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Fleisch einigermaßen gar geworden . Jetzt machen die edlen Mensa ihren Lehrmeistern , Hyäne und Geier , Ehre . Sie essen nicht etwa , sondern sie fressen echt vieh - , bezüglich ranbthiermäßig . Die Knochen werden mittlerweile auch in's Feuer geschoben und , wenn ihr Mark gekocht ist , gierig ausgesaugt . Das ganze Mahl hat etwas so Abscheuliches , daß ich meiner Feder eine weitere Beschreibung nicht zu - mnthen will . —
Die geistigen Getränke der Sndahnesen , Bilbil und Merisa , Gebräne aus Durrah und Docheumalz , sind den Mensa unbekannt . Dafür ist unter ihnen eine Art Meth oder Honigwein , Tetsch genannt , ganz allgemein in Gebrauch . Der Tetsch schmeckt angenehm , gilt für gesund und ist somit ein empfehlenswertes Ersatzmittel anderer geistigen Getränke . Er wird bereitet , indem man Honig mit Wasser verdünnt und dann in einem großen ^opse , welcher innerhalb der Hütten , und zwar in unmittelbarer Nähe der Feuerstätte , zur Gährung bringt , darauf mit der Blüte einer mir unbekannten Pflanze hopst und dann sich klären läßt .
Mit diesem Getränk gipfelt sich die bei Bereitung von Nahrungsmitteln in Frage kommende chemische Wissenschaft unserer Gebirgsleute .
lerikanischen Indianer .
Außer den eigentlichen Nahrungsmitteln scheint der Genuß des Tabaks allen Mensa Bedürfniß zu sein . Die Jnnerafrikaner rauchen und kauen leidenschaftlich gern die Blätter dieses edlen Krautes . Jhuen ist der Tabak dasselbe , was das Salz einem Wiederkäuer . Der Mensa meint , ohne Tabak nicht leben zu können . Aber er versteht es nicht , die achtbare Pflanze zu würdigen , versteht es auch nicht , sie zu behaudelu . Grün noch , im vollen Safte , werden die Blätter abgepflückt , sofort auf Steinen zermahlen , in Kuchen geformt und endlich an der Sonne getrocknet . Diese Kuchen haben freilich den einen Vortheil , daß der Tabak in ihnen den kleinstmöglichen Raum einnimmt , aber die Bereitung derselben verdirbt den Tabak so , daß er für Europäer gänzlich ungenießbar wird , daß selbst der Mensa ihn nur aus einer Wasserpfeife rauchen kann . Unser Mann verlangt freilich etwas starke Reize seiner Sinne . Ihm behagt sein Knäller mindestens ebenso , als einem gebildeten Gaumen die echte Negalia . Ohne Pfeife sieht man den Mensa selten , so ungesüg dieselbe auch ist . Er führt seine Wasserpfeife auf allen seinen Zügen mit sich ; sie geht , wie bei den Indianern , von Mund zu Mund ; ohne sie wird kein wichtiges Geschäft begonnen , keins vollendet .
Bilderschrift der nordamerikanischcn Indianer . * )
Charakter der Jndianersprache . — Bilderschrift statt des mangelnden Alphabets . — Symbolische Figuren . — Die Sippen und ihr Sinnbild : Totem . — Religiöse Vorstellungen . — Geister und Geisterglaube . — Opfer , Fasten und Träume . — Zauberer , sager und Propheten . — Anwendung der Bilderschrift . — Die ^'eichenpfähle . — Medawiu , die Gabe und Kunst durch Zauber zu heilen ; Jesukawin , die Kunst des Weissagens . — Das Wabino . — Die Jahreszeit der Festlichkeiten . — Ein Wabino - Gesang
und dessen Bilderschrift . —
Die Indianer Nordamerikas hatten vor ihrer Bekannt - schaft mit den Europäern keine Ahnung von einem Alphabet . Der rothe Manu erkannte das Sinnbild seines Stammes an der rohen Abbildung irgend eines Thieres , welche auf die glatte Fläche eines Steines oder ein Stück Birkenrinde gezeichnet war . Die Bedeutung solcher Figurenzeichnungen verstand er so gut , wie der weiße Mann den Inhalt eines Briefes . Diese Schriftgemälde finden wir verbreitet bei allen Stämmen , sie ahmen sichtbare Gegenstände nach , oder stellen Phantasiegebilde dar .
Die Sprache dieser Völker ist vorzugsweise materia - listisch , ungemein reichhaltig für alles Sichtbare und Hand - greifliche , und dieser Unistand trägt wesentlich dazu bei ,
* ) The Indian in his Wigwam , or characteristics of the red race of America . From original notes and manuscripts . By Henry Rowe Schoolcraft . New York 1848 . p . 206—229 ; p . 291—303 .
Algic researches , comprising inquiries respecting the mental characteristics of the North American Indians . By EI . R . Schoolcraft . New York 1839 . Zwei Bände , au vielen Stellen .
Svdanu desselben Verfassers großes , auf Kosteu des Kongresses gedrucktes Werk Historical and Statistical Information respecting the history , condition and prospects of the Indian Tri des of North America . Philadelphia 1851 . 4 . Vol . I . Der liche Abschnitt Indian Pictography , p . 333 ff . Diesem mit großer Pracht gedruckten Werke sind unsere bildlichen Darstellungen nommen .
Ich babe schon 1851 über die Bilderschrift oder Schrift - gemälde Mittheilungen gegeben in : Nordamerika in geographi - schen und geschichtlichen Umrisses von Karl Andree . Braun - schweig 1853 . Zweite Auflage , S . 237 ff .
der Rede des Indianers malerischen Glanz und pomphafte Fülle zu verleihen . Aber keine Sprache nordameri - kanifcher Indianer hat Ausdrücke für unsere Be - griffe : Enthaltsamkeit , Gerechtigkeit , Dankbar - keit oder Frömmigkeit . Nicht greif - oder nicht sichtbare Dinge umschreibt der Indianer ; Glück bezeichnet er durch Glanz oder wolkenlosen Himmel ; Frieden stiften nennt er : einen Waldbaum pflanzen , oder : die Streitaxt begraben ; Schmerz oder Betrübniß mit : die Stacheln der Cactuspflanze sind durch meine Mokassins gedrungen . Die Sprache ist überhaupt reich an Metaphern und Alle - gorien .
Die Bilderschrift der Azteken im alten Mexiko war bekanntlich sehr umfassend ausgebildet und entwickelt ; aber wir geheu hier uicht darauf ein und wollen nur bemerken , daß auch mehrere Völker Südamerikas , z . B . jene auf dem Hochlande von Neu - Granada und Quito und die alten Peruaner , eine solche kannten . Bei den Letzteren bedeutet , in der Quechua - Sprache , das Wort Quelccauni zugleich Schreiben und Malen . Die Natchez am untern Mississippi malten symbolische Figuren auf ihre Leichengewänder ; die mehr nördlich wohnenden Stämme hatten konventionelle Zeichen und Malereien für das ihnen mangelnde Alphabet . Sie zeichnen oder malen mit verschiedenen Farben die Fign - ren , nicht oft auf Steinflächen , häufig an Baumstämme , am liebsten auf Birkenrinde , welche auch den Vorzug hat , daß sie zusammengerollt werden kann . Diese Bilderschrift war zur Zeit der Entdeckung bei allen Völkergruppen von der Halbinsel Florida bis zur Hudsonsbay vorhanden ; aber