Cagnat's und Saladin's Reisen in Tunesien.
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Vestibül, mit gemalten Decken und Azulesos-Verzierungen
reich geschmückt, und dieses führt in einen mit einer Kuppel
bedeckten Saal, ein Meisterstück in der echt maurischen Art
der Dekoration, welche man aus der Alhambra kennt.
Dann gelangt man in den eigentlichen Moscheenhof, der
wie gewöhnlich von Arkaden umgeben ist. Die Bogen
bestehen, wie im Dar el-Bey in Tunis, abwechselnd ans
schwarzem und weißem Marmor, die Säulen sind weißer
Marmor; über den Bogen ist eine ziemlich hohe Attika
mit bunten Azulesos verziert. Der Boden ist mit weißen
Marmorplatten gepflastert, die Mauern find bis zu einer
gewisien Höhe mit Azulesos belegt, dann folgt ein Fries
aus Gypsplatten mit Arabesken in einem fortlaufenden
Motive und darüber ein Plafond mit wenig vorspringenden
Balken und in sanften harmonischen Farben gemalten
Caissons. Eine Marmorthür in hübschem, italienischem
Rococcostil führt ins Allerheiligste; auch sie hat ihre Legende.
Ein reicher Kairuani wurde in einer schweren Krankheit
von einem italienischen Arzte geheilt und beschenkte ihn
dafür so großmüthig, daß derselbe zu einem reichen Manne
wurde; in seine Heimath zurückgekehrt, sandte er seinem
Wohlthäter dieses Marmorthor, und dieser stiftete es der
Moschee. Auch die Fenstergesimse und einige Säulen sollen
denselben Ursprung haben.
Die irdische Hülle Si Sawib's liegt unter einem mit
Teppichen und Stickereien überdeckten Katafalk, umgeben
von einem geschnitzten Gitter, an welchem bunte Säckchen
mit heiliger Erde aus Mekka hängen. Darüber sind die
Die Moschee mit den drei Thoren. (Nach einer Photographie.)
dem Heiligen von hohen Persönlichkeiten gestifteten Fahnen
aufgehängt, die neueste von Mustapha bcn Ismail,
dem Verderber von Tunis, kurz vor dem Einrücken der
Franzosen gesandt, um seine Hilfe gegen die „Protektoren"
zu erflehen; der Heilige muß aber den sauberen Patron
gekannt haben und hat sich nicht bewogen gefunden, sein
Gebet zu erhören.
Von den zahlreichen übrigen Sauyas Kairuans wäre
nur etwa die nach einem eigenthümlichen Plane erbaute des
Sidi Bidt el-Gahriani zu erwähnen, der das auf
S. 357 abgebildete Ornament, eine Vase von verschlun
genen arabischen Buchstaben umgeben, entnommen ist.
Die hauptsächlichsten Friedhöfe liegen südwestlich von
der Stadt; sie nehmen ungefähr ein Viertel soviel Raum
ein, wie die Stadt. Zwischen zahllosen unbedeutenden
Gräbern sieht man hier und da prachtvoll bearbeitete Mar
morplatten, auch die verfallenen Grabmäler der Aghlabiten-
sultane, und etwas besser erhalten das des berühmten
Theologen Sidi Schanun, der als Kaid von Kairuan
855 hier starb. Wie überall im Maghreb sind auch hier
die Todtenfelder öde und verwüstet, mir Unkraut überwuchert,
vom Regen zerrissen; die schöne Sitte der Türken, sie mit
Cypressen zu bepflanzen, ist den Arabern und Mauren
fremd. Fern am Horizonte erscheinen die Gipfel des
Usselet und des Trozza und hinter ihnen, durch die
Spiegelung gehoben, das noch kaum bekannte Gebiet, in
welchem die Reisenden ihre wichtigsten Entdeckungen zu
machen hofften. Umsonst versucht ein befreundeter Militär
arzt ihnen graulich zu machen mit Erzählungen von Skor
pionen und Hornvipern, von denen es dort wimmeln soll,