Ein Sturmgewitter in Queensland .
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können sie aber gar nichts ausrichten . Ihre Bewaffnung , Lanzen und Luntenflinten , ist schlecht ; mit Feuerwaffen wissen sie nicht um - zugehen . Gefährlich siud sie nur , weun sie in überlegener Menge in einem Hinterhalte liegen ; Gefangene werden mit empörender Grausamkeit gequält .
Zu Ehren und Würden gelangen nur Männer , welche wissen - schaftliche Prüfungen bestanden haben . Die Sprache der Annamiten ist wesentlich von jener der Chinesen verschieden ; beide Völker verstehen einander nicht , bedienen sich aber derselben Schriftzeichen . In religiöser Beziehung herrscht große Gleichgül - kigkeit ; die Mehrzahl bekennt sich zum Buddhismus ; die katho - lischeu Missionäre haben Proselyten gemacht .
Alle tropischen Gewächse gedeihen vortrefflich ; europäische Gemüse und Obstarten kommen nicht fort . Im Innern trifft man Elephanten und sehr viele Tiger , im Sumpflande mächtige wilde Büffel , in den höheren Ebenen von Kambodscha auch eiue kleinere Art Riudvieh mit einem Höcker ; Ziegen und Schafe sind selten . Pferdezucht ist unbekannt ; die Franzosen beziehen ihren Bedarf an Rossen aus Manila . Krokodile findet man in allen Gewässern , Schlangen sind häufig ; dazu kommen Skorpione , Kakerlaken , große Spinnen - Eidechsen ; in den Wohnungen bilden die Natten eine arge Plage und die Stechmücken werden nicht minder lästig ; ebenso die weißen , rothen und schwarzen Ameisen , welche Alles , was nicht von Metall ist , auffressen , und vor denen man kaum etwas sichern kann .
Die Annamiten verstehen sich auf die Bearbeitung der edlen Metalle ; sie verfertigen daraus Ringe , Hals - und Armbänder für die Frauen und Barren , welche als Geld umlaufen . Diese sind höchst selten von Gold , meist von Silber , nnd haben einen ver - änderlichen Werth . Im gewöhnlichen Berkehr hat man die be - kannnten Sapeken , runde Zinkstücke mit einem viereckigen Loch in der Mitte . Man zieht sie ans , so daß sie einen Strang bilden , und 600 Stück gelten einen Franc nnd acht Centimes . In deu französischen Besitzungen hat der mexikanische Dollar Zwangscours uud gilt 5 Francs nnd 37 Centimes .
Frankreich hat gegenwärtig inne die Provinzen Ghia diuh ( Saigong ) , Bien hoa ( „ Laudesgreuze " ) , Myt ho ( „ Beglücktes Land " ) uud die Inselgruppe von Pulo Coudor , wo eine Nieder - lassung für Sträflinge angelegt worden ist . Den Hauptplatz bildet die Ansiedelung bei Saigong ; diese anuamitische Stadt selbst wurde während des Krieges durch die Spanier und zosen zerstört , und von der vormaligen Hauptstadt Nieder -
Cochiuchiuas ist weiter nichts übrig geblieben , als eine in Trümmern liegende Citadelle und da und dort ein verfallenes Haus .
Saigoug liegt 60 Kilometer vom Meere , am rechten Ufer eines großen Stromes , der in den Gebirgen von Laos entspringt und mit zwei Hauptmündungen , unweit vom Kap St . Jacques , iu's chinesische Meer fällt . Die Schifffahrt nach Saigong hinauf ist wegeu der vielen Saudbänke schwierig ; die Franzosen haben im August 1862 einen Leuchtthurm errichtet . Der Fluß vou Saigoug steht übrigens vermittelst zweier großer Abzweigungen mit einer der Mündnugen des Stromes von Kambodscha , nämlich dem Mekong , in Verbindung ; er ist breit , tief und die größten Schiffe können bis Saigong gelangen . Die neue Stadt , welche die Frauzofeu baueu , nimmt einen großen Flächenraum ein . Sie wird begreuzt im Norden vom Arroyo ( d . h . Stromkanal ) de l'Avalanche , im Süden vom chinesischen Arroyo , im Osten vom Saigongflnsse und im Westen von der Gräberebene , einem großen annamatischen Leichenacker . Am Userstadeu liegen zumeist Ma - gaziue , dort haben auch die chinesischen Kaufleute ihre Lädeu . Westlich vou der Stadt liegt ein vorgeschobener Posten , der eiust eiue Pagode war , und anderthalb Stunden von Saigong am chinesischen Arroyo die nur vonChiuesen bewohnte Stadt Scholen , mit 15 , 000 Seelen ; sie treiben einen ausgedehnten Handel , vor - züglich mit Reis . Unweit derselben liegt der Posten Caymai nnd das Spital von Scho knan .
