Die Dualsysteme in Afrika.
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Die Dualsysteme in Afrika.
Von Dr. Josef Haekel, Wien.
Das Dual- oder Zweiklassensystem hatte bisher im wesentlichen als
eine Angelegenheit des pazifisch-amerikanischen Völkerkreises gegolten. Nun
konnte M. D. W. Jeffreys in seiner verdienstvollen und problemreichen
Abhandlung „Dual Organization in Africa v< zeigen, daß auch der afrika
nische Kontinent Gruppierungen dualer Art aufweist, die allerdings vielfach
von dem abweichen, was wir anderswa, etwa in Ozeanien oder Nordamerika,
als Zweiklassen zu bezeichnen gewohnt sind. Jeffreys führt einleitend
einige Definitionen an (Rivers, Perry, Malinowski, Hocart), wobei er
dann selbst eine kurze Umschreibung des Dualsystems (in Anlehnung an
Hocart) gibt. Er lehnt Heiratsregelung (Exogamie) als bestimmendes Merk
mal der Zweiklassenorganisation ab und legt Schwergewicht auf das Vor
handensein von zwei Gruppen mit gegensätzlichen Namen. „I concentrate
on the names for the two moieties as indicators of the existence or of the
former existence of the Dual Organization 1 2 . “
Um Wesenheit und ethnologische Stellung der afrikanischen Dualformen
richtig erfassen zu können, halte ich es für notwendig, sie in den entspre
chenden universalen Rahmen zu stellen. Ich will also im folgenden ver
suchen, zunächst alle jene Merkmale anzugeben, wie sie sich für die Dual
systeme in ihrer weltweiten Verbreitung, mehr oder weniger immer wieder
kehrend, als typisch finden :
I. Soziologische Dichotomie :
In der Regel Halbierung eines Dorfes (Siedlung) oder Stammes, daneben
auch Halbierung von Clans oder Ausdehnung der Hälftenteilung auf
größere Territorien, ferner auch Dichotomie eines Männerhauses, Fest
hauses, von Altersklassen oder zeremonialen Gruppen.
Diese Teilung kann sein :
1. Nach außen sichtbar in entsprechender Gruppierung und Anordnung,
2. nur im Bewußtsein der Leute (gedachte Halbierung),
3. in bestimmten Verhaltungsweisen, ferner
4. permanent,
5. temporär.
Manchmal auch Tendenz zu weiterer paariger Aufspaltung der sozio
logischen Hälften.
1 African Studies,- Vol. 5, Nr. 2, 3, Johannesburg, 1946.
2 A. a. O., S. 84.