L 2 ¿00
Deutsche Akademie
der Wissenschaften
zu Berlin
Institut für deutsche
Volkskunde
2 №-1
DEUTSCHES JAHRBUCH
FÜR VOLKSKUNDE
Herausgegeben vom Institut für deutsche Volkskunde
an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
durch
Dr. Wilhelm Fraenger
Erster Band
Heft 1/2
Jahrgang 1955
AKADEMIE-VERLAG BERLIN
MITGLIEDER DER SCHRIFTLEITUNG:
Prof. Dr. Wolfgang Steinitz - Berlin,
Dr. Paul Beckmann - Rostock, Paul Nedo - Leipzig,
Dr. Reinhard Peesch - Berlin, Dr. Harry Schewe - Berlin,
Dr. Friedrich Sieber - Dresden, Dr. Günther Voigt - Berlin,
Dr. Ingeborg Weber-Kellermann - Berlin,
Schriftleiter: Dr. Wilhelm Fraenger - Berlin
2. W-t
Herausgeber: Institut für deutsche Volkskunde bei der Deutschen Akademie der Wissenschaftenzu Berlin. Schriftleitung: Dr. Wilhelm
Fraenger, Berlin NW 7, Unter den Linden 8; Fernsprecher: 200481. Verlag: Akademie-Verlag GmbH., Berlin W 8, Moliren-
stralie 39; Fernsprecher: Sammelnummer 2003 86; Postscheckkonto: Berlin 35o21. Das Deutsche Jahrbuch für Volkskunde er-
scheint zweimal jährlich. In diesem Jahr werden beide Hefte in einem Band herausgegeben. Bestell- und Verlagsnummer dieses
Bandes: 1034/1/1-2. Preis: 28, - DM. Druckerei: Druckhaus „Maxim Gorki“, Altenburg. Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr.i 23 2
des Amtes für Literatur und Verlagswesen der Deutschen Demokratischen Republik. Printed in Germany.
INHALTSVERZEICHNIS
Seite
Vorwort der Schriftleitung.......................................... 6
I. ABHANDLUNGEN
Erich L. Schmidt, Berlin: Von der taciteischen zur humanistischen Germania 11
Erich Kunze, Helsinki: Die drei finnischen Runen in der Volkslieder-
sammlung des jungen Marx............................................41
GÜNTHER Voigt, Berlin: Friedrich Engels und die deutschen Volksbücher . 65
Adolf Spamer f: Zauberbuch und Zauberspruch........................109
Friedrich Pfister, Würzburg: Von den Wundern des Morgenlandes. . . 127
Hans Fehr, Bern: Altes Strafrecht im Glauben des Volkes............147
HERMANN Gleisberg, Grimma: Beiträge zu einer Volkskunde des Müllers
und der Mühle......................................................157
Karl Baumgarten, Rostock: Probleme der Niedersachsenhaus-Forschung in
Mecklenburg........................................................169
Wilhelm Fraenger, Berlin: Der Teppich von Michelfeld...............183
Günther Kraft, Weimar: Die bäuerlich-handwerklichen Grundlagen der
thüringischen Musikkultur..........................................212
Arno Schmidt, Greifswald: Ein Stralsunder Fund zu den Quellen des
Wunderhorns........................................................224
Felix Hoerburger, Regensburg: Schwert und Trommel als Tanzgeräte . . 240
II. MITTEILUNGEN UND BERICHTE
Friedrich Sieber, Dresden: Adolf Spamer ■]•........................249
VoLKMAR Kellermann, Hamburg: Eine volkskundliche Exkursion mit
Adolf Spamer zum Johannereiten in Kasel (Spreewald)................251
Sei te
Lutz Röhrich, Mainz: Arnold van Gennep achtzig Jahre alt...........253
REINHARD PEESCH, Berlin: Goldenes Doktorjubiläum: E. L. Schmidt . .258
Fritz Tschirch, Greifswald: Goldenes Doktorjubiläum: Arno Schmidt . . 259
HORST KUNZE, Berlin: Bericht über den Volkskunde-Kongreß der Deutschen
Akademie der Wissenschaften zu Berlin vom 4. bis 6. September 1953. . . 260
WOLFGANG Steinitz, Berlin: Volkskunde und Völkerkunde. Aus dem Eröff-
nungsvortrag des Berliner Volkskunde-Kongresses ...................269
Ingeborg Weber-Kellermann, Berlin: Der 9. Deutsche Volkskundetag
in Celle vom 20. bis 24. April 1954..............................275
HEINZ Kothe, Berlin: Die Pflugforschertagung in Kopenhagen vom 1. bis
5. Juni 1954......................................................276
LUTZ Röhrich, Mainz: Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945.
Erster Teil: Grundsätzliches / Sammlungen aus Deutschland, Österreich
und der Schweiz....................................................279
Ingeborg Weber-Kellermann, Berlin: Eine Ausstellung polnischer
Scherenschnitte in Berlin..........................................296
Johanna Nickel, Berlin, und Richard Glawe, Schwerin: Die volks- und
heimatkundlichen Museen Brandenburgs und Mecklenburgs..............300
Reinhard Peesch, Berlin: Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des
Fischers...........................................................302
III. BÜCHERSCHAU
Wolfgang König, Leipzig, und Christa Kupfer, Berlin: Das volkskund-
liche Schrifttum der Sowjetunion seit 1945.........................323
GÜNTHER Jarosch, Berlin: Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit
1945 ............................................................. 376
ELFRIEDE Rath, Wien: Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde
Österreichs aus den Jahren 1945—1953...............................404
Ingeborg Weber-Kellermann, Berlin: Eine Übersicht der gesamtdeut-
schen volkskundlichen Literatur seit 1945 .. ......................414
BESPRECHUNGEN
Richard Weiss: Volkskunde der Schweiz (Ingeborg Weber-Kellermann)....443
Leopold Schmidt: Volkskunde in Österreich (Richard Weiß).............445
Hanns Koren: Volkskunde in der Gegenwart (Ingeborg Weber-Kellermann) . . . 447
Beiträge zur sprachlichen Volksüberlieferung (Spamer-Festschrift) (Anton Dörrer) . . 448
Homenaja a Fritz Krüger (Erich L. Schmidt) ..........................450
John Meier (Hrsg): Balladen. Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien (Harry
Schewe)............................................................451
Seite
Walter Wiora: Die rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms
(Erich Stockmann).............................................................
Gerhard Heilfurth: Das Bergmannslied (Friedrich Sieber).......................457
Annette Thoma: Das Volkslied in Altbayern und seine Sänger. Ein Geburtstagsbuch
für den Kiem-Pauli (Felix Hoerburger)......................................4^°
Leopold Haupt und Johann Ernst Schmaler (Hrsg.): Volkslieder der Sorben in
der Ober- und Nieder-Lausitz (Paul Nedo)...................................4^2
Elsa Mahler: Altrussische Volkslieder aus dem Pecozyland (Edmund Schneeweis) 463
Gottfried Henssen: Überlieferung und Persönlichkeit (Ingeborg Weber-Keller-
mann) ........................................................................464
Karl Lohmeyer: Die Sagen der Saar von ihren Quellen bis zur Mündung (Waltraut
Woeller)...................................................................465
Heinrich Ruppel und Adolf Häger: Der Schelm im Volk (Friedrich Sieber) . . 467
Adolf Bach: Deutsche Mundartforschung (Anneliese Bretschneider)...............467
Mathilde Hain: Sprichwort und Volkssprache (Reinhard Peesch)................469
Richard Wossidlo : Reise, Quartier, in Gottesnaam (Ingeborg Müller)...........47°
Ilka Peter : Gassibrauch und Gassispruch in Österreich (Ingeborg Weber-Kellermann) 472
Anton Dörrer: Tiroler Fasnacht innerhalb der alpenländischen Winter- und Vor-
frühlingsbräuche (Ingeborg Weber-Kellermann) .................................473
Heinrich von Zimburg: Der Perchtenlauf in der Gastein (Ingeborg Weber-Keller-
mann) ..........................................................................
Karl M. Klier: Das Blochziehen (Ingeborg Weber-Kellermann)....................475
Johannes Künzig: Die alemannisch-schwäbische Fasnet (Ingeborg Weber-Keller-
mann) .......................................................................476
Edmund Schneeweis: Feste und Volksbräuche der Sorben (Paul Nedo)..............477
Oswin Moro : St. Oswald ob Kleinkirchheim (Ingeborg Weber-Kellermann) . . . . 477
Oswin Moro: Volkskundliches aus dem Kärntner Nockgebiet (Ingeborg Weber-
Kellermann) ..................................................................477
Henri Stegemeier: The Dance of death (Arno Schmidt)...........................478
Bruno Schier: Das Flechten im Lichte der historischen Volkskunde (Hans-Friedrich
Rosenfeld)...................................................................479
G. Rodel: Die Technik in der Freiämter, Seetaler und Obwaldner Strohflechterei
(Hans-Friedrich Rosenfeld) ..................................................484
Oskar Schmolitzky: Thüringer Volkskunst. Jena u. Umgebung (Johanna Nickel) 485
Max Militzer und Theodor Schütze: Die Farn- und Blütenpflanzen im Kreise
Bautzen (Heinrich Marzell).......................................^
Lëtopis. Jahresschrift des Instituts für sorbische Volksforschung (Edmund Schneeweis) 489
PERSONEN- UND SACHVERZEICHNIS
der Abhandlungen, Mitteilungen, Berichte und Rezensionen.............
VORWORT DER SCHRIFTLEITUNG
Die Gründung dieses Jahrbuchs ist auf dem dreitägigen Kongreß beschlossen
worden, der — von der Sektion für Völkerkunde und deutsche Volkskunde an der
Deutschen Akademie der Wissenschaften einberufen — Anfang September 1953 in
Berlin zusammentrat. Der Titel unserer Zeitschrift kündigt an, daß sie sich an einen
Mitarbeiterkreis und eine Leserschaft ganz Deutschlands wendet, gilt doch ihr
Hauptanliegen der Erforschung unseres nationalen Üb erliefer ungs gutes. Doch
schränkt sie sich nicht auf die deutschen Sprach- und Sachbereiche ein. Das Jahr-
buch steht vielmehr auch der ausländischen Volkskunde als Sprechsaal offen. Nach
seinem Standort ist es der gegebene Mittler zwischen West und Ost, wo in den
Ländern der Sowjetunion und der Volksdemokratien unerschöpflich reiche, noch
heute vollkräftige Volkskulturen und hochentwickelte Methoden ihrer volkskund-
lichen Auswertung bestehen.
Vom Institut für deutsche Volkskunde herausgegeben, bezeugt das Jahrbuch
zugleich die besonderen Aufgaben und Ziele einer Forschungsstätte, die sich be-
strebt, ein Wunschbild ihres tatkräftigen Förderers Prof. Dr. John Meier f
schrittweise zu verwirklichen. Nach den Richtlinien, die ihr Leiter, Prof. Dr. WOLF-
GANG Steinitz, in dem Eröffnungsvortrag des Kongresses niederlegte, gliedert die
Institutsarbeit sich in sechs Gruppen auf:
1. Das von John Meier schon im Jahre 1907 für den „Verband der Vereine
für Volkskunde“ angeregte Corpus deutscher Segens- und Beschwörungsformeln, einen
Forschungsauftrag, der vom Gründer unserer „Kommission für Volkskunde“ Prof.
Dr. Adolf Spamer f seit 1912 bearbeitet und in rund 22000 Aufzeichnungen fast
vollendet wurde. Das Institut hat dieses Traditionswerk übernommen, das von
Frau Dr. JOHANNA Nickel fortgeführt und abgeschlossen wird. Der Aufsatz
ADOLF Spamers „Zauberbuch und Zauberspruch“ beleuchtet kritisch diesen
Stoffbereich.
2. Die Herausarbeitung der demokratischen Tradition in Volkslied, Märchen, Sage,
Schwank und Sprichwort, wie in der volkstümlichen Bildkunst und der Volksmusik.
Aus dieser in der bisherigen Forschung übergangenen Thematik tritt das eigen-
schöpferische Volk als Träger eines ausgeprägten sozialen Selbstbewußtseins in
Klage, Anklage und Auflehnung und nicht zuletzt in schlagfertigem Witz zu Tage.
Der erste Teil der „Deutschen Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs
Jahrhunderten“ von WOLFGANG STEINITZ liegt seit kurzem vor, wonach das Jahr-
buch sich diesmal darauf beschränken darf, den sozialgeschichtlichen Aufgabenkreis
durch zwei musik- und kunstgeschichtliche Spezialarbeiten von Prof. Dr. GÜNTHER
Kraft und Dr. Wilhelm FräENGER zu vertreten. — Das zweite umfassende
Volkslied-Unternehmen des Berliner Instituts: die quellenkritisch kommentierte
Jubiläumsausgabe von „Des Knaben Wunderhorn“, die Dr. HARRY ScHEWE vor-
bereitet, wird durch den Stralsunder Fundbericht von Dr. Arno SCHMIDT ge-
fördert.
3. Die systematische Erforschung der materiellen Volkskultur, besonders der
Agrarethnographie. Der „Atlas der deutschen Volkskunde“ hat sich bisher der
ergologischen Sachgüter kaum angenommen, so daß es einen großen Vorsprung
einzuholen gilt, den die Sowjetunion, Polen und Ungarn, die Länder Skandinaviens,
Österreich und die Schweiz auf dem Gebiet der materiellen Volkskunde gewonnen
haben. Als Sachbearbeiter veröffentlicht Prof. Dr. HEINZ KOTHE im zweiten Band
des Jahrbuchs eine Studie aus dem Gebiet des pfluglosen Feldbaus in Deutschland.
Der erste Band stellt den von Dr. REINHARD PEESCH entworfenen Fragebogen
über Fischereigerätschaften zur Diskussion.
4. Untersuchungen zur Arbeiter-Volkskunde, einen ebenso zeitgebotenen wie
schwierigen, da methodisch noch nicht durchgeklärten Fragenkreis. Hier bereitet
die von Dr. FRIEDRICH Sieber geleitete Dresdener Forschungsstelle aus selbstge-
schaffenen Archiven eine Berufsmonographie des erzgebirgischen Bergmanns vor,
wozu im zweiten Jahrgang eine Studie von Dr. Karl-Ewald FritzSCH „Vom
Bergmann zum Spielzeugmacher“ ein charakteristisches Beispiel bietet.
5. Die Wissenschaftsgeschichte unseres Faches. Aus dieser ist das von JOHANNES
BÖHM im Zeitalter des Humanismus bereits angebahnte, von Herder hochgeführte
demokratische Prinzip hervorzuheben, das von Jakob Grimm, Hoffmann von
Fallersleben, Uhland, Wander in ihrer freiheitlichen Wahrnehmung des
Volksrechts vorbildhaft verkörpert wurde. Der Aufsatz Dr. Erich L. SCHMIDTS
ist den Anfängen volkskundlicher Wissenschaft gewidmet, während die beiden
Marx- und Engels-Beiträge von Dr. Erich Kunze und Dr. GÜNTHER VOIGT
erweisen mögen, welch eindringliches Interesse die späteren Begründer des wissen-
schaftlichen Sozialismus schon in ihrer Studienzeit den Volksliedern und Volks-
büchern entgegenbrachten.
6. Den landschaftlich umgrenzten Arbeitsplan der von Dr. PAUL BECKMANN
geleiteten Wossidlo-Forschungsstelle Rostock. Diese legt eine Untersuchung ihres Mit-
arbeiters Karl Baumgarten über das Niedersachsenhaus in Mecklenburg vor und
wird im nächsten Jahrgang die Ergiebigkeit ihres allein für das Gebiet der einheimi-
schen Sage rund 42 000 Nachweise umfassenden Archivs in einem Beitrag über
„Schliemanns Entdeckung Trojas und die mecklenburgische Sagenwelt“ erproben.
Diesen thematisch und methodisch durch den Arbeitsplan des Instituts bestimm-
ten Abhandlungen treten die freien Beiträge von Mitarbeitern aus der Deutschen
Demokratischen Republik, der Bundesrepublik und dem Ausland als willkommene
Ergänzungen zur Seite. Über den sachlichen Gehalt seiner zwölf ersten Beiträge
hinaus möchte das Jahrbuch sich durch seine von Frau Dr. INGEBORG WEBER
redigierten Mitteilungen und Berichte zu einem Handbuch für den praktischen
Gebrauch entwickeln. Unsere Vermittlerrolle glauben wir am besten durch aus-
führliche Bibliographien des internationalen Forschungsstandes seit 1945 zu erfüllen,
die mit einer Übersicht des ethnographischen Schrifttums der Sowjetunion eröffnet
werden. Gleichartige Verzeichnisse für Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei,
für die Schweiz und Skandinavien werden im nächsten Jahrgang folgen, für deren
Ausarbeitung sich uns die Kollegen Aleksander Jackowski, Lajos SzOLNOKY,
Ludwig Kunz, Robert Wildhaber und Ursula Büttner in freundlichem
Entgegenkommen zur Verfügung stellten. Daneben sollen kritische Übersichten
über volkskundliche Spezialgebiete, Kongreßberichte, Personalnachrichten, Infor-
mationen über volks- und heimatkundliche Museen, Ausstellungen und Archive,
vor allem eine reichhaltige Bücherschau jene verhängnisvolle Absperrung, die
Deutschland lange Jahre von der ausländischen Forschung trennte, überbrücken
helfen, besonders auch dem volkskundlichen Nachwuchs auf den Universitäten und
Pädagogischen Hochschulen als Führer durch die Gegenwartsprobleme unseres
Faches dienen.
Erich L. Schmidt— Berlin
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
Die Einheit des deutschen Volkes ist heute, da die weltpolitische Entwicklung
sie in Gefahr gebracht hat, unser vordringliches Anliegen. Einen klaren Begriff,
eine deutliche Vorstellung von dieser Einheit, von der deutschen Existenz und
Art, haben erstmals deutsche Humanisten im 15. und 16. Jahrhundert ihrem Volk
erarbeitet. Durch diese Leistung legten sie im Kreis der historisch-politisch Denken-
den, der Führenden, den verstandesmäßigen Grund für ein entschiedenes National-
bewußtsein. Aus solchem Nationalbewußtsein allein konnte sich in der Generationen-
folge zu gegebener Zeit politisches Streben erheben, die volkliche Einheit praktisch
auch im staatlichen Bereich zu verwirklichen. Daher kommt gegenwärtig jener
Humanistenarbeit ein ganz besonders aktuelles Interesse zu.
Sie knüpfte an das Geisteserbe der Antike an. Und das geschah, gleich wie beim
Begriff des deutschen Volkstums, so auch bei der damaligen Übernahme und
Weiterbildung des Begriffs der Menschheit und einer Menschheitswissenschaft,
in die der Volksbegriff eingeordnet ist. Das Wort Menschheit hat quantitativen
und qualitativen Sinn: es bezeichnet einen Gegenstand der Sinnenwelt, vorstellbar
als die Summe aller Völker der Erde, und zugleich bedeutet es den Inbegriff dessen,
was das Wesen der Menschen als Gattung ausmacht. Aus der Besinnung hierauf
erhob sich das Denkbild einer wahren, echten Menschlichkeit. Und auch dies ist
als Frucht humanistisch-menschheitswissenschaftlicher Gelehrtenarbeit heute zu
neuer Geltung und Macht gekommen: in den weltpolitischen Parolen Humanität
und Humanismus.
Wesen und historische Bedeutung der humanistischen Bewegung, die sie
tragenden Persönlichkeiten und das Gewicht mancher ihrer Leistungen sind noch
recht umstritten. Gegenwärtig regen sich frische Impulse, die früheren Bemühungen
er Forschung zu überprüfen, zu ergänzen, zu vertiefen, zu harmonisieren1).
Je es Zeitalter hat immer gesucht, entsprechend seinen Kenntnissen und dem
erreichten Denkvermögen die ihm gemäße MenschheitsWissenschaft aufzubauen.
) A," Buc«- Neue Wege der Humanismusforschung, in: Forsch, u. Fortschr. 26. Jahrg.
1950, S. 265 ff.
R. Ne wald: Deutsche Literatur im Zeitalter des Humanismus, Literatur bericht
1939 52> tn. Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte,
27. Jahrg. 1953, Heft 1.
12
Erich L. Schmidt
Bei einem Rückblick fällt dann auf die überwundenen Stufen neues Licht, wie sich
auch weitere Ziele erkennen lassen. An einem Einzelproblem soll hier der Frage
nachgegangen werden, was insbesondere das Wissen vom Menschen, was Völker-
kunde und Volkskunde den deutschen Humanisten zu verdanken haben.
Schon die Jahrhunderte der griechisch-römischen Kultur erzeugten eine an-
sehnliche Wissenschaft vom Menschen, organisch in viele Zweige aufgeteilt.
Auf ihren verschiedenen Wegen bestimmten Natur- und Geisteswissenschaften das
Eigentümliche des Menschen als einzelnes Lebewesen und in seiner Gesellung in
Familie, Sippe, Stand, Beruf, Gemeinde, Stamm, Volk und Staat. Sie wiesen ihm
seine Stellung und Aufgabe im Kosmos an und gaben ihm seine Würde: als Herr
über sich selbst, und kraft seines Geistes Ordner für den irdischen Bereich2).
Dies erhabene Denkbild auserlesener, reifster Geister gewann zwar nicht die Kraft,
die bestehenden unmenschlichen sozialen Zustände der Sklavenhalter-Zivilisation
umzuwälzen, aber es leuchtete doch, fordernd und verheißend, gleich einem strah-
lenden Stern den Jahrhunderten voran.
Praktische Notwendigkeit und Erfahrung wie auch theoretisches Interesse
ließen angesichts der Mannigfaltigkeit der Menschenartung innerhalb der Ökumene
zuerst bei den Griechen eine reiche Völkerkunde entstehen3). In enger Verbindung
mit Erdkunde und Geschichtskunde trat sie auf. Herodot heißt aller dreier Vater.
Die wissenschaftliche Leistung bestand in Sammlung und Beschreibung aller
wahrgenommenen Gestaltungen des Gegenstandes. Man bemühte sich, das in
Zeit und Raum Ferne, Fremde zu verstehen und schritt dabei zur Stufung unter
dem Gesichtspunkt einer Entwicklung vor. So begriff man die Wesenheit der
Völker als organischer Lebenseinheiten und versuchte auch, die geschauten Formen
verstandesgemäß aus Naturgesetzen zu erklären, aus Wirkungen der physischen
Umwelt, der gesellschaftlichen Einrichtungen und geschichtlichen Schicksale.
Nach dem Stande der zumeist fragmentarischen Überlieferung ist die antike
Ethnologie zur Aussonderung des eigenen Stoffes von Historie, Länderkunde,
Naturkunde und zum universalen Überblick nicht gediehen. Doch drang sie in
Hellas auch schon zur gesonderten Erforschung der Volksindividualität durch eine
Kunde des eigenen Volkes innerhalb des weiteren Kreises der Kulturgemeinschaft
vor4)- Eine durchgebildete Tradition in der ethnographischen Arbeit reifte heran,
mit Ansätzen zum systematischen Ordnungsschema für die Beobachtungen „im
Felde“. Beim Überschreiten des Erfahrungshorizonts der Ökumene wucherten
allerdings phantastische Fabeleien auf.
2) B. Groethuysen: Philosophische Anthropologie, in: Handbuch d. Philos; herausg.
von A. Baeumler u. M. Schröder, Berlin 1931.
3) R. R. Marett (Herausgeber): Die Anthropologie u. d. Klassiker, übers, von J.
Hoops, Heidelberg 1910.
K. Trüdinger: Studien z. Gesch. der griech.-röm. Ethnographie. Diss. Basel 1918.
4) Fr. Pfister: Anfänge der Volkskunde im alten Griechenland, in: Volkskunde-
Arbeit, Zielsetzung und Gehalte, herausg. von E. Bargheer u. H. Freudenthal, O. Lauffer
zum 60. Geburtstag, Berlin 1934, S. 37ff.— Ders.: Zur Disskussion: Volkskunde und Völ-
kerkunde, in: Forsch, u. Fortschr., 28. Jahrg., Berlin 1954, Heft 4, S. 113fif.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
13
Als meisterliche Leistung, ohne erkennbare Nachfolge oder Weiterführung steht
im überlieferten Schrifttum der Antike die Germania des TACITUS. Aus dem Blick-
punkt des römischen Staatsmanns und Patrioten zeichnet sie das Erscheinungsbi
des fremden Nachbarvolkes, eindrucksvoll bis heute durch die Kunst im Einklang
von Gehalt und Gestalt. Der Reichtum an Tatsachenstoff geht hier über das Maß
der sonstigen erhaltenen Kunde hinaus5). Das einzigartige Gepräge verleiht dem
Werk sein hohes Ethos, der starke Wirkungswille des großen Menschen.
Der erste Teil des Buches schildert die charakteristischen Züge, die insgesamt
die Germanen von den Nachbarn abheben, auf Grund der natürlichen Gegeben-
heiten der Umwelt, in Sachgütern, sozialen Einrichtungen, Anschauungen und
Gebräuchen. Sodann folgt, was den zahlreichen Einzelstämmen jeweils eigentümlich
ist, nach persönlichen Eindrücken des Autors oder laut Erkundung und literarischen
Nachrichten. Dies Werk war berufen, nachdem es lange verschollen gewesen, eine
bedeutsame Rolle im deutschen Geistesleben wie in der Geschichte der Mensch-
heitswissenschaft zu spielen. Wenn man versucht, die entsprechende Entwicklungs-
linie nachzuziehen, so erscheint diese zunächst als fast abgerissen.
In die theoretische Menschheitskunde der hellenistisch-römischen Spekulation
schmolz Augustinus die Ideen der christlichen Weltanschauung ein. Seine theo-
logisch ausgerichtete Anthropologie5 6) bestimmte an ihrem Teile für ungefähr ein
Jahrtausend das Weltbild des Abendlandes. Sie war gelenkt von einem der Antike
fremden Wissenschaftsbegriff, der das Wissen nicht suchte, um mit seiner Hilfe
die Wirklichkeit zu beherrschen, vernunftgemäß zu gestalten, sondern um die
biblische Offenbarung damit auszudeuten und als wahr zu beweisen.
Doch vieles vom wissenschaftlichen und künstlerischen Geistesgut des vor-
christlichen Altertums pflanzte sich durch das sogenannte Mittelalter fort, teils ins
Gefüge der kirchlichen Lehre und Lebensordnung eingeschaltet, teils nebenher
in den Studien seltener freier Geister und im Verborgenen durch Abschreiberfleiß
weitergereicht. Nach langer Dämmerung brach dann ein junger Tag an. Ganz
allmählich wuchs unter den Menschen des Abendlandes der Trieb, steigerte sich
das Vermögen, die bunte Wirklichkeit der Umwelt wahrzunehmen und des Wahr-
genommenen sich denkend zu bemächtigen. Wie die Welterforschung insgesamt,
so erfuhr auch die Menschheitswissenschaft, die inzwischen neben der „schola-
stischen“ Denkarbeit kaum weitergekommen war7), neue Belebung.
Das Zeitalter der Kreuzzüge schuf ihr wieder günstigere Bedingungen. Es führte
die Menschen aus allen Teilen Europas zu gleichen Zwecken zusammen. In der
Berührung mit Andersartigen wurden sich da die zu einander Gehörenden ihrer
Besonderheit bewußt, sowie dessen, was die Fremden von ihnen unterschied.
5) E. Norden: Die german. Urgesch. in Tacitus Germania, Leipzig T92°-_ .
E. Fehrle: Die Germ, des Tacitus als Quelle für deutsche Volkskun e, in.
Archiv f. Vkde., Bd. 26, Zürich 1926.
6) E. Dinkler: Die Anthropologie Augustins. Stuttgart 1934- Deutsches Dante-
7) H. Leisegang: Die Anthropologie in Dantes Divina Comedia, in.
Jahrb. Bd. 27, N. F., Weimar 1948.
14
Erich L. Schmidt
Vollends die Begegnung mit dem Islam auf iberischem, sizilischem und vorder-
asiatischem Boden, die Reisen der Missionare, die sich anspinnenden händlerischen
und diplomatischen Verbindungen mit dem weiten Osten brachten eine Menge
neuer Erfahrungen, so daß der Gesichtskreis der Völkerkunde, gleich dem der
Erdkunde, mächtig sich erweiterte. Der Begriff der Menschheit, quantitativ und
auch qualitativ verstanden, gewann an Umfang und Inhalt.
Aus wirtschaftlichen, sozialen, politischen Wandlungen entstand im Abendlande
eine geistige Bewegung, die nacheinander alle seine Lebensformen in allen seinen
Räumen ergriff und in ihren verschiedenen Erscheinungen zusammenfassend als
die Renaissance gekennzeichnet wird8). In der Fülle des Neuen, das sich langsam
aus dem Bisherigen abhebt, tritt ein verstärktes, vertieftes Selbstbewußtsein, tritt
der erwachende Individualismus hervor. Die früh-mittelalterliche Christenge-
meinschaft des Abendlandes fällt auseinander. In der großen Krise des Reiches
und der Kirche finden die Deutschen, Franzosen, Engländer, Spanier und Italiener
sich als gesonderte Nationen.
An vielen Zeichen wird eine veränderte Haltung gegenüber dem Universum
sichtbar. Die Bindung an die überlieferte Führung durch das Dogma der Kirche
lockert sich. Die Welt erscheint den Befreiten in verwandelter Beleuchtung und
Bedeutung, nicht mehr nur als der Schauplatz für die Vorbereitung auf das Ewige.
Ihre Sinne werden von dem Reichtum, von der Herrlichkeit der irdischen Welt
betroffen. Die Sorge um das Heil der Seele im Jenseits weicht hinter Nahzielen der
Begier nach Besitz und Macht, nach Ruhm und Wissen zurück. Als Helfer und
Führer erweisen sich bei dieser Umstellung die Dichter, Weisen und Wissenden
der griechisch-römischen Kulturwelt, die jetzt aus den Schriftdenkmälern neue,
verjüngte Stimme und Widerhall gewinnen. An ihrem Vorbild entzündet sich der
Wille zu gleichwertiger eigener Leistung aus dem Empfinden der Gegenwart.
Stürmisch drängt er zur Selbstoffenbarung.
Vornehmlich in Italien sprudelt dieser Quell: hier ist seit dem 13. Jahrhundert
ein neues Volkstum zu eigenem Wesen, zu eigener Form herangereift9). Italiener
fühlen und erkennen in den Schöpfungen der Antike ihre eigene Tradition. Auf
italischem Boden auch erwacht triebhaft die selbstbewußte Abwehr fremden Volks-
tums, Abneigung, Verachtung, Haß gegen die französischen und deutschen Usur-
patoren, erwacht vaterländische Begeisterung zu wahren Volksbewegungen. Und
hier entwickelt sich ein den Ansprüchen dieses neuen Selbstgefühls gemäßer
moderner Wissenschaftsbetrieb. Nüchtern realistisch sucht man alle Erscheinungen
zu erkennen, unvoreingenommen vernunftgemäß zu erklären. Bei jedem Wissens-
element geht man auf die ursprünglichen Quellen zurück und scheidet mit sich
schärfender Kritik aus, was der Wahrheitsforschung nicht standhält. Jahrhunderte
8) J. Trier: Zur Geschichte des Renaissance-Begriffs, in: Archiv für Kulturgeschichte,
Bd. 33, 1951, S. 45—63.
9) W. Goetz: Italien im Mittelalter, 2 Bde., Leipzig 1942, 1. Bd., S. 16ff.: Die Ent-
stehung der italienischen Nationalität. S. 61 ff: Das Werden des italienischen National-
gefühls.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
15
dauert es freilich, bis dies Verfahren sich gegenüber der scholastischen autori-
tätsgläubigen Gelehrsamkeit endgültig durchsetzt, hier und weiter n in urop
Altertumskunde verbindet sich mit Gegenwartskunde, Welt- und Heimatge-
schichte mit Landes- und Volkskunde. Städtischer Patriotismus läßt LEONARDO
Bruni dem Befunde, den ihm Akten und Chronisten übermitteln, eine rühmen e
Schilderung gegenüberstellen, die das imposante Stadtbild des Trecento un
Quattrocento von Florenz wiedergibt; die ständische Gliederung der ewo ner,
die gesellschaftlichen Verhältnisse, Gesetze und Rechtspflege, Amterordnung,
Wirtschaft, Betreiben der Studien und der Künste. So tut es auch M. A. OCCIUS
Sabellicus für Venedig. Flavio BiONDO sucht das Gleiche für alle Landsc a ten
Italiens zu leisten mit seiner „Italia illustrata“ (1451)- Die Aufgeschlossenheit leser
Gelehrten für das gegenwärtig Zuständliche bedarf zu ihrer Erklärung nie t erst
der Annahme von Anregungen oder bestimmten Vorbildern aus der Antike, etwa
der peripatetischen Politeia10). Sie hat ihre Parallele in andern Wissenschaften, aui
anderen Lebensgebieten, z. B. in der Malerei, wo die Probleme des Landschafts
bildes, der Perspektive bewältigt werden. Analysierende Blickschärfe, naivem
Realismus prägen das gesamte Verhalten in dieser Stadtbürgerkultur der italienischen
Renaissance-Jahrhunderte11).
Solch frohgemutes Suchen und Schaffen war wohl dazu angetan, jeder Natur-
forschung und so auch der Völkerkunde, der Menschheitswissenschaft Gewinn zu
bringen. Und welchen Beitrag zu der beginnenden Aufklärung vermochten die
Deutschen zu leisten? Nördlich der Alpen lagen die Voraussetzungen für eine Teil-
haberschaft am abendländischen Geistesfrühling, der sogenannten Renaissance, ja
wesentlich verschieden von den in Italien gegebenen. Die Unterschiedlichkeit erklärt
sich aus dem wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zustand, wie der
schicksalhaften kulturgeographischen Lage Mitteleuropas und der anthropologisc
andersartigen Struktur seines Volkstums. Aber auch dort regt sich allmählich das
veränderte Verhalten zur Diesseitswirklichkeit.
Auf die zahlreichen deutschen Pilger und Studenten macht das in Italien empor
gekommene Treiben tiefen Eindruck. Überrascht, bewundernd, aber auch beschämt
finden sie fortgeschrittene Meisterschaft im Können, im Wissen. Gegen das
empfundene Übergewicht reiferer, harmonischerer Lebensformen der Romanen setzt
sich freilich das Selbstgefühl des eigenen Wertes, der eigenen Kraft zur Wehr, wie
bei Mann gegen Mann, so bei Volk gegen Volk. Gilt in den Augen der Welschen
ein „Gote“ gleich dem andern, aus welchem Gau des Nordens er auch komme, so
schwindet den Deutschen ihrerseits dort im Auslande die gewohnte Unterscheidung
ihrer heimatlichen Stämme in den Hintergrund vor dem alle Gefährten umfassen en
Einheitsgefühl des gemeinsamen Deutschtums.
So hatte sich auch in der Vorzeit die Einheitlichkeit der zahlreichen, einander mehr
oder weniger fernstehenden germanischen Völkerschaften wesentlich in dem
10) FR. Pfister, s. Anm. 9, a. a. O. S. 41 f. — K. Trüdinger, s. Anm. 3, a.sa. O. S 48.
u) W. Goetz, s. Anm. 9, a. a. O., 2. Bd., S. 3 flF.: Die Entwicklung des Wirklichkeits-
sinnes vom 12. zum 14. Jahrh. — S. 130fr.: Die Wiederaufnahme der Antike in der Renais-
sance. — S. 146 fr.: Mittelalter u. Renaissance.
16
Erich L. Schmidt
Gegensatz zu den Fremden, den Nachbarn im Süden, Westen und Osten darge-
stellt. Bis dann im Verlauf der Reichsgeschichte das Zeitalter des Rittertums unter
den Kaisern ein deutsches Gemeingefühl im Stolz auf den Herrlichkeitsbesitz des
großen Vaterlandes in Erscheinung treten ließ: die Vorstellung des übervölkischen
Reiches neben der Verbundenheit im engeren Raum der deutschen Sprache und
Sitte. Das Sinnbild dafür: die politischen Sänge WALTHERS VON DER VOGELWEIDE.
Mochten dies Nationalgefühl und Nationalbewußtsein dann später auch wieder ver-
blassen — sie verschwanden seitdem nie völlig. Und im 15. Jahrhundert, in offen-
sichtlicher Verbindung mit den großen, Europa erschütternden Begebnissen
(Konzilien, Hussitenkriege, Vordringen der Türken), trat es in führenden Kreisen
lebensvoll knospend zutage12).
Italiener tragen die Fackel ihrer geistigen Freiheits- und Fortschrittsbewegung
über die Alpen. Zusammen mit den von ihrer Italienfahrt heimkehrenden Deutschen
wirken sie wie Sauerteig in der Zunft der Gelehrten, in städtischen Schichten der
Gebildeten wie an einzelnen Fürstenhöfen. Die sich dem neuen Geiste aufgeschlos-
sen haben, fühlen und bekennen sich — über alle Klüfte des Raums, der Zeit, der
Geschichte hinweg — ebenfalls als Geistesverwandte des antiken Menschentums,
der Humanitas, d. h. als Humanisten13 *). So tief sie auch, mehr oder minder, im
christlich-kirchlichen Gesinnungsverbande wurzeln bleiben, findet doch bei ihnen
das Streben nach neuer, edlerer Formung des Menschentums Anklang, nach Neu-
ordnung des Lebens für sich und für ihr Volk. Verfeinerter Sinn für das Echte,
Ursprüngliche treibt auch die Deutschen zu den reineren Quellen zurück. Ehrfurchts-
voll werden die in der Heimat greifbaren Zeugnisse antiker Kultur betrachtet,
gesammelt. Um die Wette mit Italienern durchstöbert man die Urkunden- und
Büchersammlungen in Truhen und Zellen, zieht verschollene Schriftdenkmäler
ans Tageslicht, führt sie dem allgemeinen Besitz zu, wobei die junge Buchdrucker-
kunst beste Dienste leistet.
Kultureller Wettstreit mit den Welschen läßt aus dem gelehrten Wissen um die
Vergangenheit alle historischen Tatsachen, die der nationalen Eigenliebe frommen,
in den Vordergrund des Interesses rücken. In der Abwehr fremder Vorrangs-
ansprüche rührt sich und wächst das Verlangen, durch eigene Leistungen jene
historischen Argumente zu verstärken, zu vermehren. Und wie den Geisteswerken,
so wendet sich die Aufmerksamkeit den sichtbaren Gegenständen der Natur zu,
sucht die Schöpfung mit dem Verstände sich zu eigen zu machen, soweit ihre Größe,
ihr Reichtum, ihre Wunderbarkeit und Nützlichkeit den wacheren Sinnen, dem
fragenden Geiste aufgeben. Auch für die Deutschen bricht das Zeitalter der Ent-
deckungen an, der praktischen und wissenschaftlichen Naturerfassung. Nach vielen
Richtungen dehnt sich der Gesichtskreis.
12) P. Joachimsen: Vom deutschen Volk zum deutschen Staat, Geschichte des deutschen
Nationalbewußtseins. Leipzig 1916.
13) P. Joachimsen: Der Humanismus und die Entwicklung des deutschen Geistes,
in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. 8. Jahrg.
1930, S. 419fr.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
17
Wenn man unter den Werkleuten schematisch zwei Lager unterscheidet, nämlich
Scholastiker und Humanisten, so ist doch die Linie zwischen beiden nicht scharf
zu ziehen. Gebundenheit an die kanonischen Schriftautoritäten oder Bereitschaft
zu fortschrittlichen Wagnissen — zu welcher der Fronten die einzelnen Geister
oder Werke gehören, läßt sich oft kaum einfach bestimmen. Die Grenze gleitet
und schwankt. Zunächst treten eben vielfach nur neue Autoritäten an die Seite oder
an die Stelle der alten. Um die Wende des 16. Jahrhunderts, eine bis zwei Generationen
hindurch, erreicht die Bewegung ihre Gipfelhöhe, schenkt sie ihren Trägern das
überschwengliche Glück des Sieges, der Macht, der Zuversicht — um dann bald
den Vorrang einer andern geistigen Bewegung zu überlassen, die, schon längst
im Gange, das folgende Zeitalter charakterisiert: der Reformation14).
Von den italienischen Sendboten der humanistischen Bewegung hat keiner stär-
kere Wirkung in Deutschland ausgeübt als ENEA SlLVIO de’ PICCOLOMINI10).
In einer großangelegten polyhistorischen Beschreibung der (bekannten) Erde
und ihrer Bevölkerung unternahm er als erster, ein Gegenstück in modernem Stil
zu den antiken Kosmographien zu schaffen. Dem, was er aus griechischen und
römischen Autoren erlesen hatte, fügte er in dem ersten Teile, der Asien gewidmet war,
Entdeckungen neuerer Reisender, wie MARCO POLO, NlCOLO CONTI, hinzu.
Gleicherweise verfuhr er bei der „Europa“, die 1458 herauskam* 16). Dabei lag ihm
für Deutschland eine bis dahin unbekannte Quellenschrift vor: die Germania des
TACITUS. Deren einzige erhaltene Handschrift war um die Jahrhundertmitte von
Hersfeld nach Rom gebracht worden. Sie ergänzte die bisherigen Kenntnisse auf
das Bedeutsamste und machte durch ihren besonderen Reichtum deren Dürftigkeit
erst recht bewußt.
Die Gelehrten des Altertums, so erhob sich Enea, hätten im ganzen nur so un-
zureichend über Deutschland berichtet, als wenn es außerhalb der Welt gelegen
wäre, als wenn sie es nur im Traum gesehen hätten. Offenbar aber habe es sich doch
seither so wunderbar verändert, daß es kaum wiederzuerkennen sei. Hatten CÄSAR,
TACITUS und all die andern Alten das deutsche Land und seine Bewohner im pri-
mitiven Stadium geschildert, wie sie es selbst erlebt hatten, so fühlte jetzt Enea
sich berufen, die Versäumnisse seiner Vorgänger in der Weltbeschreibung wett-
zumachen. Und so baute er die überlieferte Darstellung mit dem Wissen aus, das
ihm die eigene Erfahrung bei 23jährigem Aufenthalt in Deutschland an die Hand
gegeben. Damit kam ein Bild zustande, wohl lückenhaft und fehlerhaft genug, aber
voll frischer Farbzüge aus unmittelbarer Anschauung, aus zufälligen persönlichen
Erlebnissen und Erkundungen.
) G. Ritter; Die geschichtliche Bedeutung des deutschen Humanismus, in. Hist.
Ztschr. Bd. 127, 1923, S. 393fr.
16) Ältere Sonderliteratur über die Bedeutung des Enea Silvio für diesen Zusammenhang
bei E. Schmidt, Deutsche Volkskunde im Zeitalter des Hum. u. d. Reform. Berlin 1904,
S. 22 ff.
16) Unter dem Titel: Dehis quae FridericoIII. Imperante in Germania et per totamEuro-
pam gesta suntusqueadannum 1458 Commentarius. Erstdruck in Deutschland: Memmingen
1488.
2 Volkskunde
18
Erich L. Schmidt
Im gleichen Jahre 1458 veröffentlichte Enea in Rom eine zweite Arbeit: De situ,
ritu, moribus et conditione Theutoniae (auch: Germaniae) descriptio“ — ursprüng-
lich als einen Brief an den Kur-Mainzer Kanzler Martin Mayr gerichtet17). Schon
der Titel deutet auf eine Bekanntschaft mit der taciteischen Germania: „de origine
et situ Germaniae“ genannt. Die Absicht war, gängige Beschwerden der Deutschen
über Ausbeutung durch die römische Kurie zurückzuweisen. Zu dem Zweck
führte Enea aus, daß die Deutschen der Kirche vielmehr unermeßlichen Dank
schuldeten für empfangene Wohltaten. Erst die Christianisierung habe die Hebung
des Landes aus dem Zustande der Roheit und Barberei zur Hochblüte ermöglicht.
Und diesen gegenwärtigen Zustand pries nun Enea, ihn mit dem Urzustände ver-
gleichend, in hohen Tönen: rühmte den allgemeinen Wohlstand, die Macht der
Fürsten, die den Nachbarn überlegene Kriegstüchtigkeit, die Pflege der Künste
und Wissenschaften, besonders die Pracht der Städte, die selbst die der italienischen,
mit wenigen Ausnahmen, übertreffe.
Beide Schriften des Enea, die Europa und die Germania (so wurde jener Brief
an Mayr von der nächsten Generation allgemein genannt), machten auf die Huma-
nisten in Deutschland starken Eindruck, und erst recht gilt dies von der Germania
des TACITUS. Nicht nur zahlreiche Abschriften, sondern bald auch der Buchdruck
ließen sie weithin bekannt werden18). Durch die frühhumanistischen Pioniere war
der Boden trefflich vorbereitet19). Während die Italiener das neu aufgetauchte
TACITUSwerk noch lange nur wenig beachteten, erkannte man in Deutschland die
darin charakterisierten Germanen als seine Vorfahren an, mehr noch: bewunderte
sie als ideale Vorbilder. Ebenso schmeichelten die von dem gelehrten Papst ge-
zeichneten Gegenwartsbilder dem deutschen Selbstbewußtsein, durch viele Einzel-
heiten und durch das Gesamt. Doch Lücken und Fehler darin reizten zum Einspruch.
Besonders die politische Tendenz stieß auf Ablehnung. So fühlten sich viele
Leser zur Gegenäußerung aufgerufen, zum Protest, zur Korrektur, um durch ein
wahrheitsgetreues, vollständigeres Bild das mangelhafte zu übertreffen, gestützt
auf genaue Heimatkenntnisse, zumal der geographischen Wirklichkeit.
Zudem wirkte auch hier noch ein besonderer Zauber auf die Deutschen, der von
der Griffelkunst des italienischen Meisters ausging. Die effektvolle Illuminierung des
nüchternen Tatsachenstoffes mit subjektiven Eindrücken imponierte ihnen als
literarische Kunstform aus eleganter weltmännischer Haltung heraus, die man gern
nachzuahmen sich bemühte, ermutigt durch das eigene überlegene Sachwissen.
17) Gedruckt z. B. Leipzig 1496 und 1515.
18) Erstdruck Venedig 1470, dannNürnberg 1473, erste deutsche Übersetzung: Ulm 1473.
— P. Joachimsen: Tacitus im deutschen Humanismus, in: Neue Jahrbücher für das
klass. Altertum usw., 1. Abt. XIV, S. 697ff., Leipzig 1911. — H. Tiedemann: Tacitus
u. d. Nationalbewußtsein der deutschen Humanisten. Diss. Berlin 1913. — U. Paul:
Studien zur Gesch. des deutschen Nationalbewußtseins im Zeitalter des Human, u. d.
Reformation, Diss. Göttingen 1936. — R. Much: Die Germania des Tacitus. Heidelberg
I937-
19) P. Joachimsen: Siegmund Meisterlin, Bonn 1895.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
19
Nun reizten und drängten im einzelnen viele neue Probleme. Indem man die
beiden Kulturstadien, die in der taciteischen und der kurialen Germania wie der
Europa sich spiegelten, gleicherweise mit Genugtuung bejahte, mußte man ihren
Zusammenhang in einem Ganzen zu begreifen suchen. Die Bilder waren in ver-
schiedene Rahmen gestellt: gegenüber der von CÄSAR an den Rhein gelegten West-
grenze, der von TACITUS an die Donau gelegten Südgrenze erschien bei ENEA das
Vorfeld weit nach Westen und Süden vorgeschoben, und nach Osten hin war der
gewaltigen Erweiterung des ursprünglichen Siedlungsraumes im Verlauf der
Folgezeit Rechnung getragen. War auch schon gelegentlich im 13. Jahrhundert die
volkliche Einheit von Holland bis zur Schweiz, von Wien bis Lübeck durch die
Geltungsweite der deutschen Sprache gekennzeichnet, so machte doch jetzt ENEA
mit seiner Absteckung des deutschen Lebensraums Epoche wie auch mit seiner
geographischen Gliederung in Ober- und Niederdeutschland. Für die Raum- und
Volksgesamtheit boten sich herkömmlich die Namen Germania, Teutonia, Ale-
mannia — ihre Bedeutung war fraglich. CÄSAR, TACITUS und Enea gründeten
ihre Darstellung auf die Annahme einer großvolklichen Einheit, doch umschloß
diese bei TACITUS etwa 50 bis 60 Völkerschaften, bei ENEA hingegen die neuen Haupt-
stämme der Sachsen, Westfalen, Franken, Bayern, Schwaben usw. Wie hatte man
sich den anthropologischen Ursprung vorzustellen: ob die Bevölkerung autochthon
oder zugewandert sei? DieWortführerder einzelnen Stämme wetteiferten miteinander
um eine möglichst ehrwürdige Herkunft ihres Blutes, wofür die Bibel, manche
antike und spätere Überlieferung und zuweilen auch Fälschungen, wie der Pseudo-
berosus des AnniüS vonViterbo (1498) Anhaltspunkte boten. Tiefes Dunkel um-
hüllte die Wandlung aus der Vielzahl der germanischen Völkerschaften zu den fünf,
sechs Hauptstämmen, mit denen die Deutschen als Deutsche in die moderne euro-
päische Geschichte eingetreten. Völlig neue Beachtung fanden bei solcher Forschung
die Schriftwerke der mittleren Jahrhunderte. Sie eröffneten Ausblicke auf die gene-
tischen Beziehungen dieser Deutschen als Westgermanen zu den Völkerschaften der
Ostgermanen, deren Wanderungen die Staatengründungen auf dem Boden des
zertrümmerten Römerreichs zur Folge hatten; ferner auf die Entstehung des über-
völkischen Frankenreichs, aus dessen Größe und Zerfall sich das deutsche Reich,
das Heilige Römische Reich Deutscher Nation entfaltet hatten, zusamt der Aus-
weitung des deutschen Raumes im Osten.
Für die Historiker waren jetzt die Fäden des zeitlichen Ablaufs zu spinnen, zu
entwirren, zu flechten: vom Standpunkt und Anspruch der neuen, allmählich immer
kritischer werdenden Einstellung zu Texten und Tatsachen aus. Die Landeskunde
sollte die willkürlich gestalteten politischen Territorien in die natürlich gegebenen
Erdräume einordnen. Vor allem aber, und durch dies alles war der das Leben
tragende Körper zu finden: das deutsche Volk. Eine wesendich neue Fragestellung:
wer, welcher Art waren die Menschen, in deren Geschlechterfolge sich die wechseln-
den Lebensformen dramatisch entfaltet hatten und aus deren Leistungen das Bild
der Gegenwart aufgebaut war? Alles in allem: eine Wissenschaft vom deutschen Volk,
eine Deutschkunde, erschien vielen Gelehrten als Forderung der Stunde, ja als
Gebot der Ehre.
20
Erich L. Schmidt
TACITUS hatte die Aufgabe gelöst, seinen römischen Landsleuten zu zeigen:
das sind die uns fremden Germanen, so sind sie. Die deutschen Humanisten standen
vor der Frage: wer sind wir Deutsche, wie sind wir? Eine Aufgabe einerseits der
Historie, andrerseits der Anthropologie, der Volkskunde. Und diese erforderte
eine völlig neue Betrachtungsweise.
Hierfür war es von großer Bedeutung, daß schon die italienischen Humanisten
den Stoffbereich des Beharrenden, Zuständlichen, also die Kulturschilderung
(situs, status, mores, conditiones) den deutschen Gelehrten nahegerückt hatten,
neben das fließende politisch-historische Geschehen. Vollends die Germania des
TACITUS machte jetzt all die Stoffe, die schon von der antiken Ethnologie erfaßt
worden waren, zu Gegenständen, zu Zielen wissenschaftlicher Forschung und Dar-
stellung. Das waren die Erscheinungsformen der gesellschaftlichen Organisation,
des gesamten Völkerlebens in ihren zahlreichen Kategorien: Überlieferung des
Wissens vom Ursprung der Gemeinschaft, Stammesmythus, Religion, Kult, Ge-
setze, Rechtspflege, Stände, Berufe, Künste, Wirtschaftsformen, Brauchtum bei
den bedeutsamen Anlässen des Lebensganges (Geburt, Ehe, Tod) usw. Eine wich-
tige psychologische Wurzel der ethnologischen Forschungsarbeit ist bloßgelegt
in ihren Kategorien Curiosa und Paradoxa: nämlich der eigentümliche Reiz, den
das Erlebnis des erstaunlich Anderen, Überraschenden, Befremdenden, Unbe-
greiflichen, Irrationalen bei der Berührung mit neuen, bisher unbekannten Men-
schenwelten gewährt und der viel dazu beiträgt, die Fernreise, auch die gefährliche,
zu einem lockenden Abenteuer zu machen. So taten sich dem Suchen nach einer
umfassenden Kunde vom deutschen Volk weite Felder auf.
Die Menge des gelehrten Schrifttums jener Zeit veranschaulicht den mühseligen
Weg, den die Deutschen zurückzulegen hatten, um sich nicht nur der allgemeinen
wissenschaftlichen Bewegung anzuschließen, sondern möglichst sogar Neuland
zu gewinnen. Die Geschichte der naturkundlichen Menschheitswissenschaft
(Anthropologie) weiß aus der ganzen Epoche noch kaum Fortschritte zu ver-
merken. Einzig das Werk des Magdeburger Arztes MAGNUS HUNDT wird ge-
nannt: eine Zusammenfassung anatomischen und psychologischen Wissens i5oi20)-
Bis dann später erst der geniale PARACELSUS einsam neue Wege beschreitet: seit
152021).
Völkerforschung und Volkskunde liegen wie zuvor noch in den Händen der
Historiker, Geographen und Reisenden. Die Arbeit der Geographen ist indessen
vorzugsweise von mathematisch-astronomischen Interessen gelenkt, die sich an das
Werk des PTOLEMÄUS knüpfen. Immer neue Ausgaben und Kommentare lassen
Landkarten entstehen vonzunehmenderWirklichkeitstreue22). Länderbeschreibungen
fügen sich an, die doch gewöhnlich nur den heimatlichen Teilraum des Autors
umfassen und allermeist recht unbeholfen bleiben. Die Ergebnisse der übersee-
20) Anthropologium de hominis dignitate, natura et proprietatibus. Leipzig 1501.
Egon Frhr. v. Eickstedt: Rassenkunde u. Rassengeschichte der Menschheit, 2. Aufl.
Stuttgart 1937. 1. Bd., Teil 2: Die Geschichte der Forschung am Menschen, S. 237.
21) Fr. Oesterle: Die Anthropologie des Paracelsus. Berlin 1937.
22) L. Bagrow: Geschichte der Kartographie, Berlin 1951.
Yon der taciteischen zur humanistischen Germania
21
ischen Entdeckungen, an denen Deutsche ja nicht führend beteiligt waren, kamen
nur sehr langsam zur Kenntnis in breiteren Kreisen, obschon der Deutsche MARTIN
WALDSEEMÜLLER schon 1507 der Neuen Welt den gültigen Namen Amerika
gab23). Gering bleibt ebenso für lange Zeit die Verbreitung des Ertrages der seltenen
Reisen nach dem europäischen Osten24). Eine umfangreichere Literatur erweitert
und vertieft dagegen die Fremdvölkerkenntnis vom östlichen Mittelmeer durch
Pilgerberichte25).
Unter den Händen der humanistischen Historiker entstehen neue Gattungen der
Geschichtsschreibung: Fürsten- und Stadtgeschichte, Klostergeschichte als Geistes-
geschichte, Abriß der Gesamtgeschichte, kulturgeschichtliche Umschau. Häufig
verbinden sich damit Beschreibungen von Städten und Landschaften, auch Versuche
zum Überblick über ganz Deutschland, noch wenig geschickt, weil ohne eigene
Anschauung. Doch eine neuartige Auffassung des Wissenswerten ist dabei ersicht-
lich: man nimmt Abstand von den Vorgängern, die „zur Kurzweil“ für sich und
ihre Leser geschrieben haben, und ist sich stolz bewußt, durch das gereinigte kri-
tische Streben grundsätzlich Besseres zu leisten. Eingehend ist gerade auf dem Gebiet
der Geschichtsschreibung untersucht worden, wie in Gegenwirkung auf den Einfluß,
der von antiken und italienischen Autoren ausging, die wissenschaftliche Tätig-
keit der deutschen Gelehrten sich stufenweise entfaltet hat, ihr Vermögen zur
Kritik und zur Darstellung26).
Vereinzelt, ohne Vorbild und ohne Nachfolge auf Generationen hin, steht ein
Unternehmen desThüringers Nikolaus Marschalk (1x525). Student in Erfurt und
zeitweise Drucker eigener Schriften, dann in Wittenberg, zuletzt in Schwerin als Rat
des Herzogs Fleinrich des Friedfertigen, suchte er durch Ausgrabungen von vor-
geschichtlichen Gräbern Licht in Fragen der Altgermanenkunde zu bringen27).
Wenn nun bei allem auch nicht gar viel von bleibender Gültigkeit entstanden
ist, so haben doch manche Leistungen der Epoche ihre doppelte Bedeutung: sie
dienen bei ihrem Erscheinen dem notwendigen Fortschritt durch Sammlung,
Sichtung, Ordnung und Aufhellung von Sachverhalten oder weiterführende Auf-
gabenstellung; und sie eröffnen zugleich Einblicke in den Entwicklungsgang der
Menschheitsforschung im allgemeinen, der Deutschkunde im besondern: in dem
25) S. Günther: Der Humanismus in s. Einfluß auf d. Entwicklung der Erdkunde, in:
Verhandl. des 7. internationalen Geographenkongresses, II. Teil 1901, S. 819—844.
) Miechow: Das Bekanntwerden Rußlands in Vor-Herbersteiner Zeit, in: Verhand-
lungen des 5. deutschen Geographentages 1895, S. 129.
) M. Sommerfeld: Die Reisebeschreibungen der deutschen Jerusalempilger im aus-
gehenden Mittelalter, in: Dtsche. Vierteljahrsschr. f. Lit.-Wiss. u. Geistesgesch., 2. Bd.
1924, S. 8i6ff. 1
26) P* J°achimsen: Geschichtsauffassung u. Gesch.-Schreibung in Deutschland unter
dem Einfluß des Humanismus, 1. Bd., Leipzig 1910.
2 ) P. II. Stemmermann: Die Anfänge der deutschen Vorgeschichtsforschung. Leipzig
1934, S. 17fr.
L. Franz: Humanismus und Vorgeschichtsforschung, in: Ewiger Humanismus, Bd. 16,
Innsbruck 1947.
22
Erich L. Schmidt
schwierigen und langwierigen und keineswegs schon erschöpfend durchforschten
Übergang zu einer höheren Stufe in der europäischen Geistesgeschichte, nämlich
der des Rationalismus28).
Gegenüber äußeren, literarischen Anstößen zeigen jene Werke die seelischen
Hemmungen, wie die zur Aufnahme befähigende Bereitschaft, die dem noch
Fremden und Neuen entgegenkommenden bodenständigen Strebungen. Und etwa
verglichen mit der Entwicklung in Italien lassen sie spezifisch deutsche Besonder-
heiten hervortreten, sowohl der volklichen Voraussetzungen und Ziele, wie dann
auch des Schicksals in dem säkularen Ablauf der humanistischen Bewegung29).
Dabei steht die geisteswissenschaftliche Arbeit der Philosophie, Theologie, Juris-
prudenz usw. augenscheinlich den epochemachenden Vorgängen im Bereich der
realen Welterforschung zumeist recht fern. Sie geht eigene Wege. Außerordentlich
kennzeichnend für die Gesamtsituation des europäischen Allgemeinbewußtseins
in bezug auf den Menschheitsbegriff ist die Tatsache, daß erst die Bulle des Papstes
Paul III. vom 2. Juli 1534 entscheiden mußte: auch die Indianer haben eine mensch-
liche Seele, sind Menschen und können Christen werden.
Engverbunden mit der Historie schreitet bei den deutschen Humanisten nun
auch die Erfassung des Kulturzuständlichen im neuen Stil, d. h. in der Wieder-
aufnahme antiker Ethnologie vorwärts: eine abstandnehmende Kunde von den
Lebensformen ihres Volkes in der Fülle seiner geistigen und materiellen Existenz.
Die Ansätze dazu lassen ähnliche Antriebe erkennen wie die Arbeit der Historiker.
Eifernde, nicht selten maßlos übertreibende Liebe zu den Stammesgenossen der
gleichen Landschaft, Mundart und Schicksals Überlieferung sucht das engere Eigen-
wesen, im Unterschied zu andern, herauszustellen. Stolz auf die Herrlichkeit der
Heimatstadt wie auch der großen Reichsgemeinschaft trägt das Hochgeschätzte,
das Auffällige, Bemerkenswerte, aber auch das Bedenkliche der Lebensführung
und der Einrichtungen zusammen in einem geformten Gemälde, wie wenn das
alles einem Landsfremden zu zeigen sei oder den Heranwachsenden. Dabei spricht
sich gemütstiefe Hingabe an das Einfach-Alltägliche aus, die etwa den in einen
neuen Kreis versetzten Gelehrten an die Jugendeindrücke des Herkunftsnestes
bindet, die aber auch unmittelbar im Gewohnten das vom Geschick geschenkte
Lebenselement der Umwelt überall mit aufgeschlossenen Sinnen, mit wachem
Verstände behaglich und dankbar genießt: gern auch in der Gestaltung durch das
Schriftwerk, ob in der lateinischen oder in der Muttersprache, wie durch traulich-
idyllische Abschilderung in Malerei und Graphik.
Bei den italienischen Humanisten ist diese naive Verbundenheit mit dem volks-
tümlichen Wesen kaum so zu finden. Sie waren und blieben dem klassischen Alter-
28) G. Ritter: vgl. Anm. 14, a. a. O. S. 420.
29) A. v. Martin: Soziologie der Renaissance. Stuttgart 1932. — E. Garin: Der italie-
nische Humanismus. Übersetzung von Giuseppe Zamboni, Bern 1947. —A. Schreiber:
Petrarca und Erasmus, der Humanismus in Italien und im Norden, Heidelberg 1947. —
A. Buck, vgl. Anm. 1. — G. Toffanin: Geschichte des Humanismus, dtsch. von L.
Sertorius. Potsdam 1941.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
23
tum als ihrem Ideal von Haus aus inniger verhaftet, gemäß dem dort überwiegenden
Zuge zu gesellschaftlicher Exklusivität30).
Neben der nach Objektivität strebenden Wissenschaft steht in der deutsch-
sprachigen wie in der lateinischen, also für Gelehrte bestimmten Literatur die Satire
aller Formgattungen, von Humor, oft freilich auch von Verständnislosigkeit und
bitterer Gehässigkeit durchwaltet, wo gesellschaftlicher Kampfgeist, namentlich
zwischen Klerus und Laienschaft, den Blick schärft. Solche Impulse zeigen sich
gleicherweise in Erzeugnissen der bildenden Kunst, etwa in den zahllosen Feder-
zeichnungen, Stichen und Holzschnitten, mit denen Flugblätter und Bücher aus-
gestattet werden. Sie spiegeln das Gebaren der Menschen aller Stände sowie die
Sachen, die den Rahmen und Hintergrund ihres Daseins ausmachen, in sicherer
Charakterisierung, getönt durch lebhafte Empfindung, sei es in pietätvoller Liebe,
in Scherz oder Spott, oder Grauen und Empörung31).
Offenkundig tritt in jenem Zeitalter, wie beim Denkvermögen, so auch im sinnlich-
geistigen Empfindungsleben, eine Wandlung zutage32). Langsam wirkt sie sich z. B.
in einer merklichen Verschiebung der Grenzen des Gehörigen und Peinlichen in
der Richtung auf Veredelung der Umgangsformen aus, zunächst in städtischen
Kreisen33). Erhöhtes Aufmerken schärft den Blick für das lebendige Tun und Treiben
der Menschen, für die Ausdrucksweise ihrer seelisch-geistigen Regungen: die
Gebärde. Es wird fruchtbar in den rührigen pädagogischen Bestrebungen der
Humanisten, deutlich in ihren zahlreichen Lehr- und Erziehungsbüchern34). Und
es ist gewiß kein Zufall, daß gerade damals die Pflege der Musik einen mächtigen
Aufschwung erfährt. Verfeinerte Kunst im Gesang, in polyphoner Komposition und
in der Instrumentaltechnik breitet sich als volksverbindendes Kulturelement aus,
freudeschaffend in allen Schichten vom Kaiserlichen Hof bis zur Sing- und Tanz-
gemeinschaft unter der Dorflinde.
Bei diesem Musikkult begegneten sich die Gelehrten mit den Ungelehrten,
Theoretiker mit Technikern. Die Musik gehörte ja zu den Sieben freien Künsten
der Artistenfakultät, in deren Lehre wirkten so gut die antike Überlieferung aus
den 5 Büchern des BOETHIUS wie die Summen und die Enzyklopädien der Hoch-
30) A. Wesselski: Humanismus und Volkstum, in: Zeitschr. f. Vkde. N. F. VI, i935>
S. i ff.
»') H. Th. BOSSERT u. W Storck: Das Mittelalterliche Hausbuch, hgg. vom Dt.
Ver. f. Kunstwissenschaft, Leipzig 1912- e ..;rp ihrer Zeit. München
A. Dreyer: Nürnberg u. d. Nürnberger in der Karikatur u. Satire ihrer A
192°.
W. Fraenger: Altdeutsches Bilderbuch, Leipzig I931- Halle 1935*
H. Hahne u. H. J. Niehoff: Deutsche Brauche im J • Neuzeit. Leipzig
») A. Biese: Die Entwicklung des Naturgefühls in Mittelalter und Neuz
1888. S. 236fr. # . TT mn nieten in* ISIC^C
M) A. Bömer: Anstand und Etikette nach den Theorien er
]ahrb. f. d. klass. Altertum usw. 14. Bd., Berlin 1904-
A. Elias: Uber den Prozeß der Zivilisation, Basel 1939- Bde., Berlin 1897
M) A. Bömer: Die lateinischen Schülergespräche der Humaniste
u. 1899.
24
Erich L. Schmidt
Scholastik nach. Manche humanistischen Poeten stellten ihr Talent in den Dienst
der Edlen Frau Musika durch Schaffung von Liedertexten35). Die rege Pflege der
Gesangs- und Instrumentalmusik und ihre soziale Funktion schilderte der huma-
nistische Deutschordenspriester Johannes Böhm in seiner lateinischen Elegie zum
Lobe der Musik 151536).
Beispielhaft für die Aufgeschlossenheit gegenüber den volksmäßigen Lebens-
erscheinungen in ihrer Breite ist die deutschsprachige satirische Dichtung des
gelehrten Straßburger Stadtschreibers SEBASTIAN Brant (1457 bis 1521) „Das
Narrenschiff“ mitsamt seinen Illustrationen37). Dies außerordentlich erfolgreiche
Werk übertrug 1498 der poeta laureatus JAKOB LOCHER PHILOMUSUS (1471 bis
1528) in lateinische Hexameter, um es seinen Zunftgenossen noch schmackhafter
zu machen. Aus den 115 Zeitbildern spricht das Anliegen, die verwirrende Fülle
der Gestaltungen durch eine umgreifende Idee zu bändigen, gleichsam zu organi-
sieren, enzyklopädisch zu runden. So begegnet in der poetischen Schriftstellerei
des Zeitalters das gleiche Stilproblem wie in der wissenschaftlichen: der Unter-
schied zwischen Erzählung und Beschreibung bzw. Schilderung. Dort das Zu-
sammenfügen von Kettengliedern in der linearen, chronologisch bestimmten Folge
(wie in den populären Volksbüchern, in Romanen und den Historikerwerken), hier
die gedankliche Ordnung des vielfältigen Nebeneinanders auf der Fläche (bei
geographischer Landschaftsschilderung, Kulturbild, Volkskunde). Sichtbar wird
dies Stilproblem auch in dem satirischen Meisterwerk des Erasmus ((1467—1536),
dem „Lob der Torheit“, das die sinnenhaft gegenwärtige Lebenswirklichkeit
realistisch zeichnet und zugleich vergeistigt (1515)38). Ähnlich in zwei andern
szenenreichen poetischen Humanistenwerken ungefähr der gleichen Zeit: HEIN-
RICH Bebels (1472 —1516) „Triumph der Venus“39) und jenem „Lob der Musik“
des Johannes Böhm.
35) R. Frhr. V. Liliencron: Deutsches Leben im Volkslied um 1530 (Kürschners
Dtsche Nationalbibliothek, Bd. 13), Stuttgart 1884.
H. J. Moser: Renaissance-Lyrik deutscher Musiker um 1500, in: Dtsche Viertel-
jahrsschr. f. Lit.-Wissenschaft u. Geistesgesch. Jahrg. V, 1927, S. 381fr.
D. P. Walter: Der musikalische Humanismus im 16. und 17. Jhdt. Musikwissenschaft-
liche Arbeiten Nr. 5, Kassel 1949.
G. Ellinger: Geschichte der neulateinischen Literatur Deutschlands im 16. Jht.,
3 Bde. Berlin 1929.
36) Joannes Boemus Aubanus: Liber heroicus de Musicae laudibus, Augsburg 1515
(anonym). Hierzu und über manches im folgenden: E. Schmidt,s. Anm. 15, a. a. O. S. 65 fr.
P. Gall-Morell: Böhms Preis der Tonkunst. Übertragung mit Einleitung, in: Monats-
hefte für Musikgeschichte, 5. Jahrg. 1873, Nr. 7.— Auch Celtis, Aventin, Bebel u. a.
haben so der Musik gehuldigt: G. Ellinger, s. Anm. 35, a. a. O. Bd. 1.
37) Basel 1494, ed. von E. Zarncke, Leipzig 1854. F. Winkler: Dürer und die
Illustrationen zum Narrenschiff, Forschungen zur deutschen Kunstgeschichte, Bd. 36,
Berlin 1951.
38) Laus stultitiae (Encomion morie), Basel 1515, übersetzt von Sebastian Francki534,
herausg. von E. Goetzinger, Leipzig 1884.
39) Triumphus Veneris, Straßburg 1515.
J. Haller: Die Anfänge der Universität Tübingen, Stuttgart 1927 u. 1929, 2 Bde., II,
S. 2i4f.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
25
Tasten und Suchen nach einer zusammenfassenden, sachgetreuen Kunde vom
deutschen Volke spricht sich anschaulich in einer Stufenfolge von Leistungen
aus, die charakteristisch aus der breiten Menge des gelehrten Schrifttums hervor-
treten. Als gleichsam erste volkskundliche Monographie eines deutschen Stammes
nennen die Darstellungen der Geschichte dieses Zweiges der wissenschaftlichen
Entwicklung gemeinhin WERNER RoLEVINCKS (1425 — 1502) „Lob Altsachsens“
(i478)4ü). Der weitgereiste Karthäuserprior fühlt sich in seinem Kölner Lebens-
kreise vom Heimweh nach der Kindheitswelt geplagt, dem westfälischen Bauern-
hof. Da schreibt er, zur „Trösteinsamkeit“ für sich und Leidensgefährten, eine
lateinische Ruhmesgeschichte des Westfalenstammes. Doch sieht er als Leser vor
sich nicht nur Gelehrte, sondern weitere Kreise der von Lebensschwierigkeiten
Bedrängten. Wo durch Versagen seiner Quellen der historische Faden abreißt, geht
er dazu über, Sitten und Zustände der eigenen Zeit zu schildern. Bild reiht sich
an Bild: Bauerngehöft, Junkerburg, bettelnde Kinder, das aus Geschichte und
Landesnatur erwachsene eigenartige Gesellschaftsgefüge, Mit- und Gegeneinander
der Stände, Plagen und Glücksmöglichkeiten der umfangreichen, durch Not er-
zwungenen Auswanderung. Drastisch humorige Genreszenen, Sprichwörter,
Sachbezeichnungen in heimischer Mundart— diese Durchmischung der scholastisch-
gelehrten, fromm-moralisierenden Erzählung mit ganz persönlichen Eindrücken
und Erlebnissen läßt an die bunte Palette denken, von der Enea Silvio seine
Geschichts- und Länderkunde gefärbt hatte. Mit unverhohlener Kritik an dem
entarteten Adel, warmherziger Sympathie für die Geschundenen, offenem Auge
für die konkreten Realitäten der Umwelt hat RoLEVINCKS Kulturschilderung
durchaus Bedeutung als Symptom weitverbreiteter geistig-seelischer Einstimmung.
Doch umspannt der Blick nicht das weite Gesamt des deutschen Volkstums, und
kaum ein Hauch ist zu spüren von der über Europa hingehenden humanistischen
Bewegung.
Stärker und tiefer von der neuen Wissenschaftsart erfaßt zeigt sich der Schweizer
Felix Fabri(i44i—1502), der bei den Dominikanern in Ulm eine zweite Heimat
gefunden. Wie so viele unternimmt er eine Pilgerfahrt zum Heiligen Lande. Nach
der Rückkehr wird er dessen inne, daß er unterwegs nicht genau genug acht-
gegeben hat. Darum wiederholt er die Reise und schreibt dann den anschaulichsten,
rdchhaltigsten aller solchen Berichte41). Dieser Mann empfindet die starke Ver-
P ichtung, ein wirklichkeitstreues Bild des geliebten, aus der Ferne ersehnten
^e^sc^en ^^Eandes zu zeichnen, weil es in der wissenschaftlichen Welt daran
R LWCil ^^graphischen Karten schon viel Besseres bieten als die gelehrten
esc reibungen. Obgleich er sich seiner schriftstellerischen Unzulänglichkeit
40) De laude veteris Saxoniae, nunc Westfalia dictae. Lat. u. dtsch. cd. L. T
1865. £ p
41) Evagatorium in Terrae Sanctae, Arabiae et Egypti Peregrina^®*1
Hassler, Stuttgart 1843 u. 1849 (Bibliothek des Liter. Vereins, • 2
M. Sommerfeld, s. Anm. 25, a. a. O.
26
Erich L. Schmidt
gegenüber den modernen italienischen Meistern (Bruni, Enea Silvio, BiONDO,
SABELLICUS) bewußt ist, macht er sich ans Werk, sucht mühsam auf Wanderungen
das nötige Material zusammenzubringen. Aber er kommt damit nicht weit: überall
fehlt es an Vorarbeiten. So wird nichts aus der geplanten Beschreibung ganz
Deutschlands, nur ein kümmerliches Bruchstück entsteht: über das Schwabenland42).
Der Schlußteil aber, eine Abhandlung über die Stadt Ulm, ist nun um so be-
deutender43). Farbige, plastische Anschaulichkeit, umsichtige, gedankenreiche
Vielseitigkeit ergeben ein Panorama der Lebensfülle in der schwäbischen Metropole,
der wirtschaftlichen wie der kulturellen, das als erste soziologische Studie auf
deutschem Boden gewertet werden muß. Für lange bleibt es indessen nur in
Handschriften zugänglich.
Bewußte Hinwendung zur Volkskunde zeigt sich auch in der ersten vom huma-
nistischen Wollen getragenen „Weltgeschichte“, die JOHANNES VERGENHANS,
genannt NAUCLERUS (1425 —1510), Kanzler der Tübinger Universität, 1504
abgeschlossen hat44). Am Beginn seiner Erzählung der deutschen Geschichte, die
er bei Karl dem Großen ansetzt, schiebt er acht Abschnitte ein, in denen sich
die gelehrte Diskussion des Tages über das Deutschtum abspielt: über den Ursprung
des Volkes, den Namen (vom mythischen Stammvater Tuisko bei TACITUS entsteht
„Teutschland“), die Gliederung in Stämme, charakteristische Vorzüge und Be-
schäftigungen. Verknüpfung der Angaben bei CÄSAR und Tacitus webt ein Bild
der altgermanischen Kultur, und daran schließt sich ein Blick auf die Gegenwart:
„Heute leben in Schwaben (nur hiervon ist die Rede) drei Arten von Bewohnern,
soweit sie einige Bedeutung haben: Adel, Klerus und Bürger.“ Kurz und bündig
wird die Verschiedenheit ihrer Lebensweise gekennzeichnet. Einzelheiten über das
in Wandlung begriffene Gerichtswesen lassen weitere Fragen anklingen, die in
der Offentlichkeit widerhallen.
Blühende Entwicklung der Historiographie und die Bemühung um die eingehende
Schilderung des Zuständlichen, beides getrieben von dem Willen, das deutsche
Volk vor die Augen der Welt zu stellen — so zeichnet sich eine Strömung, eine
Stufe in der humanistischen Bewegung ab, die — im Unterschied zu einer folgenden,
vorzugsweise theologisch-kritischen—treffend die „patriotisch-romantische“ ge-
nannt wird45). Kein einzelner verkörpert sie plastischer als KoNRAD Celtis,
42) Descriptio Sueviae, ed. H. Escher: (Quellen z. Schweiz. Gesch. Bd. 6), Zürich 1884.
4S) Tractatus de Civitate Ulmensi, de eius Origine, Ordine, Regimine, de civibus eius
et statu. Ediert G. Veesenmeyer, Stuttgart 1889 (Bibi. d. Lit. Vereins, Bd. 186).
M. Häussler : Felix Fabri aus Ulm u. s. Stellung zum geistigen Leben seiner Zeit.
Leipzig 1914.
44) Memorabilium omnis aetatis et omnium gentium Chronici commentarii a Joanne
Naue o J. U. Doctore. Complevit opus. J. N. Basellius Hirsaugensis 1514, gedruckt
Hagenau 1516.
Joh. Haller, s. Anm. 39, a. a. O. Bd. 2.
45) P. Joachimsen, s. Anm. 13, a. a. O. S. 443 fr., mit bewußter Gleichsetzung zur
romantischen Bewegung im 18. Jhdt.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
27
der „deutsche Erzhumanist“ (1459—1508)46). Ftüh verläßt er das Vaterhaus, der
Sohn eines armen mainfränkischen Winzers, um von einer Universität und Biblio-
thek zur andern, von einem Lande zum andern zu vagieren — dabei besucht er
auch Polen, Böhmen, Ungarn, Italien — um die Schätze der humanistischen
Wissenschaft sich anzueignen, aber auch erlebend im Umgang mit Menschen, die
weite Gotteswelt in sich aufzunehmen. In Heidelberg hört er den verehrten Führer
der älteren Humanistengeneration RUDOLF AGRICOLA (1443 — 1486) in seiner
Polemik gegen die starren Bewahrer der scholastischen Tradition dozieren: An die
Dinge selbst muß man sich halten, muß erforschen die Lage der Länder, die Sitten
der dort wohnenden Völker usw. — ein universales Programm aller Realwissen-
schaften mit dem Vorrang der Menschheitskunde. Aber deren Hauptbedeutung
sieht Agricola in ihrem moralischen, erziehlichen Wert: weil jede genauere
Kenntnis der Wirklichkeit uns tiefer davon überzeugt, „daß alle Sorge auf das
Heil der Seele gewandt sein muß“47).
Bei Celtis schlägt diese beschaulich-fromme Theorie (die ähnlich auch in der
pädagogischen Lehre des ERASMUS begegnet) zur handfesten Aktivität um. Einer-
seits erweist er sich als echter Jünger des ENEA SlLVIO: durch gewandte Ver-
wendung der lateinischen Sprache als des geschmeidigen Ausdrucksmittels für
alles und jedes, auch das derbste Erleben, durch die weltoffene Wirklichkeitsnähe,
durch das frische Angreifen der jeweiligen Aufgaben, die der Tag ihm stellt (bei
doch auch gelegentlichem Versagen), durch rastlosen Drang nach Publizität, nach
Ruhm; andrerseits steht er doch dem römischen Staatsmann TACITUS näher durch
den edlen Willen zur Größe seines Volkes, der sein Wirken durchglüht. Ohne daß
treilich der deutsche orator, poeta, philosophus ein Staatsmann war und sein konnte.
Celtis ist der erste deutsche Poeta laureatus, vom Kaiser Friedrich III. in
Nürnberg 14-78 gekrönt und übrigens wirklich auch von der Muse geküßt. Verse
schmieden, Gefälligkeit des Ausdrucks gehört unerläßlich zum humanistischen
Programm, das eine höhere Form des Menschentums für die Deutschen anstrebt,
im Sinne des kalos kai agathos der Antike. Aber bei CELTIS bedeutet poeta im
Ursinn des Wortes: Schöpfer sein, der originalen Kraft bewußt und zugleich der
hohen Verantwortung, der Berufung: Neues zu schaffen, eine neue Welt. „Was
bleibt, stiften die Dichter.“ Tatendrang beseelt ihn und manche Gefährten, dem
Fernen zugewandt, zu unbetretenen Regionen des Schauens, des Wissens, im
j. er^angen nach Aufstieg aus der Enge ins Weite, aus dem Kleinen ins Große. Die
aiffd^Um *st verbunden mit dem „appetitus socialitatis“: in der Richtung
_u ie umfassende Gemeinschaft der Nation und in deren Dienst auf die engere
emeinschaft der Zunft: der zur Führung drängenden Humanisten als des Vor-
46) Fr. v. Bezold: C. Celtis, der dtsche. Erzhumanist,in: Aus Mittelalter u. Ren
München 1918 (zuerst Histor. Ztschr. 49, 1883).
G. Ellinger, s. Anm. 33, a. a. O. I, S. 443ff St. Gallen 1946,
H. Drewinc: Vier Gestalten aus dem Zeitalter des Huma
darin 2. Celtis.
47) De formando Studio, 1484, Druck Köln 1521.
F. v. Bezold: Rudolf Agricola, München 1884.
28
Erich L. Schmidt
trupps eines aufstrebenden Standes. Die hemmende Bindung in die Schranken
eines Stammes ist bei CELTIS überwunden. Den deutschen Lebensraum faßt er als
den Bereich der deutschen Sprache, den Volkskörper als die organische Einheit
der Nation, die aus primitiver Urform sich jetzt zur schönsten Blüte entfaltet.
Auch bei CELTIS ist der Patriotismus chauvinistisch gefärbt durch Eifersucht auf
die Italiener, die ihn stachelt, sein Volk und Vaterland in keiner Weise hinter dem
Fremden zurückstehen zu lassen. Wesentlicher ist doch das wahrhaft Humanistische
seines Ehrgeizes: in der Begegnung mit der antiken Menschentumsidee hat ihn
im Innersten das erhabene Ideal der Menschenwürde angesprochen, und deren
integrierendes Element ist das stolze Bewußtsein der Pflicht und des Rechts, hoch-
gemut als Glied eines großen Volkes zu leben, zu wirken, das durch lange Tradition
vor andern ehrwürdig ist und zu mächtigen Leistungen ausersehen.
Dieser Mann stellt als Führer den Freunden und Schülern für Forschung und
Schaffenslust ein Hochziel auf: die „Germania illustrata“. Durch Zusammen-
wirken vieler Gelehrter soll sie entstehen: ein Bild des deutschen Volkes und seines
Wurzelbodens, mit allen eingeborenen Kräften und ihren Bewährungen in Ver-
gangenheit und Gegenwart, ein würdiges Denkmal, das im Bereich der Wissen-
schaft nachholt und wiedergutmacht, was frühere Geschlechter durch Mangel an
Interesse und Pflege versäumt haben. So soll Deutschland im Kreise der europäischen
Völker, besonders gegenüber den Italienern, rehabilitiert und in der Zukunft
repräsentiert werden. Mit gelehrter Arbeit, mit Wort und Schrift und werbender
„Dichtung“ dient CELTIS rüstig seinem Ideal und gleicht dadurch manches All-
zumenschliche seiner Erscheinung aus.
Der große Plangedanke ist durch BlONDOs „Italia illustrata“ literarisch angeregt—
er war doch der Inbegriff deutscher humanistischer Arbeit einer Generation, soweit
sie der wissenschaftlichen Bewältigung der gegebenen Wirklichkeit in Natur und
Geschichte galt: der Deutschkunde. Unverkennbar harmoniert er mit dem ge-
schäftigen Reichsreformstreben, der weltweiten Kaiserpolitik MAXIMILIANS.
Viele Humanisten huldigten, wie CELTIS, in schwungvollen Gedichten, Reden und
Widmungen dem Kaiser, der auch seinerseits ihren Bestrebungen seine Gunst
erwies und sie für sich in Dienst nahm. Starken Auftrieb verlieh der Begeisterung
für Reich und Kaiser die weltpolitische Situation, die Mitteleuropa zur Verteidigung
gegen die Türkengefahr aufrief. Die Deutschen mußten sich als Torhüter der
Christenheit fühlen. Und das Leitmotiv der romantisch-patriotischen Gelehrten-
arbeit, das gesamt-deutsche Gemeingefühl, war keineswegs Alleinbesitz der Gilde.
Wie es in breiten Schichten auch der Ungelehrten lebte, davon zeugt das Volkslied.
„Soll ich von wunder sagen, so ist ir das wol eins, daß auf dem löblichen Tage
Deutschland ist worden eins“ (1512, mit Anspielung auf den Kölner Reichstag
dieses Jahres). Fortan heißt es im Liede: „Frischauf in Gottes namen, du werde
teutsche Nation48)!“
Als eigenen Baustein zu dem gedachten Ruhmesdenkmal verfaßte CELTIS nur
eine Schilderung der Stadt Nürnberg (1498), gelehrt, reichhaltig, anschaulich, das
i8) R. v. Liliencron, s. Anm. 35, a. a. O. XXXIII.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
29
Ulmer Vorbild Fabris formal noch übertreffend. Die Wahl des Themas kenn-
zeichnet sowohl den persönlichen Erlebnisimpuls des Autors, dessen Arbeit der
Nürnberger Magistrat jahrelang finanzierte, wie auch den Rang dieser Reichsstadt:
als Ausbund deutscher Herrlichkeit in jener Epoche49).
Viele Federn setzten sich in Bewegung in dem von Celtis mobilisierten Kreise,
in den von ihm gestifteten Sodalitäten und darüber hinaus, auch lange nach dem
Ableben des Meisters. Unter den Vorbildern, an denen sich arbeitslustiger En-
thusiasmus entzündet, steht immer die Germania desTACITUS an erster Stelle, mit
ihren fruchtbaren Kategorien der völkerkundlichen Charakterisierung. Doch ist
im ganzen wenig Weiterführendes zur Menschheitswissenschaft dabei heraus-
gekommen, außer für Altertumskunde und Historie. Auf diesen Gebieten haben die
Peutinger, Aventin, Beatus Rhenanus, Cuspinian,Vadian, Althamer u.a.
ihre Verdienste. In der Regel nahm man nur Teilaufgaben in Angriff: Stammesge-
schichts- und Landschaftsmonographien. So Albert Krantz (ca. 1450—1517)
in seinen Büchern über nördliche Regionen50). Ein einziger unterfing sich, gleichsam
mit einem Schlage die Gesamtaufgabe zu lösen: der 23jährige FRANCISCUS
IRENICUS (1495 —1559). Aber sein hastig gefüllter Folioband mit einer „Dar-
stellung Deutschlands“51) bot ein recht konfus komponiertes Sammelsurium von
geographischen, historischen, antiquarischen, genealogischen, heraldischen Lese-
früchten, vermischt mit zerstreuten, wohl z. T. beachtlichen persönlichen Beobach-
tungen — bei weitem doch nicht eine Erfüllung des nationalen Anliegens.
Zu den begeistertsten und produktivsten Arbeitsgefährten des CELTIS gehört
der Tübinger Professor HEINRICH Bebel, Sohn des Schultheißen von Justingen
(T472—1516)52). Durch verdienstliche Werke auf den Gebieten der Philologie und
der Geschichtsforschung steht er in vorderster Linie der romantischen Patrioten.
Aber von den meisten der Zunftgenossen unterscheidet er sich dadurch, daß er bei
aller Gelehrsamkeit und ehrgeizigem Streben nach Publizität im Dauerkampf um
seine Position doch immer in nächster Lebensgemeinschaft mit der dörflichen Welt
seiner Herkunft verbleibt. Dieser Verwurzelung im Heimatboden entsprießt ein
originelles Werk: eine Sammlung deutscher Sprichwörter — als Beitrag zu der
Frage: wie sind die Deutschen?53)
TACITUS hatte gesagt, daß bei den Germanen gute Sitten dasselbe bewirken,
wie bei den andern Völkern Gesetze. Nun sammelt BEBEL, als er auf der Flucht
vor der Pest, die in Tübingen wütet, wieder einmal daheim weilt, Sprichwörter
) Gedruckt Nürnberg 1502 zusammen mit Quattuor libri amorum. — A. Werming-
H°&of \7~’°nra.d ^ekis und sein Buch über Nürnberg, Freiburg i. Br. 1921.
) andalia in qua de Wandalorum populis et eorum patrio solo, ac in Italiam, Galliam,
lspaniam, Aphricamet Dalmatiam migratione, et de eorum regibus ac bellis domi foiisque
S-:- 0 onia Agrippina 1519; ebenso: De Saxonia, Köln 1520. (t
)Ger-aniae exegeseos Volumina duodecim, Hagenau 15x8 (im Anhang „Norimbcrga
des Celtis); Inhaltsangabe bei Horawitz: Nationale Geschichtsschreibung im 16. Jahr .,
in. Histor. Zeitschr. Bd. 25. — Einzige Neuausgabe von J. A. Bernhard, Hagenau 1728.
J. Haller: s. Anm. 39, a. a. O. I, 212ff. „
) Proverbia germanica collecta atque in latinitatem reducta. Tübingen 1508. — Herausg.
von W. H. D. Suringar, Leiden 1879
30
Erich L. Schmidt
aus schwäbischem Volksmund und überträgt sie ins Lateinische: als ehrwürdige
Zeugnisse der Weisheit, Lebenserfahrung und sittlichen Anschauungsweise der
germanisch-deutschen Altvordern, von Generation zu Generation in mündlicher
Überlieferung fortlebend, von gleichem Gewicht, wie anderswo Systeme von
Philosophen und Gesetzgebern. So soll der Gelehrtenwelt ein neues Feld wissen-
schaftlicher Forschung gewiesen werden, auf dem ein Ertrag für die Volkskunde,
für die Seelenkunde des Deutschtums winkte. BEBELS Gedanke klingt in Sprich-
wörtersammlungen der Folgezeit an: bei JOHANN AGRICOLA (1529), vor allem
bei Sebastian Franck (1541)54).
Die größte Bedeutung in dieser Reihe von Unternehmungen kommt nun der
Leistung des in Ulm lebenden Deutschordenspriesters JOHANNES BÖHM aus Aub
zu (etwa 1490 bis 153 3). Sie war dem Appell des CELTIS, wie unmittelbar dem Anreiz
verpflichtet, der von TäCITUS ausging. 1520 erschien seine „Fundgrube (Reper-
torium) der allgemeinen Völkerkunde“55)- In dem dünnen Quartbande sind etwa
20 Völker behandelt, geographisch angeordnet nach dem Schema der Chorographie
des PomponiuS MELA; auf Afrika und Asien folgt Europa. Und hier im 3.Teil
findet eine Darstellung des eigenen Volkes, des deutschen, Platz; in sechs Kapiteln,
während den übrigen Völkern in der Regel nur je eines dient. Entsprechend der
Stoffgliederung in der Germania des TACITUS schildert der erste Abschnitt das
Gesamtvolk, daran schließen sich Kennzeichnungen der einzelnen Stämme: der
Sachsen, Westfalen, Franken, Schwaben, Bayern und Ostmärker. Der allgemeine
Teil führt, hauptsächlich auf CÄSAR und TACITUS fußend, das frühe Kulturstadium
der Germanen vor Augen und dann die Zustände, in denen die Deutschen in der
Gegenwart des Autors leben. Gewährten hierbei Enea SlLVIO, vielleicht das
Ulmwerk Fabris, sicher die Chronik des NAUCLERUS humanistische Muster, so
brachte BÖHM aus Eigenem bedeutsame Erweiterungen herzu. So hatte der aus
Ministerialengeschlecht stammende Tübinger Jurist in der Skizze des gesellschaft-
lichen Aufbaus seines Schwabenvolkes nur drei Stände genannt: Adel, Klerus und
Stadtbürger. Der Priester aus dem mainfränkischen Städtchen aber gliedert jetzt
die Gesamtnation in vier Stände und fügt zu Klerus, Adel und Bürgern als vierten
Stand die Bauernschaft hinzu, der die breite Masse der Bevölkerung angehörte.
Selbstverständlich war man sich zu allen Zeiten der Bedeutung des Ackermanns
für die Existenz und das Gemeinschaftsleben der Menschheit bewußt gewesen.
Auch das deutsche Schrifttum jener Wendezeit berücksichtigt die Rolle des vierten * 65
E4) F. Seiler: Deutsche Sprichwörterkunde, München 1922.
W. E. Peuckert: Sebastian Franck, München 1943, S. 456ff.
65) Repertorium librorum trium Joannis Boemi de omnium gentium ritibus etc., Augs-
burg 1520; vgl. Anm. 15, a. a. O. S. 68ff.
Neuausgabe der Deutschland-Kapitel E. Schmidt: Johannes Bohemus, Das deutsche
Volk 1520, Progr. Berlin 1910. — Einiges davon in F. Böhm u. E. L. Schmidt: Auswahl
aus den Humanisten zur deutschen Volkskunde, 2. Aufl. Leipzig 1930. — Die Sachsen-
und Westfalen-Kapitel in R, Kohl: Niederdeutschland bei Joannes Boemus Aubanus,
in: Niederdeutsche Zeitschr. f. Volkskunde, 18. Jahrg. 1939., S. 68ff. (Text, Übersetzung,
Kommentar).
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
31
Standes in allen Formen und Tonarten. Aber BÖHM fügt hier dies wesentliche
Bauelement des Volkskörpers erstmals in das wissenschaftliche Begriffssystem56).
Überraschend neuartig ist dann auch einiges, was BÖHM bei den Bildern der
einzelnen Stämme dem gängigen, schon aus Büchern schöpfbaren Stoff hinzutat.
Bei Westfalen, Sachsen, Schwaben und Kärntnern nicht so erheblich wie bei
Franken und Bayern. Im Frankenkapitel schildert er u. a. volkstümliche Bräuche,
die im Zusammenhang mit kirchlichen Einrichtungen und dem Verlauf der Jahres-
zeiten das Leben des „gemeinen Mannes“ in Stadt und Land festlich bekränzen.
Einzelne solcher Bräuche begegnen auch in anderen Literaturwerken der Zeit
(und früher), z. B. in pädagogischen Schülergesprächen: von fortschrittlichen
Lateinlehrern zur Kurzweil für die mühselige Erlernung der lateinischen Fremd-
sprache eingeflochten, weil man der freudigen Aufnahme durch die Schülerherzen
gewiß war57). Die Bindung der Feste zum Jahreskranze folgte uralter Überlieferung
und war auch den populären Bauernkalendern abzusehen, die meisterhafte sprach-
liche Gestaltung der Szenenbilder aber ist ganz original. Dieser Teil vor allem hat
dem Werk BÖHMS in neuerer Zeit Beachtung und dem Verfasser den Titel eines
Pioniers, ja des Altvaters der deutschen Volkskunde erwirkt58).
Das Bayernkapitel bringt u. a. die frühmittelalterlichen, in Spuren damals noch
fortlebenden Volksrechte der Lex Bajuvarorum zum Abdruck. Damit gehört es
als Denkmal humanistischer Bahnbrechung in die deutsche Rechtsgeschichte. In
ueren Darstellungen gilt freilich seit jeher und bis heute der Freiburger Jurist
JOHANN Sichard als Wiedererwecker von Urkunden altdeutschen Rechtslebens59).
