Bis besonderer Berücksichtigung der Ethnologie, der Knlturberhülinisse
und des Welthandels.
Begründet von Karl And ree.
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von
Dr. Emil Deckert.
crx « „ v, f & w» l * Jährlich 2 Bände in 24 Nummern. Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 60 ft
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Die französische Ost-Grenze und ihre Vertheidigung.
Eine militär-geographische Studie von N. v. Engelnstedt.
(S ch l u tz.)
Nach dem deutsch-französischen Kriege hat Frankreich
von den für die Ergänzung seines Kriegsmaterials in den
Jahren 1872 bis 1887 verausgabten 2283 Millionen Frcs.
allein 650 Millionen für Festungsbauten verbraucht und
von den im Jahre 1888 dem Kriegsminister zur Fortsetzung
dieser Kriegsrüstungen aus die Dauer von sechs Jahren
bewilligten 770 Millionen soll ebenfalls ein großer Theil
aus den Festungsban, speziell zur Herstellung von Panzer-
thürmen und gepanzerten Geschützständen sowie zur Ver
stärkung des Mauerwerks und der kasemattirten Räume
durch Betonnirung verwandt sein.
So ist es gekommen, daß Frankreich gegenwärtig ein Bc-
festignngssystem von 159 selbständigen Plätzen mit mehr als
300 detachirten Forts, und 400 permanenten Batterien besitzt.
' - Wenn nun auch im Fall eines Krieges nur diejenigen
Festungen, welche der bedrohten Grenze zunächst liegen, und
überdies das Central-Reduit Frankreichs — die Hauptstadt
Paris — armirt und besetzt zu werden brauchen, so ist doch
leicht zu übersehen, welche Trnppenmengen der Feld-Armee
sofort bei Ausbruch des Krieges zu Besatzungszwecken ver
loren gehen, wenn wir beispielsweise anführen, daß die
Festungen Berdnn, Tont, Langres und Bosanxon jede aus
eine Besatzung von 15 000 bis 20 000, Paris mit seinen
37 Forts und 50Redouten oder Batterien aber aus 150000
Mann veranschlagt sind. Ueberdies würden von den, nach dem
^?r 0 Kr 68 rnilitnirs" für ganz Frankreich auf insgesammt
600 000 Mann berechneten Besatznngstruppen ein größe
rer Prozentsatz, namentlich der im Operationsgebiete gelege
nen Befestigungen, ans Linientruppcn — darunter die
18 Regional-Jnfanterie-Regimenter — bestehen müssen.
Es ist daher leicht erklärlich, daß diese, den Beginn der
Operationen wenig begünstigenden, die Offensive von vorn-
Globus LVIII. Nr. 20.
herein lahm legenden Verhältnisse, im Verein mit der auf
artilleristischem Gebiete täglich wachsenden Ueberlegenheit
über die Befestigungskunst, an maßgebender Stelle ans die
Dauer nicht unberücksichtigt bleiben konnten und eine Wand
lung der bisher herrschenden Ansichten zur Folge haben
mußten. Vor Jahresfrist wurde derselben durch ein Gesetz
Ausdruck gegeben, welches die Auslassung einer größeren Zahl
veralteter Plätze und Batterien des Innern, sowie der West-
und der Nord ostgrenze, verfügte, dagegen die Beibehaltung
und den weiteren Ausbau aller der Ost- und SUdostgrenze
zunächst liegenden Befestigungs-Anlagen anordnete mit alleini
ger Ausnahme von Vitry le Francois, Auponne und eines
Forts bei Nizza.
Wenden wir uns speziell der Betrachtung der fortisika-
torischen Sicherung der französischen Ostgrenze näher zu, so
wird es nöthig, zwei Hauptbesestignngslinien zu unterscheiden,
von denen die vordere in nahezu gerader und zusammen
hängender Linie, in einem Abstande von durchschnittlich 30
bis 40 km westlich der Grenze, den durch die obere Mosel,
Meurthe und mittlere Mosel gebildeten Vertheidignngs-
Abschnitt verstärkt, insbesondere die zwischen den Nordvogesen
und der belgischen Grenze bestehende Lücke durch die großen
Waffenplätze Verdun und Tont mit zahlreichen detachirten
Forts, deren Wirkungssphären sich beinahe berühren, und durch
mehrere Sperrsorts geschlossen wird. Alle diese Forts, mit
alleiniger Ausnahme derjenigen von Servance und Giro-
magny in den oberen Vogesen, sind durch zweigleisige Eisen
bahnlinien unter einander verbunden, jedes einzelne vollständig
armirt und dauernd mit Jnfanteriebesatzung versehen.
-i urchschnittlich 30 km hinter der ersten, Paris in weitem
Umkreise umgebend, befindet sich die zweite Befestigungslinie
nrit den Waffenplätzen La Före, Soissons, Reims, Vitry le
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