Malayische Krokodilbeschwörung.
419
Bastseil und Rotang mit Schwimmer sich befindet. Das Ganze läßt dann der
Javane einfach den Fluß hinab treiben, bis ein Krokodil dadurch zum Anbeißen
veranlaßt und damit gefangen wird.
Die Dajak von Borneo fangen Gaviale und die echten Krokodile auf
ähnliche Weise mit S-förmig gebogenen eisernen Angeln.
Eine von diesen im Malayischen Archipel gebräuchlichen Fangmethoden
für Krokodile ganz abweichende interessante Art des Krokodilfangs wird von
den Zambesi-Stämmen, speziell von den Marutse, welche zu beiden Seiten
des Zämbesi wohnen, ausgeübt. Ratzel 1 führt darüber das Folgende an: „Die
Bewohner der Zambesi-Ufer sind geschickte Fischer. Große Krokodile werden
mittels riesiger Angeln gefangen und getötet.
Die Konstruktion dieser Fangvorrichtung ist sehr sinnreich ausgedacht.
Sie besteht nach Holub aus einer eisernen Angel, mehreren dünnen Bast-
a) Verschieden geformte Angelhaken, b) Angel mit Köder, c) Schwimmer.
schnüren, einem Baststrick und einem Rohrbündel. Der den Angelhaken um
hüllende Köder wird von einem Netz gehalten, mehrere 4 bis 4^ m lange,
federspuldicke, sehr fest gedrehte Bastschnüre vermitteln die Verbindung
zwischen dem Angelhaken und dem 3 bis 4 ] / 2 m langen Basttaue, welches
an dem Rohrbündel befestigt ist. Haben die Krokodile in Schescheke in kurzem
Zeitraum nacheinander mehrere Opfer gefordert, so werden auf des Königs
Geheiß die Krokodilangeln ausgelegt. Man legt das Rohrbündel auf das Ufer,
den mit Köder (in Verwesung übergegangenes Hundefleisch) versehenen Angel
haken auf drei Rohrstöckchen, so daß derselbe am Uferrand l 1 /* m über dem
Wasserspiegel wie auf einem Stühlchen ruht. Wittert das riesige Reptil den
Köder, so schwimmt es in seine Nähe und verhält sich hier ruhig bis zum
Anbruch der Nacht. Sich aus dem Wasser emporschnellend, erfaßt es den
Köder mit seinen riesigen Kinnladen und sucht ihn hinunterzuwürgen. Doch
die vorstehenden Hakenspitzen verhindern dies wie auch das Schließen der
Kinnladen, wodurch dann das Wasser in den Schlund und die Luftröhre ein- 1 2
1 „Völkerkunde“, Bd. I, S. 385.
2 Entnommen aus Ratzel, „Völkerkunde“, II, 1895, S. 219
Anthropos X—XI. 1915-1916. ö