BÖHM kam ihm zehn Jahre zuvor, und zwar auf Grund einer sonst unbekannten
Vorlage. Wesentlicher als der zeitliche Vorsprung ist der psvchologische Unter-
schied im Hinblick auf die Triebfedern der Publikation. SlCHARD will einen Beitrag
zur deutschen Rechtsgeschichte geben, wissenswert „vetustatis ergo“. Hingegen
bei Böhm fügt sich das juristische Element in das Ganze seiner Deutschkunde ein, 68
) A. Bartels: Der Bauer in der deutschen Vergangenheit, Jena 1911. — F. v.
ezold: Die „armen Leute“ in der Literatur des späteren Mittelalters, in: „Aus Mittel-
a ter und Renaissance, München 1918.— K.Uhrich: Der Bauer in der Publizistik der
e ormation, Archiv für Reformationsgesch., 33. Jahrg., Leipzig 1936.— J. Bolte: Der
^auer im deutschen Liede, Berlin 1890. — Das Handbuch der Soziologie, herausg. von
'67.1C5 Stuttgart 1931, enthält den Begriff des Bauerntums nicht.
H BÖMER’ s- Anm. 34, a. a. O. 1. Bd.
68) A IuHEL: Petrus Mosellanus Paedologia, Leipzig 1518; cd. Berlin 1906.
Volksku |AUFFEN: Geschichte der deutschen Volkskunde, in: Zeitschr. d. Vereins für
künde a*0 -i 2°‘ Bc^’ ®er^n J910* — Zuerst Fr. Vogt: Beiträge zur deutschen Volks-
AnrWc U\v/ t^rcn Quehen, in: Zeitschr. d. Vereins für Volkskunde, 3. Bd., Berlin 1893.
C TrJ;* Peucke*L S. Anm. 54, a. a. O. S. 163E
Die p-ekt Ti Geschichte der deutschen Volkskunde, Prag 1931 u. a. — R- Kohl:
cs csgcsc ic tliche Bedeutung der Deutschlandkapitel im Repertorium des J. Boemus
Aubanus, in: Ztschr.f Volksk. 1939, N.F. Bd. 9, S. 191 ff.)-Ders.: Niederdeutschland bei
69\°TmUS nU^’ *n: Niederdeutsche Zeitschr. f. Vkde, Jahrg. 18, 1939, 68ff.
1 oanorum, Bajoariorum etc. nunc primum vetustatis ergo recusae, Basel
7°- ’ ehmann: Joh. Sichardus u. d. von ihm benutzten Bibliotheken u. Hand-
schriften. München 1911.
32
Erich L. Schmidt
nicht etwa nur, weil einiges von den alten Gesetzen noch in seiner Gegenwart gilt,
sondern weil Rechtsanschauungen und -einrichtungen insgesamt vorzüglich die
Wesensart eines Volkes kennzeichnen. Aus dieser Wertung früherer und gegen-
wärtiger Rechtsformen ist ja das Repertorium als eine Auslese von leges omnium
gentium bestimmt. Das Volksrecht aus Merowinger Zeit steht hier als Zeugnis
völkerkundlicher Charakteristik, in Parallele mit den urgermanischen Rechts-
einrichtungen, die aus TACITUS geschöpft sind, und den modernen, die etwa schon
NAUCLERUS notiert hatte.
Bei allem bunten Reichtum weist die Volkskunde BÖHMS gewiß erhebliche
Lücken und Mängel auf, auch nach dem Maße ihrer Zeit. Die Stämme sind recht
unterschiedlich behandelt, nicht nach einer überlegten Norm. Naiv ist manches
dem Gesamtvolk zugeschrieben, was einem Stamme eigen ist. Sowohl der Erfah-
rungsbereich des Autors, wie auch die damals vorliegende gelehrte und volks-
tümliche Literatur hätten gut auch weitere Elemente als Dokumente der Volksart
in das Bild einbeziehen lassen: Lieder, Sagen, Schwänke, Spiele, Rätsel, Heilver-
fahren, Beiglauben mancher Art60). Jener Festkranz bringt nur eine sehr geringe
subjektiv bedingte Auswahl aus den zahlreichen verwandten Erscheinungen der
Benediktionen und der fortlebenden Spuren aus der vorgeschichtlichen Kultur-
schicht der magischen Weltanschauung. Neben den alten Leges mag man Berück-
sichtigung des Sachsen- und Schwabenspiegels vermissen. Auch die Reichs Ver-
fassung ist nur leise gestreift. Aber all dies zusammen würde vollends den Rahmen
gesprengt haben, der von vornherein das Werk nicht als umfassendes Kompendium,
sondern als Abriß geplant hatte, wie ja denn auch den andern Völkern erst recht
nur ein relativ schmaler Textraum zugemessen ist. Der wilde, krisenhafte Zug der
Epoche, die sich in Krämpfen des Überganges von einer Entwicklungsstufe zur
andern wand, tritt im Gemälde zurück, wenn auch Andeutungen dieser Region der
Wirklichkeit keineswegs fehlen61). Geschaut und gestaltet ist das Ganze aus dem
Gesichtswinkel des schlichten Priesters in der Gelehrtenzelle des Ulmer Deutsch-
hauses.
Trotz solcher Beschränktheit bleibt immerhin: BÖHM hat mit persönlicher
Prägung das einzige abgerundete Bild des deutschen Volkes in der Lebensform
seiner Gegenwart geschaffen, das aus den Bestrebungen des Zeitalters hervor-
gegangen ist: als ein humanistisches Gegenstück zur Germania des TACITUS. Als
Glücksvorzug vor sämtlichen historischen Völkern gilt es, daß die Kunst des
römischen Ethnographen dem deutschen Volke solch Porträt des Kindheitsalters
auf den Weg gegeben hat. Bei der bedeutsamsten Wendung dieses Weges, an der
Schwelle der Reformation 1520, hat JOHANNES BÖHM sein Volksbildnis aufge-
richtet, schlecht und recht. An vier Jahrhunderte hat es gedauert, ehe wieder
entsprechende Versuche gewagt wurden, gemäß den bis dahin gründlich veränderten
60) A. Franz: Die kirchlichen Benediktionen im Mittelalter, 2 Bde., Freiburg i. Br.
1909. — M. Rumpf: Religiöse Volkskunde. Das gemeine Volk. Ein soziologisches u.
volkskundl. Lebens- u. Kulturgemälde, 3 Bde. (Schriften der Dt. Akademie Nr. 15),
Stuttgart 1933.
61) W. Andreas: Deutschland vor der Reformation. Eine Zeitwende, Stuttgart 1932.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
33
Bedingungen der Menschheitswissenschaft wie des modernen gesellschaftlichen
Aufbaus der Nation.
Daß dieser erste Entwurf einer deutschen Volkskunde in den Zusammenhang
einer allgemeinen Völkerkunde eingeschaltet ist, läßt nach besonderen, seelischen
Voraussetzungen ausschauen, denen solche erstaunliche Leistung entsprossen sein
mag* 6 62). TACITUSwar zu seinem völkerkundlichen Werk gekommen, nachdem er
ein reiches Leben praktischer, staatsmännischer Bewährung in Rom und seinem
weiten Reich hinter sich gebracht und den Vollbesitz der wissenschaftlichen Hoch-
kultur seiner Welt erworben hatte. Fremderlebnisse, die ihm angesichts des britan-
nischen Schauplatzes der Taten seines Schwiegervaters Agricola und dann beim
dienstlichen Aufenthalt in Germanien und Vorderasien begegneten, machten den
Rhetor zum Ethnographen. Daraus entwickelte sich, wird angenommen63), der
Impuls auch zu weiteren Schriftstellerarbeiten: den Historien und Annalen.
BÖHM war kein Staatsmann, er hat keine Reisen ins Ausland gemacht. Bücher-
studium nährte seine Sehnsucht ins Weite, in die bunte, wunderbare Welt draußen.
Solche Sehnsucht gehört zu den auffallenden Merkmalen des Zeitalters. Zahlreiche
Literaturwerke geben ihr Ausdruck, phantastische Unterhaltungsschriften und
Schilderungen wirklich vollzogener Reisen64). Erlebnisse, die zum Staunen, Fragen,
Beobachten, Vergleichen, Sammeln und zum Darstellen reizen und bei der lang-
wierigen Schriftstellerarbeit antreiben, sie sind bei BÖHM mit Wahrscheinlichkeit
vorzugsweise in Jugendeindrücken zu vermuten. Heimatjahre zwischen Kleinstadt
und Dorf, dann Lehrjahre bei verschiedenen Stämmen seines Volkes (Sachsen und
Schwaben) konnten sie ihm bringen. Diese Annahme stützt sich auf das Gedicht-
büchlein BÖHMS von 1515 zum Lobe der Musik65). Auch dort schon begegnen
Szenen vom heimischen Brauchtum, die den Menschen in der Berührung mit
dämonischen Gewalten zeigen: wie frische Blumen zieren sie das zünftige Schmiede-
werk der lateinischen Verse.Auf dem Wege zum Ordenspriesterstand traten dazu
literarische Anstöße aus dem humanistischen Schrifttum in Kraft, mit den patri-
otisch-romantischen Tendenzen. Liegt auch der Bildungsgang mit allen Einzelheiten
im Dunkeln, so sind doch Wirkungen nachweisbar, die von TACITUS und EneA
Silvio, von Celtis, Nauclerus ausgingen, besonders von Heinrich Bebel,
dem BÖHM wohl auch persönlich nahestand. Einfluß bestimmter weltanschaulich-
kritischer Werke der philosophischen und theologischen Diskussion ist im Reper-
t0r'um nicht angedeutet.
Doch mag kaum ein andres Werk aus der gewaltigen Fülle des damaligen
Gelehrtenschrifttums in solchem Maße (bei so geringem Umfange!) wie BÖHMS
.. __ wr mühlmann:
6i) L. Weiser-Aall: Volkskunde und Psychologie, Berlin 1937-
Methodik der Völkerkunde. Stuttgart 19 3 ^* Bes> Einl.
63) E. Kornemann: Tacitus. Leipzig 1946, bcs> S* 5 5^ aßburg 1904. —
61) M. Böhme: Die deutschen Reisesammlungen des 16. Jahrh., ^ Mackensen:
J. Berg: Ältere deutsche Reisebeschreibungen, Dissert. Gießen 1912.
Die deutschen Volksbücher, Leipzig 1927.
65) S. Anm 36.
3 Volkskunde
34
Erich L. Schmidt
Ausblicke auf mannigfache Bestrebungen der Zeit- und Zunftgenossen gewähren66).
Und aus dem Zusammenklang der Motive ist auch das Einmalige, Persönliche
herauszuhören, was ihm besonderen Reiz und geistesgeschichtliche Bedeutung
verleiht: als echte Frucht der humanistischen Bewegung, trotz des wesentlich
scholastischen Gepräges seiner unkritischen Arbeitsweise, von der das Werk im
allgemeinen zeugt.
Schon die Zweckbestimmung läßt die charakteristische Einstellung des deutschen
Wissenschaftsbetriebes erkennen, der in seiner Weise auf praktische Wirksamkeit
ausging, auf fortschrittliche Formung des Lebens im Sinne der Humanitas: durch
Erziehung. BÖHM ist es nicht einfach darum zu tun, den überlieferten oder neu-
gewonnenen Stoff zu registrieren. Auch das wäre schon verdienstvoll gewesen: etwa
wie Enea SlLVIO mit seiner Kosmographie die zurückliegende Epoche dieses
Forschungszweiges abzuschließen, um zugleich eine neue zu eröffnen. Erscheint
es doch geradezu als eine Forderung des kulturhistorischen Moments, gewisser-
maßen eine Bilanz des vorliegenden ethnographischen Buchwissens zu ziehen und
dabei auch erstmals den Stoff in seiner Besonderheit aus der traditionellen poly-
historischen Verquickung herauszulösen — angesichts der soeben im Gange
befindlichen neuen unerhörten Horizonterweiterung durch die überseeischen
Entdeckungen. Deren Errungenschaften an neuem Wissen zur Menschheitskunde
begannen ja langsam auch nach Deutschland hereinzufluten. Aber BÖHMS Leit-
gedanke ist ausgesprochenermaßen vielmehr durchaus praktisch-pädagogisch,
und zwar recht originell:
Für Männer an leitender Stelle, die durch ihr Amt für eine kleine oder große
Gesamtheit Verantwortung tragen, ist ausgebreitetes Wissen um fremde Völker,
ihre Gesetze, Einrichtungen, Sitten, Religionen, Bräuche notwendig, ebenso wie
eine gründliche Volkskenntnis im eigenen Lebenskreise. Erst solch Wissen gibt
ihren amtlichen Entscheidungen Gewicht, Ansehen, Kraft. So wird ja im kleinen
Alltag manches leicht gering geschätzt, weil es „nicht weit her“ ist. Da aber Reisen
in die Ferne und das Studium des Fremden an Ort und Stelle vielfach tatsächlich
unmöglich sind, soll das kurzgefaßte Repertorium als Behelf dienen. Also ein
Lehrbuch, ein völlig neuartiger Beitrag — auf eigene Faust — zur fachlichen
Ausbildung im Stande der Beamten, der damals im Begriff war, beim Übergang vom
feudalistischen zum bürokratischen System der Verwaltung und Regierung seine
Stellung auszubauen. Eine Anregung dazu hat der Verfasser möglicherweise aus
der Wirksamkeit der Kanzleischule erhalten, die ihm in Ulm vor Augen stand67).
Schüler dieser damals berühmten Institution fanden Dienststellen in Amtsstuben
weit über die Grenzen Schwabens hinaus. In der Geschichte der Pädagogik, die
viel von schulmeisterlichen Bemühungen um eine geeignete Fürstenerziehung
berichtet, ist bisher dieser Beitrag BÖHMS zur Sozialpädagogik m. W. nicht beachtet.
66) R. Kohl: Die geistesgesch. Bedeutung der Deutschland-Kapitel im Repertorium
des J. Boemus Aubanus, s. Anm. 58.
67) P. Joachimsen: Die Ulmer Kanzleischule unter dem Einfluß des Frühhumanismus,
in: Ztschr. f. deutsches Altertum usw. 37. Bd, N. F. 25, 1893, S. 24fr. — E. Rübling:
Die Reichsstadt Ulm am Ausgang des Mittelalters, 2. Bd, Ulm 1907.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
35
Auf das volks- und völkerkundliche Wissen schlechthin kommt es BÖHM
übrigens nicht so sehr an, als vielmehr auf das Verstehen, eine richtige Auffassung
und gerechte Würdigung für die Menschenkunde, Menschenkenntnis. Jenen
Jahresfestkranz deutscher Volksbräuche leitet er mit dem Satze ein: „Viele wunder-
liche Bräuche pflegt unser Volk, die ich gleichfalls schildern will, damit man nicht
für Fabelei erachtet, was über die Fremden geschrieben wird“ (Rep. III, 15)* Mit
andern Worten: was die Völkerkunde der antiken und neueren Autoren von den
verschiedenen Völkern meldet, mutet uns oft sehr befremdlich an. Es läßt einen
unüberbrückbaren Abstand zwischen uns und jenen empfinden, macht uns die
Berichte mindestens teilweise sogar unglaubwürdig. Jedoch das rechte Verhältnis
zu ihnen gewinnt man nur, wenn man unbefangen das eigene Volk beobachtet.
In dessen Gewohnheiten und Einrichtungen findet man dann ebenfalls manches
Unverständliche. Rätselvoll deuten sonderbare Handlungen auf dunkel ferne
Vergangenheit ihres Ursprungs, auf nicht am Tage liegende Beweggründe hin.
Lärmen, Feuer, sinnhaltige Zeichen sollen satanische Geister, Dämonen, schaden-
bringende Gewalten abwehren; Segen für Menschen, Vieh und Bodenfrucht wird
aus unbekannten, nur geahnten Mächten der Erde und des Himmels beschworen,
auf jedermann geläufige, altherkömmliche Weise. Die Kirche heiligt solche Bräuche
teilweise durch persönliche Mitwirkung ihrer Priester, durch Anerkennung in den
legitimen Einrichtungen ihrer Volksführung. Einiges derartige läßt sich augen-
scheinlich mit Gepflogenheiten vergleichen, die auf dem zeitlich und räumlich fernen
Boden fremdartiger Anschauungen, etwa bei den Völkern der Antike, entstanden
waren und von dort zu uns gewandert sein mögen. Auch diese im Irrationalen
wurzelnden Bräuche gehören zur Wesenheit unseres und jedes Volkes, kennzeich-
nen seine Eigenart beim Vergleich mit andern Völkern — genau so wichtig, wie
daneben die Gegebenheiten der übrigen ethnographischen Begriffskategorien:
körperliche Erscheinung des Volksmenschen, Sachgüter der Zivilisation (Nahrung,
Kleidung, Schmuck, Waffen, Geräte, Behausung, Siedlung), wie Wirtschaftsweise,
gesellschaftliche und politische Einrichtungen, Sprache, Gesten, Umgangssitten,
Rechtsanschauungen, Gesetze, Pflege der Künste und Wissenschaft — alle Lebens-
formen, die freilich das kurzgefaßte Repertorium ebenfalls nicht erschöpfend
behandeln, sondern nur andeuten konnte.
Die kuriosen Mirabilia, die dunklen Elemente der volkstümlichen Anschauungs-
welt waren sämtlichen Volksgenossen von Jugend auf vertraut, auch den Höchst-
gebildeten — es war BÖHM Vorbehalten, sie in den Bereich wissenschaftlicher
Betrachtung, einer auf Objektivität bedachten Volkskunde hineinzuziehen.
Solche Besinnung auf die Summe aller Merkmale, die den Begriff der Volkheit
mit Inhalt füllen, läßt BÖHM einen weiteren Gedankenschritt tun, führt ihn vollends
zu einer wahrhaft humanistischen Weitsicht: Jedes Volk ist so, wie es ist, mit allen
Zügen seiner Wesenheit und Entwicklung, aus dem Willen des Weltschöpfers
hervorgegangen. Gott liebt alle seine Geschöpfe gleicherweise und verleiht ihnen
Lebensraum auf der Erde, etwa wie der Gärtner seinen verschiedenen Gewächsen
im Garten, wo sie unter den natürlichen Bedingungen sich artgemäß entfalten. Da
muß sich jede Kreatur, also auch jedes Volk, mit dem Los zufrieden geben, das ihm
36
Erich L. Schmidt
zuteil geworden ist, ohne die andern zu beneiden oder zu verachten (Rep.
Schluß).
Mit so weltweiter Toleranz und Gerechtigkeit zeigt sich BÖHM im Strahlungs-
bereich der damals zu einem neuen Humanismus vorgeschrittenen abendländischen
Geistesentwicklung. Seit dem Lebenswerk des Kardinals NIKOLAUS VON CuSA
war diese Anschauungsweise als Wirkung des eindringlich gepflegten Umgangs
mit dem antiken Humanismus, mit PLATO, CICERO, Seneca, und besonders der
Horizontausweitung zum Morgenlande hin bei führenden Geistern auch in Deutsch-
land zum Durchbruch gekommen, so bei ReuCIILIN, wie bei ERASMUS. Im
Erfurter Kreise des KONRAD MuTIANUS RufüS hatte sie eine Pflegestätte gefunden,
einigermaßen vergleichbar der neuplatonischen Akademie in Florenz68). Als
religiös-universalistischen Theismus kennzeichnet WILHELM DiLTHEY diese
Geisteshaltung69). Durch das Jahrhundert hin leitet sie zu der Wissenschaft des
JEAN Bodin, zu Hugo GrOTIUS. Nur sehr allmählich dringt sie durch. Ob und
auf welchem Wege BÖHM ihren Einfluß unmittelbar erfahren haben mag, ist nicht
bekannt. Sein Werk zeigt, in der Zwiespältigkeit seiner Haltung, die Symptome des
Übergangs.
Gewiß: der Ordenspriester ist seiner Kirche durchaus treu, ihre Lehre ist für ihn
die wahre, die ihr entgegenstehende der heidnischen Philosophen und Anthropo-
logen die falsche. Darum teilt er auch den Abscheu des Christen vor dem Irrwahn
Mohameds, der Abgötterei der Preußen und Litauer, und er registriert diese
Abnormitäten für seine ethnographische Sammlung, ohne seine Mißbilligung
zurückzuhalten. Soweit berührt sich BÖHM etwa mit JOHANNES STAMMLER.
Dieser hatte in Tübingen scholastische Theologie studiert und schrieb als Priester
in Kissingen 1508 einen Traktat über die verschiedenen Religionen und Bräuche
der Tartaren, Sarazenen, Türken, Juden und Heiden, im Vergleich mit den Formen
des christlichen Glaubens und Lebens70). In seinem „Vorwort quasi Germani
Freidanck et Truiecart ad lectorem“ sprach er sein Urteil: „Wahrlich die Welt ist
wohl ein Vogelhaus, und sitzen mertails Narren darinn.“ Alle Narrheit, allen Unfug
fand er doch nur bei den Nichtchristen. Wenn aber BÖHM als humanistischer
Wissenschaftler neben den andern auch das eigene Volk ins Auge faßt und dort ebenfalls
sehr Befremdliches bemerkt, so tritt dabei eine innerliche Verbundenheit mit dem
Dargestellten zutage. Da heißt es nicht nur Beklagen und Schelten, noch Belachen
und Verhöhnen, sondern besser — Verstehen! Und einen Schlüssel zu diesem Ver-
68) B. Groethuysen, vgl. Anm. 2, a. a. O. — R. Stadelmann : Vom Geist des aus-
gehenden Mittelalters usw., in: Dtsch. Vierteljahrsschr. für Lit.-Wissensch. usw., Buch-
reihe Bd. 15, Teil4, S. 144fr. Halle 1929. —K. Völker: Toleranz und Intoleranz im Zeit-
alter der Reformation, Leipzig 1912. — F. IIalbauer: Mutianus Rufus u. s. geistes-
geschichtl. Stellung. Leipzig u. Berlin 1929. — H. Gumbel: Deutsche Kultur vom Zeit-
alter der Mystik bis zur Gegenreformation. Handbuch der Kulturgeschichte, Potsdam
1936—39.
69) Gesammelte Werke, Bd. 2. Auffassung und Analyse des Menschen im 15. u 16. Jahrh.,
Leipzig 1914.
70) Dialogus de diversarum gentium sechs et mundi religionibus, 1508. — J. HalleF»
s. Anm. 39, a. a. O., S. 206.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
37
stehen findet man wohl in der brüderlichen Liebe zu den Menschen. Da wirkt
das Glück der Kindheit nach, der Wohnstube (wie PESTALOZZI sagen würde), a
sind die fröhlichen Erlebnisse unbeschwerter Jugendzeit im Kreise der Vertrauten,
Befreundeten, die noch den gereiften Stubengelehrten mit Behagen erfüllen, mag
auch hin und wieder der Priester und Seelsorger bedenklich die Augenbrauen
beben, der vernünftige Wissenschaftler die Achseln zucken. Fast alle die Brauch
tumsbilder, die BÖHM für den Festkranz ausgelesen hat, zeigen auf schummrigem
Hintergründe die Menschen in fröhlich gehobener Gemütsverfassung, befreit von
den Plagen, Nöten, Ängsten des Alltags, mit Springen und Tanzen, Jubeln un
Singen oder auch prassendem Schmaus und Gelage — für Stunden erlöst aus er
Starrheit der Vereinzelung, in der jeder auf sich selbst allein angewiesen ist, ein
gegliedert in die Gruppe, die Gemeinschaft Gleicher - entspannt und wieder auch
gebunden durch die Magie der Freude.
Sicherlich steht dieser idyllische Aspekt im schroffen Gegensatz zu andern Zeit-
bildern jener grausig-wirren Epoche. Doch besitzt auch BÖHMS Wort dokumen-
tarischen Wert als Bekenntnis eines Augenzeugen und Mitspielers. Darum sin
ihm wohl auch seine Schilderungen so gut gelungen: lebensnah, farbig, plastisch.
Der fremdsprachliche Ausdruck, die antiquarischen Anspielungen tun ihnen keinen
Abbruch.
Her unerklärliche Zauber, der immer wieder frisch aus der Erinnerung an
genossene Freuden, aus erfahrenem Staunen und Erschrecken, aus der Liebe zum
anheimelnd Vertrauten hervorbricht, ist auch in der Folgezeit niemals erloschen:
immer wieder haben sich Gelehrte forschend damit befaßt, wenn auch der Anreiz
dazu und die Tönung der Darstellung aus wechselnden Lagen des Zeitbewußtseins
sich verschieden färbte. Bei BÖHMS Zeitgenossen stand dieser Zauber freilich unter
doppelter Bedrängnis: einerseits des humanistischen Strebens nach dem Aufstieg
,m.a. S£blärten Ideal der vernunftbestimmten Sittenverfeinerung, andrerseits des
B fL°LSen ^^erns um die Säuberung der Lebensform von heidnisch-fleischlicher
CC un8> lrn Sinne einer reinen Christenlehre.
heben .SCtUe°^liehe subjektive Voraussetzungen für volkskundliches Schaffen
ganz*!)810-1 bei einem Bllck auf Erasmus von Rotterdam ab71). Erasmus besaß
)eweili lmrnt den offensten „eidetischen“ Sinn für das Allernächstliegende seiner
Collo ^mgebung. Davon zeugen die scharflinigen, sicheren Zeichnungen der
Dominante Lobes der Torheit, der Adagia usw. wie die Briefe. Aber die ethische
mit dem ' das Erlebnis mit geistreichem Spott oder stolzer Überhebung,
die erru lmmer gegenwärtigen Willen zu belehren, zu erziehen. Ein Abstand trennt
Gemütlichk ^ ‘dungshöhe von naiver oder, wenn man will: primitiver „deutscher“
Wiedei-V^-o-fn" ^en Zwiespalt zwischen dem Hauptstreben seines Lebens, der
i des ursprüng
ke angeeignete
Rotterodam ISS'7>-G-ER: Erasmus von Rotterdam, Zürich 1942. — R. Newald : Erasmus
us> -ürich 1942. — J. Huizinga : Erasmus, deutsch von W. Kaegi, 4. Auf!.,
- ucn Zwiespalt zwischen dem Hauptstreben seines Lebens, der
leter erstellung des ursprünglichen Christentums, der Philosophie Christi, und
m aus der Antike angeeigneten rationalen und realistischen Humanismus durch
Basel
T951.
38
Erich L. Schmidt
die Synthese eines logisch-klaren Denksystems zu überbrücken, war dann doch
weder dem ERASMUS noch einem andern Deutschen seines Zeitalters gegeben. Und
so natürlich auch nicht dem bescheidenen Deutschordenspriester in Ulm. Daß
BÖHM sich indessen ernsthaft bemüht hat, in den alle Seelentiefen aufreißenden
Geisteskämpfen der bewegten Zeit seinen eigenen Weg zu finden, bezeugen die
erhaltenen Briefe72). Später als seine Ulmer Freunde hat er sich, nach gründlichen
Studien, der Wittenberger Lehre angeschlossen.
Persönliches Gesicht empfängt sein Werk wie durch das Sonderanliegen der
dankbaren Liebe zum Nest, so nicht zuletzt auch durch den Grundzug des Charak-
ters: das lebendige warmherzige Gerechtigkeitsgefühl. Wo er den Adelsstand in
seiner Besonderheit schildert (Rep. III, 12), bricht das Mitleid mit den Geplagten
des Vierten Standes, bricht der Zorn gegen die Peiniger leidenschaftlich aus:
„Unglaublich zu sagen, wie diese hochmütigen Leute die Elenden, Unglücklichen
quälen und aussaugen! Unser Deutschland wäre drei- und vierfach glücklich, wenn
solche Zentauren entweder vertrieben oder dazu gezwungen würden, mit gezügelter
Tyrannei, verringerter Macht so geordnet zu leben, wie die Edelleute in der Schweiz!“
Seit Jahrzehnten flackerten damals in Süddeutschland die Aufstände des Armen
Kunzen, des Bundschuhs, am Vorabend des großen Bauernkrieges73). Aber ganz
vereinzelt kommt warme Anteilnahme daran im humanistischen Schrifttum zum
Ausdruck. Ein weißer Rabe war der deutschböhmische Edelmann und Humanist
Bohuslav VON HASSENSTEIN (1462—1510). Weit herumgekommen — in Griechen-
land, Troja, Palästina, Nordafrika — fand er scharfe Worte gegen die Roheit seiner
Standesgenossen zu Hause, zugunsten des geknechteten Volkes74). Möglich, daß
die unverhüllte Parteinahme mit erklären kann, warum BÖHMS Werk beim Er-
scheinen kaum ein Echo bei den Zunftgenossen auslöste. Wie denn auch die
objektive Schilderung der fragwürdigen Volksbräuche nicht im Sinne der ton-
angebenden Gelehrten, wie ERASMUS, PlRCKHEIMER usw. v/ar.
Ein einziger ist BÖHM auf der neuen Spur gefolgt, der darum gewissermaßen
als sein Schüler bezeichnet werden darf: SEBASTIAN FRANCK (1499— i 54z)75). In sein
deutsch geschriebenes „Weltbuch“ (15 34) nahm er große Teile aus dem Repertorium
wörtlich übersetzt hinüber und erweiterte dabei die deutsche Volkskunde mit
manchem Beitrag, z. B. Bräuchen beim Osterfest, bei Geburt, Hochzeit und Tod, den
mannigfachen Äußerungen der Volksfrömmigkeit und des Beiglaubens im Heiligen-
und Reliquienwesen. Setzte er aber auch auf das Titelblatt seiner Kosmographie
als Motto das Psalmwort: „Kommt her und schaut die Werke des Herrn!“ —
so legte er den Hauptakzent doch auf die Kennzeichnung des Unkrauts, das der
böse Feind überall zwischen den göttlichen Weizen gesät hatte. Wie all und jeden
72) Böhms Briefwechsel: E. Schmidt, s. Anm. 15, a. a. O. S. 60, Anm. 1 u. S. i48ff.
73) A. Rosenkranz: Der Bundschuh. Die Erhebungen des südwestdeutschen Bauern-
standes 1493—1517, Heidelberg 1917.
W. Andreas: Der Bundschuh, die Bauernverschwörungen am Oberrhein, Köln 1936.
74) G. Ellinger, s. Anm. 35, a. a. O. S. 41 iff.
J. Haller, s. Anm. 39, a. a. O. Bd. 2, S. 2.
75) W.-E. Peuckert, s. Anm. 54, a. a. O. S. 153fr.
Von der taciteischen zur humanistischen Germania
39
Stoff, so machte er auch die Deutschkunde seinen weltanschaulichen Bestrebungen
dienstbar. Seine religiös bestimmte Kritik begegnete sich mit Luthers Kampf
gegen alles papistische Teufelswerk. In den Wirren der Reformationszeit aber oc t
FRANCK als eine Partei für sich und half durch seine umkämpften Schriften da ei,
daß auch das Volksbrauchtum in den Streit der Konfessionen gezogen wurde.
Auch Sebastian Münster (1489—15 52) 76) na'im e^n Jahrzehnt später große
Teile der Deutschkunde BÖHMS, mit Einschluß der kuriosen, paradoxen Elemente,
wörtlich in seine deutsche polyhistori sehe „Kosmographie“ (1 545) hinü er< r
war jedoch ebenfalls nicht der Mann, die von BÖHM betretene Bahn weiterzu-
schreiten. Die Sittenschilderung, deren Beliebtheit bei der Leserschaft er doch
wohl kannte, brach er ohne tieferes Verständnis ab: „Genug davon, da ja dies alles
ohnehin jedermann bekannt ist.“ FRANCK und MÜNSTER genossen spater den
Ruhm, die Hauptvertreter der deutschen Volkskunde im Zeitalter der Reformation
gewesen zu sein. BÖHM trat vollständig zurück, und ein dichter Schleier aus Ver-
wechselung und Mißverständnis hat seine Gestalt jahrhundertelang verhüllt.
Volks- und Völkerkunde verschmolzen wieder mit sachfremden Elementen zur
Allerlei-Wissenschaft, ohne den Leitstern der Menschheitsforschung. Die huma-
nistische Geistesbewegung in Deutschland war in ein anderes Stadium getreten.
Religiöses Interesse überwog, die Neuformung des kirchlichen Lebens zog die
meisten Kräfte an sich. Ein Gesetz der Kulturentwicklung ist es offenbar, daß jede
Epoche aus dem angesammelten Fundus der geistigen Errungenschaften sich immer
nur das aneignet und fruchtbar werden läßt, was ihrem Gepräge gemäß ist. Volks-
kunde und Menschheitswissenschaft mußten, um weiterzukommen, auf abermalige
Wandlungen des Zeitgeistes warten, auf frische Antriebe77). Von dem, was die
Humanisten für die Deutschkunde erarbeitet hatten, blieb doch manches in den
neuen Schulsystemen, sowohl den protestantischen wie den reformkatholischen,
als Erbe für kommende Zeiten aufbewahrt, in Historie, Philologie, Geographie,
vor allem das wissenschaftlich begründete Bewußtsein der nationalen Einheit.
Gewiß ist es sehr bemerkenswert, daß BÖHMS kurzer, provisorischer Abriß der
Völkerkunde ein Jahrhundert lang dem Wissensbedürfnis weiter Kreise Europas,
gelehrter und ungelehrter, Genüge tat. Bald nach des Verfassers Tode fugte ein
Italiener einen vierten Teil hinzu, der die neue Welt behandelte78). Bis 1620 ist das
Büchlein immer wieder aufgelegt: 43 Ausgaben sind bekannt, neben der lateinischen
Fassung Übersetzungen ins Italienische, Spanische, Französische, Eng sc e,
endlich auch ins Deutsche79). Ob und wie es bei solcher Verbreitung mit seinen
oregungen unmittelbar oder mittelbar Wirkung getan hat, ist noch nicht unter
7?\ ?'oSCHMlDT’ s. Anm. 13, a. a. O. S. 133ff. . , vi t 1
• u ' VSchmidt: Volkskunde in Gegenreformation und Aufklärung, m: Dtsche. viertel
“r.fü. Lk.-Wissensch. —0 Q
-Tt^ronimo Gigli«
Venedig 1560.
---*. v m * c -7c ff. . „on Lucio
jahrsschr. für Lit.-Wissensch. usw. Bd. 16, *93 > iusgäbe des Repertoriu
’») P. Giesonimo Giglio, in der italienischen Ausg Böhro
Fauno, z. B. Venedig 1560. ¿f __ Dazu A. Schnitzle
79) E. Schmidt, vgl. Anm. 15, a- 'I9x6, S. zzff.
aus Aub, in: Zeitscbr. „Frankenland , 3- Jaj
J. Hadler, s. Anm. 39, a. a.O. Bd. 2, a. -•
40
Erich L. Schmidt
sucht80). Die Wissenschaftsgeschichte nennt kein Werk, das in Europa während
des Jahrhunderts von 1520—1620 und lange danach die Fundgrube BÖHMS hätte
ersetzen oder in den Schatten stellen können, trotz der gewaltigen Erzeugung
völkerkundlicher Veröffentlichungen in allen Ländern.
Der Weg von der taciteischen zur humanistischen Germania läßt sich erkennen.
Weiterhin verläuft die Geschichte der deutschen Volkskunde nicht kontinuierlich
und folgerichtig im Anschluß an die vorwissenschaftliche Leistung der Humanisten.
Gelegentlich wieder aufgenommene Arbeit einzelner Forscher bleibt lange ohne
Bezug auf die fortschreitende spekulative Menschheitswissenschaft wie auf die
zunehmende Völkerkunde. Erst das 18. Jahrhundert entbindet wesentliche neue
Antriebe, im Zuge der rationalistischen Aufklärung und der sich davon abhebenden
zweiten national-patriotischen Romantik. Da fordert JüSTUS MÖSER dazu auf,
dem deutschen Volkstum in allen Erscheinungsgestaltungen wissenschaftliche
Forschung zuzuwenden, und leitet eine fruchtbare Blüteperiode volkskundlicher
Arbeit ein. Zu gleicher Zeit lädt die inzwischen über den ganzen Erdball hin ausge-
weitete Kenntnis von den Formen des Menschentums zur Sammlung und Sichtung
der Völkerkunde ein, geleitet vom Geiste der Humanität in der abermaligen Er-
neuerung des Humanismus. Das 19. Jahrhundert zeitigt zum erstenmal seit BÖHMS
Repertorium Versuche, das Gesamtwissen von der Menschheit zusammenzu-
bringen81): als Grundlage für die dann einsetzende, naturwissenschaftlich ausge-
richtete moderne Menschheitswissenschaft auf ihren neuerschlossenen Forschungs-
wegen. Im Sonderbereich der Volkskunde eröffnet um 1850 W. H. RlEHL die Epoche
der modernen Forschungsarbeit, und um die Wende zum 20. Jahrhundert begegnen
sich endlich auch wieder Volks- und Völkerkunde zu der Verbindung, die schon
prophetisch vorklingt bei dem Humanisten JOHANNES BÖHM.
80) E. L. Schmidt: Die Bedeutung des Humanisten Johannes Böhm für die Geschichte
der Volks- und Völkerkunde, in: Forschungen und Fortschritte, Berlin Jahrg. 1954, Heft 4.
81) J. C. Prichard: Naturgeschichte des Menschengeschlechtes, nach der 3. Aufl. über-
setzt von R. Wagner, Leipzig 1840, 5 Bde.
Erich Kunze — Helsinki
Öie drei finnischen Runen in der Volksliedersammlung des jungen Marx
^a^re ^39 schenkte KARL MARX seiner jungen Braut einen prächtigen
* avband mit achtzig handgeschriebenen und von ihm selbst zusammengestellten
” °Iksliedern“. Unter ihnen befanden sich auch drei „finnische Runen“, die
sowohl für den Bildungs- und Entwicklungsgang des jungen Marx, als auch für
ruhzeit der Aufnahme finnischer Volksdichtung in Deutschland ein interessan-
Gs^geschichtliches Zeugnis ablegen.
Widm au^ere Anlaß Zu jener Volksliedersammlung ist durch die ihr Vorgesetzte
an bezeichnet. Karl Marx1) studierte damals an der Universität Berlin,
zwei S Cr S1Ck am 22‘ Oktober *836 immatrikuliert hatte. Vorausgegangen waren
tnit ester Jurisprudenz in Bonn und die erst heimlich und kurz danach auch
I nac lträgkcher Billigung der Eltern der Braut geschlossene Verlobung mit
Y von Westphalen, der Gespielin seiner Kinderzeit und Empfängerin
seiner Volksliedersammlung.
un EN1^Y VON Westphalen2), in der Geist, Schönheit und Charakter sich in
b ohnlicher Weise vereinten, war die Tochter des Trierer Regierungsrats
yon IG V0N Westphalen und seiner aus schottischem Adel gebürtigen Frau.
demA Cn literarischen Interessen Jennys weiß man wenig. Ebenso wie aus
schließ °S^^re ^es Elternhauses kann man jedoch aus der Wahl ihres Verlobten
In den611* iun^es Kerz sich der Kraft geistigen Suchertums willig öffnete.
aus . u§en der Welt war die Verbindung der gefeierten, umworbenen Tochter
einea'ium dem unfertigen Sprößling eines deutschen Rabbinergeschlechts
hätte esa^ance* Nur der Gedanke, daß die Braut „auch etwas Genialisches“3)
fähio- Un<^ ^P^er zu bringen verstünde, deren ein gewöhnliches Mädchen nicht
zu mach Verrnoc^te Marxens Vater schließlich die unbegreifliche Wahl begreiflich
_____ en' ^le recht er gedacht hat, zeigt Jennys spätere Ehe mit Marx. Eine
1918 u. dicfC]?^jngen ’Marx ^er Bel'hner Zeit: Franz Mehring, „Karl Marx“, Leipzig
, Aus dem literar. Nachlaß v. K. Werkf u.
zum i. der 4 Bde. „ azaNOV in der Einl. zu „K. samtäusgabe
u. F. Lassalle“, Stuttgart 1902, sowie D. RJ Dokurnenten“, Marx-Engels- ^ Halbbd.
Schriften bis Anfang 1844 nebst Briefen u. ^ Halbbd., Berlin I929 (
(im folgenden zitiert: MEGA) 1. Abtl. 1. Bd., 1. . (die auf
Frankfurt a. M. 1927). . , K Marx u. seinen Angeh g West-
2) Über J. v. W. der Briefwechsel zwlsc^e”r 1 u u F. Mehring, „Di
J. v. W. bezügl. Stellen im Namenregister) g gl__86 u. 512"l8>
phalcn“, Neue Zeit, Jg. X, Bd. 2, Stuttgart 1891 9» ^egA j/2, S. 212.
3) Im Brief des Vaters an K. Marx v. 1 • eP
42
Erich Kunze
Natur im Sinne Goethes, gleich wahr in jeder Stimmung des Gemüts, hat sie der
Marxbiograph MEHRING geschildert. Ihre noch im Alter bewahrte Liebe zu den
einfachen, sangbaren Liedern Goethes ist bezeugt. Es liegt nahe, daß die Zwanzig-
jährige die diesen Liedern verwandten Weisen des Volkes besonders schätzte;
andernfalls hätte sich auch Marx schwerlich zu einer solchen Sammlung entschlossen.
Beides stimmt durchaus zu dem liebevollen, kindlichen Gemüt, das Karls Mutter
an ihr rühmte.
Von der Braut seiner Wahl her ist der Entschluß des jungen Liebenden, ihr ein
Heft Volkslieder zusammenzustellen und zu überreichen, sehr wohl zu verstehen.
Aber dies genügt noch nicht, ihn völlig zu erklären. Auch von Marxens Seite kam ein
persönlicher Umstand hinzu. Die Trennung von der Geliebten durch die vom
Vater gewünschte Übersiedlung in das nüchterne Arbeitshaus der Universität
Berlin4) hatte sich bei ihm zunächst in der jungen, begabten Menschen vielfach
eigenen Weise Luft gemacht, in selbständigen poetischen Versuchen. Drei Heftchen
davon hatte Jenny schon im Dezember 1836 empfangen. Sie wurden mit „Tränen
der Wonne und des Schmerzes“ begrüßt5). Aber sie waren schlecht genug. „Breit
und formlos geschlagenes Gefühl“, urteilte der Dichter selbst ein Jahr später6),
„nichts Naturhaftes, alles aus dem Mond konstruiert, der völlige Gegensatz von
dem, was da ist, und dem, was sein soll, rhetorische Reflexionen statt poetischer
Gedanken.“ Die ganze Breite eines Sehnens, das keine Grenze sieht, schlägt sich in
mancherlei Form und machte „aus dem ,Dichten' ein ,Breiten'“. Nur eine
gewisse Wärme der Empfindung und ein Ringen nach Schwung wollte sein gereif-
teres Urteil darin noch gelten lassen. Was der greise Goethe einmal den Antwort
heischenden jugendlichen Poeten zugerufen7), stellte der junge Student resigniert
seinen Eltern gegenüber fest: Die Poesie dürfe und solle nur Begleitung sein!
Er müsse Jurisprudenz studieren und vor allem sich mit der Macht auseinander-
setzen, die jedes geistige Leben in den Mauern Berlins damals in ihren Bann zog,
mit der Philosophie. Füllten „Musentänze und Satyrmusik“ noch einmal den
Schluß eines Semesters, so zerfielen seine Schöpfungen jetzt um so schneller in
Nichts vor dem „Reich der wahren Poesie“, das ihm „wie ein ferner Feenpalast
entgegenblitzte“8). Nach einer Krankheit verbrannte er alle seine Gedichte und
Entwürfe zu Novellen und verzichtete endgültig darauf, seine Geliebte mit eigenen
poetischen Ergüssen zu beglücken. Das bedeutete aber zugleich: Wollte er seinem
Gefühl für sie noch einmal poetischen Ausdruck geben, so konnte es nur mittelbar
geschehen. Daß er es auf die besagte Weise tat, war nach zwei Seiten hin folge-
richtig: Jenny liebte Volkslieder. Und diese sprachen auch aus, was seinem eigenen
4) Marx wurde am 22. Okt. 1836 immatrikuliert.
ö) Marxens Schwester Sophie in der Nachschrift zum Brief des Vaters an K. Marx
v. 28. Dez. 1836, MEGA 1/2, S. 199.
6) Im Brief v. 10. Nov. 1837 an den Vater, MEGA 1/2, S. 2i4f.
7) „Für junge Dichter“, Kunst u. Altertum, Red. v. Eckermann, VI 3, 1832; Goethes
Sämtl. Werke, Jubiläumsausgabe, Stuttgart o. J., 38. Bd., S. 242 unter dem Titel „Wohl-
gemeinte Erwiderung“.
8) Im Brief v. 10. Nov. 1837 an seinen Vater, MEGA 1/2, S. 218.
Die drei finnischen Runen
43
übervollen Herzen gegenüber der Geliebten auszudrücken nicht gelungen war, in
le nappeste Form geschlossenes reiches Gefühl, Naturnähe, Wirklichkeit des
-ebens, wahre Poesie.
Aus diesem Grunde begann Marx Volksdichtung zu lesen. Viel Zeit dazu blieb
im nicht bei dem ungeheuren Wissensstoff, den er damals in einem Tageslauf
wa tigte. Der junge Student arbeitete bis zur völligen physischen Erschöpfung,
er große Geständnisbrief, den er am Schluß des ersten Berliner Jahres den Eltern
C/• ’ *St a^S erSre^en(les Zeugnis der Nachwelt erhalten. 1839 steckte er schon
le in den Studien zur Geschichte der griechischen Philosophie, deren Frucht die
ntersuchung über die „Differenz der demokritischen und epikureischen Natur-
P 1 osophie“9) sein sollte, die er 1841 als Dissertation vorlegte. Einer Arbeit, die
e u ston war, konnte er sich nur hingeben, wenn ihn der Zug der Gedanken
für ^ ^aS ^arte •^■eicL des begrifflichen Denkens fortriß, d. h. in Stunden, die
,Ur 1*ln Erholung bedeuteten. Darum versteht man gut, daß er 42 von den 50
£-.eU^fC. en Liedern aus derselben Sammlung herausschrieb, nämlich aus ERLACHS
U andigem ^erE »Die Volkslieder der Deutschen“10). Daß er nach diesem Werk
^dAZANOV nur durch seine Reichhaltigkeit. Doch dürfte der Haupt-
ste V Sein> es» x834—1836111 den Buchhandel gekommen, als letzte und modern-
noch ° entbchung auf diesem Gebiete galt, wie Marx ja auch nicht verabsäumte,
erst EßTzscHMER-ZucCALlMAGLIOS Sammlung heranzuziehen, deren erster Teil
er ,1 4° ^geschlossen vorlag11), von der jedoch Heft 1 — 8 1838 bis Juni 1839
dürft nCn Waren‘ er nur dfei Lieder aus ihr, vermutlich nachträglich, einfügte,
(V k ^ S1C erSt §eSen Abschluß seiner Sammlung eingesehen haben. Daß er Nr. 19
nona 6 Und Teilchen) als einziges Stück aus „Des Knaben Wunderhorn“12) ge-
die R1611 ^a^en S°E’ scheint mir zweifelhaft und damit die Erklärung anfechtbar,
JAzAN0V dafür gegeben hat: „Vielleicht übertrug Marx seine Antipathie
auch0 ^ETTINA’ die er in Trier im Westphalenschen Hause kennengelernt hatte,
Lettin^ ^eren iviann und Bruder.“ Gewiß ist die Meinung, die der junge Marx von
bei ltla ^atte’ durch seine Spottverse über deren „Neumodische Romantik“
Un gb aber daß ihm auch die Herausgeber des „Wunderhorns“ deswegen so
{jas . Patnisch gewesen sein sollten, daß er ihre Sammlung zwar einsah, aber nur
nehmen6 daraus wählte, klingt nicht überzeugend. Eher möchte man an-
niittellT5 fa^eraEere deutscheSammlungennicht benutzthat. Nr. 19 und der bekannte
du bist°C • C^utscEe Liebesgruß „du bist min, ich bin din“ (bei Marx „Ich bin din,
bekanni-i3\n * w°bl aus der Erinnerung aufgeschrieben und ihm aus der Schulzeit
»Deutsch ^raucEen nicht gegen diese Annahme zu sprechen. Den Abschluß der
ebenfalls ^ Lieder£‘ bilden drei Stücke aus HOFFMANNS „Kampfbildern“, die
__ __n en dreißiger Jahren erschienen waren. Neu war seit 1817, seit Mei-
9) MEGA i/t s ff
i°) .y. Z'1* *ff.
X1) Dt V°ikSre^er d‘ Deutschen..., Mannheim 1834—36; Generalreg. 1837.
lz) 1 TM ° tt leder mit ihren Original-Weisen, i.Teil, Berlin 1840.
13) ¿ie TnH£ldelbefg 1819, S. 339—40.
Liedes unte^cT 6 ^ ^arx: »Aus der Zeit der Hohenstaufen“ u. die Anführung des
r C£n »Schwäbischen Liedern“ folgt ganz der damaligen Auffassung.
44
Erich Kunze
NERTS Liedern aus dem Kuhländchen, die Bestrebung, neben allgemeinen deutschen
Volksliedersammlungen landschaftlich begrenzte herauszubringen. Die Einteilung
der deutschen Volkslieder in der Anthologie von Marx (in Lieder alemannischer
Mundart, Tiroler Lieder, Lieder aus dem Kuhländchen, rheinische, norddeutsche,
österreichische, sächsiche, hochländische, schweizerdeutsche, bergische und schwä-
bische Lieder) spiegelt diese um 1840 schon allgemeine Tendenz deutlich wieder,
während ERLACH, einer parallellaufenden Tendenz folgend, seine Stücke nach
Zeiträumen gruppiert hatte.
Die deutschen Lieder machten jedoch nur einen Teil der Sammlung aus, die
Marx 1839 für seine Braut zusammenstellte. Nr. 50—80 erst rechtfertigten ihren
vollständigen Titel. Er lautete: ,, Volkslieder aller deutschen Mundarten, spanische,
griechische, lettische, lappländische, esthnische, albanesi^che etc., zusammengestellt
aus verschiedenen Sammlungen“u). Fünf von diesen Sammlungen, deren älteste
aus dem Jahre 1827 stammt, hat Marx selbst angegeben, nämlich außer CARL
JOHANN Hoffmanns schon genannten Kampf bildern (Berlin: L. Oehmigke, 1832),
Th. G. Hippels Sämtliche Werke, Bd. II, Lebensläufe nach aufsteigender Linie,
2. Teil, Beilage A u. B (Berlin: Reimer 1827), für die lettischen Lieder: LORD
Byrons Sämtliche Werke, deutsch von Adolf Böttger (Leipzig: Otto Wiegand 1839)
für ein neugriechisches Lied; Agrumi, Volkstümliche Poesien aus allen Mund-
arten Italiens und seiner Inseln, gesammelt und übersetzt von AUGUST KoPISCH
(Berlin: Gustav Crantz 1837) für die italienischen Lieder; dazu die Quelle für die
drei „finnischen Runen“, von der noch die Rede sein wird. Nicht genannt ist die
Quelle für die altgriechischen, spanischen, estnischen Lieder und für das lapp-
ländische Lied („Morse-faurog. Die Fahrt zur Geliebten“). Alle diese Lieder nahm
er aus Herders „Stimmen der Völker“ (neu herausgegeben durch JOHANN VON
MÜLLER, Erste Abteilung, in J. G. HERDERS sämtlichen Werken, Zur schönen
Literatur und Kunst, Siebenter Teil, Stuttgart und Tübingen, J. G. Cotta’sche
Buchhandlung, 1828). Nach der „Übersicht der Volkslieder“, wie sie Marx selbst
am Schlüsse des Bandes geliefert hat, ist die Anordnung folgende: I. Deutsche,
II. Spanische Lieder, III. Esthnische Lieder, IV. Lappländisches Lied, V. Alt-
griechische Lieder, VI. Neugriechisches Lied, VII. Lettische Lieder, VIII. Italische
Lieder, IX. Finnische Runen. Ein Vergleich dieser Übersicht mit dem Titel und die
zahlreichen leeren Seiten seines Oktavbandes zeigen, daß die Anthologie umfang-
reicher geplant war, als sie ausfiel. Doch fällt nicht schwer zu erkennen, daß sie
IdERDERschem Geist stark verpflichtet war.
Die drei „finnischen Runen“ bildeten den Abschluß des Heftes. Ihre Anordnung
und Auswahl erscheint besonders bemerkenswert und soll der Gegenstand der
folgenden Ausführungen sein. Sieht man Marxens Zusammenstellung auf ein 14
14) MEGA 1/2, S. 93. Das Manuskript, ein dicker Oktavband von 164 beschriebenen
u. zahlreichen leeren Seiten, befand sich im Besitz des Landesgerichtsrats Roland Daniels
in Düsseldorf. „Die im Rokokostil gehaltene Einbanddecke ist gelblich weiß, das Muster
goldfarben, mit grünen Girlanden u. roten Rosen; in der Mitte eine Vase mit Trauben
u. Blumen; der Einband mit Goldschnitt; jedes Volkslied beginnt auf einer neuen Seite4“
MEGA 1/2, S. 92. Das Datum der Absendung gibt die Gesamtausgabe leider nicht an.
Die drei finnischen Runen
45
Auswahlprinzip hin durch, so findet man nämlich, daß die meisten Stücke Liebes-
lieder sind. Dies entsprach auch dem Zweck der Sammlung, die Geliebte zu er-
freuen und ihr mit den Worten des Volkslieds zu sagen, was der Absender für sie
empfand. Als ob jeder Zweifel daran ausgeschlossen sein sollte, ist in Nr. 21 von
seiner eigenen Hand dem Vers „Rosen im Tal, Mädel im Saal, o schönste Rosa,
der Vorname seiner Braut „Jenny“ in Klammern zugefügt. Der gleiche Zusatz findet
sich in Nr. 65 nach der Frage „Wo bleibst Du Hannchen?“ während in Nr. 63 an
drei Stellen der volksliedgetreue „Hanns“ durch „Karl ersetzt ist15). Abermals fühlt
tnan sich an Herder erinnert. Hatte doch auch er große Stücke seiner „Vo s
Ueder“ für seine Braut zusammengestellt und ihr als Boten eines Gefühls zugesandt,
das in eigenen Gedichten zu gestalten ihm nicht gegeben war. Und wie Marx hatte
er sich persönlicher Zusätze nicht enthalten können: „ Wollen Sie die Gewogenheit
haben, statt des Orra-Sees einen gewissen Berg zu setzen, der allenfalls Melibokus
heißen könnte, weil der Ihnen der nächste ist, und statt des Rennthier-fahrenden
Lappen einen andern, eben so ungeduldigen, hübsch stillsitzenden Menschen — so
wird Ihnen die Szene noch lebendiger.“ Mit diesen Worten hatte HERDER in
Pin/**-*-% T> *
rühmt an Caroline 1771 „Die Fahrt zur Geliebten“ kommentiert, das be-
beidetC ^F^^ische Gedicht, das der junge Marx ebenfalls herausschrieb. Ihnen
n War der süßeste Laut der Liebe das einfältige Lied des Volkes. Aber die
heben ° ^ ^unen<< ln der Anthologie von Marx waren keine Liebeslieder. Sie
Unj n s|ch von den übrigen Stücken der Sammlung deutlich ab. Wohl deswegen
t sie erst später angehängt worden sind, stehen sie auch am Schluß. Es
£)• urn die Lieder „Die Geburt des Bären \ „Die Geburt der Kolik “ und
Sch •ehuH der Harfe“16)- Marx gibt die Quelle zu ihnen an: Hans Rudolph von
Trt ?TE*S »Finnische Runen“ in der zweiten Ausgabe durch G. H. VON ScHRÖ-
R’ Stuttgart 1834 bei Cotta.
dabei6 ^ ^arx Zu diesem Buch, und warum wählte er diese Lieder? Daß es sich
Zentrati01 ^^logische Liebhaberei handelte, kann man bei der damaligen Kon-
neh 1° seiner Energie auf das Studium der griechischen Philosophie nicht an-
ent Cn d*as unmittelbare Interesse, das der junge ENGELS der Volksdichtung
krejse^en rachte, ging Marx ebenfalls ab. Daß das Buch dadurch in seinen Gesichts-
geraten wäre, weil es wie einige der vorgenannten gerade auf den Markt
nicht Worden war, erklärt wieder nicht die Auswahl. Warum nahm Marx dann
hatte ^ed »Des Mädchens Warten“, das schon einen GOETHE bezaubert
einige Be^61" ^ ^e<^er »Des Mädchens Klage“, „Lachen und Weinen“, um nur
Sammluno8^1^ ^Cr "^rt Zu nennen> wie sie der junge Liebhaber aus den anderen
feen herausschrieb? Es gibt wohl nur eine Antwort auf diese Fragen:
15) MEGA w, c , ,
16) Die drei I ; 96 „Anmerkungen“.
17) Vgl \ e<aer Sm<^ unten S. 58—64 abgedruckt.
Philosophie*“ U]Ut^en ^orarhelten zur Gesch. der epikureischen, stoischen u. skeptischen
begann Anfa * EGA 1/1, S. 83—144. Auch die Niederschrift der Doktordissertation
i8j g g ^ ^39*
unze, Goethes „Finnisches Lied“, Studia Fennica VI 2, Helsinki 1952.
46
Erich Kunze
Hier muß eine Anregung von außen wirksam gewesen sein. Hält man im Kreise
seiner Freunde danach Umschau, so findet man auch eine Erklärung.
Inmitten einer Fülle des verschiedenartigsten Wissensstoffes beschäftigte Marx
schon in seinem ersten Berliner Semester mehr und mehr „der Gegensatz des Wirk-
lichen und Sollenden, der dem Idealismus eigen“. Vom Idealismus, den er mit dem
Kantischen und Fichteschen verglich, kam er dazu, im Wirklichen selbst die Idee
zu suchen. Er stieß auf die Philosophie HEGELS. Er begann Fragmente dieser
Philosophie zu lesen, deren „groteske Felsenmelodie“ ihm zunächst gar nicht
behagte. Aber dann hatte er doch HEGEL samt den meisten seiner Schüler von Anfang
bis zu Ende studiert und sich im Streite der Meinungen immer fester an die „jetzige
Weltphilosophie“ gekettet. Zudem war er in einen Doktorklub geraten, eine Ver-
einigung von Dozenten, Lehrern und Schriftstellern, die, selbst Junghegelianer,
ihn mit der Philosophie des Meisters aufs engste bekannt machten. Als „intimsten“
seiner Freunde aus diesem Kreise bezeichnet er selbst im November 183719) ADOLF
RUTENBERG, damals Lehrer an der Berliner Kadettenschule. Mit der Zeit konnte
es jedoch nicht ausbleiben, daß die beiden regsamsten Köpfe des Doktorklubs,
Bruno Bauer und Carl Friedrich Koeppen, den jungen Studiosus stärker
fesselten, wie sie ihrerseits auch dessen Freundschaft mit sicherem Blick für seine
geistigen Möglichkeiten gesucht haben dürften.
BRUNO Bauer war Privatdozent an der Universität Berlin und das anerkannte
Haupt des Kreises, der Führer der philosophischen Radikalen, dem der „christ-
liche Staat“ später wegen seiner Evangelienkritik den Prozeß machte, KÖPPEN
wieder von Beruf Gymnasiallehrer. Nach einer Angabe CORNUS machte Marx
seine Bekanntschaft nach dem Wintersemester 1836/37, also etwa April, Mai 1837-
Alle drei fanden sich untereinander im Zeichen des philosophischen Radikalismus,
dem der ganze Kreis verschworen war. Bekannt ist, welche von den beiden Freund-
schaften ausschlaggebende Bedeutung für den jungen Marx erhielt; er folgte 1841
Bruno Bauer nach Bonn, wohin dieser im Herbst 1839 übergesiedelt war, um seine
Dozententätigkeit an der dortigen Universität fortzusetzen. Hierin mag einer der
Hauptgründe liegen, derentwegen die Forschung dem Verhältnis Köppens zu
Marx weniger Aufmerksamkeit gewidmet hat als es sie vielleicht verdient. Doch
nötigen die „finnischen Runen“ dazu, diesem Verhältnis einige Beachtung zu
schenken. Erschwerend wirkt allerdings, daß über die Person KÖPPENS nicht viel
bekannt ist20). Die Allgemeine Deutsche Biographie hat ihn nicht erwähnt.
KOEPPEN21 wurde 1808 in Seehausen geboren, besuchte die höhere Schule zu
Stendal und darauf die Berliner Universität. Nach Erledigung seiner militärischen
19) Im Brief v. 10. Nov. 1837 an den Vater, MEGA 1/2, S. 219—20.
20) Bisher über ihn nur Mehring u. Rjazanov a. a. O.; W. Eberhard, Zur Gesch. d.
Friedrichs-Gymnasiums 1850—1923, Berlin 1925 (mir leider nicht zugänglich) u. Alfred
Stern, „Wer war d. Verf. des Aufsatzes ,Berliner Historiker* in den Haifischen Jahrbüchern
1841?“, Histor. Zschr., 143. Bd., 1931, S. 512—17. Über Koeppen u. Engels, die in Berlin
ebenfalls Bekanntschaft machten: MEGA, 1. Abtl. 2. Bd., Berlin 1930, S. 253—87 u. im
Namenregister sowie Gustav Mayer, F. Engels, 1. Bd., Berlin 1920.
21) Auch in der Schreibung „Koppen“.
---------_________ Die drei finnischen Runen
Dienstpflieht finden wir ihn bis 1841 als Lehrer am Königstädtischen, dann als
e rer am Dorotheenstädtischen und seit 1853 am Friedrichs-Gymnasium in
n, wo er 1863 starb. In der Zeit des Vormärz war er einer der fruchtbarsten
ng egelianischen Publizisten. In die HEGELsche Philosophie zwar war er bei
Reitern nicht so tief eingedrungen wie BRUNO BAUER, ein Grund mehr, daß er am
- e ^es Gesichtsfeldes der Marxforschung blieb. Der philosophische Schärf-
te des Berliner Privatdozenten ging Koeppen ab; er war in erster Linie Histo-
WeT* Mehring bemerkt wohl richtig, daß er gerade deshalb in glücklicher
daß Sf^er^^nzte’ was Marx von Bauer empfing: „Es war vollkommen in Ordnung,
arx nächsten Verkehr mit Koeppen nicht einmal ein Kollegienhonorar,
gesc weige denn eine Kollegienstunde für die offiziellen Historiker der Berliner
niversität übrig gehabt hat.“ Was Koeppen von diesen hielt, hatte er in seinen
u°TS ^Cr ,5®er^ner Historiker“ in den Haifischen Jahrbüchern, dem Organ der
T 1 *,^e^sc^en Linken, das sich dann in die in Leipzig erscheinenden Deutschen
Uc er umwandelte, dargetan. Nacheinander wurden hier die Repräsentanten
einereitgenÖSSiSCllen Geschichtsschreibung, Leo, Ranke, Raumer und Schlosser
muHgen und interessanten Kritik unterzogen, die Alfred Stern in der
C^n ^ehschrift 1930 gewürdigt hat. Eine gesondert erschienene Schrift
^er °ePpen 1840 Friedrich dem Großen22). Hier beschwor er den als Heros
Sophen n *en^re^e^ und Verkünder der Volks Souveränität gezeichneten „Philo-
Na hfi1 aU^ ^em Thron“ gegen die romantische Reaktion und die sklavischen
gle_ ^ r «EGELS. Aber wissenschaftlich zog es Koeppen eigentlich zur Mytholo-
erst Un Leligionsgeschichte. Zwar erschien sein Hauptwerk auf diesem Gebiet
und 1#^ nämlich ***57 das Buch „Die Religion des Buddha und ihre Entstehung“
Aber d% ZWe*ter Land unter demTitel „DieLamaischeHierarchie und Kirche“23),
his in cP S° ^kündete Spezialinteresse war nicht neueren Datums, sondern reichte
Jahr^ seMes Schaffens zurück. Schon dreißig Jahre vorher nämlich,
hano- hatte er es in einem Buch bekundet, das in unserem Zusammen-
Hartje g°n. re Aufmerksamkeit verdient. Es erschien im Verlag Bechtold und
Mytho*l Cr^1837’ und tru8 den Titel „Literarische Einleitung in die nordische
j . ®gie 3^).
Werten vm ^atte er den bei dem damaligen Stand der Wissenschaft dankens-
Mythol .fSU. gemacht, den gesamten „literarischen Apparat“ der nordischen
Charakter1C • C*nma^ übersichtlich und möglichst vollständig vorzutragen. Dem
Geleistete Clner Einführung entsprechend referierte es in der Hauptsache das
das den Stand'^ °r^nen<^en Gesichtspunkten. Aber es war ein kritisches Referat,
Punkt des Verfassers zu den erörterten Problemen klar zum Ausdruck
22) Frje[j • k
Koppen Lein*' Cr <''ro^c und seine Widersacher. Eine Jubelschrift v. Carl Friedrich
**) 1858 außer!184?.13" °tto
u- des inquisito ' 1° °le Scüdft „Hexen u. Hexenprozesse, Zur Gesch. des Aberglaubens
24) Literarischer-60 ProZesses<t u- 1859 das Büchlein „Tibet und der Lamaismus“.
Lhrer an der K" .lnLitung in die nordische Mythologie von C. F. Koeppen, Ober-
Gesellschaft °nigstädtischen höheren Stadtschule zu Berlin, Mitglied der deutschen
sc st, Berlin, bei Bechtold und Harrje, 1837, 204 S.
48
Erich Kunze
brachte. Fast überall griff er auf die Quellen zurück und verließ sich nur, wo diese
ihm unzugänglich waren oder zu entfernt lagen, wie zum Teil bei der Rechts-
literatur, auf Autoritäten. Die bedeutendsten Untersuchungen, die in älterer und
neuerer Zeit in Deutschland, Dänemark und Schweden erschienen waren, zog er
heran. Unter den Dänen verdankte er „keinem mehr“ als PETER ERASMUSS MÜLLER»
unter den Schweden Geijer. Koeppens Übersicht der Geschichte des Studiums
der nordischen Mythologie stützte sich vornehmlich auf NYERUPS gleichnamige
Übersicht von dessen Wörterbuch der skandinavischen Mythologie, das in deut-
scher Übersetzung von SANDER 1816 in Kopenhagen erschienen war. Gegenüber
der platten geschichtlichen, wie sie immer noch MÜNTER eigen war, und der ro-
mantisch-phantastischen, natursymbolischen Betrachtungsweise der CREUZER»
Görres, Kanne, Mone, Trautvetter u. a., die in Deutschland mit der Schel-
LINGschen Philosophie Hand in Hand ging, forderte und vertrat Koeppen die
„geistig-geschichtliche“ als die allein wissenschaftliche und zeitgemäße. Die Keime
zu ihr fand er in STUHRS Schrift „Von dem Glauben, dem Wissen und der
Dichtung der alten Skandinavier“, 1815, der zwei Jahre später die „Abhandlungen
über Nordische Alterthümer“ gefolgt waren. Ihrem Verfasser verdankte Koeppen
wahrscheinlich die Anregung zu seinen nordischen Studien. Sein wissenschaftlicher
Erstling war dem Lehrer und Freund gewidmet.
Peter Feddersen Stuhr hatte als gebürtiger Flensburger das Interesse
für den Norden sozusagen von Hause aus mitgebracht. Selbst sein Deutsch hatte
wie das von STEFFENS einen „nordischen Beigeschmack“. 1821 an der Berliner
Universität habilitiert, 1826 zum außerordentlichen Professor der dortigen philo'
sophischen Fakultät ernannt, war die Geschichte und die Religion aller Völker
und Zeiten das Hauptthema seiner Lehr- und Forschungstätigkeit. Besonders
aber war ihm, dem Sohn des Nordens, das nordische Altertum ans Herz gewachsen»
und zu ihm kehrte er immer mit besonderer Vorliebe zurück, berichtet einer def
Hörer seiner Vorlesungen25), zu denen auch Koeppen gehörte.
Dieser entwickelte jedoch die bei Stuhr keimhaft Vorgefundene Methode
selbständig weiter, wie er auch dem Lehrer gegenüber mit der Zeit eine mehr un^
mehr kritische Stellung einnahm26). Die ernste Wissenschaftlichkeit, die gründliche»
geistige, durchgreifende, nicht aus Schulsystemen und Abstraktionen hervoi'
gegangene Deutung sah der junge Forscher auch in seiner Disziplin wenigsten5
sich anbahnen: durch die Entwicklung des Sprachstudiums zu einer allgemein^
vergleichenden Sprachwissenschaft, durch die fortgesetzte Erschließung neud
Quellen und durch eine gründliche, umsichtige, umfassende Quellenkritik. Sicher^
über den ursprünglichen Zusammenhang und die Verwandtschaft der Völker v^'
mochte ihm nur die Sprachforschung zu sagen. Für die Art und die Zeit des
standekommens jener Verwandtschaft der Völker verwies er auf die Geschieh^
25) Friedrich Meyer v. Waldeck i. d. Allgem. Dt. Biographie, 36. Bd., Leipzig i80'
S. 739. (
26) Siehe Koeppen an Marx, Brief v. 3. Juni 1841, MEGA 1/2, S. 257—59, u. i. d. A6
satz „Berliner Historiker“, Hall. Jahrb. 1841, Nr. 106—10, S. 421 ff.
49
Die drei finmscnen _____________
in Verbindung mit der Geographie. Die Übereinstimmung mythologischer Vor-
stellungen und Religionsbegriffe bei Völkern, „die nicht durch die engste tamm
tümlichkeit verbunden sind, wie z. B. Deutsche und Nordmänner , o gerte
nicht aus einem ursprünglichen Zusammenhang, sondern entweder aus einer
äußeren geschichtlichen Übertragung oder aus einer inneren Ähnlichkeit des Volks-
geistes: „Ähnliche Ursachen“, erklärte er, aufklärerischem Geist verpflichtet,
»erzeugen ja überall ähnliche Erscheinungen, und wenn selbst alle anderen e-
ziehungen fehlen, bleibt immer noch die allgemeine Beziehung des Mensc ic en.
In dieser wenigstens sind auch die Völker der verschiedensten Zonen, We tgegen en
und Klimate unter allen Verhältnissen Eins.“ Die verschiedenen Formen des
Heidentums schienen Koeppen nicht wie eine tolle Schlingpflanze über den r -
kreis gewuchert, sondern unabhängig voneinander aus dem einen Menschengeiste
gezeugt. Jede Mythologie war ihm daher wesentlich Naturprodukt und in dem
Boden verwurzelt, der sie geboren hat. Fragt man nach den letzten Que en,
Koeppens wissenschaftliches Streben speisten, so stößt man schon in seinem Erst-
ling immer wieder auf die Philosophie Hegels, von dessen Jahrhundert dieser
echte Sohn stolz bekannte, es habe, obwohl es seinem Höhepunkt erst entgegen-
gehe, in allen Reichen des Wissens eine neue Periode erzeugt.
Als Koeppen seinen Erstling veröffentlichte, war er Mitglied des Doktorklubs
n r„w Hindere Marx Eingang gefunden hatte. In dem Geist,
• ’ dii* Freundschaft
gene, in anen Kelchen des wissww —------
. Als Koeppen seinen Erstling veröffentlichte, war er Mitglied des . 7
m dem auch der zehn Jahre jüngere Marx Eingang gefunden hatte. In dem G
ln dem beide sich in dieser Vereinigung trafen, entwickelte sich die
zwischen ihnen. Der Außenwelt zur Kenntnis brachte sie zum erstenma
mung »Seinem Freunde Karl Heinrich Marx aus Trier“, die der ze n Ja re
seiner Schrift über Friedrich den Großen vorsetzte. Karl Marx dankte ihm o
Hch durch einen Hinweis auf sie in der Vorrede zu seiner Dissertation im Marz 1841).
Es Besteht kaum ein Zweifel, schreibt Franz MEHRING28), daß der junge u
-------- teilte, und behauptet sogar, daß er viel von der
-- Der frische,
Es besteht kaum ein Zweifel, schreibt Franz- ^ ° ¿er
die Auffassungen dieser Schrift teilte, und behauptet sogar, a e £rjsche
schriftstellerischen Art des älteren Kameraden überhdene Stil
raftige, epigrammatisch scharfe, zuweilen ungestüme, fVschichts-
Koeppens sei ein Vorläufer des Stils gewesen, in dem Marx
Bilder, wie etwa den Achtzehnten Brumaire, niederschr . . , Beje<T
lnn engsten Verkehr und Gedankenaustausch. Ein beson ers au sc gesteht
hierfür ist ein erhaltener Brief Koeppens an Marx vom 3-Ju*1 1841 “ )• § yon
” dem jüngeren Freund die „Melancholik“, die ihn nac essen f
e.rlin Befallen habe. Wie sehr er den Freund weiterhin vermißt spEcht -f
führende Art aus jeder Zeile dieses Briefes. Aber in gewohnter Weise setz
auch den Gedankenaustausch fort. Er berichtet von der Wirkung seine^ufsa^
über die Berliner Historiker. Er erwähnt STUHR, der sich entzuc ö öd’enkt,
fr 1 n »efwas weniger heruntergemacht“ habe als die an ern (,, e«rischen
ich hätte ihn gelobt“). Er verständigt Marx über seine eigenen sc r
27) MEGA t/i, S. 9—10.
*8) Marxbiographie S. za.
n) MEGA 1/2, S. 257—59-
i Volkskunde
50
Erich Kunze
Pläne: eine Beurteilung SCHLOSSERS30) werde der der Berliner Historiker folgen.
So schieden sie in Freundschaft, und obgleich ihre Lebenswege dann schnell
auseinanderliefen, blieb die Erinnerung an ihre Verbundenheit ungetrübt. Als
Marx zwanzig Jahre später Lasalle besuchte, sah er auch Koeppen wieder, der
„ganz der alte“ war, und sie feierten frohe Stunden des Wiedersehens. „Den in-
timsten Berliner Freund Marxens“ nennt ihn die Historisch-Kritische Gesamt-
ausgabe der Marx-Engelsschen Schriften.
Wir behaupten nun, daß Marx auf die finnischen Runen durch seinen Freund
Koeppen verwiesen wurde. Als jener die Zusammenstellung seiner Volkslieder-
Sammlung besorgte, stand die Sonne ihrer Freundschaft im Zenit. Das Jahr, in
dem sie ihre Bekanntschaft gemacht hatten, war das Jahr des Erscheinens der Ein-
leitung in die nordische Mythologie. Ihr Verfasser setzte auch das ganze nächste
Jahr hindurch seine Beschäftigung mit der Folklore fort. So schrieb er in den
Haifischen Jahrbüchern 1838 außer über UHLANDS Sagenforschungen über einen
„Leitfaden zur nordischen Altertumskunde“, über MoHNIKES Übersetzung der
Heimskringla, WACHLERS „Snorri Sturlusons Weltkreis“ und ETTMÜLLERS
Verdeutschung der „Lieder der Edda von den Nibelungen“. Der Volkslieder-
sammlung des jungen Marx also ging eine intensive Beschäftigung des älteren
Freundes mit nordischer Sagenpoesie und Altertumskunde voraus. Von dieser
Beschäftigung wird Koeppen nicht geschwiegen haben, im Gegenteil. „Was die
Literatur betrifft, so muß ich zunächst von mir reden, denn was ist die Literatur
ohne mich?“, beginnt er, wenn auch halb scherzend, in dem erwähnten Brief an
Marx seinen Gedankenaustausch mit dem Freunde. Daß er von STUHR oft gesprochen
hat, belegt dieser Brief ebenfalls; der Wortlaut des Briefes zeigt, daß er die Kenntnis
seines einstigen Lehrers wie auch des geistigen Abstandes, den er zu ihm gewonnen
hatte, bei Marx durchaus voraussetzen konnte. Getreu seinem Ziel, „zur Belebung
des Studiums der Mythologie beizutragen“31, wird der ältere Freund also in Berlin
nicht verfehlt haben, dem jüngeren seine Erstlingsschrift in die Hand zu drücken
oder ihn wenigstens mit seinen Ansichten über die nordische Mythologie ein-
gehend bekanntzumachen. Daß er bei seinem Vortrag eine anregende, auch den
weniger Interessierten mitreißende Kraft entwickeln konnte, haben spätere Schülef
von ihm ausdrücklich bestätigt32).
Zur Beschäftigung mit der finnischen Mythologie war Koeppen auf demselben
Wege gekommen, den schon andere Forscher vor ihm gegangen waren. Auch
Grimm schien es für seine Deutsche Mythologie33) unumgänglich, zur Erörterung
der mannigfaltigen wissenschaftlichen Fragen die Mythologie benachbarter Völker
vorzüglich der Slaven, Litauer und Finnen, heranzuziehen. Konnte sie doch i#
vielen Fällen Bestätigung oder Erläuterung bieten. Von den Gründen, die diese*
für die Einbeziehung der finnischen Mythologie in seine Forschung vorbrachte*
30) Sie erschien anonym i. d. Dt. Jahrbüchern Nr. 2—6 v. 4.—8. Jan. 1842 unter de#1
Titel „Schlosser, Gesch. des 18. Jhdts. u. des 19. bis zum Sturz des Franz. Kaisertums.“
31) Vorrede zur Einl. i. d. nord. Mythol. S. VI.
32) Über K. als Pädagogen vgl. „Aus dem literar. Nachlaß v. K. Marx“, I S. 40.
33) Göttingen 1835, Einl. S. 9.
Die drei finnischen Runen
51
nannte Koeppen nur den einen, nämlich ihre Berührung mit der nordischen, oder
worauf er selbst aufmerksam machte: daß „der finnische Glaube, namentlich in
bezug auf Thor, dann und wann an den nordischen streift oder gar in dense en
hinüberspielt“ 34). in diesem Zusammenhang gedachte er auch der finnischen Volks-
Poesie, zu der er wörtlich anmerkte „durch VON SCHRÖTERS meisterhafte Über-
setzung hinlänglich bekannt“. Während GRIMM hiervon die in Upsala gedruckte
erste Ausgabe las35), dürfte Koeppen wie dann Marx die zweite, unveränderte
Auflage von 1834 benutzt haben. Denn nicht nur, daß diese erst kurze Zeit vorher
erschienen war - man kann auch nicht behaupten, daß die erste „hinlänglich
bekannt“ geworden wäre; obgleich schon 1819 erschienen, war sie auf Kosten des
Herausgebers gedruckt und gar nicht in den Buchhandel gekommen. Nur wenige
Exemplare dienten vertrauten Freunden als Andenken an den Übersetzer. Erst die
zweite, von Gottlieb Heinrich Schröter, dem jüngsten Bruder Hans Ru
DOLPH Schröters, besorgte, fand den Weg in das breite Publikum. Sie fand ihn
um so eher, als sie im Gegensatz zur ersten in Deutschland erschien. Sie wurde in
der Öffentlichkeit viel beachtet. Als „einen sehr schätzbaren Beitrag“ zur Kenntnis
der verschiedenen Volkspoesien bezeichnete sie das „Repertorium der gesamten
deutschen Literatur“36), und „gewiß von hohem Interesse für Jeden, der an dei
Geschichte des Menschengeistes Theil
,.dpo n-.••1
nimmt“, obwohl sie nur einen Ausschnitt
finni v, ''”wlUiU'cn> slcn immer wieder aus sich selbst neuerzeugenden Reichtums
Einf Cuf1 .^oes^e<i gab. Die Übersetzung schien dem Referenten „die melancholische
haft“ Clt Un^ Monotonie“ Ber nordischen Poesie gut getroffen zu haben. „Meister-
Aber nannte s*e Koeppen. Es läßt sich deshalb verstehen, daß er sie Marx empfahl.
He]r Baß dieser nach der Lektüre den Entschluß faßte, seiner Sammlung
des R-1C Cr iunSe Braut gerade die Beschwörungslieder von der Geburt
Einfl aRCn5 ^Cr ^e^urt Bet Kolik und der Geburt der Harfe anzufügen, ist ohne den
P)£U ^eS ^teren Freundes kaum denkbar.
5 V5]i-n unB Bas tiefste Geheimnis der Volksliedpoesie sah Koeppen in ihrer
schauöCn5 Unterscbiedslosen Ineinanderbildung heidnischer und christlicher An-
5p|n Ungs'weise“>j7). Diese Ansicht läßt keinen anderen Schluß zu als den: Unter den
erschein” ^ ^Unen'C von ^34 mußten ihm die Zaubersprüche am bedeutsamsten
Bas hat^eif ^enn was Bin an der Volksliedpoesie gemeinhin am stärksten fesselte,
fierVor ast Hiit denselben Worten SCHRÖTER an den Zauberliedern der Finnen
P°esie aus Cn.^: „machen einen bedeutenden Theil der finnischen Volks-
völlige ^nen zeigt sich vornehmlich, oft auf die bizzarreste Weise, eine
sonders k u Mngung unB Verwechslung der heidnischen und christlichen, be-
Schröter1 °^Sc^en IBeen“. „Die eigentümliche Heilkunst des Volkes“, hatte
Weiter ausgeführt, „besteht in ihnen. Um aber ein Übel zu heilen, Gewalt
34) Einl. i. d. nord. Mythol. S. 144*
35) ,,Finnische Runpn ^ r.
.:i *
beilage f Trinen, finnisch u. deutsch“ v. D. H. R.v. Schröter, mit einer Musik-
5 > gedruckt auf ____1 .... , • -,111 0 tt_______.0,«
o-, geuruckt auf Kosten des Herausgebers bei Palmblad & Co., * P
) 2. Bd., Leipzig 1834, S. 66—67.
) Einl . -1 nord. Mythol. S. 140.
X; in der 2. Aufl. S. XX.
1*
52
Erich Kunze
über es gewinnen zu können, mußte man die Erzeugung, die Geburt, finnisch:
synty, des Gegenstandes erzählen, welcher das Übel, eine Wunde, eine Krankheit
usw. verursacht. Dies ist der Inhalt der mythologischen Erzählung, die den Haupt-
theil einer jeden Lesung ausmacht, und an welche sich, als Epilog gemeiniglich, der
eigentliche Zauber, die Beschwörung, finnisch: Loihto, anschließt.“
Daß Marx seiner Volksliedersammlung drei Lieder gerade dieser Gattung ein-
verleibte, zeigt, daß er Koeppens Vorliebe für die finnischen Zauberlieder teilte.
Allerdings schrieb er nicht „Die Geburt des Eisens“, den Zaubergesang heraus,
der nach Schröters Ansicht „die anschaulichste Idee einer solchen Zauberhand-
lung“ gab. Er nahm die Rune von der „Geburt des Bären“, vielleicht wegen der
Originalität ihres Gegenstands und ihrer poetischen Schönheit, wie ja überhaupt
den magischen Liedern der Finnen nicht nur als einer eigenartigen Gattung der
europäischen Volkspoesie, sondern auch dadurch Bedeutung zukommt, daß sie
die bei anderen Völkern vorkommenden Beschwörungsrunen an Zahl, Mannig-
faltigkeit des Inhalts und Schönheit der Form überragen. Schon 1809 hatte RÜHS
jene Rune unter die wenigen aufgenommen, die er für wert hielt, den Deutschen
einen ersten „näheren Begriff von finländischer Art und Kunst“ zu geben39)-
Von der „Geburt der Kolik“ brachte Marx nur eine Strophe zu Papier, die Zeilen
47 bis 58 unter Auslassung der Zeile 57. Es fehlt bei ihm also der ganze Hauptteil
dieser Rune, die Entstehungsgeschichte des Übels, wie auch von dem anderen Teil,
der Beschwörung, nur das vorbereitende Stück, nämlich die Beschimpfung der
Krankheit („Bauchkrampf du, Bauchkrampfes Sohn du, Andrer Sohn, elend’ger
Pfuscher“40) und der Spruch, womit der Zauberer seine Macht über den Gegen-
stand kundtut, nicht aber der Austreibungsbefehl an den Bannungsort gebracht
ist. Die Ursache dieser Kürzung ist unbekannt. Wahrscheinlich kamen Marx Be-
denken. Als Gabe für eine junge Braut war das ganze schwerlich geeignet. So brachte
er nur die charakteristische Beschimpfung der Krankheit und unterschlug — be-
zeichnend genug — Zeile 57. Wohl verständlich dagegen ist die Wahl der dritten
Rune und ihre Plazierung an den Schluß der Sammlung. Fischer und Jäger ver-
sprachen sich von dem Spruch einst reiche Beute. Der Glaube an die Zauberkraft
des Wortes, der aus allen diesen Beschwörungsrunen spricht, kommt in ihm be-
sonders stark zum Ausdruck; und in welch bedeutungsvolles, poetisches Bild
gefaßt! Noch ahnte Marx zwar nicht, welche Kraft seiner Prosa einmal inne-
wohnen, welche Wirkung von seiner Sprache ausgehen würde. Seine eigenen
poetischen Versuche waren im Gegenteil völlig mißglückt. Doch der Macht des
Wortes war er sich zweifellos bewußt, da er gerade dieses Lied an den Schluß seine!
Sammlung stellte, in dem nach den fruchtlosen Versuchen der gewöhnlichen
Sterblichen Wäinämöinen in die Saiten greift und durch seinen Sang selbst die
Tiere der Schöpfung mit unwiderstehlicher Kraft um sich schart und still lauschend
zu seinen Füßen zwingt. Auch des Studenten unverhohlene Bewunderung füf
39) Friedrich Rühs, „Finnland u. seine Bewohner, mit einer Charte von FinlandÜ
Leipzig 1809, S. 330L unter dem Titel „Ohtos Geburt“.
40) Zitiert nach Schröter, der von Marx benutzten Übersetzung.
Die drei finnischen Runen
53
produktiven, schöpferischen Kräfte des Menschengeistes kam in der Wahl
JeSes Liedes zum Ausdruck, das schon vor SCHRÖTER den Dichter AUGUST
und Un^ nac^ ^en jungen Platen zur Übertragung ins Deutsche verlockt
» das *^45 noch Jakob Grimm benutzt hatte, um seinen berühmten Vortrag
da Gr ^aS dnn^sc^e Epos“ wirkungsvoll abzuschließen41). Die Wahl bekundet auch
0^ YCrei^te Poetlsche Gefühl des jungen Marx, das ihn andererseits genötigt hatte,
ernichtungsurteil über seine eigenen poetischen Versuche zu sprechen.
Ästhetische Gründe — so bestimmend sie im einzelnen bei seiner Auswahl der
Sc en Lieder gewesen sein mögen, zumal diese im Hinblick auf die
/mP äogerin erfolgte — vermögen jedoch nicht den Umstand zu erklären, daß
r aus Schröters Sammlung Beschwörungsrunen und nicht Liebeslieder heraus-
ne ■ Bei Jenny v. Westphalen wenigstens dürften diese an den Schluß gestellten
Riehtamgen Bunen eLer den Eindruck erweckt haben, daß sie eine bestimmte
ung des Volksliedinteresses ihres Verlobten bekunden sollten, das mit seinen
gen^einen Studien im Einklang stand. Und so war es auch. Wie er schon durch
verri^tr^ere BeachtUn§ der Zaubergesänge unter den Schröterschen Übertragungen
liegend iet2t dem eigentlichen Zweck seiner Liedersammlung ferner-
Gründ C ^'°rnente vordrängten, so können auch die Wahl im einzelnen noch andere
L^ut h rnit^,estammt Baben als nur der Reiz des Poetischen oder des für Land und
der LI pS°nders Charakteristischen. Dies gilt vor allem für das Lied „Die Geburt
ke ,r e * Schröter nämlich zählte es zu den „reinen Mythen“, die auch Koeppen
be ■ erS ScBätzte. Schröter in dem. Sinne, daß in solchen eine merkwürdige Natur-
he^1SteiUng Vorwalte und die Trümmer einer uralten Naturphilosophie daraus
gen! °r^c^a^ten42); Koeppen, weil in ihnen die Stimme der Natur erklinge, „die nicht
Ko C t Wlrd> sondern sich selbst macht und deshalb ungetrübte, lautre Offen-
2utNat . ^ur Biarx, der sich gerade im Sommer 1839 mit den Vorarbeiten
j^ej- aturpBdosophie beschäftigte und dabei dem Verhältnis von Natur, Kunst und
haben °n nack2ugehen begann, konnten solche Ausführungen ein gewisses Interesse
Je * *n dem Zusammenhang, in dem Koeppen sie geäußert hatte.
Und Ba °rar^e^en des jungen Marx bezogen sich auf ein Problem, das ihn, Koeppen
allen er,Zu wechselseitiger Selbstverständigung zusammengeführt hatte. Ihnen
>>chri"t]enKeinSani War ^a d*e j^-nslcBt vom unaufhaltsamen Verfall der Kunst im
Zu djes IC en Staat“, in der bürgerlichen Gesellschaft der Neuzeit44). Eine Analogie
der antiT ^°rgan§ saBen sie in den geistigen Richtungen der Epoche des Zerfalls
PBilosonK611 Epikureismus, Skeptizismus und Stoizismus, in der sog.
le des Selbstbewußtseins. Mit ihr beschäftigten sich die drei Freunde
.1 VIII 94#* u-
J) Siche S. Haltsonen, „A. Thicme“Mn: vaikums
E. Kunze, „A.v.Platenin runokäännos »Wainam pQrvoo I951 u* 195
Jakob Grimmiin“ in: Kalevalaseuran vuosikirja 3 • ‘ Aufi. S. XVIII •
42) Vorrede zu „Finnische Runen“ S.IX, m iteraturnaia
4S) Einl. i. d. nord. Mythol. S. 77. Ästhetik“ im 6. Bd. der _
41) Vgl. Mich. A. Lifschitz, „Karl Marx unddi^A Internat. Literat , Jg- 3,
Enzyklopedija, Moskau 1933, deutsch v. Joac
Heft 2, 1933, S. 127—145.
54
Erich Kunze
nicht nur in Gesprächen. Bauer studierte sie, um den Ursprung des Christentums
aufzuklären, und kam so zu seiner Evangelienkritik. Koeppen demonstrierte den
Epikurismus, Skeptizismus und Stoismus an seinem Helden der Aufklärung, an
Friedrich dem Großen. Marx untersuchte die geschichtlichen Quellen dieser Phi-
losophien, „ihren Zusammenhang mit der ganzen griechischen Speculation“,
wovon er jedoch nur einen Teil, nämlich seine Dissertation, als Schrift vorlegte.
Was aber den Zusammenhang dieser Philosophien mit dem griechischen Leben
betrifft, so wies er in der Vorrede zu seiner Dissertation auf eine „tiefere Andeutung“
hin, die sein Freund Koeppen darüber in der Schrift über „Friedrich den Großen“
gemacht hatte. Daß dies eine bloße Geste der Dankbarkeit gewesen sei, weil die
Publikation Marx gewidmet war, wird man nicht annehmen dürfen. Vielmehr hat
er die Ansichten der Koeppenschen Schrift einmal geteilt, deren Abfassung auch
der damals schon in Bonn lebende Bauer mit Ungeduld erwartete: „Macht er mit
seiner Broschüre Ernst? Wie notwendig wäre die jetzt!“ Sollte sie doch eine Schlacht
der Geister einleiten und Preußen ein zweites Jena bereiten!
Das tat sie nun nicht, und sie steht auch hinter dem weit zurück, was die anderen
beiden zur Philosophie des Selbstbewußtseins beigetragen haben. Aber gegen Ende
des Jahres geschrieben, in dem dieser seine Volksliedersammlung zusammengestellt
hatte, belegt sie doch, in wie regem geistigen Gedankenaustausch Marx und Koep-
pen damals standen. Woran der Jüngere sich später am dankbarsten erinnerte,
darauf gibt wohl die „tiefere Andeutung“ einen Fingerzeig, die die Vorrede zu
seiner Dissertation rühmlichst nennt. Die betreffende Stelle in Koeppens Schrift
lautet: „Epikureismus, Stoizismus und Skepsis sind die Nervenmuskeln und Ein-
geweidesysteme des antiken Organismus, deren unmittelbare, natürliche Einheit
die Schönheit und Sittlichkeit des Altertums bedingte und die beim Absterben des-
selben auseinanderfielen.“ Demnach scheint der Zusammenhang von Philosophie
und Leben, von Natur, Kunst und Religion eines der Hauptthemen ihrer gegen-
seitigen Gespräche gewesen zu sein.
In dieser Ansicht wird man noch bestärkt, wenn man einmal den Inhalt der
Nordischen Mythologie Koeppens mit den Vorarbeiten zu Marxens Dissertation
(vier von den sechs Heften entstanden Anfang 1839 und im Sommersemester
183945) und mit den Exzerptheften der Jahre 1840 bis 43 vergleicht. Die Vermutung,
daß sein Plan zu einer „größeren Schrift“ nicht ohne Einwirkung Koeppens
entstand43), könnte vielleicht dadurch eine festere Stütze erhalten. Brachte die Disser-
tation in der in Jena vorgelegten Form lediglich zwei Aufsätze aus der ursprünglich
geplanten Untersuchung über den Zusammenhang der epikureischen, stoischen
und skeptischen Philosophie „mit der ganzen griechischen Speculation“, so
erweiterte sich bekanntlich dieser Plan. 1842 las Marx u. a. MEINERS All-
gemeine kritische Geschichte der Religionen, DEBROSSES Buch Über den Dienst
der Fetischgötter oder Vergleichung der alten Religionen Egypthens mit der
heutigen Religion Negri tiens, BÖTTIGERS Ideen zur Kunst-Mythologie und GrundS
4S) Vgl. MEGA 1/1, S. XXXIII.
4S) Siehe MEGA 1/1, S. 9, 15 u. XXXIII.
Die drei finnischen Runen
55
Darlegungen über Entstehung, Fortschritt und Verfall der Malerei der Griechen47).
Er betreibt religions- und kunstgeschichtliche Studien. Er trägt sich mit em
danken, eine Abhandlung „über Religion und Kunst mit besonderer Beziehung
auf christliche Kunst“ zu schreiben48). Er will die ideologischen Grundlagen dei
von Friedrich Wilhelm IV. und seinem romantischen Kreis geförderten „chnst-
lich-germanischen“ Kunst einer historisch-kritischen Analyse unterziehen )•
Der innere Zusammenhang aller dieser wissenschaftlichen Studien des jungen
Marx von den Vorarbeiten zur Dissertation bis zum Beginn seiner publizistischen
Tätigkeit an der Rheinischen Zeitung ist untersucht worden. Er gibt bemer ens ver
Aufschlüsse über die ästhetischen Anschauungen des jungen Marx0 ). on ei
antiken Kunst ausgehend, kam der junge Idealist zu einer radikalen Kntik. des
gesellschaftlichen Lebens seiner Zeit. Schritt er darin immer tiefer und selbständiger
vorwärts, so wurde er jedoch nicht nur von Hegel*4), sondern auch durch den
freundschaftlichen Umgang und Gedankenaustausch mit Koeppen^ angeregt, der
in seiner Nordischen Mythologie schon eine ganze Reihe von Sch üssen aiis
hehre des Philosophen gezogen hatte, die Marx durch eigene Studien für sich zu
ziehen im Begriffe war. .. f •
Gründete jener die Blüte der nordischen Poesie auf die „ursprüngliche,
Stammesverfassung“52), so der junge Marx jetzt die der griechischen Kunst au
politische Freiheit der antiken Demokratie. Die Grundlage des griechischen
Lebens, heißt es bei ihm, sei die Einheit mit der Natur. Den Inhalt der anti en
Geschichte bilde die Auflösung dieses Zusammenhangs. Für den Norden hat e
Koeppen ähnliches ausgesprochen: „Der ganze frühere Bau des mythischen Lebens
mußte Zusammenstürzen, sobald das einende Band des Naturstaats gelost war. Die
ahe Gesinnung ward schwach, die Sitte der Väter veraltete, die Götter er o
verdämmerten; das Christenthum, der Alleinherrschaft günstig un vor* 1
eßünstigt, breitete immer siegreicher sich aus, bis endlich von der einstigen
ichkeit nichts übrig blieb als Versteinerungen und Erinnerungen )•
§ang der reinen mythischen Poesie fiel für ICoeppen zusammen mit dem Aufkommen
von Sklaverei und Unterdrückung. Die gleiche Auffassung treffen wir spater bei
dem jungen Marx. „Auf der einen Seite“, kennzeichnet LIFSCHITZ dessen dama ige
Ansichten, „die ästhetische Vollkommenheit der antiken Kunst, die auf der Demo-
kratie der griechischen Republiken beruht, auf der anderen Seite die religiöse
Weltanschauung der asiatischen Völker, die vollkommene Abhängigkeit un
St ‘2 Das Gesamtverzeichnis der gelesenen Werke und der von Marx herausgeschriebenen
48^/' Mega 1/2, s. 114—ns. .
