polstern , umgeben von Knaben als Amoretten und von Mädchen als Nereiden . Antonius , von den Reizen Kleopatra's überwältigt , wurde Sklave der Aegypterin .
Während der Kaiserzeit gingen die guten Tage von Tar - sus zu Ende . Die Stadt litt durch die Uebersälle isanrischer Bergräuber . Aber ihre Lage war so günstig , daß sie unter den Byzantinern langsam wieder empor kam . Dann erschienen die Kreuzfahrer aus dem Abendlande und fanden sie als eine immerhin noch ansehnliche Stadt . Unweit derselben fand unser Kaiser Rothbart seinen Tod . Im elften Jahrhundert waren Armenier , aus ihrer Heimath am Ararat verdrängt , nach Cilicien gekommen , hatten die Festungen der Byzantiner erobert und ein Reich gegründet ,
adt des Apostels Paulus .
Syriens im Osten , mit Städten gleichsam übersäet , zumeist griechischen Kolonien . Auch das Land war stark bevölkert ; heute zählt es nur zwei Städte , die nicht völlig nnbe - deutend sind : Tarsus undAdaua , und hat sicherlich nicht viel über 100 , 000 Einwohner . Herrscher ist der osmanische Sultan ; die Landbevölkerung besteht zumeist aus noma - dischen Tnrkomanen ; in den Städten sindet man Neberreste der alten Bevölkerung : Griechen , Armenier , Syrer , Araber , Auruks und Zigenner .
Als Hafen für Tarsus dient jetzt die Rhede von Merdin ; der Name ist türkisch und bedeutet Myrthen . Dieser kleine Flecken wird zumeist von Tnrkomanen bewohnt , aber uebeu deu Hütteu derselben stehen auch europäische Ge - bäude , z . B . ein Zollhans , Magazine , ein Lazareth und ein sogenannter Palast , der aber weiter nichts ist als Hans des Gouverneurs , Wohnung des Hafenmeisters und außerdem noch Kaserne . Auch ist er nur einstöckig ; aber der Fremde betrachtet ihn nicht ohne Interesse , weil die Bausteine aus den
das bis gegen Ende des fünfzehnten Jahrhunderts bestand ; dann unterlag es den Muselmännern . Bon den arme - nischen Königen Ciliciens leitet jener Prinz Leo , welcher in unseren Tagen oft von sich reden gemacht hat , seine Abkunft her . Der gänzliche Verfall kam mit der Türken - Herrschaft , und nun hat Tarsus längst keinen Hasen mehr ; es ist heute ohue Bedeutung .
Aber der klassische Boden bleibt . Welch eine Reihe von Wechselfällen und Umwandlungen von den Tagen Bellerophon's und Sardanapal's bis heute , wo im isstschen Meerbusen Dampfer fahren !
Schon früher haben wir ( Globus Nr . 21 ) einen Be - rieht über Cilicien mitgetheilt , den wir jetzt vervollständigen . Wir folgen dabei demselben Reisenden , Langlo is , welchen wir auch damals begleiteten . Wir hoben hervor , daß Cilieien , eine der wichtigsten Landschaften Kleinasiens , auf allen Seiten vom Tanrusgebirge umschlossen sei ; nur die Südseite wird vom Mittelländischen Meere bespült . Diese bildet nun eine zum großen Theil versumpfte Ebene , aber im Alterthum war dieser etwa fünfzig deutsche Meilen lange Küstenrand , von Pamphylien im Westen bis zur Grenze
Ruinen des alten Pompejopolis genommen worden sind . Heber den Häusern der europäischen Konsuln wehen an Sonntagen die Landesflaggen derselben . Das Qnaran - tainelazareth ist in türkischem , das heißt abscheulichem . Zustand , hat feuchte , dumpfe Zellen und keine Fenster - scheiben ; der Dolmetscher , welchen Langlois als ganz ge - sundeu Mann mitgebracht hatte , bekam in demselben ein perniciöses Fieber , an welchem er schon nach einigen Tagen starb .
Tarsus selbst steht inmitten einer großen Ebene , welche der Mesarlyk Tschai , der Eyduus der Alten , durch - strömt , ist vou Bäumen und Gärten nmgeben und gleicht einer grünen Oase . Sie zählt ungefähr siebentausend Ein - wohner , unter denen sich , von den Konsuln abgesehen , nur wenige Europäer befinden . Ein Haus gleicht so ziemlich dem andern ; die Gebäude stehen so dicht neben einander , daß die Dachterrassen sich fast berühren . Größere Ban - werke sind nur in geringer Zahl vorhanden ; dahin gehören einige Moscheen , ein paar Chane , d . h . Einkehrhäuser , und ein Bazar . In den engen , schmutzigen Straßen herrscht Gedränge ; die Karawanenkameele drängen sich mit Mühe
Das eiserne Thor bei Tarsus .