Mit besonderer Herürbsichtigung der Ethnologie, der Kulturderhältnisse
und des Welthandels.
Begründet von Karl Andree.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Emil Deckert.
Braunschweiq
Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten -t oq a
zum Preise von 12 Mark für den Band zu beziehen.
Dünen-Landschaft
Von Dr. Hug
Wer sich die Mühe giebt, den Ontario-See auf einer nicht
allzu kleinen Karte zu betrachten, der findet auf der östlichen
Hälfte des Nordufers die merkwürdig gestaltete Prince-
Edward-Halbinsel, die dem Festlande so nahe anliegt, daß
man ihre Halbinselnatur aus den ersten Blick leicht ver
kennen kann. Eine schmale, im Zickzack verlaufende Bucht
trennt sie vom Festlande, die Bay os Quinte, die sich östlich
als schmaler Secarm zwischen der Amhcrst-Insel und dem
Festlandc fortsetzt und endlich bei Kingston in den nördlichen
Ausstußarm des Lorenzstromes übergeht. Das Westende
der Bai, bei dem Städtchen Trenton gelegen, ist nur durch
einen kaum 2 1 / i km breiten Isthmus vom See getrennt,
der sehr niedrig ist, sodas; es keines bedeutenden Steigens des
Wasserspiegels bedurfte, um die Halbinsel in eine Insel zu
verwandeln. Die Bai verläuft von hier aus zuerst nach
Ostnordosten, dann in spitzem Winkel umbiegend nach Süd
südwesten, endlich ungefähr nach Nordosten. Sie ist 80 km
lang, dabei im allgemeinen nur 3 bis 5 km breit, an manchen
Stellen noch weniger. Bei der Adolphustown-Fähre, nahe
dem Städtchen Picton, verengt sie sich aus etwa 1300 m,
an einer Stelle nahe dem Abstande sogar auf 1000 m.
Ausläufer der Bay os Quinte und mehrere andere Buchten
sowie auch Strandseen dringen tief in die Halbinsel ein und
geben ihr eine mannigfaltige Gestaltung. Ein Steigen des
Wasserspiegels, das den Isthmus von Trenton unter Wasser
setzte, würde wahrscheinlich auch genügen, um die Halbinsel
in mehrere Inseln zu zerlegen.
Geologisch gehört die Halbinsel zur sogenannten Black-
River- und Trenton-Formation, die sich als breiter Streifen
der lanrentischcn Formation zwischen Ontario- und Huron-See
Globus LVIH. Nr. 15.
am Ontario-See.
o Tocppen.
vorlagert. Sie beginnt am Nordufer des Lorenzstromes,
östlich von Kingston, bildet das Nordufer des Ontario-Sees
bis über Port Hope hinaus, und trifft, den Simcoe-See
ganz einschließend, den Huron-See an der Nottawasaga-Bai.
Ihre der filmischen Periode angehörigen Schichten bestehen
ans dunkelgrauem Kalkstein, auf welchem Kalkschiefer lagern.
Die oberen Schichten sind reich an Fossilien, während die
tieferen sich durch praktische Brauchbarkeit als Bausteine:c.
auszeichnen. Die Formation hat eine Mächtigkeit von 200
bis 230 m und kann an mehreren Stellen, z. B. bei Kingston,
gut studirt werden. Ihre Hauptmasse jedoch ist von Ge
schieben der Eiszeit und von noch späteren Gebilden über
lagert, so auch die Halbinsel Prince-Edward. Fast überall
bildet ein fruchtbarer Lehm die Oberfläche, welcher sich vor
züglich znm Ackerbau eignet und die Halbinsel zu einer
blühenden Farmlandschaft macht. Sie gehört zu den best-
angebauten Theilen der ganzen Provinz Ontario, nnd das
ineiste Land befindet sich im Besitze von Leuten, deren Familien
schon seit Menschenaltern dort gelebt haben. Farm schließt
sich an Farm, und zwischen den wohl unterhaltenen Wegen
zieht sich ein endloses Netz der alle Felder und Wiesen um
schließenden altmodischen „Niegelfenzen" hin. Kleine Wäld
chen, meist ans Ahorn, Buchen, Birken nnd Cedern bestehend,
unterbrechen die Aeckcr nnd Weiden. Weizen und Gerste
sind die Hauptcrzeugnisse der Gegend; daneben die landes
üblichen Feldfrüchte, sowie Erdbeeren, Acpfel, Ahornsyrup
und Ahornzucker rc.
Schiffsverkehr findet nur von den Städten an der Bay
os Quinte ans statt, namentlich von Trenton und Picton
(Holz und Getreide); die dem offenen See zugewandte Küste
29