J an Arnold Rüge, Brief v. 20. März 1842, MEGA 1/2, S. 271 f.
50 y.8!- MEGA 1/2, s. XXII—XXIV. J q
J äehe Lifschitz a. a. O.; für die folgenden Ausführungen besonders b. 13° 37-
52\ Lifschitz, a. a. O.
531 F.hi' c d* n°rd* Mythoh S- ~
f A 25» über die Verbindung von Christentum, Unterdrückung ^ Dj^exen_
, nden sich mehrere Stellen. Noch 1858 nennt K. seine Schrift über Hexe ^ _
P ozesse eine Tatsachensammlung gegen die ärgsten „Greuel des geis
'chen Despotismus“.
56
Erich Kunze
Knechtung des Menschen. Die christliche Kunst der nachklassischen Epoche
reproduziert auf neuer Stufe die Ästhetik der asiatischen Barbarei, die so unendlich
tief unter dem politischen Leben der Griechen steht, wie ein unbehauener Stein
der primitiven Religion unter den Statuen Polyklets“54). Auch Koeppen flüchtete
aus diesem Grunde in den griechischen Göttersaal, nachdem er die „finstern,
thierischen, scheusaligen“ Gebilde der alten Ägypter studiert und von der Häß'
lichkeit und Kunstfeindlichkeit dieser Gebilde auf die „wüste Geilheit und ekelhaft
Verthierung“ ihrer Bildner geschlossen hatte: „Aus jedem Hundskopfschaut die eigfle
hündische Natur der letztem; denn wie ein Volk ist, solche Götter hat es auch“55)-
Der aktuelle Bezug dieser Ansichten zeigt sich bei Marx ganz deutlich, als er 1842 an
RüGE schreibt56): „Es ist merkwürdig, wie der Glaube an die Vertierung de!
Menschen Regierungsglauben und Regierungsprinzip geworden ist. Doch das
widerspricht der Religiosität nicht, denn die Tierreligion ist wohl die konsequenteste
Existenz der Religion, und vielleicht wird es bald nötig sein, statt von der religiösen
Anthropologie von der religiösen Zoologie zu sprechen.“ Die Verbindung von
Kunst und gesellschaftlicher Verfassung, von ästhetischer und sozialer Kritik
mit ihrer offenen oder verhüllten Beziehung auf die Gegenwart, die wir in
Koeppens Nordischer Mythologie antreffen, finden wir, weiter ausgeführt uflß
eingehender begründet, bei Marx wieder. Beide stimmten auch darin überein, daß
sie im Sinne der HEGELschen Ästhetik die gesamte Kunst der Neuzeit als Romantik
faßten. Noch ehe sich die alten Deutschen eine Mythologie bilden konnten, sab
Koeppen ihr altertümliches, heidnisches Naturleben gebrochen: „Gold und Land
suchend, fanden die meisten Stämme zugleich die neue Lehre und nahmen defl
Himmel, welchen man ihnen anbot, als eine Zugabe zu der Erde, welche man ihnen
nicht anbot, sondern gezwungen abtrat. Christus siegte über die alten, erst halb
klaren Götter, und die heidnischen Erinnerungen wurden nach und nach durch
das Glockengeläut der Kirchen und Klöster eingelullt oder brachen sich imVereitR
mit christlicher Gesinnung eine neue Bahn in der romantischen Poesie“57 58). DR
christliche Religion, mit Egoismus und Gewalt einhergehend, habe die Deutschei1
an der Schaffung einer großen mythischen Dichtung gehindert. An die Stelle dei
unbewußt schaffenden Natur58), der freien künstlerischen Phantasie sei die christ'
liehe Kunst getreten. In ihr herrsche der Verstand59), worin auch Marx späte!
Koeppen beipflichtete. Anders im Norden. Hier war nach Koeppen das HeidentuR
zur Vollreife gekommen und zu jener klaren, plastisch-gegliederten Götterwelt60)’
54) Siehe die Exzerpte aus Grund u. Debrosses, dazu Lifschitz, a. a. O. S. 134h
55) Einl. i. d. nord. Mythol. S. 17h
36) Brief v. 20. März, MEGA 1/2, S. 270L
57) Einl. i. d. nord. Mythol. S. 2.
58) Ebd. S. 48.
59) Auch die isländ. Prosaliteratur war K. schon, wenigstens der Form nach, „insofd11
eine Schöpfung des Christentums“ als dadurch „die ohnehin größtenteils verdampft6
heidnische Naturbegeisterung und Lebensfrische ganz ausgetilgt und dem BewußtseR
jene ruhige Verständigkeit und Kälte gegeben ward, durch welche das Entstehen prosaisch^!
Auffassung und Darstellung bedingt wird“. Einl. i. d. nord. Mythol. S. 90.
60) Ebd. S. 2.
Die drei finnischen Runen
57
die den jüngeren Freund an der Antike so fesselte und deren Bildung und Verfall
er in ihren Ursachen und Wirkungen nachging. Fand der eine in er °esl®
nordischen Altertums, so der andere in der antiken Dichtung un uns
Apotheose der produktiven Kräfte des Menschen. Hier wie dort blühte sie ihnen
auf dem Grunde eines freien, organischen, gesellschaftlichen Lebens. Kunst un
Wirklichkeit, Poesie und Prosa, Sollen und Sein bildeten darin keinen Gegensatz.
In der Frische und Lebendigkeit des heidnischen Bewußtseins und Glaubens
meinte Koeppen in der Nordischen Mythologie61), sind Dichtung und W11
ungetrennt. „Die Dichtung ist wirklich und die Wirklichkeit poetisc , ei e von
einander innig durchdrungen und unmittelbar eins. Die ideale, nur im eniu e
und in der Anschauung lebende mythische Welt der Götter und Heroen gilt daher
nicht als nur in der Phantasie des Dichters vorhanden, sondern als an und für sich
in äußrer, fleischlicher Existenz bestehend, gleich der wirklic en, e en g
Menschenwelt.“ Aber zu dem Gegensatz von Wirklichkeit und Dichtung mu
nach ihm selbst die Isländer, „namentlich durch das Christenthum , gelafge£*
Die Angriffe auf den prosaischen Geist der Wirklichkeit, die Marxens Jugenddich-
tungen erfüllt hatten, hatten bei jenem schon eine tiefere Begründung erhalten.
Es ist leicht auszudenken, wie stark sie ihn anziehen mußte, als er 1837 mit oepp
zusammentraf. ,
Dieser hatte von den drei großen Sagenkulturen, die es für ihn überhaupt ga ,
der indischen, der griechischen und der skandinavisch-isländischen ), zuers e
letztere studiert, aber in seiner Nordischen Mythologie auch Ansätze dazu gemac ,
die griechische „in ihrer eigenthümlichen Weltstellung und ihrem Verhältnis zum
Entwicklungsgänge der Menschheit“ zu begreifen. Daß hier die bildende Kunst,
der Marx mehr Aufmerksamkeit schenkte, dort die Poesie stärker in en or er
grund der Betrachtung gezogen werden müsse, war eine von Koeppen nac r
liehst begründete Auffassung: „Vornehmlicher als der Stein spric t im or en
die Poesie.“ Eine plastische Kunst konnten die alten Nordmänner „den Bedingungen
ihrer Natur nach“ nicht haben63). , . , r ,
So dürfte Koeppen den jungen Marx bei seinen religions-und kunstgesc c c
Studien weitgehend angeregt und seine Kenntnisse in der Richtung geforder
haben, die der Hinweis in der Vorrede zu seiner Dissertation andeutet. Die Lektüre
der finnischen Runen, die Widmung Koeppens, der Hinweis vor Marxens Disser-
tatl.on und der Brief des älteren an den jüngeren Freund, in dem jener mit Ver-
gnügen feststellt, daß Bruno Bauers Gedanken, daß der byzantinisc e taat er
eigentlich christliche sei64), „ebenfalls in der Schützenstraße zu Haus gehört ),
markieren nur nach außen die Etappen eines tiefen wechselseitigen Gesprächs un
61) Ebd. S. 104f
62) Ebd. S.
f'3) Ebd.s.4: _ ...
T-T ir Wahrscheinlich Bruno Bauers Aufsatz „Der christl. Staat und unsere
ai!Sche Jahrbücher Nr. 135—140, 1841, S. 537ff. , . R ,•
J) Koeppen an Marx, Brief v. 3. Juni 1841, MEGA 1/2, S. 257; Marx wohnte in Berlin,
^chützenstraße 68.
58
Anhang
eigener Selbstverständigung. So gesehen aber fügt sich auch SCHRÖTERS Buch
sinnvoll in den großen Zusammenhang der umfangreichen Studien des jungen
Marx. Wenn der Gedanke nahe liegt, daß er in dem geplanten Werk über die von
Friedrich Wilhelm IV. und seinem romantischen Kreis geförderte christlich-
germanische Kunst den Nachweis zu führen beabsichtigte, diese sogenannte
christliche Kunst sei voll von unchristlichen, heidnischen Elementen66), so mußten
ihn die finnischen Lieder, insbesondere die Zauberrunen, in dieser Ansicht bestärken-
Sie haben dann nicht nur rein biographischen Wert für das frühe Verhältnis von
Koeppen und Marx, sondern bezeichnen auch eine bestimmte Stelle im Bildungs-
und Entwicklungsgang des jungen Revolutionärs — ganz im Gegensatz zu den
anderen Volksliedern, die dieser 1839 aus den verschiedenen Sammlungen her-
ausschrieb.
66) Rjazanov in MEGA V2, S. XXIV.
Drei finnische Runen1)
Übersetzt von Hans Rudolph v. Schröter (1819)
Die Geburt des Bären
Wo gezeuget ward der Bär wohl,
Wo der Süßfuß sanft geschaukelt?
Bei dem Monde, bei der Sonne,
Auf den Otawaistens-Achseln2).
Dorther ward herabgelassen
Er in silberhellen Stricken,
In den lichtguldigen Wiegen.
Maid Maria, kleine Mutter,
Warf Wollflocken auf die Wasser,
Windeln, wie die Flaggen flatternd,
Auf die klaren Meeresklippen,
Auf die weiten großen Wellen.
Ungewitter thät sie wiegen —
Wassers Athem sie umfächelt —
Zu waldreichem Vorgebirgsrand,
Hinzurasen in das Heidland,
Zu zertreten nord’sche Triften.
x) Rune (finn. „runo“) bedeutet hier im Gegensatz zur germanischen Rune (aus altisl-
rün) nicht Schriftzeichen, sondern Gesang, Lied.
2) Lies: auf den Schultern Otawas (d. i. des Siebengestirns); im Finn. Genitiv Pluralis»
dem Schröter fälschlich noch ein deutsches Genitiv-s angehängt hat. Die deutsche Über-
setzung ist überhaupt recht mangelhaft, wie der Leser leicht bemerkt. Doch war SchröteR^
Sammlung 1819 die erste ihrer Art und als solche nicht nur äußerst verdienstvoll, sondern
auch von weittragender Wirkung.
Drei finnische Runen
59
Bleiben laß was barsch und bös’ ist,
Nicht geselle dich Gemeinem!
Das verbot dir deine Mutter.
Schade nicht gedüngtem Schenkel3),
Tödte nicht Milchträgerinnen!
Mehr zu thun hat deine Mutter,
Vieles leidet die Erzeug’rin,
Wenn der Sohn das Böse schaffet,
Wenn das Kind im Schlimmen sitzet.
Eile fort wie wilder Eber,
Schnell vorbei wie Fisch im Wasser,
Haste dich zu’r Heimathshöhle,
Daß die Milchfrau dich nicht merke!
Die Geburt der Kolik
Launawatar4), Frau die alte,
Saß gekehrt rückwärts nach Osten;
Bliesen schwanger sie die Winde,
Daß sie ganz und gar aufschwellte.
Trug sie sich mit hartem Bauche,
Mit beschwerlicher Bauchfüllung,
Wohl hindurch durch dreißig Sommer.
Eben durch so viele Winter.
Jammert sie und klagte kläglich:
„Was mag sein mir angekommen
(Heut) an diesem bösen Tage,
(Heut) bei diesem sonn’gem Aufgang?'1
(Kam) der König, Sanct Yrjänä5),
Trug herab ’nen Baum vom Himmel,
Rothen Baum aus Wolken fällte
Nieder auf den schweren Bauch ihr.
ckd SxChade nicht den Kühen; es handelt sich um die bekannte dichterische Fj ^Y
£°,Che)> bei der ein Teil, der „gedüngte“ (richtig müßte es ^urheh hc^en ^
VollhmUt2te) Schenkel das Ganze (die Kuh) bezeichnet. Man beachte £
^lksp°esie ncbcn dcr AllitCration charakteristischen ParaRehsmus der G ^der ^
t?kvreim)> d‘ b- die Wiederholung desselben Gedankens in der ™chsten d d
u d nZS2eikn- Die Anschauung wird mit Hilfe anderer Worte vertieft, auch btim
m ^efühlsgehalt werden dadurch verstärkt. ^
4) Launavatar, auch Laviatar, Lovihatar u.ä.: ein menschenfeindliches, we
Aesen, eine Hexe. . , „ . f.
K? Sa(n“ Y5)änä = Sanct Yrjö = Sanct Georg, der katholische Schröter '(wie
onig bezeichnet soviel wie ,machtvoll'. Die folgenden zwei e . Faden /einen
vieles andere) falsch übersetzt; es muß heißen: Ließ vom Himmel nieder einen
1 °ten, aus den Wolken fallen.
60
Anhang
Launawatar, Frau die alte,
Zog sich auf die Wassersteine,
Und gebahr sie neun der Knaben, —
(Liegend) auf ’nem Wassersteine,
In der Nähe des Badhauses,
Während Glockenklang gehört ward,
Während Brodem hing hernieder —
Aus der Kraft des einen Bauches,
Auf den Splittern einer Stange.
Namenlos noch waren alle,
Ungetan ft noch alle waren;
Suchte man für sie nach Namen,
Suchte, aber fand man keine,
Suchte, doch erwacht zu keinen.
Bat sie Christus da sie christnen,
Den Allmächtigen sie taufen:
„Christus christne du die Christen,
Taufe du sie, du Allmächt’ger!“
„Christne selbst du die Verdammten,
Taufe selbst die du getragen!“
Taufte selbst sie ihre Früchte;
Drückte einen sie zu Wehrwolf,
Wand’ ’nen andern zu ’ner Schlange,
Klemmt’ zu Risi6) einen andern,
Schlang zu Eidechs’ einen andern,
Setzt’ als Mahr7) ein einen andern,
Trieb zu Gliedschmerz einen andern,
Schuf ’nen andern zu Gichtschmerzen,
Einen andern zu Milzstechen,
Schuf den letzten zu Bauchgrimmen.
Bauchkrampf du, Bauchkrampfes Sohn du,
Andrer Sohn, elend’ger Pfuscher,
Du, gemacht von Theerholz Stöcken,
Aus’nes Seepfahls Schwamm geschaffen
Du aus Feuersbrand geboren!
Wo sind meine Schlangenhandschuh,
Wo sind meine Eidechsstiefein,
Womit ich (dich) packe, Kröte,
Greife dich, du böse Mücke,
Von der Flaut des armen Menschen,
8) Richtig: Riisi; englische Krankheit (Rachitis) bei kleinen Kindern.
7) Mahr, vielleicht nicht jedem Leser bekannt, bedeutet dasselbe wie drückender Alp-
Drei finnische Runen
Vom Hauthaar der Menschenmutter,
Von des Weibgebornen Leibe.
Dieser Schmerz ist Windes Bringen,
Windes Bringen, Wassers Strömung,
Du Ahawa’s8) Hergeworfner.
Nimm du Wind in deine Wiege,
Nimm ihn in dein Boot Ahawa!
Führe ihn und wälz’ ihn zu dir!
Nehme ich vom Aare Klauen,
Von dem Vogel die Fleischballen,
Von dem Bären die Handtatzen,
Von dem Habicht seine Krallen;
Womit ich dich packe, Kröte,
Greife dich, du böse Mücke,
Von der Haut des armen Menschen,
Von der Menschenmutter Hauthaar.
Dorthin setze ich das Böse,
Dorthin spalte ich die Plagen,
Dorthin treib’ ich böse Stellen,
Zu den ungenannten Ländern,
Zu den priesterlosen Stellen,
Zu den buschlosen Heidemarken,
Die mit Büschen niemals grünen,
Dort wo nicht gehn Heerdenglocken,
Dorthin wo nie Füllen springen
Dort wo Mannes Sohn nie (wandert).
Anzufaßen diese Böse
Wag’ ich nicht ohn’ Eisenhandschuh,
Ohne Feuers heiße Schutzwehr,
Ohne (harten) Steines Handschuh,
Ohne (gelben) Kupfers Handschuh.
Dorthin setze ich das Böse,
Dorthin spalte ich die Plagen,
Dorthin wo der Kiessand rollet,
Dorthin wo die Kiesel springen,
Dorthin woher Winde wiegen,
Schaukelnd landwärts zu dem Strande.
Darfst du nicht dir Raum dort finden,
Nun so mahne ich dich dorthin
In des schwarzen Bären Lager,
In den Schooß aschhaar’gen Rennthiers,
trockener, kalter Frühlingswind, ein heftiger Wind überhaupt.
62
Anhang
Zu der Kirche der buntfarb’gen,
Dort hinein in Kriegsschiffs Seiten!
Darfst du nicht dir Raum dort finden,
Nun so mahne ich dich dorthin,
Dort zu Hiitola’s Brennhause9),
Wo die Hirsche aufgehängt sind,
Wo die Löwen übermannet,
Wo die Tartarn sind gemordet!
Darfst du dort nicht Raum dir finden,
Nun so mahne ich dich dorthin
Zu des Eismeers kaltem Strome,
Zu dem weiten wüsten Lappmark,
Wo noch andre Mörder wohnen,
Andre ew’ge Missethäter;
Wo die Baumesstämme stürzen
Mit den Wipfeln Tannen fallen!
Darfst du dort nicht Raum dir finden,
Nun so mahne ich dich dorthin,
In des Feuers höllisch Feuer,
In der bösen Mächte Gluten,
Woher niemals du entkommest,
Nie in deinem Leben frei wirst!
Die Geburt der Harfe
Alter Wäinämöinen10) selber
Auf dem Berge hieb ein Boot zu,
Schuf auf Bergeshöh’ die Harfe.
Wovon ist der Harfe Höhlung?
Von dem (buntem) Birkenmaser.
Woraus sind der Harfe Schrauben?
Aus gleichdickem Ast der Eiche.
Woraus sind der Harfe Zungen?
9) Hiitola: Hiisis Aufenthalt, Wohnstatt. Hiisi: urspr. ,finsterer Wald4 erhielt dann
Bedeutung von ,böser Geist, Unhold4, bzw. ,finstere Macht, das Finstere, Dunkle, Böse
überhaupt. Schröters Übersetzung „Hiitolas Brennhaus44 erweckt fälschlich die Vo*'
Stellung von,Hölle*; das finn. Wort hat jedoch nur die Bedeutung,Hütte4, nicht ,Brennhaus'
10) Wäinämöinen: ein großer Schamane, auch Held (vielleicht des kalevaischen Stammt
dem das Volk im Laufe der Zeit auch übermenschliche, göttliche Eigenschaften angedichte
hat, die Zentralgestalt der finn. epischen Runen; zuletzt über ihn von seiten der fi*1*1'
Forschung: Martti FIaavio, Väinämöinen. Suomalaisten runojen keskushahmo, 19}°’
(auch in englischer Übersetzung erschienen). Aus den Anmerkungen Schröters erhie
Marx natürlich nur die zeitgenössischen romantischen Deutungen: Wäinämöinen, &
gute, lichte Prinzip, deshalb im Streite mit seinem Bruder Hiisi, dem bösen Prinzip, Lauf^
watar = Mutter der Natur, der Krankheiten, der Schmerzen, usw.
Drei finnische Runen
63
Aus dem Schweifhaar tücht’gen Hengstes,
Aus des Lempo’s-Füllen11) Kleidung.
Alter Wäinämöinen selber
Rief Jungfrauen, rief Jünglinge,
Um zu spielen mit den Fingern:
Freude wurde nicht zu Freude,
Spiel sich nicht zu Spiele stimmte.
Rief er unbeweibten Männern,
Rief er die beweibten Helden:
Freude wurde nicht zu Freude,
Spiel sich nicht zu Spiele stimmte.
Rief er Alte aus den Weibern,
Männer in den Mitteljahren:
Freude wurde nicht zu Freude,
Spiel sich nicht zu Spiele stimmte.
Setzt der alte Wäinämöinen
Selbst sich da zu seinem Sitze,
Nahm mit Fingern sein die Harfe,
Wandt’ an seine Knie die Höhlung,
Unter seine Hand die Harfe;
Alter Wäinämöinen spielte.
Wurde da erst Spiel zu Spiele,
Freude sich zu Freude stimmte.
Fand man keinen in dem Haine*
Laufend auf der Füßen vieren,
Trippelnd auf den kleinen Tatzen.
Der nicht kam um zuzuhorchen,
Als der Vater Freude weckte,
Als Wäinämöinen spielte;
Selbst der Bär stemmt an den Zaun sich,
Als Wäinämöinen spielte.
Fand man keinen in dem Haine,
Schwingend seine beiden Schwingen,
Die Vornehmsten des Geflügels,
Der nicht kam, geschaart wie Flocken.
Fand man keinen in dem Meere,
Fahrend mit sechs (feinen) Flossen,
Hin und her bewegend achte,
Der zu horchen nicht gekommen.
Selbst die Wirthin in dem Wasser12)
Zeile: KldH° C|n ^.öscr Ueist, vielleicht Hiisi selbst. Aus dem Schweifhaar (in der Parallel-
jj, 1 Un§) seines Fohlens nahm Wäinämöinen die Saiten seiner Harfe.
) Herrin des Wassers.
64
Anhang
Warf herauf sich auf das Seegras,
Zog sich auf die Wassersteine,
Auszuruhen auf dem Bauche.
Aus Wäinämöinens eignen
Augen, drang ein klares Wasser,
Rundlicher als wie Moosbeere,
Derb wie Ei des Haselhuhnes,
Auf die Brust hin, die redliche,
Von der Brust zu seinen Knieen;
Von den Knieen zu den Füßen,
Fielen nieder Wassertropfen,
Fielen durch fünf Wollen-Mäntel,
Durch acht lange wollne Röcke.
Günther Voigt — Berlin
Friedrich Engels und die deutschen \ olksbücher
Im November 1839 erschien in dem von KARL GUTZKOW bei CAMPE, dem Ver
leger Heines, in Hamburg herausgegebenen „Telegraph für Deutschland“, einem
der führenden Organe des Jungen Deutschland, ein programmatischer Aufsatz
über die deutschen Volksbücher. Als Verfasser zeichnete ein nicht weiter bekannter
„Friedrich Oswald“. Es handelte sich hierbei um ein Pseudonym des jungen
Friedrich Engels, das er im allgemeinen auch sonst - und zwar bis ins Jahr
1844 — benutzt hat. Der Aufsatz gehört zu seinen frühesten Veröffentlichungen.
Zur Zeit der Abfassung stand er im 19. Lebensjahr1 * *). . .
Auch Engels’ andere Beiträge für den „Telegraph“ betrafen zumeist literarische
Gegenstände, so z. B. die Aufsätze über PlATEN (Februar 1840), E. M. ARNDT
(Januar 1841) und IMMERMANNS „Memorabilien“ (April 1841). Zur gleichen eit
war Engels Mitarbeiter an Cottas Stuttgarter „Morgenblatt für gebildete Leser
und an Bremer Lokalblättern. ,
Diese ausgedehnte und dabei gediegene und gehaltvolle literaturkun ic
schriftstellerische Betätigung des jungen Volontärs im Großhandelshause des
Konsuls Leupold in Bremen, eines Geschäftsfreundes des Vaters, eine Be
tätigung, die zudem Hand in Hand ging mit bemerkenswerten Ansätzen zu eigenem
dichterischen Schaffen, — setzte eine umfassende Belesenheit in der deutschen un
1 ind der Marx-Engels-
X) Sämtliche Zitate aus den Aufsätzen undBncfen von^ 2. Band Berlm
Gesamtausgabe (MEGA) entnommen, un Seite. (Römische Z
Ich schreibe durchweg: „MEGA“ und die betreffende irrünbergs
sich auf die Einleitung des Herausgebers.) ttstaV MaYER Se ^ . o der
Engels’ Pseudonym wurde erst 1913 % ,„r Arbeiterbewegung, _ rübrten
Archiv für die Geschichte des Sozialismus un , n ]ahren 1838 bis 1 44 jländigcn
auch Engels’ „Schriften der Frühzeit“ nebst seiner ¡ndung mit sc*ner ZW^ ,eise —
Korrespondenz erstmals gesammelt publizierte, 1 . a a q Und — auszug ______pje
Biographie (Berlin 1920). Weitere Abdrucke in ME ¿iFSChitz, Berlin 194 •
in „Marx-Engels über Kunst und Literatur4 , hg- v. ’ Engeisbiographie ■ J g
Zitate aus Gustav Mayer betreffen aussddiel^ ¿le Lenz-Novelle des
Im Jahrgang 1839 des „Telegraph“ wurde ubr |^tschen plebejischen Di ¿e$sen
jung verstorbenen Georg Büchner, des ersten o,s bereits einen Auszug t dem
öffcntlicht, nachdem Gutzkow in seiner Zeitschrift 1 3 ^ , befand sich a s° dcutend-
Lustspiel „Lconce und Lena“ geboten hatte. Der ]u g Telegraph“ in der
Volksbücher-Aufsatz und seinen anderen Beiträgen ur
sten literarischen Gesellschaft.
66
Günther Voigt
ausländischen schöngeistigen Literatur voraus. Sie ist, abgesehen von den Auf'
Sätzen selbst, belegt durch Engels’ Briefwechsel mit seinen Freunden und erstreckte
sich außer auf die oben erwähnten Dichter — unter anderen! — auf LOHENSTEIN,
Hofmannswaldau, Lessing, Goethe, Schiller, die Romantiker, Uhland,
Grillparzer, Börne, Heine, Grabbe, Annette von Droste-HülshofF
(deren überragende Bedeutung als Lyrikerin er als einer der ersten erkannt hat!2),
Lenau, FreiligRATH, die Jungdeutschen (WIENBARG, GUTZKOW, LAUBE, MundT,
Kühne usw.), ferner auf Shakespeare, Byron, Shelley (den er selbst übersetzte),
und die Romane von DICKENS und DlSRAELI, GEORGE SAND und EUGENE SuE-
Mit Levin SchÜCKING, aller Wahrscheinlichkeit nach auch mit ImmeRMANE
und ----- schon damals — mit FREILIGRATH war Engels überdies persönlich be-
kannt3). Zugleich verfolgteer aufmerksam die periodischen Publikationen wie etw^
KÜHNES „Zeitung für die elegante Welt“ und die von den Junghegelianeri1
ECHTERMEYER und Ruge redigierten „Hallischen Jahrbücher für deutsche Wissen'
Schaft und Kunst“.
Mit seiner belletristischen Lektüre verband der junge Engels ein nicht mindei
intensives philosophisches und theologisches Studium. Hier reichten seine Interesse!1
von JACOB BÖHME4) bis zu Hegel; und obwohl er sich in der großen religioni'
wissenschaftlichen Auseinandersetzung der Zeit seiner ganzen Denkart nach für die
aufgeklärte Richtung entschied, zuerst für den liberalen SCHLEIERMACHER, hernach
für die konsequente Bibelkritik der DAVID FRIEDRICH STRAUSS, Bruno BAUE?
und LUDWIG Feuerbach, so hatte er dennoch nicht auf die Prüfung auch de'
Argumente des orthodoxen Lagers der HENGSTENBERG, KRUMMACHER u. a. vet'
zichtet.
Vollständig wird jedoch dieser Überblick über den weiten Umkreis von Engels
schöngeistigen und wissenschaftlichen Studien erst durch die Erinnerung an seine Be'
schäftigung mit der Geschichte und der Germanistik. Daß er von der „historische!1
Notwendigkeit in der Geschichte von 1789 bis 1839“5 6 *) schon damals eine richtige
Vorstellung hatte, erhellt aus der Wahl seines Standpunktes in dem die Ära des
2) Am Schluß seines Aufsatzes „Landschaften“, Telegraph Juli 1840, MEGA S. 82.
3) Die Bekanntschaft mit Schücking erwähnt Engels selbst in seinen „Landschaften »
für die Bekanntschaft mit Freiligrath und Immermann spricht außer den innere!1
Indizien einer besonders verständnisvollen und warmherzigen Beurteilung der Aufenthalt
der beiden Dichter in Barmen-Elberfeld, des ersten während seiner Tätigkeit als Kontorist
in einer Barmer Firma seit Mai 1837, des letzteren anläßlich der Errichtung eines Filial'
theaters seiner Düsseldorfer Bühne in Elberfeld. (MEGA S. XXXIII.)
4) An die Brüder Graeber, 17. 9. 1838, MEGA S. 489. — Ganz spät noch, in der voF1
April 1892 datierten Einleitung zur englischen Ausgabe seiner Schrift „Die Entwicklung
des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft“, hat E. aus dem Ertrag dieses frühe11
BÖHME-Studiums für eine sich an britische Leser richtende populäre Darstellung
historischen Materialismus Gewinn gezogen, auch ein Beweis dafür, wie in Engels’ vorzüg'
lichem Gedächtnis die einmal erworbenen Kenntnisse und Erkenntnisse, selbst solchc
spezieller Natur, nie verloren gingen. — Die Einleitung jetzt auch deutsch in den Ausgabe11
der Schrift im Dietz-Verlag, Berlin 1945 und später; der Passus über B. auf S. 8.
6) An W. Graeber, 30. 7. 1839, — also am Jahrestag der Julirevolution!, den er gleich
zeitig mit einem Gedicht „Deutsche Julitage“ feierte. MEGA S. 535 u. 533f.
Engels und die deutschen Volksbüchc^
67
Vormärz beherrschenden Ringen zwischen ea ton letzteren. Engels’
aus seiner von Anbeginn an unzweideutigen Parteina bezeugen z. B. die
Bekanntschaft wiederum mit der älteren deutsc en 1 TERSLEBEN eben erst
Erwähnungen des Ludwigsliedes6), das HOFFMAN . abcTedruckt hatte,
wieder aufgefunden und 1837 in den „Monumen^ ^ seinem Verhältnis zu
des Annoliedes7), der Nibelungen7) und e o fi'ihrlicher zu reden sein.
Volkslied, Märchen, Sage und Volksbuch wud unten -“er ^ ^
Wie genau und bis in Details hinein er ms es verfolgte9) beweist u. a.
schritte der jungen germanistischen Wisscnsca^^ ^ angebrachten und
seine Feststellung bezüglich zweier über e war mir auffallend, diese Bild-
von ihm als Siegfriede identifizierten Baste; e: .,, ^ doch sonst alles gesammelt
werkein Wilhelm Grimms deutscher Heldens g )> finden“11!.
ist, was sich auf den Gegenstand bezieht, iiichterwa geistigen (und physischen!)
Schon dieser knappe und äußerliche Ubersc *§^.|ährigen muß billigerweise
Leistung des noch nicht oder doch gerade er T m<yen2 und der Energie des
Bewunderung und Hochachtung wecken vor *pruchnahme durch seine
jungen Mannes, zumal wenn man dabei noch ci V^eiWn und oft recht
berufliche Ausbildung und eine rege Teilnahme an
ausgelassenen Treiben gleichgesinnter Generationsg d fdt sein
Indessen, abgesehen von der Tatsache, daß der junge Engels u ^ ^ ^ sum.
Alter ungewöhnlich großen geistigen Ataons«ms ver u er;ounlkheres Phä-
mansch hergezählten Daten ist noch ein weiteres u zurückgelegte
notnen wenigstens angedeutet: Engels' in einem Minimum an Zeit 8
ungestüme innere Entwicklung überhaupt. T -d de seines
Der verdienstvolle Engels-Biograph Gustav Mayer £* .«LB ^ ^
Werkes diese Entwicklung in allen ihren Phasen un “ b „ercchnet, in
vielfältigen Verästelung dargestellt. Sie zerfällt, vom Ja - „ \ die Berliner
drei Abschnitte: Die Bremer Periode (September 1838 is s England (bis
Periode (bis Herbst 184z), die Periode des ersten Aufenthaltes in Eng
6) In: „Karl Beck“, Telegraph Dez. 1839, MEGA S 57-
7) In: „Siegfrieds Heimat“, ebd. Dez. 1840, MEGA • <3
8>1 A „ \V7 r* ^
Int
) in: „Siegfrieds Heimat“, ebd. Dez. i84°>,Tg^ , „rnßte
l) An W. Grabber, 27. bis 30. 4- 18 3 9> JL5der jungen Germanistik das gf
’) Wie E. brachten z. B. auch Heine un<JGu*0Z* Göttingen, dieser außer dem L
eresse t— 1 ** ^
k dieses lmerc»®*
0.0___jener norm oniNnnn l83o in Berlin; a « Generation,
genannten auch v. d. Hagen und LacHM - Flügelmänner der J Studios hören
beschränkte sich wohl im wesentlichen nur au ^g2o; ^penk L>ir, n he sind nur 9>
vgl. Heines Brief an Fr.v. Beuche vom 9- * doch gewißy000 ^‘j-nU:en’ ihrer Vater
dieses Kollegium. Unter 1 300 Studenten worunter doc^ geistigen G^°w
die für die Sprache, für das innere Leben d ¿es Stumpfsi
Interesse haben. O Deutschlandl Land der 1C^ £erijn 1875, S. 42 un
erwähnt seine german. Studien in „Rückblicke ,
10) Göttingen 1829. u wie daheim
11) In: „Siegfrieds Heimat“, MEGA S. ^ Wirtschaft“, die E. ^inemals„Bürger-
i*) Gegen die „Philisterei und religiöse Ze ^ jungen Leute
in Barmen auch in Bremen wieder antraf, opponie t< _ JvIaYEE S. 24
schreck“ aufgezogenen Klub der „Schnurrbart a
68
Günther Voigt
Februar 1844). Engels’ Weg führte von der ursprünglichen Parteigängerschaft flih
den bürgerlich-liberalen und konstitutionalistischen Jungdeutschen schon gege11
Mitte 1839 zu dem späten Jakobinertum LUDWIG BÖRNES und der in ihrem revo-
lutionären Kern bereits damals von ihm erspürten Philosophie HEGELS, in deren
beider Synthese — als des „Mannes der politischen Praxis“ und des „Mannes des
Gedankens“13) — er zeitweilig das Mittel der möglichen Lösung der Zeitfragen zu
erblicken meinte, bis er, seit 1841, aus den Schriften des (übrigens auch auf MAR^
entscheidend einwirkenden) „Kommunistenrabbi“ MOSES HESS14) die viel be'
rechtigtere, weil in ihren praktischen politischen und sozialen Konsequenzen
wesentlich realistischere Verknüpfung Hegels mit SAINT-SlMON kennenlerntG
eine Kombination, die im Keime die Weiterentwicklung des Linkshegelianismus
(mit dessen Vertretern Engels in Berlin in enge persönliche Berührung gekommen
war) zum Kommunismus enthielt. Engels’ Entschluß, nach Berlin das Zentrum dei
Chartistenbewegung, Manchester15 16), aufzusuchen, ergänzte nunmehr die inneie
Folgerichtigkeit seines Lebensweges auch in äußerer Hinsicht.
In diesen größeren Komplex von Engels’ sich rasch, organisch und vielseitig
gestaltender Allgemeinbildung und Weltanschauung gehört also der Aufsatz üb#
die deutschen Volksbücher; im engeren Sinne bildet er zusammen mit den übrig#1
im Laufe der Jahre 1839 und 1840 veröffentlichten Arbeiten ein aus mancherle)
Gründen interessantes Dokument der ersten, Bremer Periode.
Den Auftakt dieser Phase hatten die „Briefe aus dem Wuppertal“ gemach^
Engels’ erster Beitrag für den „Telegraph“ im März und April 1839. Hier hatte d#
Verfasser vernichtend mit den beiden eng miteinander verbündeten sozialen Mächt#1
abgerechnet, die seine Vaterstadt Barmen beherrschten („das deutsche Manchester >
wie es dann G. KÜHNE 1847 in seiner „Europa“ nennen sollte): Mit dem atfS'
beuterischen Frühkapitalismus der Textilfabrikanten und dem engstirnig-fanatische11
Obskurantismus pietistisch-kalvinistischer Zeloten vom Schlage eines GOTTFRIED
DANIEL Krummacher16). Die anonymen „Briefe“ riefen eine große Aufregufl?
unter den Betroffenen hervor, die in dem Autor übrigens — FREILIGRATH v#'
muteten, der allerdings während seines vorübergehenden Aufenthaltes in Barm#
als Kontorist aus seiner Verachtung des „vermaledeiten Nestes“ kein Hehl gemach
hatte. An der Abhandlung interessieren in unserem Zusammenhänge Engel5
Feststellungen über die Unterdrückung und Ertötung eines natürlichen, gesund#
Volkslebens durch die Auswirkungen des Industriekapitalismus und des Pth
tanismus: Was von den Webern (im Sinne von Heimarbeitern) und von den Wefk
tätigen in den Fabriken „dem Mystizismus nicht in die Hände gerät, verfällt U
Branntweintrinken. Dieser Mystizismus muß in der frechen und widerwärtig#
Gestalt, wie er dort herrscht, notwendig das entgegengesetzte Extrem hervOf
13) In: „E. M. Arndt“, MEGA S. 101.
14) Hess’ Schrift „Die europäische Triarchie“ (1841) sowie dessen Aufsatz in der Rhel
Zeitung vom 11. 9. 1842 über den rein bürgerlichen Charakter der beiden franz. Rev0
tionen.
15) In M. hatte E.’ Vater 1837 eine Baumwollspinnerei gegründet.
16) Bruder des bekannten Parabel dichter s.
69
Engels und die deJtscnc» * ------------------ . ^
rufen, und daher kommt es hauptsächlich, daß das Vo ß-ese Spaltung in
heißen die Mystiker) und liederlichem Gesin e Offenheit derselben, allein
zwei feindselige Parteien wäre, abgesehen von „„rQfxren . .auf den ersten
im Stande, die Entwicklung alles Volksgeistes ZJ* A^end die lustigen Gesellen
Anblick zwar schiene es anders, denn ■T^nlen“ aber es wären „die gemeinsten
durch die Straßen ziehen und ihre Liede g ’ gekommen“; nie hörte man
Zotenlieder, die je über branntweinentflammte. ^ bekannt sind, und auf die
„eins jener Volkslieder, die sonst in ganz deutlich daß Engels’ germa-
wir wohl stolz sein“ dürften17)- Bereits ^ bloß ei’nen faChwissenschaft-
nistische und folkloristische Bestrebungen 'ein ^ g-e sjcb entsprechend seiner
liehen oder ästhetischen Charakter trugen, son _tueben und höchst bedeutsamen
oben skizzierten Gesamtentwicklung einer se r einfügten. Auf die Bewahrung
sozialhygienischen und sozialpolitischen Konzep deutschen Volkslebens kam
oder die Wiederherstellung eines „frischen, tue ,, bt in der Erneuerung der
es Engels an, und ein Mittel dazu erblickte er mit Recht
überlieferten deutschen Volksliteratur. _ e-fle solche Erneuerung
Hierbei war sich Engels übrigens dessen bewu t’er Tendenzen, die sich
nicht zu leisten war ohne die gleichzeitige w ^ v0ikstümlich ausgaben, aber
zwar - oft in vermeintlich bester Überzeugung * ^ echten Volkstumswerte
tatsächlich auf eine Verwässerung oder gar . ef * „e Wiederbelebung von Volks-
hinausliefen, gleichviel, ob es sich a ei um kritisch-aneignende Ver-
überlieferungen im eigentlichen Sin”e ° “ dn besonders abschreckendes Bei-
arbeitung in der Kunstdichtung hande - pr#MlfUien den Brüdern GRAEBER,
spiel auf diesem Gebiete schilderte Enge s seinen berühmten Namen deutscher
das Bremer Kirchengesangbuch: „Es ent a , bistx ScHILLER (drei Worte
Poesie: GOETHE (das Lied: der Du von dem Kuhoockenlieder, und was des
des Glaubens), KoTZEBUE und viele andere. Aue P njcht sieht, glaubt’s
Unsinns mehr ist. Es ist eine Barbarei ohne g eic , bönen Lieder, ein Ver-
nicht; dabei ein schauderhaftes Verderben a er unsr ‘n kommen lassen“19)-
brechen, was sich auch KNAPP18) im Liederschatz hat zu ersten Grabbe-
ln einem anderen Briefe20) kritisierte er EDUARD wollte Volkston nach-
Biographen) Romanzen: Sie „sind entsetzheh schlexn, tischen Wert der
ahmen und wurde familiär“. Umgekehrt ent ec . i en Baugedanken sich
PRElLiGRATHschen „Gedichte“ von 1838, feinsinnig 'farb ächtigem Exo-
einfuhlend, gerade in der spannungsreichen Po an deren innere Wahr-
tismus und ursprünglich deutsch-volkstümlichen ¿uge ’ Funktion in jenen
haftigkeit, wie Engels betont, eben diese ihre k°^trap" bü t. DINGELSTEDT
phantasievollen lyrischen Gebilden auf unmittelbare \ enten> „scheinen
und Carriere, so polemisiert er gegen FREILIGRATH
17) In: „Briefe a. d. Wuppertal“, MEGA S. 25.
18) Dichter geistlicher Lieder.
18) Br. v. 18. 9. 1838, MEGA S. 491.
20) Vom 20. 1. 1839, MEGA S. 498.
70
Günther Voigt
mir beide nicht genug beachtet zu haben, wie er bei allem Schweifen in die Ferne
doch so sehr an der Heimat hängt. Darauf deuten die häufigen Anspielungen auf
deutsche Volksmärchen . . . hin, die Nachahmung Uhlands . . ., dann die Aus-
wanderer und vor allem sein unübertrefflicher Prinz Eugen. Auf diese wenige11
Momente muß man desto mehr achten, je mehr FREILIGRATH in die entgegen'
gesetzte Richtung sich verliert. Einen tiefen Blick in sein Gemüt eröffnet auch de*
ausgewanderte Dichter . . .; darin fühlt er schon, wie er in der Ferne nicht heimisch
werden kann, wenn er nicht in echt deutscher Dichtkunst wurzelt“21). Mit diesem
am Beispiel FREILIGRATHS demonstrierten Postulat einer organischen Verbindung
der Kunstdichtung mit der volksmäßigen Poesie gab der junge Engels neuerding5
einem der wichtigsten Prinzipien dichterischen Schaffens in Deutschland seit den
Tagen der Straßburger Begegnung GOETHES mit HERDER Ausdruck. Seiner wä*
zumal der hervorragendste Repräsentant der zeitgenössischen deutschen Literatur
HEINRICH Heine, wieder in seiner ganzen weitreichenden Bedeutung sich bewußt
geworden; er hatte es denn auch, bei unermüdlicher Vertiefung seiner theoretischen
Einsichten und stetiger Steigerung seines praktischen künstlerischen Vermögens, in
seinem „Buch der Lieder“ in der für das 19. Jahrhundert gültigen Form zu ver-
wirklichen verstanden. Ein Vergleich von Engels’ FREILIGRATH-Interpretation
mit dem lehrreichen Briefe, den HEINE mit Bezug auf sein „Lyrisches Inter-
mezzo“, eines der Hauptstücke seiner Sammlung, am 7. Juni 1826 an WiLIIEL>*
MÜLLER richtete, mag erhärten, mit welch divinatorischer Treffsicherheit de*
Achtzehnjährige die wesentlichen Intentionen der fortschrittlichsten Dichter seine*
Zeit zu deuten wußte: „Ich habe früh schon das deutsche Volkslied auf mich ein'
wirken lassen . . .“, schreibt HEINE dem Dichter der „Müller-Lieder“, „aber ick
glaube, erst in Ihren Liedern den reinen Klang und die wahre Einfachheit, wonach
ich immer strebte, gefunden zu haben. Wie rein, wie klar sind Ihre Lieder, und sämt-
lich sind es Volkslieder. In meinen Gedichten hingegen ist nur die Form einige*'
maßen volkstümlich, der Inhalt gehört der konventionellen Gesellschaft. Ja, ich
bin groß genug, es sogar bestimmt zu wiederholen, daß mir durch die Lektüre Ihre*
Gedichte zuerst klar geworden ,wie man aus den alten vorhandenen Volksliedforme*1
neue Formen bilden kann, die ebenfalls volkstümlich sind, ohne daß man nötig
hat, die alten Sprachholperigkeitenund Unbeholfenheiten nachzuahmen . . ,“21 22)
was eben, wie Engels an Duller getadelt und wie auch bei so vielen romantische*1
Volksliedimitationen erkennbar, zum „Familiären“, wenn nicht sogar zum Sen*1'
mentalen oder zum Puerilen, in jedem Falle aber zum Gegenteil einer wirklich
volksmäßigen Behandlung führen muß. Zum letzten Komplex findet sich übrige*lS
noch eine beachtenswerte Anmerkung im ARNDT-Aufsatz; Engels schreibt do*{
über NIKOLAUS Beckers im Jahre 1840 im Zusammenhang mit dem damalige11
deutsch-französischen Konflikt entstandenes Rheingedicht: „Beckers Lied:
sollen ihn nicht haben' wird parforce zum Volksliede gemacht. Ich gönne Becker*1
den Erfolg seines Liedes, ich will den poetischen Inhalt desselben gar nicht unte*'
21) „Briefe a. d. Wuppertal“, MEGA S. 38.
22) Heine, Briefwechsel, ed. Friedr. Hirth, Bd. I (1914), S. 421.
71
_Engels und die deu^schen^olksbüche^
suchen, ich freue mich sogar, vom linken bescheidene Gedicht zur
vernehmen, aber ich finde es . .. lächerlich, da m algo wieder negativ'
Nationalhymne erheben will. ,Sie sollen l *J1C j se;n? Kann deutsches Volks-
Könnt ihr mit einem negierenden Volkslie e zu rie ^ finden? Der Text der Mar-
tum nur in der Polemik gegen das Ausland eine u yiel edier ist liier das
seillaise ist trotz aller Begeisterung nicht \ie we > eR‘‘2sp
Übergreifen über die Nationalität hlna^S ZUr,. ^CVorstellungen über die volks-
Um Engels bei so bestimmten und un arie2Ung der Materie anzuregen,
tümliche Literatur zu einer zusammenfassen en Publikation gleich mehrerer
bedurfte es nur des äußeren Anlasses, der sic mi . SlMROCK in den Jahren 1838
Volksbücherreihen durch SCHWAB, MARBACH: u Beschäftigung mit den deut-
und 1839 ergab. Der erste Hinweis auf eine in September 1838 an die
sehen Volksbüchern findet sich in einem rie r- d Eulenspiegel und Helena,
Brüder Graeber; Engels beauftragt sie, ihm zu Buchdruckerei“ die Schild-
die er schon besitzt, in Köln „aus der Everaer s . gabe Marbachs!), Octavian,
Bürger (aber nicht in der unkompletten Leipzige & mit Holzschnitten ver-
Haimonskinder, Dr. Faust — „und was von en , vären „mystische“ da,
sehen“ - 2U besorgen und „per »"¿Äenweissagungen"-") Aus
so möchten sie sie auch erwerben, „besona Zeitpunkte auch bereits
dem letzten Wunsche geht hervor, daß sich Enge s . dem eben diese
niit Görres’ Bucheüber die Volksbüchervertraut gemachthatte, ^
Sibyllenweissagungen besprochen sind; wie ag ememAndquar einen Auszug
Batte er selbst am Morgen dieses 17. ep , ■, 1 mit Porträts, Lebens-
der Acta Sanctorum, „leider nur fürdi«i erste ^ seht ku
Beschreibungen der Heiligen und Gebete dn mö lichst umfangreiches
Engels scheute also keine Mühen und os , , damals bestehendes Vor-
und vielseitiges Quellenmaterial für sein zweifellos schon damaE
Baben einer Rezension jener neuen Ausgaben zusmm“ » £ ls> Rorrespon-
Von nun an reißen die Anspielungen auf die Vol 'S ^ ^ nächsten Jahren
denz und schriftstellerischen Arbeiten zwischen 1 3 Form humoristischen
nicht mehr ab. Hier zunächst die folgenden Proben: Februar 1839
Ulks gekleidet erscheint das Volksbuchthema eln^n • § paaer ereifert sich
an die Freunde; im Stil der Kapuzinerpredigt in a eoloeiestudenten; zum
Ungels in komischem Grimm über die kartenspie en Faust Lear, Wallen-
Schluß der Expektorationen beschwört er ”siebfnT^elS;iisammenstellung ist lehr-
StCln, Herakles, Siegfried, Roland und den Cid2 ). le Rebellen, Sinnbilder
reich: Engels wählt Nationalhelden, Freiheitskamp er, * au$ Volkstradition
erschütternden menschlichen Schicksals, — un er _THES den Zusammen-
nnd Weltliteratur zugleich, ganz im Sinne HERDERS und ‘ Motiv des treuen
Bang zwischen beiden betonend. An anderer Ste e in
2a) In: „E. M. Arndt*
21) MEGA S. 488.
25) MEGA S. 499^
MEGA S. 107.
72
Günther Voigt
Eckart aus der Tannhäuser-Sage bedeutsame Anwendung, und zwar gleich zwei'
mal: Zuerst auf BÖRNE, später auf Arndt. Wilhelm Graeber hatte Engels’
Vorliebe für Karl Beck, Byron und Gutzkow kritisiert; dieser hielt ihm scheu
zend entgegen: „Du guckst alles doppelt durch Deine Spathbrille und siehst meine
drei Genossen für Geister aus Frau Venus Berg an. — Männeken, was schreist
Du nach dem treuen Eckart? Sieh, da ist er ja schon, ein kleiner Kerl, mit scharfem»
jüdischem Profil, er heißt Börne, laß den nur dreinschlagen, der chassiert all das
Volk der Frau Venus Servilia . . ,26)“. Und der ARNDT-Aufsatz beginnt mit den
Worten27): „Wie der treue Eckart der Sage steht der alte Arndt am Rhein und warnt
die deutsche Jugend, die nun schon manches Jahr hinüberschaut nach dem
französischen Venusberg und den verführerischen blühenden Mädchen, den Ideen,
die von seiner Zinne winken. Aber die wilden Jünglinge achten des alten Recken
nicht und stürmen hinüber — und nicht alle bleiben entnervt liegen, wie der neue
Tannhäuser Heine28)“. In beiden Fällen gelang Engels mittels des gewählten Bildes
eine ebenso knappe wie treffende Kennzeichnung sowohl der politischen Stand'
orte als auch der individuellen Persönlichkeitswerte der zwei Männer, des aszetisch'
jakobinischen Demokraten und unerschrockenen Kämpfers für Freiheit und Recht
dort und des bäurisch-patriarchalischen Royalisten und festen, markigen Charakters
hier. Dergestalt leihen Volkssage und Volksbuch ihre Sinnbilder zur VeranschaU'
lichung von Gegenwartserscheinungen her, um selbst wieder umgekehrt aus det1
Erfordernissen eben dieser Gegenwart heraus neue, fruchtbare Deutung zu emp'
fangen!
II
Als Engels im Jahre 1838 die Frage nach den Aufgaben des Volksbuches unter
den neu entstehenden ökonomischen und politischen Bedingungen des Industrie
kapitalismus und des Konstitutionalismus stellte, gab es bereits eine rund zWeJ
Menschenalter umfassende Geschichte der Edition, Bearbeitung und Interpretation
dieser Literaturgattung in Deutschland. Zwei Phasen von unterschiedlichstem
Gepräge waren sich hier entsprechend dem allgemeinen geistesgeschichtlichen Pf°'
zesse gefolgt: Die aufklärerische zwischen Mitte und Ende des 18. und die rornam
tische seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts.
In der Aufklärung zeigten die Bemühungen um eine volkstümliche Literatur
dreierlei Gestalt. Einmal jene, die etwa durch Männer wie THOMAS ABBT, RudOH
Zacharias Becker, Friedrich Karl von Moser und Eberhard von Rocho"
repräsentiert wurde, welche auf Belehrung und Erziehung der unteren Schicht^
abzielten und diese bei der älteren Generation durch eigens zu dem Zweck verfaßt
Schriften und bei der jüngeren außerdem durch einen allgemeinen systematisch^1
Schulunterricht zu verwirklichen beabsichtigten. Zugleich trachtete diese Fraktion
freilich die überlieferte Volksliteratur selbst auszurotten, und zwar ausnahmslos
26) MEGAS. 537.
27) MEGA S. 96.
28) Vgl. Heines Tannhäusergedicht in „Elementargeister“, („Salon“, III. Bd., 1837^’
Werke, ed. Elster (1890), Bd. IV, S. 433 ff.
Engels und die deutschen Volksbücher
ÜngeiS unu ca.c.----------------
weil sie, bei ihrer betont moralisierenden Tendenz ursprimgliche^ Na ^ prQ_
natürliche Derbheit als Unsitte und Roheit mißverste en , ^ __ mjt
dukte des Volkswitzes und Volkshumors — wie z. . nicht ohne derart
jenen des Unverstandes und Aberglaubens in elnefl °P ’ Kirche Fürsten
unfreiwillig den auf diesem Felde schon jahrhundertelang von Kirche,
und Adel geführten Vernichtungskampf zu u[)d da Raum gebend,
Lessing, selber dieser Richtung in seinem NX Männer hat er
gelangte doch in manchem über sie hin.«- d’n Volksbüchern -
z. B. den volkstümlichen Genres - und keineswegs verschmäht,
ein positives Interesse gewidmet ) und es Faust riner modernen dra-
als erster deutscher Dichter der Periode die S g j^lINGEr, Maler, MÜLLER
matisierenden Behandlung zu unterwerfen. ’ hierm gefolgt und haben
und andere Vertreter der jüngeren Generation h diejenige anderer
nicht .... AI. c.miholkraft des Teufelsbündlers, sondern en.
srenden Denancuuug ~~-------- hierin geioigt --------------------------
und andere Vertreter der jüngeren Generation dern auch diejenige anderer
nicht nur die Symbolkraft des Teufelsbun<Lers s ^ dichteriSche Vergegen-
Volksbuchgestalten, wie z. B. des ewdgen Ju ^ ^enden bürgerlichen Klasse
wärtigung der Anliegen und Grundsätze er sie die ursprünglich vom
in angemessenster Weise zu nutzen verstanden ^ Bewußtsein
Volke selbst in die jeweilige Fabel ge egte Vermummungen kirchlicher und
hoben, sie freilegend von den sinnentstellenden V ^ ^ Traditionen des Volkes
höfischer Provenienz. Solches bewußte Anknupr LeSSING mit ersten feinen
entsprach einer neuen Einstellung, ee ena ^ das Voikie (1772) eine von der
Strichen skizziert hatte, als er in GlEIM „ f Aufklärer wohltuend ab-
bloßen gelehrten „Herablassung jener ers‘ |C.ndividuen sich einfühlende Hin-
stechende, nämlich unvoreingenommene u LESSING hatte dem Freunde
Wendung zu den unteren Ständen zu entdecken gk^ß allein für den schwach-
geschrieben: „Ihre Vorgänger haben das v haben das Volk eigent-
denkendsten Teil des Geschlechts genommen. Auge gehabt, dem es
lieh verstanden und den mit seinem Körper tatl§en fehlt ihn zu zeigen“31)-
nun nicht sowohl am Verstände als an der Gelege"^^ Hilfe des
Das in diesen Sätzen nur erst vage hingewor en den Potenzen und unter
Volkes selbst unter Rückgriff auf die in ihm sc um entwickelnden echten Volks-
Verwertung aller schon vorhandenen Ansätze zu Sinne einer neuen revo-
kultur hatten dann HAMANN, HERDER un OET . des Sturm und Drang
lutionären und revolutionierenden, die dichterisc e altet. Das demokratisch<
ergänzenden und erläuternden Literaturtheorie u a> jn dem Rückblick
Llement dieser epochemachenden Erkenntnis at Dichtung und Wahrheit
auf seinen Straßburger Umgang mit HERDER m „ in einem
gekennzeichnet: „Ich ward mit der Poesie von einer g*“"! ^ ^
andern Sinne begannt als bisher ... Die hebräische Dichtkuns
___________ . nd Aufklärung vgl.
29) Zur Unterdrückung der Volksbücher durch Vcudahsmus ^eRSELBE, Nachwort
Lutz Mackensen, „Die deutschen Volksbücher , T925> * g 349h
Jr Neuausgabe von Görres’ „Teutsche Volksbüc er ,
30) Erich Schmidt, „Lessing“, Bd. II (i9°9) 89 ■ v 22> j. 1772.
31) Sämtl. Sehr., ed. Lachmann, Bd. 12 (1840) S. 351 •>
74
Günther Voigt
poesie, deren Überlieferungen im Elsaß aufzusuchen er uns antrieb, die ältesten
Urkunden als Poesie gaben das Zeugnis, daß die Dichtkunst überhaupt eine Welt-
und Völkergabe sei, nicht ein Privat-Erbteil einiger feinen, gebildeten Männer“32)-
HERDER anderseits unterstrich ihre nationale Seite, wenn er in der Abhandlung
„Über die Ähnlichkeit der mittleren englischen und deutschen Dichtkunst“ ausrief:
„Und doch bleibt’s immer und ewig, daß der Teil von Literatur, der sich aufs Volk
bezieht, volksmäßig sein muß, oder er ist klassische Luftblase. Doch bleibt’s
immer und ewig, daß, wenn wir kein Volk haben, wir kein Publikum, keine Nation,
keine Sprache und Dichtkunst haben, die unser sei, die in uns lebe und wirke. Da
schreiben wir denn nun ewig für Stubengelehrte und ekle Rezensenten, aus deren
Munde und Magen wir’s dann zurückempfangen, machen Romanzen, Oden,
Heldengedichte, Kirchen- und Küchenlieder, wie sie niemand versteht, niemand
will, niemand fühlt. Unsere klassische Literatur ist Paradiesvogel, so bunt, so
artig, ganz Flug, ganz Höhe, und — ohne Fuß auf die deutsche Erde“33).
Aus diesem neuen Verhältnis zu den unteren Schichten des Volkes erwuchs nun
drittens ganz folgerichtig auch eine von tieferem Verständnis getragene wissen-
schaftliche und editorische Beschäftigung mit der Volksliteratur. Georg WolF'
gang Panzer in Nürnberg und Erduin Julius Koch in Berlin boten, jenef
in seinen zwischen 1788 und 1805 herausgegebenen Annalen der älteren deutschen
Literatur, dieser in seinem „Compendium der deutschen Literaturgeschichte*
(1790—1798) erste bibliographische Zusammenstellungen der Volksbücher. Dei
Kriegsdirektor HEINRICH AUGUST OTTOKAR Reichard in Gotha wiederum
publizierte aus den reichen Schätzen der Hofbibliothek Handschriften und Erst-
drucke. Zunächst vereinigte er 1778 in einem „Buch der Liebe“, wie er nach
FEYERABENDS Sammelband von 1587 auch den seinigen nannte, den „Rittet
Galmy“ und, in Wiedergabe eines handschriftlichen Fragments, den „Apollonius
von Tyrlandt“. In der Vorrede bezeichnete er das Unternehmen als „Versuch,
selteneDrucke zu sammeln und nach und nach eine deutsche Bibliothèque bleue33a)
von ausgewählten Schriften dieser Gattung anzulegen“, und begründete es ruh
einer kritischen Gegenüberstellung der Volksbücher und des zeitgenössische*1
modischen Schrifttums im Stil der Nachahmungen des Götz und Werther: „Warum
sollte das Publikum einer Sammlung von Volksromanen oder altdeutsche*!
Dolmetschungen seinen Beifall versagen, wo mancher Roman mehr Originalität
und Erfindung aufweist als die Kopieen unserer Tage, die, wie die Schwalben um
den Stoßvogel, um jedes Genieprodukt zu schwärmen pflegen?“34) Im gleiche11
Jahre noch eröffnete er seine „Bibliothek der Romane“, die schließlich 179^
32) II. T., 10. B.: W. A. I. 27, S. 303.
33) „Über die Ähnlichkeit der mittleren englischen u. deutschen Dichtkunst“ (1777)’
Suphan IX, S. 529 h
33°) Franzos. Bezeichnung für eine Sammlung v. Volkserzählungen, nach dem blaue*1
Einband.
3ä) Die Zitate bei Heitz-Ritter, Versuch einer Zusammenstellung d. deutschen Volk8'
bücher, Straßburg 1924, S. 56, bzw. bei Franz Schultz, Görres als Herausgeber, Literatur
historiker, Kritiker, Palaestra XII, Berlin 1902, S. 85.
t.»l. nnd die deutschen VoltsbüdKT-
75
üngeis uim mv ~---- ----------------
21 Bände umfaßte. Die deutschen Volksbücher wareP, en moderne deutsche
jedes Bandes abgedruckt, während^dte übrigen A ^ ^ ^ proben aus
und ausländische Romane enthielten, d . m;t der Bevorzugung
der Faust-Literatur, in bemerkenswerter ^ Franz gcHULTZ hat in seiner
des Themas durch die Dichter des Sturm un °FWiui<iP-ebers an dem naiven,
Charakteristik des Gesamtwerkes die Freude ^ ^ alten Texte
treuherzigen Tone, den sinnfälligen, una gegn e bp(?cheidene Zurückhaltung,
hervorgehoben; Reiche habe 1» ad«"X “an den Tag gelegt,
einen gewissen ehrfürchtigen Respekt Neuausgaben der Fall gewesen sei,
ganz anders als es dann in den moralisieren herf BuChhandlung in Leipzig
die am Ende des Jahrhunderts von der o g ersten „herablassenden“
ausgingen (und sich solchermaßen as r würdigt die Anmerkungen der
Manier erwiesen)35). FRIDRICH PFAFF wie er Schritt zu einer kritischen
»Bibliothek“ zu den „Haimonskindern as „ I5i« und des Kölner
Betrachtung der beiden Texte (des Simmer Erklärung versucht worden
von 1604), deren Verschiedenheit erkannt “nd J* heUtdasVerdienst REICHARDS
sei36). Aus solchen Feststellungen neuerer Ge e
und seiner Mitarbeiter für ihre und die Fc> gezei . ältnis fanden die Roman-
. Ein ganz neues, allerdings im ätzten a J^fder allgemeinen, von GOETHE
liker zur Volksliteratur. Es entsprac hezeichneten Reaktion der jungen
treffend als „neudeutsch-religiös-patriotisch^^ Bourgeoisie3’). Der
Generation auf die Invasionen der nee Eindringlinge hatte zwar
mächtig anwachsende nationale Abwe rwi e ge eaZiösen) Rückbesinnung auf
zu einer (freilich einigermaßen gewaltsamen un lärun erblickten deutschen
Geschichte und Kultur des in idealisierender £ für die Ideen und
Mittelalters, zugleich aber auch zum Verlust jedes Preisgabe der bis zur
Errungenschaften der Revolution geführt. Wei ge bürgerbchen Emanzipa-
Jahrhundertwende noch in Deutschland vorherrschen auf die Ideo-
tionsbestrebungen und eine bewußte oder un ewu r _ünden sich restaurierenden
logte des seit Mitte der neunziger Jahre aus mancherlei Folgeerscheinungen
deutschen Feudalismus und Absolutismus waren die neg
dleses Entwicklungsganges der Romantiker. deutschen Vergangenheit
Sei ihrer entschiedenen Wendung zum Kulturerbe«^ und Erneuerung
mußte gerade dieser Generation einerseits alles an wirklich hat sie sich
a,uch des alten volkstümlichen Schrifttums gelegen sein, ^ 2weifelloses
durch Aufspüren und Sammeln vergessener seltener G wurde sie jedoCh
nationales Verdienst auf diesem Gebiete erwor en, an Kirche und Hof
durch ihre weitgehende innere und äußere Bin unö a daran gehindert,
repräsentierten Tendenzen verhängnisvollerweise im allgem
3i) A. a. O. S. 86. . . . «« ed. FR. PfafF> Bibliothek
36) „Reinolt von Montelban oder Die Heimons in >
d- Lit. Vereins in Stuttg., Bd. 174, Tüb. 1885, S. 57 ; «.-syrische Kunst“; in: „Kunst
37) Meyer/Goethe „Über die neudeutschc-religios-pa
und Altertum“ I, 1817: W. A. I, 491, S. 23
76
Günther Voigt
bei der Bearbeitung und Interpretation der Volksliteratur jene fruchtbaren und
zukunftsträchtigen Prinzipien zu übernehmen und weiterzuentwickeln, welche
die Aufklärung, zumal der Sturm und Drang, bereits in so glücklicher und ver-
heißungsvoller Form ausgebildet hatten.
Schon bei LUDWIG Tieck, der als erster aus der romantischen Sicht heraus die
Wiederbelebung namentlich auch der Volksbücher in Angriff nahm, zeigte sich
aufs auffälligste der paradoxe Widerspruch zwischen einer liebevollen, ja leiden-
schaftlichen Hinneigung zu den Dokumenten der Volksphantasie und der grund-
sätzlichen Absage an jede soziale Verantwortung für das materielle und geistige
Wohl der breiten Masse. Nicht auf Aufklärung — deren vom 18. Jahrhundert
geschaffene Methoden denn auch mit Nachdruck bekämpft wurden —, sondern,
um einen bezeichnenden Ausdruck ZACHARIAS WERNERS zu gebrauchen: auf
„Abklärung“ des Volkes kam es ja der Romantik an38), d. h. auf dessen durch diß
Propaganda der herrschenden weltlichen und geistlichen Kreise inspirierte Ergebung
in die ihm seit alters in der Gesellschaftsordnung des Anden régime zugewiesene
soziale Abhängigkeit. Von solcher Konzeption her hat TiECK 1797 das Volksbuch
von den Schildbürgern in eine Satire gegen die „närrischen“ Aufklärer umgemünzt,
die er hier nicht ungeschickt, aber doch letztlich höchst willkürlich mit den braven
Bürgern von Schilda in Parallele setzte; TlECKS Version wimmelt im einzelnen
von Angriffen auf die Freigeisterei, auf die Experimentalwissenschaft, auf die
Pädagogik der Aufklärung, auf LESSINGS und SCHILLERS These von der volks-
erzieherischen Aufgabe des Theaters und auf die demokratischen und kosmopoh'
tischen Ideen der Revolution.
Eine andere, ebenfalls bereits bei TlECK sich äußernde Wirkung der romantischen
Ideologie auf die Behandlung und Auslegung der Volksliteratur war der Hang>
deren so geradlinigen und eindeutigen, ganz unproblematischen Helden ufl^
Heldinnen die eigene moderne Empfindungs- und Vorstellungsweise unterzU'
schieben. Tieck, ein früher Vertreter jenes düsteren Fatalismus, der in der Genera-
tion als psychologisches Komplement des passiv-resignierenden Verhaltens ^
der Frage des öffentlichen Fortschritts so weit verbreitet und dessen bekanntest
Frucht das sogenannte Schicksalsdrama gewesen ist, TlECK hat in seinen übrige^
Prosabearbeitungen der „Haimonskinder“, der „Schönen Magelone“ und de*
„Melusine“39) dieser zeitgenössischen Gemütsverfassung durch den Mund def
alten Volksbuchgestalten wiederholt einen ganz unangemessenen Ausdruck
verliehen, so, wenn er etwa den festen und hochgemuten Reinolt der ,,Haimons'
kinder“ sich in diese von der Originalfassung her durch nichts gerechtfertigt
weinerliche Betrachtung verlieren läßt: „Ach, meine lieben Brüder, ich kann
euch nicht sagen, wie es geschieht, daß ich allen meinen Mut so plötzlich verlief’
so daß ich sagen möchte, mir ist wie einem schwachen Greise zu Sinne, der d^5
Ende seines Lebens wünscht; der Wald hier, in dem ich so oft gejagt, kommt
38) Die Briefe Z. Werners, ed. Oswald Floeck, Bd. I (München 1914), S. XX>A7'
39) Die ersten 1797 in den dreibändigen „Volksmärchen Peter Lebrechts“, die letztet
1800 im II. Bd. der „Romantischen Dichtungen“.
Engels und die deutschen Volksbücher
~______________________-------------------------------
ernst und traurig vor, ich freue mich auf nichts und fürchte innerlich ein Üb ,
das uns bevorsteht.“ Das ist ein Räsonnement völlig im Stile des William ove ,
dieses von TlECK um die gleiche Zeit geschaffenen Romanhelden, mit dem 1 m
die geradezu klassische Verkörperung des romantischen Pessimismus ge unge
^ar. Man beachte schließlich auch die charakteristische Art der Zusammenstellung
der Volksbücher mit eigenen spezifisch romantischen Schöpfungen in den
bändigen „Volksmärchen von Peter Lebrecht“ von 1797> nämlich der „Haimons-
kinder“ mit dem Kunstmärchen des „Naturfatalismus“, dem „Blonden Eckbert ,
im ersten; der „Schönen Magelone“ mit der ganz der Literatursatire dienenden
Dramatisierung des „Gestiefelten Kater“ im zweiten; und der „Schildbürger
mit dem von der Literaturgeschichte als erstes deutsches Schicksalsdrama e
zeichneten „Karl von Berneck“ im dritten Bande40)!
Einer der eifrigsten Apologeten des Mittelalters unter den Romantikern wa^
Joseph Görres, der bereits 1804 im Titel seiner polemischen Besprechung es
Werkes des aufklärerischen Göttinger Geschichtsschreibers MEINERS, „Historische
Vergleichung des Mittelalters mit unserer Zeit“, die rhetorische, natürlich dann
*m Text im verneinenden Sinne beantwortete Frage gestellt hatte: „Kann man
die Epoche des Mittelalters schon für geschlossen ansehen?“ und vollends im
Epüog zu den „Teutschen Volksbüchern“ von 1807 einen Panegynkus auf die
beudalära anstimmte, in welchem deren Hardenbergsche Apotheose »»Die C nsten^
beit oder F.umna“ von 1799 noch übersteigert wiederkehrte. Kein Wunder, daß
t->--»«iccp insgesamt über-
iS deren -
heu oder Europa“ von noch insgesanU über-
von Görres mit der Epoche selbst rückständigsten Volksaber-
bewertet wurden, also einschließlich der e r engstirnigen Unterdrük-
glaubens. Wenn jene moralisierenden Au '^arer^ hattenj sQ verfiel nun
kung der älteren Volksliteratur einen üblen Pen g g_ erkanntes zu retten,
der Romantiker in dem unbedingten Bestre en ver Minderwertigste und
m das genau entgegengesetzte Extrem, auc n°c , verstellender Anspielung
Unsinnigste erhalten wissen zu wollen. Mit ironisc n<t angegriffenen)
a^f solche (übrigens auch schon von TlECK in den „ c ^ Not_ und Hülfs-
volkspädagogischen Werke wie RUDOLF ZACHARIA insbesondere
büchlein oder SALZMANNS „Boten aus Thuring , ut und Mystizismus
aber auf HEINRICH LUDWIG FISCHERS gegen einer FRIEDRICH
gerichtetes „Buch vom Aberglauben“ (179O hat . d abwandelnden Sentenz
ScHlegels berühmtes Athenäumfragment Nr. 21 , i- rt. überhaupt kann
den romantischen Standpunkt unmißverstand c °r™, das”Buch vom Aber-
Icb alle Arten von Aberglauben nicht leiden, un ic , weiger Mumme
Rauben nebst dem Not- und Hülfsbüchlein und der Brau g
fur die drei höchsten Tendenzen des Jahrhunderts )•
«j fdhrl ich über „L. Tieck u. d. Volksbücher“: Bernh. Steiner (Berlin 1893).
und Kritik CSprcc ung des 1793 ersch. Buches v. Meiners bei Schultz, Charakteristiken
cd- W. ScHinnri1GSrfc!,!’ J- i8°4 u. 1805, Köln 1900, S. 23f.; ferner in: Ges. Sehr.,
Position d Ipk^ERCi’ Bd; (Köln 1926) S. 81 ff. — Die Sentenz im Vorwort der „Ex-
ferner in - V- ysi°I°gie“, 1805; zitiert bei Schultz, Görres als Hcrausg. usw. S. i4f.;
“• Gcs' Scllo, II, 2 (Köln I934) S. 7.
78
Günther Voigt
Gewiß, GÖRRES ist einerseits mit seiner „näheren Würdigung der schönen
Wetter- und Arzneybüchlein“ im Rahmen der „Teutschen Volksbücher“ einer
der ersten romantischen Anreger auf volkskundlichem Gebiete geworden, ins-
besondere mit den Hinweisen auf die Volksmedizin und die Handwerkerliteratur,
aber anderseits hat er doch mit seiner Vorliebe für das Abwegige, Verschrobene
und Übersinnliche der dekadenten Äs theter ei jener „Aristokratie der Geistreichen“
und ihrer exklusiven Zirkel Tür und Tor geöffnet, welche IMMERMANN 1836
in seinen „Epigonen“ als eine der geistigen Krisenerscheinungen der Zeit mit der
Kunst realistischer Vergegenwärtigung geschildert und ECHTERMEYERS und
RuGES Manifest „Der Protestantismus und die Romantik“ in den „Hallischen
Jahrbüchern“ 1839 und 1840 am Beispiel der „Musterwirtschaft genialer Gesellig-
keit“ in TiECKS „Phantasus“ mit dem Seziermesser der HEGELschen Methode in
ihren sozialpsychologischen Motiven säuberlich zergliedert hat. Eine die Welt
nicht mehr bewußt, sondern rein gefühlig genießende esoterische Elite fand,
abweichend vom normalen Geschmack, nur noch Gefallen am Aparten, am Pikanten,
am Absonderlichen, nicht zuletzt aber am Wunderbaren und Okkulten. „Je ent-
schiedener die Romantik am Geist verzweifelt, desto fester setzt sie ihre Hoffnung
auf die Geister“, lautet bündig das Resumé des „Manifests“42) über diese Seite
des romantischen Verhaltens (für das JUSTINUS KERNER nur ein ganz besonders
eklatantes Exempel gewesen ist).
Die „Teutschen Volksbücher“ zeigen im übrigen einen Januskopf. Bei ihrer
Abfassung war in GÖRRES noch ein Rest seiner jakobinischen Frühzeit lebendig,
und hie und da schlägt dieser in den Charakteristiken der Volksbücher denn auch
recht vorteilhaft durch. Ebensowenig verleugnet er seinen großen Lehrmeister
HERDER, dessen Geist uns immerhin doch aus der einen und anderen der Aus-
legungen vernehmlich genug anredet. Zu diesen Glanzleistungen gehören die
bereits von Goethe in den „Noten und Abhandlungen zum West-östlichen
Divan“43) lobend gewürdigte Analyse der Reisebeschreibung MONTEVILLAS mit
ihrer trefflichen Scheidung des wirklich Erlebten von dem aus fremden Quellen
Geschöpften, ferner der bei Gelegenheit der „Sieben weisen Meister“ mitgeteilte
epochemachende Hinweis auf Indien als Ursprungsort mancher europäischen
Fabelmotive, weiter die richtige Vermutung der Entstehung der Gestalten Fausts und
Eulenspiegels im Zuge einer schließ liehen Vereinigung traditioneller anekdotischer
Züge ähnlichen Charakters auf eine einzige, alle übrigen stellvertretende Person
(als Endresultats einer langen schöpferischen Tätigkeit der Volksphantasie !)>
und vor allem die Hervorhebung des sozialen Kampfcharakters in den Schwank-
büchern von Salomon und Morolf und vom Eulenspiegel. Von Morolf, „Eulen-
Spiegels Vorgänger“, gibt GÖRRES — mit offensichtlichem Behagen an dieser
verschmitzten Bauernpersonnage — die Originalbeschreibung seines wahrhaft
calibanmäßigen Habitus und erzählt amüsiert, wie „Salomon alle seine weisen
Sprüche der Reihe nach auslegt, die Marcholph dann aus dem Stegreife parodiert,
42) Hall. Jb. 1840, Nr. 55, Sp. 439.
«) W.A. I, 7, S. 188.
Engels und die deutschen Volksbücher
79
So daß der weiße König oben majestätisch mit Krön und Szepter in der Sonne
auf~ und niedergeht, während sein Schatten seitwärts in die Pfütze fällt und dort
alle stolze Haltung verliert“; und er wertet das Buch insgesamt als „einekecke
freie, lebendige, barocke Zote, gleichsam eineAscaride der Poesie . Eulenspiege
wiederum nennt er mit ganz vorzüglichen Formulierungen: „Eine sehr gute
Gegenwucht und eine ironierende Apostrophe der Verachteten an die Hoffärtigen“ -
»den wahren Volksnarren im Gegensatz zu den früher üblichen Hofnarren“ -
den «plebejischen Tribun der unteren Volksklasse , sinngemäß hinzufügen ,
daß nach seiner Beobachtung die Bauern der inneren Schweiz, „jene kräftigen
Mannhaften Bergbewohner“, ihn offenbar am liebsten gewonnen hätten. (Wie denn
)a Görres, nebenbei bemerkt, überhaupt für die Schweizer Demokratie ein lebens-
la*ges Interesse gehegt hat, und zwar schon deshalb, weil er dort 1819 ein vorüber-
gehendes Asyl vor der selbst ihn nicht verschonenden Verfolgung durch die
Preußische Reaktion gefunden hatte.)
Indessen, diese und andere (z. B. auch stilistische) Vorzüge des Werkes wogen
seine fragwürdigen Seiten nicht auf. Sie bestanden einmal in GORRES’ sorgloser,
teils sogar fahrlässiger Arbeitsweise, wie sie u. a. aus dem Aufträge zur Einsicht
ln die Quatre fils Aigmon hervorgeht, den er dem jungen EICHENDORFF zu seinem
Pariser Aufenthalt gab: „Wenn Sie sich die Mühe geben wollten, einmal in einer
freien Stunde etwa die erste Seite und eine halbe aus der Mitte heraus abzuschreiben,
dann würden Sie die Literatur der alten Poesie und mich unendlich verbinden44),
frin Ausdruck solcher Unbekümmertheit war, zum andern, der allerdings tief
M Görres’ Natur wurzelnde Hang zu zügelloser Kombination, auf deren Konto
dle zahlreichen falschen Ableitungen der Volksbücher aus Prosaauflösungen mittel-
h°chdeutscher Epen kamen, womit er in Wahrheit dem Wunsche nachgab, den
^Mitgehenden Zusammenhang der Volksliteratur mit der klassischen mittelalter
ßchen Dichtung zu erweisen. Aus alledem folgte schließlich ein im ganzen durchaus
^wissenschaftliches Verfahren, wie denn die romantische Schule überhaupt ein
^gisches Vorgehen vielfach verschmähte. Hatte LESSING über seinen Maer
r°nti im Sinne der Kunsttheorie der Aufklärungsperiode bemerkt: „Der denkende
Künstler ist noch eins so viel wert“, so erklärte nun ARNIM umgekehrt im Ein-
geständnis mit seiner Generation: „Ein denkender Künstler ist ein Narr ).
üälog der künstlerischen Praxis wurde auch die Kunstkritik dieser Umwertung
'Mterworfen; Poesie, so proklamierte FRIEDRICH SCHLEGEL, könne nur durch
°esie kritisiert werden, das Kunsturteil müsse selber wieder ein Kunstwer
Seitl4e). Ein Musterbeispiel eben dieser poetisierenden (und wie hinzugefügt wer en
¡*Uß: in bestimmter tendenziöser Absicht poetisierenden) Form der literarischen
^Mdigung sind auch die „Teutschen Volksbücher“ von Görres. Das „Manites
at 4n seiner Charakteristik des Buches kaum übertrieben: „Bis zur nge
Volt- ?itiert *n Lutz Mackensens Nachwort zu seiner Neuausgabe der „Teu
Msbücher“, Berlin 1925, S. 328.
16 Reinhold Steig, Arnim und Brentano, Stuttg. 1894, S. 52.
) Jugendschriften, ed. Minor, II, S. 200, Nr. 117.
80
Günther Voigt
überschwenglich sind die bekannten, jetzt viel wieder angeregten Tiraden von
Görres über die Volksbücher, welche den kritischen Gesichtspunkt in Beziehung
auf dies,e merkwürdigen Kombinationen heidnischer Poesie und pfäffischer
Intentionen, Interpolationen und Verfälschungen vollständig verrücken, dagegen
den blinden Autoritätsglauben, die katholische Verehrung an die Stelle zu setzen
bemüht sind . . ,47)“ In der Tat, eng verbunden mit der allein aus der Phantasie
urteilenden Ästhetik erscheint schon bei dem GÖRRES von 1807 der religiös-
kirchliche Aspekt als höchste und letzte Instanz der literarhistorischen Wertung-
Zu welchen Konsequenzen eine solche in geschichtlicher wie in künstlerischer
Hinsicht unangemessene Betrachtungsweise im Falle der Volksbücher geführt
hat, lehrt u. a. GÖRRES’ Fehlinterpretation der Faust-Idee. Nachdem die Aufklärung,
insbesondere Goethes Fragment den großen Wahrheitssucher ganz im Sinne der
ursprünglichen Volkstradition gerade eben wieder glücklich aus der kirchlichen
Entstellung herausgeschält hatte, kehrte nun GÖRRES zu den Versionen der
SPIESS und WlDMANN zurück und deutete Faust neuerdings als Repräsentanten
der „schwarzkünstlerischen“ Tendenzen der vergangenen Jahrhunderte; doch
nicht genug damit, er verstieg sich sogar in seinem strenggläubigen Eifer zum
ernsthaften Zweifel an der Zulässigkeit einer künstlerischen Darstellung des
Teufels: „Durchaus fällt . . . das Problem jenseits der Grenzen der eigentlichen
Kunstschönheit hinaus, gerade der negative Gegensatz alles Schönen muß sich
in ihm bilden, und ein vollendeter Teufel kann uns unmöglich Liebe abgewinnen . .
teufelisch müssen wir ihn selbst erblicken und teufelisch uns an ihm freuen . . •
Indem wir aber uns an ihm ergötzen, haben wir selbst gleichfalls gewissermaßen
schon einen Bund mit ihm geschlossen . . ,“48).
Als Erben der Romantik haben Schwab, MARBACH und SiMROCK Ende der
dreißiger Jahre ihre Neuausgaben der Volksbücher veranstaltet. GUSTAV SCHWAB
bewegte sich hierbei vergleichsweise noch auf dem editorischen Niveau von
BÜSCHINGS und VON DER HÄGENS „Buch der Liebe“ von 1809, deren seinerzeit
von JACOB Grimm so gründlich charakterisierte Vorzüge und Schwächen auch 1836
wieder aufweisend49), nämlich Vermeidung größerer Eingriffe in den Text auf der
einen und Zugrundelegung lediglich bequem zugänglicher späterer Drucke von
geringerem Werte auf der anderen Seite. Die Sammlung war im übrigen nicht fürs
Volk, sondern für die Jugend der gebildeten Kreise gedacht. Auch SlMROCKS
Bestreben zielte nur darauf ab, die Volksbücher für die privilegierten Schichten
zu retten. In der Halbschlächtigkeit seiner Leistung, die teils die überlieferten
Fassungen bewahren wollte, teils ziemlich willkürliche Erneuerungen brachte, offen-
barte er sich recht eigentlich als ein Nachfolger TlECKS. Im Unterschied von
Schwab und Simrock wandte sich Marbach „an das gesamte deutsche Volk“50)'
In seinen wohlfeilen monatlich erscheinenden Bändchen zum Preise von nur je
47) A. a. O., Sp. 433.
48) Mackensens Ausgabe S. 2iof.
49) Kleinere Sehr. VI (1882), S. 84ff.
50) Xntelligenzbl. z. d. Hall. Jb., Nr. 1, 1838.
Engels und die deutschen Volksbücher
81
2 Groschen sollte, seiner Ankündigung gemäß, „dem deutschen Volke ein durch
Jahrhunderte treu bewahrtes Eigentum geboten ‘ werden, „vermöge seiner zeit
§enössischen Bearbeitung Allen genießbar, vermöge der Schönheit der Aus-
stattung Allen erfreulich“. Jedoch, das lobenswerte Programm wurde durch die
auch in diesem Falle von der Romantik übernommene Grundauffassung und die
durch sie bedingte Art der Auswahl und Bearbeitung zunichte gemacht. Wenn
nämlich MARBACH in der Ankündigung sein Serienwerk mit der Verheißung legi
Vierte, in ihm würde „jeder einzelne, das ganze Volk seine Jugend wiederfinden ,
So Wiederholte er nur eine These, mit der bereits die Romantiker die Neuausgabe
deutschen Volksromane am besten zu rechtfertigen meinten, z. B. GÖRRES in
SeMer Besprechung der von Friedrich Schlegel 1804 herausgegebenen, einen
»Merlin“ und eine „Eurvanthe“ enthaltenden „Sammlung romantischer Dichtungen
des Mittelalters“: ’„Es ist uns, wenn wir in diese Dichtungen uns verlieren, wie
^enn wir in die Umgebung unserer Kindheit zurückversetzt uns finden ), oder
Kiedrich Schlegel selbst mit Bezug auf den 1805 von ihm edierten „Lothar
ürM Maller“: Das Buch „hat viele Freunde gefunden, es ist so lieblich und kindlich,
daß es wohl nicht anders konnte“*2). Solchermaßen war der mittelalterlichen Poesie
das Prädikat kindlicher Unschuld als angeblich auszeichnendes Wesensmerkmal
Utld als Beweis der Überlegenheit über die neuere Literatur höchst künstlich, aber
Mcht ohne Absicht angeheftet worden. Es liegt auf der Hand, daß MARBACH,
lndem er sich diese Argumentation zu eigen machte, nun auch bei der Darbietung
der deutschen Volksbücher nur noch einmal aus dem religiös-poetischen Arsenal
der Romantik schöpfte und dergestalt ebensowenig wie SCHWAB und SlMROCK
*u der Aufgabe einer Erneuerung der alten Quellen in einer den Belangen des
Jahrhunderts angemessenen Weise berufen war.
III
ln Auseinandersetzung mit der romantischen Auffassung von den Volksbüchern
^wickelte Engels 1839 die seinige. Von dieser polemischen Seite her betrachtet
eitete sein Aufsatz die Reihe seiner Streitschriften gegen die Romantik ein, zunäc st
s°lcher mit einem ähnlichen literargeschichtlichen Aspekt wie „Retrograde Zeichen
der Zeit“ und „Requiem für die Deutsche Adelszeitung“53) aus dem Jahre 1840,
aün der überlegenen philosophischen Abfertigungen des demonstrativ von ne
*lch Wilhelm IV. auf HEGELS Lehrstuhl an der Berliner Universität beruene^
^HELLING ~ „Schelling über Hegel“, „Schelling und die Offenbarung“ und
»Schelhnp. rlpr ~~—° und endlich der unverhuilt
Politik def Phdos°pk in Christo“ von 1841/42
ünd Sta f1 ^ampMnsage gegen den die romantisch-reaktionäre Klassenherrschaft
^ER'vvEQtrrnac^.t unmRt:elt,ar verkörpernden preußischen König selbst, der in
^kterisHL S ’’^Mundzwanzig Bogen aus der Schweiz“ 1843 veröffentlichten Cha-
” Eedrich Wilhelm IV.“, welche David Friedrich Strauss’ Bro-
51) In-
ScM. Bd mTfa ’ l8°5’ ^r. 2I> zitiert b. Schultz, Charakteristiken, S. 72f. bzw. Ges.
52) AnT I926), S* II5'
53) Sie JEC/’ z6‘ 8■ i8o7- In: H. Lüdecke. L. T. u. d. Brüd. Schlegel, 1930, S. 159.
wurde von Fouque herausgegeben.
°Iksfcunde
0
82
Günther Voigt
schüre „Der Romantiker auf dem Throne der Cäsaren“ von 1847 vorwegnahm und
durch den Vergleich der Lage des damaligen Preußen mit derjenigen Frankreichs
von 1789 bereits die Prognose der Revolution stellte. All diese Beiträge, einschließ'
lieh also des Aufsatzes über die Volksbücher, fügten sich ihrerseits wiederum &
den Rahmen der großen Abrechnung der jüngeren mit der älteren Generation
überhaupt ein, zu deren bekanntesten literarischen Äußerungen HEINES „Roman'
tische Schule“ von 1833 und das „Manifest“ der Hallischen Jahrbücher von 1839
zählen.
Nur in einem Punkte stimmt Engels in der Beurteilung der Volksbücher mit den
Romantikern überein, in der Anerkennung ihres „außerordentlichen poetischen
Reizes“, dessen starke Wirkung auf ihn selbst er keineswegs leugnet, mit deutliche!
Anspielung auf das literatenhafte Gepräge der jungdeutschen Erzeugnisse vielmehi
bekennend, die Volksbücher versetzten ihn aus den „geschraubten modernen
,Zuständen, Wirren und feinen Bezügen4 in eine Welt, die der Natur weit nähe!
liegt“. Er steht nicht an, sie in Anbetracht der Substanz an Poesie, Charakter uflß
Mutterwitz über das zeitgenössische Schrifttum zu stellen: „Welcher Autor dei
Gegenwart hätte Erfindungsgabe genug, ein Buch wie die Schildbürger schaffen zn
können? Wie prosaisch steht MuNDTS Flumor da, vergleicht man ihn mit dem dei
sieben Schwaben!“ Indessen — die ästhetische Seite des Problems ist für Engels
nicht die wichtigste Frage. In erster Reihe interessieren ihn zwei andere Momente
an den Volksbüchern, einmal der Grad ihrer Volkstümlichkeit auch noch untei
den Bedingungen der Gegenwart und außerdem, im engsten Zusammenhang damit»
ihr Aktualitätswert mit Bezug auf die anhängigen politischen Tageskämpfe. Diese
beiden Kriterien entscheiden für Engels darüber, ob und inwieweit die Volksbüchei
von einst überhaupt noch im 19. Jahrhundert als Volksbücher gewertet werdet1
können. Und in der Überzeugung von der Unzeitgemäßheit eines großen Teiles
dieses Literaturgutes tritt er unter Anführung der Schlußverse von SCHILLER^
„Die Götter Griechenlands44 dafür ein, diesen Teil den Poeten — und wäre es
einem Ludwig Tieck! — für eine im ästhetischen Sinne zwar ,überzeitliche >
aber im übrigen seiner Meinung nach zwangsläufig zur Gegenwarts- und Volks'
fremdheit verurteilte Bearbeitung zu überlassen. Ja, im letzten bezweifelt Engel5
überhaupt, daß die Volksbücher „als Produkte des Mittelalters“ (d. h. der Feudalära)
den besonderen Zwecken der Gegenwart Genüge leisten könnten, und spricU
geradezu von einer „Lücke“, vermißt also eine die alte zeitgerecht ersetzende
derne Volksliteratur, — eine Auffassung, in der sich Engels mit jenen Aufkläreü1
berührt, die mit ihren „Not- und Hülfsbüchlein“ eigens ein Äquivalent für die Volks'
bücher hatten schaffen wollen.
Eine derartige Einschätzung der Volksbücher war nun allerdings die genaüe
Umkehrung jener romantischen Doktrin, welcher u. a. GÖRRES in seinem Buche
den folgenden Ausdruck gegeben hatte: „Nicht daß wir das Alte umbilden nad1
uns selbst, wird an uns gefordert, sondern daß wir uns in etwas nach dem Alte11
bildeten“54)- Demgegenüber vertrat Engels die neuen politischen und soziale11
54) Mackensens Ausgabe S. 305.
Engels und die deutschen Volksbücher
83
Tendenzen der Zeit, und zwar in der radikalen Form, wie er sie gerade erst im
Laufe des Jahres 1839 in BÖRNES Werken, in dem SAINT-SlMONistischen Pro-
gramm und z. B. auch in der Flugschrift seines rheinischen Landsmannes JAKOB
Venedey „Preußen und das Preußentum“ kennengelernt hatte. BÖRNE verdankte
Engels die Erkenntnis von der unabdingbaren Notwendigkeit einer Revolution in
Deutschland, dem SAlNT-SlMONISMUS und VENEDEY anderseits eine abgerundete
Vorstellung von den modernen deutschen Klassengegensätzen, von dem Streben
nach fortwährendem Absolutismus bei Begünstigung der Geldaristokratie vor
den Armen mittels Unterdrückung der politischen Intelligenz und Verdummung
der Volksmehrzahl55). Die aus solchen Einsichten resultierende avantgardistische
Haltung führte übrigens zu Engels’ Trennung von dem literarischen Jungen
Deutschland der Gutzkow und Laube und rückte ihn an jenes andere mit den Car-
bonari im Schweizer Exil konspirativ zusammenarbeitende politische Junge Deutsch-
land und an einen plebejischen Revolutionär von der Art Georg BÜCHNERS
heran56). Wie die diesen Zusammenhängen gemäße Selbstauslegung seines Aufsatzes
bauten daher auch die flammenden Sätze an, die er gerade im Monat von dessen
Veröffentlichung ganz im Stil der mit ihren Ideen eben bei den MAZZlNlgenossen
und dem hessischen Dichter noch immer nachwirkenden , Unbedingten, der
bremsten Gruppe der Burschenschaft, an Wilhelm Graeber schrieb: „Die
sentimentalen Liedlein verhallen ungehört, und das schmetternde Jagdhorn wartet
eines Jägers, der es blase zur Tyrannenjagd; in den Wipfeln aber rauscht der Sturm
v°n Gott, und die Jugend Deutschlands steht im Hain, die Schwerter zusammen-
hängend und die vollen Becher schwingend; von den Bergen lohen die brennenden
Schlösser, die Throne wanken, die Altäre zittern, und ruft der Herr in Sturm und
Hngewittern, voran, voran, wer will uns widerstehn?“57)
Engels’ Abhängigkeit insbesondere von BÖRNES politischen Grundsätzen schloß
nun freilich seine vorübergehende Annäherung auch an dessen Standpunkt in den
ästhetischen Fragen ein. Sie fand in dem Aufsatz über die Volksbücher ihren Nieder-
schlag in jener Meinung von einer im Zuge der Entwicklung automatisch erfol-
genden Scheidung der jeweiligen künstlerischen Schöpfungen von den sich im
Laufe des gesellschaftlichen Prozesses umgestaltenden Lebensbezügen, in einer
Meinung füglich, die in letzter Konsequenz ein museales L’art pour l’art-Schicksal
aUch großer künstlerischer Leistungen der Vergangenheit behauptete und solcher-
maßen den Anspruch des Volkes auf sein kulturelles Erbe für einen bestimmten
Hl desselben beiseiteschob. BÖRNE selbst hatte in diesem Sinne über GOETHE
^nd dessen Schaffen abgeurteilt. Aber bereits 1840 enthüllte HEINE mit souveräner
ritik den amusischen Charakter von BÖRNES Betrachtungsweise; „Börne ,
^klärte er, „glich dem Kinde, welches, ohne den glühenden Sinn einer griechischen
tetue zu ahnen, nur die marmornen Formen betastet und über Kälte klagt ).