Die Regierung ist militärisch . Die Provinz Ghia dinh zerfällt in drei Präfekturen , Phn's , und von diesen jede wieder in drei Unterpräsektureu , Huyen's . Jede hat einen Inspektor der „ eingeborenen Angelegenheiten " . Die eingeborenen Beamten müssen die dreifarbige Schärpe tragen .
Der Frieden zwischen den Franzosen und dem Könige Tü Düc wurde am 5 . Juni 1862 abgeschlossen . Ihm zufolge wurden die vier oben genannten Provinzen abgetreten , und der König hat außerdem eiue beträchtliche Kriegsentschädigung zu zahlen ; bis das Letztere geschehen , behalten die Franzosen die Provinz Biuh lüoug im Besitz .
Einwanderung von Chinesen darf nur allein in der Stadt Saigong stattfinden ; die Franzosen bestimmen , wo nnd in welchen Dörfern dieselben sich niederlassen sollen . Außerhalb des für jede Citadelle gezogenen Rayons dürfen Europäer keine Gebäude aufführen , nicht einmal provisorisch .
Der Besitz von Cochinchina kann werthvoll werden , wird aber manche Opfer , namentlich an Menschenleben , erfordern .
Ein Sturmgewitter in Oueensland .
Die Sommerhitze im nordöstlichen Australien , insbesondere in den Gegenden des Wendekreises , ist ungemein drückend , wird aber dann und wann durch gewaltige Krisen unterbrochen . Es ist dann , als ob die Natur selber sich gegeu eine so fürchterliche Hitze auflehne und alle ihre latenten Kräfte zusammenraffe , um vermittelst derselben eine Ausgleichung herbeizuführen .
Während der Sommerzeit stellt durchgängig an jedem Tag ein Gewitter sich ein , manchmal hat man deren aber auch zwei oder drei . Weuu aber , was zuweilen vorkommt , die Hitze beträchtlich die mittlere Temperatur der wärmsten Tage übersteigt , dann bleibt ein Orkan ( Hurrikan ) nicht aus . Glücklicherweise sind diese gewal - tigen Naturkrisen nicht allzuhänsig , aber ausgemacht'bleibt , daß diese Sturmgewitter im nordöstlichen Australien zn den heftigsten auf Erden gehören .
Der Schweizer Marcet , welchen unsere Leser aus seineu Schilderungen der Kolonie Queensland keimen , hat in sehr leb -
haster Weife einen Orkan geschildert , welchen er selbst erlebte . Ich war , sagt er , an einem Novembertage bei Sonnenaufgang fortge - ritten , um den „ Busch " zu besuchen . Schon um sieben Uhr war die Hitze ungemein stark , der Himmel unbewölkt und die Sonne - schoß ihre feurigen Strahlen auf die Erde herab . Um elf Uhr war die Atmosphäre beinahe erstickend ; ich mußte mehrmals vom Pferde steigen , um eiu wenig im Schatten auszuruhen , aber leider nur in einem Schatten wie Australien ihn bieten kann , unter einem Gumbanme . Meinen Pferden erging es wie mir selber ; sie keuchten und waren ganz hin . Mehrmals wandelte mich ein Schwindel an uud mein Bewußtsein schwand auf Augenblicke ; mein Kopf war schwer und eingenommen und die Grelle des Lichtes blendete mein Auge . Es war mir , als sei die ganze Luft verderbt worden nnd als habe sie ihre Fähigkeit eingebüßt , die Lunge auf - zufchwellen . Keiu Vogel ließ einen Laut vernehmen ; es war , als ob die ganze Natur niedergedrückt sei uud keuche . Nur ein