) Brief vom 29. 10. 1839, MEGA S. 547*
^6) Mayer, S. 47.
0 Mega s. 549. <- <>
58) Heine „Uber Börne“, Werke ed. Elster (1890), VII, •
6*
84
Günther Voigt
Doch BÖRNE ist nicht nur jedes Verständnis für das grundlegende ästhetische Gesetz
der Einheit von Gehalt und Gestalt abgegangen, sondern er hat überdies auch die
geschichtliche Bedeutung eines Kunstwerks niemals richtig einzuschätzen gewußt.
Die Ursache zu solchem doppelten Versagen lag in seiner Unkenntnis der HEGEL-
schen Dialektik, für die ihm wiederum das notwendige philosophische Organ
mangelte. Der junge Engels allerdings steht angesichts seines angeborenen Kunst-
sinns und des Dranges zu eigenem dichterischen Schaffen nicht im Verdacht banau-
sischer Gesinnung, und daher hat er sich den ästhetischen Rigorismus BÖRNES
auch nur bedingt und zudem nur so lange zu eigen gemacht, solange er noch nicht
tiefer in die Lehre des großen Denkers eingedrungen war. Seine gemeinsam mit
KARL Marx durchgeführten späteren literarhistorischen Forschungen erbrachten
ja gerade den Nachweis der (im Aufsatz über die Volksbücher geleugneten) sich
unvermindert lebendig erhaltenden Fortwirkung der Kunstwerke aller Zeiten.
Der Leitgedanke war nun nicht mehr jene idealistische Sentenz SCHILLERS,
sondern die von dem Freunde am Beispiel der griechischen Kunst getroffene
Feststellung: „Die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu verstehen, daß griechische
Kunst und Epos an gewisse gesellschaftliche Entwicklungsformen geknüpft sind.
Die Schwierigkeit ist, daß sie für uns noch Kunstgenuß gewähren und in gewisser
Beziehung als Norm und unerreichbare Muster gelten . . . Der Reiz ihrer (d. i. der
Griechen) Kunst für uns steht nicht im Widerspruch zu der unentwickelten Ge-
sellschaftsstufe, worauf sie wuchs. Ist vielmehr ihr Resultat und hängt vielmehr
unzertrennlich damit zusammen, daß die unreifen gesellschaftlichen Bedingungen,
unter denen sie entstand und allein entstehen konnte, nie wiederkehren können59).“
Hier ist der Poesie vergangener Epochen ihr Recht geworden, in Würdigung ihres
aus historischen Gründen einmaligen, aber eben deshalb zugleich allgemeingültigen
Wertes. (Und auch die ursprüngliche ,Hofpoesie' eines „Kaiser Octavian“ kann
nun angesichts ihrer vom jungen Engels gerühmten dichterischen Vorzüge objek-
tiver, als dies im Aufsatz über die Volksbücher geschah, als ein typisches Kunst-
produkt der Feudalzeit gewertet werden.) Diese vom reifen Engels selbst vollzogene
Korrektur einer Bilderstürmerei des ,Citoyen' gegen die Kunst des Mittelalters hat
später Lenin, den Proletkult der zwanziger Jahre widerlegend, mit Bezug auf das
Proletariat und seine Stellung gegenüber der bürgerlichen Kultur wiederholt: „Die
proletarische Kultur fällt nicht vom Himmel, sie ist nicht eine Erfindung von Leuten,
die sich als Fachleute für proletarische Kultur bezeichnen. .. Die proletarische
Kultur muß die gesetzmäßige Weiterentwicklung jener Summe von Kenntnissen
sein, die die Menschheit sich unter dem Drucke der Gesellschaft der Kapitalisten,
der Gutsbesitzer und Bürokraten erworben hat60).“
59) Einltg. z. Kritik d. polit. Ökonomie, Berlin 1951, S. 269!. bzw. Lifschitz S. 22.
Ausführliche Erörterung der ästhetischen Erkenntnisse von Marx u. Engels: G. Lukacs,
Einführung in die ästhetischen Schriften von Marx und Engels, in: „Sinn und Form“
5. Jahrg. (1953), 1. H.
60) Rede auf dem 3. allruss. Kongreß des kommun. Jugendverb. Rußlands am 7. 10. 1920.
Sämtl. Werke, dt. A., Wien/Berlin Bd. 25 (1930), S. 478.
Engels und die deutschen Volksbücher
85
Engels’ Zurückhaltung gegenüber einem großen Teil der Volksbücher, seine
Vorbehalte hinsichtlich ihres volkserzieherischen Nutzwertes für die Gegenwart
hatten nun allerdings auch ihre objektiven, durch die damalige ökonomische und
gesellschaftliche Entwicklungsstufe Deutschlands gerechtfertigten Gründe. Engels
tfug nur der Tatsache des in den dreißiger Jahren noch ganz unentwickelten po-
etischen, sozialen und kulturellen Bewußtseins der handarbeitenden Schichten in
Deutschland Rechnung, wenn er bei Erörterung des Für und Wider der Volks-
tümlichkeit der alten Volksbücher grundsätzlich das äußerst niedrige Bildungs-
niveau der Volksmassen in Betracht zog. Der schon oben berührte aufklärerische
Zug
in Engels’ Überlegungen hatte hier ebenfalls seine Wurzel, für den z. B. auch
üie Bemerkung charakteristisch ist, daß das Volksbuch dem Ungebildeten die Wahr-
heit und Vernünftigkeit der modernen politischen Ideen „nicht in unmittelbarer
Deduktion“ zeigen dürfe. In Übereinstimmung mit der liberalen Auffassung des
l8* und 19. Jahrhunderts vertraute der junge Engels 1839 noch allein auf die
intellektuellen als Träger des politischen und gesellschaftlichen Fortschritts und
Wies den unteren Ständen die passive Rolle des von jenen gelenkten großen Haufens
2u5 erst in England sollte er die schöpferischen Kräfte des Volkes, die Bedeutung
v°r allem der jungen proletarischen Klasse für die weitere gesellschaftliche Ent-
wicklung verstehen lernen und außer durch sein HEGELstudium gerade dank der
intimen Berührung mit der Chartistenbewegung auch entscheidende neue lite-
rarische Einsichten gewinnen, nicht zuletzt in die künstlerischen Fähigkeiten
ües werktätigen Menschen selbst61).
Übrigens gilt nicht nur für Engels die Parallele mit der Aufklärungsepoche. Man
braucht sich nur etwa an PLATENS und GRILLPARZERS Wiederanknüpfen an die
klassischen Gehalte und Formen in Lyrik und Drama zu erinnern, an BÖRNES
Rezeption des Stils der großen französischen Publizistik der Revolutionszeit, an
Deines kritischen Vergleich der Romantiker mit LESSING, GOETHE, SCHILLER,
Bürger, Voss und Förster in seiner „Romantischen Schule“, an BÜCHNERS
Üenz-Novelle, an GUTZKOWS Verwendung der Wolffenbüttler Fragmente eines
Unbekannten in seiner „Wally“, um hier den bewußten oder unbewußten Zu-
sammenhang der Schriftsteller des Vormärz mit der deutschen Geistesbewegung
ües ausgehenden 18. Jahrhunderts als eine ganz allgemeine und natürlich keineswegs
Anfällige Erscheinung zu erkennen. Der Periode zwischen 1830 und 1848 war mit
üer Aufklärung und dem Sturm und Drang die revolutionäre Aufwärtsentwicklung
er bürgerlichen Klasse, die Opposition gegen die herrschende feudalabsolutistische
frühkapitalistische Gesellschaftsordnung gemeinsam. Diese Gemeinsamkeit
edingte gerade auch auf ideologischem Gebiet einen weitgehenden Anschluß an
le fortschrittlichen Traditionen des 18. Jahrhunderts in der Geschichtsauffassung,
11 der Hinwendung zum arbeitenden Volk und seinen Bedürfnissen, in der ite
fischen Theorie und Praxis und in der Wiederentdeckung der Bedeutung der
°ikstümlichen ästhetischen Ausdrucksformen als der künstlerischen Gesta tungen
er vom Volke gesammelten realistischen Erfahrungen aus seinem Lebens 'reise.
) Vgl. Georg Lukacs, Marx u. Engels als Literaturhistoriker, Bin. i948> S. 71L
86
Günther Voigt
Wie in der Aufklärung und im Sturm und Drang folgte auch im Vormärz aus der
Einsicht in diese politisch und ästhetisch wichtigen Inhalte die politische und
literarische Verwendung der verschiedenen volkstümlichen Genres mit dem von
den entsprechenden romantischen Bemühungen grundsätzlich unterschiedenem
Ziel der Sozialrevolutionären Mobilisierung der Massen, so z. B. des Volksliedes,
der Sage, des Märchens, der Tierfabel durch CHAMISSO, HEINE, BÜCHNER, Frei-
LIGRATH u. a. Eben mit diesen Bestrebungen hängt Engels’ Aufsatz aufs engste
zusammen, auch er trotz des Börneschen Einschlags das Zeugnis einer Wieder-
belebung der Anschauungen der LESSING, HERDER, GOETHE, BÜRGER auf
diesem Gebiete.
Die von Engels getroffene Auswahl unter den Volksbüchern war bestimmt
einmal durch die von GÖRRES behandelten Titel und zum anderen durch die bereits
erschienenen Stücke der SCHWABschen, MARBACHschen und SlMROCKschen Samm-
lungen; außerdem erwähnt er noch den Pontus, den Fierabras und den Pfaffen
vom Kalenberg. Er zeigt Kenntnis der TlECKschen Auffassung und Bearbeitungen,
ohne im einzelnen auf sie einzugehen, und kennzeichnet GÖRRES’ unwissenschaft-
liches Verfahren treffend als ein bloßes „Dichten der Urteile“. SCHWAB verweist
er am Beispiel seiner Bearbeitung des „Hürnenen Siegfried“ die Verwässerung des
alten echten Volksstils, wie er denn überhaupt — gleich Heine — die schwäbische
Schule als eine seit 1820 überlebte Erscheinung betrachtete und an diesem ihren
Hauptvertreter (neben Uhland) als an einem gemäßigten Orthodoxen wenig
Geschmack fand62). SiMROCK hatte gerade erst „Salomon und Morolf“ in einer
prosaischen und einer gereimten Fassung herausgebracht, so daß sich über seine
Arbeit kaum schon ein Urteil fällen ließ. Im wesentlichen richtet Engels seine
Kritik außer gegen Görres gegen Gotthard Oswald Marbach, von dessen
Serie 1839 bereits zehn Hefte Vorlagen. MARBACH war zur Zeit der Herausgabe
seiner Sammlung Dozent für die HEGELsche Philosophie in Leipzig. Aber mit
gutem Grunde durfte Engels ihn 1839 in einem Briefe als „konfusesten aller Hegel-
ianer“, als „Non plus ultra aller Mißverstehungsmenschen“bezeichnen63); wurden
ihm doch auch schon 1838 in einer Rezension seines „Lehrbuches der Geschichte
der Philosophie“ in den Hallischen Jahrbüchern „Mängel der gedankenmäßigen
Organisation, wenig neue Resultate“ und vor allemein für einen Schülers HEGELS
„unbegreiflicher“ und noch dazu absurd begründeter Verzicht auf jede Periodi-
sierung nachgewiesen64). MARBACHS weitere Laufbahn hat die Richtigkeit dieser
Ausstellungen bestätigt 11845 wurde er Zensor für die gesamte politische und schön-
geistige Tagesliteratur im Königreich Sachsen; 1848 übertrug man ihm die Chef-
redaktion des Regierungsorgans, der „Leipziger Zeitung“; 1851 erhielt er den
Hofratstitel verliehen; 1853 gründete er die Lebensversicherungsbank ,Teutonia*
und 1864 die Leipziger Hypothekenbank, bei gleichzeitiger Übernahme der Direk-
62) MEGA S. 503 u. 501.
63) MEGA S. 556.
64) Hall. Jb. Aug. 1838.
Engels und die deutschen Volksbücher
87
tlQn in beiden Fällen. Es rundet das Bild ab, wenn wir hören, daß er sich mit
Richard Wagner, seinem Schwager, ursprünglich, nämlich in dessen revo-
lütionärer Periode! gar nicht, hingegen um so besser in dessen in künstlerischer wie
*** politischer Hinsicht problematischen Spätzeit verstand65). So bietet dieser Ex-
hegelianer das Musterbeispiel des Konjunkturrittertums eines Bourgeois neuen
Stils. Auch aus der biographischen Retrospektive erweist sich die Nichteignung
dieses Mannes für die Aufgabe einer Neuausgabe der deutschen Volksbücher, die
Engels schon 1839 bescheinigte: „Nicht nur fehlt ihm alle Kritik, auch hat er
sich zu Auslassungen hinreißen lassen, die gar nicht nottaten; dazu hat er den Stil
recht matt und farblos gemacht... Da ist nichts als auseinandergerissene Sätze,
^«Versetzungen, zu denen keine Veranlassung war, als Herrn Marbachs Sucht,
Ermangelung anderweitiger Selbständigkeit, hier selbständig zu erscheinen.
^der was trieb ihn sonst dazu, die schönsten Stellen aus dem Volksbuch (vom
’Gehörnten Siegfried') zu verändern und mit seiner unnötigen Interpunktion zu
Versehen? Wer&das Volksbuch nicht kennt, für den sind die Marbachschen Er-
zählungen ganz gut, aber sobald man beide vergleicht, sieht man, aaß Marbachs
Sanzes Verdienst die Verbesserung der Druckfehler ist. Mit dieser seiner Be-
reitung und ihren Maßstäben befand sich Engels in der würdigsten Gesellschaft,
^cht gan2 dreißig Jahre vorher hatte Jacob Grimm Ähnliches gegen BÜSCHINGS
nd Von Der Hägens oberflächliches und nachlässiges Verfahren in ihrem „Buch
eingewandt: „Was man keinem Herausgeber eines lateinischen oder
der Liebe'
§riechischen Autors verzeiht, verabsäumte Benutzung wo nicht aller, doch der
Risten älteren und besten Ausgaben und sorglose Ergreifung der durch den
Zufall gerade herbeigeführten, das ist hier ohne Scheu geschehen ... Man sollte
ie neue Auflage dieser Schriften durchgehends mit dem Ernst und der Strenge
3es°rgen, welche die Wichtigkeit historischer Quellen für das Verständnis unserer
deutschen Poesie erfordert und verdient66).“ Vor allem entlarvte Engels MAR-
CHS Abhängigkeit von GÖRRES und seine entsprechend romantisch-reaktionare
rendenz: „Die Marbachsche Bearbeitung paßt gar nicht für das Volk. Was ist da
Zü hoffen, wenn er gleich mit Griseldis anfängt?“ Engels hat seine Auffassung u er
as Verfehlte, dem deutschen Volk Erzählungen wie die Griseldis, die Genove a
ürjd die Hirlanda gerade in einer Periode des Ringens um politische, soziale und
f ,§iöse Emanzipation anzubieten, temperamentvoll erläutert; diese Geschichten
haben . - - -----
Jen
3e*eich
führt
i 6r aUS’ ”a^e e*n Weib zur Heldin, und zwar ein leidendes Weib; sie
WeiSe . as Verhältnis des Mittelalters zur Religion, und das auf sehr poetische
hfan kan ' Um ^ottes Willen, was soll das deutsche Volk heutzutage damit?
ür*ter Mark C Zwar un*ef Griseldis das deutsche Volk sehr schön vorstellen und
§*nz ande Stafen Walther die Fürsten — aber da müßte denn die Komödie doch
^eEhuno- k \j^e^en’ aE es im Volksbuche geschieht, man würde sich die Ver-
zoll dje Qr- eiderseits verbitten und würde hie und da gutes Recht dazu haben.
lse is noch Volksbuch bleiben, so kommt sie mir vor wie eine Petition
') VDB Bd. 52 u. W. Kosch, Dt. Lit.-Lex., Bd. II G93°)-
) Kl. Sehr., a. a. O. S. 86 bzw. 85.
88
Günther Voigt
an die hohe deutsche Bundesversammlung um Emanzipation der Frauen“. Und iß
Anspielung auf das berüchtigte Verbot der Schriften des Jungen Deutschland durch
den deutschen Bundestag von 1835 und mit gleichzeitiger ironischer Spitze gegeß
MARBACH fährt er fort: „Man weiß aber hie und da, wie vor vier Jahren dergleichen
romanhafte Petitionen aufgenommen wurden, weshalb ich mich sehr wundere, daß
Marbach nicht nachträglich zum Jungen Deutschland gerechnet worden. — Das
Volk hat lange genug Griseldis und Genovefa vorgestellt, es spiele jetzt auch einmal
den Siegfried und Reinald; aber der rechte Weg, es dahin zu bringen, ist doch wohl
nicht das Anpreisen jener alten Demütigungshistorien?“ Hierbei muß man be-
denken, daß MARBACH nicht einmal eine der älteren Fassungen des Volksbuches,
sondern — sehr charakteristisch für seine bigotte Auffassung — die legendenartigeß
Umarbeitungen des Diakons JOHANN FIEDLER von Reichenbach (Dresden 1653)
und des Kapuzinerpaters MARTINUS VON COCHEM (Dillingen 1687) benutzte.
Nur allzu begreiflich, daß Engels’ Hoffnung sich als vergeblich erwies, MARBACH
möchte wenigstens bei der (damals noch ausstehenden) Ausgabe des Faust „eine
weise Kritik“ walten lassen. Genau das Gegenteil trat ein: MARBACH hat den schoß
bei SPIESS und WlDMANN vorherrschenden Tenor der kirchlichen Propaganda
tatsächlich noch übertrumpft — und dies im 19. Jahrhundert! Er bringt es z. Er-
trotz GOETHES fast seit einem Jahrzehnt mit beiden Teilen vorliegender großeß
humanistischen Dichtung und trotz des allgemeinen gewaltigen Aufschwungs
der Wissenschaften, zumal der Naturwissenschaften, fertig, in seiner moralisierend'
frömmelnden Einleitung über das tiefe Sinnbild menschlichen Erkenntnisstrebeßs
folgendermaßen zu salbadern: „Fausts Name wird noch jetzt (d. i. 1842!) als eiß
abschreckendes Beispiel menschlichen Hochmutes, welcher über Gottesfurcht uflß
Sittlichkeit sich erhebt, genannt, und seine Taten werden, wenn auch nicht mehr
als Wirkungen übernatürlicher Kräfte, doch als schlaue Betrügereien (!) erzählt.. ,“67}
Nicht Faust wird daher hier mit der Glorie des heldenhaften Streiters umwobeß»
sondern vielmehr eine ursprüngliche Episodenfigur, die MARBACH in seiner Be-
arbeitung gegen den Schluß der Handlung hin absichtsvoll und aufdringlich in deß
Vordergrund rückt: Jener Geistliche, der sich im Volksbuch vergebens als Prosß'
lytenmacher an dem großen Skeptiker versucht, erscheint nun als der eigentlich^
Spiritus rector der Ausgangsszenen und behält als ein rechter miles ecclesiasticßs
triumphans auch dem Teufel gegenüber das letzte Wort: „Du Mörder hast seine<1
Leib getötet, aber es ist nur Einer, der vermag Leib und Seele zu verderben in dei
Hölle, und der bist du nicht68)!“ Welches Mirakel, daß die Erfindung dieses effeH'
vollen Finale, auf die nicht einmal die Spiess und WlDMANN des 16. Jahrhundert
oder der „Christlich Meynende“, der Urheber der Kurzfassung des 18. Jahrhunderts»
verfallen waren, einem Manne Vorbehalten blieb, der der Zeitgenosse eines RanR^
und MOMMSEN, der BRÜDER GRIMM und LACHMANNS, HEINES und GOTTFRIED
iß
Kellers, Hegels und Feuerbachs und
Engels gewesen ist!
last not least — eines MARX ußc
67) 24. Bändchen, S. 4.
68) ebd. S. 84.
Engels und die deutschen Volksbücher
89
So war es denn, wie Engels hervorhebt, in der Tat „nicht jedermanns Sache ,
eine „vernünftige Bearbeitung“ der Volksbücher auszuführen. Er selbst hielt
überhaupt nur zwei Männer dieser großen Aufgabe für fähig: Die BRÜDER GRIMM.
ßei ihnen dürfe man „kritischen Scharfsinn und Gedanken genug bei der Auswahl,
Gewandtheit im altertümlichen Stil bei der Ausführung“ voraussetzen. Vor allem
Jacob Grimm hatte u. a. in der schon wiederholt von mir angezogenen Besprechung
des „Buches der Liebe“ von BÜSCHING und VON DER HAGEN seine detaillierte
Kenntnis und die Fruchtbarkeit seines methodischen Könnens auch auf diesem Ge-
biete bewiesen. Daß den Brüdern indes die Muße fehlen sollte, auch noch diese
Arbeit in Angriff zu nehmen, stellt schon Engels bedauernd fest. — Die BRÜDER
Grimm gehörten, im Unterschied z. B. von ihren Freunden GÖRRES und SAVIGNY,
jener progressiven Richtung innerhalb der Romantik an, welche die bürgerlich-
aufklärerischen Tendenzen der deutschen Wissenschaft aus dem 18. ins 19. Jahr-
hundert hinein fortsetzte, zumal bezüglich der Methoden. Sie selber wirkten an
dieser fruchtbaren Weiterentwicklung mit vor allem durch die exakte grammatische
und etymologische Untersuchung der deutschen Sprache mittels des neugewonnenen
Prinzips der Sprachvergleichung69); in der Geschichtschreibung bekundete die von
Männern wie NlEBUHR, RANKE, MOMMSEN und den Mitarbeitern der Monu-
menta Germaniae historica begründete moderne Quellenkritik diesen Geist echter,
fortzeugenderWissenschaftlichkeit; UHLAND wiederum verdankte die Literatur-
borschung, Rum OHR die Kunstgeschichte, HAXTHAUSEN und MAURER die Volks-
wirtschaftslehre bzw. die Sozialgeschichte und BACHOFEN die allgemeine Kultur-
geschichte bedeutende neue Impulse70). Charakteristisch ist ja auch für einen großen
Teil dieser romantischen Forscher die fortschrittliche politische Einstellung. Bei-
spielsweise wird das mannhafte Auftreten der BRÜDER Grimm in der Hannover-
Scben Verfassungsfrage im Jahre 1837 immer ein Ruhmesblatt in der Geschichte des
deutschen Gelehrtentums bleiben. Natürlich mußte Engels nicht zuletzt schon aus
diesem Grunde den großen Germanisten die wärmste Sympathie entgegenbringen.
Wie er sich denn auch JACOB GRIMMSVerteidigungsschrift „Über meine Entlassung
(Pasel 1838) bald nach Erscheinen gekauft hatte, urteilend, sie wäre „ausgezeichnet
Scbön, und eine Kraft darin, wie man sie selten findet“ 71). Gleiche Hochachtung wie
Fugels hatte u. a. auch HEINE den Brüdern gezollt, als er in den „Elementargeistern
^37 geschrieben hatte: „Unschätzbar ist das Verdienst dieser Männer um germa-
nische Altertumskunde. Der einzige Jacob Grimm hat für Sprachwissenschaft mehr
geleistet, als eure (d. i. der Franzosen) ganze französische Akademie seit Richelieu.
69) A
bervor in- 3i7- jTALIN bebt noch d. Bedeutung d. vergleichend. Sprachwissenschaft
70^ y ' ” er °en Marxismus in der Sprachwissenschaft“, 1953.
v- d. späte" ^e^annten. wefden Bachofen, Maurer, Mommsen, Niebuhr wiederholt
Und des St'"0 «n®e^s *n seMer Schrift „Der Ursprung der Familie, des Privateigentums
Pin. 1946.a,pteSr>’ anefkennend erwähnt, vgl. das Namensverzeichnis der Neuausg.,
dt. Frühze*it REDE;R Grimm u. Maurer i. seinen Sehr, zur Geschichte u. Sprache der
a' d. T Toro/o tZt gesammelt Bin. 1952) u. der letztere i. Briefwechsel zw. Marx u. Engels
7l) A 68/83’ Bd-IV> Bln- x95°-
• d. Br. Graeber 1. 9. 1838, MEGA S. 485.
90
Günther Voigt
Seine deutsche Grammatik ist ein kolossales Werk, ein gotischer Dom, worin alle
germanischen Völker ihre Stimmen erheben, wie Riesenchöre, jedes in seinem Dia-
lekte. Jacob Grimm hat vielleicht dem Teufel seine Seele verschrieben, damit er ihm
die Materialien lieferte und ihm als Handlanger diente bei diesem ungeheuren
Sprachbauwerk. In der Tat, um diese Quadern von Gelehrsamkeit herbeizuschleppen,
um aus diesen hunderttausend Zitaten einen Mörtel zu stampfen, dazu gehört mehr
als ein Menschenleben und mehr als Menschengeduld72).“
Engels’ Würdigung der Volksbücher beweist, daß er für seine Person durchaus
über jenes „selten trügende kritische Gefühl“ verfügte, welches eben Jacob
Grimm an dem angegebenen Orte als die wesentliche Voraussetzung bezeichnet
hatte, „um überall das Bessere auszuwählen und den echten Geist dieser Literatur
zu erkennen73).“ Wie zutreffend ist schon seine grundsätzliche Unterscheidung des
deutschen und romanischen Sagengutes nach dem größeren oder geringeren Grade
der sich darin äußernden Aktivität oder Passivität der Personen! LUTZ MACKENSEN,
der in seinem Buche über die deutschen Volksbücher (1925) erstmals die Forschungs-
ergebnisse auf diesem Gebiete zusammenfaßte, hat diese allgemeine Kennzeichnung
durch eine ganze Anzahl von Einzelbelegen bestätigt; so wenn er für das Volksbuch
mit ursprünglich volkstümlichem Stoff die Freiheit des Verfassers zu selbständiger
Gestaltung (gegenüber der Bindung des Prosaauflösers oder Übersetzers an das
Original) sowie das daraus sich ergebende individuelle, realistische, lebens- und
zeitnahe Gepräge der Darstellung (statt einer einerseits schablonenhaften, andererseits
sentimentalen oder phantastischen Behandlung) konstatiert; endlich kommt auch
MACKENSEN zu einer der Engelsschen Feststellung ganz entsprechenden Schluß-
folgerung: Halte man die Volksromane neben die ritterlichen Romane, so erschienen
sie fast wie bewußte Gegenstücke zu jenen; unmittelbarer, natürlicher redeten sie
zu ihren Lesern, und selbst der Faust wirke bei all seiner Tendenz und Moral, mit
der ihn der ungeschickte Bearbeiter umkleidet, „wie eine Befreiung gegenüber der
Servilität“ z. B. der Melusine74). Wenn nun Engels des weiteren die von ihm nach
dem damaligen Stande der Wissenschaft für Volksbücher romanischen Ursprungs
gehaltenen Haimonskinder und Fortunat von jener Charakteristik ausdrücklich
ausnimmt und sie als „ein paar rechte Volksbücher“ bezeichnet, so müssen wir
auch in diesem Falle seinen sicheren Instinkt, eben jenes „untrügliche kritische
Gefühl“ bewundern, indem er mit solcher Einschätzung bereits die späteren Er-
gebnisse der Spezialforschung vorwegnahm. Fridrich Pfaff konnte 1885
nachweisen, daß das deutsche Volksbuch von den Haimonskindern nicht unmittelbar
auf die französische Fassung der Sage, sondern „auf einen sehr guten alten, für
uns nicht mehr erreichbaren Text“ der (schon JACOB Grimm und HoFFMANN VON
FALLERSLEBEN bekannten) niederländischen Prosa der „Heemskinderen“ zurück-
geht, dergestalt, daß erst durch die Übersetzung dieses holländischen Volksbuches
72) „Elementargeister“, Werke, ed. Elster (1890), Bd. IV, S. 382.
73) A. a. O. S. 85.
74) S. 123f.
Engels und die deutschen Volksbücher
91
”die Geschichte von den Haimonskindern unser eigen geworden“75). In die sogar
bis -
Mi
auf
zum Beginn des 20. Jahrhunderts ungeklärte Entstehungsgeschichte des Fortu-
natus brachte endlich Hans GÜNTHER 1914 mit seiner Freiburger Dissertation
das erhellende Licht; er schloß aus einer Reihe bezeichnender wirtschaftlicher
otive und überhaupt aus dem ganzen dieses Volksbuch erfüllenden Hanseatengeiste
f einen (wenn auch nicht namentlich zu identifizierenden) weitgereisten, vielleicht
Selbst als Kaufherrn tätigen Augsburger Bürger als Verfasser des Werkes, einen
^ann von der Art des ersten deutschen Chronisten BuRKARD ZlNK, ebenfalls
eiues Augsburgers, aus der dem Autor des Fortunat unmittelbar vorhergehenden
Generation76). Es gilt mithin für Engels’ Erkenntnisse in der Frage der deutschen
Volksbücher das gleiche, was THEODOR FRINGS über „Engels als Philologe
Bezug auf dessen aus den achtziger Jahren stammende Schrift über den frän-
kischen Dialekt77) feststellen konnte: „Was wir (modernen Fachwissenschaftler)
JA mühseliger Kleinarbeit gefunden haben, stand schon 40 (hinsichtlich der Volks-
Acher sinngemäß: 45 bzw. 75) Jahre früher vor Engels Blick78).
Es war also auch quellengeschichtlich gerechtfertigt, wenn Engels die Haimons-
Ainder und den Fortunat, ihren „jugendlichen Geist“ und ihren „Humor und
deren Bedeutung für das deutsche Volk um 1840 der sozialpolitisch zu diesem eit
Punkte geradezu schädlichen Servilität solcher „Demütigungshistorien“ wie der
Griseldis und ihrer Verwandten gegenüberstellte. An den Haimonskindern hob
er »die ungebändigte Oppositionslust“ hervor, „die der absoluten, tyrannischen
Gewalt Karls des Großen jugendkräftig entgegentritt und sich nicht scheut, er-
AJtene Beleidigungen mit eigener Hand, auch vor dem Auge des Fürsten, zu
jachen“. Ebenso hatten schon die Stürmer und Dränger das Volksbuch aufgefaßt,
dle Mitglieder jener „Rittertafel“ junger Gesandtschaftssekretäre in Wetzlar z. B.,
Reicher u. a. Goethe als „Götz von Berlichingen“ und der gediegene KARL
^tTon von Schweinitz als „Ritter Reinald“ angehörten und bei deren Eest^A
eJJeA „Die vier Plaimonskinder“, feierlich „für ein kanonisches Buch erklärt ,
Schnitts weise vorgetragen wurden; bekannt ist auch, wie sich die Grafen STOL
ihr Begleiter Haugwitz und Goethe anläßlich ihres Zusammentreffens
*A der Vaterstadt des letzteren 1775 die vier Haimonskinder und in Uberein-
stjmmung damit des Dichters Mutter „Frau Aja“ nannten, bei mancher Flasche
’’Tyrannenblut“ ihrem „poetischen Tyrannenhaß“ jugendlich-tumultuarischen
Asdruck gebend79). Der Geist, der die Generation von 1775 und wiederum ein
End fv n°- 5°9 u- 572- — „DieÜbersetzung des franz. Prosaromans, Simmern 1535»
Cö]n A 0 . keine Verbreitg., während das a. d. Niederländischen übersetzte Volksbuch,
’6) q°4, s‘ch *• Volke einbürgerte.“ Heitz/Ritter, a. a. O., S. 71.
Mterat • NJHers Beweisführung wurde ergänzt von Franz Podleiszek in: „Dt.
g 1‘ utwickl.reihen“, Reihe XII, Bd. 7, Leipzig 1933, S. 9ff.
jetzt vom Marx-Engels-Lenin-Institut in dt. u. russ. Sprache 1935 publiziert;
der dt- Ct? ln ^eutschland veröffentl. in: Friedrich Engels, „Zur Geschichte und Sprache
’81 ^Ütl2eit“, Bin. 1952.
) Tä8k Rundschau v. 18. 8. 1946. Dicht u Wahrh. IV, 18. B.,W. A.
T ) ^icht. u. Wahrh. III, 12. B., W. A. I, 28, S. 135 f- u. Dicht, u. w
’ 29, S. 89f.
92
Günther Voigt
gutes halbes Jahrhundert später den jungen Engels aus dem Volksbuch so wahl-
verwandt ansprach, das war eben jener trotzige Geist des nationalen Widerstandes des
niederländischenVolkes gegen die Fremdherrschaft des spanischen Despotismus untef
Philipp IL, der übrigens den politisch-revolutionären Charakter der Volksschriftefl
sehr wohl erkannt hatte, als er 1569 durch Edikt den Ulenspiegel, den Reynaert de
Vos u. a. ausdrücklich verbot80). Doch darf man annehmen, daß die „Heems-
kinderen“ den holländischen Freiheitswillen kaum so angemessen hätten wieder-
spiegeln können, wenn nicht auch schon in der ihnen letztlich zugrunde liegenden
(vermutlich verschollenen) französischen Versdichtung der Zug bürgerlichen
Empörertums vorgezeichnet gewesen wäre. Den Einfluß der zeitgenössischen
französischen Geschichte, vor allem den der heldenhaften Gestalt derjEANNE d’ArC,
des Bauernmädchens aus Lothringen, den WOLFGANG LlEPE für die Chanson de
geste des „Hugues Capet“ aufgezeigt hat81), — des Metzgersenkels, der es bis zum
Könige bringt! —, ihn kann man zweifellos auch bei dem Werke voraussetzen,
das zuerst die Fabel der Haimonssöhne den Zeitgenossen als Spiegelbild der eigenen
Kämpfe vorhielt. Doch war die JEANNE d’Arc keineswegs die einzige Ver-
körperung des zur Selbständigkeit herangereiften dritten Standes in Frankreich, —
weniger heroisch als sie, aber ein im Grunde noch bezeichnenderer und bedeutenderer
Repräsentant der neuen wirtschaftlich und politisch an die Macht drängenden
Klasse war jener Großkaufmann aus Bourges, der den Sold der Truppen bezahlte,
mit dem die Jungfrau Orléans entsetzte, der auch später den französischen Befreiungs-
krieg gegen die Engländer zum guten Teil finanzierte, das Haupt der Persönlich-
keiten, die nach 1440 die adligen Coterien in der Umgebung des Königs ablösten
und eine Regierung des Bürgertums am Hofe bildeten: JACQUES COEUR, die andere,
die nüchtern-wägende Seele des großen patriotischen Kampfes, bei dem es im
letzten um die für die weitere Entwicklung der jungen bürgerlichen Wirtschafts-
weise so dringend nötige Herstellung der nationalstaatlichen Einheit ging82). AB
Reflex also des Ringens des französischen und holländischen Bürgertums um seine
Emanzipation im 15. und 16. Jahrhundert müssen wir jenen „jugendlichen Geist‘‘
begreifen, den Engels mit seiner feinen Witterung für die fortschrittlichen Tra-
ditionen der menschlichen Gesellschaft sogleich in den Haimonskindern erspürte,
ebenso wie auch das Interesse des Dichters des „Egmont“ an diesem Volksbuch
darin seine Erklärung findet.
Bei der Zurückweisung der Griseldis und Genovefa berief sich Engels außer auf
den Reinald der Haimonskinder auf die Siegfriedgestalt der Nibelungen als passent
Rolle für das deutsche Volk in der Situation des Vormärz. Engels hält die Geschieht
vom hürnenen Siegfried für die wichtigste im Sinne der mit seinem Aufsatz un^
dessen Anregungen verfolgten Absichten. Der Held der Nibelungensage beschäftigt
ihn auf das lebhafteste; besonders zu Jung-Siegfried fühlte Engels sich hingezogeu»
80) Mackensen, Dt. Volksbücher, S. 38.
81) Wolfgang Liepe, „Elisabeth von Nassau-Saarbrücken. Entstehung u. Anfänge
d. Prosaromans i. Deutschland“, Halle 1920, S. 14.
82) Hendrik de Man, „Jacques Coeur. Der königl. Kaufmann“, Bern 1950.
Engels und die deutschen Volksbücher
93
*umal er durch seine häufigen Besuche der mütterlichen Verwandten in an e
„Siegfrieds Heimat“83) aus eigener Anschauung genau kannte. Engels trug sic soga.
mit dem Plan einer Tragikomödie „Der gehörnte Siegfried“84), von der auch rei
lm April 1839 flüchtig ausgeführte Szenen vorliegen. In der ersten Szene des firag-
ments haben wir offensichtlich einen „Niederschlag der Kämpfe“ vor uns, „die
Slcb im Zusammenhang mit der Berufswahl im Schoße der Familie Engels abgespielt
haben mögen“85)- der zweite und dritte Auftritt stellen sich als Satiren au en
literarischen Unge’schmack der Zeit und auf die Streitigkeiten zwischen den Hegeli-
ailetn und ihren Widersachern dar. Wie Engels seinem Freunde FRIEDRICH
G*AEBER mitteilte, sollte auch noch „der König von Bayern hergenommen
Werden“ 86), (den dann HEINRICH HEINE in seinen sarkastischen „Lobgesangen
auf König Ludwig“ so arg zausen sollte, welche in dem von Rüge und MARX
1^44 herausgegebenen einzigen, aber höchst bedeutsamen Heft der „Deutsci
französischen Jahrbücher“ erschienen). Gegen Ende des Aufsatzes über „Siegfrieds
hKimat“ hat Engels dargelegt, worin er den tiefen symbolischen Sinn dieser Sagen-
gestalt erblickte: „Siegfried ist der Repräsentant der deutschen Jugend. Wir alle,
dle wir ein von den Beschränkungen des Lebens noch ungebändigtes Herz im Busen
^gen, wissen, was das sagen will. Wir fühlen alle denselben Taten urst, ense en
rrot* gegen das Herkommen in uns, der Siegfrieden aus der Burg seines Vaters
trieb; das ewige Überlegen, die philiströse Furcht vor der frischen Tat ist uns von
gamzer Seele zuwider, wir wollen hinaus in die freie Welt, wir wollen dieSchranken
er Bedächtigkeit umrennen und ringen um die Krone des Lebens, die at. ur
Hlesen und Drachen haben die Philister auch gesorgt, namentlich auf dem Gebiete
f 0tl Kirche und Staat... Ich will hinuntergehen an den Rhein und lauschen,, was
dle abendrotumstrahlten Wellen der Muttererde Siegfrieds erzählen von seinem
Grabe zu Worms und vom versenkten Horte. Vielleicht daß eine gütige Fee Mor-
|ana mir das Schloß Siegfrieds neu erstehen läßt und mir vorspiegelt, was seinen
bbtien im 19. Jahrhundert für Heldentaten Vorbehalten sind87). ^
Zu Siegfried und Reinald hätte Engels drittens auch den „Herzog Ernst stel en
_ °nnen, denn das (im Laufe der Zeit allerdings mannigfach umgeformte) Volksbucn
\St als Prosaauflösung von dem Spielmannsepos des 12. Jahrhunderts ausgegangen,
esem „einzigen deutschen Empörerepos“88). In der Tat ist aber was Enge s
das Werk einwendet - der eigentliche Kern ganz überwuchert von er
jmantastik griechisch-orientalischer Märchenstoffe: Vorzüglich erlebt ja der deutsche
Ernst die Abenteuer Sindbads des Seefahrers aus Tausendundeiner Nacht
lese Verbindung freilich von Vorgängen der deutschen Geschichte nament ic 5
5 ?° der Titel des von E. im Dez. 1840 im Telegraph veröffentl. Aufsatzes.
rER S. x y.
Älh:,.
) The A S> 95‘
sarnPfen f. p Entstehung der dt. Spielmannsepen“. In: „Wissenschaftler
32- rie en j hg. v. Staatssekretariat f. Hochschulwesen der DDR, Bin. 1951,
94
Günther Voigt
mit der arabischen Poesie war das eigentümlich Neue dieser Dichtung. Gerade
der im buchstäblichen Sinne fabelhafte Charakter hat dem am Ende des
16. Jahrhunderts nochmals umgearbeiteten Volksbuch im Zeitalter der Ent'
deckungen und des gewaltig sich ausdehnenden Überseehandels zu neuer Beliebt'
heit verholfen. Dabei ist der Erzählung bis zuletzt etwas von der ursprünglichen
Empörergeste geblieben: Der Bearbeiter unterdrückte z. B. die höfischen Schil'
derungen der Vorlage aus bürgerlicher Antipathie oder Skepsis („ettlicher Un-
glauben wegen“, wie er selbst bemerkt) und hängte eine (fast allen Drucken bei'
gegebene) Sprichwörtersammlung an, die sich ganz besonders die Schmähung des
Adels angelegen sein ließ („Aller adel hat einen misthaufen zum vater und die
verfäulnis zur mutter“, heißt es da z. B.)89). Und aus demselben Grunde gilt eben
für dieses Volksbuch auch die Feststellung, daß das Bürgertum des 15. und 16. Jahr-
hunderts sich ja nicht zu den höfischen Motivkreisen des Hochmittelalters hin-
gezogen fühlte, sondern vielmehr — aus innerer Verwandtschaft heraus! — zu
den literarischen Denkmälern der Frühzeit des Rittertums mit ihrer „männlich-
streitbaren, derb-kraftbetonten Faustrechtsauffassung“90).
Eine entfernte Ähnlichkeit mit dem Volksbuch vom Herzog Ernst zeigt die Sag6
von Heinrich dem Löwen. Wie jener nach seinem Streit mit Kaiser Otto unter-
nimmt auch der letztere nach seinem ersten großen Zerwürfnis mit Barbarossa
einen Zug ins Heilige Land und erlebt unterwegs die wunderbarsten Dinge. Dies6
Entsprechung ist kaum zufällig, hat doch der unbekannte Verfasser des Herzog
Ernst-Epos gleich dem Dichter des Rolandsliedes, dem Pfaffen Konrad, gleich
Eilhard von Oberg, Berthold von Holle und dem Autor des von Heinrich
dem Löwen persönlich angeregten „Lucidarius“ zu dem Kreise von Dichtern und
Gelehrten an dem glänzenden Hofe des großen Welfen zu Braunschweig gehört91)’
ein Umstand, der eine unmittelbare Befruchtung der Sage von der Spielmanns-
dichtung her wahrscheinlich macht. Engels lag eine neuere Ausgabe vor, die er als
ein Musterexemplar pseudowissenschaftlicher Behandlung charakterisiert. Di6
Sage ist von einem biederen ,guelfischenc Untertanen, einem Pfarrer oder Schul-
meister, ganz im Sinne des feudalabsolutistischen Bündnisses zwischen ,Thron
und Altar£ zugestutzt worden; im übrigen kommt sie unter den beigegebenen An-
hängseln völlig zum Verschwinden: Einer Genealogie des Braunschweigischen
Hauses, einer geschichtlichen Biographie des Herzogs, den Geschichten vom Sklaven
Andronicus und von Gottfried von Bouillon mit ihren Parallelen des LöwenmotivS
und, zu allem Überfluß, einer modernen romantischen Versifizierung der Volkssag6'
Engels’ Haupteinwand jedoch gegen diese Aufmachung ist der des Provinzialismus
eines duodezstaatlichen, dynastisch orientierten sogenannten „Patriotismus“ ^
majorem gloriam Serenissimi: „Was geht den Schwaben die braunschweigisch6
89) Mackensen, „Dt. Volksbücher“, S. 36 u. 39.
90) Dt. Lit. i. Entwickle Reihen, Reihe 12, Bd. 1, ed. Heinz Kindermann, Leipz1^
1928, S. XHIf.
91) Karl Bartsch, „Herzog Ernst“, Wien 1869, u.L. Jordan, „Quellen u. Kompositi0*1
von Herzog Ernst“. Archiv f. d. Studium d. neueren Sprachen u.Lit., Bd. 112, Braunsch^1
1904, S. 328ff.
Engels und die deutschen Volksbücher
95
Geschichte an?“ Gegen diese rückständige partikularistische Ideologie setzt er
sein Bekenntnis zu der großen zeitgenössischen Forderung der Herbeiführung der
gesamtdeutschen Einheit. Engels, der unter anderem IMMERMANN und FREI-
LIGrath gerade auch deshalb so positiv bewertete, weil er in ihnen den für die
Entwicklung der deutschen Nationalkultur bedeutsamen „vermittelnden Übergang
v°n der provinziellen zur gemeinsam deutschen Literatur erblickte9"), gesellte
sich hier zu Heinrich Heine, der seinerseits in jenen Jahren diesen politisch-
nationalen Kampf, gleichfalls auf literarischem Felde, gegen die altständische Be-
schränktheit der Schwäbischen Schule führte.
Ünter den Büchern, welche die Liebe feiern, gibt Engels der „Magelone eien
Vorzug; mit Recht, wie wir meinen, weil kein zweites Werk seiner Art so wahr
empfundene Töne bei der Darstellung der Beziehung der Geschlechter zueinander
gefunden hat wie dieses, das Lutz MACKENSEN übrigens sehr glücklich als „ein
frisches, zarteres Gegenstück zu den männlichen Haimonskindern bezeichnet
hat93). Von dem volkstümlichen Wert des Volksbuches vonTristan undlsolde unter
besonderen Bedingungen der dreißiger Jahre hingegen hegt Engels nur eine
geringe Meinung, ohne deshalb die poetischen Qualitäten der Dichtung zu ver-
kennen. Diese Einschätzung hängt mit seinem schon oben besprochenen, ja nicht
Unbegründeten Urteil über das mangelhafte Fassungsvermögen und die ebenfalls
n°ch unentwickelte Moralität der unteren Schichten zusammen94)- Engels sieht
selbstverständlich, daß sich an das alte Thema zwanglos die höchst aktuelle Frage
^er Frauenemanzipation seiner eigenen Zeit anknüpfen läßt; indessen bezweifelt
er> daß der ungebildete Leser diese Beziehung selbständig werde herstellen können
ünd befürchtet ein schlimmes Mißverständnis der Fabel im Sinne einer Ent-
schuldigung des Ehebruchs. Daß Engels’ Vorbehalt nur rein volkspädagogische
Gründe hatte und keinesfalls einer skrupelhaften Prüderie entstammte, belegen u. a.
Sein Entzücken an der „süßen Reflektion über die Liebe“ im „Tristan GOTT-
RRIEds von Strassburg und die ingrimmigen Worte über das Muckertum der
Ictisten in seiner Vaterstadt: „Im Hohen Liede steht: wie süß bist du, Liebe in
°Hüsten; aber freilich schimpft man jetzt auf alles Verteidigen der Sinnlichkeit
tr°t2 David und Salomo und Gott weiß wem. Über sowas kann ich mich entsetzlich
ärgern“95). Auch Engels bekennt sich zu der Devise von der ,,Emanzipation des
) ,.Immermanns .Memorabilien'“, MEGA S m
M) ¿~sen, „Dt. Volksbücher“, S. 73.
k öeutscM^^r, Ursache des sittl. Zustandes d. eben entstehenden proletarischen Klasse
Phrasenhaft/1 kere*ts l83Ö Georg Büchner — bei gleichzeitiger Entlarvung d.
üiann enthülü w araktefs d- bürgerl. Moral! — i. d. Gespräch zw. Woyzeck u. d. Haupt-
• • __-yy ' auptmann: „Er ist ein guter Mensch, aber, Woyzeck, Er hat keine Moral!
^ehen Sie J^ZeC " ^Ierr Hauptmann, die Tugend . . . ich habs noch nicht so aus!
"^ber wenn i Z ^.erilÜne Beut, das hat keine Tugend! Es kommt einem nur so die Natur!
y?rnehm redC ein,blerr wär und hätt einen Hut und eine Uhr und eine anglaise und könnt
Eerr Haunt en> 1Ck W°1E schon tugendhaft sein. Es muß was Schönes sein um die Tugend,
°‘ J*. S T; ^nann> aber ich bin ein armer Kerl.“ Werke, ed. Fr. Bergemann, Leipzig
®5) 45 t.
n d- Br. Graeber, 19. 2. bzw. 30. 4. 1839, MEGA S. 518 u. 501.
96
Günther Voigt
Fleisches“, die HEINE von dem saint-simonistischen Frankreich herüber in die
deutsche Literatur geschleudert hatte und die, nach GUTZKOWS Worten, nicht
anders verstanden sein wollte denn „als Wiedereinsetzung des Natürlichen“, als
sinnvolle Anpassung der gesellschaftlichen Verhältnisse an die Gesetze der Natur96).
Engels’ vollen Beifall haben, wie nicht anders zu erwarten, die Bücher des Volks-
witzes, Salomon und Morolf, Eulenspiegel, der Pfaff vom Kalenberg, die Schild-
bürger und die sieben Schwaben. Engels hat sich in diesem Falle mit einem all-
gemeinen Lobe begnügt; in der Tat war der so trefflichen Charakteristik des Morolf
und des Eulenspiegel durch GÖRRES kaum mehr etwas hinzuzufügen, und seine
bemerkenswert gesellschaftsbezogene Deutung mochte sinngemäß auch für die
anderen Werke dieses Genres gelten. Zu diesen Zeugnissen des Humors rechnet
Engels noch den Fortunat, und zweifellos ist die Figur des Andolosia ganz in eine
komische Atmosphäre getaucht. Aber ohnehin rücken der Eulenspiegel und die
Schildbürger mit dem Fortunat und diese drei wieder mit dem Faust zusammen,
indem in ihnen allen die unterdrückten Volksteile des dritten Standes — Bürger,
Landvolk und Intelligenz — ihre Verklärung fanden97). Was den Fortunat betrifft,
so hätte Engels auch die gemessene Sachlichkeit der Schilderung als Eigentümlich-
keit des Buches kennzeichnen können; sie hatte sogar auf einen A. W. SCHLEGEL
ihren Eindruck nicht verfehlt, der in seinen Berliner Vorlesungen über Literatur
und Kunst bewundernd auf die Folgerichtigkeit hinwies, mit welcher hier „der
Realismus durchgeführt ist, so daß auch nicht ein einziges sentimentales, sittliches,
religiöses oder überhaupt ideales Motiv in den Gang der Geschichte eingreift“98).
Dieser früheste deutsche Roman aus der Welt des großen Handelsherrn erzählt den
durch Umstände und Charaktere bedingten Auf- und Abstieg einer Bürgerfamilie
in zwei Generationen schon ganz so (wenn natürlich auch mit noch unentwickelter
Kunst), wie ihn der späte Nachfahr mit der vollendeten Meisterschaft traditions-
gesättigter moderner Darstellungsweise genau vierhundert Jahre hernach am Aus-
gang der bürgerlichen Ära im Schicksal seiner Buddenbrooks noch einmal ver-
gegenwärtigt hat. Ein unbemittelter Bürger ist reich geworden und gewinnt durch
seinen Reichtum Einfluß und Ansehen; dann büßen die Erben alles wieder ein:
Das ist in beiden Fällen die einfache, aber höchst lebensnahe Fabel, die in Deutsch-
land, wie im Zeitalter des Imperialismus so auch in dem des Frühkapitalismus und
wiederum in demjenigen des beginnenden Industrialismus, als gesellschaftskritische
Schilderung für die bürgerliche Klasse so gut wie für die breiten, von einem höheren
Lebensstandard ausgeschlossenen Volksschichten ein unmittelbares Interesse be-
sitzen mußte.
Nirgends wird Engels’ Wiederaufnahme und Weiterbildung sowohl der alten
Volksüberlieferungen als auch der Tradition der deutschen Aufklärung so deutlich
wie in seinen Ausführungen zum Faust und zum ewigen Juden. Er bekennt sich
96) Gutzkow, „Rückblicke auf mein Leben“, Berlin 1875, S. 135f.
97) Mackensen, „Dt. Volksbücher“, S. 127.
98) A. W. Schlegels Vorlesungen, ed. Seuffert, Heilbronn 1881, S. 150. Zit. be1
Günther S. 39.
Engels und die deutschen Volksbücher
97
eut*g zu GOETHES Weltdichtung und der darin vorgetragenen Auffassung der
st£Ustldee; gleich dem Sturm und Drang zählt er die beiden Sagen „zu dem Tief-
» Was die Volkspoesie aller Völker aufweisen kann“ und stimmt mit dessen theo-
^schem und praktischem Standpunkt in der Frage der Volksbücher völlig überein:
e Slnd unerschöpflich, jede Zeit kann sie sich aneignen, ohne sie in ihrem Wesen
urnodeln“; er lehnt wie die Generation von 1770 die von der katholischen und
0 estantischen Orthodoxie unter Verfälschung des echten ursprünglichen Gehalts
1 re kirchlichen Zwecke zurechtgemachten Fassungen ab: „Nicht nur sind diese
en Bücher unfähig, einen poetischen Genuß zu bieten, sie müssen in der gegen-
p rtlSeo Gestalt den alten Aberglauben wieder befestigen und erneuern . . .
^aust gilt für einen ganz gewöhnlichen Hexenmeister und Ahasver für den größten
gewicht außer Judas Ischariot.“ Aufs neue erhebt er deshalb die in eine Frage
eiC*ete Forderung: „Sollte es nicht möglich sein, diese beiden Sagen dem deut-
en Volke zu retten, sie in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder herzustellen
ihr Wesen so klar auszudrücken, daß auch dem Ungebildeteren der tiefe Sinn
üe * Sanz unverständlich ist?“ Ja, er war sogar willens, diese Forderung in einer
^en Bedingungen des Vormärz gemäßen Weise durch eigene dichterische Bear-
li uUn§ Zu füllen. Am 13. November 1839, a^so den Tagen der Veröffent-
Ung seines Aufsatzes, schreibt er an WILHELM GRAEBER: „Ein großartiger
q . 5 Segen den alle meine bisherigen nur Kindereien sind, ringt sich in meinem
rn^te empor. Ich will in einer , Märchen-Novelle' oder einem derartigen Ding die
jcp ernen Ahnungen, die sich im Mittelalter zeigten, zur Anschauung bringen,
Will die Geister aufwecken, die unter der harten Erdrinde nach Erlösung
p ten, vergraben unter den Fundamenten der Kirchen und Verließe. . . Da ist
fr * aa lst der ewige Jude, da ist der wilde Jäger, drei Typen der geahnten Geistes-
set eit’- *n eine Verbindung und eine Beziehung zu Johann Huss zu
Und n Sln<^‘ ^elch ein poetischer Hintergrund, vor dem diese drei Dämonen schalten
Walten, ist mir da gegeben“99)!
llae Wee, den Dr. Faust, den ewigen Juden und den wilden Jäger miteinander
Ket a 6 sckBeßlich wieder mit der geschichtlichen Erscheinung des großen
Vis' 6rS 2U verkmden, hatte nicht nur den Charakter einer großartigen poetischen
ent °n> *n etwa (aB Konzeption) den in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre
t . denen rhaosodischen Versenen Ntt^ht attc; Tttwatts? Am Faust“, dem
T u —rhapsodischen Versepen Nikolaus Lenaus: dem
die° rfnnes ^iska“ und den „Albigensern*
edeutung der gedanklichen Vorwegnahme der nur zwei Jahre später, 1841,
entsprach, — und gewissermaßen auch
durch H;rg Qer £eüanlcllcJ:ien Vorwegnahme der nur zwei Jahre später, 1841,
heidnisch V°ll2°Senen unvergieicBlichen Beschwörung des elementarisch-
die einer A* • aCchantenzuges der wilden Jagd in dessen „Atta Troll“ besaß sowie
Von I8 ntl21Pation der Szene in Levin SchÜCKINGS Roman „Der Bauernfürst“
einer Auasl^ C^C J^^lasver’ den wilden Jäger und den fliegenden Holländer in
Sachücheö 1 Ur^Cr SeBenke zusammenführt; sondern diese Idee hatte auch ihre
Selbst • Urck die überlieferte innere Verwandtschaft der drei Sagengestalten
Egte Berechtigung. Noch am Ende des 19. und am Beginn des 20. Jahr-
9) Mega s.
Volkskunde
548.
/
98
Günther Voigt
hunderts hat man wiederholt von fortschrittlicher wissenschaftlicher Seite zumal auf
den Zusammenhang zwischen dem ewigen Juden und dem wilden Jäger (bzw. derfl
altgermanischen Gotte Wodan!) hingewiesen, so KARL Blind in der Untersuchung
„Wodan, der Wilde Jäger und der Wandernde Ahasver“100) und CONRAD ThueM'
MEL in seinem Aufsatz „Mittelalterliche Volkssagen als Ausdruck religiös-politische1
Kämpfe“100 ); der letztere erklärt überdies die im Volke verbreitete Gleichsetzung
des ewigen Juden mit dem wilden Jäger einleuchtend als Wiederumwertung eine1
früheren bewußten kirchlichen Verschmelzung der Wodansage mit der von Mön-
chen ursprünglich aus biblischen Elementen entwickelten Ahasverlegende. Zweifel-
los geistlicher Herkunft ist z. B. die folgende von Werner ZiRUS beigebrachte
Analogiebildung: Der wilde Jäger habe sich seine Verdammnis dadurch zugezogen,
daß er den Heiland, der ihn um einen Trunk bat, auf das Regenwasser in der Hufspur
seines Pferdes verwies101); umgekehrt macht derselbe Forscher darauf aufmerksam,
daß das Titelkupfer des 2. Bandes der Stuttgarter Ausgabe von SCHUBARTS Ge-
dichten von 1786, der u. a. die auf den Absolutismus Karl Eugens von Württemberg
gemünzte anklägerische Rhapsodie „Ahasver“ enthielt, den ewigen Juden darstell1
eben mit den unverkennbaren Zügen „eines germanischen Typs wie Wodan oder
Donar“102).
Die Verknüpfung mit dem Ketzerthema war wie für den Faust so auch für deü
Ahasver schon in der Aufklärung vollzogen worden. GOETHE verdankte den PlaU
seines „Fetzen vom ewigen Juden“ (1774) dem Studium von ARNOLDS kritischer
Kirchengeschichte; ein Hauptstück der Fragment gebliebenen Dichtung sollte,
wie wir aus „Dichtung und Wahrheit“ wissen103), ein Besuch Ahasvers bei Spinoz^
bilden; damit würde sich auch dieses Werk zu den bekannten Zeugnissen der
frühen pantheistischen Weltauffassung Goethes: seiner Straßburger Naturlyrik104),
dem „Werther“, dem „Urfaust“ und dem „Prometheus“ gesellt haben. Als Freigeis1
erscheint Ahasver weiter 1777 in den „Mémoires du Juif errant“ in der (u. a. voO
WIELAND so eifrig ausgebeuteten) Bibliothèque universelle des Romans und in
W. Fr. HELLERS „Briefen des ewigen Juden über die merkwürdigsten Begebefl'
heiten seiner Zeit“, 1791105). In SCHUBARTS 1783 auf dem Hohenasperg im Kerker
10°) In: DA. Revue 4. Jg. 1880, 4. Bd., S. 1940'.
100a) In: „Sammlg. gemeinverständl. wissenschaftl. Vorträge“, ed. Rudolf VirchoW
N. F. XIII, Hamburg 1898, S. 185fr.
101) Der ewige Jude i. d. Dichtung, vornehml. i. d. engl. u. dt., Palaestra 162 (1928), S. 36-
102) Ebd. S. 81.
103) Dichtung u. Wahrheit IV, 16. B., W. A. I, 29, S. nf. (Das Bruchstück wurde übri-
gens erst 1836 gedruckt!)
104) Vgl. Heines Wort über Goethes Lieder in seiner „Geschichte d. Religion u'
Philosophie in Deutschland“, 3. B. Paris 1834: „Aber am reinsten und lieblichsten be-
urkundet sich dieser goethesche Pantheismus in seinen kleinen Liedern. Die Lehre des
Spinoza hat sich aus der mathematischen Hülle entpuppt und umflattert uns als goethesches
Lied.“ Werke, ed. Elster (1890), Bd. IV, S. 274.
i°5) w. ZiRUS, „Ahasverus, der ewige Jude“. In: Stoff- und Motivgeschichte der deutsch-
Literatur, Bd. 6, Berlin 1930, S. 10. (Auch i. Folgenden bin ich dieser verdienstvoller1
Stoffsammlung verpflichtet.)
Engels und die deutschen Volksbücher
99
^er faß ter (bruchstückhaften) Rhapsodie zeigt Ahasver ein unmittelbar faustisches
Präge: Er hätte in dem ausgeführten Gedicht wie der Teufelsbündler alle Höhen
Und Tiefen des Daseins, vor allem auch die ganze Menschheitsgeschichte selber
Grund aus erleben und erfahren und sich damit zum Träger voller und wahrer
umanität entwickeln sollen. Umgekehrt hat die Romantik in der Auffassung des
^gen Juden ihre reaktionäre Tendenz nicht verleugnet. A. W. SCHLEGELS
°manze „Die Warnung“ (1802) behandelte ihn als — Mahner zur Frömmigkeit!
RRES sekundierte dieser Darstellung in seinen „Teutschen Volksbüchern“:
? 111 Ganzen ist nur die Idee (des Volksbuches) poetisch-brauchbar und auch von
Schlegel in der Romanze trefflich benutzt, das Geschreibe selbst aber ohne
.^n Wert und Zweck106).“ Arnim schloß sich an, indem er 1809 in seinem Drama
’’ alle und Jerusalem“ Ahasver als reuigen Sünder vorführte, der zur Entsagung
■p ,ruW fromme Werke verrichtet und in einer Wallfahrt zum heiligen Grabe
osung findet. — In die Bahn der Aufklärung lenkte zuerst der revolutionäre
^ 'Lley wieder ein. In seiner 1813 als Privatdruck (!) publizierten „Queen Mab“, —
er Dichtung, welcher als Motto VOLTAIRES „Écrasez l’infame!“ vorangesetzt
o eitle Übersetzung von ScHUBARTS Rhapsodie sowie ein Wiederabdruck von
die LLEYs Üssay „Necessity of Atheism“ von 1811 beigegeben war, — hat Ahasver
le Rolle des Prometheus und des Faust übernommen.
Deutschland des Vormärz führten u. a. BERTHOLD AUERBACH und der
Veit V°n Shelley und HEGEL beeinflußte Julius Mosen das Ketzermotiv
er' jener in seinem Spinoza-Roman (1837), in welchem er GOETHES Idee
ausfüb -------- ~ ------------------— ‘
^ orte und Ahasver den großen Denker als Befreier der Menschheit mit
disse
einem
segnen läßt, dieser in seinem Terzinenepos (1838), das Engels als dichterisc
Rücl Veitanschaulich gleich bedeutende zeitgenössische deutsche Behandlung es
^egenstandes sehr wohl zu würdigen wußte107). Ein besonders bezeichnendes
eispiel für das vor und während der Revolution in fortscnrittlichen Kreisen
^leder so überaus lebendige Bewußtsein von der aufklärerischen Fassung der Sage
^ eiri im Jahre 1849 in Reutlingen im Verein mit SCHUBARTS Gedicht veranstalteter
Neudruck des Volksbuches. — Doch wurde jetzt, unter den modernen Zeitver-
ältnissen, die alte Sagengestalt noch über die Thematik der religiösen Emanzipation
j!nd des Humanitätsgedankens hinaus durch neue aktuelle Züge bereichert. Bereits
^RLley hatte 1822 in seinem den „Persern“
Xyri irarre 1822 in seinem den „Persern“ des ÄSCHYLOS nachgebildeten
^eitsk 611 ^rama »Hellas“ Ahasver als Parteigänger der Griechen in ihrem Frei-
en Segen die türkische Fremdherrschaft auftreten lassen; furchtlos weist
dkerleo.en esPotlschen Sultan Mahmud in seine Schranken, ein uralter, abgeklärter,
detVonper ^e^ser von mythischer Majestät. In ähnlich politischer Form faßte
hoch n^C^S his 18 3 9 so hoch — wie er dann erkannte108): (wenigstens als Dichter)
die Volpsu e*n§eschätzte Karl Beck, der BÖRNES Gedanken in Verse umgoß,
^^^^^uchgestalt; in der Maske Ahasvers besang er in seiner Phantasie „An
r'hCKENSENS Ausgabe S. zot.
7* ö ’>Karl Beck“, MEGA S. 57ff.
Inst. f. dt. Volkskunde
100
Günther Voigt
Poniatowkis Grabe“ in der seinerzeit Aufsehen erregenden Sammlung „Nächte-
Gepanzerte Lieder“ (1838) die verfemte Freiheit. Die literarischen Repräsentanten
der Reaktion verfehlten nicht, solchen Deutungen entgegenzutreten, so z. B. de*
Münchner Prediger und Professor KARL ANTON HoRTIG109) (mit Schriftsteller
namen „NARISCUS“) mit seiner 1819 in der „Aurora“ veröffentlichten Parodiß
„Der ewige Jude“; hier wurden die Fahnenworte des Liberalismus von der Volks-
Souveränität, Publizität und Pressefreiheit durch Umfälschung der Ahasvergestalt in
einen entwurzelten Kosmopoliten und bedenkenlosen Opportunisten in niederträch-
tiger Weise denunziert: „Fortschreiten ist und bleibt mein Geschäft; wohin? darauf
kommt’s nicht an.“ Der Berliner wirkliche Oberkonsistorialrat und vortragend6
Rat im Preußischen Kultusministerium Franz Theremin110) bekämpfte i*1
seiner „Legende vom ewigen Juden“ (1835) vor allem Hegel und seine Schule?
ihm ist Ahasver ein sophistischer Dialektiker, der die Heilswahrheiten der Religio*1
und die idealen Spekulationen der Metaphysik zynisch in den Schmutz zieht.
Doch derartigen Entstellungen zum Trotz sollte sich das Gleichnis eines ewig
unbehausten, ewig gehetzten Menschentums aus den neu entstandenen gesell'
schaftlichen Problemen des 19. Jahrhunderts heraus noch einer weiteren zutief5*
humanistischen Sinngebung fähig erweisen. Schon in GOETHES Figur des ewige*1
Juden dürfte das Moment auch einer sozialen Bezogenheit auf die Lage der untere*1
Stände im Falle der Vollendung des Werkes zur Geltung gekommen sein. Darauf
deutet vor allem die Tatsache hin, daß dem Dichter zu seinem Helden außer de*
überlieferten Gestalt des Volksbuches auch ein für das „enge, arme, mühselig6
Leben“ des kleinen Mannes besonders typischer Zeitgenosse unmittelbar Modell
stand, jener sektiererische, in ARNOLDS Kirchen- und Ketzerhistorie wohlbewandert6
Schuster in Dresden, den der Leipziger Student seiner Originalität halber eigen5
im Jahre 1768 aufsuchte. Nicht allein ein antikirchliches Widerbellertum, sonder*1
auch unverkennbare soziale Ranküne spricht aus den Worten, mit denen er seine*1
Gast empfing: „Es scheint, daß Ihre Absicht ist, eine fröhliche Botschaft den Arme*1
und Niedrigen zu verkündigen; das ist schön, und diese Nachahmung des Herrn i5*
löblich; Sie sollten aber dabei bedenken, daß er lieber bei wohlhabenden und reiche*1
Leuten zu Tische saß, wo es gut herging, und daß er selbst den Wohlgeruch de5
Balsams nicht verschmähte, wovon Sie wohl bei mir das Gegenteil finden könnten111)-
Ob sich Goethes Freund auch selber mit seinem vermaledeiten Jerusalem^
Zunftbruder verglichen hat, wie es dann hundert Jahre später ihrer beider Beruf5'
und Schicksalsgenosse in Devonshire tat, von dem WILLIAM HENDERSON i879
in seinen „Notes on the Folk-Lore of the Northerm Countries of England and th6
Borders“ berichtete? Dieser wegen seiner Grobheit von einer Kundin zur Red6
gestellte arme Flickschuster rechtfertigte sich nämlich unter ausdrücklicher ß6'
rufung auf Ahasver: „Dont’ee be hard on me. We shoemakers are a poor slobberi*1^
109) ADB Bd. 50 u. Kosch, Lit.-Lex., Bd. I (1928).
110) ADB Bd. 37.
m) Dichtung u. Wahrheit II, 8. B., W. A. I, 27, S. 167ff.
Engels und die deutschen Volksbücher
101
race and so have been ever since the curse that Jesus Christ laid on us ). Das letzte
2eugnis zumindest beweist, daß in den unteren Volksschichten nicht nur bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts eine - für Deutschland u. a. auch von PROHLE be-
ugte118) _ iebendige Vorstellung von der Bedeutung Ahasvers bestand, sondern
daß dieseauch keineswegs die Verwandtschaft ihrer eigenen Misere mit derjenigen des
^glücklichen Weltwanderers verkannten und sich geradezu mit ihm identifizierten
Was dem Volke solchermaßen selbst schon immer mehr oder weniger dunkel
bewußt war, das wurde nun in den vierziger und fünfziger Jahren von der Schrift-
stellerwelt für die poetische Gestaltung entdeckt, zunächst in Frankreich, wo der
gegenüber Deutschland fortgeschrittenere ökonomische und soziale Prozeß mit
seiner immer deutlicher hervortretenden fragwürdigen Kehrseite der kapitalistischen
Wirtschaftsweise die bedeutende gesellschaftskritisch fundierte Romanliteratur
der Balzac, Georg Sand, Victor Hugo u. a. zeitigte. 1844 machte Eugene
Süe „Le juif errant“ in seinem breit angelegten zehnbändigen Roman zum Ver-
treter der unterdrückten jungen proletarischen Klasse: Hier hält Ahasver dem
s^fzenden Heiland verächtlich seine eigenen Leiden im Frondienst der oberen
^rände entgegen. In Deutschland eröffneten nach BÜCHNERS Vorläufertum Weerth,
Willkomm, Prutz und Hackländer die Ära der Schilderungen aus dem Le en
des Proletariats; ihnen reihte sich 1863 C. J. DlEPENBROCK^) an^der dem
eispiel Eugene Sues folgend, im Epilog seines Schauspiels „Germania asver
als Ankläger nicht nur des Gottesgnadentums der Krone, sondern auch der kapitali-
stischen Ausbeutergesellschaft auftreten und durch seinen Mund zugleich Christus
als einen frühen Kommunisten charakterisieren läßt, den die herrschenden Mächte
auch in der Gegenwart nicht anders verfolgen würden wie seinerzeit die Pharisäer
Jerusalems. Hatte die Faustgestalt dem deutschen Bürgertum in seiner revolutio-
nären Epoche für die Verkörperung seiner großen liberalen Ideen und Bestrebungen
ein einzigartiges Sinnbild geliehen, so hatte nun das Proletariat in dem Ahasver-
Mythos für seine Kämpfe und Ziele aus der gleichen unerschöpflichen Quelle der
eutschen Volkspoesie ein ebenso großartiges Symbol empfangen.
pür Engels lag diese letzte, tiefste Deutung des ewigen Juden 1839 noch außerhalb
Äs Bereichs des Möglichen. Er ist für ihn damals, genau so wie für SHELLEY o er
°SEN, von deren Dichtungen seine Auffassung weitgehend abhängig war, er
^kämpfer der Freiheit wesentlich im liberalen, konstitutionellen Sinne, ein-
j^üheßlich der religiösen Emanzipation. Als solchen würde er ihn in seiner ge-
ßab^611 ^OVeBe im Verein mit Faust, dem ewigen Juden und Huß dargestellt
lks
auch
- — ' “““ J —-----------------O —
v°lkh" ^er ■dLUsEEirung dieser Idee hätte er seine Untersuchung über die
auri,S- ^cper auf die glücklichste Weise ergänzt und gekrönt. Dennoch hat er uns
ln dieser Beziehung nicht völlig leer ausgehen lassen. Im Dezember 1840
U3\ i*- ßei Zirus, Der ewige Jude i. d. Dichtung, S. 81.
U4\ „ t* sagen‘
U4\ A - ““geil , 1003, Ö. 109 u. 232. J ViYrhl Auf-
fassunrUder des Kardinals Melchior D.; im Gegensatz zu dessen orthodox-* ^ ^
Tciin Pn vertrat er die modernen demokrat. Anschauungen; gleich Fr. 8
am bad. Aufstand von 1849. Vgl. W. Kosen, Dt. Lit.-Lex., 2. A., Bd. 1, Hern
102
Günther Voigt
veröffentlichte er im Stuttgarter „Morgenblatt“ anonijm eine „Volkssage“, „Def
Ratsherr von Bremen“ betitelt115). Engels gibt an, die Fabel aus einem 1789 g£'
druckten Büchlein entnommen zu haben: An einem schönen Sommerabend des
Jahres 1749 wird der Ratsherr von einem Unbekannten mitten aus dem Kreise
seiner Familie abgerufen und weit außerhalb der Stadt in ein altes, ruinenhaftes
Schloß geführt. Dort wohnt er unbemerkt der eigenartigen, gespensterhaftefl
Soirée einer adligen Gesellschaft bei; mit Grauen erblickt er am Halse jedes einzelnen
Teilnehmers eine feine rote Linie; nachdem er dann an der Wand des Saales noch
die in großen Lettern eingelassene Jahreszahl 1789 gelesen, geleitet ihn sein ufl'
heimlicher Führer wieder hinaus ins Freie. Bei seiner Heimkehr muß er erfahren)
daß inzwischen 3 Jahre vergingen und daß seine Mitbürger ihn längst für tot
erachteten. Was Engels an diesem Thema gereizt hat, war sicherlich das beziehungS'
volle Spiel mit den Zahlen 1749 und 1789. Auch in dieser Sage „waltet die Stimmung)
in der er sich, von den Gedanken an die nahende Revolution ganz erfüllt, selbst
berufen fühlt zu den Siegfried-Taten, die für die Söhne des 19. Jahrhunderts voi'
behalten sind116).“ Im übrigen handelt es sich — noch einmal — um die Vorweg'
nähme einer poetischen Idee HEINES, der in dem Gedicht „Maria Antoinette
(im „Romanzero“, 1851) den gleichen Totentanzspuk der Gesellschaft des Anciei1
régime inszeniert hat117).
Die Saat von Engels Aufsatz über die Volksbücher sollte noch in hundert Jahreö
nicht aufgehen. Das lag natürlich teilweise daran, daß die zunächst für den Tag
bestimmte Arbeit des unbekannten „Friedrich Oswald“ zusammen mit der Presse
des Jungen Deutschland der Vergessenheit anheimgefallen war. Aber auch nach
1914, als durch GUSTAV Mayer Engels’ Autorschaft an dem Aufsatz nachgewieseU)
und nach 1920, als er diesen selbst in den „Frühschriften“ neu publiziert hattß)
sollte ihm die deutsche Fachwissenschaft keine Beachtung schenken. Viele möge*1
auch den Beitrag von „kommunistischer“ Seite bewußt ignoriert haben. Bis zutf1
Ende des 19. Jahrhunderts allerdings wurde noch weiterhin hie und da die auf'
klärerisch-frühliberale Auffassung von den Volksbüchern vertreten, z. B. von de#1
oben erwähnten C. Thuemmel, einem Mitglied der seit 1867 so stark dezimierte*1
alten Fortschrittspartei, die aber auch im Bismarckreich noch immer tapfer die
Ideale von 48 vertrat. Auch die große editionstechnische und methodische Traditio11
der BRÜDER Grimm und ihrer Schule hat sich in der philologischen Akrib*6
lebendig erhalten, mit der die jüngeren deutschen Germanistengenerationen &c
Neudrucke der alten Quellen veranstalteten. Echt GRIMMsches Gepräge trüge11
gleichfalls die gediegenen, schönen, auch im ganzen volkstümlichen Erneuerungei1’
die RICHARD Benz mit feinem Gefühl für die sprachlichen Qualitäten dei
Originale vor und nach dem ersten Weltkrieg im Verlage von Eugen Diedericb5
in Jena herausbrachte, wennschon der von ihm eingenommene theoretisch
Standpunkt in der Volksbuchfrage118) durchaus neuromantisch und Wissenschaft!^
115) MEGA S. 132ff.
116) MEGA S. XXXVII.
117) Werke, ed. Elster (1890), Bd. I, S. 343.fr.
118) Die dt. Volksb. Ein Beitrag z. Gesch. d. dt. Dichtung. Jena 1913.
Engels und die deutschen Volksbücher
103
für 1 an^ecBt;kar war, wie LlEPE aufzeigte119). Die letzte größere, im wesentlichen
die Wlssenschafdiche Zwecke gedachte Sammlung der deutschen Volksbücher ist
Lit lm BaBmen der von Heinz Kindermann herausgegebenen „Deutschen
sei^ratUr *n Entwicklungsreihen120)“. Die Einleitungen, teils von KINDERMANN
st, teils von seinem Schüler Franz PODLEISZEK121) verfaßt, geben manchen
en Hinweis auch auf die sozialen Probleme in den Volksbüchern; der getroffenen
bzw. der Art der Zusammenstellung wird man allerdings von Engels’
hie enntnisse« Ber nicht immer zustimmen können, und leider spukt am Rande auch
er verhängnisvolle Theorie HANS NAUMANNS vom „gesunkenen Kulturgut“.
Her Hinweis schon auf nur einige unserer Volksbücher — in Erinnerung an
videre früheren Ausführungen — genügt, Naumanns abwegige Hypothese zu
erlegeru ^as j-,ewejsen denn z> ß4 der Eulenspiegel und der Fortunat? Die
P §^eit des Volkes zu selbständiger, schöpferischer, hochwertiger künstlerischer
Ortung' Und was die Haimonskinder? Die Aneignung zwar von Kulturgut der
ga^erschicht, in diesem Falle des Rittertums, das aber doch gleichzeitig mit einem
ü neuen, nämlich nunmehr bürgerlichen Geiste erfüllt und auf diese Art völlig
ihre W^’ Uaust wiederum gehört zu jenen Volkssagen, die, eben wegen
ra^ revolutionären Sprengwirkung, von der herrschenden Klasse mittels einer
q merten Manipulation ihres ursprünglichen Sinnes entkleidet und ins genaue
su bente^ verdreht wurden: Der kühne Forscher und Wahrheitssucher wird zum
re tGn Betrügef und Bösewicht. In anderen derartigen Fällen zogen die regie-
^ Kreise unter Umständen auch die unmittelbare Unterdrückung vor: So
jnde e ^er Eulenspiegel bezeichnenderweise schon im 16. Jahrhundert auf den
V0j^X gesetzt122)! Ahasver schließlich ist umgekehrt ein Beispiel dafür, wie das
^är ,S^lnerseits eln Produkt der Oberschicht mit ganz bestimmter (meist reaktio-
Zu ■ enc^enz dann für sich selbst in Anspruch nimmt, wenn es darin einen Ansatz
v0n 1^er fortschrittlichen Aus- und Umgestaltung erkennt. Die Originalschrift
dem ri °2 *St namBcK wie Arno Schmidt nachgewiesen hat, von einem Theologen,
V0n annaBgen Rektor der Danziger Pfarrschule, in geschickter Nachahmung des
eifrj S ,UchstiIs als bewußte Zweckdichtung im Dienste der im 17. Jahrhundert
Jsge^ etriebenen lutherischen Mission unter den Juden verfaßt123)! Nicht um
AÜS(jt.n "enes Kulturgut“ handelt es sich in all diesen Fällen, sondern um einen
Iq ruck der geschichtlichen Tatsache von den Gegensätzen in der jeweiligen
ist eineR^eSe^SC^la^t‘ die Kunst, und in ihrem Bereich wieder die Dichtung,
arnpffeld dieser Gegensätze in der spezifischen Form sich widersprechender,
Ü9\ .
' A- a. O. S. 66 f.
) В ’ Vi
I. Volk vf Cr Slnd von geplanten 8 Bänden, soweit ich sehe, nur die folgenden erschienen:
fänge d ' кОГП sterbenden Rittertum; II. Volksb. von Weltweite u. Abenteuerlust; VII. An-
121^ yCS bürgerlichen Prosaromans in Deutschland.
zeit 1 H0l].ihm auch eine Wiener Diss. „Die Kulturentwicklung vom Mittelalter zur Neu-
i22\ л* t- Volksb.“, 1929 (mir nicht zugänglich).
> Mackensen
12,\ ---“E.«S1£N „Dt. Volksb.“, S. 38. . J.oDor-rio
Jg a Uas Volksb. V. Ew. Juden, Dartzig 1927. In: Heimatbl. d. Dt. Heimat un
’ ‘3- — Auch separat als Beiheft der Zs.
104
Anhang
nämlich einerseits progressiver, anderseits reaktionärer Ideologien. Gerade das "
im einzelnen zweifellos sehr differenzierte — Phänomen der deutschen Volksbücher
spiegelt diese gesellschaftliche Realität besonders deutlich wider. Es kann keifle
Frage sein, für welche der jeweils möglichen Auslegungen der Volksbücher wR
uns heute entscheiden sollten: Diese Entscheidung, eine Entscheidung im echt
humanistischen und demokratischen Sinne, ist uns durch unsere große fortschritt-
liche Überlieferung des 18. und 19. Jahrhunderts, durch Goethes „Faust“, JACOB
Grimms „Deutsche Mythologie“, Heines „Elementargeister“ und nicht zuletzt
durch Engels' wegweisenden Aufsatz vorgezeichnet.
Friedrich Engels, Die deutschen Volksbücher (1839)
Ist es nicht ein großes Lob für ein Buch, wenn es ein Volksbuch, ein deutsches Volks-
buch ist? Aber darum dürfen wir auch Großes von einem solchen Buche verlangen, darutf1
muß es allen vernünftigen Ansprüchen genügen und von jeder Seite in seinem Werte
unangreifbar sein. Das Volksbuch hat den Beruf, den Landmann, wenn er abends müde
von seinem harten Tagewerk zurückkehrt, zu erheitern, zu beleben, zu ergötzen, ihn seine1
Mühen vergessen zu machen, sein steiniges Feld in einen duftigen Rosengarten urnzuwä*1'
dein; es hat den Beruf, dem Handwerker seine Werkstatt, dem geplagten Lehr jungen seine
elende Dachkammer in eine Welt der Poesie, in einen goldenen Palast umzuzaubern utw
ihm sein handfestes Liebchen in Gestalt einer wunderschönen Prinzessin vorzuführen»
aber es hat auch den Beruf, neben der Bibel ihm sein sittliches Gefühl klarer zu machen, ihtf1
seine Kraft, sein Recht, seine Freiheit zum Bewußtsein zu bringen, seinen Mut, seine
Vaterlandsliebe zu wecken.
Sind also im allgemeinen die Anforderungen, die man, ohne ungerecht zu sein, an elJl
Volksbuch machen darf, reicher poetischer Inhalt, derber Witz, sittliche Reinheit und fü1
das deutsche Volksbuch kräftiger, biederer deutscher Geist, Eigenschaften, die zu jede1
Zeit sich gleichbleiben, so sind wir daneben auch berechtigt zu verlangen, daß das Volks'
buch seiner Zeit entspreche oder auf höre, Volksbuch zu sein. Sehen wir insbesondere <k6
Gegenwart an, das Ringen nach Freiheit, das alle ihre Erscheinungen hervorruft, den sid1
entwickelnden Konstitutionalismus, das Sträuben gegen den Druck der Aristokratie, de*1
Kampf des Gedankens mit dem Pietismus, der Heiterkeit mit den Resten düsterer Askese
so sehe ich nicht ein, inwiefern es Unrecht wäre zu verlangen, das Volksbuch solle hißl
dem Ungebildeteren zur Hand gehen, ihm, wenn auch natürlich nicht in unmittelbare1
Deduktion, die Wahrheit und Vernünftigkeit dieser Richtungen zeigen — aber auf keine*1
Fall die Duckmäuserei, das Kriechen vor dem Adel, den Pietismus befördern. Von selbst
versteht es sich aber, daß Gebräuche früherer Zeiten, deren Ausübung jetzt Unsinn odcl
gar Unrecht wäre, dem Volksbuche fremd bleiben müssen.
Nach diesen Grundsätzen dürfen und müssen wir auch diejenigen Bücher beurteil^’
die jetzt wirklich deutsche Volksbücher sind und gewöhnlich unter diesem Namen A1'
sammengefaßt werden. Sie sind teils Erzeugnisse der mittelalterlichen deutschen odei
romanischen Poesie, teils des Volksaberglaubens. Früher von den höhern Ständen ve1
achtet und verspottet, wurden sie von den Romantikern hervorgesucht, bearbeitet, r
gefeiert. Aber die Romantik sah nur auf den poetischen Gehalt, und wie unfähig sie
ihre Bedeutung als Volksbücher zu fassen, zeigt Görfes in seinem Werk darüber. P3
Görres überhaupt seine Urteile alle dichtet, hat er ja noch in der neuesten Zeit gezeigt
Doch beruht auf seinem Buche noch immer die gewöhnliche Ansicht über diese Büche1’
und Marbach beruft sich noch darauf bei der Ankündigung seiner Ausgabe. In der drcl
fachen neuen Bearbeitung dieser Bücher — durch Marbach in Prosa, durch SiMR°
Engels „Die deutschen Volksbücher“
105
eirie prosaische und poetische — von denen zwei wieder für das Volk bestimmt sind,
die Aufforderung gegeben, die Gegenstände dieser Bearbeitungen noc ma s ge
ln ihrem volkstümlichen Werte zu prüfen.
Das Urteil über den poetischen Wert dieser Bücher muß jedem einzelnen uberlassen
°leiben, solange die Poesie des Mittelalters überhaupt so sehr verschieden beurteilt wird,
daß sie aber wirklich echt poetisch sind, wird wohl keiner leugnen. Mögen sie also auch
aIs Volksbücher sich nicht legitimieren können, der poetische Gehalt soll ihnen unge-
schmälert bleiben, ja nach Schillers Worten:
Was unsterblich im Gesang soll leben,
Muß im Leben untergehn,
Möchte vielleicht mancher Dichter einen Beweggrund mehr finden, das, was sich als
Unhaltbar fürs Volk erweist, der Poesie durch Bearbeitung zu retten. — Zwischen denen
dieser Erzählungen, die deutschen, und denen, die romanischen Ursprungs sind, findet
sich ein sehr bezeichnender Unterschied; die deutschen, echte Volkssagen, stellen en
^ann handelnd in den Vordergrund; die romanischen heben das Weib, entweder geradezu
duldend (Genovefa) oder liebend, also auch passiv gegen die Leidenschaft, hervor. Nur
5*« sind ausgenommen: Die Haimonskinder und Fortunat, beide romanisch, aber auch
Volkssagen, während Oktavian, Melusine usw. Produkte der Hofpoesie und erst später
dufch prosaische Bearbeitung ins Volk übergegangen sind. — Von den komischen ist
auch nur eins nicht geradezu deutschen Ursprungs, Salomon und Morolf, während Eulen-
sPiegel, die Schildbürger usw. uns nicht streitig gemacht werden können.
Fassen wir die Gesamtheit dieser Bücher ins Auge und beurteilen wir sie nach den im
nfange ausgesprochenen Grundsätzen, so ist es klar, daß sie nur nach einer eite in
dlesen Ansprüchen genügen; sie haben Poesie und Witz in reichem Maße und in einer
*Uch dem Ungebildetsten im allgemeinen ganz verständlichen Form, nach der andern
beite hin aber genügt die Gesamtheit gar nicht, einzelne sprechen gerade das Gegenteil aus,
ar»dere genügen nur teilweise. Die besonderen Zwecke, die die Gegenwart von ihnen ver-
engen dürfte, gehen ihnen als Produkten des Mittelalters natürlich ganz ab. Trotz der
außeren Reichhaltigkeit dieses Literaturzweiges und trotz Tiecks und Görres’ Deklama-
fiotien lassen sie also noch sehr zu wünschen übrig; ob diese Lücke aber jemals auszu ü en
Sein wird, ist eine andere Frage, die ich mir nicht zu beantworten getraue.
Dm nun zu dem einzelnen überzugehen, so ist ohne Zweifel das wichtigste die esc ic e
V°mgehörnten Siegfried. — Das Buch laß ich mir gefallen; das ist eine Erzählung, die
)Vcnig zu wünschen übrig läßt, da ist die üppigste Poesie, bald mit der größten Naivität,
a'd mit dem schönsten humoristischen Pathos vorgetragen; da ist sprudelnder Witz wer
^ennt nicht die kostbare Episode vom Kampf der beiden Memmen? Da ist Charakter, ein
peckeU jugendlich-frischer Sinn, an dem sich jeder wandernde Handwerksbursche ein
xempel abnehmen kann, wenn er auch nicht mehr mit Drachen und Riesen zu kämp en
at> Und werden nur die Druckfehler verbessert, an denen besonders die mir vor legen e
VKolner) Ausgabe überaus reich ist, und die Interpunktion richtig gesetzt, so verschwinden
j'hwabs und Marbachs Überarbeitungen gegen diesen echten Volksstil. Das Volk hat sic
er auch dankbar dagegen bewiesen; keines dieser Bücher ist mir so häufig vorge omm
lc dieses. .
Herzog Heinrich der Löwe. — Von diesem Buche habe ich mir leider kein altes Fxemp
'-'‘schaffen können; die neuere, in Einbeck gedruckte Ausgabe scheint ganz an
alten getreten zu sein. Voran geht eine Genealogie des Braunschweigisc cn1 , *
C Fis zum Jahr 1735 geht, dann folgt die Biographie des Herzogs Heinrich na
flf'h*hte und darauf die Volkssage. Noch sind beigefügt eine Erzählung, die
. Von Bouillon dasselbe erzählt wie die Volkssage von Heinrich cm o > ,
Un ¡C^te Vom Sklaven Andronicus, welche einem palästinischen Abt Gerasimi . ,
Srr Schluß bedeutend verändert wird, und ein Gedicht aus der neueren • .
Chu e> dessen Verfasser mir nicht einfällt, in dem die Sage vom Löwen noch e
106
Anhang
zählt wird. So verschwindet die Sage, auf der doch das Volksbuch beruht, gänzlich unter
den Anhängseln, mit denen es die Freigebigkeit des weisen Herausgebers ausstattete. Die
Sage selbst ist sehr schön, aber das übrige kann nicht interessieren; was geht den Schwaben
die braunschweigische Geschichte an ? Und was soll die moderne, wortreiche Romanze
hinter dem einfachen Stil des Volksbuches? — Doch auch der ist fort; der geniale Be-
arbeiter, der mir ein Pfarrer oder Schulmeister aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts
zu sein scheint, schreibt folgendermaßen: ,,So war das Ziel der Reise erreicht, das heilige
Land lag vor Augen, der Boden wurde betreten, an den sich die bedeutendsten Erinnerungen
der religiösen Geschichte knüpfen! Die fromme Einfalt, die hieher verlangensvoll ge-
schaut hatte, ging hier über in inbrünstige Andacht, fand hier volle Befriedigung und war
die lebhafteste Freude in dem Herrn.“ — Man stelle die Sage in ihrer alten Sprache wieder
her, füge, um ein Buch voll zu machen, andre echte Volkssagen hinzu und sende sie so
unters Volk, so wird sie den poetischen Sinn wach halten; aber in dieser Gestalt ist sie
es nicht wert, unter dem Volke zu zirkulieren.
Herzog Ernst. — Der Verfasser dieses Buches ist kein besonderer Poet gewesen, indem
er alle poetischen Momente im orientalischen Märchen vorfand. Doch ist das Buch gut
geschrieben und sehr unterhaltend für das Volk; das ist aber auch alles. An die Wirklich-
keit der darin vorkommenden Phantasiegebilde wird doch kein Mensch mehr glauben;
man mag es darum unverändert in den Händen des Volkes lassen.
Ich komme jetzt zu zwei Sagen, die das deutsche Volk schuf und ausbildete, zu dem
Tiefsten, was die Volkspoesie aller Völker aufweisen kann. Ich meine die Sage von Faust
und vom ewigen Juden. Sie sind unerschöpflich, jede Zeit kann sie sich aneignen, ohne sie
in ihrem Wesen umzumodeln; und wenn auch die Bearbeitungen der Faustsage nach
Goethe zu den Iliaden post Homerum gehören mögen, so decken sie uns doch
immer neue Seiten daran auf — von der Wichtigkeit der Ahasversage für die neuere
Poesie gar nicht zu reden. Aber wie enthalten die Volksbücher diese Sagen! Nicht als
Produkte der freien Phantasie, nein, als Kinder eines sklavischen Aberglaubens sind sie
aufgefaßt; das Buch vom ewigen Juden verlangt sogar einen religiösen Glauben an seinen
Inhalt, den es mit der Bibel und vielen abgeschmackten Legenden zu rechtfertigen sucht;
von der Sage enthält es nur das Alleräußerlichste, aber eine sehr lange und langweilige
christliche Vermahnung über den Juden Ahasverus. Die Faustsage ist zu einer gemeinen
Hexereigeschichte herabgesunken, mit ordinären Zauberanekdoten verziert, sogar die
wenige Poesie, die sich in der Volkskomödie erhalten hat, ist fast ganz verschwunden.
Nicht nur aber sind diese beiden Bücher unfähig, einen poetischen Genuß zu bieten, sie
müssen in der gegenwärtigen Gestalt den alten Aberglauben wieder befestigen und er-
neuern; oder was soll man anders von solchen Teufeleien erwarten? Das Bewußtsein der
Sage und ihres Inhalts scheint auch im Volke ganz zu verschwinden; Faust gilt für einen
ganz gewöhnlichen Hexenmeister und Ahasver für den größten Bösewicht außer Judas
Ischariot. Aber sollte es nicht möglich sein, diese beiden Sagen dem deutschen Volke zu
retten, sie in ihrer ursprünglichen Reinheit wieder herzustellen und ihr Wesen so klar
auszudrücken, daß auch dem Ungebildeteren der tiefe Sinn nicht ganz unverständlich
ist? Marbach und Simrock sind noch nicht zur Bearbeitung dieser Sagen gekommen;
möchten sie bei diesen eine weise Kritik vorwalten lassen!
Eine andre Reihe der Volksbücher liegt vor uns, es sind die scherzhaften, Eulenspiegel,
Salomon und Morolf, der Pfaff vom Kalenberge, die sieben Schwaben, die Schildbürger.
Das ist eine Reihe, wie sie wenige Völker aufzuweisen haben. Dieser Witz, diese Natür-
lichkeit der Anlage wie der Ausführung, der gutmütige Humor, welcher den beißenden
Spott überall begleitet, damit er nicht zu arg werde, diese frappante Komik der Situation
könnte wahrlich einen großen Teil unserer Literatur beschämen. Welcher Autor der Gegen-
wart hätte Erfindungsgabe genug, ein Buch wie die Schildbürger schaffen zu können?
Wie prosaisch steht Mündts Humor da, vergleicht man ihn mit dem der sieben Schwaben!
Freilich gehörte eine ruhigere Zeit dazu, dergleichen zu produzieren, als die unsrige, die,
einem ruhelosen Geschäftsmanne gleichend, stets die wichtigen Fragen im Munde führt,
Engels ,,Die deutschen Volksbücher*
107
d*e sie zu beantworten habe, ehe sie an andres denken könne. — Was die Form dieser Bücher
grifft, so möchte außer Entfernung eines oder des andern mißratenen Witzes und Reinigung
<|es entstellten Stils wenig an ihnen zu ändern sein. Von Eulenspiegel sind mehrere, mit preu-
ßischem Zensurstempel versehene Ausgaben weniger vollständig; gleich im Antange
fehlt ein derber Witz, der bei Marbach in einem sehr guten Holzschnitte dargestellt ist.
Einen schroffen Gegensatz hierzu bilden die Geschichten von Genovefa,Griseldis und
Uganda, drei Brüder romanischen Ursprungs, die alle ein Weib zur Heldin ha en, un
*war ein leidendes Weib; sie bezeichnen das Verhältnis des Mittelalters zur Religion, und
das aufsehr poetische Weise — nur sind Genovefa und Hirlanda zu sehr über einen Leisten
gehauen. Aber, um Gottes Willen, was soll das deutsche Volk heutzutage damit? Man
kann sich zwar unter Griseldis das deutsche Volk sehr schön vorstellen und unter Mark-
grafen Walther die Fürsten — aber da müßte denn die Komödie doch ganz anders schließen,
als es im Volksbuche geschieht, man würde sich die Vergleichung beiderseits verbitten
ünd würde hie und da gutes Recht dazu haben. Soll die Griseldis noch Volksbuch bleiben,
s° kommt sie mir vor wie eine Petition an die hohe deutsche Bundesversammlung
Emanzipation der Frauen. Man weiß aber hier und da, wie vor vier Jahren der-
gleichen romanhafte Petitionen aufgenommen wurden, weshalb ich mich sehr wundere,
daß Marbach nicht nachträglich zum Jungen Deutschland gerechnet worden. — Das Volk
bat lange genug Griseldis und Genovefa vorgestellt, es spiele jetzt auch einmal den Sieg-
Eed und Reinald; aber der rechte Weg, es dahin zu bringen, ist doch wohl nicht das An-
reisen jener alten Demütigungshistorien?
Eas Buch vom Kaiser Octavianus gehört seiner ersten Hälfte nach dieser Klasse an,
fahrend es durch die zweite Hälfte sich an die eigentlichen Liebesgeschichten anschließt.
je Geschichte von der Helena ist nur eine Nachahmung des Oktavian, oder beide sin
Melleicht verschiedene Auffassungen derselben Sage. Die zweite des Oktavian ist ein vor-
treffliches Volksbuch und allein dem Siegfried zur Seite zu stellen; die Charakteristik des
Hörens sowie seines Pflegevaters Clemens und des Claudius ist ausgezeichnet, und Tieck
Jatte es hier sehr leicht; aber zieht sich nicht überall der Gedanke hindurch, daß adliges
ijlut besser sei als Bürgerblut? Und wie oft finden wir nicht diesen Gedanken noch im
VoIke selbst! Wenn dieser Gedanke nicht aus dem Oktavian verbannt werden kann —
Und das halte ich für unmöglich — wenn ich bedenke, daß er zuerst entfernt werden muß,
W° konstitutionelles Leben erstehen soll — so mag das Buch so poetisch sein, wie es will,
Censeo Carthaginem esse delendam.
Den genannten tränenreichen Leidens- und Duldergeschichten stehen drei andre gegen
,er> die die Liebe feiern. Es sind: Magelone, Melusina und Tristan. Magelone sagt mir
a ® Volksbuch am meisten zu; Melusina ist wieder voll von absurden Monstrositäten un
a eihaften Übertreibungen, so daß man beinahe eine Donquichottiade darin se en moc te
Und ich wieder fragen muß: Was soll das dem deutschen Volke? Und gar die Geschichte
Von Tristan und Isolde — ihren poetischen Wert will ich nicht antasten, weil ich le err
J,che Bearbeitung Gottfrieds von Straßburg liebe, wenn auch hie und da Mänge in er
jzählung zu finden sein möchten — aber es gibt kein Buch, das weniger dem ° e in
*e -fände gegeben werden dürfte als gerade dieses. Zwar liegt hier eine moderne, rage
leder sehr nahe, die Emanzipation der Frauen; ein geschickter Dichter wür e
earbeitung des Tristan jetzt diese Frage gar nicht mehr von seiner Arbeit aussc ^
°kne darum in eine gesuchte und langweilige Tendenzpoesie zu ver a en.
■p olksbuch, wo von dieser Frage keine Rede ist, kommt die ganze Erzä ung a
. ^chuldigung des Ehebruchs heraus — und das in den Händen des Vo es zu
^ °ck sehr bedenklich. Indes verschwindet das Buch fast ganz, und se r se en
^ ein Exemplar davon zu Gesicht.
s i *c Haimonskinder und Fortunat, wo wir wieder den Mann im Mittelpunkt er g
derCJ\s*nd einmal wieder ein paar rechte Volksbücher. Hier der heiterste u >
4e°o Fortunats alIe seine Abenteuer durchficht r
Gppositionslust, die der absoluten, tyrannischen Gewalt Ka .
108
Anhang
kräftig entgegentritt und sich nicht scheut, erlittene Beleidigungen mit eigener Hand, auch
vor dem Auge des Fürsten, zu rächen. Solch ein jugendlicher Geist muß in den Volks-
büchern herrschen, der läßt viele Mängel übersehen; aber wo ist der in Griseldis und ihren
Verwandten zu finden?
Zuletzt kommt das Beste, der geniale hundertjährige Kalender, das superkluge Traum-
buch, das nie fehlende Glücksrad und ähnliche unsinnige Kinder des leidigen Aberglaubens.
Mit welchen elenden SophismenGörres dieses Zeug entschuldigt hat, weiß ein jeder, der
sein Buch nur einmal angesehen hat. Alle diese traurigen Bücher hat die preußische Zensur
mit ihrem Stempel beehrt. Freilich sind sie weder revolutionär, wie Börnes Briefe, noch
unsittlich, wie man von der Wally behauptet. Man sieht, wie falsch die Anschuldigungen
sind, als sei die preußische Zensur ausnehmend scharf. Ich brauche wohl kein Wort mehr
darüber zu verlieren, ob solches Zeug ferner unter dem Volke bleiben solle.
Von den übrigen Volksbüchern ist nichts zu sagen; die Geschichten von Pontus, Fierabrás
usw. haben sich längst verloren und verdienen also diesen Namen nicht mehr. Aber ich
glaube schon in diesen wenigen Andeutungen gezeigt zu haben, wie ungenügend diese
Literatur erscheint, wenn man sie im Interesse des Volks, nicht im Interesse der Poesie
beurteilt. Was ihr nottut, sind Bearbeitungen einer strengen Auswahl, die vom alten Aus-
druck nicht ohne Not abgehen und gut ausgestattet unter das Volk gebracht werden. Mit
Gewalt die auszurotten, die vor der Kritik nicht bestehen können, dürfte weder leicht
möglich noch rätlich sein; nur dem wirklich Abergläubischen darf der Zensurstempel
versagt werden. Die übrigen verlieren sich von selbst; Griseldis findet sich selten, Tristan
fast gar nicht. In manchen Gegenden ist es nicht möglich, auch nur ein einziges Exemplar
aufzutreiben, z. B. im Wuppertal; in andern, wie in Köln, Bremen usw., hat fast jeder
Krämer Exemplare an den Fenstern für die hereinkommenden Bauern ausgehängt.
Aber eine vernünftige Bearbeitung ist das deutsche Volk, sind die besseren dieser Bücher
doch wohl wert? Es ist freilich nicht jedermanns Sache, eine solche Bearbeitung auszu-
führen; ich kenne nur zwei, die kritischen Scharfsinn und Gedanken genug bei der Aus-
wahl, Gewandtheit im altertümlichen Stil bei der Ausführung besitzen; das sind die Brüder
Grimm; ob sie aber auch Lust und Muße zu dieser Arbeit haben würden? Die MARBACHsche
Bearbeitung paßt gar nicht für das Volk. Was ist da zu hoffen, wenn er gleich mit Griseldis
anfängt? Nicht nur fehlt ihm alle Kritik, auch hat er sich zu Auslassungen hinreißen lassen,
die gar nicht nottaten; dazu hat er den Stil recht matt und farblos gemacht — man ver-
gleiche das Volksbuch vom gehörnten Siegfried und jedes andre mit der Bearbeitung. Da
ist nichts als auseinandergerissene Sätze, Wortversetzungen, zu denen keine Veranlassung
war als Herrn Marbachs Sucht, in Ermangelung anderweitiger Selbständigkeit, hier selb-
ständig zu scheinen. Oder was trieb ihn sonst dazu, die schönsten Stellen aus dem Volks-
buch zu verändern und mit seiner unnötigen Interpunktion zu versehen? Wer das Volks-
buch nicht kennt, für den sind die Marbachschen Erzählungen ganz gut, aber sobald man
beide vergleicht, sieht man, daß Marbachs ganzes Verdienst die Verbesserung der Druck-
fehler ist. Seine Holzschnitte sind von ganz verschiedenem Wert. — Die SiMROCKsche Be-
arbeitung ist noch nicht weit genug gediehen, um ein Urteil darüber fällen zu können;
doch traue ich Simrock weit mehr zu als seinem Nebenbuhler. Seine Holzschnitte sind auch
durchgängig besser als die Marbachs.
Sie haben für mich einen außerordentlichen, poetischen Reiz, diese alten Volksbücher
mit ihrem altertümlichen Ton, mit ihren Druckfehlern und schlechten Holzschnitten; sie
versetzen mich aus unsern geschraubten, modernen „Zuständen, Wirren und feinen Be-
zügen“ in eine Welt, die der Natur weit näher liegt. Aber davon darf hier keine Rede sein!
Tieck freilich hatte in diesem poetischen Reiz sein Hauptargument — aber was gilt Tiecks,
Görres’ und aller andern Romantiker Autorität, wenn die Vernunft dawiderspricht und
wenn es sich um das deutsche Volk handelt?
Adolf Spamer f
Zauberbuch und Zauberspruch
Die Schaffung eines „Corpus der deutschen Segen und Beschwörungsformeln
lst eine notwendige Vor- und Teilarbeit, wenn es den magischen Bereich des
Volksglaubens in seiner historischen Entwicklung, seinen psychologischen Unter-
gründen und gesellschaftlichen Wandlungen zu erhellen gilt. Es handelt sich also
Um jenes Gebiet, das man als „Aberglaube“ zu bezeichnen pflegt: einem zu Ende
der altdeutschen Sprachperiode (Glosse zum Hohen Lied von St. Trudpert) zuerst
Stauchenden, etymologisch verschieden gedeuteten Wort, das jedoch vermuthc
»Widerglaube“ bedeutet. Neben diesem Begriff steht dann die niederländische
Zeichnung „Ofergloof“ und das dänische „iOvergro“, mutmaßlich als Über-
düng des (gleichfalls in seinem Ursprung nicht ganz klaren) lateinischen,
»superstitio“, also,, Überglaube“, überspitzter Glaube. Auch kennt schon das Mittel-
niederdeutsche die Bezeichnung „bigelove“ (Beiglaube), dem verwandte Bildungen
in Island und Schweden zur Seite stehen, während das altnordische „hindrvitm“
Naohglaube, After glaube bedeutet. Aber solche Trennungen von Glaube und Aber-
gbube, Afterglaube und Beiglaube besagen uns erkenntnismäßig im Grunde nur,
daß sich kirchliche Lehrsysteme in verschieden stark betonter Kampfstellung
nemühten, die Glaubens weit breiter Volksschichten und die aus jenen erwachsenen
magischen Handlungen von allzu grob materiellen Vorstellungen zu reinigen,
eine Grenze zwischen erstrebtem Glauben und verwerflichem Aberglauben z
finden. Unzählig sind seit Jahrhunderten die theologischen Versuche einer be-
grifflichen, moralisch untermauerten Scheidung zwischen Gebet und Beschwörung.
hier einer schlichten, sich bescheidenden, von vornherein dem Willen einer höheren
Macht unterwerfenden Bitte und dort den Versuchen, menschliche Wunsche der
göttlichen Macht gegenüber mit dem Zwang kraftgeladener Worte und Han
Ungen durchzusetzen. Aber soweit sich theoretisch die Polarität solcher run
Anschauungen herausarbeiten läßt, im realen Leben verloren solche Gegensätze
1 re Bedeutung: der Betende glaubte zumeist nicht nur an die Kraft seiner Gesirmung,
s°ndern in erster Linie an die Kraft der Worte, die er sprach, und diese w°r
mußten ihm entweder unmißverständlich beschwörend sein oder a er
Unverständlich, rein magisch. Noch in den zwanziger Jahren unsere® ^ t
^nigstens verkauften die Krambuden der großen österreichischen Wallfahrtso
u denen sich die von weit zusammengeströmten Landbewohner rang> ’
^eniger die wirklich approbierten Devotionalzettel als die akmagisehen Be:schw■
rungsformeln wie den Gichtsegen und den Fraisbrief, den Gewittersegen und
110
Adolf Spamer
Himmelsbrief, die Wahrhaften Längen Christi und Mariae, die, weil verboten,
heimlich-öffentlich unter dem Verkaufstisch hervorgezogen wurden. Und wenn
in meiner Jugend am Alten Gymnasium in Darmstadt ein Briefkasten als Spenden-
empfänger zur Unterstützung von Armen und Waisenkindern hing, so war dieser
längst zu einem reinen Himmelsbriefkasten geworden, in den man Geldstücke in
Papier gewickelt einwarf und. auf dieses Papier Wünsche schrieb wie „Lieber
Gott, laß meinen Sohn Emil die Prüfung bestehen“ u. dgl. : durch die Geldspende
nachdrücklich geförderte Bitten, die fast stets die Forderungsgrenze mindestens
stark streiften. Diese Wunschtexte wurden dann all vierteljährlich in der Darmstädter
Tagespresse veröffentlicht. Und wenn der biblische Christus Dämonen austreibt
und in die Schweine bannt, warum sollte nicht der bibellesende Gläubige bis in
unsere Tage hinein an Dämonen glauben und sie in den Wald, das Meer und auch
wiederum in die Schweine zu bannen versuchen? Auch die Jünger Christi ver-
trieben nach den Berichten des TERTULLIAN und ORIGINES Dämonen, und zwar
mit der magischen Kraft des Namens Christi, nicht anders als die späteren kirch-
lichen Benediktionalien oder als das Bäuerlein im weltfernen Dorf unserer Zeit.
Gleichwohl ruft diese Frage ein paar nur allzu berechtigte Zweifel und Bedenken
wach: Selbst wenn heute noch in Zauberbuch und Zauberspruch äußere Formeln
und innere Bereitschaften lebendig sind, haben solche „abseitigen“ Dinge noch
eine solche Bedeutung, daß es sich lohnt, zu ihrer Erkenntnis einen ausgesprochenen
Sammel- und Forschungsapparat aufzubauen? Sind diese Bücher, diese Besegnungen
und Beschwörungen nicht gerade durch unsere Entwicklung der letzten und aller-
letzten Zeit belanglos geworden, Spielereien von ein paar alten Weibern, einigen
abnormen okkultistischen Außenseitern? Hat die Erforschung jener Dinge über-
haupt noch einen Gegenwartswert oder ist sie reine Kulturhistorie, rückblickende
Schilderung abgestorbener Lebensperioden? Darauf möchte ich folgendes antworten :
Es ist nicht Sache der Erforschung von Tatgegebenheiten, von faßbaren Er-
scheinungen des Volkslebens Prognosen zu stellen, aber es ist naheliegend, daß in
einer Zeit der stärksten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Umwälzungen
wie der unseren, die Altformen im Zauberbuch, Zauberspruch und Zauberbrauch
ihr Ende gefunden haben oder bald finden werden. Aber es darf doch nicht ver-
kannt werden, daß wir im Bereich des Glaubens- und magischen Brauchlebens
Formen von besonders zähem Wachstum vor uns haben. Dazu kommt aber als
Wesentliches die Tatsache, daß uns Gestaltungen hier gegenüberstehen, die nicht
allein geschichtlich vererbte Altüberlieferung, Produkte der Kulturwanderung
und verschleppter Zeitzeugungen sind, sondern auch poligenetische, in einer
allgemein menschlichen, primären Geistes- und Seelenhaltung erwachsene Er-
scheinungsformen, gespeist von der menschlichen Hilflosigkeit dem Leben gegen-
über, gezeugt von den Triebkräften der Furcht und der Hoffnung. Es ist nicht zu
übersehen, daß die selbstgefertigten Kindergebete, insbesondere solche vor dem
Einschlafen in einem dunkeln Zimmer ohne die elterliche Anwesenheit, in ihrem
Ausklügeln aller gefahrdrohenden Möglichkeiten eine geistliche Pallisade um Bett
und Schlaf zu errichten versuchen, die durchaus dem ausgeklügelten Eventualitäts-
schema der ägyptischen, assyrisch-babylonischen, vorsemitisch-sumerischen usW*
Zauberbuch und Zauberspruch
111
aut>ersegen entspricht, wiewohl hier Reminiszenzen und kulturelle Zusammenhänge
geschlossen sind. Die Erkenntnis der psychologischen Faktoren aber ist uns wich-
r a*s der historische Motivverfolg, doch setzt sie dessen Klärung voraus, wollen
uns nicht in vage Spekulationen verlieren. Ja, um es deutlich zu sagen: im
runde sind uns weder die Zaubertexte noch die Besprechungsformeln wichtig,
usglaube, Volksbrauch, Volksspiel, Volksgesang, Volkserzählung, Volkslesestoff
a] ’ aße diese Erscheinungswelten sind uns zielmäßig betrachtet nur bedeutsam
als ^tei^^are -Ansatzpunkte für den Erkenntnisvorstoß in menschliche Seelentiefen,
Gradmesser des geistig-seelischen Menschenlebens im bestimmten Raum zu
estirnmter Ihr laufender Verfolg in der Statik wie in der Dynamik der Prozesse
nschlichen Gemeinschaftslebens gibt uns allein feste Einblicke in die treibenden
ab t0ren geschichtlichen Werdens, in die Tiefe ihres Umgestaltungsvermögens,
er auch die Grenzen menschlicher Einwirkungsmöglichkeiten an sich. Eine
C e exakte, ich möchte sagen, seismographische Erfassung der Vorstellungs-
äuß2CSSe Und der Veränderungen im Gefühlsvolumen im laufenden Verfolg des
ein £ren ^'e^t§esc^Le^ens a^er gibt, was kaum erst zu beweisen wäre, uns allein
j Schere Handhabe für die bewußte Lebensgestaltung der dazu berufenen
ganzen vom Dorfschullehrer bis zum leitenden Staatsmann.
er auch wer solcher Zielschau zustimmen möchte, hat damit noch keine Ant-
^■auß3^ SClne brage erhalten, ob denn nun gerade die Arbeit an Zauberbuch und
Und erSi3ruc^1’ selbst im Rahmen der Erforschung vom volkstümlichen Glauben
bis ‘ ^eEbüd von halbwegs tragbarer Bedeutung sei, welche Rolle diese Dinge
Unsere Tage hinein spielten. Ich will, um dies klarzustellen, statt grundsätz-
lasse^ ErWä§Ungen nur ein Paar eigene Erlebnisse und Erfahrungen sprechen
(j , ^ bie an sich meist komisch anmuten, in ihrer Gesamtheit aber doch näch-
aoer j sdmmen müssen: In meiner Frankfurter Privatdozentenzeit Mitte der
ge|e Jabre nahm ich mein Abendessen in einer kleinen, meiner Wohnung nahe-
Ra ff0611 Wirtschaft ein, wo sich ein Stammtisch angesiedelt hatte, dessen Gäste
geje eute> ein Steuerinspektor und ein Eisenbahnoberassistent waren. Wir kamen
*ns Gespräch über Zauberbücher und insbesondere das 6. und 7. Buch
i-
nien hatten. So wurde bei den meisten der Herren der Wunsch laut, ein
ße^es> das alle dem Namen nach kannten, jedoch angeblich noch nicht zu Gesicht
Solchrnrnen ^atten' ßo wurde bei den meisten der Herren der Wunsch laut, ein
näcbsT ^ un<^erbuch einmal persönlich einzusehen, und ich versprach es den
sch • fn ^"bend mitzubringen. Da wurde der Bahnbeamte, ein sonst stiller und
*Hei ar Prosa*scher älterer Mann, aufs höchste erregt, verwahrte sich gegen
so Erschlag und meinte, wenn er auch selbst nicht an diese Dinge glaubte,
sei A£ man doch Zuvor nie, was ein solches Buch anrichten könne. Die Stärke
fern n§st bewies, daß er von jenem Abend an drei Monate lang dem Stammtisch
^enio-le^5 Was m*r d^e gfößten Vorwürfe des sonst friedfertigen Wirts eintrug.
berl; to sPater weilte ich in den Arbeitsferien in Berlin, wo ich bei einer typischen
V-A«ner Zimm • ------•--------
nach Hause , erVermieterin Wohnung genommen hatte. Als ich eines Abends
!n *br hohe 3Aj’ ^e^cßtete s*e m:*r einen Vorgang aus ihrer Jugendzeit, der ihr bis
iUß«lich J?“« Stapel machte, weil sie wähnte, ihr Seelenheil durch allzu
c e Gelüste aufs Spiel gesetzt zu haben. Als junges Mädchen habe
112
Adolf Spamer
sie Gelegenheit gehabt, das 6. und 7. Buch Moses zu erwerben, aber sie hätte
sich damals in ihrer Eitelkeit ein Korsett, das sie in einem Schaufenster der Fried-
richstraße gesehen, brennend gewünscht und nicht genügend Geld zur Erwerbung
von beidem gehabt. Da wählte sie das Korsett und glaubte seitdem, sich nicht nur
ihr Lebensglück verscherzt, sondern auch eine Sünde begangen zu haben. Es war
schwer, ihr beides auszureden. In der Preußischen Staatsbibliothek versuchteich Ein-
blick in die dort vorhandenen älteren und neueren Ausgaben solcher volkstümlicher
Zauberbücher zu erlangen, aber alle Bestellzettel kamen mit dem Vermerk „nicht
auffindbar“ zurück, und Bemerkungen im Hauptkatalog bezeugten, daß sie
(teilweise schon seit geraumer Zeit) vermißt wurden, also von irgendwelchen Leuten
gestohlen waren, die beruflich zu den Büchermagazinen Zutritt hatten. Die gleiche
Erfahrung machte ich dann selbst ab 1926 in Dresden. Alle für mein Seminar
angeschafften Zauberbücher verschwanden nach kurzer Zeit von den Regalen,
die kleine Broschüre „Zauber und Liebe“ gleich dreimal in weniger als drei
Wochen. Da gab ich ihre Wiederbeschaffung auf. Aber auch aus meinen persönlichen
Exemplaren des Druckes des 6. und 7. Buch Moses waren, als ich sie einem Studen-
ten für ein Referat geliehen hatte, eine Reihe von Heilsegen und Beschwörungen
herausgeschnitten. Dabei behauptete jeder, ihm persönlich lägen alle magischen
Interessen und Veranlagungen fern. Hier in Dresden erfuhr ich auch bei einem
Buchhändler und Antiquar in der Rampischen Gasse, der sich auf volkstümliche
und insbesondere magische Literatur spezialisiert hatte, mancherlei Interessantes
über den Vertrieb des größten Zauberbuch-Verlags HANS BARTELS in Berlin-
Weißensee. Aufschlußreicher aber war es, daß sich ein Schüler von mir mit einem
Dresdner Zauberbuchverleger anfreunden konnte, der ihm seine Korrespondenz
von 1925 bis 1935 zur Verfügung stellte. Aus ihr ergaben sich merkwürdige und
handgreifliche Aufschlüsse über die geistige Haltung der Buchbezieher. Mag es
auch nur Kopfschütteln erregen, wenn ein mittlerer Magdeburger Postbeamter,
der Schätze graben wollte, vom Verleger die derzeitige Anschrift des Dr. Faust
erbat, da er diesem, ohne Antwort zu erhalten, bereits dreimal nach Wittenberg
geschrieben habe, so geben uns diese Briefe in ihrer Gesamtheit doch eine klare
Auskunft darüber, daß auch zu jener Zeit nicht nur der Besitz eines Zauberbuches
als schützender Talisman für Haus und Familie galt (so wie etwa in Vogelsberget
Dörfern die Bauern das 6. und 7. Buch Moses unter dem Dach einmauern), sondert1
daß auch die praktische schwarze Magie mit ihren Teufelsbündnissen mehr Am
hänger in Stadt und Land besaß, als man gemeinhin annehmen möchte. Von det1
Beweggründen zum Erwerb eines solchen Zauberbuches stehen nach diesen Briefe11
an erster Stelle Geldmangel oder Geldgier. Da motiviert etwa 1929 ein Mann aüs
Schlawe in Pommern seine Buchwünsche mit dem Bekenntnis „den Glauben a*1
Gott habe ich verloren. Jetzt will ich mich dem andern Geist übergeben und det1
um Hilfe und Beistand rufen, sonst anders weiß ich mir nicht zu helfen.“ Oder ab^t
ein Schneidermeister aus Untergriesbach in Niederbayern schreibt: „Ich muß Ihne*1
mitteilen, daß ich das 6. und 7. Buch Moses schon sehr notwendig brauchen kan11
und ich bitte Sie um Auskunft schnellstens, weil ich so daran bin, daß ich keifle
Arbeit mehr habe, indem ich so auch daran bin, daß ich kein Geld mehr nicht habe»
Zauberbuch und Zauberspruch
113
°t> ich mich auf dieses 6. und 7. Buch Moses verlassen kann . . • ob ich
diesem Buche Geld schaffen kann.“ Und ein besonders konfuser, hoffnungsreicher
21 jähriger Jüngling aus Thalheim im württembergischen Jagstkreis berichtet 1931 •
»Ich habe gemeint, mit dem Buche könne ich den Satan sprechen, was ich hohen
^drde und mit ihm sprechen, was ich wünschen dürfte. Ich will doch ein Treimau
sein und dem Satan sein eigen sein und er das meine und will mit ihm sprechen,
Wann er zu mir kommt und wünsche mir eine größere Summe GUd, in em
etwas empfangen will und habe jetzt nicht das Geld dazu. Hoffentlich bekomme ic
das richtige Büchlein, wo ich den Satan sehen darf und will zu ihm in Bälde vor
°stern noch, das ich Geld in Besitz habe. Also ich will ein Freimaurer sein Ich
*Ü1 doch nicht so lang herummachen, bis ich den Satan sein eigen bin, ich glaube
a* den wo mir hilft und helfen kann. Ich hoffe, daß Sie mir das rechte Büchlein
äsenden werden, wo ich den Satan vor mir sehen darf und sprechen kann bzw.
Geld bekomme. Das Bach, das ist das 6. und 7. Buch Moses magisch-sympathetischer
^ausschatz. Ich hoffe daß er mir hilft in allem was ich anfange.“ Andere wollen
G°ldschätze ausgraben oder Gold machen. So schrieb 1930 eine arbeitslose Frau
Und Mutter von sieben Kindern (Ort unleserlich): „Ich bitte Sie, ob Sie mir konnten
eine Auskunft geben über das Goldmachen, wo unser Vater Salomo beschrieben
hat> ob das möglich wäre es zu bekommen, es sicher auszuführen. Ich habe das
Buch Moses, wo die Beschreibung vom Goldmachen beschrieben ist, aber keine
F°rmel. Ich bitte Sie, ob es möglich ist in solcher Art oder Weise mir auszuhelfen
°der auch wie das zugeht, wenn man in der Lotterie gewinnen will.“ 1929 laßt sich
ein Landwirt aus Rathmisch bei Doberan (Mecklenburg) folgendermaßen aus:
»Schick mir ein Buch, damit man sicherlich Goldschätze mit entdecken kann .. •
lcF habe das 6. und 7. Buch Moses auch, aber das ist ja zu schwer zu lernen und
mit vielen Geldkosten verbunden, bin auch man schwach im Gedächtnis, das
kaun ich auch nicht begreifen. Sei bitte doch so gut und schick mir solches, wo
man drin bloß zu lesen braucht und ein Geist kommt und nach dem Begehr frag
Und daß der Geist einem die Goldschätze zeigt dann zu holen!“ Aber auch andere
Jährlichere Wünsche lösen Bestellbriefe aus. Da will ein Reisender aus Gublitz
an der Gosel (Pommern) 193 3 ein 6. und 7. Buch Moses, weil er eine Witwe heiraten
Möchte und in dem Buch ein Mittel zu erfahren hofft, das seinen e en u
ausschaltet. Da schreibt 1927 eine Witwe aus Mummthal, die sich seit lan§er^r
^eit „künstlich“ auf die furchtbarste Weise von Hexen gequält fühlt, um ein uc ’
Ittels dessen man sich solche Unmenschen vom Leib schaffen oder noc
Sle vollständig unschädlich machen könne, und ein Mann aus Köslin (
Verlangt 1928 ein solches, „Das muß so sein, daß derjenige, der nur schakenis
lst> der muß gleich sterben, sonst hat es keinen Zweck. Nicht weniger
Tödlich drückt sich auch ein anderer Gläubiger 1927 aus Bls^ho^sb^ von
tnmer (Ostpreußen) aus: „Könnte ich nicht mich durch das uc befreit.“
T^r Bösen Frau befreien, daß sie gleich sterben müßte und ic m a jjjeßt
°CB läßt sich dieser Briefschreiber sein Anliegen nicht vie os ,
S* sein Brief mit den Worten: „Könnten Sie mir vielleicht das .und uc^
°ses auf kurze Zeit borgen“, sowie auch manche andere
8 V°lks künde
114
Adolf Spamer
Verleger lediglich um Ausleihe oder Geschenke der erwünschten Bücher ersuchen.
Wieder ein anderer Mann aus Weißwasser in Österreichisch-Schlesien (1931)
„Möchte . . . einen Glücksbrief und zwar daß man nicht vor Gericht bestraft
wird. Und daß man auch in allen anderen Sachen stets Glück hat.“ Entspringt
so die Nachfrage nach Zauberbüchern und Zauberformeln meist sehr realen und
materiellen Wünschen, so zeigt sich ganz vereinzelt auch der Wunsch zum Zaubern
als reine Begier, wie in jenem Schreiben einer Frau aus Sch wachen walde (Reg.-
Bez. Frankfurt a. O.) von 1933, die einen Kobold (eventuell im Glas) erwerben
möchte und ihr Schreiben mit dem Geständnis schließt: „Ich bin doch so sehr für
die Zauberei.“ Außerordentlich zahlreich sind auch die Briefe, in denen sich die
Buchbesitzer beklagen, daß ihre Experimente ohne Erfolg geblieben sind, wobei
sie nahezu durchwegs das negative Ergebnis in ihrem eigenen Unvermögen
suchen: „Ich möchte Sie bitten, daß Sie mir Bescheid geben über das 6. und 7. Buch
Moses. Es steht doch drin, daß man den Geist, sowie man ihn anruft, käme er in
menschlicher Gestalt. Ich habe dieses einmal getan zwischen 12—1 Uhr nachts.
Nun steht erst allemal ein Fersch, dann kommt der Siegel und dann kommt noch
eine Zeichnung. Ich weiß nicht, ob das Geheimsprache sein soll oder was das
nun ist. Schreiben Sie mir, bitte, wie man das machen muß. Kann ich das noch
mit einem Freund machen oder allein?“ (Pulsnitz 1928.) „Ihr Buch Moses erhalten.
Ich kenn mich aber darin nicht aus bei der Geisterbeschwörung. Ist der Sigel auf
den Pergament zu schreiben und nachts zu lesen? Mit Tinte oder Blei? z. B. für
die Beschwörung der Luftgeister“ (Lauf am Holz bei Nürnberg). Ein Arbeiter
aus Pütraschen fragt 1927 an, ob er nicht selbst statt des Teufels unterschreiben
könne, und ein Schreibmaschinenbrief aus Eilenburg (1929) ersucht, da die
magischen Manipulationen des Verfassers erfolglos blieben, um Adressen solcher
Personen, „die schon erfolgreich mit dem 6. und 7. Buch Moses gearbeitet haben“*
Sehr amüsant ist auch der Brief eines Mannes aus Schmitten im schweizerischen
Kanton Graubünden: „Ich habe im 6. und 7. Buch Moses volgenden Abschnitt
gelesen. Wenn man eine ganz schwarze Katze nimmt und Die sehr vest einknotet
und mit ihr dreimal um die Kirche herumläuft, so komme der Teufel heraus, dann
reicht er dem Läufer eine Tatz und er nimmt die Knote, wenn es ihm sicher
gelingt die Knote zu öffnen, ehe er unter eine Hausdecke geschlofen ist, so dreht
ihn der Teufel den Hals um. Nun möchte ich wissen, wie lange man zu laufen hat,
und wie man in der Sache Vorgehen soll.“ Sieht die Mehrzahl der Schreiber das
Teufelsbündnis als etwas fast Selbstverständliches an, so weist uns der Briefwechsel
doch in einem Westfalen aus Mastholte bei Lippstadt einen Schreiber auf, der
über inhaltlich näher von ihm beschriebene Zauberbücher Auskünfte will, die
nicht Teufel sondern Gottes Bücher sind: „Sollten Sie solche Bücher in Gottes
Namen mich anbieten können, werde ich sehr dankbar sein, mit Teufels Sachen
will ich keinen Umgang haben“ (1933). Schrift, Stil und Inhalt der meisten Briefe
weisen auf einfache, geistig mehr oder minder primitive Interessenten der Zauber-
bücher hin. Aber neben ihnen finden sich auch anspruchsvollere Freunde okkulti'
stischen Zauberwesens. So berichtet ein Betriebsleiter aus Exerode im Eichsfeld 192^
dem Dresdner Verlag in höflicher Umschreibung, daß dessen 6. und 7. Buch Moses
Zauberbuch und Zauberspruch
115
nicht das richtige sei. Dagegen kenne er ein Dominikanerkloster in der Nahe seiner
Heimat, in dessen Keller das echte Buch an einem geheimen Ort in Ketten angelegt
Sei- „Hs ist“ (heißt es da) „ein größeres Buch als Ihr 6. und 7. Buch Moses und
braucht nur anzufangen und die Formel herauszusagen, so steht auch der
betreffende Geist schon vor einem. Aufgrund dessen muß es auf diesem Gebiete
der Citation auch echte Bücher geben. Ich für meine Person würde sonst etwas
darum geben, ein derartiges Buch besitzen zu können.“ Und in der Basler National-
Zeitung vom 23. August 1923 lesen wir die kurze Annonce: „100 Francs Belohnung
demjenigen, der mir das echte 6. und 7. Buch Moses verschafft. - Offerten über
Schundliteratur werden in den Papierkorb geworfen. - Offerten unter Chiffre H13 8
an die Expedition der National-Zeitung“.
Wirken diese Briefstellen schon an sich erschütternd, so verstärkt sich jenes
Gefühl noch, wenn wir in die ziemlich harmlosen Zauberbücher selbst Einblick
ttehmen, die derlei Verwirrungen des menschlichen Geistes und Gefühls aus
gelöst haben. Nun verwundern wir uns auch kaum mehr über die Dutzende von
Kriminalprozessen der letzten Jahrzehnte, in denen Zauberbucher entweder
wirklich den Anlaß zu oft schwersten Delikten gegeben haben oder von den An-
geklagten als Entschuldigungsgründe vorgeschützt werden. Und ebensowenig
erscheint es uns erstaunlich, daß seit je Schwindler den Zauberbuchglauben weidlich
ausnützten. So erwies sich ein 1862 armen Leuten für 6 Gulden aufgeschwätztes
»Zauberbuch“ als eine Cäsarausgabe des SlNCERUS und die zugegebenen „Zauber-
tabellen“ waren Blätter aus dem Himmelatlas von HOHMANN. Ein gewisses Ge-
heimnis haben diese „Schwarzen Bücher“, deren Originale zuweilen mit Blut oder
phosphor geschrieben sein sollten, schon immer umwittert, und wo sie im Druck
Verbreitung fanden, liebte man fingierte Verlegernamen und Verlagsorte. Die
Kölner Lumus-Drucke des 17. Jhs., die PETER HAMMER-Drucke des 18. und
*9* Jhs. sind dessen ebenso Zeugnis wie die anreizenden Druckbezeichnungen
Toledo, Brabant, Venedig u. dgl. Sind die Neudrucke mittelalterlicher und nach-
Udttelalterlicher Zauberschriften durch den Stuttgarter Sammler und Antiquar
J' hCHEiBLE, den Herausgeber des „Klosters“, des „Schaltjahres , der „Guten
alten Zeit“ noch wesentlich kulturhistorischen Neigungen entsprossen, so werden
V_ne des ausgehenden 19. und zumal de:
ändlerische Spekulationsobjekte, denen es nicht mehr auf die Bewahrung er
und zumal des 20. Jhs. reine verlegerische und buch-
alten T^116 Sf>ekulationsc------•» --------------------------------------
Und N eXte ankommt sondern lediglich auf das Geschäft, das sich mit Abergläubigen
Leinen ” Dem entsPricki: die Aufmachung: Man bindet die Bücher
sle mit sch n an . Sen Stelle zuletzt billigere Papierstreifen traten) und versieht
Kntfernuil tzen Siegeln mit Kreuz und Totenkopf, so daß sich erst nach deren
Ou Spgt e1^ Einblick in die Texte gewinnen läßt, wobei der Käufer nicht selten
Verschiede * ^ m ^dokgabe des Buches) merkt, daß die gleichen Schriften unter
^ämlichg r^111 ^ ^Cn Pktedol kamen. Auch die Reklame schlägt in die
nahmt und fCr -G" ’Werboten gewesen“, „Von der Staatsanwaltschaft beschlag-
^tkaufsa reiSegeben , solche Mittel der Käuferwerbung sind in den unzähligen
ünd Kalemi C1^en ^anZ üblich, die sich regelmäßig in den Zeitungen, Zeitschriften
8* Crn der verschiedensten sozialen und geistigen Volksschichten finden,
116
Adolf Spamer
vom Buchhändler-Börsenblatt, der Gartenlaube, dem Lahrer Hinkenden Boten
an bis zu Jugend und Simplizissimus. Der Vertrieb geschah durch Buchhandlungen,
Kolporteure, oft auch durch eigens für diesen Zweck begründete Versandgeschäfte,
wobei die Verleger ersichtlich Lieferung auf weitere Entfernung bevorzugten,
um in ihrer engeren Heimat möglichst unbekannt zu bleiben; so wußte in Berlin-
Weißensee niemand, den ich befragte, daß jene große hermetisch mit hohen
Mauern abgeschlossene BARTELS’sche Fabrik die Zentrale der deutschen Zauber-
buchherstellung war, und wo in jener Vorstadt solche magischen Bücher in Papier-
und Buchgeschäften auslagen, waren es durchweg Erzeugnisse auswärtiger Firmen.
Der Umfang der Zauberbuchproduktion unserer Zeit wird sich kaum mehr zahlen-
mäßig exakt feststellen lassen, jedenfalls ging er jährlich in die hunderttausende.
Nicht daß nun etwa so viele Bezieher wirklich zu zaubern beabsichtigten oder daß
die Neugier allein derlei Massenauflagen verschuldet hätte: der Besitz eines
Zauberbuches, im Hause bewahrt, unter den Türschwellen von Wohnungen und
Stall vergraben oder (wie in manchen Dörfern des Vogelsberges) unter dem
Dach vermauert, galt als prophylaktische Maßnahme, als allschützendes Amulett.
Bei solcher Verwurzelung des magischen Schrifttums in Volksglauben und Volks-
brauch war die geschäftliche Ausnutzung dieser psychologischen Situation so
naheliegend, daß es uns fast nicht mehr verwundert zu hören, daß ein vor kurzem
verstorbener Berliner Geheimrat, Freund der Forschung und langjähriger
Verlagsberater der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft, seine wirtschaft-
liche Existenz zwar nicht auf die Zauberbücher, wohl aber auf die volksgängigen
Traumbücher aufgebaut hatte, deren großer Verleger er war.
Es ist nicht meine Absicht, eine Entwicklungsskizze des deutschen oder gar
des europäischen Zauberbuches zu geben, vielmehr möchte ich mich mit ein paar
Hinweisen auf jene Bücher begnügen, deren Leben und Auswirkungen wir selbst
noch im 20. Jh. miterlebt haben. Das bedeutet rein text- und literaturgeschichtlich
gesehen eine stoffliche Verengung (viele dereinst in den Blütezeiten magischen
Experimentierens beliebte Schriften waren schon abgestorben), aber die volks-
psychologische Bedeutung jenes längst der Hofmagie und Klosterexperimente
entfremdeten, subliterarisch gewordenen Schrifttums tritt erst voll in jener Zeit
in die Erscheinung, als das Zauberbuch Nährstoff breitester Volksschichten in
Stadt und Land geworden war. Erst jetzt ist das Zauberbuch — der Verfolg der
Verlagskataloge gibt uns hier zuweilen wertvolle soziologische Einblicke — ganz
ein fester Bestandteil jener auf volkläufige Massenliteratur eingestellten Groß'
Verlagsanstalten geworden, die es neben Traumbüchern, Witz-, Komplimentier-
und Rätselbüchlein, Briefstellern, Kochbüchern und Liebhabertheatertexten,
Anweisungen zur Schönheitspflege, Beratungen zur häuslichen Krankheitspflege,
Gesellschaftsspielen, Familienjournalen, sensationeller Kolportagelektüre wie auch
harmlosen Kinderbüchern alten Schlages vertreiben.
6. und 7. Buch Moses
Wie schon aus den zuvor angeführten Briefen zu ersehen ist, ist das dem Namen
nach bekannteste und verbreitetste Zauberbuch unserer Zeit das 6. und 7. Buch
Zauberbuch und Zauberspruch
117
M°ses, doch handelt es sich bei ihm nicht um eine feste Textsammlung, sonde
ÜI* einen seit alters gebräuchlichen Zugtitel, der immer wieder (zuweilen in der
gleichen Verlagsproduktion) verschiedene, volkläufig gewordene, magische,
sympathetische und religiöse Schriften (bis zu 22) kompilatorisch zusammen-
spannt. Diesem 6. und 7. Buch Moses haben die Verleger noch weitere apokryphe
Kloses-Schriften (9.-13. Buch) beigesellt, meist erfüllt von neueren und auch
neutraleren Stoffen, so daß sie in unserer Zeit geringere Nachfrage fanden. Selbst
die Theorie der Geisterkunde JuNG-STILLINGS ist 1922 als 9. und 11. Buch Moses
herausgekommen. Die Geschichte der apokryphen Mosesbücher (die Bibel kennt
bekanntlich nur fünf, den sogenannten Pentateuch) liegt noch auf weite Strecken
Jm Dunkel, greift aber in die frühesten christlichen Zeiten zurück, ja über diese
bmaus, und die sagenumwobene Persönlichkeit des Gesetzgebers des jüdischen
Kolkes, der sich im 2., 3. und 5. Buch immer wieder gegen die Zauberer und
Wahrsager gewandt hat, war schon bald nach seinem Tod, wie bereits die Apostel-
geschichte (7,22) bezeugt, selbst zum Magier geworden. Die früh jüdische Legen e
läßt ihn im Besitz der vorgeblich von Adam geschriebenen Kabbala sein, mittels
defer er seine Wundertaten verrichtet habe. Sein Stab wurde zum Zauberstab
Scblechthin, er galt als Vater der Talismanologie, sympathetische und antipathetische
Kinge wurden ihm zugeschrieben, und bis in die Zauberbücher unserer Tage
geben das Schwert und der Schild des Moses für besonders wirkungskräftige Schutz -
zeichen. Strabo hielt Moses für einen ägyptischen Priester. Als dann die A c emie
lhre Blütezeit erreichte, galten Moses und seine Schwester Maria als Verfasser
alchemistischer Schriften, und auf die Verbrennung des Goldenen Kalbes sucht
die Behauptung zurückzuführen, Moses sei der Hersteller des „Aurum
Potabile“ gewesen. Unter den verschiedenen, ihm in der hellenistischen Perio e
Zugeschriebenen Zauberbüchern, denen sich bis tief ins 18. Jh. hinein zah rei
fitere zugesellten, geben uns zwei Leidener, etwa im 3. Jh. entstandene Papyri
Kunde von einem 8. und 10. Buch Moses und setzen so wohl uns verlorene 6., 7-
^nd 9- Bücher voraus. Doch ist bis jetzt im deutschen Raum ein 6. und 7. nc
f°Ses erstmals 1797 durch eine Verkaufsanzeige im „Allgemeinen Literarischen
Anzeiger“ festzustellen. Dabei weist eine Fülle von freilich erst im 19. Jn. au -
gezeichneten, ihrer Entstehung nach auch meist nicht genau fixierbaren Sagen au
!fere Zeiten des Glaubens an ein 6. und 7. Buch Moses auch bei uns zurück.
Richten diese doch nicht nur von den Wirkungen jenes Buches, sondern auc
avon, daß überall in Deutschland, in bestimmten Schlössern, Klöstern, ap
^lfts- oder Kapitelbibliotheken oder Rathäusern ein Exemplar der vollständig,
le 7 Mosesbücher enthaltenden Bibel in Ketten angeschmiedet liege. n .
Terden besonders als ihre Aufbewahrungsorte die Thomaskirche m ’
le Mittweidaer Kirche (unter dem Glockenraum des kleinen Turmes)
^panische Palais in Dresden genannt (wo sich in jeder Weihnac s ^
latt dieser Bibel von selbst umwenden soll). Außerdem Hubertusburg, q
pUch schuld an der Geisteskrankheit der in der dortigen Anstalt un * ^
Renten sein soll. Daß in protestantischen Volkslandschaften e ,
auststadt Wittenberg die gesuchte Vollbibel bewahre, ist ebens g
118
Adolf Spamer
wie der Glaube katholischer Gegenden, das vollständige Bibelexemplar befinde
sich in Rom. Vielfach wird auch die berühmte Weimarer Bibel (Kurfürstenbibel),
die bereits bei ihrem Erscheinen 1640 sechs Taler kostete, als die vollständigste,
alle Mosesbücher enthaltende Bibel bezeichnet. Dagegen gilt im Badischen ein
Rabbiner in Breiten als Hüter eines solchen Heiligtums, und vom Keller des linken
Flügels des Mannheimer SchkTsses erzählt man sich, daß hier in jeder Neujahrsnacht
neun Getreidesäcke aus dem Boden steigen, deren jeder mit dem Text eines
der Mosesbücher beschriftet sei und dann, ohne sich berühren zu lassen, mit dem
Glockenschlag der ersten Stunde wieder versinken. Eine Reihe von Kriterien
weisen darauf hin, daß der allgemeine Glaube an die Existenz des 6. und 7. Buch
Moses in die Blüte schoß, als die Reformation dem protestantischen Volk die
Bibellektüre erschloß. Die naive Erwartung, daß dieses bisher nur der Geistlichkeit
zugängliche Buch in Glücks- und Schadenzauber alle Wünsche der Buchbesitzer
erfüllen könne, daß man mit ihm die Krankheiten der Menschen und Tiere heilen,
reich und selbst zauberkundig werden könne, wurde begreiflicherweise schnell
enttäuscht, so daß man die Geistlichkeit beschuldigte, kastrierte Bibelausgaben,
in denen die entscheidenden Mosesbücher fehlten, dem Volk unterbreitet zu haben-
Wie stark der Glaube an das 6. und 7. Buch Moses bis heute lebendig war, zeigt
sich selbst in der Volkssprache und dem kindlichen Spiel: In Gießen sagt man,
um einen Ungläubigen zu bezeichnen, umschreibend: „Er hat das 6. und 7. Buch
Moses gepredigt“, und um 1910 spielten die Bremer Straßenkinder ein Blindekuh-
spiel „Hast du das 7. Buch Moses gesehen?“ Seit 1849 gab der Stuttgarter Antiquar
J. SCHEIBLE dann mindestens vier verschiedene Sammlungen von Sigillen,
Charakteren und magischen Texten unterschiedlicher Art heraus nebst Gebeten,
Andachten und Szenen aus dem Geisterreich, alle unter dem Titel 6. und 7. Buch
Moses, die vielfach kopiert und variiert wurden. Im späteren 19. und 20. Jh.
konzentrierte sich der Verlag solcher magischen Mosesbücher besonders auf
Sachsen, wo sie in Leipzig die Verleger Ph. HÜLSEMANN und später A. F. SCHLÖFFE^
vertrieben, in Chemnitz der Verlag C. A. HAGEL, in Hainichen G. C. HOFFMANN,
während in Dresden die Verlagsbuchhändler E. Klenzel, Max Fischer, Ma#
Wendel, HERMANN Rudolph sowie ein gewisser Rosenverlag in Dresden-
Neustadt, Jordanstraße 19, weithin die Mosesbücher verbreiteten. Doch auch
nord- und süddeutsche Verleger beteiligten sich an dem einträglichen Geschäft. Im
20. Jh. wird dann der 1882 gegründete Verlag HANS BARTELS in Neuweißensee
bei Berlin (später eingemeindet), der das 6. und 7. Buch Mo$es von HÜLSEMANN
in Leipzig übernommen hatte, schnell der führende Mann der volkstümlichen
Zauberliteratur. Seine in Nord- wie in Süddeutschland gleich verbreiteten Drucke
unseres Buches umfassen drei größere Schriften: Das titelgebende „6. und 7. Buch
Moses oder der magisch-sympathetische Hausschatz“, das „Romanusbüchlein
und den „Wahrhaftigen Feurigen Drachen“. Davon ist die erste Schrift eine
Rezept-, die zweite eine magisch-sympathetische Segensammlung, während die
dritte, angefüllt mit den sinnlosesten Teufelsbeschwörungen, eine Spottschrift
gegen den Aberglauben aus der Zeit der französischen Revolution darstellt, dm
in deutscher Übersetzung erstmals 1850 zu Ilmenau in Thüringen erschien. A^f
Zauberbuch und Zauberspruch
119
ihre magischen Vorschriften beziehen sich bezeichnenderweise fast alle^ zuvor
Von mir zitierten Briefschreiber, wiewohl der Hohn des Verfassers jener a
ni<*t nur auf jeder Seite erkenntlich ist, sondern auch das Schlußkapitel sich a
>j Magisches Mittel, sich selbst als dumm zu erkennen, mithin den ersten c
auf dem Wege zur Klugheit zu tun“ betitelt und schließlich mit den Worten endet:
-Wer alsdann nach Lösung dieser magischen Aufgabe nicht vollkommen klar
ei*sieht, daß er fabelhaft dumm gewesen, der tröste sich immerhin mit dem ruhrenden
Bewußtsein, daß das eiserne Schicksal selbst an seiner Wiege ihn zur ewigen Dümm-
st bestimmt habe, und gebe sich auch ferner keine Mühe, dem Verhängnis sich
entwinden zu wollen.“ Diesen drei Schriften sind noch zwei Miszellen eingetugt,
ei* »Anhang Wundertätiger Heiliger Segen, welchen (!) Papst Leo dem Karolo
seinem Bruder gesendet“ (dessen Texte teils ins frühe Mittelalter zurückgehen)
ü*d „Das heilige Sales-Büchlein oder die Glücks-Ruthe“ mit zwei Rezepten zur
Wünschelrutenerlangung. Ein Anhang gibt die Monatsplaneten in der üblichen
assung der Jahrmarktsliteratur. Von Deutschland aus ist das . un 7. uc
*ach England, Norwegen, Estland und Lettland gewandert, nachdem schon zuvor
dle Deutschen Amerikas, zumal in Pennsylvanien, durch eine Filiale des Reu inger
^Iksschriftenverlegers LOUIS ENSSLIN in Reading und später durch den Ver ag
WeiK & Co. in Philadelphia mit ihm versorgt waren.
Das Buch Jezira
Kostete das 6. und 7. Buch Moses im Buchhandel 7,50 Mk (zuweilen auch 8),
mußte de
kurzem . - .
er ein Sammelwerk von 40 Schriften einschließlich kürzerer Zauber-Formeln
*nd Gebete in deutscher und lateinischer, stellenweise auch hebräischer Sprace
dJ*en meiste ein durch die Jahrhunderte wandlungsreiches Leben führten.
frk~Titel, jener Kompilation zuerst von BARTELS in Berlin-Neuwei er^e
?elegt, verweist auf den „Sefer Jetzirah“ (= Buch der Schöpfung), eine Ju ’
Jetaphysische, auf Zahlen- und Buchstabenmystik aufgebaute Schop ung ,
le vermutlich im zweiten vorchristlichen Jahrhundert zur Au zeic n ö
Pekulation auf die Unkenntnis des eigentlichen Buchs Jezira mag en
erausgeber unserer Zaubersammlung veranlaßt haben, den Namen lese^ ' _TS
,Chrift als Generaltitel des Vieltextekonvoluts zu wählen. Auch verstärkte -
le Käuferlockung durch einen marktschreierischen Untertitel: „ as lst äS ^
^ d« Bücher Moses; das sechste, das siebente, das achte, das neunte das zehn^
nd das elfte. Aus ältesten kabbalistischen Urkunden. Kabbala denuda a. ^
ruogen aus den Büchern Moses. Geheimnisse aller Geheimnisse _ IßLE
18 RTELSscben Druckvorlage dieser Schriftenkompilation, d. • eines v ,oCliriftliChe
s 53 aufgelegten Druckes, lautete der Titel noch sachlicher: ,, an ^
at2e aus Kloster-Bibliotheken, umfassend sämtliche vierzig tt Die
>e, vetborgene Kräfte, Offenbarungen und geheimstej ~"ke, wie
emenzbezeichnungen der verschiedenen Auflagen ies i7-4_i8io“
"fCo1” b=y PETER hImMERS Erben“ i743 oder „Köln a. Rh., »34
So
Vor7ßte der Gläubige oder Neugierige für den Erwerb des umfangreichsten der bis
erhiej^r2ern vertldebenett Zauberbücher, „Das Buch Jezira“, 25 Mk anlegen. Dafür
120
Adolf Spamer
sind fingiert. Wie eine Reihe weiterer Neudrucke des Stuttgarter Magiefreundes
hat dann der geschäftstüchtige Hamburger Zauberbuchverleger L. M. GloGAÜ
Sohn um 1897 auch die „Handschriftlichen Schätze“ neu in Druck gehen lassen,
zugleich aber deren zugkräftigen Titel einem völlig andersgearteten, 476 SS. um-
fassenden Buch beigelegt, einer zwischen 1790—1793 von einem ungenannten
thüringischen Pfarrer verfaßten Schrift über den Aberglauben, deren Restauflage
später von dem Leipziger Zauberbuchverlag F. A. SCHLÖFFEL weitervertrieben
wurde. Aber auch eine zweite, kleinere Zusammenstellung altmagischer Texte,
die wir wiederum dem Spürsinn Scheibles verdanken und die teilweise dieselben
Texte enthält wie das Buch Jezira, die „Sammlung der größten Geheimnisse außer-
ordentlicher Menschen. 21 Bücher aus der Kabbala . . . Nebst Anhang: Sammlung
der merkwürdigsten Geistererscheinungen“ (fingierte Provenienz „Köln 1725“)
ist von Glogau nachgedruckt worden.
Die im Buch Jezira zusammengefaßten Schriften geben uns tiefe Einblicke iß
eine magisch-mittelalterliche und nachmittelalterliche Welt, die sich geformt hat
aus dem Zusammen- und Durcheinanderströmen von Ideen vieler Zeiten und Völker,
von geschichtlich Gewachsenem und übergeschichtlich Elementarem. Seltsam
verkettet und grenzenfrei zeigen sie uns das Ineinanderleben kirchlich approbierter
Elemente in Bibelspruch und Gebot mit antidogmatischen, diabolischen Gene-
rationen, die Verschwisterung von nur theoretisch getrennter „weißer“ und „schwar-
zer Magie“. Zaubersprüche und religionsphilosophische Lehrsatzungen, Sigille»
Charaktere, Talismane und andere Arcana, uns großenteils zugewandert aus dem
ägyptischen und hebräischen Lebensraum über den Schmelztiegel hellenistische*
Kulturprägung hinweg, abgewandelt und bereichert mit der Neuentdeckung der
Kabbala im 13. Jahrhundert, wandeln hier Hand in Hand und verstümmeln sich
— mißverständlich oder leichtfertig — fortschreitend durch die Zeiten in Abschriften
und Drucken. DämonologischeTalismanologie steht neben aus jüdisch-paulinischeß
Quellen gespeister Angelologie, das 16. —18. Jh. spendet neue Geheimsymbole der
Astrologie, Arzneikunde, der natürlichen magischen Chemie und Alchemie, Rezepm
zur Bereitung des Steines der Weisen usw., und das alles landet im volkläufigeß
Zauberbuch des 20. Jahrhunderts, nachdem es durch die Hände eines PARACELSUS»
Trithemius, AgrippA von Nettesheim und mancher anderer Grübler uß1
magische Mächte und deren Adepten hindurchgegangen ist. Bis dann der voß
historisch-philologischenSkrupeln unbeschwerte Verleger BARTELS die alten (schoß
zuvor bereits meist verstümmelten) Sigille durch die Bestände seiner Ziertypen uß^
Zufallsklischees ersetzt, so daß nun der Wappenstempel der „Republica de Co'
lombia“ zum „Charakter von Zwang und Gehorsam“ wird und wir das „Scutum
Mosis“ in einer „Protokollierten Schutzmarke“ der Dresdener Tintenfabrik voß
August Leonhardi dargeboten erhalten. Daß solche Verhältnisse, verbunden ßߣ
der Lückenhaftigkeit der Überlieferungsbelege wie auch der von allem Anfang ^
beabsichtigten Dunkelheit magischer Kryptographie, die textgenetische Forschuߣ
vor oft schwere Aufgaben stellen, bedarf kaum langer Worte.
Es ist im Rahmen dieser Darlegungen begreiflicherweise völlig unmöglich, äU
alle im Buch Jezira gesammelten Schriften und ihre Geschichte einzugehen.
Zauberbuch und Zauberspruch
121
rtiiissgn
Und p Gln paar stichprobenartige Hinweise auf Einzeltexte genügen, die Haltung
sieten r°blematik d*eses »Buches Jezira“ von den Einzelstoffen her zu charakteri-
^abei fällt auch dem flüchtigen Leser als Erstes die ausgesprochene Magi-
hier christlicher Heiliger und kirchlich-religiöser Texte auf. Nicht nur. daß wir
jg ti aS ,ln der magischen Praxis (besonders des deutschen Südens) seit dem 17./
b . ' Vlei verwendete Corona- und das Christoffelgebet wiederfinden, reine Geister-
Na W°rungen zur Schatzhebung, zu denen die Märtyrin Corona wohl durch ihren
suhaff11 ^r°ne = Geldstück), St. Christophorus aus seiner allgemeinen Nothelfer-
Ei 1 2U Wohlstand und Glück gelangte, das aufschlußreichste Beispiel für die
5 R- me^Zun§ des religiösen Schrifttums in die Zauberwelt gibt uns das in
Qg Ucder ‘ aufgeteilte „Geheimnis der heiligen Gertrudis durch Sophia das
Unfl pnS Unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi zu Erlangung zeitlicher Schätze
§Ech ‘Uter ^ Notleidenden und Armen etc.“. Hier finden wir gewaltsam ma-
q . lnterpretierte, von Zaubercharakteren begleitete Psalmentexte neben reinen
des per~ Unc^ Höllenzwängen, die GERTRUD DIE GROSSE, die spirituelle Nonne
5c^ät 1Sterc^enser^nnen^osters Helfta bei Eisleben (geb. 1256), zu einer gewaltigen
m.e^ ^tZe^eschwörerin umformen. In den kirchlichen Texten dieser Stücke, den Psal-
Vje^5 Gebeten und Litaneien aber haben sich vermutlich allein Reste jenes einst
”Psalterium magnum“ erhalten, von dem keine unmittelbare alte
pf SChr^t mebf Kunde gibt. Und wie Gertrud DIE Grosse ist auch der fromme
fasset Un<^ ^Beologieprofessor Dr. Johannes HABERMANN (1516 — 90), der Ver-
Gr des se*t 1567 meistgedruckten und meistgelesenen, in verschiedenste Sprachen
Bescfi 2tCn evanSepschen Gebetbuches, des „Habermännleins“, zum höllischen
^aub °rer Seworden: das Buch Jezira unterschiebt ihm nicht nur, daß er bekannte
druckT^^^ aUS ^om nach Deutschland gebracht bzw. geweiht habe, sondern
&°ldneaUCb ^ Beschwörungstexte von ihm ab, darunter zwei unter dem Titel „Der
Er pC ^Hbermann“. Andere Höllenzwänge und Conjurationen sind Salomon und
»Gei ^St ZuSescBrieben, und in dem auch „Colomanusbüchlein“ genannten
e^ge&1Cken Schild“ (der in die „Handschriftlichen Schätze“ Scheibles vollständig
sfiick;fean^en wabfend sich im Bartelsdruck des „Buches Jezira“ nur Bruch-
Büch^ .er^e^ten) finden wir eines der verbreitetsten, mit Segen untermischten
t)be Cln’ das deutsch seit 1647 in zahllosen Drucken erschien, selbst aber nur eine
afiemSevUng ^CS 1525 verleSten »Enchiridion Leonis Papae“ ist. Auch die nach
sglauben mit besonderen Kraftwirkungen ausgestatteten Gebete wie
Schicht ^eken trauen Traum“ oder die „Sieben Schloßgebete“ haben ihre Ge-
ünser e\d^e S^CB von den Handschriften des 15. Jhs. bis in die Devotionalzettel
M:
>erer
atiae
—cc^rfterePanntj Während.sich von den Wahrhaften Längen Christi und
. üsätzen unser IQln CStenS Bis ins 19. Jh. zurückverfolgen läßt. Zu den spätesten
Ü Jer die „|£Un t 1 ammiung tritt eine aus dem Französischen übernommene Schrift
Vereinten großS CS ^vartenscBiagens nach Eteila“ (1753). Alle die im Buch Jezira
Eichen 'Wöfi] n n und Binnen Texte sind auch in Einzelausgaben erschienen und in
Bei solcfiej.11^0 WeBer verbreitet worden als im Rahmen des teuren Sammelwerkes.
s°lches Bucf, aC degt die Frage nahe, wie es überhaupt möglich ist, daß ein
> zumal bei dem Preis von 25 Mk, einen umfänglichen Interessenkreis
122
Adolf Spamer
finden konnte. Antworten kann ich darauf nur mit einer selbsterlebten Beobachtung1
als ich im Herbst 1917 in München in einer kleinen Antiquariatsbuchhandlung a#1
Rindermarkt, die sich nebenbei besonders mit dem Vertrieb der Zauberbüchei
aus dem BARTELSverlag befaßt, herumstöberte, kauften im Verlauf von wenige*
denn einer Viertelstunde 5 nicht zusammengehörige, ärmlich und verkümme**
aussehende Frauen je ein „Buch Jezira“. Eine von diesen, nach dem Weggang atfs
dem Laden von mir befragt, warum sie dies tat, antwortete, ihr Sohn sei im Felde*
und eine Freundin habe ihr gesagt, wer dieses Buch Jezira im Hause habe, sei m1*
seinen Angehörigen vor allen Gefahren geschützt. Ihr liege nichts mehr am Lebet1*
und schwer sei es ihr auch geworden, das Geld zusammenzubringen, nun aber sie
das Buch gekauft habe, sei ihr wieder leicht zumute; sie wisse doch, daß ihr Sol**1
jetzt wieder heil aus dem Krieg zurückkehre. Ich glaube: die Beweggründe de*
anderen Frauen dürften ähnlicher Art gewesen sein.
Die salomonischen Schlüssel und Faustschen Höllenzwänge
Drei Texte des Buches Jezira („Doctoris Johannis Fausti sogen. Manual-Hölle*1'
zwang“, „Die Salomonische Conjuration“ und die „Claviculae Salomonis etTheosO'
phia Pneumatica“ führen uns zu den Kernstücken der Geisterbeschwörungen, d*e
sich seit dem 16. Jh. gewöhnlich als „Höllenzwänge“ bezeichnen. Auf deutscher*1
Boden verbinden sie sich meist dem Namen des „Erzzauberers“ Dr. Faust. Ih*e
Überlieferung und die Klärung der Textverhältnisse liegt noch völlig im Vef'
worrenen. Im 17. und 18. Jh., als die Magie an Fürstenhöfen in höchster Blü*e
stand, sind sie in sorgfältig kalligraphischen Handschriften oder Luxusdruckei1
gleich dem Wittenberger Pergamentdruck von 1540 (in Gotha) die sorgsam ge'
hüteten Glanzstücke insbesondere mitteldeutscher fürstlicher Büchereien. So
finden wir sie heute noch besonders in Bibliotheken wie Weimar, Koburg, Gotha*
Wernigerode (das gleich 5 Handschriften von unter Fausts Namen gehende*
Höllenzwänge besitzt) oder Dresden, wo einst der Faustsche Höllenzwang de*
Bücherei des Grafen Brühl Berühmtheit genoß. Literarische Notizen wie Mord'
prozesse, angefangen von dem Großenhainer von 1682 gegen den 19jährigen Morde*
Augustin Pauli bis zu dem Berliner Frauenmörder von 1900, bezeugen ihre prak'
tische und gefährliche Benützung, und auch der in der vielbeschriebenen sogenannte*1
Jenaer Christnachtstragödie von 1715 ums Leben gekommene Medizinstude*1*-
Weber benutzte zwei Bücher zum Schatzgraben: Fausts Höllenzwang und de*1
Schlüssel des Salomo. Vom Ende des 18. Jhs. ab beginnen die Neudrucke nach alte*1
Buch- und Handschriftenfunden durch JOHANN CHRISTOPH ADELUNG in seixiei
„Geschichte der menschlichen Narrheit“ (1784), in HORSTS „Zauberbibliothek >
später dann in mehreren Bänden von SCHEIBLES kulturhistorischer Textsammluiü
„Das Kloster“. Dazu bemerkt Letzterer: „Die verschiedenen Höllenzwänge habe
ich mit vieler Mühe und mit verhältnismäßig großen Kosten zusammengebrach**
teilweise aus Bibliotheken, teilweise von solchen gläubigen Besitzern, die sie tf1**
für ein Heiligthum übergaben.“ Auch geschäftlich bedingte Verlegung ließ (^lC
dies etwa die Leipziger Neudrucke von 1802 und 1823 bezeugen) die alten Te***c
neu aufleben. Über ein halbes Jahrhundert später wandert dann wieder ein solchel
Zauberbuch und Zauberspruch
123
«°Uen2wang im Rahmen der billigen Volksbücherausgaben des HASPELschen
Verlags in Schwäbisch-Hall in breitere Volkskreise. Unter den Zauberbuchern de
f - Jahrhunderts treffen wir Fausts Manual-Höllenzwang, dem wir bereits im Buch
fe'ta bzw. seinen Vorlagen begegneten, den F. A. SCHLÖFFEL für i.ao Mk ver-
tr,eb. Doch gab der gleiche Verleger auch noch eine zweibändige Ausgabe Faust-
sch« Höllenzwänge für 6 Mk heraus. Die billige Ausgabe eines anderen Textes
!°n L. M. Glogau Sohn in Hamburg betitelt sich „Der Schlüssel zum Zwang der
Sollen oder die Beschwörungen und Prozesse des Doctor Johannis Faustus e c. .
"nd auch ein bibliophil aufgezogener anastatischer Neudruck des okkultistischen
ütanusvetlags Max Duphorn in Bad Oldesloe „Doctor Fausts großer und
faltiger Höllenzwang. Mächtige Beschwörungen der höllischen Geister, zw.
des Aziels etc.“ fand weithin Abnehmer. Ich traf diese Ausgabe im Sommer .936
Schaufenster eines winzigen schmutzigen Papierlädchens im Hamburger Gange-
re! an. dessen Besitzer mir zu meinem Erstaunen erklärte, nach diesem Buch
«äs übrigens das einzige war. das das Geschäft führte) sei unter der Seemanns-
tätige unter uns. so überdauerten im Gegensatz zu Frankreich und anderen
«»nanischen Ländern die einst vielbegehrten„ClaviculaeSalomonis und verwandte
^‘sterbeschwörungen Salomos mit Ausnahme der erwähnten Stucke im Buch
, ra nicht das 19. Jahrhundert. Denn „Salomonis wunderbares Buch der wahre
schwarzen Kunst etc.“ (3 Mk), vom SCHLÖFFEL Verlag weithin verbreitet, hat m
der Höllenzwangliteratur nichts mehr zu tun, sondern ist eine Kompilation von
Exzerpten aus den verschiedenstenSachgebieten magischer Interessen und Torheiten,
^schrieben, kommentiert und eingeleitet von einem „Schriftsteller m sc no ng >
C‘n literarisches Wissen und seine Aufgeklärtheit naiv herausstellender Weise.
ganz ähnlich verhält es sich mit einem Buch aus der RuDOLPHsc en er
Handlung in Dresden „Der Spiegel des Salomonis oder die wahre Schwarze
^Unst“ -
kji J." » ^ozu
blbhothek
das Titelblatt irreführend vermerkt „Aus einer alten Kloster-
stoffr — * ^ese (später von BARTELS nachgedruckte) Schrift ist nur ein
öraM,C CS Charivari, das u. a. größere Auszüge aus dem
rachen
D
... _ w . Wahrhaftigen Feurigen
nd den „Ägyptischen Geheimnissen“ des „Albertus Magnus“ enthält.
W
cn reizvoll u °J 1 *7 * — —ö------- --------
erdens u d \Cn’ a°er sc^w^erigen Versuch einer Skizzierung des geschichtlichen
* andels der Salomonischen Beschwörungsliteratur als solcher muß
Salt Se|f delei.eiStelle versa£en> Das Allgemeinste aber dürfte bekannt sein: Salomon
a^er Magie^ Absehen Zeiten bei den Juden wie Andersgläubigen als der größte
a^e Ländej-^c11^ Zugedichteten magischen Wunder trugen die Sagen in
^telalte/’ ,C*.ne ^■mu^ette wanderten von Volk zu Volk, und das europäische
»Clavic T zwe* Dutzend Zauberschriften zu, von denen sich
^gen lassU 36 wenigstens im Gröbsten bis in ihre orientalischen Ursprünge ver-
Llnd Arabe^5 V°n W° ^re euroPa^sc^e Verbreitung vornehmlich durch Juden
rtl°nischenrR1-n ^f>an^en vor gegangen zu sein scheint. In diesen pseudosalo-
1 • u . ern der schwarzen Magie systematisiert und spezialisiert sich dann
er jene Dämonologie, deren Anfänge wir bereits zu Beginn unserer
124
Adolf Spamer
Zeitrechnung im apokryphen Buch Enoch finden und die ihren Höhepunkt 1111
17. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Teufelsliteratur, erreicht, wo nun für
Fälle magischer Wünsche ein Spezialteufel in menschlicher oder tierischer Gestalt
zur Verfügung steht. Wie sich dann die Gläubigen im Spätbiedermeier solche
Teufel modernisiert und verbürgerlicht vor stellen, zeigen die kolorierten Stell1'
drucke SCHEIBLES, die dieser nach älteren Handschriften in eigenen Bändchen herauf
gegeben hat.
Die Segen- und Beschwörungssammlungen: das RomanusbüchleV
und die Ägyptischen Geheimnisse des „Albertus Magnus“.
Abseits der verkrampften Teufelsmagie steht die letzte Gruppe jener Zaube1'
bücher, die lediglich Sammlungen von in breitesten Volkskreisen lebendigen Segefl
und Beschwörungen sind. Sie enthalten überwiegend Krankheitsheilsegen №
Menschen, Vieh und Frucht, daneben vorbeugende Bittsegen gegen alle HaUs>
Mensch und Vieh bedrohenden Gefahren, Schutz vor Geistern, Hexen, Tiere11’
Naturgewalten, auch Beschwörungen zauberhafter Art in Familienleben, Haushalt
Landwirtschaft und Handel, bei Jagd und Kampf einschließlich ausgesprochen^
Verwünschungsformeln. Endlich auch Bann- und Bannlösesegen von Mensche11»
Tieren und Naturkräften. Selbst Sprüche für das Öffnen von Schlössern, eineil
Stecken zu schneiden, mit dem man seinen Feind auf jede Entfernung hin prüge^.
kann, Sprüche um stets vor dem Gericht recht zu bekommen, den Schnupfen
Vorübergehende zu übertragen usw. finden wir in diesem Universalrepertoire'
Von gedruckten Sammlungen sind die verbreitetsten das „Romanusbüchlein“ ui10
die „Ägyptischen Geheimnisse des ,Albertus Magnus* “. Das Romanusbüchlein, 111
früheren Zeiten verkoppelt mit den Geistlichen Schild-Drucken oder auch d^1
„Geheimnisvollen Heldenschatz“ des STARICIUS, läßt sich in Einzelausgaben ein*1'
weilen nicht über die Zweithälfte des 18. Jahrhunderts nachweisen, in denen e~
besonders in Süd- und Westdeutschland außerordentlich beliebt war und im&ei
wieder für persönliche Zwecke ab- und ausgeschrieben wurde. Dagegen entstamtf1^1
die „Ägyptischen Geheimnisse“ erst dem Anfang des 19. Jahrhunderts, wo №c
vier Bücher zunächst als Einzelbroschüren von Louis Ensslin (später: EnsSL^
und LäIBLIN) in Reutlingen in zahlreichen Auflagen vertrieben und (gleich
Romanusbüchlein) fester Bestand der Jahrmarktsverkaufsbuden wurden. Währe11
die Titelgebung „Romanusbüchlein“ nicht sicher geklärt ist, ergibt die ZuschreibuL-
der „Ägyptischen Geheimnisse“ an den bedeutenden schwäbischen Bischof AlbE1^
DEN GROSSEN (1193 — 1280), daß dessen Erforschung der Naturkräfte ihn bere'tS
zu Lebzeiten in den Ruf eines Schwarzkünstlers gebracht hatte und bald zu eii1^1
ausgesprochenen Wandersagen-Magneten werden ließ. Bereits im 18. Jh.
in Frankreich magische Volksschriften um, die sich , Le grand Albert“, „Le Pet>t
Albert“, ,,L’Albert moderne“ nannten, und im deutschen Sprachraum kursie£te*(
zu gleicher Zeit und später Schriften mit Titeln wie „Der mährische Albertüs
(= ANDREAS Glorez), „Albertus Magnus der Andere und Wahre“ (= EbeRHAE^
HEINRICH Fischer, ein preußischer Förster in der Grafschaft Mansfeld) u.
So war der Name „Albertus Magnus“ bzw. schlechthin „Albertus“ bereits läflr'
Zaubefbuch und Zauberspruch
125
Zu ej
seine ge P°Pu^ären Fachbezeichnung für „Zauberbuch“ geworden, ehe Enßlin
bischof ^ensammlung mit dem Pseudonamen dieses mittelalterlichen Gelehrten-
^reichappr°bierte- ^eben diesen beiden Hauptsegensammlungen liefen und laufen
Jederm C an^ere um; *n Sassen besonders die „90 Geheimnisse oder Mittel für
CiiRjg.ann *n landwirtschaftlichen und häuslichen Verhältnissen“ (die zuerst
in j ^ ^ DiENEGOTT LEUTHOLD in Flinsberg im Isergebirge herausgab),
alten g ^estdeutschland die 14 Bändchen der „Geheim- und Sympathiemittel des
in einer p C1S Thomas“, hrsg. von einem Altonaer Verlagsbüro A. Prinz. Auch
Gene^f,verwandter sympathetischer Schriften ist „Schäfer Thomas“ zum
ecknamen der verschiedensten Verfasser geworden.
^che ^ man Gesamtheit dieser Segen, so blickt man in eine übergeschicht-
hnncje £ efkennt, wie die Kindheit unseres Lebens mit der Wende zum 20. Jahr-
das n^ n°C^ mcht ihr Ende gefunden hat, daß die Kindheitspsychologie im Grunde
daß cüe118’^0^ ^e^en begleiten muß, bis es zu Grabe sinkt. Das besagt nicht,
feste P einze^nen Segen- und Beschwörungsformeln, ihre Motive und Typen keine
Bein ^Schichte, keine Kulturwanderungen hätten. Die Conjuratio des „Bein zu
uns ^ ut 2u Blut, Glied zu Glied“ des zweiten Merseburger Zauberspruchs tritt
2°0o t ^So ln Fen Verrenkungssegen unserer Tage wie zur Zeit des Atharvaveda,
(d. h {jj ^ V°f unserer Zeitrechnung, entgegen, und der „Begegnungstypus“
^eSuen1C ‘Prza^lun§’ daß Schadengeist und Heilgeist sich auf der Wanderung be-
Sertbti l n<^ *bre messen) ist uns über die antike Mittelmeerkultur aus dem
^e^anri Gn ^r*ent uncl letzten Endes aus der Magie des Zweistromlandes zu-
die p Crt’ ^at seine assyrischen und ägyptischen Vorbilder. Aber wesentlicher als
ÜI1dAh ^.^^Huchte der Segen ist uns ihr Weltbild, in dem sie bis in die Drucke
der M SC nftenuiisererTage allein leben konnten. Es ist die Welt der Allbeseelung, in
Stbrunc>?SC^en> Dämonen, Tiere, Bäume, Pflanzen, Steine, Gewässer, Zer-
Ocün der Heilmittel ihr gleiches und gleichberechtigtes Leben führen, in der
der Cb ‘ C ^Cr e^enso 2um Schadengeist werden kann wie die Jungfrau Maria,
de^ je- ^lstus mit dem „Mord“ (d. i. dem Schlagfluß) nicht anders zusammen auf
°hne dieCpen-^er<^ re*tet wlß Fetrus und Maria. Eine Welt, in der die Elben nicht
Salbe und pb^nnen über Land gehen, die Gicht nicht ohne die Gichtfrau, in der
^eidenb faU ba^be uncl unser Herr Jesus Christus an einem Tisch sitzen, der
ür»d um a?m ^er Flechte ins Gefecht gerät, das Heilmittel zum Dämon wird
Gott wipp C^rt> *n ^er ^er Feidende die Sonne mit den Worten begrüßt: „Sei mir
^Usch Uncj^men Sonnenschein, wo reitst du hergeritten“, den helfenden Holler-
Cr slch bef -C P*cbte glHch freundlich anredet wie den Krankheitsdämon, von dem
ües deut rplen Ist es mäht lange her, daß man glaubte, die Geschichte
^ek°nstrlm Volksglaubens unserer Vorfahren mittels jener intellektuellen
Gddj Fönen erhellen zu können, die uns die Gelehrtenschule des Hofes
W,“ ^Cr W°F1 die „Edda“ ihren Namen herleitet) und ihrem gelehrten
hhantasie ^ STURLUSON“ oder gar die späteren skaldischen Dichter-
beSchwöru arboteru Heute wissen wir, daß jenes große Material der Segen und
Hel besse^Un_Sen (unser junges Archiv besitzt bereits gegen 2 2000 Nummern) uns
mcht nur über die Weltschau unserer Frühzeit unterrichtet, sondern auch
126
Adolf Spamer
über einen nicht zu übersehenden Faktor des unterschichtlichen Seelen-
Gefühlslebens unserer eigenen Tage. Das heißt: unser Versuch gilt nicht nur dei
Aufdeckung kulturgeschichtlicher Bewegungen vergangener Zeiten, sondern aud5
(und nicht in letzter Linie) der Zustandsprüfung der geistigen und seelischen Volks'
kräfte des Heute. Kindlich-harmlose Vorstellungen des kosmischen und persöfl'
liehen Lebens verflechten sich im Bereich des Magischen mit Verwirrungen
Geistes, derer Auswirkungen sich weit über das Magische und Persönliche hinäuS
erstrecken und so selbst zu Schadengeistern an der Gemeinschaft werden könne*1'
Das zu unterbinden, ist Aufgabe des Volkserziehers und Volkslenkers. Aber
wenig der Arzt eine Krankheit heilen oder verhüten kann ohne Kenntnis ¿e(
pathologischen und der normalen Prozesse im körperlichen Haushalt des Mensch^11’
so wenig vermag der Pädagoge Erfolge zu erzielen ohne das Wissen um die realeil
Tatgegebenheiten, vor die er gestellt ist. Diese Tatgegebenheiten aber unvorei^'
genommen und objektiv herauszupräparieren, ist die Aufgabe der Forschung,
freilich nur dann den Ehrennamen der Forschung verdient, wenn sie sich bew^
ist, daß ihre Ergebnisse über den Forschungsbereich als solchen hinauswachsen u*1
fruchtbar werden müssen.
Friedrich Pfister — Würzburg
Von den Wundem des Morgenlandes
In der weitschichtigen Literatur über den fernen Osten, an deren Anfang ein
^rieche des 6. Jahrhunderts v. Chr. steht, finden wir neben vielen andern wunder-
Erscheinungen auch immer wieder Berichte von merkwürdigen monströsen
Nschen und Tifren, die ¡ene Gegenden bevölkerten Zum Teil drangen sie auch
‘"die Volksbücher und den Volksglauben des Abendlandes ein. Ste ste‘le“ a"
ub«lieferungsgeschichtliches Problem dar, das uns im folgenden beschaf g
s°ll- Wir wollen es zunächst an drei Beispielen erläutern.
IR1 ^ARL SlMROCK hat mit Recht in der Reihe seiner „ eutsc en °
(®d-XlH ,867) auch die Reisebeschreibung des John Mandeville (Johannes
Montevilla) in einer älteren deutschen Übersetzung herausgegeben. Dieses
We*‘) war ein halbes Jahrtausend lang ein Volksbuch gewesen, ursprünglich
>56,-7i in französischer Sprache verfaßt, dann aber fast in alle westeur -
Pasche Sprachen übersetzt und durch Drucke seit dem 15. Jh. verbre>tet' Wlr keI“ :
'°n ihm auch drei deutsche Bearbeitungen, von denen die des Michel Velser
Oori Jahre 1481 der Simrockschen Ausgabe zugrunde liegt. Der In a t gl t sic
Reisebericht des englischen Ritters John Mandeville, der hier erzählt, was er au
.e‘ne» 33 Jahre dauernden Fahrten in Ägypten, Palästina und im fernen Osten g
R'he» und erlebt haben wollte. Hier findet sich unter vielen andern wunderb
Richten auch eine Reihe von monströsen Menschen und Tieren, so etwa ie
chen mit Hundsköpfen, die Riesen, die ein Auge auf der Stirn haben o er so
Kopf, die ihr Gesicht auf der Brust tragen, oder die Schatten u ,
^ So groß ist, daß sie, im Sonnenschein auf dem Rücken liegend und den hu
, dle Höhe streckend, in seinem Schatten ausruhen können. Von Tieren
7 goldgrabenden Ameisen und das merkwürdige Riesentier, der Odontotyrannus,
er^ähnt.
ZiernHch bald nach Mandeville, gegen Ende des 14. Jahrhunderts, verfaßte
^Nes de Hese seinen Reisebericht2), in dem sich auch mancherlei
£ngl7Sgake der englischen Fassung von P. Ha melius ^^nschen Die Quellen
fürH'TeXt Soc- 15 3/4, 1919, 1923). Über die Quellen vgl. A. Bovenschen D d. Ges.
f. Eri'iL Reisebeschreibung des Joh. Mandeville, Diss. 1888 Auszug au
*\ A ‘ XXHI 1888, i77ff.; Pfister, Hermes 76, J94], reoChichte, 2. Aufl.
18-tr, c?s§abe von Oppert, Der Priester Johannes in der age u ^ gg^ 159fr.
193, und von Zarncke, Abhh. d. Sächs. Gelder Wiss. Ai*
Üb
7o, S
,er ihn
selbst s.Allg. D. Biogr. Nachtr. Bd. 50, 1905, z7iff.
128
Friedrich Pfister
liches findet. So kamen die Reisenden zu einer Insel, auf der sie landeten und eH1
Feuer anzündeten; plötzlich aber tauchte sie unter: es war ein ungeheurer Fisch
auf dem sie ausgestiegen waren.
3. In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts beschrieb Rabbi GERSON
Eliezer seinen Besuch bei den Juden am Sabbatfluß im östlichen Indien, und aud1
hier werden allerhand Wundererzählungen aufgetischt3). So spricht der Reisen^
wieder von den kopflosen Menschen, von Tieren mit fünf Füßen und drei AugeI1’
sechs Ellen hoch, ferner vom Magnetberg, der alle Eisennägel aus den Schiffen a*1
sich zog, weshalb dort die Schiffe nur mit Holznägeln gebaut werden.
Diese drei Beispiele sind aus einer Fülle von Reiseschilderungen herausgegriffel1’
deren unabreißbare Folge sich auf weit über zweiundeinhalb Jahrtausende ei'
streckt, von HOMERS Odyssee bis zu den „Wunderbaren Reisen“ des Freiherr
von MÜNCHHAUSEN. In manchen Zeiten schossen sie so sehr ins Kraut, daß sie l(i
satirischen Schriften verspottet wurden, wie dies bereits im 2. Jahrhundert n. Chf’
LUKIAN in seinen „Wahren Geschichten“, im 16. Jahrhundert RABELAIS und zU
Anfang des 17. Jahrhunderts Gabriel ROLLENHAGEN getan haben. In diese11
Reiseschilderungen nehmen wunderbare Menschen und Tiere, die in fernen Gegefl
den wohnen, ihren festen Platz ein, und immer wieder begegnen uns die gleich611
Gestalten, Riesen und Zwerge, die kopflosen und einäugigen Menschen, di£
Hundsköpfe und Schattenfüßler, die Einhörner und Greife. Aber auch in ande(£
Literaturgattungen haben diese Monstra Eingang gefunden: in geographisch
ethnographische und naturkundliche Werke von Hekataios von Milet an übel
PLINIUS bis zu den großen Enzyklopädien des ausgehenden Mittelalters und in ^
eigentliche paradoxographische Literatur, die wir vom 3. vorchristlichen Jahrhund6lt
an kennen. Sie treten uns auch in der bildenden Kunst aller Zeiten entgegen, 111
der orientalischen und minoischen Kunst wie bei BÖCKLIN, und oft sind in mitte
alterlichen Handschriften des Abendlandes wie des Orients den dort beschrieben611
Monstra auch Illustrationen beigegeben4).
Da erhebt sich zunächst die Frage nach der Herkunft eines jeden einzelnen dicsef
Mischwesen und nach dem Gang, den es innerhalb dieser Literatur von ein6'11
Autor zum andern gemacht hat. Also etwa: Woher hat Mandeville seine Kennt^
von den Schattenfüßlern, die bereits im 6. Jh. v. Chr. der Indienfahrer SKYlA
von Karyanda erwähnte? In der Literatur, die zwischen beiden liegt, werden sl
häufig genannt. Eine solche Quellenuntersuchung, die für jedes einzelne di&c
Monstra anzustellen ist, kann in jedem Fall eine Art von literarischem Stammba^ ^
nachweisen, und oft wird sich sogar seine letzte Wurzel aufzeigen lassen. Es wird sic
auch die Frage erheben, in welchem Verhältnis manche dieser Fabelerzählunge112!
Tatsachenberichten von Reisenden stehen, die nüchtern und kritisch ohne phanta5^
sehe Ausschmückung über ihre Reisen referiert haben. Wir müssen auch in Betra6
----------— /ff
3) Ein Stück daraus abgedruckt bei Eisenmenger, Entdecktes Judentum II f
Vgl. über ihn The Jewish Encyclop. V 1903, 6391.; Pfister, Rhein. Mus. 66, 1911, 4ybj
4) Gerade kürzlich wurden mir durch Herrn Dr. Klaus Fischer aus Calcutta z"f,
Photographien nach einer persischen Handschrift des 17. Jahrh.s zugeschickt mit H
Stellungen monströser Menschen, darunter die Ohrenmenschen und die Kynokephak11'
Von den Wundern des Morgenlandes
129
M.n> ^aß bereits in Mythen und Märchen, insbesondere in der griechischen
har- ,°^le’ von Fabelwesen die Rede war und müssen daher auch den Zusammen-
K diesen beachten. Wir beschränken uns dabei auf den antik-abendländischen
2u £ r reis> in dem wir ja eine zusammenhängende literarische Überlieferungslinie
Lite»- Cn ^0^en können, die vom homerischen Epos durch die spätere griechische
_________ J. -----r----o ””
‘«ratur über die lateinisch schreibenden Autoren durch das abendländische
Mi«elalter bis
auch Einfli
zur Gegenwart führt. Wir müssen dabei aber auch fragen, ob nicht
^ lusse von außen, etwa aus dem Orient, festzustellen sind.
der ^testen> in der Literatur bezeugten wunderbaren Wesen linden wir in
0^ i. griechischen Mythologie und auf Grund dieser mythologischen
J^U1 ^ -ung im ältesten uns noch erhaltenen Schrifttum des antik-abendländischen
gjs , r reises> im homerischen Epos. Bezeichnenderweise treten diese „mytholo-
bje Gn Gestalten besonders häufig im Zusammenhang mit denjenigen griechischen
teu Cn auL die der Sage nach die ganze Welt durchzogen, und zu deren Aben-
Lle ti en ^as Zusammentreffen mit solchen Monstra gehörte; das waren Odysseus,
abe es und die Argonauten, die „Wanderungsheroen“, die Prototypen des
fre euernden Weltenfahrers. In der Odyssee kämpft der Held mit den menschen-
mjt ^n<aen. ^esen, den Lästrygonen (Od. X 7 7 ff), ferner besteht er das Abenteuer
(0^ riesigen gewalttätigen Kyklopen, die ihr eines Auge auf der Stirn tragen
Q ' Ä 10 6 ff), und mit den Sirenen, die die vorbeifahrenden Schiffer durch ihren
ihn betören; wer auf ihre Stimme hört, vergißt seine Heimat und bleibt bei
Hie so häufen sich am Ufer die Gebeine ihrer Opfer (Od. XII 39 ff.; 158 ff).
Üb estalt der Sirenen wird von Homer nicht beschrieben, aber in der späteren
leferung sind es Mischgestalten, halb Weib, halb Vogel5). Genau schildert
hCöpfg^ ^ann die furchtbar bellende Skylla mit ihren zwölf Füßen und sechs
hau I^aU^ ^an&en Ftälsen, während er über das Aussehen der gegenüber im Wasser
Üerapj en p^arybdis nichts aussagt (Od. XII 85 ff; 208 ff). Der zweite Held,
leibja GS5 ^amP^t gegen die mehrköpfige Wasserschlange (Hydra) und den drei-
ünd mit *CSen Geryoneus, er trifft mit den Kentauren (halb Mensch, halb Pferd)
aUch die Cn ZwefSwdchsigen Kerkopen (Schwänzlinge) zusammen; er unterstützt
LiesenleiP°i:ter *n ihrem Kampf gegen die Giganten, die übermütigen frevelhaften
Jüngfra cdheßlich die Argonauten bestehen das Abenteuer mit den geflügelten
mit ü ^£n HarPjden> und mit Vögeln, deren Federn als Pfeile herabfallen,
de^ a 1 rachen in Kolchis und mit dem fischleibigen Meeresdämon Triton, gegen
Lfel)C 1 Herakles kämpfte.
der Pven ^Cn 2wergbaften Kerkopen ist von mythischen Wesen noch das Zwergvolk
e^eUso n?^en (Fäustlinge) zu nennen, gegen welche die Kraniche streiten (II. III 6ff);
£\yer S^1<^ aucb die Daktyloi (Däumlinge) von zwerghaftem Wuchs, die wie die
Stellen -er Putschen Volkssage durch ihre Kunstfertigkeit berühmt waren. —
^lr ^azu noch einige sonst aus der griechischen Mythologie bekannte
6) y
^cn Art. Sirenen in Roschers Mytholog. Lexikon und bei Pauly-Wissowa,
<tUch (jje gej°Pa<^^e ^er klass. Altertumswissenschaft (im folgenden als R.-E. zitiert). Hier
e ege für die gleich genannten mythologischen Wesen.
^olksk
■unde
130
Friedrich Pfister
mischgestaltige Geschöpfe: die Satyrn, Silene und Pane und die zahlreichen, a°s
HESIODS Theogonie bekannten Ungetüme wie die hunderthändigen Riesen, die
Echidna, die Chimaira, die Sphinx, den Typhoeus, die Greife und andere, s°
haben wir die wesentlichen Mischgestalten der griechischen Mythologie auf'
gezählt, und es fragt sich, ob diese auch in der späteren Zeit unter den Monstra
der volkstümlichen Reiseberichte noch eine Rolle spielen.
Denn nun beginnt eine ganz neue Gattung von wunderbaren Menschen und
Tieren in der Literatur aufzutreten. Bereits HESIOD6) erzählte von fernen Völkern
wie den Großköpfen (Makrokephalen) und den Halbhunden (Hemikynes, wohl
identisch mit dem später als Kynokephalen, Hundsköpfe, bezeichneten Volk), und
ARISTEAS7) berichtete ausführlich, was er auf seiner Reise in den hohen Norden
gesehen und gehört habe: Beim Volk der Issedonen erfuhr er, daß nördlich von
ihnen das Volk der Arimaspen wohne, die nur ein Auge auf der Stirn haben (als0
wie die homerischen Kyklopen), noch weiter im Norden hausen die goldhütenden
Greife, mit denen die Arimaspen beständig um des Goldes willen, das sie ihnen
rauben wollen, im Streit lägen. — Das sind also ethnologische und naturkund'
liehe Berichte von Wunderwesen, im Gegensatz zu den mythologischen; sie
werden vorgetragen von Reisenden in Erlebnisberichten aus fernen Ländern,
sie besuchten. Sie drangen von HESIOD an in die Literatur ein, und dem HESIO^
selbst wurde eine geographische Dichtung zugeschrieben, in der von solche
Monstra die Rede war. Mit ARISTEAS, der bis ins Skythenland vorgedrungen vrai
und eine epische Dichtung über seine Erlebnisse schrieb, kommen wir zur Weflde
des 7. Jahrhunderts v. d. Ztr. in die Zeit, da bald die griechische Wissenschaft
von Männern wie THALES, ANAXIMANDER, AnAXIMENES und HEKATAIOS (alle
vier aus der ionischen Kolonie Milet stammend) geschaffen wurde, und in welche1-
der geographische Horizont bereits durch Handels- und Entdeckungsreisen
Koloniegründungen besonders an den Küsten des Schwarzen Meeres (seit de*11
7. Jh.) bedeutend erweitert war. Skylax von Karyanda reiste im letzten DritteJ
des 6. Jahrhunderts sogar nach Indien und fuhr den Indus hinab bis ins Meer
kam, um Arabien herum fahrend, zurück in die Gegend des heutigen Suezkanab'
In seinem Reisebericht8 *) gab er neben tatsächlichen Schilderungen auch Kuflfte
von wunderbaren Völkern, die im Osten lebten, so von den Langl
phalen), den Schattenfüßlern (Skiapodes), den Einäugigen (Mon
den Ohrenmenschen (Otoliknoi), deren Ohren so groß wie Scheffel
die drei letzteren hat er in die Wunderliteratur eingeführt.
Das gesamte Wissen seiner Zeit auf dem Gebiet der Geographie und Eth°°
graphie faßte der Begründer dieser Wissenschaften, HEKATAIOS von Milet, 1(1
6) Frgg. 54, 60—62. Uber Hesiods metrische Erdbeschreibung vgl. Nilsson, Rhd11'
Mus. 60, 1905, 178fr.
7) Von seinem Arimaspen-Epos, das wohl noch dem 7. Jahrh. angehört, berichtC
Herodot III 116; IV 13—16; vgl. auch Aisch. Prom. 802 ff. und Aisch. Frg. 194.
8) Seine Fragmente bei W. Reese, Die griechischen Nachrichten über Indien, i91^’
dazu Gisinger, R.-E. III A 619 fr.
köpfen (Makroke'
ophthalmoi)
seien. Mindeste05
Von den Wundern des Morgenlandes
131
J?r ^ Sr°ßen Werk zusammen, das uns bis auf ein paar Fragmente verloren ist9).
Sc^ . n^t2te u" a‘ auch den Bericht des Skylax’ und so sprach auch er von den
baren V* U^ern (Frg- 327)> auch von den Pygmäen (Frg. 328); auch den wunder-
Qan2e Phönix beschrieb er, wie wir aus Herodot (II 73) wissen. Aber im
ge„ ^ scheint er sehr wenig Derartiges erwähnt zu haben. Dagegen schildert er
68^-^aS ^ußpferd und das Krokodil, die er wohl selbst gesehen hatte (HerodotII
bjjt er drängt sich notwendig ein Vergleich auf, der ein Stück Geistesgeschichte
Pjuß *8 2u erhellen imstande ist. Um 500 v. Chr. werden das Krokodil und das
Au > ^ er<^ *n -Ägypten heimisch sind, nach der Natur und nach Berichten von
j$e 1 2eugen geschildert. Überspringen wir 1600 Jahre, so finden wir wieder eine
hat lbung beider Tiere durch einen Mann, der über 3 o Jahre lang im Osten gelebt
Yq pu mbldestens das Krokodil wohl auch selbst gesehen hatte: durch FüLCHER
artres, den Teilnehmer des ersten Kreuzzuges. In seinem Werk10), das diese
Ur,d d e^lan<^e^t’ schildert er auch (III 49) die Tierwelt des Ostens, auch das Nilpferd
er e as Krokodil, aber nicht nach eigener Beobachtung und Erkundung, sondern
, Chnt Beschreibung der literarischen Überlieferung, einem der dürftigsten
er einfo’ ?Cr, Kompilation des SOLINUS (32,22 und 30 S. 143h ed. MOMMSEN), den
ülef11 aC^ ahschreibt. Er fügt dann noch hinzu: das Flußpferd sei größer als ein
sc^ , ^ Knd auch diesen Satz, der gegen allen Augenschein spricht, hat er abge-
(fjj ( en: aus dem apokryphen Alexanderbrief (p. 197,18 K. =25,35 Pf.), den er
u^ei °' hür eine zuverlässige Quelle hält. Diese und andere kleine und große Tiere,
ru{}s ann ÜULCHER, hat Gott alle erschaffen, und weil es ihm gefällt, sie zu schaffen,
diesen aUcb uns gellen, und also müssen wir ihn loben. — Bis die Naturkunde
grje , . leistand erreichte, wofür hier nur ein Beispiel für viele steht, mußte die
Ulld r! C 6 ^ssenschaft aus dem Gesichtskreis des Abendlandes verschwinden
Kndu fC r°misc^en Kompilatoren ersetzt werden und mußte sich die Ver-
die V°n Rheologie und Naturwissenschaft durchsetzen, eine Entwicklung,
fojo-« f ^er Zeitenwende an immer stärker hervortritt. Wir werden darauf im
Her n2UaChtenhaben-
ganz e ?D0T Ilat <^as Werk des Skylax benützt, und auch in diesem ältesten uns
So a tenen griechischen Prosawerk finden wir manche wunderbare Gestalten,
die ei -UnS bereits aus der früheren Literatur bekannten Kynokephalen (IV 191),
IlJ i rArimaspen (III 116; IV 13; 27), die goldhütenden Greife (IV 13,27;
afrika (II 73). Neu treten hinzu die kopflosen Menschen in Nord-
■^■ensch ePba^°b IV 191), die ihre Augen auf der Brust tragen, die ziegenfüßigen
itn itnhohen Norden (Aigipodes, Ziegenfüßler, IV 25); dazu nennt HERODOT
aUsläuft en^an<^ eine sagenhafte Jungfrau, deren Körper in einen Schlangenleib
und die den Herakles zwang, ihr beizuwohnen (IV 8f.). Von Tieren nennt
Thes ^Jámente bei F. Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker I Nr. 1.
10) Pülch m folgenden als F. Gr. Hist. zitiert.)
^arnotensis Historia Hierosolymitana, herausgeg. von H. Hagen-
132
Friedrich Pfister
er die geflügelten Schlangen in Arabien, von denen er wenigstens die Knöchel1
gesehen hatte (II 75 f.; III 107—109), und im Norden von Indien Ameisen, kleine*
als Hunde und größer als Füchse, die beim Bau ihrer unterirdischen Wohnunge11
den goldhaltigen Sand herauswerfen; den sammeln dann die Inder unter große0
Gefahren.
Ein halbes Jahrhundert nach HERODOT hat KTESIAS, der als Leibarzt des Königs
am persischen Hof viele Jahre lang tätig war, ein Buch über Indien verfaßt11), ohne
selbst in diesem Land gewesen zu sein. Bei ihm kehren die Schattenfüßler, Ohre*1'
menschen, die Einäugigen, die Pygmäen, Kynokephalen und Greife wieder, ei
spricht als erster von Menschen mit acht Fingern und acht Zehen und beschreib1
ausführlich das Einhorn und als erster Grieche nach Berichten, die er in Persie*1
einzog, den Tiger und den Papagei.
Dieser bisher betrachtete älteste Bestand an griechischen Fabelwesen entstamm^
zum Teil der Mythologie, zum Teil den Berichten von Reisenden und Seefahrer*1’
die im Ausland von solchen Wesen gehört oder sie gesehen haben wollten. Zu01
großen Teil kommen diese letzteren aus der einheimischen orientalischen, insbeso*1'
dere indischen Überlieferung, die auf diese Weise Eingang in die griechische Literat0*
fand. Wenn auch die älteren Berichterstatter, so auch HERODOT und auch nod1
KTESIAS, in ihren Aussagen über wunderbare Menschen und Tiere zurückhaltend
waren, so zweifelten doch die wenigsten Griechen an ihrer Existenz. So zog z.
der Sophist ANTIPHON12 13 *) die Schattenfüßler, die Makrokephalen und die un*ei
der Erde wohnenden Troglodyten in einer seiner philosophischen Schriften hera°’
wohl deshalb, um auch auf sie seine Meinung auszudehnen, daß alle Mensche*1’
Hellenen wie Barbaren, auch die niedersten Völker, von Natur in gleicher W°ise
geschaffen, in Eintracht miteinander leben müßten.
Diese älteste Gruppe, die uns fast vollständig auch in der Klassischen Walpurg15'
nacht des Faust begegnet — (Greife, Ameisen von der kolossalen Art, Arimaspe°’
Sphinx, Sirenen, Kentauren, Pygmäen, Daktylen u. a. m.) — wurde vom 4. J^'
v. d. Ztr. an bedeutend vermehrt, als durch Alexander D. Gr. der Orient n*>c^
besser bekannt und dem Verkehr noch mehr erschlossen wurde. ALEXANDER,
Schüler des größten Organisators wissenschaftlicher Forschung, hatte auf seine01
Feldzug, der ihn ostwärts über den Indus hinausführte, auch einen Stab
Forschern mitgenommen, die in seinem Auftrag überall geographische, ethn0
graphische und naturkundliche Untersuchungen aller Art anstellten und spä*ef
ihre Ergebnisse in eigenen Schriften niederlegten. Das meiste davon ist uns freihc
verlorengegangen, aber in der späteren Literatur hat sich doch noch so viel an Ze°$
nissen und Auszügen erhalten13), daß wir gut die ungeheure Förderung der Wiss°°
schäften, die vom Alexanderzug ausging, zu erkennen vermögen. Insbesonde*e
hat der Admiral des Königs, NEARCHOS, der mit ganz bestimmt formulier*^
u) Auch seine Fragmente bei Reese a. a. O.
12) Die Fragmente bei H. Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, Nr. 80, Frg. 45''" ^
13) Die Fragmente bei Jacob Y, F. Gr. Hist. Bd. II ; zu den einzelnen oben genau*1*1'
Teilnehmern des Alexanderzuges s. Berve, Das Alexanderreich, 2 Bde. 1926.
Von den Wundern des Morgenlandes
133
_ '
der i>afen d*e Flotte den Indus abwärts und dann von der Mündung dieses Flusses
mit Si 6 endan§ Lis nach Babylon führte, ausgezeichnete Forschungsergebnisse
der i aC ^ause gebracht und später publiziert, während einer seiner Begleiter,
aufn ^niScFe Philosoph ONESIKRITOS, auch manches Fabelhafte in seinen Bericht
des ^ adgemeinen muß das Urteil über die literarisch dargestellten Ergebnisse
in di Xan^er2uges sehr günstig ausfallen, und um so weniger können wir hoffen,
Aber !!*, Literatur viel von monströsen Menschen und Tieren berichtet zu finden.
spgt andererseits haben manche Erzählungen der Teilnehmer des Alexanderzuges
^heb^11 ^Utoren den Antrieb gegeben, sie zu vergröbern und ins Wunderbare zu
So
Amyntas eine Schilderung der Wanderratten, von ihm als „Mäuse“ be-
Übrj net’ d*e in großen Scharen die Flüsse am Kaspischen Meer durchschwimmen;
W0 öenS die eln2:ige Erwähnung dieses Tieres in der Literatur bis ins 18. Jahrhundert,
J^ns der Naturforscher PALLAS (gest. 1811) berichtet, daß im Jahre 1727 die
erra-tten in großen Zügen die Wolga durchschwammen. Amyntas fügt noch
dies Tier so groß wie ein ägyptischer Ichneumon sei. In dem lateinischen
Vet£ VrbriefM)> den wlr noch kennenlernen werden, wird dies Tier bedeutend
ert’ Und es wird uns erzählt, daß nachts „indische Mäuse“, ähnlich wie
In e’ln das Lager Alexanders eindrangen und durch ihre Bisse viel Vieh töteten.
Gr|ec^ser Gestalt trat das Tier ins Mittelalter ein, nicht in dem Originalbericht des
Und Albertus Magnus hat in seine Tierkunde15) unter ausdrücklicher
Werin der Lpistola Alexandri die fabelhafte Erzählung übernommen. — Oder
dessen EARCHos (Ffg- 24 p. 688) einen ganz primitiven Volksstamm beschreibt,
nagele ngehörige am ganzen Körper behaart waren und raubtierartige Finger-
Fische attCn’ d*e Sle Wle eiserne Werkzeuge gebrauchten, um mit ihnen die gefangenen
^urdenaU^2USC^tZen’ worrdt sle a^er aucL weiches Holz zerteilen konnten, — so
ünd FüßXm ^exanc^erroman16) daraus riesige Menschen mit sägeförmigen Händen
Übei-gi Cn" ^a aber dieser Teil des Romans in keine der lateinischen Übersetzungen
treten cT^t S° bbe^en diese Geschöpfe dem Mittelalter unbekannt. Schließlich
V°lk b lG cbtbP°pFagen (Fischesser), die NEARCHOS17) ganz nüchtern als primitives
BrÜSt SC rie^> lm Roman18) als Leute ohne Kopf, mit Augen und Mund auf der
Auch v “I8'8“-
^Ltorik °n <aen aUS der Literatur damals bekannten Monstra ist von den Alexander-
keines erwähnt worden, soweit uns ihre Fragmente Auskunft geben,
^¿Riuspla Aiexandri p. 201 ed. Kübler (im Anhang seiner Ausgabe des Julius
.ln§eten ln ^er von mir (Kleine Texte zum Alexanderroman, 1910) herausgegebenen
A.my arnberger) Rezension (p. 28) werden diese Tiere sorices (Spitzmäuse) genannt.
l5) D Ntas (Frg. 8) berichtete von der Spitzmaus und ihrem gefährlichen Biß.
le) Ps ^?*malibus XXII 123 p. 1415 ed. Stadler.
rOr0an rn ALL' L 32 p. 86 ed. Müller; vgl. Ad. Ausfeld, Der griechische Alexander -
l7) °7’ S' 81 und 169.
^Tl io8/ 689ff. Jacoby; vgl. auch Arrian, anab. VI 23, 3; Kleitarch bei Diod
'■) Ps!.KUOd Cür™s IX .0, 8ff.
all. II 3-7; Ausfeld a. a. O. 83 und 170.
134 Friedrich Pfister
und nur eines finden wir neu bei ihnen: die Opisthodaktyloi (Rückwärtsfüßlet)'
BAITON19 20 21 22), der der Vermessungsabteilung Alexanders angehörte, schildert ein Volk
in einem Teil des Himalaja als Waldmenschen, deren Füße rückwärts gewendet
sind, so daß die Zehen nach hinten schauen, von hervorragender Schnelligkeit
zusammen mit den wilden Tieren umherschweifend; da sie in keinem andern Kli#13
leben können, konnte keiner von ihnen dem Alexander vorgeführt werden. DaßH1
wollte der Autor wohl andeuten, daß auch er sie nicht gesehen hat, sondern daß eI
vom Hörensagen berichtet. Da diese Rückwärtsfüßler auch in die römische Literat^1
eindrangen, kehren sie von AUGUSTINUS (de civ. dei XVIII 6) an häufig in mittel'
alterlichen Berichten wieder.
Da in der Zeit Alexanders auch der hohe Norden Europas, besonders durch die
Forschungen des PYTHEAS von Massilia, genauer bekannt wurde, ist auch diesel
Teil der Erde bald mit merkwürdigen Menschen und Tieren bevölkert wordeü'
So werden, nicht sicher auf PYTHEAS selbst zurückführbar, bald an der Nordsee:
bald an der Ostsee pferdefüßige Menschen (Hippopodes) und die uns bereits aüs
KTESIAS bekannten Ohrenmenschen angesetzt20). Und TACITUS schließt seine
Germania21 bei der Beschreibung der äußersten Stämme mit den Worten: DasÜbrige
ist bloße Fabel, so etwa, daß die Hellusier und die Oxionen menschliche Gesicht^
aber Körper und Glieder von Tieren hätten; das will ich, weil unverbürgt, unen1'
schieden lassen.
In der Zeit nach Alexander kamen häufiger Griechen nach Indien und auch nod1
weiter ostwärts, als dies dem Mazedonierkönig gelungen war. So war MegastHV
NES um 300—290 als Gesandter des Diadochenfürsten Ptolemaios II. beim indisch^
König in Pataliputra am Ganges, und sein Werk22), das er über Indien schrieb
das angefüllt war mit Merkwürdigkeiten, die er an Ort und Stelle sah und erfuhr
zum Teil aus der indischen Literatur stammend, erregte ungeheures InteressG
und deshalb wird es auch in der uns erhaltenen antiken Literatur häufig zitied'
Da begegnen uns viele der altbekannten Fabelwesen wie das Einhorn, das er etV^5
anders als KTESIAS schildert, die Ohrenmenschen, die Opisthodaktyloi, die Ei11'
äugigen, die Kynokephalen, die Pygmäen, die goldgrabenden Ameisen, dfi
geflügelten Schlangen. Dazu treten neu hinzu: die Astomoi, die mundlose11
Menschen, die mit Laub bekleidet sind, an den Quellen des Ganges; sie nähren si^1
ohne Speise und Trank vom Duft des gekochten Fleisches, der Früchte und Blumeil;
den sie durch die Nase einziehen. Die Arrinoi, die nasenlosen Menschen, dte>
19) F. Gr. Flist. Nr. 119 Frg. 5, nach Plin. VII 11. Sie werden in der römischen Literat111
(nach Megasxhenes, FHG II 424) auch von Plin. VII 22 und Solin. 52, 26 erwähl
dann auch von Gellius IX 4, 6 und Isidor. XI 3, 24 und im Liber monstrorum I 2?'
Die Bezeichnung Opisthodaktyloi erst bei Strabo II 70 nach Megasthenes.
20) Pomp. Mela III 56; Plin. IV 95; Solin. 19, 7; Isidor. XI 3, 19. Die gesichert^
Zeugnisse über Pytheas bei H. J. Mette, Pytheas von Massalia, 1952.
21) Tac. Germ. 46; s. auch Tac. Annal. II 24, wo allgemein über die Entstehung solckcí
Wundererzählungen gesprochen wird.
22) Die Fragmente bei Müller, FHG II 397fr., bes. Frg. 10—14 und 29—34; üU1
die goldgrabenden Ameisen Frg. 39.
Von den Wundern des Morgenlandes
135
Rannen groß, mit zwei Nasenlöchern über dem Mund. Die Makroskeleis die
angschenkeligen, die Okypodes, die Schnellfüßigen, die schneller as e e
aufen können, und schließlich die spitzköpfigen Pane, die wohl als Ziegenfu er
f dacht sind. Von Tieren nennt Megasthenes noch die Kerkopithekoi, die
^Wnzaffen, größer als die größten Hunde, weiß mit schwarzem Gesicht; ihr
^hwanz ist länger als zwei (oder fünf) Ellen. Ferner die geflügelten Skorpione,
*e ja auch ins Reich der Phantasie gehören.
So hatte sich im Verlauf vieler Jahrhunderte ein großer Bestand von Fabelwesen
■‘»gesammelt, über die ganze griechische Literatur zerstreut und aus der onenta-
hschen Überlieferung vermehrt. Wir haben bei diesem Überblick nur auf mer -
Würdig gestaltete Menschen und Tiere geachtet, aber das gesamte Gebiet der Natur
“nd auch der Kultur bot Merkwürdigkeiten, die in gleicher Welse Beach u g
^»den: auffallende Erscheinungen des Menschen- und Tierlebens Pflanzen, S eine,
Q«Uen, Flüsse und Teiche, merkwürdige Sitten und Gebräuche, Kunstwerke
«. So entstand etwa vom 3. Jh. v. Chr. ab eine Literatur „Uber wunderbare
ptnge", die eigens solche Merkwürdigkeiten sammelte-). Aber gerade die mensch-
hchen nnd *
n Und tierischen Monstra treten hier sehr in den Hintergrund.
So Wie diese Fabelwesen durch Berichte über tatsächlich ^jang
dichtete Reisen in die Literatur kamen, so fanden Aben
*° Romane, bei denen die Reise nur den Rahmen bot in den allmöglichen
eucr und Erlebnisse des Helden eingespannt wurden, das ® d
,w»»de zu einem EIement des Romans, in dem die Wanderung des HeUen de
jettenden Faden abgab. Das war bei den mythischen Wamlerheroen wie ^n
erakles und den Argonauten schon der Fall, und asse e eo a
Romanen der griechischen Spätzeit-), so bei PHILOSTRATOS ln sein
f'ographie, die dem Wundertäter Apollonios VON TVANA gewidmet ist,
m Alexanderroman. . ... „ , . _ nc.rk Indien
PHIL0STRAT0S läßt seinen Helden durch Kleinasien über Ba y
später nach Äthiopien ziehen; dabei erlebt er Wunderbares, oder er laßt s
SV°» andern darüber erzählen, so über die Pygmäen, die 1^^
^»hattenfüßler, wobei der Berichterstatter den S KYLAX von Karyan^ te ^
Leiden letzteren als Zeugen anführt (III 47). Von Neuem, das PHILOST ^ ^
‘«et, sind die Schlangen erwähnenswert; von den einen er ■ daß sie
R»Pfllen ihrer Augen aus einem feurigen Stein bestehen, von den a , d
‘n ¡Rtem Kopf einen Stein tragen; beide Steine seien mit wüteten Kräften
a/;,abt. so daß sie am Fingerring getragen wurden (III 7 •)• n Mittelalter
^ch 1» späteren lateinischen Texten-), so daß dieser Glaube auch ins Mitte
Ubetging.
24\ Ysf- den Art. Paradoxographoi in R.-E. von K. Zii.ole g. xy8if.
25 p- besonders E. Rhode, Der griechische Roman 3- A • J * einer ReZension)
ed > EPW. Al. p. 2I? kühler = p. 35 Pf.J fn "intur. - Hdwbch.
d-d AkAL P' 2IO: sunt ibi serpentes, in quibus lapides p nbUCh aus der Kosmo-
VI1 11 ^ der arabischen Literatur: Jul. Ruska, Das Steinb
lc des Kazwini, Progr. Heidelberg 1896, S. 15.
136
Friedrich Pfister
In besonders reichem Maße wurden die Wundergeschöpfe im ALEXANDERROMAN
aufgenommen, und die große Verbreitung gerade dieses Werkes im Mittelalter
hat dazu beigetragen, diese Fabelwesen nicht nur weithin bekannt zu machen,
sondern sie sogar tief in den Volksglauben eindringen zu lassen. Die Urfassung
des Alexanderromans ist als Volksbuch in griechischer Sprache um 200 v. d. Ztf-
in Ägypten entstanden; in ihr spielte das teratologische Element noch keine Rolle26)-
Neben diesem Roman, der das Leben Alexanders von seiner wunderbaren Geburt
bis zu seinem Vergiftungstod darstellte, entstanden auch mehrere apokryphe
Alexanderbriefe, die der König selbst an ARISTOTELES und an seine Mutter
Olympias über seine wunderbaren Erlebnisse geschrieben haben sollte. Einiges
davon drang später in den Roman ein; das Wichtigste davon steht heute im grie'
chischen Alexanderroman, den man als PSEUDO-KALLISTHENES bezeichnet, ir1
III 17 und III 27—28 schon in älteren Fassungen, ferner sind auch Stücke von
II 23—44 in jüngeren Rezensionen diesen Briefen entnommen. Ferner besitzen
wir noch die lateinische Epistola Alexandri ad Aristotelem, die eine Bearbeitung
zweier oder dreier Alexanderbriefe darstellt. In diesen Briefen finden wir eine
große Reihe von wunderbaren Menschen und Tieren. Zunächst sei erwähnt, daß
die von RabbiGerson (s. o. S. 128) genannten Tiere aus Ps.-Kall. II 37 stammen,
wo Tiere mit 6 Füßen und 3 Augen, 10 Ellen hoch, auftreten. Wir führen nur noch
einige Wesen auf, die uns bisher noch nicht begegnet sind, und zwar solche, die
in den lateinischen Bearbeitungen des JULIUS VALERIUS, des Archipresbyters LEO
und in der Epistola Alexandri Vorkommen, da sie durch diese Texte auch dem
abendländischen Mittelalter bekannt wurden, während der griechische Text hier ja
unbekannt blieb.
Wir beginnen mit dem berühmtesten, dem Odontotyrannos, dem „König mh
dem Zahn“ (oder Horn), der in zahllosen Werken des Abend- und Morgenlandes,
die von der Alexanderüberlieferung abhängig sind, erscheint, dem aber auch sek
dem 18. Jh. ein ganz stattliches wissenschaftliches Schrifttum gewidmet ist, m
welchem nachgewiesen wird, daß letzten Endes dieses Monstrum aus dem Nashorn
hervorgegangen ist; als ein Ungetüm größer und stärker als ein Elefant wird cs
geschildert. Der apokryphe Alexanderbrief sprach zuerst von ihm; im griechischen
Text von Ps.-Kall. III 17 ist aber gerade dieses Stück ausgefallen, so daß wir mV
den armenischen und syrischen Text hier zur Verfügung haben; ferner — und d»s
ist für die abendländische Überlieferung von Wichtigkeit — erzählt von ihm ^
der entsprechenden Stelle JULIUS VALERIUS (p. 129 ed. KÜBLER) und Leo III *7
(p. 109 ed. Pfister), dazu die lateinische Epistola (p. 201 ed. KÜBLER; p. 27 eß-
PFISTER). Auch im sog. Commonitorium Palladii finden wir dieses Tier d. h. lfl
Ps.-Kall. III 10 p. 105 ed. Müller (lateinisch in m. Kleinen Texten p. 5). Wen*1
26) Vgl. zum Folgenden Pfister, Würzburger Jahrbb. I 1946, S. 29ff.; AusfeEp
a. a. O. Ausgabe des griechischen Textes von Müller 1846 (ältere und jüngere Rezeü'
sionen) und Kroll 1926 (nach der Handschrift A). Ausgabe des Julius Valerius vofl
Kübler 1888, des Leo von Pfister 1913. Uber die Ausgaben der lateinischen Epistel
s. o. Anm. 14. S. jetzt auch R. Merkelbach, Die Quellen des griechischen AlexandV'
romans, 1954.
Von den Wundern des Morgenlandes
137
erväh Wa ^er °^en öenannte MANDEVILLE (p. 193,27) den Odontotyrannos
■y°N J1*’ so schöpft er diese Kenntnis aus dem Speculum historiale desVlNCENZ
daß AUVAIS (IV 54), der seinerseits auf der Epistola Alexandri beruht. Dadurch
SeineVpn <^esem ^ier immer wieder durch viele Jahrhunderte erzählt wurde, hat es
fang ^ estalt natürlich verändert, und wenn wir in einer Handschrift aus dem An-
lesen CS Jh> seine Beschreibung in einem malaiischen Alexanderroman27)
Seinen w W^r<^en Wlr den Odontotyrannos kaum mehr erkennen, wenn wir nicht
hat- We^ Senau verfolgen könnten, den er bis zu den Malaien zurückgelegt
arabit01 griechischen Text des Ps.-KALL. III 17 durch persische, syrische und
y C e Vermittlung, bis er durch die Araber nach Java kam.
als T AVeiteren Fabelwesen seien noch folgende genannt: Fledermäuse28), größer
blssen U en’ mit Menschenzähnen bewehrt, womit sie die Soldaten Alexanders
schw' * tlesi^e Krebse29), von denen die Soldaten, als sie zu einer Insel hinüber-
üen *mrnen wollten, ergriffen und in die Tiefe gerissen wurden; ein Walfisch30),
le Soldaten für eine Insel hielten und der dann, als sie auf ihm gelandet
nntertauchte.
^aren
Ges ?^en so^cFe Fabulistik hat Lukian im 2. Jh. v. d. Ztr. seine Satire „Wahre
er2ähi CJlten‘c geschrieben, eine Parodie in der Form einer romanhaften Reise-
Ung» ln der er sich auch gegen das älteste Werk, das solche „Lügen“ vortrug,
Odyssee, genau so wie gegen das jüngste, den Reiseroman des An-
S DiOGENES, von dem uns noch ein kurzer Auszug erhalten ist. Bei LUKIAN
nun gewaltsam übertreibenderWeise von solchen Mißgeschöpfen erzählt,
ameiS° Fnden wir denn hier die riesenhaften dreiköpfigen Pferdegeier, die Pferde-
Un<^ die Flohschützen (deren Reittiere, die Flöhe, zwölfmal so groß wie
^ekanntant Sln<^ un<^ durch diese Schrift, die im abendländischen Mittelalter nicht
Hier War> Zei^t ^ann aucE MÜNCHHAUSEN stark beeinflußt.
nurinUUß n°Ch C^n w^c^rigct5 wenig bekannter Text erwähnt werden, der uns
Verfaßt einiSc^er Sprache erhalten ist, der aber ursprünglich wohl auch griechisch
War und der sich als ein an den Kaiser HADRIAN gerichteter Brief gibt31).
Leeuwen, De Maleische Alexanderroman, Utrechter Diss. 1937,
S J°H- VAN
' 28\ und 331. .
20I }D ps-KALL. III I7 p. IIO Kr.; Jul. Val. p. 130 K; Leo III 17 P\ XI°^ Epist. ^
p Tf' K- = p. 27 Pf. Aus der Epistola hat Albertus Magnus, De animalibus XXI 4-
1 5 I 2 S* J: —
29\
Leo
P.
ljj2 St ~' * ‘•.-‘ms uex x^pistoxa xiat n
) Ps leses Tier übernommen, wobei er seine Quelle zitiert.
Ijj ALL- II 38 p. 89 Müller (nur in jüngeren Texten, auch nicht bei Jul. Val.);
pf ^ P- Ui Pf. Andere Riesenkrebse: Ps.-Kall. II 34 und 37; Epistola p. 200 K. =
27 Pf
30'
L 3°) Ps'.-Kall
S h'stola feßjt ri/ 17 P- 107 Kr.; Val. p. 125 K. Dies Abenteuer, das bei Leo und in der
Jo!;47, Vo etwa riheramr weit verbreitet; s. Zacher, Pseudo-Kallisthenes, 1867,
q ' • G^Even nn°p der Physiologus (z. B. ed. Sbordone p. 67) hinzuzufügen ist, auch
Ppert. * le Lxempla des Jakob von Vitry, 1914, S. 24; Johannes de Hese p. 192
at’1"1 V'ochensrü/ FassunSeil: E- Faral, Romania 43, 1914, 199E; 353ff-i dazu Berl-
Set- d,esem Text ' *. 925Bf.; German.-Roman. Monatsschr. XVI 1928, 8iff. Manches
des r \St *n dle sog- Historia de preliis (die interpolierten Fassungen der Über-
°) übergegangen.
138
Friedrich Pfister
Von dieser Schrift besitzen wir vier verschiedene lateinische Fassungen und eine
angelsächsische Übersetzung, die aus dem io. Jahrhundert stammt; der lateinische
Text muß älter als IsiDORUS VON SEVILLA sein, der ihn benutzt hat. Seinem Inhah
nach steht er der Epistola Alexandri nahe, und ALBERTUS MAGNUS (De animal*
XXVI 16 p. 1587 ed. Stadler) zitiert ihn in der Tat als Epistola Alexandri
mirabilibus Indiae! Hier treten uns neben altbekannten wieder neue Wunder*
wesen entgegen: Affen mit acht Füßen, acht Augen und zwei Hörnern; Schlange0
mit zwei Köpfen, deren Augen wie Lampen leuchten; andere Schlangen öh
Widderhörnern, mit denen sie Menschen töten können; bei ihnen wächst viel
Pfeffer, den diese Schlangen bewachen; aber die Menschen zünden Feuer afl>
vertreiben dadurch die Schlangen und holen den Pfeffer. Ferner werden Weiber
genannt mit Bärten, die bis zu den Brüsten reichen, Jägerinnen, deren Jagdhund
wie Leoparden sind, und andere Weiber mit Eberzähnen und OchsenschwänzeU*
Vom Ausgang der antiken Literatur an finden sich nicht mehr viele neue
Monstra, sondern in der späteren abendländisch-mittelalterlichen Überlieferung
treten uns immer wieder die gleichen Wesen entgegen, die so gut wie alle letzte0
Endes aus der griechischen Literatur stammen. Wenn wir hier zwei Gruppe°
unterschieden haben, einmal die mythologischen, die bereits in den epischen Didr
tungen genannt wurden, dann die naturkundlichen, die durch geographisch'
ethnographische Berichte in die Literatur eindrangen, so ist zu betonen, daß kein6
Verbindung dieser Gruppen hinsichtlich ihrer Herkunft besteht. Doch finden
in beiden Gruppen ähnliche Erscheinungsformen, so die ethnologischen Zwerge
in den Pygmäen und Kerkopen des Mythos, die Riesen in den Lästrygonen uid
Giganten, die Einäugigen in den Kyklopen, die Pferdemenschen in den Kentaure0’
die Schlangenjungfrauen in den Sirenen, die Riesenschlangen in der lernäisch°0
Hydra, die Ziegenfüßler in den Satyrn, und gelegentlich wurden in späterer Zolt
auch einmal die ethnologischen Monstra mit den mythologischen Namen bezeichnt
wie etwa die Namen der Pygmäen, Sirenen und Kentauren uns als Bezeichnung00
ethnologischer Monstra im Mittelalter begegnen.
Alle diese bisher genannten Wunderwesen, die der griechischen Überlieferung
angehören, wären dem abendländischen Mittelalter unbekannt geblieben, wenn sie
nicht aus der griechischen Literatur in die lateinische übernommen worden wäre0'
Dies geschah seit der Zeit, da überhaupt die griechische Literatur in Rom bekaUot
und durch lateinische Bearbeitungen verbreitet wurde, seit der 2. Hälfte ¿eS
3. Jh. v. d. Ztr. Für die Überlieferungsmasse, die uns hier angeht, kommen vot
allem als ältere Vermittler in Betracht Juba, Varro und PLINIUS, von denen
riesige Werk der Historia naturalis des letzteren uns noch erhalten ist. Dazu trete(l
die zwei lateinischen Übersetzungen des Alexanderromans, ferner die Epist°№
Alexandri und der Brief an Hadrian, von denen bereits gesprochen ist. Auc
POMPONIUS Mela ist zu nennen, von dem die um 44 n. d. Ztr. verfaßte älteste u°s
erhaltene geographische Schrift der Römer stammt, ein erdkundlicher Abriß» 1(1
dem allenthalben Merkwürdigkeiten der einzelnen Gegenden, auch geschichtlich
und mythologische Erinnerungen hervorgehoben werden. Als ältester Zeu»
tritt er für die Himantopoden, die Riemenfüßler auf (III 103), die er inNordafrih
Von den Wundem des Morgenlandes
139
anset2t
"während der Alexanderroman32) sie im Osten kennt. Erwähnt sei hier
auc^ --J OlV_ 1111 WölCIl JVClillL« UIWiUlllL 0\-l 1UWJ.
bej • aS ^erk des GELLIUS, der uns (IX 4) erzählt, er habe einmal in Brundisium
Un ,flrieni -buchhändler einen Haufen griechischer Bücher gefunden, die voll von
bin- ilchen Wundererzählungen waren, und er habe die meisten davon um
üri$ ^eld gekauft, und nun bringt er einige Proben daraus, Wunderwesen, die
°n durch andere Quellen bekannt sind, und die er dem Plinius entnahm,
fan^ ^aS ^erk des Plinius für die Aufnahmefähigkeit des Mittelalters zu um-
Qrfe lch war, wurde es exzerpiert und in Kompendien zusammengefaßt. Auf
dann d ^eS ^LINIUS und des POMPONIUS MELA und noch einer Nebenquelle ist
e|ne as knappe Sammelwerk des SOLINUS entstanden, etwa im 3. Jahrhundert,
ürttige, rein kompilatorische Schrift, die uns das Herabsinken der antiken
g .f^nsckaft> das seit der Zeit des AuGUSTUS deutlich wahrnehmbar ist, hand-
le • Ze^t- Schon PLINIUS war kein empirischer Forscher mehr, sondern ein
anch .at°r Exzerptor größten Stils, aber er ist doch noch ein Gelehrter, wenn
^erk Cln ®uchgeiehrter; Solinus aber gibt nur eine Sammlung unterhaltender
Bä ^urd%er Dinge, wunderbarer Nachrichten über Menschen und Völker, Tiere,
s^ch Un<^ Steine, eingereiht in eine geographische Übersicht, die mit Rom beginnt,
bis £r Bälkanhalbinsel bis nach Skythien und über Germanien und Gallien
-^die^k ^r*tannien und Spanien erstreckt, dann auf Afrika und Asien bis nach
das en^übergreift. p)jes Werk wurde im Mittelalter viel gelesen, noch mehr aber
San SCi f umhangreichere Werk des Bischofs IsiDORUS von Sevilla, der als
ttiitf- Cr Un<^ Überlieferer antiken Gutes einer der bedeutendsten Lehrer der
üx> efhchen Welt wurde; er ist auch für uns noch von Bedeutung, da uns seine
aus ™ °rentatigkeit einen wenn auch kümmerlichen Ersatz für manche Nachrichten
filtrier^°renen ant^en Biteraturwerken bietet, die, durch mehrfache Leitungen
hün/> ^ei ihm Aufnahme gefunden haben. Ihm hat z. B. auch die aus dem 12. Jahr-
Im r- ,r^ stammende Dichtung vom Herzog Ernst manche Fabelgestalt entnommen.
v0n ^ Cn '^'btelalter entstand auch eine Schrift33), die lediglich eine Sammlung
hat ^aradoxographischem bieten will und zum Teil auch Quellen herangezogen
stark H' UnS Ver^oren sind, der Liber monstrorurn de diversis generibus. Er hat auch
Rfeuc le Epistola Alexandri als Quelle beigezogen, bietet uns aber auch manches
So
5childWaren ^ese Monstra in großer Fülle zu einem festen Bestand von Reise-
erungen, aber auch der Natur-, Erd- und Völkerkunde geworden und sie
^^üristT^1 ,aUcü vom Mittelalter bereitwillig aufgenommen, um so mehr, als auch die
heraus^Rheologie sich mit ihnen zu beschäftigen begonnen hatte. Was dabei
mit ^ am’ sei kurz gezeigt. So befaßte sich etwa AUGUSTINUS (de civ. Dei XVI 8)
einio- C/ schwierigen Frage, ob auch die monströsen Menschen, von denen er
er ^ °kl indirekt nach PLINIUS) aufzählt, auch von Adam abstammten, und
Sc eidet: Wenn sie unter den Begriff „Mensch“ (rationalia animalia atque
32) ps
3a) Au;ffLL- 111 l1 P- io9> 21 Kr.; III 28 p. 141 M.
latein t • e Von Moritz Haupt, Opuscula II 1876, S. 218ff.;
• Ut- des M.-A.s I 1911, S. n4ff.
vH. Manitius, Gesch.
140
Friedrich Pfister
mortalia) fallen, dann ist diese Frage zu bejahen, trotz ihrer merkwürdigen Gestalt;
Gott ist der Schöpfer von allem und er weiß, wo und warum etwas zu schaffen ist
oder war.
Am deutlichsten und unheilvollsten wirkte sich die Verbindung naturkundliche*
Darstellung mit religiösen und ethischen Problemen in einem Werk aus, das zugleich
ein Lehrbuch der Naturkunde und ein Erbauungsbuch sein sollte, das im Mittel-
alter in fast alle Sprachen des Abendlandes und in viele des Orients übersetzt und
in vielen, im einzelnen voneinander abweichenden Fassungen verbreitet wurde
und das sich seinem Gehalt nach als eines der borniertesten Bücher der Weltliteratur
darstellt. Den Verfasser des ursprünglichen Werkes, das wohl schon im 2. Jh. n. d-
Ztr. in griechischer Sprache entstanden ist, kennen wir nicht. Unter den Tieren,
die er bespricht, finden sich wenige erfundene (wie etwa Phönix, Echidna, Einhorn,
Sirenen, Onokentauren, Riesenwalfisch), aber auch die wirklich existierenden
Tiere werden mit unwirklichen Eigenschaften ausgestattet und zum Ausgangs-
punkt moralischer und theologischer Betrachtungen gemacht, die oft mit den
Haaren herbeigezogen sind. Gelegentlich wurde das Werk34), der sog. PHYSIOLOGUS,
auch zur Bereicherung mittelalterlicher Alexanderromane benutzt.
Natur- und Erdkunde wurden auch weitgehend, natürlich nicht nach eigenen
Beobachtungen sondern an Hand der kompendiösen Überlieferung, in den Kommen-
taren zum 1. Buch Mosis beigezogen, so etwa von BASILEIOS von Caesarea
(330—379) in seinen exegetischen Homilien35) zum Sechstagewerk. Dabei werden
gelegentlich auch monströse Menschen und Tiere berücksichtigt; denn auch sic
sind ja nach dem Willen Gottes entstanden, wie HräBANUS MAURUS36) (776—856)
in einem eigenen Kapitel, das solchen Wesen gewidmet ist, zeigen will. Auch im
12. Buch seines Werkes De universo, das (auf IsiDORUS fußend) der Geographiß
gewidmet ist, werden von HRABANUS allerlei Wundererscheinungen aufgeführt,
auch (XII 3) die Lage des Paradieses im Osten besprochen. Im deutschen LuCl'
DARIUS37), der gegen Ende des 12. Jh. entstanden ist, wird von der Herkunft der
Mißgeburten und Monstra gesagt: Adam war nach seiner Vertreibung aus dem
Paradies der weiseste Mann und kannte auch alle Kräuter und Wurzeln und ihm
Kräfte und wußte von manchem, daß, wenn ein Weib davon äße, „die Geburt
verkeret“ werde, und so warnte er, aber erfolglos, seine Töchter, von bestimmten
Pflanzen zu essen; so kamen Monstra zur Welt.
Wir haben nun noch einige wesentliche Werke des späteren Mittelalters ZU
nennen, in denen unsere menschlichen und tierischen Monstra gesammelt un^
34) Ausgabe der griechischen Rezensionen von F. Sbordone, 1936; für weitere Aus'
gaben und Literatur s. B. E. Perry, R.-E. XX 1074fr., der eine sehr gute Darstellung gibt»
M. Wellmann, Der Physiologus (Philologus, Suppi. XX 1930).
35) Migne, Patrol. Gr. 29 S. 147fr.
36) De universo VII 7 (Migne, Patrol. Lat. in S. 195fr.).
37) K. Schorbach, Studien über das deutsche Volksbuch Lucidarius (Quellen u. Forsch
z. Sprach- u. Culturgesch. d. german. Völker, H. 74, 1894) S. 193, 208, 222. In modern1'
sierter Bearbeitung findet sich der Lucidarius bei Simrock, Die deutschen Volksbücher
Bd. XIII.
Von den Wundern des Morgenlandes
141
^schrieben wurden. Sie bieten uns so gut wie nichts Neues. Die Hauptblutez
fallt in das 12. und 13. Jahrhundert: das ist zugleich die Blütezeit des mitte a
iichen Alexanderromans, es ist die Zeit des Höhepunktes der Scholastik und
eit der Kreuzzüge. 1
Honorius Augustodunensis: er verfaßte unter anderem um 1122—1125
enzyklopädische Werk De imagine mundi, das alles für den Kleriker Wissenswer e
auf dem Gebiet der Geographie, Klimatologie, Chronologie und Geschichte
halten sollte. Ausgabe: MiGNE, Patr. lat. 172. J. A. Endres, Honorius Augu-
stodunensis, 1906; MANITIUS, Gesch. d. lat. Lit. d. M.-A. s. 11,3, 364 • ler ein
fgener Abschnitt über die Monstra S. 124 Migne. Honorius war die Hauptqueile
das Geographische in der Weltchronik des RUDOLF VON Ems v. 1306-3065
¡Rut Ausnahme von v. 2249—2394: Lob der rheinischen Städte), und für gto e
Tei*e des deutschen LUCIDARIUS, der zu einem auch ins Dänische, Niederländische
U*d Böhmische übersetzten und durch den Druck vielfach verbreiteten Volksbuch
Vufde. Honorius selbst hat aus Solinus und Isidorus geschöpft. Vgl. ob
*£NTZ, Ztschr. f. d. Philol. XII (1881) und XIII (1882); Schorbach a. a. O.
Jakob VON Vitry (Jacobus de Vitriaco): gest. 1240. Ver asser et isto 1
Dentalis. Hier gibt er I 83 fr. eine Beschreibung des Orients und seiner un er,
7°bei er als Quellen HONORIUS und die erste interpolierte Fassung der w* orm
(le preliis benutzte. Ausgabe von BONGARS, Gesta Dei per Francos, 1611; 1H. >
Jakob von Vitry (Beiträge zur Kulturgesch. des M.-A. s. u. d. Ren. 1909)»
FIster, Hermes 76, 1941, 165L . ,
^HOMAS VON CANTIMPRE (THOMAS CANTIMPRATENSIS): Sein er e na ura
um 1228-1244 verfaßt, als Ganzes noch nicht ediert, nur das 3. Buch Ue
?onstmosis hominibus herausgegeben von A. HlLKA, Festschrift des Schtee
Philologenvereins, Breslau 19:1, S. i„ä. Darin S. 158,20-163,9 aufjAKOB VON
yfRY, s. 163, 10-164, 8 auf dem Liber monstrorum beruhend. Das Werk d
DIOmas wurde im 13. Jahrhundert von JAKOB VAN MAERLANT (ed. E. VER J *
I8f) ins Niederländische und im 14. Jahrhundert vonKONRAD VON MEGENBERG
V1, Pfeiffer x86i) ins Deutsche übersetzt; vgl. H. IBACH, Leben un c
^ Konrad von Megenberg (Neue Deutsche Forschungen 1938); PFISTER a.
Partholomaeus Anglicus: Franziskaner in der ersten Hälfte des 13- J
Werk De proprietatibus rerum, ebenfalls eine Enzyklopädie (mit Ausnahme
Cr Geschichtsschreibung) wurde in viele Sprachen übersetzt un is U°
gedruckt; in „euerer Zeit nicht mehr ediert. Vgl. H. Felder, Ge eichte
^^Wissenschaftlichen Studien im Franziskanerorden bis zur Mitte des 13 ■ J •»
' °IGT, Engl. Studien 41, 1910, S. 337ff. In seinem
Vincenz von Beauvais (Vincentius Bellovacensis) : gest. 4. f
™us oder triplex suchte er das Wissen seiner
iAlV“. d» Speculul naturale, schreibt er in dem denMonst« ^«dm^^
den, den Thomas von Cantimpre gelegentlic woi eZeit
gibt peculum bi.it/iriale, wo er eine Weltgeschichte ls ““ des JULIUS
8 bt> wird Alexander d. Gr. im 4- Buch behandelt: nach der Epitom
142
Friedrich Pfister
VALERIUS, der Epistola Alexandri, dem Briefwechsel Alexanders mit dem Brak'
manen Dindimus und VALERIUS MAXIMUS. Vgl. H. BECKER, Zur Alexandersag^
Progr. Königsberg 1906 S. 36ff.; Pfister a. a. O. 163 f. Ausgabe: Duaci 1624. Das
Speculum historiale wurde von JAKOB VAN MAERLANT ins Niederländische übet'
setzt (in Versen); später wurde daraus eine Paraphrase des 4. Buches (d. h. che
Alexandergeschichte) herausgenommen und für sich in Handschriften verbreitet
das ist Hoogstras Text II; und dieser Text erschien später als gedrucktes Volksbuch
von 1477 an; das ist Hoogstras Text III; vgl. S. S. HoOGSTRA, Proza-Bewerkinge*1
van het Leven van Alexander der Grote, 1898. Auch MANDEVILLE hat für sei#e
Reisebeschreibung manches aus ViNCENZ genommen; s. STOROST, Studien zu*
Alexandersage (Romanist. Arbeiten XXIII 1935) S. 5 2.ff.
GERVASIUS VON TlLBURY: um 1140—1220. Sein Werk Otia imperialia ist de#1
Kaiser Otto IV. gewidmet, um ihm zur Unterhaltung eine Beschreibung der ganze*1
Welt zu liefern. Der Abschnitt III 72 — 81 über die Monstra stammt ganz aus de#1
Hadriansbrief, von dem nur die Einleitung und der Schluß weggelassen ist; ä#
andern Stellen sind IsiDORUS und HONORIUS AuGUSTODUNENSlS für die Monstra
benützt. Ausgabe von Leibnitz, Scriptores rerum Brunsvicensium I (1707); das
Stück, das dem Hadriansbrief entnommen ist, auch bei FARAL a. a. O. Vgl. PFISTEE>
Berl. Philol. Wochenschr. 1914, 92 5ff.,German.-roman. Monatsschr. XVI 1928,8 xff*
Selbstverständlich sind im Vorstehenden nicht alle Werke bis zum 13. Jh'
erwähnt, in denen menschliche und tierische Monstra genannt werden. Sie findet1
sich natürlich auch in den meisten Alexanderdarstellungen in lateinischer oder ei#ei
der westlichen Sprachen, die aus der lateinischen romanhaften Alexanderliteratüt
geschöpft haben; ferner auch in mittelalterlichen Chroniken wie in der des FruTOE^
(Ekkehard)38) und in manchen Historienbibeln39). Auch die Gesta Romanorumi0) 38 39 40
38) Frutolf (gest. 1103) ist der Verfasser der unter dem Namen des Ekkehard von Ai#9
in den Mon. Germ. hist. Script. VI edierten Weltchronik; darin S. 62—70 das Exzerptum de
vita Alexandri Magni und S. 70—75 der Abschnitt De mirabilibus rebus, quas Alexandc*
vidisse dicitur, beides nach Leo, und der Epistola, unmittelbar nach der Bamberger Haiw
schrift mit gelegentlichen Zusätzen.
39) Vgl. Th. Merzdorf, Die deutschen Historienbibeln (Bibliothek des literar. Verei#’
Stuttgart, Bd. 100 und iox, 1870); dazu Vollmer, Materialien zur Bibelgeschich#’
1925/27; Pfister, Ztschr. f. d. Alt. 79, 1942, i2iff.
40) Ausgabe von Oesterley, 1872; deutsche Übersetzung von J. G. Th. Grässe, i842;
Neudruck 1905. Die 16 menschlichen Monstra von c. 175 begegnen fast alle auch U1
Mandeville. — Die Sage von der Tötung des Basilisken dadurch, daß man ihn in efi>cl1
Spiegel sehen läßt, tritt spät auf. Zuerst in der 3. interpolierten Fassung der Hist, de PfC ”
die von einem in der orientalischen Überlieferung bewanderten Verfasser stammt; Text lfl1
Münchn. Mus. I 1912, S. 264L Von hier aus in andere Alexanderromane wie das Epos doS
Quilichinus, danach in den Wernigeroder Alexander (ed. Guth 1908, S. 66 f.) und
Domenico Scolari (Storost S. 36 und 43). Anders erzählt in Gesta Rom. c. 139 und he
Vincent. Bellov. Spec. hist. IV 1. Wieder anders, ohne Erwähnung Alexanders und ohüe
daß die Drachen durch den Spiegel getötet werden, in Gesta Rom. c. 145; ähnlich U'
Aristot. De proprietatibus elementorum (ed. Fabricius, Bibi. Gr. III4 S. 28of.). D^ü
finden wir das Spiegel-Basilisken-Motiv in deutschen Sagen (Pfister, Schwäbische VoÜs
bräuche, 1924, S. 46ff.) und im Märchen bei Fr. Straparola (Pfister a. a. O.). S. auch 1
Schlangen im Diamantental bei Ruska a. a. O. S. 35.
Von den Wundern des Morgenlandes
143
babe^ •
(c. ein eigenes Kapitel (c. 175) den wunderbaren Menschen, zwei andere
4b ^ Un<^ *45) dem Basilisken gewidmet.
SesclVu^C ^ef SeSebene literarische Übersicht genügt, um die Überlieferungs-
Beis . te eines jeden dieser Monstra in großen Zügen festzustellen. Nehmen wir als
Zünä ,6 d*e Einäugigen, die ihr eines Auge auf der Stirn tragen. Sie treten uns
^tiabh'St 10 ^Cr Sr*echischen Mythologie als Kyklopen in der Odyssee entgegen.
bej a an§1§ davon ist ihre Erwähnung in der älteren griechischen Ethnographie
ST EAs> g KYLAX vonKaryanda (davon beeinflußtAisCHYLOS bei STRABO,I35),
alter lAk Und Megasthenes* Durch Plinius und SOLINUS wurden sie dem Mittel-
ündenU liefert, Augustinus und Isidorus haben sie übernommen, und so
der Wlr S*e denn ^er Reihe nach bei HONORIUS von Augustodunum (I 12 p. 124),
VIT] ' rucklich Monoculi et Arimaspi et Cyclopes nennt, danach bei JACOBUS DE
üntj AC° (*9°)» aus dem THOMAS VON CANTIMPRE (p. 16 x HlLKA) schöpfte,
f^Ov ^esena beruhen die Bearbeitungen des Jakob van Maerlant und
AuSs h D V0N AlEGENBERG; schließlich bei ViNCENZ VON Beauvais und seinen
dje ^ reJbern, zu denen auch MANDEVILLE gehört. Merkwürdigerweise werden
°der rnaUgigen Weder im griechischen Alexanderroman noch bei JULIUS VALERIUS
Udtt , ° noch in der Epistola Alexandri erwähnt, und wenn sie nun trotzdem in
^esond er^1C^en Alexanderromanen gelegentlich auftauchen, so erfordert dies eine
passün-e Quellenuntersuchung. Sie treten zuerst in der zweiten interpolierten
Wejs Ug der Historia de preliis auf41), wo sie sich als ein sekundärer Einschub er-
Sösisch’ Und danach in allen westlichen Bearbeitungen dieses Textes, so im fran-
ker neß611 ^rosaroman und ln der italienischen Fassung des DOMENICO SCOLARI42),
bei2o en seiner Hauptquelle QuiLlCHlNUS noch einen Prosatext der Hist, de prel.
der /f- treten auch in dem Monstra-Exkurs einer Breslauer Handschrift43)
Polaf-; si'de prel. auf, ferner in den Gesta Romanorum (c. 175) und in der Inter-
benutzt • CS 'Brlefes des Presbyters Johannes44), wo offenbar die Hist, de prel.
Ab
§estreifrStatt So^c^er Einzelheiten sei lieber noch ein allgemeines Problem kurz
der ß-i das bereits WILHELM FRAENGER45) in seiner geistreichen Erklärung
die der des Hieronymus Bosch hingewiesen hat. Die „Wunder Indiens“,
Worden exan<dorzug erschloß und die in der Folgezeit phantastisch ausgestaltet
^üode 5 Wurden in christlicher Zeit mit den Vorstellungen vom Paradies ver-
die c]aA’ das t*130 ebenfalls im Osten lokalisierte. Es sind ja drei bedeutsame Fragen,
über]iep C^r^st^che Mittelalter stellte und in denen die sagenhafte Alexander-
ten die er.Utl& e*ne ausschlaggebende Rolle spielte: Wo lag das Paradies? Wo wohn-
Wl^den Völker Gog und Magog? Welche Wunder birgt jenes ferne Land des
41) T
^n. und *1 k?h?"INGERLE, Die Quellen zum Alexander des Rudolf von Ems, 1885, S. 255
er ahfra„ CI Hxlka, Der altfranzösische Prosa-Alexanderroman, 1920, S. 235f., wo auc
42) StS S1Sche Text steht.
43) Bei H°r a‘ °' S' 39 und 53>
*4) AuSc>Hk A S- XXXIV.
45) HiEifbt: VOn Xarncke, Abh. d. Sachs. Ges. phil.-hist. Kl. VII 1879, S. 910L
°Nymus Bosch, Das tausendjährige Reich, 1947, S. 54fr.
144
Friedrich Pfister
Ostens? Bei jeder dieser drei Fragen ist Alexander beteiligt: Er ist selbst den Weg
zum Paradies gegangen und hat der Nachwelt darüber berichtet; er hat die Völker
Gog und Magog durch eine Mauer eingeschlossen, damit sie nicht vorzeitig ent'
gegen der göttlichen Prophezeiung in die zivilisierte Welt einfallen46); er hat jenen
fernen Osten entdeckt und von den Wundern Indiens erzählt. Und alle drei Fragen
haben auch eine biblische Grundlage oder zum mindesten Beziehungen zur Theo-
logie: Vom Paradies spricht das i. Buch Mosis; von Gog und Magog hatten Hese-
kiel (c. 38 f.) und die Offenbarung Johannis (20, 8) prophezeit; die Monstra be-
völkerten als Schöpfungen Gottes die Kommentare der Genesis.
Aus den zahlreichen christlichen Schriften, die von Reisen nach dem Paradies
sprechen, wollen wir zwei der ältesten herausgreifen. Zunächst ein Itinerar4')’
das die Stationen und Entfernungsangaben des Weges vom Paradies bis Rom angibt'
Als erste Station nach dem Paradies werden die Brahmanen genannt, mit denen
auch Alexander eine Unterredung gehabt haben sollte; ja, man besaß einen Brief'
Wechsel zwischen ihnen und dem König48). Später wird der „Ort des Übergangs
erwähnt, von dem man nach Großindien gelangt, und hier, so wird ausdrücklich
gesagt, hat Alexander Schatzhäuser angelegt und eine Bildsäule errichtet. Dam14
wird auf die Sage hingewiesen, die den König das Ende der Welt und das Land d&
Seligen aufsuchen läßt. Zum zweiten führen wir die Erzählung von den drei Mön-
chen49) an, die von Jerusalem aus durch Mesopotamien und Persien nach defl1
fernen Osten ziehen, um den heiligen MAKARIOS zu besuchen, der am Ende dei
Welt wohnt. Auch hier wird als Vorgänger Alexander erwähnt, und es werden Ei'
lebnisse geschildert, die dem Alexanderroman entnommen sind. Als Vorläufei
dieser christlichen Paradieswanderungen galt ja Alexander d. Gr., von dessen Fahb
zum Land der Seligen und zur Quelle des Lebens der griechische Roman und eih6
eigene Schrift50), das her ad Paradisum, erzählte.
Aus dem von Fraenger angeführten deutschen Text eines Alexanderromaß8’
der von den Wundern des Ostens berichtet, hat HIERONYMUS BOSCH für die Aus'
gestaltung seines Paradiesbildes Anregungen empfangen (Tafel I, die nur die
obere Hälfte des Gemäldes wiedergibt). Hier wird auch ein merkwürdiges Ge'
bilde beschrieben, das auch Fraenger besonders hervorhebt, und das zu eif>el
literarhistorischen Betrachtung einlädt: Weinstöcke, die aus Gold und Edd'
46) Handwbch. d. d. Ab. III cnoff., wo weitere Literatur; dazu A. R. Anderson, Alex»41
ders Gate, Gog and Magog, 1932.
47) Griechischer Text bei A. Klotz, Rhein. Mus. 65, 1910, S. 606ff., dazu PfistU’
Rhein. Mus. 66, 1911, S. 458 ff.
48) Der lateinische Text in Küblers Valerius-Ausgabe und in m. Kleinen Texten; dazU
Hermes 76, 1941, S. 143 ff. ,
49) Der griechische Text bei A. Vasiliev, Anecdota Graeco-Byzantina I 1893, S. x 35 ’
dazu Theolog. Lit.-Ztg. 1912, S. 572L
50) In späteren Fassungen, Ps.-Kall. II 39ff. S. 89fr. Müller. Dazu I. FriedläNR®4’
Die Chadhirlegende und der Alexanderroman, 1913; Berl. philol. Wochenschr. *9*^’
S. 912ff. Das lateinische Iter ad Paradisum (ed. Zacher, 1859 u. ö.) ist jüdisch-mittelalG4
liehen Ursprungs. Es wurde vielfach zu Erweiterungen von Alexanderromanen ben^t
so im Straßburger und Basler Alexander.
Von den Wundem des Morgenlandes
145
steinen , .
^ckenl ^e°1^et s*nd* Sie haben einen ehrwürdigen Stammbaum, den wir fast
Text °S duridl 2wei Jahrtausende zurückverfolgen können. Wir gehen vom jüngsten
Ale aUS’ ^Cn auc^ FRAENGER heranzog, dem deutschen Volksbuch vom großen
seit Under’ daS der Münchner Arzt JOHANN Hartlieb um 1444 verfaßte; es war
hat l-^Z ins 17. Jahrhundert hinein in vielen Drucken verbreitet. HARTLIEB
sje Clne ^ate^sche Vorlage, breit paraphrasierend, deutsch bearbeitet. Wir kennen
erhalt C • da S*e Uns *n e^ner ganz ähnlichen Gestalt in einer Pariser Handschrift
dem ^ 1St51)' *^a *cb von *kr e^ne Photokopie besitze, kann ich den Text, der hier
aüro eutschen Bearbeiter vorlag, mitteilen (fol. 130 r): Vineam quoque solidam
racern r^ent°^Ue *nter co^umnas pendentem miratus sum. In qua folia aurea fuerunt
tend ^U£ Cr^sta^n^ et Fgnitis (wohl verderbt aus dem griech. lychnites, „leuch-
sjevoI1 teirT‘) erant interpositi destinguentibus smaragdis. Daraus ist die phanta-
^child G Darstellung bei Hartlieb entstanden. Seine lateinische Vorlage hat diese
^ erun§ der lateinischen Epistola Alexandri entnommen (p. 193,1 ed. KÜBLER
ist \22’ V ed- Pfister). Der griechischeText, der dieser Epistola zugrunde liegt,
den Weise den griechischen Alexanderroman übergegangen, wo wir demnach
find ^°*denen Weinstock in Ps.-Kall. III 28 (p. 142 Müller; p. 131 Kroll)
jl2en‘ ^Us Ps.-Kall. kam der Weinstock in die Übersetzung des Leo (III 17 p.
ün(j l. f*) und daraus in die vielgestaltige Historia de preliis (ZlNGERLE p. 238, 26)
des p er<aurcb in zahlreiche westeuropäische Alexanderromane, auch in den Brief
Seine t^ESBYters Johannes. Aus der lateinischen Epistola schöpfte unmittelbar
der ./^enntnisViNCENZVON Beauvais, woraus dann MANDEVILLE ihn entnahm,
lernte n ^em 'Pa^ast des Großkhans zuweist. Auch Gottfried VON VlTERBO52)
1^ln aus der Epistola kennen. Wenn er auch im Brief an Hadrian erwähnt
briefVP ’ 212 ed- Faral), so hat ihn sein Verfasser wohl einem griechischen Alexander-
des ^jntnomrnen. Steigen wir weiter hinauf, so kommen wir zu den Teilnehmern
Scfitn - eXanderzugs selbst, von denen zwei53) den goldenen, mit Edelsteinen ge-
fiistorik tCn ^e^nstocb P^ast des Perserkönigs beschrieben. Der Alexander-
^ndis L er ^ÜRTIUS spricht dann von einem goldenen Weinstock im Palast des
v°n e| Cn Königs (VIII 9, 25). Und schließlich berichtet uns Herodot (VII 27)
v°n j ßern re*chen Mann in Sardes, der das ganze Heer des Xerxes bewirtete, und
Umj 'Cil1 Sa^’t er’ er babe dem Vater des Xerxes, dem Darius, eine goldene Platane
die etf1611 ^°^enen Weinstock zum Geschenk gemacht. Und wie wir oben neben
hiern r^>^5aT>Kischen Monstra die mythologischen stellten, so können wir auch
h°me -C eine mythische Erscheinung anführen: In der Kleinen Ilias, einem spät-
Tr°ja jC en Kpos, das uns nicht mehr erhalten ist, war erzählt, daß dem König von
schen’k a0rne<^on’ v°n Zeus ein Weinstock mit goldenen Blättern und Trauben ge-
^urde, ein Werk des Hephaistos. Priamos, so wurde später berichtet,
AlexanUibef diese Handschrift und ihre Bearbeitung durch Hartlieb vgl. H. Poppen, Das
52\ Cfbuch des Johann Hartlieb und seine Quelle, Heidelberger Diss. •
Sdnem Pantheon XI S. ,65 der Ausgabe von Joh. Pistorius^ Germamcorum
S. m tom. II (3. Aufl. 1726). Über seine Alexandergeschichte s. Herrn 7,9»
) aMynTAs p ^ unj (2HARES Frg. 2 in F. Gr. Hist. II S. 629 und 658.
0 V°lk«ku
»utide
146
Friedrich Pfister
habe diesen Weinstock dem König von Mysien zum Geschenk gemacht54). — 1°
dieser Weise läßt sich auch jedes einzelne Monstrum durch die Literatur verfolgen-
In der Literatur des Mittelalters wimmelt es einerseits von wunderbaren Men-
schen, Tieren, Pflanzen und Steinen, die von einem Werk zum andern weitergegeben
wurden, und andererseits wurden Erscheinungen der Natur nicht nach eigener
Beobachtung, sondern nach Büchern beschrieben, deren ununterbrochene Kette
auf die Exzerptorentätigkeit spätrömischer Kompilatoren zurückreicht. Der
Traditionalismus, das Weitergeben des Überlieferten, hat die eigene Forschung
erstickt, und es ist ja auch Tatsache, daß von der Zeit an, da dieser Traditionalismus
sich durchsetzt, etwa um die Zeitenwende, bis zum Beginn der Neuzeit keine wissen-
schaftliche Entdeckung von Bedeutung gemacht wurde. Und der kleine Schatz
von Kenntnissen und Erkenntnissen profaner Art, aus dem man immer wieder
schöpfte, war das zusammengeschmolzene griechische Erbe, das in lateinischer
Sprache dem Mittelalter überliefert wurde. Und das war nicht das Wertvollste,
das griechischer Geist geschaffen hatte. Weder HOMER noch die attische Tragödie,
wederTHUKYDIDES noch PLATO sprachen unmittelbar zum abendländischen Mittel-
alter; statt ihrer führten das Wort der exzerpierende und exzerpierte PLINIUS
und noch viel dürftigere Kompendien. Und dasjenige griechische Werk, das am
stärksten im Mittelalter gewirkt hat, das in alle Sprachen des Westens übersetzt
und in vielen Dichtungen bearbeitet wurde, das zu einem wahren Volksbuch ge'
worden ist, ist gewiß kein Ruhmesblatt griechischen Geistes: der Alexanderroman'
Wie für den Umfang des Warenumsatzes nicht die Güte der Ware maßgebend
ist, sondern das Bedürfnis der aufnehmenden großen Masse, und wie man die Masse
nach ihren Bedürfnissen beurteilen kann, so ist auch auf geistigem Gebiet — und
hier noch sehr viel ausgeprägter — das Wertvolle nicht immer das Erfolgreiche,
und man kann den Geist einer Zeit nach dem beurteilen, wonach er verlangte. Und
so zeigt sich, daß das Minderwertige oft mehr gewirkt hat als das Große. Nich*
die eigene Kraft und Güte eines Werkes war das Ausschlaggebende, sondern <he
Resonanzfähigkeit der Umwelt, die es fand, der Beifall der gleichgestimmten Menge*
Der Traditionalismus hörte auf, und die eigene Forschung setzte ein mit der Zod-
der Renaissance, vorbereitet durch Männer wie Roger Bacon, Albertus MAü'
NUS und Kaiser Friedrich II. Mit der Zeit der Renaissance war auch das Weite1'
wachsen des Alexanderromans zu Ende, und man begann über ihn zu urteilen,
es MELANCHTHON ausdrückte: quod tale erat plane, ut nemo sine risu legisseb
und man begann, wie dies bereits PETRARCA getan hatte, das Leben Alexander
nach den historischen Quellen darzustellen. Um diese Zeit begann auch dr*s
Interesse an den wunderbaren Menschen und Tieren zu sinken, und sie zogen si^
allmählich ganz aus der gelehrten Literatur in die Volksbücher zurück. 64
64) Das Fragment bei Bethe, Homer II 1922, S. 172.
Hans Fehr — Bern
Altes Strafrecht im Glauben des Volkes
1 Allgemeines mit Eifer studiert, wird rasch
Wer die Bücher über deutsche Rechtsgescn lk. Vom Voike hört man
auf eine große Lücke stoßen. Diese Luc e ei ‘ ^tes über Stadt- und Land-
Wenig oder nichts. Man liest Kluges un über Ratsbeschlüsse und Ge-
rechte, über Verordnungen und Satzungen a er ¿Gelehrten, aber das Volk steht
richtsurteile, über die Anschauungen der Juristen un offizieilen Rechtsdenkmälern.
Zumeist stumm und unbeachtet neben a ganzen Volkes oder der
^an kümmert sich wenig um die Rechtsü er^eu?? t£jeßt. Man achtet kaum darauf,
einzelnen Stände, aus welchen schließlich a es ec Massen aufgenommen
»^„offizielle Recht“ auf die Massen wrkte und von den ^ ^ ^
^Urde. Nur langsam brechen sich diese neuen Denn die Volkskunde
be}iutSam dringt die Volkskunde in die Rechtsgesc • übermittelt.
'«äie Wissenschaft, „eiche uns die enge ^^""chichte sein. Sie darf
Rechtsgeschichte darf aber nicht nur Rechtseinrichtungen stehen
SCh* bei der Beschreibung und de\Er^olfh,ften Wurzeln fragen, aus denen
eiben. Sie muß, mehr als bisher, nach Institutionen hervor-
das Recht entspringt, und nach den Wirkungen, w , eschicbte auf halbem
^fen. Ohne die Beiziehung der Volkskunde ei Rechtsgeschichte das wirkliche
^fege stehen. Wir alle sind überzeugt, daß d ° » Wir alle wollen
echtsleben in den verschiedenen Jahrhunderten au verarbeiteten. Und dazu
gissen, welche lebendigen Kräfte das Recht SC U^^ lauben zu eigen machen,
^ssen wir uns die Volksüberzeugung und den jjromantischen
as muß geschehen, und es ist ganz gleichgü tig, o ^ volklichen Vorstel-
Banken“ nennt oder nicht. Gleichgültig ist auc , , , waren und das Volk
^gen „abergläubisch“ nennen oder nicht. ^ enn s Diese Vorstellungen in
beherrschten, so waren sie eben da und wirkten sich au^ ^ ^ ^ ^ nur
lhre^ Rechtswirksamkeit aufzudecken, darauf kommt e Märchen5 Legenden,
^glich, wenn die sog. außerrechtlichen Que en, w & pür die Frühzeit. ie
^chwänke, Sprichwörter usw. mit herangezogen BernhARD ReHFELDT
deidnische Epoche und den Übergang ausgezeichnete
p Seinem Buche: Todesstrafen und Bekehrungsg chnitt auS dem Strafrech
eiträge geleistet. Auf diesem kleinen Raum sol e Volksglauben ver-
üben werden, ist doch das Strafrecht auf das engste mi
bnnden.
io*
148
Hans Fehr
II. Die Weltordnung und ihre Verletzung
Die christliche Epoche lebt von der Vorstellung: Gott hat aus dem Chaos eine
harmonische Weltordnung geschaffen. Sie steht da als unverbrüchliches Gesetz. Wer
dagegen verstößt, wird bestraft. Alles muß den von Gott gegebenen natürlichen Weg
gehen. Daher hilft Gott selbst, ein Verbrechen an das Tageslicht zu bringen. Die
während vieler Jahrhunderte im Volke geltenden Gottesurteile (iudicia dei) ruhe11
auf dem Glauben, daß Gott die Wahrheit an den Tag bringt. Lag z. B. ein Mord vob
so tat der Herr durch das Medium des Ermordeten die Tat kund. Ein bedeutsames
Gottesurteil war der gerichtliche Zweikampf. Als ihn der Langobardenkönig, dei
Kirche gehorchend, abschaffen wollte, stieß er auf den Widerstand desVolkes. Dabei
heißt es in seinem Gesetz (zwischen 713 und 735), daß wegen alter Volksgewohnheh
das Gottesurteil beibehalten werden müsse (Tafel Ha).
Weitverbreitet war auch das Bahrrecht (Tafel Ilb). Man ließ den vei'
meintlichenTäter an die Bahre des Ermordeten treten und dessen Körper berühren-
Kam Blut aus der Wunde, so war er der Tat überführt. Mit die älteste Bahrprobe
ist im Nibelungenlied überliefert, wo es Vers 1047 heißt:
„Daz ist ein michel wunder (vil dicke es noch geschiht):
swä man den mortmeilen [Mörder] bi dem töten siht,
so bluotent im die wunden, als ouch da gescach.
davon man die sculde da ze Hagenen gesach.“
Die Wunden des toten Sieg'
fried fingen an zu bluten, uflh
Hagen war als Mörder übet'
führt.
Für den Volksglauben ^
die Stelle bedeutsam.
Nibelungendichter sprich1
von einem großen Wundei'
Nach den Anschauungen de5
Volkes war indessen das Blü'
ten des Körpers kein Wü*1'
der. Im Volke galt als völlig
natürlich, daß Blut wieder ^
Blut wollte. Wir sehen: Höh'
sehe Dichtung und altei
Volksglaube gingen bereit
auseinander.
Die ganze Natur wird *l1
Hilfe gerufen, um ein VerbrC^
chen aufzudecken. Der Mb*
am heiligen Meinrad wird durch Raben kundgemacht (Abb. 1). Die Sagen st*1
voll von der Vorstellung, daß ganze Städte, blühende Täler und Alpen, Schloss^
Abb. 1. Lübecker Holzschnitt zur Meinrad-Legende
Altes Strafrecht im Glauben des Volkes______
149
_______________ . . Schlage vernicht
Und Burgen durch fürchterliche Naturhatastn-ophen^m^^ ^ Bauer, welcher ^
werden, weil dort Menschen Übeltaten beg hineinpreßte, so daß niemand
^eltordnung störte, indem er den To “V den Tod wieder befrelt * Jie
^hr umkam, mußte sofort sterben, ein großes Sterben“, erzählt die
»Und in den Tälern und auf den Bergen ö Leichnam heran, so fangt esse
Sage. Tritt ein Mörder nach vielen Jahren vQm blut£nden und singen
Schädel an zu singen oder zu bluten. e -\welt. Sie erbringt u. a. den ewe ’
Knochen geht durch einen großen Teil e ahmen (Rezeptionen) von eine
daß wir in Hunderten von Fällen nicht nac hier die Lehre vom Archetyp»
^olke zum andern suchen dürfen. ie me vdrich wieder mit Erfolg ver^r e
^setzen, die in unsrer Zeit von C. G. JUNG "^ Gegenwart, Bd. .: Die Mani-
^ird. (Dazu neuestens: JEAN GEBSER,Ursp § ^
Stationen der aperspektivischen Welt, 195 3> ■ ^ yerwirklichung des Rec i es
Auch Geister, Kobolde, Riesen, Zwerge des Abschusses nicht eln> er
Hält z. B. 'ein Jäger die natürlichen Gebote ^ Die Zwerge, die Be-
er übermäßig viele Gemsen, so Kleib
Schützer der Tiere, stürzen ihn in den At«T' 'ltes Einmal, daß kein Verbrech
Alle diese Beobachtungen zeigen em DopPehes alte heidnische Vor-
auf dieser Erde ungestraft bleiben darf, Jachten. Wo das Heidnische
jungen sich mit neuen christlichen Anschauung ^ ^
tscheiden. Aber alte
aufhört und das Christliche beginnt, ist^.zu® , ■ Volke.
“nd neue Vorstellungen erzeugten lebendiges Recht
l!I. Mensch und Teufel der Teufel selbst oder dessen
'Übergewaltig ist die Rolle, welche der Teufe sP'T’en. Das Volk glaubte, daß m
Helfer, die böfen Dämonen. Man darf den Sa«^ag ^ als teufel -
[‘dem Verbrecher satanische Kralle ihr Spiel treiben. .j Kreatur von Ver-
gessen. Wurde der Satan einmal eingelassen sod h. unfrei. An sich
Stechen zu Verbrechen. Fortan war der Mens M Verstehen. In die
*ar jeder Mensch frei, den Bösen einzulassen Versuchung hegt der
Sinne würfe der Mensch „versucht“ , “n “fel im Volksmund „der Versuc ^
scheidende Augenblick. Mit Recht heißt der „ dlungen, gewisse Sltua 1
Hnd nun bildete sich die Meinung heraus, gewisse die Gotteslästerung,
s> besonders geeignet, ihn einzulassen. Z. B du■ £ da5 Aufsagen magischer
d« Fluchen und Schwören, das Lesen von Zaub rbucher ^ Widerstand-
Sprüche usw. Sie öffneten die Herzen der Mens'henun det Böse auf seine Op^-
Hcnn, so nahm man an, an allen Ecken “^“'„Flugblättern dar, **
Man stellte solche Delikte sehr häufig in For ^ oder in Versform g d ben.
l ausenden im Volke verbreitete. Sie wurden werden sollten, anLchrek-
"”d bisweilen ist der „Ton“, in welchem sie 8' “^unterstützte sie als abschrek
Has Volk liebte solche Sensationen, und die Kirche untet
endes Beispiel. „Ketzer Zauberer, Giftnusc e
, Besonders gefährliche Burschen waren Ketzer ^ Verbrecher .
d'"> Weibervolk die Hexen. Der Böse hatte sich im K P
150
Hans Fehr
im SßunöCTtwlicMnö
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pulfftxvcrfitm.
Abb. 2. Fliegendes Blatt von 1560 aus der Wickiana der Züricher Zentralbibliothek
und daher galt das kleinste Körperteilchen als gefahrbringend. Es konnte anstecke11
und weiteres Unheil verbreiten. Nur so lassen sich viele Todesstrafen erklären, z.
die Strafe des Verbrennens und des darauffolgenden Vertilgens der Asche. Den*1
selbst in der Asche fanden sich noch infektiöse Teilchen vor.
Als Beispiel mag ein Flugblatt von der Verbrennung einer Bettlerfamilie vo’11
Jahr 1560 dienen (Abb. 2). Nach der darin berichteten „erschröcklichefl
Altes Strafrecht im Glauben des Volkes
151
Hi
storie'
utid M Wlfd das Söhnchen, ein etwa elfjähriger Knabe, zusammen mit Vater
War ^tter hingerichtet, und die toten Körper werden „zu Pulver verbrannt“. Wie
]iarn ° ches denkbar? Ein Kind wird einer derartigen Exekution ausgeliefert? Es
£n n*cht auf das Alter an. Der Körper des kleinen Verbrechers war so
tyirke en°esessen wie der Leib der Eltern. Dessen Teilchen konnten ansteckend
¿e^ WJe die der Erwachsenen. Die Zurechnungsfähigkeit, welche heute so stark
jj.tef' w^rd, spielte keine Rolle.
Vqjj^ &anze Lehre vom Folterprozeß ruhte zeitweise auf dem Teufelsglauben. Das
\venn^ar überzeugt, daß der Missetäter nur zum Geständnis gebracht werden könne,
Werde Cf ^Urck die Qual — auf kürzere oder längere Zeit — vom Satan befreit
4üs e‘ ^enn der Böse hinderte die Menschen, ein freies Bekenntnis abzulegen,
daß C-ner Erzählung (Dialoge Gregors des Gr., Buch 2, Kapitel 4) erfahren wir,
ein -Mönch den Teufel (niger puerulus daemon) durch Schläge aus seinem
ünb v austr^eh und dadurch seinen freien Willen wieder bekam. Jetzt konnte er
dje -j, n ert 2um Studium orationis gehen. Ob der Böse durch Schläge oder durch
°rtur verscheucht werden konnte, ist einerlei. Er flieht den gequälten Körper,
fHr ^r *e Qual mitmachen muß. Das war der Volksglaube. Ein wichtiges Ergebnis
*948 l6^esc^c^te der Strafprozesse. In einem Aufsatz der Etudes carmelitaines von
patj 5 * 347 heißt es: Der Dämon spreche durch den Mund des Besessenen (du
satan- ■'* Mso nehmen bestimmte Lebenskreise heute noch an, daß der Kranke von
Au / £n ^rä^ten beherrscht werde und durch Exorzismus befreit werden könne.
et^a 1 1 ^er ganze Tierprozeß ruhte auf diesen dämonischen Gedanken. Wenn wir
s° ^ daß ein stößiger Stier verurteilt und getötet wird oder ein bissiger Hund,
Tiere .Cte sicb im Grunde die Exekution nicht gegen die Kreatur. Sie galt dem im
tfieb pt2:en<^e:n Dämon. Er war es, der das unwissende Lebewesen zum Verbrechen
War ^ r muBte vernichtet werden. Er konnte weithin Schaden stiften und daher
tilgu °d ^euer die regelmäßige Sanktion. Das Feuer garantierte die Aus-
Zu a^er scbädlichen Körperteile. Berühmt ist die Sage vom heiligen Gallus:
°n arn Bodensee stürzte sich ein Bär auf den heiligen Mann. Nach hartem
tnan s*eßte Gallus. Nun konnte
aus cje e en> wie der verbeulte Satan
des Bären kroch und sich
also l*?°n machte. Der Böse
war es
J’ welcher Gallus umbringen wollte.
. ^e stark der Teufelsglaube noch
^ *9- Jahrhundert in der Volks-
Behauung verankert war, erweist die
^benstehende Abbildung. Im Jahre
4’ kerbte ein Hirte im Simmental
^ c Weiz) seinem Feinde das Teufels-
eicben in die Wand. Darin drückte
er
aus.
Abb. 3. Teufelszinken aus Zweisimmen
Pri-, ,v^u bist mein Feind und ich wünsche dir alles Schlechte. Wenn ic j
^Th,^ dir machen sollte’ so11 mich der Teufd h0len'“ ( g V°n
^Nen, Zweisimmen.) Das Zeichen war im ganzen Lande gefürchtet. Tief
152
Hans Fehr
in der Nacht schnitt man es in die Holzwände des Gegners. An verschiedene*1
Häusern im Simmental ist das Zeichen heute noch zu beobachten. Ob sich die Be-
wohner nicht mehr darum kümmern oder ob sie Angst haben, es auszutilgen, weiß
ich nicht.
IV. Die Wiedergänger
Auch die Vorstellung vom Wiedergänger geht in den Kreis der Archetypen hinein
jener Urvorstellungen, welche in der ganzen Menschheit ruhen.
Der Tote findet keine Ruhe im Grabe. Als Geist, als Gespenst, als dunkles ode*
lichtes Wesen irrt er nach dem Tode umher und erschreckt die Lebenden. Bald
kann er erlöst werden, bald geht er ewig um. Griechen und Römer kennen ihn,
und in manchen Gegenden ist bei uns der Glaube bis zum heutigen Tag lebendig
geblieben. Aber in der Antike erscheint der Wiedergänger als rächender GeselR'
Bei den germanischen Völkern dagegen als Unhold, der für seine Missetaten büße11
muß. In diesem Sinne gehört er dem Strafrecht an. Diese schweren Sanktionen sind
aus der Vorstellung des Volkes nicht wegzudenken. Was bedeutete eine Buße, eine
Körperstrafe oder die Todesstrafe gegenüber der Strafe des ewigen Umgehens-
Diesen psychologischen Faktor aus der Strafrechtsgeschichte einfach auszuwischen,
geht nicht an. Wenn immer wieder betont wird, die grausamen Verstümmelung8'
und Todesstrafen seien wegen ihrer abschreckenden Wirkung öffentlich vollzöge11
worden, wie mußte dann auch die Abschreckung, welche im Wiedergängertu*11
steckte, bedeutsam ins Gewicht fallen! Zu Wiedergängern wurden namentlich
Verbrecher, deren Delikte durch den weltlichen Richter nicht gesühnt worde11
waren. Sagen, Lieder und Märchen berichten von den verschiedenartigsten Misse-
taten: Mord, Totschlag, Diebstahl, Unterschlagung, Meineid, Fälschungen etc-
Obenan stehen die Grenzverrücker, Leute, welche heimlich Marksteine versetzten-
Ein Schweizer Bauer sagte einmal: „Das sehe ich für die größte Sünde an, wen11
jemand ein Stück der Allmende zu seinem Eigentum macht.“ Grund und Boden
bildete ja den Reichtum des Volkes.
Der Wandler peinigt oft die Menschen. Aber die Strafen, die er selbst zu erduld^1
hat, sind weit größer. Der furchtbare Glaube des ewigen, ruhelosen Umherirren8
stellte die schwerste Sanktion dar, die man sich denken konnte.
Im Jahre 1574 wurde zu Freiburg in der Schweiz eine Frau gefangen, die dei
Richter als Giftmischerin verurteilte. Ein Aquarell aus der Sammlung Wickia*1^
zeigt sie in einer Grube liegend. Der Flenker ist dabei, durch ihr Herz einen Pfa11
zu schlagen, um sie an das Erdreich zu heften. Das kann nicht anders gedeutet
werden, als daß dadurch die Wiedergängerei verhindert werden sollte. An ihreIi|
Manne wurde die Strafe durch die Räderung vollzogen. Der Bericht sagt kufZJ
„Der krämer ward mitt dem rad gricht, das wib aber läbendig vergraben und pfäß'
Die Pfählung wird also von der Todesstrafe scharf geschieden. Der Tod trat ja be
reits durch Ersticken in der Grube ein.
Auch die Selbstmörder müssen wandeln. Sie haben eigenmächtig in Gottes Of
nung eingegriffen und büßen dafür. Ja, der Volksglaube geht so weit, einem hieil
sehen die Ruhe zu versagen, wenn er überhaupt vor der Zeit, die ihm gesetzt
153
, . und Mutter etc. ln au
„ SC, T?*tet dle w Das Volk aber dürstet
■pricht p-l^u 1C ^an^t^on Missetaten siem cs im Wiedergängertum.
ltTlt auch v C ^am über ^en Täter die Friedlosigkeit im Jenseits aus. Als Strafe
e nicht seit- r jC adtm£ jn das Tal Josaphat (zum Jüngsten Gericht), die in der
en mit dp jCn Plotzlichen T°d des Geladenen zur Folge hat. Auch Tiere
Not den H Cdanken der Gerechtigkeit zu verwirklichen. Wer in den Zeiten
b der wird n&£-\r^en n^ts zu es$en gibt und böswillig seine Vorräte zurück-
von Mäusen überfallen und aufgefressen.
J dgen A/i •• ö
uderdarfs ' Volkslieder halten auch am alten Rachegedanken fest. Der
die Tötun d16 Jj" wester, der Vater darf seinen Sohn rächen. Im Auge des Volkes
an Vetschm'"heS C^ndeS Delikt’ denn der Feind hatte den Frieden gebrochen.
%ndsrecht leb ^ ^c^ter' -^an ging sofort zur Tat über. A uch das alte Wider-
£deutet3 tr t ^ fort’ Wird das Volk von bösen Herren geplagt und aus-
ernbena so ‘ Cn erfscksdcktige Tyrannen auf den Plan, welche Akte der Willkür
/erden erst"St ^ ^CS ^r°^es »gutes Recht“, sich dagegen aufzulehnen. Die Burgen
. Urmt, die Unterdrücker vertrieben oder getötet.
^ ^ayrisch a^dern Richtungen machte sich die erlaubte Volksjustiz geltend. So
^raubündn a^er^eidtreiben und in den Knabengerichten, wie sie namentlich
rb die nicht11 ZU d^auSe waren. Sittliche, soziale und religiöse Verfehlungen aller
^aren dje p. den Richter gebracht wurden, sollten gesühnt werden. In Bayern
^treibUn” a erer ' die empörten Bauern. Sie lehnten sich auf gegen Blutschande,
^aüs ües j}’,. ^neid, schlechte Behandlung des Gesindes usw. Sie zogen vor das
^1^ ein ln?Uenten> zwangen ihn die anklagenden „Haberer-Verse“ anzuhören,
Teien lOS2l^ WUStes Geschrei> üt,le Musik und scheuten sich nicht, kräftige Schieße-
assen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts entartete diese volkliche Ein-
154
Hans Fehr
richtung und die Regierung setzte schließlich die Strafe des Landfriedensbruche5
fest. Damit hörten langsam die Treiben auf.
Die Knabengerichte konstituierten sich in feierlichen Formen, und zur AnklagL
gelangten regelmäßig kleinere und größere Verfehlungen einer Dorfschönen. DaS
Gericht verurteilte sie zu einer Buße. Wurde diese nicht bereitwillig entrichtet, s°
ging man zu Ehrenstrafen über, vor allem zu einer lärmenden Katzenmusik. Die
Angst vor solchen Bloßstellungen war groß. Aber auch hier trat im 19. Jahrhundeß
Entartung ein. Vor allem wurde den Knaben Erpressung vorgeworfen. Ein letzte5
Stück dieser alten Strafjustiz fand an der Schwelle des 20. Jahrhunderts sein Ende
In einigen Kantonen fristeten die Gerichte ein längeres Leben. In Villmerge°
(Aargau) gab sich eine Knabenschaft noch im Jahre 1899 neue Satzungen. In dere°
Paragraph 12 heißt es: „Sollten Unanständlichkeiten eintreffen, so darf ein Brunnet1'
trog mit Wasser zu Diensten stehen.“ Der Verurteilte wurde demnach in kaltß5
Wasser getaucht.
Endlich weise ich auf die Scheltbriefe und Schmähbilder hin, welche ein im Votke
beliebtes Zwangsmittel waren, um einen Schuldner oder dessen Bürgen zur Zahlung
zu zwingen. In diesen Bildern war ein Stück alter Magie enthalten. Denn die Ah'
bildung einer Person galt bekanntlich als ein Stück dieser Person selbst, wie einst
der Schatten eines Menschen dem Menschen gleichgeachtet wurde. Man denke ^
die berühmte Schattenbuße des Sachsenspiegels! Bilder und Briefe enthielten ab0
im gegebenen Falle eine berechtigte Ehrverletzung. Sie wurden dem Schulduef
oder Bürgen übersandt und häufig an belebten Orten ausgestellt, etwa auf de01
Dorfplatz oder vor der Kirche. Reichsrecht und Landrecht bekämpften den Brauch-
Doch er saß so tief in den Rechtsvorstellungen des Volkes, daß er noch währen
des ganzen 16. Jahrhunderts nicht ausgerottet werden konnte. Man hing mit allei
Energie an dieser strafrechtlichen Selbsthilfe. Auf Tafel III bilden wir einen Scheh
brief aus dem Jahre 1523 ab. Er ist gegen den Ritter Asche VON Gram gerichte‘-
Der Spruch besagt, daß Cram nicht mehr in den Ritterorden gehöre. Er sei würchg’
an den Galgen gehängt und gevierteilt zu werden. So zugerichtet wird er mit zcf
brochenen Rittersporen dem Volke vorgeführt.
VI. Humor und Spott
Zu allen Zeiten lebten im Volke viel Humor und Spott. Im Till Eulenspie£e ’
in den Schildbürgern und in andern Volksbüchern steckt derber und köstlich^
Humor. Als in Schilda ein Fremder an den Galgen gehängt werden sollte, rietßil
die Bewohner aus, der Galgen sei nur für sie und ihre Kinder aufgerichtet. Sc№c
ein Fremder aufgeknüpft werden, so möge er zuerst das Bürgerrecht erwerbe0-
Diesem Humor begegnen wir auch in den Sprichwörtern, die zu Hunderten aü‘
dem Volke herauswuchsen und wegen ihrer prägnanten Fassung sehr beließ
waren. So sagte das Volk z. B. von einem Eid, der unsittlich oder erzwungen ^
„Dem Teufel braucht man keinen Schwur zu halten.“
Oder wenn einer selbst Unrecht tat, konnte er keine Klage führen:
„Wer einem den Finger ins Maul steckt, der will gebissen sein.“
Altes Strafrecht im Glauben des Volkes
155
. Au<* in den Helen Hänselbräuchen und in den Kellerrechten sptegeh steh di
ie* Humors wider. Fluchen und Pfeifen im Keller, an das Faß Mop en ■
yKa streng verboten. Konnten doch durch solche Geräusche die Wemgeiste
estört werden. Verstieß einer gegen die Gebote der Ruhe, so wur e er mi
oder Küfermesser geschlagen, sofern er diese Strafe nicht mit Geld losen
° te> Dies besagt der Vers:
D
„Du kannst dich nicht lösen mit dem Geld
So muß die Haut es büßen.“
„ und gute Laune ausdruckt,
rer ^ine Humor, der eine heitere Gemütsstimm J ^ der düstere Humor
lst freilich im Gebiete des Strafrechts selten. 1 „ Härte grausamer Strafdro-
z'llage, jener Humor, durch welchen as ° versuchte. Wir sahen in
hu*gen, überhaupt die Tragik des Lebens zu ube teurer Frevel galt. Ein
^serer Studie, daß das Versetzen der Gren2S<e aende£ Strafe: Man soll den, der
bäuerliches Weistum ahndete die Missetat mi g Gürtel und soll mit einem
de» Markstein ausgräbt, in die Grube setzenb“Tieren über ihn hinwegfahren
^uen, scharfen Pflug und mit ^ler ungezahm d. h> wenn er noc e ,
Verwindet er diese Exekution, „so soll es se
ist —
So
Pii rrtp also das Volk
; et von weiterer Buße frei. Dem schauerlichen or^ing ^ ^ lebte nach
e.“* humorvolle Klausel an, denn - so wird sich ein jeder sag
lesem Strafvollzüge noch! ^ z> B. im Steintragen erkennen.
-um Spott leiten alle jene Bräuche über, wi einfach eine Buße aufburden.
^ukenden und keifenden Weibern wollte man nicht
oie orsii.
vuC _ vv uutm wuin^ iilau iiiv^iil ^imacii v^mv^ u uut auiuuiuwi«
Schand Cn dern Spott des ganzen Dorfes anheimfallen. Die Bestrafte mußte den
dingtg ,°der Lasterstein vor aller Augen tragen. In einem österreichischen Dorfe
Zuge « Achter einen Pfeifer und der Ehemann einen Pauker zu diesem Um-
auch bC /UnSmannschaft durfte bisweilen die Verhöhnte mit Eiern bewerfen oder
em ^cbter einen Eimer Wein trinken auf Kosten der Verurteilten.
die ^ unä zugleich voll Spott war die Bestrafung in dem Gerät, welche das Volk
gebün i ^leSe nannte. Zankende, unverträgliche Eheleute wurden zusammen-
Uicbt C t Un<d *n e*ne Wiege gelegt. Der Gedanke war: Konnten sie sich im Leben
b^ülic^1183111!11611^11^611’ w*e es Eheleuten gebührt, so sollten sie in einer Wiege
de£ Vere*nt werden. Unser zweites Bild auf Tafel III weist auf der Vorderwange
gemalt. C^e e*ne Frau und auf der Gegenseite einen Mann, jeweils als Wickelkind
5 auf- Die Verse dazu lauten:
„Ach, wie geht’s mir armen Mann,
Diesen Spott ich nicht genug betrauern kann,
Daß ich hier lieg gewindelt ein,
Will doch dabei geduldig sein.“
„Seht ihr Weiber und kommt herbei,
Was dies für ein Spott uns sei,
Daß ich hier lieg gefätschelt ein,
Daß Koch (das Gekochte) wird mein Erlabnuss sein.“
156
Hans Fehr
Die letzten Worte beziehen sich auf die Pfanne, die man in der rechten Ecke, afl'
gefüllt mit Kindsbrei, gemalt sieht.
Zweifellos ruhte in dieser Schaustellung eine ins Humorvolle abgewandelte Prangt'
strafe. Es war ein bestrickender Zug im Volke, durch derartige Schaustellung de11
kleinen Delinquenten beizukommen. Diese wurden bestraft und die Leute konnte11
lachen.
Eine Welt eigenartiger Prägung zog an uns vorüber, eine Welt unmittelbar auS
dem Volksglauben und der Volksüberzeugung geboren. Wollen wir das Rech1
früherer Jahrhunderte in seiner ganzen Fülle erkennen, so dürfen wir diese volklich2
Seite nicht beiseite schieben. Die offiziellen Rechtsquellen wissen im allgemein^
wenig von ihr. Die alten Rechtskundigen und später die Juristen formten ihiC
Sätze zumeist, ohne die Tiefe des Volksglaubens und Volksaberglaubens bemeisteü1
zu wollen, bemeistern zu können. Auch die vom Volke dringend geforderte Plastik’
die Hörbarkeit und Schaubarkeit des Rechts ging im Laufe der Zeit immer meM
verloren und hat sich höchstens in den bäuerlichen Weistümern bis in die neuefe
Zeit hinein erhalten.
Es kann aber unmöglich das letzte Ziel der Rechtsgeschichte sein, Gelehrtenrecht’
Juristenrecht, Professorenrecht, wie immer man es nennen mag, zur Darstellung
zu bringen. Das bedeutet Einseitigkeit, ja Halbheit. Darum muß mehr und mehr der
Versuch gewagt werden, die sog. außerrechtlichen Quellen heranzuziehen. Die Forschung
muß sich der Sagen, der Märchen, der Lieder, der Dichtungen, der Schwänke’
der Volksspiele und der rechtsarchäologischen Bilder bemächtigen, um das ßn
zu einem Vollbilde zu gestalten. Das Recht ist zu allen Zeiten eine große, lebendig2
Macht gewesen, eine Macht, welche nicht auf Pergament und Papier steht, sondet11
eine Macht, welche aus der Überzeugung: hoc jus esto herauswächst. Unset2
kleine Studie hat gezeigt, daß wir es nicht mit bloßen Rechtsideen zu tun hatte11.
Wirkliches Recht war im Spiele, Recht, welches der Volksüberzeugung entspf^1
und tatsächlich geübt wurde.
Hermann Gleisberg — Grimma
Beiträge zu einer Volkskunde des Müllers und der Mühle
an eine^s n^mmt unter den verschiedenen gewerblichen Berufen von Anfang
Sinne °ndersteUung ein. Seine Tätigkeit ist keine handwerkliche im eigentlichen
Seiner tTC ^er «Schuster, Schneider, Leineweber“. Denn das Hauptmerkmal
dann eru^safbeit ist bzw. war von jeher die Bedienung einer erst nur vom Wasser,
Seit Vorn Wind angetriebenen Maschine, und zwar der ältesten und lange
feh]te ^urcd den einzigen Maschine innerhalb des Gewerbewesens. Zweitens
die w Müller jahrhundertelang,imGegensatzzudenübrigenHandwerksständen,
ggjc^^kMdtche Selbständigkeit.
Mdiftte • esonderkeken hängen eng miteinander zusammen, und zwar ist die er-
ei^ Ylrtschafthche Unselbständigkeit des Müllers eine Folge der Kostspieligkeit
L: enanlage, die zumal im Zeitalter der Naturalwirtschaft, aber auch später-
hin
flicht
'.Von jedermann mit eigenen Mitteln erstellt oder erworben werden konnte.
Müssen daher zunächst einen Blick auf die Wassermühle werfen, die Karl
tiberjjg^111 ’’Kapital“ als „die ursprüngliche Form aller Maschinerie“ und als eine
deutexi .erun§ des römischen Kaiserreichs bezeichnet hat. Auf die römische Herkunft
sinfi und* aUC^ d^e Bezeichnungen „Mühle“ und „Müller“ hin, die Lehnworte
röiflische \yU^ ^aS Bteinische molina bzw. molinarius zurückgehen. Und wie die
dtäfl»t C assermühle einst die auch bei den Germanen übliche Handmühle ver-
flieiflg..5 S° trat an die Stelle des alten ge-
Quirn ✓ Manischen Namens Querne oder
9*0/^ mhri 9airnus> altnord, kvern, ahd.
Schen enf, ¿ kürn) die aus dem Lateini-
L>ie e C nte Bezeichnung Mühle.
Schen \Y/te ^bildung einer altdeut-
cfl VS7 — filiti <uu.
Hortu~ ^sserrnühle findet sich
Jflch
s deli
im
CJarum“, einem Unterrichts-
l2’ Jk., das die Äbtissin
sterjUfl_f V0N Undsperg für ihre Klo-
Saflimen fauen auf dem Odilienberg zu-
Öüch Stellt hatte (Abb. 4). In diesem
darUnter f Cn aderlei weltliche Dinge,
^ahnten eMe Wassermühle, im
er biblischen Geschichte dar-
Abb. 4. Klostermühle aus dem „Hortus
deliciarum“ der Herrad von Landsberg.
158
Hermann Gleisberg
gestellt. Im vorliegenden Falle dient das Bild der Illustrierung von Lukas 17, 3 5
Matthäus 24, 41: „Zwei werden mahlen auf der Mühle, eine wird angenommen
die andere wird verlassen werden.“ Uns interessiert hier nicht das Bibelwort, ^
sich, nebenbei bemerkt, offenbar auf die gewöhnlich von zwei Frauen bewegt
Handmühle bezieht, sondern die aus der Handzeichnung erkenntliche KonstruL
tion einer alten Wassermühle:
Ein großes unterschlächtiges Wasserrad, d. h. ein Wasserrad, bei dem das Wass^
unten anschlägt, treibt ein auf der gleichen Welle sitzendes Kammrad, das mit seinßl1
Kämmen in die Stecken eines kleinen Stockgetriebes greift und so den oberßl1
Mühlstein, über dem der Rumpf aufgehängt ist, antreibt. Das schützende Mühl'
gebäude, sowie die für eine solche Mühle notwendige Stauanlage sind auf ¿ei
Zeichnung weggelassen. Daß im Mittelalter aber auch oberschlächtige Mühleil
gebaut wurden, entnehmen wir zeitgenössischen Abbildungen, z. B. in der Heid^'
berger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (Tafel Via) oderauf dem Holzschnitt
blatt von Steinhoewel aus dem’ 15. Jh. (Abb. 5) u. a. Die vierte Abbildung
Abb. 5. Acker- und Mühlwerk aus Steinhöwels „Boccaccio“ 1473
einer Wassermühle stammt aus Georg ANDREAS BÖCKLERS „Theatrum mach1
narum novum, das ist Neu vermehrter Schauplatz der Mechanischen Künste“ v0fl1
Jahre 1673 (Tafel VIb).
Auch für den Laien ist aus diesen Bildern erkennbar, daß sich an dem von
Römern übernommenen technischen Prinzip der Wassermühle im Laufe der J^{
hunderte nichts geändert hat. Zu der bewährten Einrichtung ist lediglich £^e’
allerdings sehr wichtige Neuerung hinzugekommen, das sog. Beutelwerk, e^°C
mechanische Siebeinrichtung, von der es in der „Chronica Cygnea oder Beschreib^
Volkskunde des Alüllers und der Mühle
159
----------------------- ’ ZZZ\t- Im Jahre 1502 Mlt_
der Stadt Zwickau durch M. TOBIAM SCHMIDTE^ £ ^^ aUhier zu Zwickau
w°ch für Joh. Baptistae ist das Räderwer geschworenen Meister es e
^tlich aufkommen und gebraucht -ordern Diejes ^ ^ ^ a. Daraus leicht
handwerks, die es befördert, sind damals g Gebeuteltes, gleich wie
2ü sehen, daß man bisher nur Geschrotenes zu Zwickau aus Noth a g
an vielen Orten gebräuchlich und auch 1 4
s*ehen müssen, gebacken habe.“ Wassermühle hat sich auch bl® we‘t ”n
Au der altüberlieferten Bauweise er üeute noch bei kleinen an
*9- Jh. hinein nichts geändert, und wu 1St erbältnisse-
Sach- und Teichmühlen auf ganz ähnliche ^ zählten einstmals neben
Zu den besonders wertvollen Teilen der alte" Dicbstahl schon in den Volks-
den nur sehr sparsam verwendeten Eisentei e , Strafe gestellt war, auc
"Chten (2. B. in der Lex salica, tit. 11, cap. i) hl inbrüchen, herbeigesch
Mühlsteine, die oft von weither, aus besonderen ^ ^ d Bau eines
'»«den mußten. Mit welchen Schwierigkeiten te ^ erha,tenen Bericht des fran-
Miihlenwehres verbunden war, geht aus e hervor.
Machen Geschichtsschreibers GREGOR VON » wenigstens an den
Ein großes Erschwernis bei Errichtung von ^ Barbarossa ns« be‘''lsPr^ *
«fentlichen Flüssen, war das erstmalig ™ die Errichtung von u
Muhlenregal das ist die Befugnis des 8 <^ abhängig zu machen.
^Wässern d rbezeichneten Art von seiner Er aubms Anspruch und
Moheitsrecht nahmen später auch die
tuteten es durch Verleihung der Nutzung , Wassermühlen von den
Hiernach wird es verständlich, daß dieAristokratie, den sog. Grundherr“,
Angehörigen der geistlichen und weltlichen" weil nur sie über die notigen
gebaut wurden bzw. sich in deren Händen ’ ffir die Errichtung un
Arbeitskräfte und vor allem über die notigen M eine Wassermühle n
hal'ung einer so bedeutenden technischen Anlaff’n standen unter Kömgsfr.ede;
««mal darstellt, verfügten. Diese alten Wasser bere;ts in fränkischer
aneben lassen sich, wenn auch nur se r vc nachweisen.
k,Hne Leute als Eigentümer von Mühlen erscheinen jedoch durchweg
Hie Müller in den alten grundherrlichen M^enersch^ _ ’als Mühlknecht,
,U unfreie Handwerker oder - m kleinere ^ 8j2 heißt es z. B.. ,,
° d«n „Capitulare de eillis" KARES DES GROSS aItifices, ld est fa
uitius Ut unusquisque iudex in suo ministeno similam ad opus n0 nd.
«ratlos et aurifices vel argentarios .. • qd Bereich tüchtige «
faaa"t...... (Ich verordne, daß jeder VerwalterIn AsUberschmiede ..;
,«k« halte, und zwar Eisen- und Goldschmie pütores sin
d.te feines wizenmehl für meinen Bedarf herstellen.Lj hen heißt slmila n.ch
^ ^cker, sondern die Müller gemeint; denn im ^ ß
e . ernmel, sondern das feine Weizenme ■ , böfen spielten die
i^elbe Rolle wie auf den fränkischen KonN5 jh.).
!n d« Abtei von Corvey und im Kloster zu St. Gallen 19
160
Hermann Gleisberg
Ursprünglich wurden die meisten Hausgewerbe — zu denen außer der Mülletel
auch die Bäckerei, das Schneidern, Weben usw. gehörten — in den großen Meiereien
Klöstern und Hofburgen von unfreien Handwerkern ausgeübt. Während aber <
dem Emporblühen der mittelalterlichen Städte viele Handwerker zu wirtschaftlichei
Selbständigkeit kamen („Stadtluft macht frei“!) und eigene Innungen und Zünfte
gründeten, blieb der Müller an die grundherrliche Mühle gebunden. Nur gaIlZ
vereinzelt, in den größeren Städten, kam es zu innungsmäßigem Zusammenschluß
so z. B. der Müller zu Worms in der „Societas molendinariorum“ von 1281, ^
„Mülner“ in Straßburg im Jahre 1263 oder der „Molner“ in Dresden im Jahre i43^‘
Im kolonialen Osten, im Lande zwischen Saale und Elbe, wo den Siedlern auS
Flandern, Franken, Sachsen und Thüringen besondere Vergünstigungen geböte11
wurden, war es leichter möglich, zum Eigenbesitz einer Mühle zu kommen. Hiei
wurde die Mühlgerechtigkeit häufig auch mit dem Amte des Schulzen verbünde0'
Aus den einschlägigen Mühlenakten geht hervor, daß sich die Mehrzahl der Mühle^
in Privatbesitz befand. Die Besitzer dieser kleinen, meist nur mit einem Mahl- ut1
einem Schrotgang ausgestatteten oberschlächtigen Bach- und Teichmühlen be
saßen ihre Betriebe allerdings nicht zu völlig freiem Eigentum, sondern mußteil
an den Landes- oder Rittergutsherrn einen meist zu Walpurgis und zu Michael
fälligen Erbzins in Gestalt von Geld oder landwirtschaftlichen Erzeugnisse
(Getreide, Hühner, Eier, Wolle, Flachs) zahlen und daneben, wenn auch nur gaIlZ
vereinzelt, gewisse Frondienste leisten (sog. Erbmüller). Für die Stellung diosef
kleinen Müller innerhalb der Dorfgemeinschaft war entscheidend, ob die Mü^
ein vollständiges Mühlengut, der Müller vollberechtigter Nachbar war, oder 0
die Mühle auf „Gemeindeflecken“ stand, der Müller infolgedessen zu den Gärtneiil
gezählt wurde. In letztgenanntem Fall verrichtete er in der Regel weder ^
Glockenläuten noch das Botschaftlaufen, noch die Wachdienste mit, gab keiflßil
Hirtenlohn, hielt nicht das Gemeinderind, trieb sein Vieh nicht mit vor den Hüte(1
und entrichtete auch keinen Gemeindescheflei und Kirchenzins, sowie keine ßel
träge zur Tilgung der Grundschulden.
Die großen, durchweg unterschlächtigen Wassermühlen an der Saale, Mulde uil
Elbe, die oft bis zu 10 Mahlgängen aufwiesen und damit zu den ältesten industriell
Anlagen zählen, befanden sich dagegen ausnahmslos in grundherrlichem °ü
— seit der Reformation — in kommunalem Besitz. Hier wurde die OberaufslC
M
von sog. Mühlherren geführt. Die müllerische Arbeit verrichteten Gesellen
Knappen als Lohnarbeiter. Im Laufe des 16. Jh. wurde es jedoch auf Grund der s1
anbahnenden technischen Vervollkommnung der Müllerei üblich, die Mühlen
gelernte Müllermeister in der Weise „auszutuen“, daß der Müller den vierten
feil
des von den „Mahlgästen“ (so nannte man die Auftraggeber des Müllers) erhalt^,
Naturalmahllohnes, der „Metze“, für sich behalten durfte, die anderen drei Vie
jedoch an den Mühlherrn bzw. die Grundherrschaft abzuführen hatte. Der
hatte auch den vierten Teil an der Schweinemästung. Dagegen mußte er „den vief
Pfennig“ zu den Steinen und Beuteln geben und mußte auch zu den laufe11
Reparaturen den vierten Teil beisteuern (sog. Mietmüller).
Volkskunde des Müllers und der Mühle
161
211 Pacht l^’ Un^ ^ g*ng man’ um den Füller am Umsatz zu interessieren,
mitUnte ' Un<^ Erbpacht über, wobei der Pachtzins erst in Körnern, dann in Geld,
Freiheit fi aUC^ *n ^eMem zu erbringen war. Als Erinnerung an die ehemalige Un-
°der -u n. n jeüoch in den Pacht- oder Erbpachtverträgen oft noch folgende
V°t\viR 1C^e Ereizügigkeitsbeschränkungen: „Soll und will er ohne des Raths
t>leibe Cn n*ehmals außerhalb der Stadt begeben, noch über Nacht außen
Jagdhu5 USW* ' ^er Müller einer sächsischen Amtsmühle hatte die kurfürstlichen
des jy 2u füttern, eine Verpflichtung, die eigentlich zu den Obliegenheiten
Zn halt eC^ers Sehörte. Eine andere Mühle derselben Gegend hatte den Sauhirten
Treibe Cn’ Un<^ Rittergut Machern mußten Müller und Gärtner ohne Lohn den
jn Cr sPielen, so oft es der Herrschaft beliebte.
v°rle»lnern a^ten sächsischen Geburtsbrief, wie man ihn beim Eintritt in eine Zunft
findet n/nu^te5 v°m Jahre 1431, abgedruckt in der Chronik des Klosters Altzelle,
eJdern 1X1 • W. erstmalig auch die entehrende Formel: „Von frommen, ehehchen
Baders eUtsc^er art und nicht von versprochenen leuten als da synt Leynewebers,
AiülleS’ Pheyffers, töppers, schefers noch erbmüllers geschlechte..Dieser den
girjg ls weit über das Mittelalter hinaus anhängende Makel der „Unehrlichkeit“
üb Ursprünglich nicht vom Volke aus, sondern von den Zünften, die aus einer
fäfijgkg^ en Standesehre heraus mitunter die seltsamsten Begriffe von Zunft-
trot2 o], Un<^ "Unfähigkeit entwickelten. So war eben auch den Söhnen der Müller,
allen
, entgegenstehenden Reichsverordnungen (von 1548 und 1577) und dem
tyeil ^Sutachten von 1731, der Eintritt in die Zunft verwehrt, offenbar nur deshalb,
BCcje as Müllerhandwerk einst unfrei war. Der seit dem 16. Jh. in zahlreichen
MüllnSarten’ Sprichwörtern, Schwänken und Liedern zum Ausdruck kommende
ersP°tt hingegen hat, wie noch zu behandeln ist, auch noch andere Ursachen.
b^cht alle s* •Un^ e^ener Müllerinnungen standen zahlreiche Hindernisse im Wege:
&roße Meh ta<^te verPügten über so viele Mühlen wie Straßburg oder Dresden, die
ixjfQj ^ ^er Mühlen lag weit verstreut auf dem Lande. Aus diesen Gründen
Müller 6 Cr Verschiedenartigen rechthchen und sozialen Stellung der einzelnen
ütäßige^ ^Cn Interessen weit auseinander. So kam es nur vereinzelt zu gebiets-
v^ele Se| j^. Usarnmenschlüssen in Zünften und Bruderschaften. Als Beispiel für
^eben ge nur Jahre 1653 für den Stargarder und Pyritzer Distrikt ins
M den St-H Cne Müllerinnung erwähnt, der damals sofort 47 Müller beitraten.
^rankfUrt tCn sch^°ssen sich auch die Müller mit den Bäckern zusammen, wie in
^enn der vr- JaEfe 1775- Mitunter taten sich Müller und Maurer zusammen;
genannt n ^er war früher zugleich Mühlenbauer — vom Volke „Mühlarzt“
arauf deuten heute noch Zirkel und Senkblei im alten Müllerwappen.
*eißt
„Der Zirkel, Blei und Waage
Ist unser Fundament,
Dabei wir unsre Tage
Recht nützlich angewendt,“
aüs Pro 1^ eMem Handwerkslied der Müller, und das Wappen eines Mühlarztes
tatikfi
^Iksk,
Urt tragt folgende Inschrift:
unde
162
Hermann Gleisberg
„O eisenharter Müllerstand!
O felsenhartes Leben!
Wie lieblich schienst du mir zu sein,
Eh ich mich dir ergeben.
Nun aber kenn ich deinen Stand
Und kenn auch deinen Orden.
Wenn ich dies hätt zuvor gewußt,
War ich kein Müller worden.“
Neben diesen Verbänden selbständiger Gewerbetreibender gab es aber auch solcße
der Müllerknechte, insbesondere in der Zeit, als die Arbeiten in der Mühle nod1
nicht durch gelernte Müller, sondern durch Müllerknechte verrichtet wurden, z. ß'
die Bäcker- und Müllerknechtbruderschaft zu Offenburg (Satzung von 1406 uh
1471).
Das bisher Gesagte bezog sich nur auf die Wassermühle, gilt aber entsprechet
für die Windmühle, die in Deutschland erst im 14. Jh., und da auch nur sehr selten
erwähnt wird. So ließ z. B. die Stadt Speyer eine Windmühle bauen, was die Chronik
wie folgt verzeichnet: „Ein Müller, der mit der Windmühle mahlen kann, außel1
Niederland geholt.“Die Windmühle trat damals in der Form der drehbaren hölzeruß11
Bockwindmühle auf. Die turmförmigen, aüs
Stein oder im hölzernen Achtkantständef'
bau angelegten sog. Holländerwindmühleil
wurden hier erst seit dem 17. Jh. gebau1-'
Die erste Abbildung einer Bockwin^'
mühle verdanken wir dem sog. Anonymus
der Hussitenkriege, der um 1430 auf mehfe'
ren technischen Blättern die Konstrukti0*1
dieser Mühlenform von innen und außeJl
wiedergab (Abb. 6). Die Abbildung ^
Christoff Weigels Ständebuch v°n
1698 zeigt neben der alten Bockwindmüh^
auch schon die Holländerform (Tafel VlI^'
Für die Errichtung der Windmühle
galten ähnlich einschränkende Bestie
mungen wie für die der Wassermühlen, y ^
das alte Rechtssprichwort: „Der Wff
gehört der Herrschaft“ besagt, war züi
Anlegung einer Windmühle die ZustiU1
mung des Landes- oder Gerichtshe,-fiJ
nötig, der seine Bewilligung in der Reß
Abb. 6. Windmühle des sog. Anonymus von der Zahlung eines besonderen
der Hussitenkriege lenzinses abhängig machte. Unter de*
Banner der Gewerbefreiheit schossen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ß1
Windmühlen geradezu wie Pilze aus der Erde, ohne jedoch eine lange Lebensdau
zu besitzen. Diese „Windmühlenrenaissance“ kam zu spät: wenn auch die BeW
Volkskunde des Müllers und der Mühle
163
ak«ung, und damit der Bedarf an Brotmehl, ständig im Wachsen war, so g ngen
“«rerseits gerade in dieser Zeit die meisten Wassermühlen daran, durch E
^‘schrittlicherer Antriebskräfte (vor allem von Turbinen, weniger von Damp
*as<*inen) ihre Leistung erheblich au steigern und durch Verwendung moderne
^mahlungs- und Sichtmaschinen die Qualität ihrer Mehle so zu verbessern da
d,e Mehrzahl der Windmühlen mit dem unaufhaltsamen technischen Fortschritt
r'nfach nicht mehr mitkommen konnte, bis dann zu Beginn des 20. Jahrhunderts
das große Windmühlensterben einsetzte. Die dabei übr.ggebliebenen Windmühle
^erden meist nur noch als Schrotmühlen betrieben.
Während auf dem Lande die kleinen Mühlen bereits;im ^ größeren, seit der
8rößtenteils in Privatbesitz übergegangen wa ’glichen und durch Verpac
Formation in der Regel in kommuna em CST , uunderts in die Hände privater
tTüng genutzten Mühlen in der Mitte des 19. J id der Übergang von der
Unternehmer über. In dieser Zeit vollzog sich g werksmeister traten Kauf-
en- 2ur Handelsmüllerei. An die Stelle der alten Hand
eüte und Ingenieure.
Bis
^ord )edoch waren die Mühlen ausschließlich als Lohnmühlen betrieben
sPäter n* ^ere*ts Sachsenspiegel (122'7) stand der auf die Lohnmüllerei bezügliche,
soj irst'Um Sprichwort gewordene Rechtssatz: „Die ok irst to der molen kumt, die
guts B)ie landesherrlichen Amtsmühlen und auch einige größere Ritter-
^rGer Cn nabmen dabei das Recht in Anspruch, die Untertanen zu zwingen,
■Mühle 6 nUr *n ßer herrschaftlichen Mühle mahlen zu lassen, um der betreffenden
So e*ne dauernde Rentabilität zu sichern. Dieses Institut des Mahlzwanges
üü “ ' ‘ ' • 1-~ t3-1-—*-----
^urde erc<. •
st lm 19- Jahrhundert aufgehoben, eine Bestätigung der üenaupruug
Be>i S°HMS, daß in der deutschen Rechtsgeschichte das Mittelalter in vielen
' T_-_ • - „ T 1 1 __J----^ ba» nip Müller
^^eBungen UCi ucutöullC11 ------------------
f.a^egen, &die h8 2um Ausgang des 18. Jahrhunderts gedauert habe. Die Müller
^Uridenwerb ”e*nge2wungenen<C Mahlgäste besaßen, waren auf besondere
^h'eide 2ur angewiesen. In vielen Orten brachten die Mahlgäste nicht das
Kunden ^ sonc^ern es wurde vom Müller mit Eseln oder Mauleseln von
tacht. ^!UjamT?engeho]t‘ glichet Weise wurde das fertige Mehl zum Kunden
° ‘ r sm) ypjcrt fAbb. 7).
de.
gebracht ‘ '“UJ111^ugcuuii. ou giuuiu w uoc w -----0
Bvir die ß daS KuPfer von Martin Schongauer (1446—149O zeigt (Abb. 7)
grift&«ij enut2ung der Wege durch sein Treibvieh zahlte der Müller ein besonderes
^ d oder einen Zins.
met^011 ^Urz erwaBnt, war der Müller berechtigt, das angelieferte Getreide
****’ B. seinen Mahllohn in natura durch die „Metze“ (= 1/l6 Scheffel)
^eißbä ,en’ seinen Mahlgästen gehörten auch die Bäcker, vornehmlich die
^areri er’ denen -*n )eder städtischen Mühle besondere Mahlgänge Vorbehalten
k°nntp,-, ° S*e *Bren Weizen vom Müller mahlen lassen oder auch selbst mahlen
en ~ - - - - t und ver-
uiren weizen vom iviuner mamcu wmv-“ vyvlv'* j ver_
arbpit. ^’ ^e Brot- oder Sauerbäcker dagegen waren Lohnwer e ^
Pfe ‘Cten das vom Kunden übergebene Roggenmehl oder den fer ig ^
frei 5 Vierer- und Achterbroten.) Auch den übrigen Mah 8aSten S diesem Falle
bekam uK°rn unter bloßer Aufsicht des Müllers selbst zu mahlen. ^ K
der Müller nur ein sog. Beutelgeld, der Knappe als Trinkge
164
Hermann Gleisberg
dreier. Korn und Mehl wurden übrigens nicht wie heute gewogen, sondern nach
Scheffeln und Metzen gemessen (Hohlmaßsystem).
Der Mahlzwang wurde zu einer Quelle ständiger Verärgerung und uferlos^
Streitereien, und das Messen und Metzen verführte den Müller zu allen jeneil
Unregelmäßigkeiten, die ihn bei seinen Auftraggebern so oft in Verruf brachten-
Getreide- und Mehlwaagen setzten sich endgültig erst im 19. Jahrhundert durch-
Mit scharfen Worten trat der Göttinger Professor JOHANN BECKMANN, ^
Begründer der Technologie, im Jahre 1786 gegen den Mahlzwang auf: „Es
nicht schwer, den Ursprung der Zwangsrechte anzugeben. Als das Volk ein#1*1
unterjocht war, mußte es sich diese und noch härtere Pflichten gefallen lassen,
sich zum Teil als Denkmal barbarischer Leibeigenschaft noch in den aufgeklärt^1
Zeiten erhalten haben. De LA MARE führt ein Beispiel an, daß die Herren bei Frel
lassung der Untertanen, zum Andenken ihrer bisherigen Unterwürfigkeit, und u)l1
auch noch in Zukunft von ihnen so viel als möglich zu ziehen, von diesen verlaA-
haben, daß sie, versteht sich gegen Abgabe, ihr Korn nur auf der herrschaftlich^
Mühle mahlen, ihr Brot in herrschaftlichen Ofen backen und ihren Wein in heff
schaftlichen Keltern pressen lassen.“
Das Volk fühlte sich vor allem beim Metzen übervorteilt. Bereits in der Straf’^
burger Rätselsammlung von 1505 heißt es: „Warum baut der Storch nicht auf C^C
Mühle?“ Antwort: „Weil er Angst hat, daß ihm der Müller die Eier stiehlt/
RACHELS „Teutschen satyrischen Gedichten“ (1664) findet sich der Spottve^
Volkskunde des Müllers und_derMühle
165
" __________Volkskunde ucs __
>>Sovjej ,
iVTühl rv sMd m einem härnen Siebe, als Schneider zu Paris als auf der
lebe.“ Aus derselben Zeit stammt das Sprichwort:
„Der Müller mit der Metze,
Der Weber mit der Krätze,
Der Schneider mit der Scher.
Wo kommen die drei Diebe her?“
dav°n ^S^e<^erarchw in Freiburg i. B. bewahrt eine neuere niederdeutsche Fassung
„Müller mit sien Mattfatt,
Wewer mit sien Spoolrad,
Snieder mit sien Snippelscheer.
Wo kamt de dre Deewe her?“
u- . Wo kamt ae are uctwv *--
WunrI
^cht rede ^ WCnn es Volke hieß: „In der Mühle ist das Beste, daß die Säcke
■^lüller Cn können.“ Wie zahlreich die Betrugsmöglichkeiten für einen unredlichen
sischen Taren’ §eht besonders eindringlich aus dem von dem Fürstlichen Säch-
»Betru at unc* -Amtmann Paul Hönne im Jahre 1720 zusammengestellten
v°n ve^h^k011" hervor, das 21 „Gebrechen“ allein der Müller enthält! Da ist
an£ek~i_ °r£enen Nebenbeuteln, zweierlei Gemäß, heimlichen Windlöchern und
Andr^en Mähern die Rede!
die alte tSeitS mu^ Zur Ehre des Handwerks festgestellt werden, daß es sich gerade
^acWu ^Un^Sen Müllermeister besonders angelegen sein ließen, den müllerischen
aheps . S 2u unbedingter Ehrlichkeit und Frömmigkeit zu erziehen im Sinne des
^ären p. w°rtes, daß die Zünfte so rein sein müßten, als wenn sie von Tauben gelesen
ändert- u ^e^lt m*t -^euthchkeit aus den uns vorliegenden Lehrbriefen des 18. Jahr-
tr cs hervor.
Hatte ein ‘
aüf d|e _ lUnger Müllerbursch ausgelernt, ging er, wie jeder ehrbare Handwerker,
heder“ & ZC" ^0 heißt es im „Lob des Müllers“ (aus „Deutsche Handwerks-
’ gesamrnelt von Oscar Schade, Leipzig 1865):
„Wenn wir dann nun gestanden
Die Zeit der Lehr aus,
So wandern wir von dannen.
Dem Meister bleibt das Haus.
Wir tragen auf dem Nacken
Das Wanderbündelein.
Das Brot ist schon gebacken,
IV All wo wir kehren ein.“
Beim ßet.S^rec^enC£ der wandernden Gesellen vollzog sich in besonderen Formen:
Cten e*ner Mühle legte der Geselle sein Bündel, den sog. Berliner, und
,tachte Q°^nstock unter die Treppe, meldete sich mit dem Anruf: „Glück zu“ und
mustU C Vom Meister und Gesellen der letzten Mühle. Der Meister bedankte
e^irtüng fte ^P^6 des Gesellen und gewährte ihm Geld und freundliche
^as manc^er ^atte eMe besondere Berufskleidung, zu deren wesentlichsten Stücken
er°rts sogar behördlich vorgeschriebene Schurzfell gehörte. Sprich-
166
Hermann Gleisberg
wörtlich ist sein „weißer Rock“: „Zu einem Müller gehört mehr als ein weißef
Rock“. Im Niederdeutschen hat der Müller den Spitznamen „witte Hoet“, weißei
Hut. Aus dem 17. Jahrhundert ist folgendes Spottlied überliefert:
Sieh da, Herr weißer Hut,
Dein Rad läßt du rasten.
Du kannst so meisterlich tief
In die Säcke tasten.
Du nimmst das beste Mehl.
Der Bauer erhält die Klei.
Bei andern ist es Schand,
Bei dir ists Stehlen frei.
(Vgl. die Holzschnitte zu THOMAS Mß^
NERS „Mühle zu Schwindelsheim“ von
und von Jost Amman in seiner Beschfßl
bung aller Stände von 1568. Abb. 8 u. 9)'
Wie alle Handwerker hat auch der Müßßf
seinen Aberglauben und sein teilweise n°c^
heute erhaltenes Brauchtum. Nach eihßf
volkstümlichen astrologischen ZeichntA"
des „Meisters des Hausbuchs“ untersteh^
die Müller der Luna:
„Fahrend Schüler, Vogler, Müller, B^ei
Und was mit Wasser sich ernährt.“
Abb. 8. Stauwehr aus Thomas Murners
..Mühle von Schwindelsheim“
In den meisten Mühlen hält man dara^’
daß am Silvestertage alles durchgemah^
ist. Am Katharinentag (25. November) standen in Benzenheim (Kreis Mühlhausß
die Mühlräder still, weil die heilige Katharina mit einem Rad voller Nägel gemaftß
worden sei. Auch an Sonn- und Feiertagen soll kein Getreide in die Mühle gebraß
werden, damit die Gegend von Hagel verschont bleibt. Der Windmüller zeigte bis
unsere Tage seineAnteilnahme an den Festen des Dorfes durch besondere Stellung d ^
Windmühlenflügel. Bei Geburten und Hochzeiten, aber auch bei Gewitter sta°
die Mühle zur Übelabwehr „in der Schere“, d. h. in einem schrägen Andreaskre^
In Lachendorf (Kreis Celle) finden wir das Zeichen der Windmühle zusammen &
dem Hexenbesen und der Raute als Backsteinornament an den bäuerlichen Fach^ei
häusern verwendet, wohl nicht nur als Sinnbild der Fruchtbarkeit und des
sondern in erster Linie als Heilszeichen und zur Übelabwehr. Im Innern .
Mühlen waren holzgeschnitzte Figuren aufgestellt, die ursprünglich ebenU^
der Feindabwehr dienen sollten, wie z. B. der sagenhafte „Mühlgötz zu Plaüe^
f“ iiPc
spa ia
Ähnliche Bedeutung hatte ferner wohl auch der noch sichtbare „Neidkopf
der Toreinfahrt der Appelsmühle in Pfungstedt (Hessen) vom Jahre 1701. y
Generationen waren sich des ursprünglichen Zweckes oft nicht mehr bewußt ^
stellten derartige Bildwerke, hervorragende Zeugnisse volkskünstlerischen
fens, aus reinem Schmucktriebe auf. Das gilt z. B. von den abgebildeten Mb*1
167
_____________Volkskunde des Müllers und der Mühle_
aus Großbardau, aus der Mitte des ,7. Jahrhundetts die
das Werk eines wandernden „Mühlarztes hät( a e a). folgender
^ruckenmühle steht noch heute ein holzgeschnitzter „Mehlmann ö
nschrift aus dem Jahre 1730:
„Mein lieber Mensch bedenk aUhier,
Waß dir das mühlwerck bittet für ( \or e ),
Den so offt daß Radt den Zirkel wend,
Bedencke mensch dein letztes end.
ln der alten Günthersmühle zu Arnstadt befand sich bis Mitte des t9 Jh. neben
der l6 Mahlgänge eme Standsäule mit hölzernem Zterkopf, wohl <he Got
Cer« darstellend. Außerdem hatte der Arnstädter Müller ledem etnzdnen MaUgang
C1«en besonderen Namen gegeben: die Curd.s- (?), dte Esels-, dte Htrsch-, die Eie
P ant-, die Einhorns-, die
°lfs-, die Fuchs-, die Lö-
^en'> die Roß-, die Affen-,
r*e ^egenbocks-, die Bä-
en~5 die Hasen-, die Kamel-,
le Sau- und die Ochsen-
mühie.
Elin besonders originelles
eugnis der Volkskunst in
er Mühle ist der holz-
^schnitzte „Kleiekotzer“,
vT6 Umgestaltung der
p a^§angsöffnung in eine
j^at2:e mit weit geöffnetem
und. An ihm betätigt sich
s^r *n der Volkskunst auch
^ünst 2utage tretende Drang
V r , Verlebendigung, die
°diebe des Volkes, in
^arres Gerät Figürlich-
,en^Ses hineinzusehen
A f,'"Uarbeiten. Mit dem
. ommen moderner
2 ^ ereimaschinen in der
d,,rtsaifte des 19- Jahrhun-
cinstübVerSChWanden diC Abb. 9. Mühle aus _
Ve , ber ganz Deutschland Stände
an , re*teten Kleiekotzer . 1 au und zu diese
IüsCth der Kleinmühle. Nur im Schwarzwald finden wir n
./gen Maskenbilder. . , f allenthalben in den
ah U, Volkskünstlerische Verzierungen stoßen wir auc halten für all
0 .mü Windmühlen, wenn wir nur Augen und Herz
„.Schreibung a|let
lost Ammanns „Besc
Abb. 9- MühlC aUS Stände“
168
Hermann Gleisberg
die Schönheiten, die dem flüchtigen Besucher meist verborgen bleiben. Da fiflde°
sich jahrhundertealte Schnitzereien an den eichenen Säulen der Mahlgangsstuhlung’
barocke Verzierungen an den Strebebändern des Windmühlenbockes, Zierleiste11
in der Vierung der großen hölzernen Kammräder. Dicke eichene Radwellen zeigen
Profile im klassischen Geschmack. Der Griff zum Aufwinden der Staubretter
die Form einer Fischotter angenommen oder der Einschüttkasten ist mit kunstvoll
geschnitzten Aufsatzbrettern verziert. Ausgediente Mühlsteine werden zu Tisch'
platten und zur Ausschmückung der Hofpflasterung verwendet. Schmiedeeisen^
Rahmenfüllungen und Wetterfahnen zeigen die Symbole des Handwerks. Hob'
geschnitzte Druckmodeln dienen zum Signieren der Getreide- und Mehlsäcke. №
der Front einer Mühle in der Fränkischen Schweiz lesen wir den folgenden HauS'
Spruch, der den Schluß dieser Betrachtung bilden möge:
„Ich mahl mein Mehl für jedermann.
Es gibt gut Brot wer backen kann.
Doch ist kein Müller auf der Welt,
Der backen kann, wies jedem gefällt.“
Karl Baumgarten — °
, • i lsjipdersachsenhausforschung
Probleme mecklenburgische
. prklenburgischen Bauernhauses im
^enn man sich heute bei der Betrachtung hJiedersachsenhauses und seiner
gemeinen auf die Darstellung der Geschichte des N
r°bleme beschränkt, so ist die Be-
rechtigung hierfür darin zu erblik-
erb daß einzig Mecklenburg in der
^Reinevielgestaltigeniedersäch-
sische Hauslandschaft besitzt und
aßet Fragen niedersächsischer
ausforschung in erster Linie von _j|__
Mecklenburgischen Forschern be-
^l^ortet werden müssen1). Pro-
ettie der Entwicklung des mittel-
eutschen Hauses, des Dielen-
aUses sowie des Vorhallenhauses,
ausformen, die zwar ebenfalls
^Mecklenburg auftreten bzw.
raten, können durchweg
°esser von Forschern anderer
Länder, etwa Thüringens oder
Brandenburgs, bearbeitet werden.
V°rausschicken möchte ich weiter,
daß ich
mir dessen bewußt bin,
daß ich mit der Bezeichnung
’vNiedersachsenhaus“ keinen wis
Senschaftlich einwandfreien Fach-
ausdruck verwende, doch ist die
Zeichnung „breites Fachhallen-
aus“ noch immer so wenig ein- Kernen dieser Haus
gebürgert, daß ich glaube, des all- ethnographischen
greinen Verständnisses wegen noch
°rtn Verwenden zu dürfen.
Abb. io.
Mecklenburgisch« FlettdielentyP
l) Di '
8teÜe fijr y* Beitrag liegt ein Vortrag auf der i. Arbeitstagung der
ecklenburgische Volkskunde in Rostock zugrunde.
Wossidlo-Forschungs-
170
Karl Baumgarten
Die Geschichte des mecklenburgischen Niedersachsenhauses beginnt vor rufld
750 Jahren, zu jenem Zeitpunkt, als westelbische Bauern nach Mecklenburg
kamen und hier in ihrer neuen Heimat ihre Häuser in der Art ihrer Väter errichtete0
(Tafel IXa). So einfach dieseTatsacheist, so birgt sie jedoch bereits dasGrundproble01
niedersächsischer Hausforschung, die Frage nämlich: „Welche niedersächsische
Hausform wurde zu jener frühen Zeit nach Mecklenburg übertragen?“ Es lieg£
auf der Hand, daß die Beantwortung dieser Frage über Mecklenburg hinaus vo0
grundlegender Bedeutung ist, wird doch durch die Klärung dieses Problems gleich
zeitig auch die Niedersachsenhausform im westelbischen Mutterraum zu jener Zelt
beschrieben. Der Altmeister mecklenburgischer Niedersachsenhaus-Forschuflg’
WILHELM Pessler, sah zunächst keinerlei Problem in dieser Frage. Für ihn koflUiC
es nur die „reiner sächsische Form“, das Flettdielenhaus (Abb. 10), gewesen sei0’
S.l1'
!) Pessler, Hausgeographie von Mecklenburg in „Deutsche Erde“, Gotha 1912,
Backo^fan
---—_______Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg 171
^eckIeQbu
feste und schuf einer mecklenburgischen Niedersachsenhausforschung
Schieden u ^dlaSe’ Seine Forschung ist von der Pesslers grundsätzlich ge-
Schrift j:U n durch seJhst einmal gekennzeichnet, wenn er 1939 in der Fest-
anSegebenm N°‘GeburtstaS Richard Wossidlos schreibt: „Diese (von Pessler
der Bntwickl Scbwieri&keiten verschwinden aber, sobald man die Dynamik in
Jebendig ist Ung des Bauefnhauses anerkennt und die Hausform, solange sie noch
Über S *ln °rganischem Wachstum und steter Entwicklung begriffen sieht3) “
,he Entwicki“g ,,
führt e Cnden Kräfte aber ----——
„Dj r an Sicher Stelle aus:
Von , nen (Kräfte) kommen
Schaft W“dl“Sen der
Jhrer Ertr - SteiSerung
kommen her’ die anderen
gen , f s Modeströmun-
^etkeh ade möglichen
ÄSbAerh-geng ins
führUn ^ solchen Aus-
^sj£n aber wufde Fo1’
dernen ^ \ e^rdn<^er der mo-
forsrL Miedersachsenhaus-
g . Ung ln Mecklenburg.
J2 SClner Suche nach der
hach A^nd 1Jahrhundert
,r^nen Haklef"bur« üb-
er da, n Wausform entdeckt
(Abb. j “rchfahrtsdielenhaus
iR fast ^ebngt ihm
^est^usteJlen ^n!-Cn nocb erhaltene bzw. noch erkennbare Durchfahrtsdielen
17111 lenden H ■ ^ d*eser in Mecklenburg früher vorhandenen urtümlich an-
h^ARz Er auser konnte später noch um ein beträchtliches vermehrt werden.
idäuSer ^ steHte auf Grund alter Amtsbeschreibungen in weit über 100 Fällen
^°g er mit ^ ^aUart Mecklenburg des 17. und 18. Jahrhunderts fest. Weiter
eiUes EUr h/u° R aBe Karten heran, und dann gelang ihm 1936 die Ausgrabung
ftxva j^OQ a rtsdielenhauses in Hungerstorf bei Grevesmühlen (Abb. 12), das auf
ei einer atiert werden konnte5). Am Rande mag vermerkt sein, daß man auch
fallen Duf11^11011 R*urchsicht der beiden Sagenbände Wossidlos in rd. 20 weiteren
~.. .fC ahrtsdielenhäuser festzustellen vermag, denn Mitteilungen wie:
s) pQ
R'ekleni-jy S>. Schichtenfolge im alten Bestand niedersächsischer Bauernhäuser
4) Fot S ln »f^stechrift Richard Wossidlo“, Neumünster 1939, S. 114.
r> LKers, a a O
I FnGel a‘ u- S- 114-
ür8ische 7„’i .P Urformen des Niedersachsenhauses in Mecklenburg in „Mecklen-
r ücher“, Schwerin 1940, S. xoi—158.
Bmiii ■■m«üai., --n— —
Abb. 12. Hungerstorf bei Grewesmühlen Durchfahrts-
dielenhaus um 1400
172
Karl Baumgarten
„Dat wier son altertümliches Hus, dor führten de Wagens up en End rin un upr
anner wedder rut“ sind meines Erachtens völlig eindeutig. Aus all diesem zog
Folkers folgenden Schluß: „Die deutschen Kolonisten führten ein Haus ein, ¿äS
keine Stuben kannte, sondern einen mächtigen Einraum bildete, der in beide*1
Giebeln ein großes Einfahrtstor von Fuderhöhe besaß6).“ Nach ihm ist somit
Durchfahrtsdielenhaus im 12. und 13. Jahrhundert nach Mecklenburg übertrage11
worden. DieseTheorie Folkers steht und fällt mit demNachweis derDurchfahrtsdiele
im westelbischen Mutterland. Folkers ist sich dessen bewußt und sucht solche Haus'
form, wenn sie auch, wie er sagt „viel früher hier bereits vom FlettdielentypuS
sachsenhaus, 13. Jhdt
überschichtet wurde“, im westelbischen Niederdeutschland aufzuzeigen. Er glaub*
sie vor allem in dem „loss-hus“ der holländischen Provinzen Drenthe und Twenthe’
in dem Durchfahrtsdielenhaus Mittelholsteins sowie den DurchgangsdielenhäusefI1
Süd-Niedersachsens gefunden zu haben. Doch steht er mit seiner Ansicht im Widei'
Spruch zu den modernen, für diese Gebiete kompetenten Hausforschern.
„loss-hus“ (Abbi3.) hat, wie die Forschungen Jan Jans vor allem beweisen, niern3^
eine Durchfahrt besessen und gehört dem Durchgangstyp an7). Das Durchfahrt
dielenhaus Holsteins aber, abgesehen von der Überschichtungsform des sogenannt^11
Holstenhauses, befindet sich nach einer durch SIEGFRIED MOLL angefertigten
6) Folkers, Das mecklenburgische Bauerndorf, Rostock 1930, S. 114.
7) Schepers, Das Bauernhaus in Nordwestdeutschland, Münster 1943, S. 30—31-
Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg
173
^ngskarte») fast nur östlich des „Ihnes Saxomae“ und fallt dam,,,ds Bewa
fischen Mutterlande aus. Das Durchgangsdielenhaus Sud'^le^“Sah.
S^kch ist, wie die Arbeiten JOSEF SCHEPERS, zeigen, junge.r ab das^ DuK
^pdielenhaus»), Die Theorie Folkers, ist damit stark erschüttert, und es b№
*°hI kein anderer Weg als die Annahme, das Durchfahrtsdielenhaus ei im 05
Aschen t? • U öVinlirh KARL Rhamm vermutete10), nahe der
hen Raum erst, wie es bereits ahnhchKAR ^ ^ besonderen wktschaft.
liehen Situation dieses Gebietes ent-
standen. Ich habe versucht, in einem
Aufsatz diese Entwicklung aufzu-
zeigen11). Bei solcher Annahme wird
allerdings auf eine Hypothese GUSTAV
WOLFS zurückgegriffen und behauptet
174 Karl Baumgarten
werden müssen, daß die von ihm angenommene Erstform des Niedersachsen'
hauses12) damals noch nach Mecklenburg übertragen sei. Diese Behauptung
erhält eine gewisse Stütze durch die Grabung in der Wüstung Ramm bei Lübtheen13)
(Abb. 14). Der dort gefundene Hausgrundriß, der auf das 13. Jahrhundert etwa
datiert wurde, besitzt einwandfrei weder ein hinteres Tor noch eine hintere Tür.
Selbstverständlich muß man sich dessen bewußt sein, daß dieser eine Fund keines-
wegs ein endgültiger Beweis dieser Hypothese ist, zumal der ergrabene Hausgrundriß
seiner Konstruktion nach unklar ist. Allerdings gehört dieses Haus nicht, wie Eng^
behauptet, dem Flettarmdielentypus an. Die Annahme, nach Mecklenburg sei
noch die von mir als „Urfletthaus“ bezeichnete Form übertragen, bedarf somit
noch manch weiterer Stütze, die vor allem in verstärkten Grabungen innerhalb
mittelalterlicher Wüstungen und in einer engen Zusammenarbeit mit westdeutschen
Forschern erblickt werden muß.
Mit einer eventuellen Klärung der Grundrißform des nach Mecklenburg über-
tragenen Niedersachsenhauses bleibt jedoch eine andere wichtige Frage weiterhin
offen, nämlich die des Gefüges. Meines Wissens ist dieses Problem außer von mit
in einer 193 8 erschienenen Abhandlung über die mecklenburgische Scheune14)
von niemandem in Mecklenburg bisher gesehen worden. Durch die Gefügeforschei
des Westens, Trier, Schepers und Eitzen, wissen wir um die beiden Pole der
niedersächsischen Gefügeentwicklung. Schepers bezeichnet sie ihrem Erscheinung5'
bilde nach als Hoch- und Tiefrähmzimmerung, ihrer Wirkungsweise nach äl5
Anker- und Dachbalkengefüge (Abb. 15). In ersterem liegt die Längsverbindung
über dem Querverband, in letzterem unter dem Querverband. Das bedeutet, daß
im ersteren Gefüge die Sparren im Rähm fußen und der durch das Sparrendach auf
die Ständer ausgeübte Scherendruck durch den Ankerbalken abgefangen werde11
muß. Im letzteren Gefüge fußt das Sparrenpaar im Querverband, der Scherendrucß
wird somit bereits im Dachbalken abgefangen und vermag sich nicht mehr auf <be
Ständer auszuwirken, die daher einer besonderen Querverklammerung nicht b^'
dürfen. Diese allgemeine Kennzeichnung mag genügen. Nach Schepers wurde mH1
nach Mecklenburg ursprünglich das Ankerbalkengefüge übertragen15), doch habe
ich bisher nirgends auch nur Reste solchen Gefüges im mecklenburgischen Niedet'
sachsenhause entdecken können. Auch Folkers bestätigte mir auf eine Anfrage, ^
ihm das Ankerbalkengefüge in mecklenburgischen Niedersachsenhäusern nirgend
entgegengetreten sei. Mecklenburg besitzt vielmehr ein Dachbalkengefüge eigeflel
Prägung. Für den, der sich mit Gefügefragen nicht beschäftigte, mag der Untet'
schied zum westdeutschen Balkengerüst geringfügig erscheinen. Erst eine besonder^
Überlegung zeigt die Bedeutung der mecklenburgischen Eigenart. Während 1(1
Westdeutschland das Rähm stets flach-rechteckigen Querschnitt besitzt und s
richtig als „Plate“ bezeichnet wird, ist der des mecklenburgischen Rähms stetS
12) Wolf, Haus und Hof deutscher Bauern, Bd. I, Berlin 1940, S. 73.
13) Engel, a. a. O. S. 117.
14) - Baumgarten, Scheunenforschung in Mecklenburg, in „Deutsches Archiv 1
Landes- und Volksforschung“, Leipzig, Jahrg. VII, S. 109—110.
15) Schepers, a. a. O. S. 160.
Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg
175
Quadratisch. Da nun im Dachbalkengefüge das Rähm eigentlich flach-rechteckig
^In fnüßte, denn es dient ja nur noch der Längsverbindung und wird nur noch auf
ug beansprucht, liegt in der mecklenburgischen Gestaltung die Erinnerung an das
ere Ankerbalkengefüge, in dem das Rähm von quadratischem Querschnitt sein
^ußte, weil in ihm die Sparren fußten. Hinzu kommt, daß die Verbindung Balken
~~ Rähm — Ständer in Mecklenburg anders geschaffen wurde als im Westen. Wäh-
rend westlich der Elbe der Balken durch einen zweistufigen Ständerzapfen durch das
Abb. 16. Niedersächsische Dachbalkenverbände
a) westelbischer Verband b) mecklenburgischer Verband
Rah
ICcj. ^ hindurch erfaßt wird, d. h. der Balken damit lose aufliegt, ist in Mecklenburg
auf^Ck ^as Rähm mit dem Ständer verzapft, während der Balken auf das Rähm
§ekärnmt ist, d. h. praktisch beide Ständerreihen einschließlich der Rähme gegen
176
Karl Baumgarten
Scherendruck verklammert, obwohl der Sparrendruck bereits durch den Balken
abgefangen wird. Auch darin ist letztlich eine Erinnerung an das Ankerbalkengefüge
bewahrt. Und wenn in Mecklenburg als Dachbalkenbelag immer nur „Schleete >
d. h. dünne Stangen, verwendet werden, so stellt auch diese Eigenart das Gefüge in die
Nähe des Ankerbalkengerüstes (Abb. 16 a u. 16b). Das mecklenburgische Dachbalken'
gefüge steht daher entwicklungsgeschichtlich gesehen zwischen dem älteren Anker'
balken- und dem jüngeren Dachbalkengerüst. Von Wichtigkeit ist nun die Klärung
der Frage, ob dieses Gefüge bereits im 12. und 13. Jahrhundert nach Mecklenburg
übertragen oder erst später auf Grund eines Vorstoßes des Dachbalkens hier ent'
wickelt wurde, denn eine Beantwortung ließe einen Schluß auf den Zeitraum zu»
in dem die Ablösung des Ankerbalkengefüges im Mutterlande begann. Hier ist
noch manche Forschungsarbeit zu leisten. Einmal sind die noch vorhandenen
Häuser und Wirtschaftsgebäude auf ihre Gefüge hin genau zu untersuchen, zum
anderen weitere Grabungen in Wüstungen durchzuführen. Der bisher einzige nieder'
sächsische Grundriß aus dem 13. Jahrhundert, das bereits erwähnte Haus Ramm»
besitzt eine Fachtiefe von rund 2,50 m und läßt daher vermuten, daß in ihm bereit5
ein „gebundenes System“, vielleicht das mecklenburgische Dachbalkengefüge>
Verwendung fand.
Eine besondere Zäsur in der Entwicklung des Niedersachsenhauses schlechthin*
d. h. östlich wie westlich der Elbe, liegt im 16. Jahrhundert. Ist es nicht verwundet'
lieh, daß die ältesten noch vorhandenen Vertreter des bäuerlichen Niedersachsei1'
hauses alle dem 16. Jahrhundert entstammen? Warum sind keine Exemplare au5
dem 15. Jahrhundert auf uns gekommen? Man wird allerdings wohl mit einem
gewissen Recht darauf verweisen dürfen, daß mit rund 400 Jahren die Altersgrenze
eines niedersächsischen Bauernhauses erreicht sei und daher ältere nicht auf un5
gekommen sein können. Zweifellos; doch liegt daneben meines Erachtens dei
Grund doch noch in einer besonderen Zäsur in der Entwicklung des niedersäch'
sischen Hausbaues. Dieser Entwicklungsschnitt ist einzig und allein agrarhistorisc^
zu deuten. Das 16. Jahrhundert sah im Gegensatz zu den vorhergegangeflefl
Wüstungsjahrhunderten eine Hochkonjunktur landwirtschaftlicher Produkte, s°
stiegen nachFolkers die Kornpreise bis zu i5o%16), und gab damit den Anreiz, dl£
Wirtschaft intensiver zu gestalten. Das fand zumeist seinen Ausdruck in der Vergröße'
rung des Feldareals. Aus dem gleichen Grunde liegen in dieser Zeit auch die Anfäflge
der landwirtschaftlichen Großbetriebe. Größere Ernten erfordern größeren Berge'
raum, so entstanden an derNordseeküste dasGulfhaus, in Ostelbien dieGutsscheuflefl
und in den niedersächsisch geformten Bauerndörfern neue größere Häuser mit geWel
teten Dielen, die nunmehr die älteren, kleineren und schmaleren Gebäude ablöste11'
Die ältere Form ging damit ab und konnte aus diesem Grunde nicht bis in unsefC
Zeit gelangen. Diese Entwicklung ist für Mecklenburg auch zwischen den Zeüei1
mancher gesetzlicher Bestimmungen zu lesen. Die größeren Bauernhäuser
schlangen ungeheure Holzmengen und bedrohten auf diese Weise den Bestand def
16) Folkers, Die geschichdiche Bedeutung der Landnahme als Auslesevorgang 11
„Deutsches Archiv für Landes- und Volksforschung“, Jahrg. V, S. 559.
Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg
177
Wälder. Es mußte daher alles getan werden, unnötigen Holzverbrauch zu ver-
hindern. So wird vom 16. Jahrhundert ab in Mecklenburg verordnet: In den Bauern-
häusern sind Stuben einzubauen, die im Winter wärmer sind als die Diele, damit
Brennholz gespart wird. Backöfen und Feuerrähm in den Bauernhäusern werden
^egen Feuergefährlichkeit verboten. Das Eingraben der Ständer und später der
hohlen wird ebenfalls wegen der zu schnell notwendigen Erneuerung untersagt,
^he diese Bestimmungen unterstreichen den Tatbestand, daß das Nieder sachsenhaus
f--- urspr. Diö-la ---------—*
Abb. 17. Verengte Diele; links: abgefangener Ständer, rechts: vorgezogener Ständer
Die Weitung der Diele ist gefügebedingt. Da der Dachraum des Niedersachsen-
hauses als Banse verwendet wird, ist eine Vergrößerung dieses Scheunenraumes
nur durch Streckung des Dachbalkens möglich. Diese wiederum setzt aus statischen
Gründen im Zweiständerbau eine Weiterstellung der Ständer innerhalb eines Joches
v°raus. In solcher Entwicklung aber liegt letztlich die Ursache für das spätere Ab-
sterben dieser Hausform, denn sie wird hierdurch einer Aufgabe zugeführt, die
Sle an sich nicht zu leisten imstande ist. Sie wird zum Einhaustyp. Durch die be-
geisterte Darstellung des Niedersachsenhauses durch JUSTUS MÖSER in seinen
»Patriotischen Phantasien“ galt bislang noch immer dieser Haustyp als die Ideal-
lösung des Einhauses, in dem Wohnung, Stall und Scheune unter einem großen
^ach vereinigt waren. Solche Betrachtungsweise aber geht am Kern vorbei. Das
^ledersachsenhaus ist im Grunde gar kein Einhaus, kein Haus ackerbautreibender
dauern, sondern ein Haus in erster Linie viehzüchtender Menschen, das beweisen
^er doppelreihige Stall sowie der ursprünglich nur als zusätzlich zu betrachtende
Petgeraum für Winterfutter im Dach. Es ist lediglich Wohnstallhaus und gehört damit
nach Bruno Schier zur typisch westgermanischen Hausschicht17). Durch die
>. l7) Schier, Die Gliederung der deutschen Haus- und Hofformen in
auernhof“, München 1938, S. 27.
.Vom deutschen
12
Volkskunde
178
Karl Baumgarten
Verwendung dieses Hauses als Einhaus wurden Zwiespältigkeiten hineingetragen,
die zu Diskrepanzen führten, die später eine Ablösung des Typs notwendig
machten. Solche Diskrepanzen waren unter anderen viel zu weiter und daher kaum
zu nutzender Dielenraum sowie übermäßiger Bauholzverbrauch zur Gewinnung
einer genügend großen, tragfähigen Decke. Diese Diskrepanzen aber waren es
letztlich, die in die stetige Entwicklung dieses Haustyps Unruhe hineintrugen.
Offen zutage traten solche Unruheerscheinungen im Verlaufe des 18. Jahrhunderts.
Sie äußerten sich in älteren Häusern in Versuchen, den Dielenraum einzuschränken.
Ständer wurden vorgezogen, Hilfsständer eingefügt, bisweilen auch Ständer ab-
gefangen und durch schmalere Joche ersetzt (Abb. 17). In jüngeren Bauten jedoch
nahm man von vornherein eine Verengung der Diele vor. Da man aber den weiten
Scheunenraum im Dach noch nicht entbehren konnte, denn noch im 18. Jahr-
hundert ist nach Aussagen eines Zeitgenossen, des Landbaumeisters Ernst ChRL
STIAN AUGUST Behrens18), ein gesondertes Scheunengebäude nur selten auf den
Bauernhöfen anzutreffen, so mußte man nunmehr eine besondere Gefügeform
verwenden: den Dreiständerbau (Abb. 18). Die Dreiständerbauweise in Mecklem
bürg ist zwar bereits durch Peßler festgestellt, doch auch hier blieb es Folkefs
Vorbehalten, die Verbreitungsbereiche dieser Sonderform zu erforschen. Er fan^
neben einzeln auftretenden Exemplaren über ganz Mecklenburg hin zwei geschieh'
sene Gebiete von Dreiständern, und zwar das Doberaner Dreieck sowie den Raum
umSchönberg(TafelVIIIa). Weit schwieriger als die Frage des Wo erwies sich die deS
Warum. Klimaursachen, wie Schepers sie für Westdeutschland angibt, scheiden
aus, denn allgemein gültige Ortung nach bestimmten Himmelsrichtungen ist in
Mecklenburg nicht vorhanden. Der durch die hohe Seite des Dreiständers gewo11'
nene Oberraum ist von so geringem Nutzwert, daß auch hierin nicht die Veram
18) Behrens, Die Mecklenburgische Landbaukunst, Schwerin-Wismar 1796, VorwOft‘
Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg
179
lassung für diese Bauweise gesehen werden kann. Folkers erblickte daher letztlich
hn Dreiständer das Bestreben, bei möglichst schmalem Hausleib einen möglichst
Seiten Dachraum zu gewinnen. Ein solches Bestreben aber erschien ihm im Flach-
land Mecklenburg unsinnig, nur erklärbar durch Übertragung aus bergigem
Gebiet, in dem es an genügend weitem Baugrund mangelte. Da nun Doberan eine
Gründung des Klosters Amelungsborn ist und in der Nähe des Mutterklosters
der Dreiständerbau früher üblich war, folgerte er, diese für Mecklenburg uner-
klärliche Bauweise sei aus den Weserbergen übertragen19)- Damit wurde der Drei-
Bänder im Doberaner Dreieck zum Sachdokument für die Herkunft der Siedler dieses
Raumes. Allerdings mußte er selber zugeben, daß seine Hypothese für das Gebiet
uttt Schönberg nicht verwendet werden könne. Während er zunächst diese Frage
daher offen ließ, vermutete er später eine Übertragung aus dem Hannoverschen
Wendland20)-
Wenn nun jedoch der Dreiständerbau zu den Unruheerscheinungen des 18. Jahr-
hunderts gerechnet und damit der Weserbergtheorie Folkers’ im Grunde wider-
sprochen wurde, so geschah das aus folgenden Gründen: Folkers übersah zwei
Tatsachen:
*• Der Dreiständer tritt nicht nur im Bauernhause, sondern an vielen Stellen weit
stärker im Büdnerhaus und in Katen auf. So sind, um ein Beispiel zu
nennen, in Bartenshagen, Kr. Doberan, alle Bauernhäuser Zweiständer, aber
io Büdnereien Dreiständer. Es erscheint daher notwendig, die Frage des Drei-
ständers einmal vom Kleinbauernhause her zu prüfen.
2• Alle mir bekannten Dreiständer entstammen frühestens dem 18. Jahrhundert
und besitzen enge Dielen. Genaue Angaben liegen im Inventarwerk Mecklen-
burg-Strelitz Band II21) für das Gebiet Ratzeburg vor. Dort sind 6 Dreiständer
verzeichnet, der älteste ist eine Büdnerei von 1732. Alle älteren Bauernhäuser
sind Zweiständer. Ist hier nicht die Frage berechtigt: Warum gingen alle älteren
Dreiständer ab? Warum blieben lediglich ältere Zweiständer erhalten?
^us beiden Tatsachen ist wohl zu folgern, daß der Dreiständerbau erst im 18. Jahr-
hundert in Mecklenburg Eingang fand. Man darf sich auch nicht durch die Fest-
stellung Engels’, das von ihm ergrabene Haus Ramm 5 aus dem 16. Jahrhundert
Sei ein Dreiständer, beirren lassen22). Ein Ständerfund von 2,50 m Länge auch bei
einem nur 7,50m breiten Hausleib genügt doch wohl noch nicht, auf Dreiständrigkeit
des Hauses zu schließen. Mit so später Einführung der Dreiständerbauweise aber
Üllt die Folkerssche Theorie. Ohne jedoch weiteren, eventuell auch anderen For-
Schungsergebnissen vorgreifen zu wollen, muß der Dreiständer also zunächst noch,
We bereits gesagt, als Ausdruck der Unruhe in der bis dahin stetigen Entwicklung
des Niedersachsenhauses betrachtet werden.
19) Folkers, Bauerndorf, a. a. O. S. 120.
) Folkers, Stammeskunde von Mecklenburg, Potsdam 1943, S. 90.
) S. 395 ff.
Sa) Engel, a. a. O. S. 124.
180
Karl Baumgarten
Solcher Ausdruck der Unruhe ist auch der Einbruch der Querbauweise in die
niedersächsische Hauslandschaft Mecklenburgs. Peßler sprach vom niedersächsischen
Querbau in einer Mischzone des östlichen Mecklenburg. Demgegenüber zeigte
Folkers die küstennahe Verbreitung des niedersächsischen Querdielenhauses
(Tafel Xb), während JOHANN FRIEDRICH PRIES das Abseitenquerhaus, einen quer-
aufgeschlossenen Dreiständer, in fast ganz Mecklenburg nachwies. Auch diese
Bauten entstammen frühestens dem 18. Jahrhundert und deuten ebenfalls daraufhin»
daß der bis dahin übliche, rein niedersächsische Bau nicht mehr voll zu befriedigen
vermochte. Allerdings vermag man in dem Einbruch der Querbauweise noch ein
weiteres festzustellen: den ersten spürbaren Eingriff in die ländliche Bauweise „von
oben her“. Das zu verstehen, bedarf es einer kurzen Betrachtung über den Rahmen
des Bauernhauses hinaus. Im 18. Jahrhundert wird auf Grund behördlicher Ver-
fügungen in den kleineren Städten an die Stelle des Giebelhauses das Querhaus
gesetzt (Tafel IXb), im 18. Jahrhundert errichtet der Gutshof das quergerichtete
Herrenhaus und den Querkaten, im 18. Jahrhundert wird der behördliche Quer-
büdnereistil entwickelt, im 18. Jahrhundert schließlich erscheint das quergerichtete
niedersächsische Bauernhaus. Die Querbauweise in der niedersächsichen Haus-
landschaft Mecklenburg ist somit im allgemeinen nicht älter als 200 Jahre und nicht
wirtschaftsbedingt, sondern als „Modeströmung“ dieser Zeit zu betrachten.
Bis ins 18. Jahrhundert hinein wird das Giebelhaus als „schön“ empfunden.
Auch die Renaissance hatte in Norddeutschland an dieser Anschauung nicht viel
geändert. Das barocke Zeitalter entdeckt demgegenüber die Schönheit der Fassade.
Und so wird das bauliche Bild der Städte und selbst das der Dörfer nach diesem
neuen Schönheitsempfinden, das von der einfachen Bevölkerung selbst zumeist
noch nicht geteilt wird, umgeformt. Das niedersächsische Querhaus ist somit
gewachsen aus einer gewissen Unzufriedenheit mit der überkommenen Hausform
und der obengenannten Modeströmung. Es verleugnet in seinem Gerüst und seht
oft auch in seiner inneren Raumorganisation nicht seine Herkunft vom Nieder-
sachsenhause. So bleibt nicht selten eine gewisse Dreischiffigkeit erhalten. In der
Querbüdnerei jedoch, in der sich der Einfluß staatlicher Baubehörden weitaus
stärker auszuwirken vermochte, wird im kleinen Bauernhause die völlige Abkehr
vom Niedersachsenhause vollzogen. Lediglich die Lage der Querdiele zwischen
Wohnung und Stall erinnert noch an die alte Mittlerstellung der Diele im Nieder-
sachsenhause (Tafel VIII b). Im übrigen zeigt die Querbüdnerei die typisch mittel-
deutsche Raumaufteilung, allerdings in der modernen Form des Zweifluchten'
hauses.
Während im Kleinbauernhause somit spätestens vom Beginn des 19. Jahrhunderts
ab die niedersächsische Bauweise aufgegeben wird, erlebt der Großbauernhof
noch im 19. Jahrhundert eine gewisse niedersächsische Renaissance. Zwar ist eS
nicht mehr das alte Niedersachsenhaus, auch nicht mehr das noch niedersächsisci1
empfundene Querhaus, die Zeit des Einhauses ist im Großbauernhof endgültig
dahin, es ist vielmehr eine im Laufe des 18. Jahrhunderts auf dem Gutshof ent-
wickelte niedersächsische Gehöftform. Man spricht daher gemeinhin nach Folkeis
181
Niedersachsenhaus-Forschung in Mecklenburg
v°rn Guts hoftyp23). Er besteht aus Scheune, Stall und Wohnung in Einzelgebäuden
Und kommt einem in seine Einzelteile zerlegten Niedersachsenhause gleich
(Tafel Xa). Daß dieser Typ durchaus niedersächsisch ist, beweist jeder Blick in das
Gefüge der Wirtschaftgebäude (Abb. 19). Ich habe bereits einmal an anderer Stelle
darauf verwiesen, daß die Scheune dieses niedersächsischen Gehöftes im Grunde
ei1* Kuriosum darstellt24). Sie besitzt ein niedersächsisches Gefüge wie das alte
Tauernhaus selbst, wird also mit einem Tragegerüst errichtet, obwohl sie nichts
*------ 3an3c-------------► <— T>ia\c------> -Stell--------*
Abb. 19. Schloß Grubenhagen bei Waren, Niedersächsische Scheune
^ehr zu tragen hat. Sie gerade ist daher ein besonders klarer Beweis für die Tradi-
honsgebundenheit des mecklenburgischen Zimmermannes, der ja nun einmal der
Endliche Baumeister war. Es galt als unumstößliche Regel: „Upn Lann würd
früher bugt as dei Timmermann dat verstünn.“ Und wie starr dieser Handwerker
an der Tradition hing, zeigte niemand eindrucksvoller als OttoLäSIUS in seinem
^erk über das Friesenhaus25). Er berichtet darin von neu zu errichtenden Scheunen
Irtl Dorfe Frauenmark bei Crivitz. Gemäß dem Willen des Gutsbesitzers soll eine
v°n ihnen im friesischen Stil erbaut werden. Nach einem Blick auf die Bauzeichnung
frhnt der Zimmermann den Bau mit der Erklärung ab, das Gebäude würde sofort
Utnfallen. Als ihm jedoch bedeutet wird, in Friesland stünden derartige Scheunen
anger als 100 Jahre, hat der biedere Handwerksmeister nur eine Antwort: „Dann
^eht es dort nicht so wie bei uns.“ Der Zimmermann vermochte sich einfach nicht
23) Folkers, Das mecklenburgische Dorf, in „Mecklenburg, ein Heimatbuch“, Wismar
D25, S. 118.
*) Baumgarten, Scheunenforschung, a. a. O. S. 110.
J) Lasius, Das friesische Haus, Straßburg 1885, S. 33—34.
182
Karl Baumgarten
aus dem Baugedanken einer engen Verknüpfung von Ständer, Rähm, Balken und
Sparren zu lösen.
Und doch bringt der Ausgang dieses Jahrhunderts noch die Lösung vom
„gebundenen System“ und setzt an seine Stelle das Pfettendach (Abb. 20). Wie ist
dieser Vorgang zu deuten? Die Erklärung liegt wohl auf soziologischem Gebiet-
Mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert tritt, wie auch ADOLF HELBOK mitteilt26)»
ein Wechsel in der Schicht der Baumeister ein. An die Stelle des zünftigen Zimmer-
mannes tritt der auf Bauschulen vorgebildete Baumeister. Damit wird die Erfahrung
durch die Berechnung, die Tradition durch den Rechenschieber abgelöst. Dieser
gesellschaftliche Vorgang äußert sich baulich in der Aufgabe des niedersächsischen
Gefüges und in der Entwicklung moderner Mischgefüge.
Grob gesehen stellt sich die Geschichte des mecklenburgischen Niedersachsen'
hauses demnach wie folgt dar: Im 12. und 13. Jahrhundert wird dieser HaustyP
von westelbischen Bauern nach Mecklenburg überführt. Das 14. Jahrhunded
vermutlich sieht die Entwicklung des Durchfahrtsdielenhauses. Vollkommen zum
Einhaustyp wird das Niedersachsenhaus im 16. Jahrhundert. Im 18. Jahrhundef1
werden erste Erscheinungen der Unruhe in der stetigen Entwicklung der Hausform
deutlich. Gleichzeitig beginnt im Kleinbauernhause die Abwendung von diesem
Typ. Im niedersächsisch geformten Gehöft, dem Gutshoftyp, hält sich bei der
Errichtung von Großhöfen niedersächsisches Bauempfinden bis ins Ende des
19. Jahrhunderts. Dann beginnt auch hier die Abwendung infolge gesellschaftliche1-
Veränderung in der Schicht der Baumeister. Auf ganz Mecklenburg gesehen ist
die niedersächsische Tradition heute tot. Moderne Bauformen dringen Stände
vor und lösen die ursprüngliche niedersächsische Hauslandschaft inselartig aU^'
26) Helbok, Haus und Siedlung im Wandel der Jahrtausende, Berlin-Leipzig 1937, S- U*
Zeichnungen und Photos vom Verfasser.
Wilhelm Fraenger
Berlin
Der Teppich von Michelfeld
Vortrag, gehalten auf dem 9. Deutschen Volkskundetag in Celle 1954
HANS FEH R, dem schweizer Rechtshistoriker,
zu seinem 80. Geburtstag freundschaftlich gewidmet
im Jahre 1526 ist aus der Werkstatt Albrecht Dürers ein holzgeschnittener
i'ries hervorgegangen, der inschriftlich als Wiedergabe eines spätgotischen Bild-
Eppichs bezeichnet wird, der in Schloß Michelfeld am Rhein zu Mittfasten (Sonntag
Laetare) 1524 aufgefunden und dort abgezeichnet worden sei1).
Das Werk gibt sich als schlichter Bilderbogen, der 44 cm in die Höhe und 31 cm
ln die Breite mißt. Er setzt sich aus sechs Druckstöcken zusammen, die in drei
x) Die älteren Dürer-Kataloge reihen den nicht signierten Bilderbogen unter die zweifel-
ten Werke ein: Im ,, Peintre-graveur“ Adam Bartschs (1802ff.) ist er als „Pièce alié-
trique de trois morceaux“ unter Nr. 34 des Appendix registriert. Auch Joseph Heller
Was Leben und die Werke A. Dürers, 1827) setzt ein Fragezeichen. Der „Peintre-gra-
veur“ j p) Passavants (1862) weist ihn Hans Sebald Венам zu, ebenso R. v. Ret-
Eergs „Kritisches Verzeichnis“ (1871): eine Zuschreibung, die Gustav Paulis Kritischer
eham-Katalog (1901) bestreitet.
Die neuere Kritik erkennt den Fries als echten Dürer an. So Campbell Dodgsons
^Maßgebender Catalogue of early German and Flemish woodcuts in the British Museum,
°ndon 1903. Er nimmt zumindest eine eigenhändige Zeichnung Albrecht Dürers an, mag
Cr sie auch nicht selbst in Holz geschnitten haben. Besonders in den beiden ersten Gruppen
f^kennt er dessen echtes Formgepräge. Aber auch in den flaueren Folgeszenen besteht für
1111 >,kein Anlaß zur Vermutung, daß sie von einer anderen Hand gezeichnet seien“, zumal
^etade auf der schwächsten dritten Tafel ihr Vordermann an das authentische Blatt (B. 133)
>>öer Schulmeister“ erinnere, auch mit Fig. 61 von Dürers „Unterweisung der Messung“ zu
Vergleichen sei.
Nach Dodgsons „Catalogue“ hat Willy Kurth den „Teppich von Michelfeld“ in
Scine repräsentative Ausgabe sämtlicher Holzschnitte des Meisters (München 1927) auf-
henommen. Auch Joseph Meders Dürer-Katalog, ein Handbuch über Dürers Stiche,
adierungen und Holzschnitte, Wien 1932, Nr. 241, weist ihn den echten Werken Albrecht
hrers zu. Schließlich ist er von Friedrich Winkler in die von ihm besorgte 4. Auflage
es Dürer-Bandes der „Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben“ eingegliedert worden.
Ein neuerer Versuch Hans Tietzes (1932), den Dürer-Schüler Georg Pencz als
rheber des Frieses vorzuschlagen, wurde von Campbell Dodgson im Burlington
^ agazine 1933, 2. Halbband, S. 21 ff.,zurückgewiesen. Zwei andere Zuschreibungen an
^Ter Vischer d. Ä. (Heinrich Röttinger: Dürers Doppelgänger, Straßburg 1926,
k • 18) und an den anonymen „Meister der Celtis-Illustrationen“ (Max Geis-
Uiefe fifpjwit mit i'hrcft barVigebSrtgcn Keimetr/ bie von einem alten Ccbicfc/ror Rimbert ¡arm mgcfetjrlicf) gewirFf/
Vnb irfbem'0tt)lofb tllicbclfelbt am Khcm/511 tttit faffen im Caufcnt j'nitltbunöert rtib vier mb jwentjtg 3at gefunben/
öbgemalet mb abgemacht fmbt.Setgcn an/vvas&ic ölten ber jeijtgtn lcu|ft falben,'00 lictj tcglich creygentn/Jn |t>ceii vw*
Abb. 21. Der Teppich von Michelfeld
Der Teppich von Michelfeld
185
Waagerechten Bahnen angeordnet sind2). Diese schematische Aufteilung zerschneidet
Wohl die einheitliche Szenenfolge, doch stellt sie auch nur ein druck- und ver-
triebstechnisches Provisorium dar. Der Bilderbogen ist als fortlaufender Fries
gedacht und kommt in seiner ursprünglich beabsichtigten Wirkung erst zustande,
Wenn man die Bahnen auftrennt und zu einem langen Streifen aneinanderklebt.
Nach solcher Ausbreitung der Szenerie ergibt sich ein lebendig ineinandergreifendes
Zusammenspiel, das sich von links und rechts her auf die Hauptfigur: den unge-
rechten Richter konzentriert.
Die erste Szene: eine Darstellung des Lehensrades dient als Ouvertüre. Sie ist
selbständig in sich abgeschlossen. Erst mit der zweiten setzt der Handlungsablauf
ein, dessen dramatische Zusammenhänge durch breithin aufgerollte Schriftbänder
verdeutlicht werden. Diese Schriftwimpel werden links von einem Ritter, rechts
von einem Advokaten in Gerichtsrobe geschwungen. Ihr Text enthält die Stichworte
der Rolle, die sie bzw. die von ihnen angeführte Gruppe dem schlimmen Richter
gegenüber spielen, der seinerseits die schwungkräftigste Banderole über die Häupter
seiner Opfer flattern läßt. Es sind die Jungfrauen Vernunft, Gerechtigkeit und
Wahrheit und ihr Pflegekind: die Frommheit, die vorm Thron des Richters in der
Wiege schläft. Die letzte Szene ist ein Einzelauftritt: ein dem Prolog des Lehensrades
^gemessener Epilog der Ewigen Vorsehung.
Mit dieser Bildthematik stehen wir auf festem Boden. Sie rückt den Bildteppich
uftd seine Wiedergabe in den ikonographischen Zusammenhang der sog. Ge-
rechtigkeitsbilder, die seit dem ausgehenden Mittelalter zur feierlichen Ausstattung
von Ratsstuben und Schöffenkammern dienten3). Sie stellten Schulbeispiele des
Wohlangewandten oder des mißbrauchten Rechtes dar, die teils der Bibel, teils der
klassischen Historie entstammten oder allegorischen Charakters waren. Auf
Tafelbildern, Wandgemälden oder Gobelins prägten sie sich den Richtern wie
bRRG : Der deutsche Einblattholzschnitt in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts, München o. J
Wr. 784) haben sich nicht durchgesetzt.
In dem geläufigen Dürer-Schrifttum Thausings, Wölfflins, Flechsigs, Fried-
Länders und Waetzoldts findet man den Bilderbogen nicht besprochen, wie auch der
Neueste „Dürer“ E. Panofskys ihn nur im Katalogteil registriert, so daß ihm vorliegende
Studie die erste gründlichere Untersuchung widmet.
a) Nach Joseph Meders Dürer-Katalog sollen die Druckstöcke im Stadtmuseum
Bautzen (Sammlung Hans von Gersdorf) liegen. Diese Notiz ist dahin einzuschränken,
^aß dort nur noch die Druckstöcke des Mittelfeldes und des rechten Drittels unter den
, v. Nrn. L 824—827 vorhanden sind: 1. Der ungerechte Richter, 2. Die drei Tugenden
lru Stock, 3. Der weltliche und geistliche Jurist, 4. Die ewige Vorsehung. Die beiden
Krückstöcke des linken Drittels sind 1945 in Verlust geraten. Durch diese Feststellung
Wird zugleich Meders irrtümliche Angabe berichtigt, die den Bilderbogen aus nur drei
Krückstöcken bestehen läßt.
8) Hans Fehr: Das Recht im Bilde, Zürich und Leipzig 1923, S. 49—51, Abb. 35—38. —
UrSUla Lederle : Gerechtigkeilsdarstellungen in deutschen und niederländischen Rathäusern,
Bhilippsinfg 1937. — G. Troescher: Weltgerichtsbilder in Rathäusern und Gerichts-
sJätten, in: Westdeutsches Jahrbuch für Kunstgeschichte (Wallraf-Richartz-Jahrbuch),
xi, Jahrg. 1939, S. 139—214. — Karl Simon: Abendländische Gerechtigkeitsbilder,
Frankfurt a. M. 1948. — Georg Frommhold: Die Idee der Gerechtigkeit in der bildenden
Banst, Greifswald 1925.
Der Teppich von Michelfeld
187
dem Volk mahnend und warnend ins Gewissen. Fürs Rathaus seiner Vaterstadt,
ln dessen großem Saale auch Gerichtssitzungen tagten, lieferte Albrecht Dürer den
Entwurf für das Gerechtigkeits-Gemälde: „Die Verleumdung des Apelles“4 *). Wir
geben seine in der Albertina aufbewahrte Studienzeichnung wieder. Mit ihrem
klassischen Exempel eines ungerechten Richters stellt sie ein allegorisches, an unsern
^Echelfelder Teppich anklingendes Thema dar:
Auf Grund der „Dialoge“ LUKIANS, in denen ein verschollenes Gemälde des
Spelles ausführlich beschrieben wird, steht rechts im Bild der Thronsitz eines
eselsöhrigen Richters. Er ist umgeben und bestürmt von einem Schwarm der
kosen Mächte, in denen Ursachen und Folgen des Justizmords personifiziert
^scheinen. Unwissenheit und Argwohn stehen als Ratgeberinnen bei dem Thron,
dem auf einen Wink des Richters die Verleumdung den unschuldig Angeklagten
an den Haaren schleppt. Dahinter treten ihre falschen Zeugen auf den Plan. Im
ersten Glied: die alte Vettel Neid zwischen der Arglist und der Lüge. Im zweiten
Glied: der tölpelhafte Irrtum zwischen der Eilfertigkeit und der vorschnellen
Strafe. Dahinter kehrt in Trauerkleidern die Reue sich beschämt zur Wahrheit um,
Welche als Trägerin der Sonne, die das Unrecht an den Tag bringt, den verhängnis-
vollen Zug beschließt.
In diese Bildgattung der Rechtsallegorien gehört der Teppich aus Schloß Michel-
feld, dessen an Ort und Stelle abgenommene Kopie auf Albrecht Dürer solchen
Eindruck machte, daß sie ihm einer eigenhändigen Bearbeitung für eine Holzschnitt-
wiedergabe wert erschien.
Schloß Michelfeld am Rhein: mit diesem Fundort treten wir ins Ungewisse.
Ünmittelbar am Rhein, wo man es zunächst sucht, hat es nie ein Schloß Michelfeld
gegeben. Wohl aber lag im Binnenland des Oberrheins eine freiherrlich
GEMMlNGENsche Tief bürg dieses Namens, die bis zum Jahre 1637, wo sie
üfederbrannte, einen Ort beherrschte, der — schon im Jahr 850 in der Lorscher
Chronik als „Mihilunfeld“ erwähnt — heute zum badischen Amtskreis Sinsheim,
Landkreis Heidelberg gehört.
Über die gemmingenschen Liegenschaften sind wir durch C. W. STÖCKERS
»Chronik der Familie von Gemmingen und ihrer Besitzungen“ (1874) gründlich
unterrichtet. Der Teppich wird in seinem Buche nicht erwähnt. Ebensowenig
führt ihn ADOLF OechelhäUSERS „Beschreibende Statistik der badischen Kunst-
üenkmäler des Landkreises Heidelberg“ (1909) als ehemals dort vorhanden auf.
Dorf ist die Erinnerung an den alten Kunstbesitz der Burg erloschen. Selbst
kei den Nachkommen des damaligen Burgherrn WEYRICH VON GEMMINGEN,
4) Ernst Förster: Die Verleumdung des Apelles in der Renaissance, in: Jahrbuch der
Preußischen Kunstsammlungen, Bd. 8, Jahrg. 1887, S. 94fr. — Ernst mummenhoff:
^ürers Anteil an den Gemälden des großen Rathaussaals und der Ratsstube, in: Mitteilungen
des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg, Heft 16, Jahrg. 1904, S. 249 ff. — Thomas
Würtenberger: Recht und Gerechtigkeit in der Kunst A. Dürers, in: Festgabe für Hans
Lehr, Karlsruhe 1948, S. 227. — Ders. : Recht und Sittlichkeit in der Weltanschauung
A. Dürers, in: Jahrbuch für das Bistum Mainz, Bd. 5, Jahrg. 1950, S. 251—264.
188
Wilhelm Fraenger
die heute noch ein 1753 erbautes Schloß in Michelfeld besitzen, hat sich keine
Tradition erhalten, die von dem alten Teppich und dessen Wiedergabe durch
Albrecht Dürer zu berichten weiß.
So bleibt die Inschrift, die in vier Kolonnen im Mittelfeld des Frieses steht, die
einzige historische Quelle, die über das Zustandekommen der Holzschnittwiedergabe
Auskunft gibt. Sie lautet: „Dyse Figuren / mit Iren darzü gehörigen Reymen / dye
von eynem alten Tebich / vor Hundert Jahren ungeverlich gewürckt / und in dem
Schloß Michelfeldt amRheyn zu mitfasten / ImTausent Fünffhundert und Vier-
undzwaintzig Jar / gefunden / abgemalet / und abgemacht sindt. Zaygen an / was
dye alten / der yetzigen leuffthalben / So sich täglich ereugen / In Irem verstandt
gehabt / und heymlich bey sich behalten haben.“
Diese Notiz befleißigt sich in Einzelheiten einer auffälligen Genauigkeit:
Erstens legt sie die Auffindung des Teppichs, als sei sie etwas außerordentlich
Wichtiges gewesen, exakt auf den Kalendertag „Mittfasten“ fest. Er fiel im
Jahre 1524 auf den 6. März.
Zweitens wird die Gewissenhaftigkeit der damals angefertigten Kopie durch die
alliterierend nachdrückliche Formel „abgemalt und abgemacht“ bekräftigt.
Drittens wird die Entstehungszeit des Gobelins durch die Bemerkung, er sei
„vor hundert Jahren ungefähr gewirkt“, auf etwa 1425 anberaumt.
Diese Angaben machen auf den ersten Blick den Eindruck einer sachlichen
Berichterstattung. Jedoch wenn man sie etwas näher prüft, tritt eine innere
Widersprüchlichkeit zutage, die sich vor allem auf das letztgenannte Datum: die
mutmaßliche Entstehungszeit des Bildteppichs versteift.
Das Wort „gefunden“ kann in unserem Fall nur zweierlei bedeuten. Entweder
ist der Gobelin an jenem 6. März in einer Rumpelkammer aufgestöbert worden,
oder — falls er als Wandbehang noch im Gebrauch war — hat ihn ein durchreisender
Kunstfreund damals erst als Rarität entdeckt: zwei Lesarten, die durch die Tatsache
erschüttert werden, daß ein so großformatiges und teures Stück kaum schon im Lauf
von hundert Jahren ausrangiertodervomeigenenlnhaber mißachtet werden konnte5)-
6) Von der Schloß Michelfeld benachbarten Tief bürg in Alt-Wiesloch, die Engelhard
v. Neipperg, dem Marschall der Pfalz, Amtmann von Bacherach und Vogt von Heidd-
berg gehörte, ist in einem Inventar des Jahres 1499 u. a. auch ihr Besitz an Teppichen ver-
zeichnet. Der dortige Bestand an 25 Gebrauchsteppichen, aus denen ein ganz schlich1
ornamentiertes Stück — „rot und bla gewirckt mit cleynen weissen rösslin“ — schon als
besondere „Seltsamkeit“ hervorgehoben wird, läßt uns die Kostbarkeit des figuralen Bild'
teppichs von Michelfeld erst voll ermessen. Wir teilen die von A. G. Kolb in den Viertel'
jahrsheften des Z abergäu-V er eins, Jahrg. 1912, S. 38—43 publizierte Liste mit:
„i thepich gel und schwartz mit einer weissen gewirkten leisten. Item 1 thepich rot
und gel und weiss krön darin gezogen und auch weiss Durn (Türme) darin gemacht-
Item i thepich rot und brun mit gülden blumen darin gemustert. Item 1 thepich mit bla-*6 7
und rot in einander gewirckt. Item 1 rot thepich mit rosen daruff genait. Item 5 grünet
gesnid (geschnitten) thepich. Item 3 blaw gesnid thepich, der ein mit weissen streifet1-
Item 3 weiss thepich mit grauen streifen. Item 1 thepich mit gülden blumen und mit einen1
gewirckten leisten. Item 1 roter thepich mit gra und grünen streifen. Item 4 gross thepid1
mit weiss und roten streifen. Item 1 seltzem thepich rot und bla gewirckt mit cleynet*
weissen rösslin.“
Der Teppich von Michelfeld
189
Nicht besser steht es um die angebliche Authentizität der Wiedergabe: Durch
seine Ansetzung auf circa 1425 wird der Gobelin auf ein spezifisch spätgotisches
Formgepräge festgelegt. Demgegenüber zeigt der Holzschnitt ausgereifte
Renaissanceformen. Diese moderne Einkleidung bezeugt, daß Albrecht Dürer die
Jhm aus Michelfeld gelieferte Kopie durchgreifend transponiert und auf die Höhe
seines eigenen Kunstverständnisses emporgefördert hat.
Der letzte Satz der Inschrift ist der zweifelhafteste, doch zugleich aufschluß-
reichste. Er besagt: Die alten Meister, die vor hundert Jahren diesen Teppich
wirkten, hätten dabei schon die zukünftigen Zeitläufte vorausgesehen. Was in den
»jetzigen Läuften täglich sich ereignet“ sei schon in den Figuren und den zuge-
hörigen Reimen dieses Gobelins entrollt. Doch hätten jene „Alten“ wohlweislich
geheim gehalten, daß es sich in den Teppichbildern um die Weissagung eines in
hundert Jahren ausreifenden Unheils handelt.
Dieser absonderliche Satz führt einerseits einen irrationalen Faktor in dieRechnung
ejn, während er andrerseits bezeugt, worin für Albrecht Dürer die Anziehungskraft
hes Michelfelder Fundstückes bestanden hat: Er sah in jenem Teppich eine hundert-
jährige Prophetie am Werk oder — wie man mit Dürers eigener Titelprägung der
Apokalypse sagen könnte —: eine „geheime Offenbarung“, um derentwillen er für
gut befand, diese merkwürdige Antiquität in einer Holzschnittwiedergabe auf den
hfarkt zu bringen. Nüchterner ausgedrückt: er war durch die frappante Aktualität
des alten Gobelins gefesselt, dessen gesellschaftskritische Tendenz erst in den
Jahren 1524/1526 eine hochpolitische Zuspitzung erhielt.
Da keine örtliche Bestätigung dafür besteht, daß je ein solcher Teppich in Schloß
Nlchelfeld vorhanden war und dessen angeblich genaue Wiedergabe dem spät-
gotischen Stilgepräge eines Gobelins des Jahres 1425 keineswegs entspricht, wo-
gegen ein hochaktuelles Thema der Jahre 1524/1526 dargestellt erscheint, ist die
Glaubwürdigkeit der Inschrift durch die kunsthistorische Kritik bestritten worden.
Ihre verdächtige Genauigkeit bezwecke nur die hundertjährige Zurückdatierung
eines politisch tendenziösen Bildgedankens, dessen gesellschaftskritischer Aggres-
sivität durch die Beteuerung: es handle sich um eine merkwürdige Prophezeiung
aus dem Mittelalter, die individuelle Spitze abgebogen werden sollte. Der Teppich
habe niemals existiert. „Schloß Michelfeld“ sei eine Fiktion, der Holzschnittfries
ein selbständiges Werk des 16. Jahrhunderts6).
Wie sich die Sache tatsächlich verhält, wird sich alsbald dokumentarisch klären.
Fis dahin unterstellen wir, daß jener Satz die aufrichtige Überzeugung Albrecht 8
8) Hans Tietze und E. Tietze-Conrat bezeichnen es in ihren „Neuen Beiträgen
~i<7' Dürer-Forschung“ (Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen zu Wien, N. F.,
h. 6, Jahrg. 1932, S. 134) geradewegs als „Naivität“, die Inschrift ernst zu nehmen. Nach
J/ter Meinung kommt die Möglichkeit der Kopie einer alten Vorlage aus folgenden drei
tünden gar nicht in Betracht: „Erstens, weil eine solche Reproduktion eines solchen
ändert Jahre alten Bildwerks damals ohne Beispiel wäre. Zweitens, weil kein Stilmerkmal
auf eine solche Vorlage hinweist. Drittens, weil der ganze Inhalt für die fingierte Auf-
pdungszeit 1524 aktuell ist. Offenbar handelt es sich um eine zeitsatirische Darstellung,
le sich einer solchen für das 16. Jahrhundert typischen Einkleidung bedient“.
Der Teppich von Michelfeld
191
Dürers wiedergebe und die authentische Anweisung enthalte, wie sein dreiteiliger
Holzschnitt zu betrachten sei.
Unter dem leitenden Gesichtspunkt, daß es sich um eine Projektion der Zeit-
läufte von 1524/1526 handelt, schreiten wir seine wohlgegliederte Komposition,
der sich realistische mit allegorischen und rein dekorativen Elementen mischen,
v°n links nach rechts in ihren Einzelszenen ab, die wir in ihren künstlerischen
Aus drucks werten, ihrem volkskundlichen Gehalt und ihrer zeitgeschichtlichen
Bedeutung zu erklären suchen.
Der Fries beginnt mit einer originellen Abwandlung des „Lebensrad“-Motives.
Wo sonst Fortuna mit verbundenen Augen die Kurbel des verheißungs- und
Verhängnisvollen Rades dreht, ist sie hier durch die allegorische Verkörperung der
¿eit ersetzt. Sie ist als kraftvoll schöne, doch schwermütig nachdenkliche Magd
gezeichnet, die uns in ihrem edel regelmäßigen Gesicht, dem klassisch einfachen
Uewand, der statuarisch würdevollen Haltung als ein „höheres Wesen“ gegen-
Übersteht.
Ihre Erscheinung zeigt ein auffallendes Widerspiel lebhaft bewegter und ganz
tuhiger Formen. In ihrem Rock, der vom gewellten Saum in einer stark betonten
Kurve zu der rechten Hüfte steigt, schwingt noch der Rhythmus ihrer Hüft- und
Humpfbeugungen beim Umdrehen der großen Kurbel nach. Jedoch im darge-
stellten Augenblick stockt die Bewegung. Die Jungfrau hat sich aufgerichtet und
Ußt ermüdet ihre Hände auf der Kurbel ruhen, als habe sie es satt, ihre als unsinnig
durchschaute Arbeit weiter fortzusetzen. In ihren trauervollen, starren Augen
spricht sich der Überdruß an ihrer Arbeit aus.
Den momentanen Stillstand in der Umdrehung des Lebensrades fixierte Albrecht
Dürer auf den Augenblick, worin die auffälligsten Speichen senkrecht stehen. So
sind sie der gleichartigen Emporrichtung der Jungfrau angeglichen. Dieser Parallelis-
ttius der zwei senkrechten Akzente ist nicht nur ein formaler, sondern zugleich
aUch ein moralischer Ordnungswert: Die Jungfrau hält in der Sekunde mit der
Arbeit inne, worin der in dem Rad versinnbildlichte Weltlauf sich „im Lot“
befindet, d. h. in einer streng gesetzmäßigen Ordnung ist.
Desto unbändiger ist der linke Kurbeldreher: Reineke Fuchs am Werk. Mit
beiden Pfoten an der Kurbel zerrend und selbst noch bis zur Schwanzspitze im
Schwung, merkt er die Stockung. Er sucht daher, vor Ungeduld auf seinen Hinter-
Uufen tänzelnd, mit zornigem Gebell die saumselige Partnerin zum Weitermachen
aH2uspornen. In seinen bösartig zurückgelegten Ohren, seinem geifernden Gefletsch
^nd seinem Jähzorn, der aus dem gesträubten Fell bis in die Haarbüschel an seiner
Schnauze sprüht, steht er der maßvollen Zurückhaltung der Jungfrau als das
^ilde Tier, d. h. als hemmungslose Triebnatur und wahre Unruh in der Weltuhr
gegenüber. Die Listen, Tücken und Verschlagenheiten und nicht zuletzt auch den
Humor des Fuchses, von dem das Volksbuch so ergötzlich fabuliert, faßt Dürers
huicklebendiges Tierporträt schließlich im sexuellen Prädikat des Meister Reineke
Zusammen, das dieser stolz und übermütig, wie eine auf dem Schützenfest des
Bebens errungene Auszeichnung, zu präsentieren scheint.
192
Wilhelm Fraenger
Die Fahrgäste des Lebensrades sind — nach der Speichenzahl — sechs Vögel,
deren erster die Umfahrt bereits überstanden hat. Es ist der Pfau, der, breitspurig
im Vordergrund stolzierend, auf seinem Schwanenhals das Köpfchen mit der
Federkrone in vorteilhaftestem Profil zur Geltung bringt und dabei seine lange
Schleppe nach sich zieht. Er ist das traditionelle Sinnbild der Superbia: der Hoffart,
in deren Anspruch, mehr zu gelten, mehr zu sein und mehr an Glanz und Macht zu
haben als der Nebenmensch, die mittelalterliche Kirchenlehre die Wurzel der
„Sieben Todsünden“ erblickte. So setzt sich denn auch der vom Pfau geführte
Reigen aus lauter Raubvögeln und Schädlingen der Vogelwelt zusammen.
Da sich das Rad nach vorne dreht, sind die auf dessen linke Kranzhälfte ge-
setzten Vögel auf der Talfahrt dargestellt. So folgt dem bereits abgesetzten Pfau
zunächst der Adler. Er ist nicht als ein majestätisches Wappentier, sondern nur als
ein schwerfälliges Federvieh gezeichnet, das sich, durch den bevorstehenden Sturz
erschreckt, mit seinen Fängen angstvoll an den Radkranz klammert. — Dann kommt
der Häher an die Reihe, der als gefürchteter Nestplünderer und Brutvertilger von
Brehm vortrefflich als „fahrender Ritter der Galgenvögelgesellschaft“ bezeichnet
wird. — Im Scheitelpunkt des Rades spreizt die geschwätzige Elster ihren Sterz-
Als sprichwörtlicher Diebsvogel trägt sie die Königskrone Wölkenkuckucksheims-
Zu Berg fährt der Fasan, der wegen seines goldgesprenkelten Gefieders als Wahr-
zeichen des „ungerechten Mammons“ dient. Ihm folgt der Falke, der Stoßvogel
der ritterlichen Reiherbeize.
In Hinblick auf den bösen Richter, die Zentralfigur des Frieses, stellt das vom
hoffärtigen Pfau eröffnete, vom Fuchs in Schwung gehaltene Karussell der Vögel
alle die Übervorteilungen, Unterdrückungen und Vergewaltigungen dar, womit
Machthaber, die das Recht beiseite setzen, die ihnen preisgegebenen Opfer zn
mißhandeln pflegen. So spricht schon aus der Ouvertüre unseres Frieses eine ge'
sellschaftliche Opposition: Sie richtet sich in dem gekrönten Diebsvogel: der
Elster gegen die zungenfertigen und raffgierigen Rabulisten der öffentlichen
Rechtspflege, im Goldfasan gegen die mammonistischen Glücksritter der Kauf-
mannschaft, im Adler, Häher, Falken gegen den gewalttätigen Adelsstand, welch
letzteren der Kölner Humanist Agrippa VON NETTESHEIM in seiner Streit-
schrift „Von der Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften“ (1527) in einem
gleichartigen Vogelgleichnis zu einem vielköpfigen Ungeheuer karikierte, wo es
im 80. Kapitel heißt:
„Wenn wir so die Köpfe dieser Bestie erkannt haben, werden wir leicht ihre
anderen Gliedmaßen erraten, die nichts anderes sind als Gewalt, Raub, Totschlag»
Jagden und andere der Lust und Üppigkeit gewidmeten Exerzitien. Jetzt aber
zweifeln wir nicht, daß der Adelsstand nicht sowohl durch Übung und Gewohnheit»
als auch von Natur selbst böse sei. Denn unter den Vögeln und vierfüßigen Tieren
hat keines den Vorzug des Adelsstandes als die den andern Tieren und auch woÜ
dem Menschen schädlich sind, als da sind die Adler, die Geier, die Falken, che
Habichte, die Raben, die Weihen, die Straußvögel, die Harpyä, die Greife und
andere dergleichen Monstra mehr.“
Der Teppich von Michelfeld
193
Nach diesem Vorspiel treten fünf Vertreter des mittelalterlichen Ständestaates
auf den Plan. Ihr Anführer ist ein mit Pan2er, Helm und Sporen aufgeschirrter
Ritter. Aus seinem aufgeschlagenen Visier schaut ein biderb schnauzbärtiges
Gesicht hervor. Mit seiner Linken sich auf eine Hellebarde stützend, die rechte
bfand am Dolch, hat er sich mit stramm durchgedrückten Waden vor dem
Gerichtsort aufgepflanzt und blickt mit ehrlicher Entrüstung auf den schlimmen
Richter. Wie eine Mauer schirmt er seine Hintermänner vor dem Unrecht, das
Slch dort ereignet, ab und scheint zu tatkräftigem Eingreifen entschlossen.
Hinter dem Ritter legt der Fürst in einem Schulterpelz aus Hermelin und hermelin-
besetzter Schaube seine rechte Hand vertrauensvoll auf dessen Schulter. In seiner
Majestätisch überragenden Erscheinung, in seinem ernsten, streng geschnittenen
Gesicht und auf die Brust herabwallenden Patriarchenbart stellt er die Weisheit
Mid Gerechtigkeit eines Regenten besserer Zeiten dar.
Viel kleiner steht, trotz seines hohen Filzhutes, rechts neben ihm der Bürger,
bür dessen nähere Kennzeichnung kein Platz mehr war. Vielleicht soll ihn die
Schriftrolle in seiner linken Hand — ein Ratserlaß? ein Kaufvertrag? — als Rats-
herrn oder Kaufmann charakterisieren.
Der für das Mittelalter so spezifische Stand der Kleriker ist auffallender weise
Mcht vertreten. Dafür sind in der zweiten Reihe dem Handwerker und Bauern
desto markantere Rollen zugeteilt. Den werktätigen Stand verkörpert die Hand-
bestigkeit des Schmiedes. Er ist ein Mann voll trotzigen Eigensinns, wie sein
energisch vorstoßendes Kinn, sein widerborstiger Schnurrbart und der Wirbel
seines dichten Haars bezeugen. Im Schurzfell und die Ärmel aufgekrempelt, schultert
et mit der muskulösen rechten Faust den Hammer, während er in der linken Hand
die Zange trägt. Dabei tritt er mit so entschlossenem und raschem Schritt heran,
Hs wolle er die Mauer seiner Vordermänner brüsk durchstoßen, um den Ritters-
Mann als besserer Verteidiger der öffentlichen Ordnung zu ersetzen: ein Bildmotiv,
das jenes Aufbegehren der mittelalterlichen Zünfte widerspiegelt, als es darum
§Mg, sich im aristokratischen Stadtregiment das Recht der Mitbestimmung zu
erkämpfen.
Von diesem selbstbewußten Handwerksmeister hebt sich der letzte Mann: der
Rauer desto kümmerlicher ab. Er ist von seinen Nachbarn so weit abgerückt, daß
et allein durch seinen Standort schon verlassen und verloren wirkt. Es ist der Bauer
aus dem Spätjahr 1525, was sich mit anschaulicher Überzeugungskraft durch die
Vergleichung zweier Bilder demonstrieren läßt:
Den bäuerlichen Kämpfer aus dem Frühjahr 1525 sehen wir auf der Flugschrift
abgebildet, die unter dem Titel: ,,Ayn Sermon geprediget vom Pawren zu Werdt hei
Nürnberg am Sonntag vor Fasnacht von dem freien Willen des Menschen“ in Dürers
Vaterstadt erschienen war. Hier steht der Bauer uns als stämmiger Mann mit
breiter Brust, in ordentlichem Kittel und hohen festen Stiefeln gegenüber, der
seinen Dreschflegel mit gleichem Selbstbewußtsein wie vorhin jener Ritter seine
Rfellebarde trägt. Die Kappe aus der Stirn geschoben, hält er freimütig seine
breiheitspredigt, die er durch die aufrufende Gebärde seiner rechten Hand zu
Packender Eindringlichkeit erhöht.
18 Volkskunde
194
Wilhelm Fraenger
Demgegenüber ist der Bauer unseres Frieses ein abgehagerter und abgekämpfter
Mann. Die Kappe ist ihm in die Stirn gerutscht. Im Gegensatz zu dem energisch
vorgestemmten Kinn des Schmiedes schiebt er die Unterlippe vor, was stets der
Ausdruck der Ratlosigkeit und des Nichtweiterwissens ist. Sein schlotteriger
Kittel ist am Ellenbogen, die Hosen sind an beiden Knieen aufgeschlitzt und aus
dem abgetragenen Schuhwerk schauen seine Zehen. Den Dreschflegel trägt er
nur noch als ein gewohnheitsmäßiges, zwecklos gewordenes Zubehör auf seiner
Schulter. Denn mit der linken Hand greift er ins Leere, darob verzweifelt, daß er
die gestern noch gesuchte, zu seinem Schutz so notwendige „Göttliche Gerechtig-
keit“ nicht finden kann.
Die ganze Tragik des Zusammenbruchs der Bauernsache spricht sich im Gegen-
satz der Handgebärden beider Bauern aus. Der eine ruft, die Hand nach oben öffnend,
mit der aktiv erhobenen Rechten zum Kampfe für den „freien Menschen“ auf. Der
andere winkt, die Handfläche nach unten, mit der passiven Linken ab, als wische er
etwas, woran er glaubte und wofür er kämpfte, in bitterer Enttäuschung als ein
Trugbild weg.
Dieser ins Leere ausgesetzte und verlorene Mann ist mit den gleichen teil-
nahmsvollen Augen wahrgenommen und gezeichnet worden, wie der von einem
ritterlichen Schwert durchbohrte Bauersmann: die Krönung der Gedächtnissäule
Abb. 24. Ausschnitt aus Abb. 23
Abb. 25. Der Bauer von Wörth
196
Wilhelm Fraenger
für den Bauernkrieg, die Dürer noch im Jahre 1525 entworfen, eingehend beschrieben
und seinem Lehrbuch „Unterweisung der Messung“ als Holzschnitt beigegeben
hat7).
In der Gerichtsstätte des Mittelfeldes steht auf zwei Stufen ein pompöser Stuhl
mit ausschweifenden Lehnen, auf dessen weichem Pfühl, den Stab in seiner Rechten,
der tyrannische Gerichtsherr thront. Sein schwammiger Cäsarenkopf, von einem
aufgeblasenen Barett bekrönt, trägt eine Miene menschenverachtender Unnahbarkeit
und Überheblichkeit zur Schau, was ihn zu einem Ausbund jener Hoffart macht,
die schon der Pfau des „Lebensrades“ sinnbildlich verkörpert hatte. Die Inschrift
ihm zu Häupten: „Ich bin die Betrugnus“ kennzeichnet ihn als wahren Antichrist
der öffentlichen Ordnung. Schon in dem Tegernseer „Spiel vom Antichrist“ (um 1160)
hatte der böse Geist der Endzeit seine Sendung mit den Worten proklamiert:
„Deponam vetera, nova jura dictabo“ — „Abschaffen werde ich die alten Rechte und
neue befehlen“, wodurch er die Grundveste mittelalterlicher Rechtsanschauung:
die Identität des Rechtes mit der von Gott gesetzten Schöpfungsordnung zu
zertrümmern droht.
Vom ausladenden Thronsitz dieses Rechtsverderbers sticht die kahle Härte der
Armsünderbank des Prangers desto schärfer ab. Dort sind drei edle Jungfrauen,
die sich nach Antlitz und Gewand als Schwestern jener Magd am Lebensrad er-
weisen, in den Stock gespannt, aus dem sie kläglich ihre eingeklemmten Füße
strecken. Die drei betrübten Schwestern stellen die sittlichen Prinzipien der
Vernunft, Gerechtigkeit und Wahrheit dar. Diese Treuhänderinnen des Vernunft-
rechts und der Menschenwürde unterjocht zu haben, rühmt sich der böse Richter
in der Banderole, die sich über der Armsünderbank entrollt. Sie trägt die Inschrift:
„Mit list meiner behenndikait: hab ich bracht die Gerechtigkaitt
Mitsambt der Vernunft und warhait: zu meiner Unterthenigkaitt.“
So fesselte er die Gerechtigkeit an beiden Handgelenken an einen langen Stecken,
der ihre Arme auseinanderspannt. Es sieht daher so aus, als ob Justitia, in deren
Rechten sonst die Waage pendelt, jetzt selbst in ihren Armen zu einem auf- und
abschaukelnden Waagbalken geworden sei. — Der Wahrheit, die mit wirrem Haar
und flehentlich gerungenen Händen in der Mitte sitzt, wurde der Mund mit einem
großen Schloß versiegelt. — Die dritte Schwester: die Vernunft ist dadurch lahm-
gelegt, daß ihre Hände durch ein Eisen an den Block genietet sind.
So werden die drei Tugenden in gleicher Weise zur Untertänigkeit des richter-
lichen Rechtsbrechers mißbraucht, wie ihre Schwester an dem Lebensrad dem
antreibenden Fuchs als bösem Weltprinzip gehorchen muß. Von hier aus ist erst
zu verstehen, warum die ihrer Arbeit an der Kurbel überdrüssige Magd den Kreis-
7) In unserm Beitrag zur Festschrift für Adolf Spamer in den Veröffentlichung6,1
der Kommission für Volkskunde, Berlin 1953, Bd. 2, S. 126—140 haben wir den bisher ab
Siegesdenkmal für die Niederwerfung der aufständischen Bauern mißverstandenen Hoft'
schnitt zu einer Klage über deren Untergang und einer Anklage der Siegermächte um'
gewertet.
rtirt |Krm bat^ngthJrigen Xe rmrrr / bte ron emrni alten Ztb'ubftor {■yunbnt jaren vngefü>rlid>gewieft/
vnbu^ixm 0ct)lofö tTIicbelfelbt <*m 2Üi)<w/yj tTIitfaflen unCoufent JtJnffbunbert vnb ner rnb j wendig 3at gtfunben/
abgemalet rnb abgemacht fmi>t.5«igcn art/was Mt alten ber je^igtn Uufft halb<n/0o /id) tegüct) ereygcnen/Jn )t)cen
ftanbt gehabt/rnö hamücb ber lieh behalfen haben.
Abb. 27. Die drei Tugenden im Stock / Der böse Richter
198
Wilhelm Fraenger
lauf hemmt: Sie tut es, weil sie eingesehen hat, daß eine Welt, worin Vernunft,
Gerechtigkeit und Wahrheit vergewaltigt werden, nicht mehr verdient, daß sie
sich weiterdreht.
Wie die drei Jungfrauen hat der tyrannische Richter auch deren Pflegekind in
Haft genommen, das vor den Thronstufen in einer Wiege schläft. „Ich bin die
Frumkait“ steht darüber. Diese Bezeichnung ist streng wortgemäß als „Frommheit
nicht als „Frömmigkeit“ im Sinne kirchlicher Devotion zu fassen. Denn der
Zusammenhang der Darstellung erfordert eine weltfromme Humanität, die auf
Vernunft, auf Wahrheit und Gerechtigkeit gegründet ist.
Da dieses Kind fest eingeschnürt in seiner Wiege liegt, könnte man es auch für
gefesselt halten. Doch ist dies nicht der Fall. Denn damals war es aller Orten
Brauch, die Wickelkinder mit dem Wiegenband so unbeweglich in ihr Bettchen
„einzufätschen“: einWort, das — vom Lateinischen „fascere“=bündeln abgeleitet—,
soviel wie fest zusammenwickeln heißt. Zwei Illustrationen: Ausschnitte aus einem
Kupferstich des niederdeutschen Meisters ISRAEL VON MECKENEM (f 1503)
und einem elsässischen Holzschnitt, der auf 1520 zu datieren ist, veran-
schaulichen die einschnürende Funktion des Wiegenbandes8), daneben auch die
abergläubische Gepflogenheit, durch Pentagramme oder Hexagramme, die man
in die Wiege kerbt, den Säugling vor dämonischen Einwirkungen zu beschirmen.
Statt mit dem magischen Schutzmittel des Trudenfußes ist die Wiege, worin
„Frommheit“ schläft, mit viel geheimnisvolleren Kräften ausgestattet. Ohne daß
eine Amme ihre Kufen tritt, schaukelt sie ganz von selbst: ein offenbares Wunder,
Abb. 28. Wiege aus einem Kupferstich
des Israel von Meckenem
Abb. 29. Wiege aus einem
elsässischen Holzschnitt von 1520
8) In Dürers Holzschnittfolge des Marienlebens bietet die „Ruhe auf der Flucht
nach Ägypten“ (B 190) ein besonders schönes Beispiel des in die Wiege eingeschnürten
Wickelkindes.
Der Teppich von Michelfeld
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dessen Zustandekommen Albrecht Dürer ebenso merkwürdig wie deutlich illu-
striert. Es handelt sich um eine fernwirkende Übertragung, einen magnetischen
Rapport, der zwischen den drei Jungfrauen im Pranger und der Wiege spielt:
Von diesen neigt sich die Vernunft mit fürsorglicher Innigkeit zur Wiege hin
Und — ganz der Anschauung des Kindes hingegeben — hebt sie und senkt sie ihre
eingepflockten Füße in dem Auf und Ab des taktmäßigen Tretens auf die Wiegen-
kufen. Sie also setzt die Wiege in Bewegung, wie auch das sonderbare Pendeln der
Gerechtigkeit als sympathetische Beihilfe zum Kindelwiegen zu verstehen ist,
Surnal sie dabei ihre Augen schließt, als sei sie über ihrem einlullenden Schaukeln
selber eingeschlummert.
Wer-n beide sich — trotz ihres eigenen Kummers — so aufopfernd und rührend
um das’Kind bemühen, wie auch die Wahrheit ihre durchdringenden Augen sehnlich
auf die Wiege heftet, so müssen sie von diesem Kind ihr künftiges Heil, ihre
Befreiung und Verwirklichung erhoffen. Sie warten darauf, daß das Kind, in dessen
Schlummer der Keim der inneren Freiheit reift, erwacht.
Auf sein Erwachen wartet auch die Deputation der Stände, was das zentrale
Stichwort ihrer Schriftrolle bezeugt.
In dieser Inschrift sind die Zeilen i und 3 nach links verschoben, wonach sie
überm Schmied und Bauer als deren Meinungsäußerungen stehen, wogegen die
nach rechts gerückte Mittelzeile dem Ritter, Fürst und Bürger zugehört.
Der Text beginnt mit einem Stoßgebet des durch die öffentliche Ungerechtigkeit
besonders schwer gedrückten Handwerker-und Bauernstandes: „Betrugnuß biß
uns nit zu sgfer“, in heutigem Deutsch: „Betrügnis sei uns nicht zu aufsässig.
In Hinblick auf das heilbringende Kind äußert die rechte Gruppe ihre unge-
duldige Besorgnis: „Die Fr ongkait schief ft ein lang Zeit her“, d. h. „Wie lange sollen
^ir noch warten, bis das Kind erwacht?“
Hierauf erteilt das linke Paar dem Ritter als Protagonisten einen herb ver-
neinenden Bescheid, der allerdings im Mund des tatkräftigen Schmiedes einen ganz
andern Sinn hat als im Mund des übel mitgenommenen Bauersmannes, wenn es
heißt: „Erwacht sy es wurt dir zu schwer“, in heutigem Deutsch: „Erweckt sie, es
'vird dir zu schwer!“
Die beiden linken Männer halten demnach den Ritter, Fürst und Bürger für zu
schwach, die Frommheit aufzuwecken. Dagegen hält sich der robust nach vorn
tretende Schmied dazu berufen. Er bringt daher als „Mann, der’s kann“ im Hammer
Und der Zange gleich das Werkzeug mit, das man benötigt, um die mit Eisenklam-
tnern an den Block geschmiedeten, mit einem Schloß mundtot gemachten und an
den Füßen eingeklemmten Frauen freizumachen. — Demgegenüber gibt die
vorgeschobene Unterlippe und die abräumende Hand des armen Bauern dem „es
фird dir zu schwer“ den resignierten Sinn: Ich habs gewagt, die Frommheit auf-
wecken, dafür bin ich jetzt ein geschlagener Mann!
*
Inst. f. dt Volkskunde
Der Teppich von Michelfeld
20:1.
Der fünfköpfigen Repräsentation des mittelalterlichen Ständestaates treten von
rechts her zwei Vertreter eines Einzelstandes: der weltlichen und geistlichen Juristen-
schaft entgegen. Auf ihrem Wimpel bieten sie dem schlimmen Richter ihre be-
wundernde Gefolgschaft mit den Worten an:
„Herr ewr rede die hör wir gern
In ewer Schult beger wir zlern.“
Der erste, in weitbauschigem Talar und hoher Mütze, erscheint durch sein
spitznäsiges und scheinheilig durchtriebenes Gesicht dem Fuchs des „Lebensrades“
physiognomisch angeglichen, auf den sich schon das Schriftband in der Hand des
bösen Richters in den Worten: „mit List meiner Behendigkeit“ bezieht. Als Advokat
gehört er jenem Stande an, der in der volkstümlichen Bildnerei des ausgehenden
Mittelalters als Ausbund der Bestechlichkeit und Habsucht figuriert, wo ein
Klientenschwarm, der aus gespickten Geldkatzen und Beuteln den raffgierigen
Juristen schmiert4 zur ständigen Komparserie der Advokaten und Notare zählt.
Bei Dürer ist auf diese Brandmarkung verzichtet. Sein Spott zielt auf die Robe,
also auf den Advokatenstand als solchen und speziell auf den mit dem neu ein-
geführten römischen Recht in Schwang gekommenen Standesdünkel und Bombast
der akademischen Juristen.
Dem Fürsprech im rhetorischen Talar folgt im bequemen Chorrock der Kanoni-
kus. Während der Fürsprech dienstbeflissen schleicht, schaukelt der geistliche
Jurist sein „sanftlebendes Fleisch“ gemächlich seinem Ziel entgegen, das er mit
seiner vorgestreckten rechten Hand begrüßt. In seiner Linken trägt er sein Brevier
in einem Buchbeutel, auf dem in großer Letter die lateinische Zehnzahl als Er-
mnerung an die zehn Gebote steht.
Zwischen dem ins Profil gerückten Advokaten und dem in starrer Front empor-
gerichteten Herrn Zebaoth schwankt er in einer vielsagenden Drehung, die seine
Abkehr von der „Göttlichen Gerechtigkeit“ und seine Hinwendung zur Rechts-
Verderbnis demonstriert.
Im ausgehenden Mittelalter waren die kanonischen Juristen zu immer größerem
Einfluß auf die weltliche Gerichtsbarkeit gediehen. Als fürstliche und städtische
Gerichtsschreiber, Notare, Räte und Kanzleivorstände, vor allem als Vorsitzende
Von Schieds- und Appellationsgerichten, waren sie mit am Werk, das alte heimatliche
Recht ins neue römische Recht zu überführen. Dem Volk, das sich der fremden
Rechtsordnung nach Kräften widersetzte, galten sie — wie der römische Juristen-
schwarm — als eine Landplage, die abzustellen desto stürmischer gefordert wurde,
)e kraftvoller der Bundschuh sein Panier erhob9):
„Alle Doctores der Rechte, die seindt geistlich oder weltlich, sollen an keinem
Gericht, bei keinen Rechten, auch in keins Fürsten oder andern Räthen mehr
gelitten, sondern ganz abgetan werden. Sie sollen auch fürbas hin vor Gericht und
Recht nit weiter reden, schreiben oder Rath geben.“
9) Franz Heinemann: Richter und Rechtspflege in der deutschen Vergangenheit (Mono-
graphien zur deutschen Kulturgeschichte, Bd. 4), Jena o. J., S. 73 ff.
202
Wilhelm Fraenger
„Alle alte kaiserliche und Pfaffenrecht thun wir ab. Kein Jurist, kein Fürsprech
soll fürhin wo sein. Wer ihm selbst nit kann reden, der nehme den nächsten Mit-
bürger. Kein peinlich Statut soll fürhin angenommen werden, das nit im Gesetz
Moysi ußgedruckt ist, denn der Mensch soll nit härter strafen wann Gott.“
Der letzte Satz aus Eberlin von Günzburgs „Fünfzehn Bundsgenossen“ (i 5 21)
leitet in seiner Forderung, das Sinai-Gesetz zum Fundament des Strafrechtes zu
machen, zum einsam abgesonderten Jehova über, der aus dem Spruch des fünften
Buches Mosis (32,4) „Er ist ein Fels, seine Werke sind unsträflich, denn alles, was
er tut, das ist recht“, emporgewachsen scheint.
Nach ihrer geistigen Intention, die freilich in der zeichnerischen Ausführung nur
unzulänglich in Erscheinung tritt, soll die Gestalt der Ewigen Vorsehung als unge-
heuer kraftgeladenes Wesen wirken: Von einem faltenschweren Mantel fest um-
schlossen, die Arme vor der Brust verschränkt, d. h. in ihrer Kraft gesammelt und
bewahrt, starrt sie aus bohrend durchdringenden Augen uns entgegen. Ihr Haupt
entlädt sich in zwei Flammengarben, wie auch ihr auf die Brust herabwallender
Bart zu lodern scheint. Doch ist ihr Kopfhaar in der Mitte glatt gescheitelt, was die
erschreckend majestätische Erscheinung im Sinne eines „gnädigen Gottes“ mildern
soll.
Die seltsame Gestalt hat dreifache Bedeutung: Zunächst verkörpert sie nach
ihrer Überschrift \„Eyn yetlich sach gat aus die nit wider eingat in den Ursprung von
dem sie geflosen ist“, den neuplatonisch-christlichen Emanations- und Remana-
tionsgedanken. Nach dieser Lehre wird die ideelle und materielle Welt als Strahlung
eines jenseitigen „Urlichtes“ betrachtet, das sich wohl innerhalb der Stoffwelt trüb
und trüber bricht, bis die ursprüngliche Vollkommenheit sich schließlich in ihr
schlechthin unvollkommenes Gegenteil verkehrt. Doch bleibt in jeder Kreatur ein
Funke wach, der ihre Läuterung und einstige Rückkehr in den jenseitigen Ursprung
möglich macht, es sei denn, daß sie ihn durch freiwillige Hinwendung zum Bösen
zum Erlöschen bringe.
Auf unserm Teppich werden die „vollkommenen“ Wesen durch ihre überzeitlich
ideale Tracht, die „unvollkommenen“ durch ihr Zeitkostüm bezeichnet. Der
geistliche und weltliche Jurist sind als Abtrünnige geschildert, die „nicht wieder
eingehn in den Ursprung, aus dem sie geflossen sind“, wogegen die Deputation der
Stände, die auf das Erwachen des heilbringenden Kindes hofft, die läuterungsfähige
Humanitas vertritt.
Gleichzeitig ist die Ewige Vorsehung als Urheber des Rechtes zu verstehen. So
hatte schon der Sachsenspiegel die Formel „Got ist selve recht“ geprägt, die wir im
„Kleinen Keyserrecht“ in „Got ist recht und recht komt von got“ erweitert finden-
Als Gott des Rechtes und Gerichtes ist die Figur durch ihren Blick und Nimbus
charakterisiert: Das Flammenantlitz und der starre Blick gehören — wie sein
Kupferstich um 1493 „Sol justitiae“ bezeugt — fürAlbrecht Dürer zu den Wahrzeichen
der Gerechtigkeit (Tafel Vb). Dort steht ihr Strahlenhaupt inmitten einerSonnen-
Aura, welche den Jüngling mit den Attributen der Justitia: Schwert und Waage?
zur „Sonne der Gerechtigkeit“ glorifiziert. Seine weit aufgerissenen Pupillen, für die
Der Teppich von Michelfeld
203
es kein augurenhaftes Blinzeln oder Zwinkern gibt, kennzeichnen seine unbeirrbare
und untrügliche Rechtserkenntnis.
Die „Sonne der Gerechtigkeit“ ist ein hellenistisch-christliches Korrespondenz-
symbol zum „Sol invictus“, worin die Sonne zur höchsten Gottheit personifiziert
etscheint. Als solche strahlt der Weltenrichter in Dürers „Offenbarung St. Johannis“
(1498) aus dem Firmament, das Richtschwert auf den Lippen und wieder jene
Flammenzungen an den Schläfen, die das verzehrende und reinigende Sonnenfeuer
2u bedeuten haben (Tafel V a).
Die — trotz des mangelhaften Formschnitts — unverkennbar dürerische Aus-
prägung des Richtergottes erhält durch die so teilnahmsvoll hervorgehobene Gestalt
des armen Bauern schließlich noch einen tragisch aktuellen Sinn: Die „Göttliche
Gerechtigkeit“ war seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert zum aufrührerischen
Losungswort des „Armen Mannes“ geworden, nachdem sie schon im Jahre 1381
dem englischen Bauernaufstand und 1419 dem böhmischen Hussitensturm voran-
geleuchtet hatte.
Das Schlagwort stammt aus einem grundstürzenden Postulat John Wiklifs,
das jeden kirchlichen Besitz- und Machtanspruch, wie alle hierarchischen Institu-
tionen, die nicht im Gottesrecht des Evangeliums begründet seien, für null und
nichtig erklärte: ,,Nullum est civile dominium {seil, ecclesiae), nisi in justitia evan-
gelica sit fundatum“. Diese „lex dei“ WlKLIFs wurde — wie 150 Jahre später
Luthers Forderung der ,,Freiheit eines Christenmenschen“ — durch die revo-
lutionäre Bauernschaft aus ihrem theologischen Denkraum in den ökonomischen,
sozialen und politischen Lebensraum hineingetragen, wodurch sie zu dem zünd-
kräftigen Funken wurde, der den Qualm sozial-religiöser Theoreme zur lichten
Lohe der sozial-revolutionären Tat entflammte10).
Daß Albrecht Dürer mit dem armen Bauersmann solch eine wiklifitische Remi-
niszenz verknüpfte, mag als zweifelhaft erscheinen, da in dem gleichen Jahre 15 26
seine „ Vier Apostel“, die man als rein lutherisches Bekenntniswerk und kategorische
Absage an alle „Schwärmer“ wie Hans Hut, Hans Denk, Karlstadt und
THOMAS MÜNZER zu betrachten pflegt, vor der Vollendung standen. Wir möchten
diesem skeptischen Bedenken einen schwerwiegenden Satz aus Dürers Nieder-
ländischem Reisetagebuch entgegenstellen. Obwohl er dort an der hervorragendsten
ünd daher meistzitierten Stelle steht, wird er gemeinhin überlesen, ja selbst im
Gnschlägigen Schrifttum außer acht gelassen : Als Albrecht Dürer kurz vor Pfing-
sten 1521 zu Antwerpen das irrtümliche Gerücht erfuhr, daß Martin Luther auf
Seiner Rückreise vom Wormser Reichstag gefangen oder gar ermordet worden sei,
betet er in der schmerzlichsten Ergriffenheit für den „verräterlich verkauften,
Lommen, mit dem heiligen Geist erleuchteten Mann“, dem er nur zwei gleich
»gottgeistige Menschen“ zu vergleichen weiß: ERASMUS VON ROTTERDAM, den
10) Ernst Troeltsch: Die Soziallehren der christlichen Kirchen, in: Ges. Sehr. Bd. 1,
*9233, S. 393fr. — Konrad Burdach: Das göttliche Recht des Bauers, in: Der Dichter
des Ackermann aus Böhmen und seine Zeit (Vom Mittelalter zur Reformation, Bd. 3,
2-Teil), Berlin 1932, S. 61 ff. — M. M. Smirin: Die Volksreformation des Thomas Münzer
Urid der große Bauernkrieg, Berlin 1952, S. 372 ff.
204
Wilhelm Fraenger
er beschwört als „Ritter Christi“ gegen die „ungerechte Tyrannei der weltlichen
Gewalt und Macht der Finsternis hervorzureiten“, und JOHN WlKLIF, auf den
sich folgender, auf die vermeintliche Ermordung Luthers anspielende Satz bezieht:
„Und so wir diesen Mann verlieren, der do klärer geschrieben hat dann keiner in
140 Jahrn gelebt, bitten wir dich, o himmlischer Vatter, daß du deinen heiligen
Geist wiederumb gebest einem andern. . .“ Wenn WlKLIF, der im Jahre 1384,
also vor 137 Jahren starb, in einer leidenschaftlich aufgewühlten Stunde, die ihn
zum Bekennen zwang, für Albrecht Dürer dicht neben dem reformatorischen Er-
wecker Deutschlands stand, so konnte auch fünf Jahre später WlKLlFS „Göttliche
Gerechtigkeit“ neben den Vier Aposteln in Erscheinung treten, zumal das Tagebuch-
kapitel und die zwei Aposteltafeln als konfessionelle Dokumente einander durchaus
ebenbürtig sind.
Den Schlußpunkt des gesamten Frieses bildet die Schriftrolle zu Häupten Gottes,
welche die Eingangsszene mit der Schlußszene verklammert. Denn wie das Lebens-
rad in ewigem Kreislauf schwingt, ist dieses Schriftband als unendlich in sich selbst
zurückkehrendes Ornament gezeichnet. Als Variante der sich in den Schwanz bei-
ßenden Schlange veranschaulicht das abschließende Rollwerk den Begriff der
Ewigkeit.
* *
*
Gemäß der Inschrift, daß „die Alten“ anno 1425 die „jetzigen Zeitläufte“
vorausgesehen hätten, war unsere Analyse auf Dürers eigene Zeitverhältnisse ge-
richtet, in denen jene angebliche Prophezeiung ihre Erfüllung und Bestätigung
gefunden hat. Dabei hat sich der Handlungsablauf in dramatischer Folgerichtigkeit
entwickelt, indem die Einzelszenen sich in kräftig kontrastierten Charakteren, dazu
formal, gedanklich und empfindungsmäßig reich verknüpft, voranbewegten. Im
Richter, Advokaten und Kanonikus traten uns wie im Ritter, Fürsten, Bürget»
Handwerker und Bauersmann konkrete Zeitgestalten gegenüber, die — dort sa-
tirisch, hier rein realistisch aufgefaßt — das Werk zu einem ausgesprochenen
Zeitbekenntnis machen.
Jedoch gerade diese innere Konsequenz und sozialkritische Aktualität des Frieses
läßt seine Inschrift desto unglaubwürdiger erscheinen, je mehr die Darstellung
den Umkreis der Erfahrungstatsachen des Jahres 1425, der gemutmaßten Ent'
stehungszeit des Teppichs, überschreitet. Der über ein Jahrhundert sich hinweg'
setzende Sprung, den Dürer gutgläubig als „Weissagung“ bestaunte, fordert d'c
historische Kritik heraus, diesem irrationalen Faktor auf den Grund zu gehen und
ihn durch eine Analyse des geschichtlichen Milieus der Hauptfigur als ein historisch^
Nonsens zu erweisen:
Im bösen Richter und den zwei Juristen, die lernbegierig sich in seine SchuR
drängen, stellt sich die tiefe Rechtskrise des deutschen Volkes dar, die durch die
Ablösung des angestammten Volksrechts durch das römische Juristenrecht hervof'
gerufen wurde. Das seiner eigenen Rechtsprechung beraubte Volk, das semc
altbewährten Weistümer verachtet sah, hatte den Glauben an die Unparteilichkelf
Der Teppich von Michelfeld
205
und Heiligkeit des Rechts verloren. Die undurchsichtige Geschäftigkeit der Advo-
katen und Prokuratoren konnte ihm nur als fremde, unheimliche Macht erscheinen,
die — wie der Michelfelder Richter — den ehedem auf Treu und Glauben auf-
gebauten Richterstuhl mit Arglist und tyrannischer „Betrügnis“ usurpierte.
Gewiß war diese Rechtskrise schon unter Kaiser Karl IV. (1347—1373) ein-
gerissen, der seine Hofkanzlei und Staatsgeschäfte mehr und mehr den in Bologna
ausgebildeten Juristen anvertraute. Doch erst seit Mitte des 15. Jahrhunderts
begann das römische Recht auch die Hochschulen Deutschlands zu beherrschen,
aus denen ein rasch anwachsender Strom der im Zivilrecht Graduierten die her-
kömmlichen Schöffenstühle überschwemmte. Vollends hat sich die Leitidee des
Gobelins, die man am bündigsten „Juristen, böse Christen“ nennen könnte, erst
in den Jahrzehnten der SEBASTIAN BRANT, GEILER VON KAISERSBERG und
Thomas Murner zu sprichwörtlicher Gültigkeit verfestigt11).
Für einen Bildteppich des Jahres 1425 muß demnach eine solche Darstellung
als ganz undenkbar gelten. Es fehlte dafür die historische Voraussetzung, ganz
abgesehen davon, daß die damalige Teppichkunst in ihrer höfischen und kirchlichen
Gebundenheit keiner Tendenz zur Sozialkritik oder politischen Satire frönen
konnte. Nach alledem scheint jenes eingangs angeführte kritische Bedenken recht
haben, wenn es die hundertjährige Prophezeiung als Fiktion, den Gobelin als
gar nicht existent betrachtet und in dem Fries ein selbständiges Bildwerk aus dem
*6. Jahrhundert sieht.
So zwingend diese Folgerung erscheint, wurde sie doch verblüffend widerlegt,
als aus englischem Privatbesitz zwei Überreste des Michelfelder Bildteppichs ans
Licht gezogen wurden, die eine vorzügliche Kennerin der mittelalterlichen Teppich-
kunst, Frau Betty Kurth, im Jahre 1937 publizierte12).
Bei diesem Fund, der die verzwickte Frage ebenso einfach wie endgültig löst,
bandelt es sich um Bruchstücke der linken Mittelszene: Die drei Tugenden im
Stock und ein Fragment der Deputation der Stände. Es sind zwei stark beschädigte,
in bunter Wolle waagerecht gekettelte Gewirke. Jedes mißt über einen Meter im
Quadrat und gibt uns dadurch eine Vorstellung, welch imposante Ausmaße der
Teppich hatte. Muß man nach diesen Überresten seine Höhe doch zu mindest auf
^Wei Meter und seine Länge auf zwölf Meter schätzen, wonach die eingewobenen
Figuren sich ehemals fast in Lebensgröße präsentierten. Von dieser ursprünglichen
Lebensgröße blieben freilich nur unscheinbare Reste übrig, die jedoch mit der
spiegelverkehrten Holzschnittwiedergabe einerseits so genau zusammenstim-
^en, andrerseits sich so deutlich von ihr unterscheiden, daß sich der Arbeitsvorgang
Albrecht Dürers wenigstens an zwei Stichproben rekonstruieren läßt.
Dem einen Bruchstück, das die Köpfe der Vernunft und Wahrheit, dazu die
rechte Hand der mit dem Stecken schaukelnden Gerechtigkeit enthält (Tafel IVa),
u) Roderich V. Stintzing: Das S prüchwort „Juristen böse Christen“ in seinen geschicht-
bDien Bedeutungen, Rektoratsrede, Bonn 1867.
12) Zwei unbekannte Fragmente des Michelfelder Bildteppichs in: Die graphischen Künste,
Bd. 2, Wien 1937, S. 2765
206
Wilhelm Fraenger
kommt durch die Inschrift seiner Banderolen eine dokumentarische Bedeutung zu:
Die drei Schriftrollen stehen gelb auf blauem Grund, wobei die Lettern durchweg
schwarz, dagegen die Initialen der Artikel „Die“ bei den Kopfüberschriften rot ge-
halten sind. Die obere, mit dem Spruch des bösen Richters, bietet den beinah buch-
stabengetreuen Text der Holzschnittwiedergabe. Selbst ihre mundartliche Färbung
wurde beibehalten, die durch ihr ,,ai“ bzw. „ay“ in ,,Gerechtigkait“ und „Warhayt“
auf den schwäbischen Sprachkreis deutet. Wenn daher die Genauigkeit jener am
Fundort abgenommenen Kopie durch die Alliteration der Formel „abgemalt und
abgemacht“ bekräftigt wurde, stellt dieses Zeugnis sich zu mindest für die Ab-
zeichnung der Inschrift jetzt als wahr heraus.
Zeigt diese Inschrift die sorgfältige Bemühung des Kopisten an, so läßt die
Wiedergabe der Gesichter die Freiheit künstlerischer Wiedergabe wenigstens
erahnen, kraft deren Dürer seine Vorlage bereichert hat: Wo die zwei Tugenden
des Gobelins typische Heiligengesichter haben, die durch ein schmerzvolles Mar-
tyrium bekümmert sind, erscheinen sie bei Dürer zu tief menschlicher Gemüts-
bewegung und — trotz der Enge ihrer Haft — aktiven Anteilnahme individualisiert.
Denn auf dem Original ist die spezifische Blickfixierung auf die Wiege nicht ge-
geben: Die Wahrheit blickt unmittelbar auf den Beschauer. Auch die Vernunft
schaut mehr verloren vor sich hin, statt sich — in Dürers Sinn — als Wiegenfrau
ganz in die Anschauung der kleinen Frommheit zu versenken. Es darf deshalb ver-
mutet werden, daß das geheimnisvolle Kindelwiegen eine freie Zutat Albrecht
Dürers ist, der schon auf einem Holzschnitt des „Marienlebens“, auf dem die
junge Mutter vor der Wiege gleich einer Schicksalsfrau die Kunkel abspinnt und
die Kufe tritt, wobei drei lockige Engel und ein Spielkamerad fürs Christkind sie
besuchen, das Kindelwiegen traulich legendarisierte. Dem würde auch die schau-
kelnde Gerechtigkeit kaum widersprechen. Denn ihre Fesselung an einen Stecken
kann, wie beim Schloß am Mund der Wahrheit, eine bloße Strafe sein, die erst das
neu hinzuerfundene Motiv des Kindelwiegens zu einer seelischen Subtilität vertiefte-
Schließlich gibt sich ein abgeklärtes Formgefühl in dem umstilisierten Rollwerk
zu erkennen: Die spätgotische Knitterung der Banderole wurde zwecks besserer
Lesbarkeit der Aufschrift glatt gebügelt, wobei nur ihre unbeschriebenen Zipf^
sich verkräuseln dürfen, wie auch die flatternden Personenzettel zu waagerechter
Symmetrie vereinfacht sind.
Das andere Bruchstück gibt noch bessere Gelegenheit, die Umarbeitung Dürers
festzustellen (Tafel IVb). Hier steht der Ritter in stahlblauer Rüstung vor dem
gelben Pranger, in dem die blau gekleidete Gerechtigkeit, am Leib mit einem gelben
Strick gefesselt, mit ihren ausgespreizten Armen sitzt. Der Block ist durch ein großes
Vorhängeschloß versperrt. Hinter dem Ritter wird der rote, hermelinbesetzte
Fürstenmantel und das gelbliche Gewand des Bürgers sichtbar. Vor ihm steht eine
hohe, rotblühende Blumenstaude auf dem grünen Rasengrund.
Das Vorhängschloß hat Dürer weggelassen. Um die Gnadlosigkeit des Pranget
darzustellen, brauchte er solch ein büttelhaftes Beiwerk nicht. Das scharf umrissene
Rechteck der zwei Blöcke, im Gegensatz zu den bewegten Frauenkörpern, genügte
Der Teppich von Michelfeld
207
ihm, um die grausame Härte ihrer Haft zu demonstrieren, und dieses Rechteck
'War durch die sechs Füße eindrucksvoll genug besetzt. Auch jene Blumenstaude,
ein stereotypes Zubehör der spätgotischen Bildteppiche, hat er ausgetilgt, weil sie
die ernste Szene nur verniedlicht hätte und als altmodisches Versatzstück mit dem
neuen Stil der ökonomisch rationellen Zeichnung unvereinbar war.
Doch das sind Einzelheiten. Ausschlaggebend ist die Umzeichnung des Ritters,
^eil sie uns zu der radikalen Umgestaltung weiterleitet, die Dürer an dem Teppich
vorgenommen hat: Zunächst hat er die altfränkische Kuriosität der Rüstung gründ-
lich überholt. Dann stellte er den Rittersmann auf feste Beine, der dort auf wunder-
lich verschrobenen, einwärts gedrehten Füßen steht. Schließlich veränderte er die
Punktion der beiden Hände: Der Ritter auf dem Teppich hält die Hellebarde in
der rechten Hand, während er mit der Linken seinen Schwertknauf faßt. Bei der
spiegelverkehrten Holzschnittwiedergabe würde das Schwert an seiner rechten Seite
hängen. Um diesen Fehler zu vermeiden, wurde es rechts durch einen kurzen Dolch
ersetzt, dafür der Schwertknauf, wie es sich gehört, nach links verlegt.
Diese Abänderung erscheint als selbstverständlich. Nichtsdestoweniger wirft sie
eine weittragende Frage auf: Wenn Albrecht Dürer bei dem Nebenwerk des Schwer-
tes den technischen Bedingnissen des Umdrucks Rechnung trug, warum hat er es
heim Gesamtwerk unterlassen, das durch den Umdruck wie ein Film, den man ver-
kehrt herum, d. h. von seinem Ende abspult, sich vor uns entrollt?
Wenn Betty Kurth die umgekehrte Abfolge des Originals als technische
Voraussetzung der Holzschnittreproduktion erklärt, so übersieht sie dabei eineGrund-
tatsache, die jeder graphische Kopist von vornherein in Anschlag brächte: Zyklische
und dramatisch sukzessive Stoffe können unmöglich dem mechanischen Prozeß
spiegelverkehrter Wiedergabe unterworfen werden, weil die dadurch hervor-
gerufene Rückläufigkeit der Szenenfolge meist zu sinnwidrigen, auf jeden Fall zu
andersartigen Resultaten führt, als sie der Autor vorgesehen hatte. Solche Motive
Müssen auf durchsichtigem Papier kopiert, dann umgewendet werden, wonach die
durchscheinende Zeichnung durch einfaches Pausverfahren auf den Holzstock
übertragen wird, der sie beim Abdruck in der originalen Fassung liefert. Wenn
■Öürer diesen herkömmlichen Weg vermied und seine Wiedergabe — trotz der
daraus erwachsenden Unstimmigkeiten — im Gegensinn des Urbilds angefertigt
kat, mußte er triftige Gründe haben, die wir aus einer Gegenüberstellung beider
Passungen herauszuschälen suchen:
Der Michelfelder Teppich setzte mit der Ewigen Vorsehung als Ursprung aller
^inge und Inbegriff des höchsten Rechtes ein. In fortschreitender Gottentfremdung
streben der geistliche und weltliche Jurist zum Thron des richterlichen Anti-
cbrist, der das volksfremde „neue Recht“ verkörpert. Angesichts seiner ein-
§esperrten Opfer harrt die dem „alten Recht“ getreue Deputation der Stände auf
das heilbringende Wunderkind. Daß sie vergeblich wartet, zeigt das abschließende
k-ebensrad, das endlos sich im gleichen Kreislauf der Entrechtung, Überlistung und
Vergewaltigung des Schwächeren durch den Stärkeren weiterdreht. Nicht die das
Pad bremsende Tungfrau Zeit, sondern der antreibende Fuchs behält das letzte
w°rt in dieser bitteren Sozialsatire.
208
Wilhelm Fraenger
Daß Albrecht Dürer diesen ursprünglichen Ablauf planmäßig verändert hat,
kann überzeugend nachgewiesen werden: Er hat mit seiner Arbeit nicht, wie bei
mechanischem Reproduktionsverfahren zu erwarten wäre, bei der „Ewigen Vor-
sehung“, sondern bei seiner neuen Ouvertüre: dem ,,Lebensrad“ und der „Depu-
tation der Stände“ angefangen, die zeichnerisch viel reicher, sorgsamer, auch maß-
stäblich weit größer und gewichtiger als die vier Folgeszenen ausgestaltet sind.
Man braucht nur die Gestalt der „Zeit“ mit den drei merklich kleineren Tugenden
im Pranger oder den Fürst und Ritter mit den zwei Juristen zu vergleichen, um
festzustellen, daß das figürliche Format sich auffallend vermindert. Nur die Zentral-
figur, der böse Richter, behält das anfängliche Größenmaß.
Wir sehen diesen Größenunterschied darin begründet, daß Dürers eingangs
angewandter Maßstab bei der Mittelszene undurchführbar war: Wenn die drei
Tugenden im Stock die gleiche Größe wie die Jungfrau „Zeit“ erhielten, müßte
zugleich ihr Pranger so vergrößert werden, daß er das schmale Spielfeld überlasten
und — dicht zur Rampe der Reliefbühne herangeschoben — als ungefüger, kahler
Kasten wirken würde. Auch hätte die Erweiterung des Prangers eine entsprechende
Vergrößerung des Richterstuhls erfordert, um das optische Gleichgewicht zwischen
der waagrecht aufgereihten Dreiergruppe und senkrecht abgestuften Zweiergruppe
(Tyrann und Frommheit) aufrecht zu erhalten. Die Raumverdrängung dieser Re-
quisiten hätte jedoch das Schwingungsfeld der Banderole und drei Namensschilder
allzusehr beschränkt, ganz abgesehen von dem vierzeiligen Fundbericht, der so
wie so schon außerhalb der Zeichenfläche steht.
Wieder aus Rücksicht auf das kompositioneile Gleichgewicht wurde der kleinere
Maßstab der drei Frauen links des Thrones auch bei ihren beiden Gegenspielern
rechts des Thrones beibehalten, wie schließlich auch die „Ewige Vorsehung“
sich dem Proportionsgesetz der Gruppe fügen mußte. Doch steigt vom Fuchs-
gesicht des Advokaten zum Kopf des geistlichen Juristen eine imaginäre Linie
nach rechts empor, die in der Stirn des Weltenrichters mündet. Sein Scheitel wird
dadurch, soweit es möglich war, über die Köpfe seiner ungetreuen Sachwalter
hinausgehoben.
Unsere Rekonstruktion des technischen Zustandekommens der Kopie hat klaf'
gestellt, daß Dürers Umkehrung des ursprünglichen Handlungsablaufs kein ffle'
chanischer Abklatsch, sondern ein organischer Umbau seines Vorbilds war, das
dadurch einen weltanschaulich neuen Sinn erhielt:
Der Michelfelder Gobelin hatte die Rechtsidee viel schärfer und (in satirisch
negativem Sinn) schlagkräftiger herausgestellt als Dürers Wiedergabe, indem schon
seine ersten Auftritte den Niedergang des Rechtes sichtbar machten, das sich Zug
um Zug vom göttlichen zum menschlichen und — in der Hauptfigur — zum ebenso
unmenschlichen wie widergöttlichen Gericht verschlechtert hatte. Wenn dahef
dort das „Lebensrad“ am Ende der dramatischen Auseinandersetzung zwischen
den üblen Rechtspflegern und edlen Opfern steht, so spricht daraus ein hoffnungs'
loser Skeptizismus: eine abgründige Rechtsenttäuschung, die, weil der arglistige
Fuchs und der Tyrann den Weltlauf vorwärtstreiben und beherrschen, am liebsten
Der Teppich von Michelfeld
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— gleich der schwermütigen Jungfrau „Zeit“ — die Hände in den Schoß legen und
ai* dem Sinn der Existenz verzweifeln möchte.
Solch eine Rechts- und Weltverdrossenheit war für die positive, tatkräftige und
zukunftsgläubige Gesinnung Albrecht Dürers unerträglich. Der Meister, der im
Rathaus seiner Vaterstadt auf einem zweiten Wandgemälde: dem „Ehren- und
Triumphbogen Kaiser Maximilians“ seine grundfeste Rechtsgesinnung durch die
Bildunterschrift bekundet hatte: „Dann wo die Gerechtigkeyt, manlich Sterck des
Gemüts, die Vernunfft und Bescheidenheyt mangelt, kann keyn Reych bestendig
seyn“, brauchte für seinen Holzschnitt einen aufbauenden Schluß. Trotz aller Unter-
drückung der Vernunft, Gerechtigkeit und Wahrheit durch den Widersacher mußte
ihr ewiger Bestand verkündigt werden. Deshalb ließ er die unerschütterliche Stand-
figur der „Ewigen Vorsehung“ den Fries beenden, der er die Flammenaugen der
»Sonne der Gerechtigkeit“ gegeben hat.
Der Michelfelder Teppich, den die kunstgeschichtliche Kritik zu einer Vor-
täuschung verflüchtigt hatte, ist wenigstens in zwei Fragmenten in die historische
Wirklichkeit zurückgekehrt. So dürftig seine Überreste auch erscheinen mögen,
besitzen sie doch das dokumentarische Gewicht, die Inschrift auf dem Mittelfeld
der Holzschnittwiedergabe in der Hauptsache als wahr, jedoch in einem Punkt
— dem „springenden“ — als irrig zu bezeugen: der Zeitangabe, daß der Teppich
»ungefähr vor hundert Jahren“, also um 1425 angefertigt worden sei. Dies Datum,
das die Problematik der Kopie zur Unauflösbarkeit verknotet hatte, stellte sich als
falsch heraus. Es ist um ganze 70 Jahre zu früh anberaumt, nach deren Richtig-
stellung wir nicht mehr vor dem Luftsprung in die Prophetie, noch vor der Unter-
schiebung einer Fiktion, sondern jetzt endlich auf historisch zuverlässigem Boden
stehen.
Das kunstgeschichtlich wichtigste Ergebnis der Untersuchung BETTY Kurths
besteht in der stilistischen und chronologischen Bestimmung der Fragmente, die
nicht aus dem zweiten, sondern — wir zitieren — „aus dem letzten Jahrzehnt des
15. Jahrhunderts stammen, einer Zeit, die dem von kunsthistorischen Fachkennt-
nissen unbeschwerten Holzschneider als weit über eine Generation zurückliegende
altersgraue Vergangenheit erschien. Sicher war es nicht der Stil des Teppichs, seine
künstlerische Qualität, die den fränkischen Meister veranlaßte, eine Holzschnitt-
kopie anzufertigen, sondern das Interesse am geistigen Gehalt der Darstellungen.
Die Entstehung des Teppichs lag am Grenzrain zwischen Mittelalter und Neuzeit,
sein Inhalt: Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem herrschenden Svstem, stand
im Vorhof reformatorischer Ideen. Der kritische Protest in sinnbildlicher Form
fand Aufnahmebereitschaft in der Mentalität des 16. Jahrhunderts. So scheint
dieser Vorlagenfund kulturhistorisch ebenso von Interesse, wie er für die kunst-
geschichtliche Forschung ein „exemplum“ bedeutet, das kaum durch denNachweis
von Analogien seiner Einmaligkeit entkleidet werden kann“13).
210
Wilhelm Fraenger
Nach diesen Sätzen BETTY KURTHS schrumpft jene hundertjährige Prophezeiung,
an die Albrecht Dürer glaubte, in ein Nichts zusammen. Dafür bevölkern sich die
neu hinzugekommenen siebzig Jahre mit leibhaftigen Gegenwartsgestalten, die
schon der spätgotische Teppichwirker — bis auf den erst von Dürer als „Ge-
schlagener“ des Bauernkriegs gekennzeichneten „Armen Mann“ — aus eigenem
Erleben und Erleiden kannte.
Seine trübsinnige Beschwerde über das mißbrauchte Recht, die er in die ganz
singuläre Großform eines Bildteppichs gekleidet hatte, wurde von Albrecht Dürer
in die Glaubenszuversicht des Reformationsjahrhunderts und in die Handlichkeit
des Bilderbogens übertragen* 14). Im Holzschnitt, der auf Markt und Messe zur
sich daher durch die in London aufgetauchten Originale in seiner kritischen Position entr
wurzelt sah, setzte sich im 2. Band seines Kritischen Verzeichnisses der Werke A. Dürers>
Basel 1938, S. 88 mit dem Aufsatz Betty Kurths in merkwürdiger Weise auseinander:
Wohl sieht er sich gezwungen, seinen Irrtum zuzugeben. Doch findet er, daß BettY
Kurth, die selbst den Holzschnittfries als echten Dürer anerkennt, „ein um so ausdrück-
licheres Argument gegen die Zuschreibung an A. Dürer geliefert“ habe. Denn „daß er
in den Jahren reifster und bewußtester Meisterschaft einen — wie die Fragmente erweisen —
haargetreuen Reproduktionsholzschnitt verfertigt hätte, widerspricht seiner Urheber-
schaft noch mehr, als der trockene immer nur allgemein dürerische Stil der Ausführung“.
Dem Einwand Tietzes, daß sich Dürer „in den Jahren seiner reifsten und bewußtesten
Meisterschaft“ mit der vermeintlich subalternen Angelegenheit eines ,,Reproduktions-
holzschniltes“ keinesfalls befassen konnte, stellen wir die Erwägung gegenüber, daß Dürers
bildnerische „Formgerechtigkeit“ stets der genaue Ausdruck seines sittlichen Gerechtig-
keitsbewußtseins ist. Je reifer und bewußter er als Meister wurde, zu desto höherem Rechts-
sinn hat er sich zugleich als Mensch erhoben, weshalb es für ihn, wo das Recht in Frage
stand, gar keine subalternen Nebensachen, sondern nur das hochwichtige Anliegen gegeben
hat, mit seiner Kunst der Rechtsidee zu dienen. Solch einen Anlaß bot der Michelfelder
Teppich dar. Was es vollends mit dessen „haargetreuer“ Wiedergabe und „trockenen Aus-
führung“ auf sich habe, hat unsere Analyse hoffentlich so überzeugend klargestellt, daß
wenigstens mit einer derart oberflächlichen Begründung Dürers Autorschaft in Zukunft
nicht mehr angezweifelt werden kann.
14) Als Bilderbogen wird der Fries, außer durch seine dreistöckige Druckanordnung,
dadurch abgestempelt, daß er ursprünglich von sechs Versen des Hans Sachs begleitet
war. Auf diese Tatsache hat Joseph Meder in seinem Dürer-Katalog zum erstenmal,
nur leider äußerst unzulänglich hingewiesen, wo er — das Mittelfeld beschreibend — folgen-
des notiert: „Darüber (dem Rollenband des bösen Richters) sechs Verse von Hans Sachs:
Wer hat ye grosser clag erhört etc. Meist fehlend, auch Berlin, dagegen zeigt sich noch folgender
Text in 3x/> Zeilen als Titel in Typendruck und in der älteren Orthographie lautend „DysC
Figuren / mit Iren darzu gehörigen Reymen . . .“
Meder hält also die geläufige Beschriftung für einen erst in zweiter Linie anzuführenden
Ersatz für den ursprünglichen Begleittext der Hans SACHSschen Verse. Doch dieser Erst-
druck ist zu einer solchen Seltenheit geworden, daß er selbst dem mit größter Sachkenntnis
und Umsicht sammelnden Max Geisberg für seine vierbändige Monumentalausgäbe
sämtlicher 107 originalen Ilolzschnittbilderbogen des Hans Sachs, München 1928, entgehen
konnte, wie ihn auch keine bisherige Bibliographie verzeichnet.
Obgleich es um ein für die Dürer- wie die Sachs-Forschung gleich interessantes Faktum
geht, versäumte Joseph Meder mitzuteilcn, wo er das seltene Exemplar gesehen hat,
wie er zugleich den Standort eines zweiten, literarhistorisch nicht minder merkwürdige11
Frühdruckstadiums verschweigt, das er in folgender Notiz erwähnt: „Sehr selten zeiget
die frühen Drucke unten noch fünf Kolonnen Verse und die Adresse „H. Guidemund 1526.
Der Teppich von Michelfeld
211
Aufklärung des Volkes feilgeboten wurde, hat sich die einer Ritterburg schlecht
angemessene demokratische Tendenz des Michelfelder Teppichs erst voll aus-
gewirkt, wie dieses außerordentliche Dokument spätmittelalterlicher Sozial-
geschichte auch nur dank seiner meisterhaften Holzschnittwiedergabe weiterlebt.
Unsere vielfältigen Bemühungen, ein Exemplar mit den Hans SACHSschen Versen zu
ermitteln, sind bisher ergebnislos geblieben, so daß wir uns vorläufig mit der Feststellung
begnügen müssen, daß das Generalregister der großen kritischen Hans Sachs-Ausgabe
des Stuttgarter Literarischen Vereins (Bd. 26, 1908) unter „Wer hat ye größer clag erhärt?“
nur eine Dichtung: das Zeit- und Streitgespräch „Der arm gemain Esel“ verzeichnet.
Ihre sechs Anfangsverse lauten:
„Wer hat ye größer clag erhört?
der tyrann mich erschrocklich Sport,
dringt, zwingt, schctzt, raupt, brent, darzu mordt;
Idoch tröstet mich Gottes wort,
Gott wer mich rechen hie und dort.“
Dieses Gedicht hat Peter Flettner in einem Holzschnittbilderbogen des Jahres 1525
(Max Geisberg, a. a. O. Bd. i, Bl. 4) vortrefflich illustriert. Er greift dabei in einer
Hauptgestalt: der an den Füßen in den Block gespannten „Gerechtigkeit“ geradewegs auf
die ein Jahr zuvor in Dürers Werkstatt eingetroffene Kopie des Michelfelder Bildteppichs
zurück. Trotz dieser handgreiflichen Übereinstimmung und sonstigen Verwandtschaft
beider Werke können die Eingangsverse schwerlich auf den Bilderbogen Dürers über-
tragen werden, sind sie doch speziell auf den Figurenkreis des Streitgespräches zwischen
dem „Armen Esel“ (dem grausam unterdrückten und geschundenen Volk) und der „Tyran-
nischen Gewalt“, dem „Finanzischen Wucher“, der „Natürlichen Gerechtigkeit“ und dem
„Wort Gottes“ abgezweckt. Doch läßt sich diese Frage erst endgültig klären, wenn jener
Erstdruck, dessen Standort Joseph Meder totgeschwiegen hat, ans Licht gezogen wurde.
Vielleicht regt dieser Hinweis dazu an, den Vorspruch des Hans Sachs zum Michelfelder
Teppich ausfindig zu machen.
14*
Günther Kraft — Weimar
Die bäuerlich-handwerklichen Grundlagen
der thüringischen Musikkultur
Das Institut für Volksmusikforschung an der Hochschule für Musik in Weimar
hat sich neben der Aufgabe, die Traditionen auf dem Gebiete des Volksliedes zu
erschließen, mit den historischen Grundlagen der in der deutschen Musikgeschichte
in reichem Maße nachweisbaren künstlerischen Produktivität beschäftigt.Thüringen,
wie überhaupt Mitteldeutschland, ist ein typisches Beispiel für diese bis zur höchsten
Leistung führende Produktivität. Es verfügt über eine Fülle von Namen be-
deutender Tonkünstler-Geschlechter und Traditionsstätten. Es erhebt sich somit
die Frage, aufgrund welcher Bedingungen sich diese Entfaltung der schöpferischen
Anlagen des Volkes vollzog. Diese Frage ist für das hier zur Untersuchung ge-
stellte Gebiet von besonderem Interesse, da sie zugleich die gesellschaftlichen
Grundlagen anspricht.
Das thüringische Land ist bis in das 20. Jahrhundert dasjenige Gebiet Deutsch-
lands gewesen, dessen Landkarte das buntscheckige Bild zahlreicher kleiner und
kleinster Fürstentümer zeigte. Alle diese Fürstenresidenzen leisteten sich den
Aufwand einer Hofkapelle oder Hofbühne, wie etwa die „Meininger“, Gotha mit
seiner Hofkapelle und seinem Ekhof-Theater, Weimar mit seinem „Musenhof“
und der schon früh hervortretenden Leistung der wettinisch-torgauischen Hof-
kapelle — um nur einige Beispiele solcher Konzentrationen zu nennen. Selbst das
Miniatur-Fürstentum Römhild — nicht viel größer als ein heutiger Landkreis —
tritt um 1700 mit musikalischen Leistungen hervor, die für die Geschichte der
frühdeutschen Oper von besonderem Interesse sind.
Im Umkreis dieser zahlreichen Residenzen sammeln sich die Spielleute und
Stadtpfeifer, und fast scheint das Bild dieser musikalischen Aktivität des thürin-
gischen Landes durch die Lenkung und Führung seitens eines feudalistischen
Mäzenatentums bestimmt zu sein. Dies ist ein Trugschluß, der als Tenor oft in
musikgeschichtlichen Einzelstudien erscheint und von einer Überspitzung der
Repräsentationssucht solcher Mäzene ausgeht, in deren Schatten sich indessen die
soziale Not und Auseinandersetzung der im Dienst der herrschenden Klasse
spielenden Musikanten abzeichnen. Denn: nehmen wir einen Einblick in die
Namenslisten dieser Hofkapellen und musikalischen „Lakaien“1), so finden wir *)
*) Joh. Seb. Bachs erste Anstellung als 18 jähriger Violonist am Weimarer Fürstenhof
erfolgt als „laquey“.
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
213
im überwiegenden Maße hier die Söhne des thüringischen Bauern und Hand-
werkers vertreten, deren musikalisches Talent genutzt wird2). Ja, diese Ausnut-
zung der künstlerischen Volkskräfte erfolgt bis zum Mißbrauch und zur Verspottung,
wie folgende Forschungsergebnisse eindeutig bezeugen.
Die Tatsache, daß führende Persönlichkeiten wie HEINRICH SCHÜTZ in Dresden,
JOH. Seb. BACH in Leipzig oder auch KoNRAD EKHOF in Gotha sich um die
Verbesserung der sozialen Bedingungen ihrer Musikanten und Künstler bemühten,
unterstreicht diese Feststellung. Vor allem aber zeigt sich in den thüringischen
Städten, wie den ehemaligen „freien Reichsstädten“ Schmalkalden, Mühlhausen
oder auch Erfurt, die nicht durch die „Gunst“ eines Hofes ausgezeichnet wurden,
ein besonders reiches Bild des musikalischen Volkslebens und seiner Widerspiege-
lung in den produktiven Leistungen zahlreicher Musikerpersönlichkeiten3).
Die durch Archiv- und Quellenstudien, vor allem durch Forschungsexkursionen
des Institutes zu Weimar eingeleiteten Untersuchungen richten daher in besonderem
Maße ihr Augenmerk auf die Grundlagen dieser musikalischen Leistungen des
Volkes. Sie gehen von der Erkenntnis aus, daß diese Leistungen, seien sie in der
reichen Volksliedtradition Thüringens4 *) oder mit den professionellen Vertretern
gegeben, in einem dauernden und engen Wechselverhältnis des schaffenden Ton-
künstlers zum Volke und seiner Musik bestehen, daß der Tonkünstler der Repräsen-
tant dieser schöpferischen Volkskräfte sein muß. Sie gehen des weiteren von der
Notwendigkeit aus, den Prozeß dieser Entwicklung in seiner gesellschaftlichen und
ökonomischen Wechselbeziehung aufzuzeigen. Die so gewonnenen Ergebnisse
gestatten erst eine Analyse der realen Leistung. Hierbei spielt die Namensforschung
der Spielmanns- und Stadtpfeifer-Familien eine wichtige Rolle.
Zur Beantwortung dieser Fragen teilen wir die Ergebnisse einzelner Forschungs-
exkursionen mit:
WECHMAR UND UMGEBUNG
Die sogenannte „Bach-Wiege“ Wechmar, der „Ursprung der musicalisch-
Bachischen Familie“6), war Mittelpunkt einer von Dozenten und Studierenden
des Instituts vorgenommenen ersten Exkursion. Sie war vor allem durch die
Neuauffindung einer im Jahre 1684 — also vor der Geburt JOHANN SEBASTIAN
z) Vgl. den durch den Verfasser aufgefundenen Bittbrief des Tonkünstlers Melchior
Vulpius von 1590 „Vergangenen Montag habe ich mich sambt meinem weib :/: salva reve-
rentia zu melden :/: muessen ungessen zu beth verfügen, nachfolgenden tags hatt mich ein
Schülerlein mit zweien Oepfeln verehret, habe ich einen gesen, mein weib den andern . . .“
(Abdruck in G. Kraft, Die thüring. Musikkultur um 1600, Bd. I, Würzburg 1941).
3) Joachim a Burgk, Joh. Eccard, Joh. Rud. u. Joh. Gg. Ahle in Mühlhausen
als Beispiele einer solchen aus dem Bürgertum gebildeten Tradition.
4) Vgl. die Lebensarbeit der aus Thüringen stammenden Volksliedforscher L. Erk
(väterlicherseits aus Herpf b. Meiningen), F. M. Böhme, Joh. Mich. Anding, Hohn-
baum, Fr. Reimann, Oscar Schade, August Schleicher, L. Bechstein u. a. m.
6) Vgl. den Faksimile-Nachdruck der ersten Seiten in W. Neumann, Auf den Lebens-
wegen Johann Sebastian Bachs, Leipzig 1953.
214
Günther Kraft
Bachs — erfolgten Veröffentlichung veranlaßt6), deren Inhalt als ein in der
Bach-Forschung bisher unberücksichtigt gebliebenes Zeugnis der ökonomischen
Bedingungen anzusprechen ist:
„Es werden dieser Orten / weil auch die Bauren die Instrumente verstehen /
nicht allein allerhand Saitenspiele in Violinen und Violonen / Viol Di Gamben/
Clavizimbeln / Spinetten / Zitringen / Zitrinchen / auff Dörflern / sonderlich
zu GRABSLEBEN verfertiget / sondern man findet auch oft in geringen Kirchen-
spielen Orgel Werke mit so vielen Auszügen und Variationen / daß man sich
darüber verwundern muß. Insonderheit aber haben die Lindemanni / Alten-
burgii / Ahlen / Brigel / Bachen und andere / mit ihrem Componiren dieser
Provinzen einen nicht geringen Nahmen wegen der Music gemacht. . .“
Grabsleben, ein Dorf von wenigen hundert Einwohnern in unmittelbarer
Nachbarschaft von Wechmar, und dieses selbst wurden nach diesen Bedingungen
untersucht. Das Ergebnis: Feststellung von weiteren „Spilmans“-Familien neben
der des „musikalischen Urahns“ und Weißbeckers Veit BACH, vor allem der
Musikantenfamilie HARTUNG, Feststellung weiterer Instrumentenwerkstätten
neben der bei LÜTGEN DORFF7) genannten, sowie einer bisher unbekannten
Orgelbauwerkstätte in Wechmar, die von Bauern und Zimmerleuten errichtet
wurde. Feststellung eines starken Wandertriebes dieser Wechmarer und Grabs-
iebener Musikanten, Feststellung der Bauernfamilie HANF (f), aus deren Reihe der
späterhin bedeutende norddeutsche Orgelspieler Joh. Nie. HANFF bereits eine
Generation vor der Geburt JOH. Seb. BACHS den Weg nach der wirtschaftlich be-
deutenden Stadt Hamburg einschlug. Feststellung des betont weltlichen Charakters
der zahlreichen Wechmarer Bach-Vertreter und ihrer Spielmanns-Traditionen. Er-
mittlung einer Reihe von Familien in Grabsleben, Tüttleben und Wechmar, die
später in den Listen der thüringischen Hofkapellen und als Kantoren der benach-
barten Orte nachweisbar sind.
Diese Ergebnisse, deren ausführliche Darstellung an anderer Stelle erfolgt8),
warfen die Frage auf, inwieweit die Traditionen dieses bäuerlichen Musizierens
weitergeführt und bis zur Gegenwart bewußt geblieben sind. Diese Frage inter-
essierte um so mehr, als aus dem oben beschriebenen Gebiet der Dörfer um Gotha
die Feststellung des thüringischen Chronisten BiNHARD (1613) und Komponisten
Mich. Altenburg (1620) stammt, daß hier „jeder Bauer Musik weis“ 9). Zweifel-
los bewegte sich der in der Nähe, in Töttelstädt 1787 geborene, geniale „thüringische
Spielmann“ Joh. LUDWIG BÖHNER, mit seinen reichen volksmusikalischen
Beziehungen, mit seinen von C. M. v. WEBER im „Freischütz“ übernommenen
6) Ausführliche Darstellung bei G. Kraft, Thüringer Stadtpfeifer-Familien um Bach
(Joh. Seb. Bach in Thüringen, Weimar 1950).
7) W. L. v. Lütgendorff, Geigen- u. Lautenmacher vom Mittelalter bis zur Gegen-
wart, 1904 u. 1913, spricht von dem „thüringischen Mittenwald“, das hier in Wechmar
entstehen sollte.
8) Vgl. G. Kraft, Quellenstudien zur thüringischen Bachforschung, Breitkopf & Härtel,
(in Vorbereitung).
9) Vgl. auch Joh. Hch. Voss, in „Luise“.
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
215
Motiven, auf dieser Traditionsbahn10). So heißt es im Lebenslauf BÖHNERS, daß
er seine ersten musikalischen Eindrücke durch den Bauern Val. DÜNKEL in
Töttelstädt vermittelt erhielt, „Mitglied und i. Violinist des Kirchenchores in T.,
ein schon bejahrter Mann von schöner, gesunder Complexion und Gestalt, von
feurigem Geiste, Verstände und musikalischen Gefühlen und großer Verehrer
von Mozart und Haydn“.
Diese Zusammenhänge veranlaßten uns zu weiteren Feststellungen im Gespräche
mit Einwohnern des Ortes. Ein kleines Erlebnis mag hier aus der unmittelbaren
Gegenwart die Antwort geben, als ein von den Studierenden eingeladener, nahezu
7ojähriger Bauer des Ortes Tüttleben, der den örtlichen Chor leitet und die Orgel
spielt, mit etwas verlegener Miene erschien, um sich zunächst zu entschuldigen,
daß er bisher noch keine „Prüfung“ abgelegt habe und sich trotzdem erlaubt
hätte, einige „Neuerungen“ einzuführen. Er zog dabei aus seiner Rocktasche einige
Notenblätter mit mehreren Volksweisen, die ihm gefielen und die er zur besseren
Abwechslung in der Kirche von der Gemeinde auf einen vom Pfarrer des Ortes
verfaßten geistlichen Text singen ließ. Also der Vorgang einer geistlichen Kontra-
faktur nach dem Muster des 15./16. Jahrhunderts!
TABARZ UND FINSTERBERGEN
Eine Exkursion nach Tabarz, Ruhla und Finsterbergen führte zu weiteren inter-
essanten Ergebnissen. Sie galt neben der Ermittlung von Volksliedern wiederum
vorzugsweise diesen Grundlagen des musikalischen Volksschaffens und damit dem
Besuch des rüstigen, über 80jährigen „Thüringer Waldschulmeisters“ HARTUNG
in Finsterbergen. Mit seiner Trachten- und Volkskunstgruppe ist er heute noch für
die Pflege und Erhaltung der alten klingenden Traditionen der thüringischen
Bergheimat wirksam. Zahlreiche Magnetton-Aufnahmen konnten für das Institut
zur weiteren Auswertung angefertigt werden, darunter auch der musikalische
Lebenslauf dieses „Veteranen“ der thüringischen Volksliedpflege. Eine wichtige
Feststellung, durch Bildmaterial belegt, ergab sich mit dem Hinweis auf die
thüringischen Köhler, die vor Jahrzehnten noch oben am Rennsteig sich in der
Freizeit ihre Musikinstrumente selbst herstellten und damit als geschlossene Spiel-
gruppe auftraten. Ein noch lebender, über 9ojähriger Köhler aus dem benachbarten
Orte Kleinschmalkalden (jetzt Pappenheim) konnte ermittelt werden, der zu diesen
Gruppen gehörte. Sein Beispiel erinnert an die Mitteilung des verdienten schwe-
dischen Volksliedforschers JOH. Chr. HAEFFNER (1759—1833), der aus seiner
thüringischen Heimat Oberschönau und Kleinschmalkalden berichtete, daß er als
Kind gern bei den Köhlern auf dem Rennsteig geweilt habe, um in ihren Hütten
dem Gesang der alten Volksweisen und Balladen zu lauschen. Spuren dieses Balladen-
sanges konnten wir bei späteren Exkursionen vor allem im Südteil des Thüringer-
Baldes ermitteln. — In Tabarz wiederum ergaben sich wichtige Hinweise im
10) Vgl. K. F. Bolt, Joh. Ludw. Böhner, Flildburghausen 1940. Der „Jungfernkranz“
ist nach L. Erk auf den alten Volkstanz „Der Windmüller“ zurückzuführen. Bohners
Horfkirmestänze, russische Walzer, Variationen über Volkslieder und Volkschöre sind als
Neuausgabe in Vorbereitung.
216
Günther Kraft
Gespräch mit älteren Dorfmusikanten, die erkennen ließen, daß auch hier, wie
desgleichen in Ruhla, die Kunst des volksmusikalischen Improvisierens zu Hause
war — und es noch ist. Aus der Truhe eines solchen Musikanten konnte uns sein
Enkel ein handschriftliches Buch mit Volksmusikaufzeichnungen an Walzern,
Drehern, Schleifern und Rutschern als Leihgabe für das Institut übergeben, das im
Jahre 1806 angelegt wurde und interessante Gegenstücke zu den ländlerischen
Tänzen eines MOZART, BEETHOVEN und SCHUBERT enthält.
Da die Spuren dieser Aufzeichnungen nach dem fränkischen Itzgrund (Briegleb)
hin weisen, ergibt sich ein wichtiges Vergleichsmaterial zur benachbarten fränkischen
Volksmusikforschung. Daß das Volkslied hier als lebendige Brücke über die
Zonengrenzen hinweg verbindet, konnten wir auch bei den späteren Exkursionen
immer wieder in einem beglückenden Sinne feststellen. Zeugnis hierfür bot uns
vor allem eine mit über 100 Liedern als lebendiges klingendes Volksgut aus-
gestattete Bäuerin, die aus ihrer Heimat in der benachbarten Rhön nach Weimar
reiste, um hier ihre früheren Aufzeichnungen nochmals einzusehen! Zeugnis hierfür
bieten auch die Gestalten der musizierenden Richelsdorfer Bergknappen, die, als
Plastiken der Barockzeit in dem nur 2 km jenseits der Demarkationslinie gelegenen
Dorfe des westthüringischen Bergbaues festgestellt worden sind.
LAUSCHA
Eine wiederholte Exkursion galt dem als Pflegestätte der Volksmusik bekannten
südthüringischen Ort Lauscha, nicht nur bekannt durch eine Reihe originaler
Volksmusiktraditionen (Tänze, Märsche, Volksweisen), sondern auch durch die
bis heute noch lebendige Produktivität neuer volkstümlicher Musik. Das hier
bestehende musikalische Leben führte in der Vergangenheit zu einzig hervortre-
tenden künstlerischen Leistungen. So ist zu erinnern an die sinfonischen Veran-
staltungen der örtlichen Kräfte, an die weit über den Rahmen Thüringens bekannt
gebliebenen BEETHOVEN- und SCHUBERT-Feste der Jahre 1927 und 1928, zu
denen ROMAIN ROLLAND im Jahre 1927 schrieb: „. . .Ach, wie leid tut es mir,
nicht Ihrem wundervollen volkstümlichen Musikfest beizuwohnen. Es verwirk-
licht so gut das Ideal der Volkskunst, wie ich es geträumt habe . . .n).£< — Waren
es in Wechmar musizierende Bauern, aus deren Reihen die Persönlichkeit eines
Joh. Seb. BACH hervorwuchs, waren es in der Rhön die musizierenden Berg-
leute, auf den Rennsteighöhen die Balladensänger der Köhler, so sind es hier die
Glasbläser als Vertreter des musikalischen Volksschaffens. In Magnetton-Auf-
nahmen konnten neben zahlreichen „Jodler“- und ,,Juckerle“-Proben12) nicht nur
die musikalischen Leistungen der Lauschaer Werktätigen festgehalten werden,
sondern auch wichtige Gespräche über gegenwärtige Probleme der Volksmusik-
pflege, die sich aus dem Generationsunterschied und einem gewissen Bruch des
Liedstiles ergeben. Es ist anzunehmen, daß hier die neu ins Leben gerufene Volks-
n) Ausführliche Darstellung in der Festschrift „Ludwig van Beethoven“ Weimar
I952‘ .... . , r
12) Der Verfasser behält sich die Mitteilung der Forschungsergebnisse zur Frage
,,Jodler“-Traditionen der mitteldeutschen Gebirge vor.
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
217
tnusikschule manche Lücke der musikalischen Volksbildung wieder schließen wird.
Der 1848er „Revolutionsmarsch“, der Unterländer, der Lauschaer Galopp gehören
heute wieder zum festen Repertoire südthüringischer Volkskunstensembles, als ein
Zeugnis der fortwirkenden Talentknlage, die sich auch in der Improvisationskunst
eines auf Tonband aufgenommenen Schulmädchens mit seinem „selbstgemachten
Juckerle“ abzeichnet.
EXKURSIONEN NACH DEM GEBIET DER GLEICHBERGE UND IN DAS
HELDBURGER LÄNDCHEN
Von besonderer Ergiebigkeit waren zwei mehrwöchige Exkursionen in zahl-
reichen südthüringischen Bauerndörfern der Demarkationslinie, in Verbindung mit
der Abt. Kunst des Rates des Bezirkes Suhl. Dozenten, Assistenten und Studierende
der Hochschule für Musik zu Weimar vereinten sich mit Vertretern der Meininger
Volksmusikschule. In den Dörfern Miltz, Roth und Heyna im Umkreis der Steins-
burg konnte den Spuren früherer Aufzeichnungen von Volksliedern durch Ludwig
Erk und den Hildburghäuser Mitarbeiter Erks, Dr. HOHNBAUM, nachgegangen
Werden, die vor über 100 Jahren gemacht wurden. Es zeigte sich, daß die Weisen
noch im Munde älterer Dorfeinwohner lebendig blieben und — wie z. B. das mit
alter Kehrreimformel (in der Art der in Skandinavien geübten ,,Omquaed“-Technik)
versehene Ansingelied: „So treten wir nun herfüre — aus den Reben wächst der
Wein —“auf uralte Traditionen, die mit dem ehemaligen Weinbau an den Hängen
der Gleichberge im Zusammenhang stehen, zurückgehen. Auch hier zeigte sich
im Volkslied, Volkstanz und der Volkspoesie lebendig erhaltene Improvisations-
kunst. Die Feststellung von Namen hervorragender Tonkünstler, die aus den Reihen
der Bauern dieser Dörfer im Laufe von Jahrhunderten immer wieder kamen,
erweiterte das Bild der hier fortwirkenden schöpferischen Anlagen des Volkes.
Zahlreiche Tonbandaufnahmen konnten angefertigt werden, deren Ergebnisse,
wie z. B. der Hochzeitsmarsch aus Rieth im Kreise Heldburg oder der „Klitscher“-
Tanz aus Roth, inzwischen in den Programmen thüringischer Volkskunstensembles
aufgenommen und mit besonderer Freude musiziert wurden.
Es konnten volksmusikalische Analysen für über 20 Dörfer angefertigt werden.
Da das gesamte Ergebnis dieser beiden Exkursionen in einer durch den Rat des
Bezirkes Suhl vorbereiteten Broschüre zur Veröffentlichung kommen wird, kann
hier ein Hinweis auf die wichtigsten Feststellungen genügen: In Römhild, dem
Standort der Gleichberge-Exkursion, konnten im Teilnachlaß eines freisinnigen
Bürgers wertvolle Dokumente und Beispiele der fortschrittlichen, kritischen
Volksdichtung ermittelt werden, die — wie im „Vater Unser 1813“ — den illegalen
Kampf der Volksbewegung um die nationale Freiheit und Einigkeit gegenüber
Fürstenherrschaft eindeutig kennzeichnen. Hier fand sich auch unter einer Samm-
lung von Textdrucken zu den „Operetten“-Aufführungen des Römhilder Miniatur-
Herzogtumes um 1700 ein „Die Martinsgans“ betiteltes Werk, das die bäuerliche
"Thematik in einer verspöttelnden Form ausführt, wenn z. B. der mitwirkende
Chor und die Tanzgruppe der Bauern-Mädchen mit „Chor der Mist-Nymphen“ und
»Ballett der Mist-Nymphen“ barock-pastorell und fein höfisch umschrieben werden.
218
Günther Kraft
Halten wir dagegen das Schulsingspiel des in der Nähe von Römhild, im benach-
barten Coburg wirkenden Frühbarock-Meisters MELCHIOR FRANCK, mit seiner
echten, auf „thüringische Bräuche des Sommeransingens“ zurückgehenden Volks-
melodik, mit seinen „Chören der Bauern-Burschen und Bauern-Mägdlein“, so
wird uns der Abstand in der Einschätzung der Kräfte des künstlerischen Volks-
schaffens klar.
Aufgrund der auch bei diesen Exkursionen betriebenen Namensforschung konnten
ferner Ergebnisse in Verbindung mit der Geschichte der thüringischen Spielmanns-
familien, vor allem der Bauernfamilien BACH und LoRTZING (bzw. Lörtzing,
Lürtzing), erzielt werden. So berichtete eine ältere Einwohnerin aus einem Dorfe
nördlich der Gleichberge, daß noch um 1900 regelmäßig Volkssänger und Volks-
musikanten dort erschienen, die man t>die Bache“ genannt habe. Auf Grund der
eingeleiteten Forschungen kann der unmittelbare Zusammenhang der südthürin-
gischen Bach- und LORTZING-Herde mit dem musikalischen Stamm beider
Familien nachgewiesen werden13).
Als ein Kabinettstückchen dieses bäuerlichen Musikschaffens in seiner Beschrei-
bung und Würdigung des Arbeitsganges, aber auch in der Kritik (,,... Der Herr
will 16 Scheffeln han eh daß uns einer wird davon . . .“) sei hier auf das Werk des
Gebeseers (bei Erfurt) Musikus Nie. Weissbeck14) verwiesen, das mit dem Titel:
„Der Drescher“ 1613 erschien und in volkstümlicher Reimform die Arbeit der
Drescher musikalisch gestaltet, wobei der Chor jeweils den Dreier-, Vierer- und
Fünfer-Schlag des Dreschflegels nachahmt.
FORSCHUNGEN IN ILMENAU UND SCHALKAU
In der alten Bergstadt am Fuße des Kickeihahns, in der musizierende Bergknappen
dem greisen J. W. Goethe ihre Musik darboten, konnten weitere wichtige
Forschungsergebnisse erzielt werden. Sie führten in Verbindung mit der Namens-
forschung nach dem südthüringischen Grenzort Schalkau und Umgebung. An
beiden Orten konnten bisher unbekannte Zentren der Instrumentenherstellung
festgestellt werden, mit einigen Dutzend Geigenmacher-Familien, aus deren Reihen
Stadtpfeifer und Stadtpfeifer-Gesellen, Organisten, Türmer und vor allem Namen
ermittelt werden konnten, die ein neues Bild über die Bildung und Zusammen-
hänge der thüringischen Stadtpfeifer-Genossenschaft der Bache ergeben. Sie stehen
zum Teil mit der direkten Linie Joh. Seb. Bachs in unmittelbarer verwandtschaft-
licher Beziehung und lassen erkennen, daß der Thomaskantor diese Verbindung
pflegte und für die Vervollkommnung seiner schon als Jüngling erreichten tech-
nischen Kenntnisse auf dem Gebiete der Instrumenten-Konstruktion nutzte. Sie
bestätigen das bereits in Wechmar festgestellte Bild des ungemein starken Wander-
triebes dieser thüringischen Spielleute und werfen auch die Frage der ungä'
13) Vgl. G. Kraft, Thür. Stadtpfeiferfamilien um Bach, a. a. O., sowie Quellenstudien
zur thüringischen Bachforschung, a. a. O.
14) Hans Joachim Moser hat als erster über dieses Werk in der „Festschrift für Fritz
Stein“ berichtet. — Es darf hier auf den Namenszusammenhang „Weißbeck“ mit der
Professionsbezeichnung „Weißbeck“ für den Wechmarer Veit Bach hingewiesen werden*
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
219
rischen Beziehungen und Berufsverbindungen dieser mitteldeutschen Spielmänner
erneut auf15).
Neben der Ermittlung bisher unbekannter Vertreter der BACH-Linie (Wechmar-
Ptnenau-Themar-Suhl), die bereits vor der Geburt JOH. Seb. Bachs nach Danzig
Und Übersee verweisen, ist vor allem auch der musikalische Lebenslauf eines
ihrer Vertreter von Interesse, der erkennen läßt, wie sich dieser Weg von der ein-
fachen Herkunft aus dem Thüringerwalddorfe bis zur künstlerischen Stufe vollzog,
fn Steltzen bei Schalkau, einem kleinen Ort am Bleßberg, dem Quellgebiet von
Werra und Itz, wurde als Sohn eines Bauern und „Löffelmachers“ der von 1717 an
111 Ilmenau wirkende Organist Georg GLEICHMANN geboren. Von ihm wird
berichtet, daß er schon als iojähriger Knabe, „ohne eine fremde Anleitung“, sich
ein Musikinstrument, eine Art „Clavecin“, erbaut habe, dessen weitere Konstruk-
tion GLEICHMANN später wieder aufnahm. Dieser Hinweis führte zu Feststellungen
eines weiteren, bisher unbekannten Instrumentenmacher-Zentrums in den Nachbar-
orten von Steltzen, vor allem in Bachfeld, wo von 1660 bis 1683 allein 7 Familien
mit dem Gewerbe des „Geigenmachers“ nachweisbar sind. In ihren Werkstätten
Wird der junge Gleichmann seine Anregungen geschöpft haben, die ihn zur
Weiterführung seiner Erfindung veranlaßten. „Er hat das beliebte Gamben-
Instrument erfunden, so als ein Clavecin gespielt wird, und die völlige Annehmlich-
keit der Viola da Gamba hat. Er genösse die Gnade, sich vor Kayser Carl VI. Ma-
jestät inWien hören zu lassen und reichlich von demselben beschenkt zu werden... “16).
Dieses neue Instrument, auch „Gamben-Bogenclavier“ und „Lautenklavier“
genannt, scheint eine Weiterführung des von Pantaleon Hebenstreit, dem
üisenacher Tanzmeister, entwickelten, auf dem Hackbrett aufgebauten Typus ge-
wesen zu sein, der bekanntlich entscheidende Anregungen für das künftige Hammer-
klavier auslöste. Auch HEBENSTREIT, einer mit Bach verwandten Stadtpfeifer-
Familie Thüringens zugehörig, erregte durch seine Vorführungen des Instrumentes
den europäischen Höfen Aufsehen. Der Klang des nach ihm benannten „Pan-
taleon“, auch Pantalon, wird als rauschend, nachklingend — also cymbalähnlich —
bezeichnet17). Ein im Stadtarchiv zu Ilmenau vorhandener Brief des Schultheiß
Keßler von Frauenwald a. R., datiert 13. November 1752 und gerichtet an den
Postmeister zu Ilmenau, besagt nun, daß Herr Bürgermeister Gleichmann18) zu
Herrn „Schröder“ nach Erfurt schicken möge, um „daß bewußte Cimpal oder
Instrument welches (er) auf das überbrachte Bandolon hätte zu haben wollen“,
15) E. Moor: Die deutschen Spielleute in Ungarn. Ung. Jahrbücher I, 1921, Heft 4
S.281—297 versucht den Nachweis der Ableitung des ungarischen Spielleutetums aus der
deutschen Spielmannskunst, was B. Szabolcsi (Die ungarischen Spielleute des Mittel-
ste«, Festschrift Abert, 1928) wohl mit Recht nur zum Teile anerkennt. Zweifellos aber
kat, wie die Fahrten des Hans Bach, des Geigers, und des Veit Bach nach Ungarn,
sowie Gemeinsamkeiten des Volksmusik-Instrumentariums beweisen, ein reger wechsel-
seitiger Austausch der Spielleute stattgefunden.
16) Nach Joh. Ludw. König, Sammlung derer Reden 1759 Ilmenau.
17) Man hat nach diesem rauschenden Klangeffekt späterhin Klavierzüge benannt,
s° das in Thüringen ebenfalls gefertigte hochstehende „Giraffen-Klavier“.
18) J. G. Gleichmann wurde ab 1744 regierender Bürgermeister.
220
Günther Kraft
abholen lassen möge. Damit ist der Nachweis erbracht, daß das Volksinstrument
des Cymbal noch um 1750 nicht nur in Thüringen verbreitet und gespielt, sondern
auch hergestellt wurde. Die Bestätigung hierfür liegt ferner vor in einem von 1849
stammenden Bericht über das „Cimbal, auch Hackebrett“: „In Thüringen haben
wir höchst geschickte Spieler dieses untergeordneten Instruments gehört, die weit
Mehr und Angenehmeres darauf leisten, als man erwarten sollte. Herumziehende
Musikanten und Bergleute gebrauchen es als Fundamental-Instrument. Es kommt
immer mehr ab; selbst auf dem Tanzboden der Landleute wird es seltener, so sehr
dies auch sein rechter Platz ist. Sein scharfer Ton hat es schon lange in Mißcredit
gebracht. . .19)“
Eine weitere Bestätigung für das in Thüringen im 18. und 19. Jahrhundert geübte
Cymbalspiel liegt uns vor in dem „fürstl. Mandat. . .“, Weimar, zur Wilhelmsburg
am zi. Dezember 1753, das zugleich ein neues Beispiel jener polizeilichen Verord-
nungen gegen die Liedersänger und -Verkäufer bietet, die JOHN MEIER in seinen
„Kunstliedern im Volksmunde“ (Halle 1906) auf Seite LI/LII verzeichnet hat. Nach
dem § VIII dieses Mandats „Wider alles herumstreichende Zigeuner-, Streuner- und
anderes liederliche Gesindel“ sollen
„alle fremden Geiger, Leyrer, Zimbalschläger, Spiel-Leute, Lieder-
Sänger, Riemenstecher, Drehtischer, Glückshäfner und dergleichen, mit samt
ihren Weibern und Kindern, als liederliche und gemeiniglich denen Diebes-
Banden als Kundschafter anhangende Verdächtige und überhaupt dem gemeinen
Wesen zur Last fallende Leute so fort ins Zuchthaus gebracht, daselbst nach Be-
finden mit dem halben oder gantzen Willkommen belegt, und unter Verwarnung
harter Leibes Strafe aus dem Lande an die Grenzen fortgeschafft wrerden . . .“20)’
Wenn der von Suhl im Thüringerwald stammende JOHANN FLITNER um 1650
stolz bekannte, daß er sich „für glücklich aestimiret, daß er in solchem secul°
musico geboren ist...“, so ist diese musikalische Produktivität des Volkes
sichtbar an den zahlreichen Namen von Vertretern der musikalischen Zunft in
den Mauern der Ilmenauer Bergstadt, die uns noch begegnen, als in der Nachbar-
schaft, in Gehren und Arnstadt, die Familie BACH in das Blickfeld der deutschen
Musikgeschichte tritt. Vor allem finden wir hier verdichtet das Vorkommen von
Spielmanns-Familien, die uns auch in Wechmar begegneten: HANFF und HARTUNG
als Geigenmacher, Stadtpfeifer, Kantoren, Organisten und zeitweilig auch als
„Gastwirth und Stadt Musicus“21).
Die Blätter der Ilmenauer Archive lassen indessen auch das Seitenstück zu der
oben mitgeteilten fürstlichen Verordnung hervortreten, den mit Beginn des 18. Jahr-
hunderts besonders einsetzenden dogmatischen Streit der Kirche wider das „liedef'
liehe Gesindel“ der Musikanten22). Der Kantor MARTIN HARTUNG wird 169*
19) Vgl. F. S. Gassner, Universal-Lexikon der Tonkunst, Stuttgart 1849.
20) Das Mandat, das den musizierenden Zigeunern samt ihren Weibern als LeibesstraK
den Tod durch Erhängen verfügte, befindet sich im Stadtarchiv zu Ilmenau.
21) So der mit Bach in erster Ehe verwandte Joh. Herthumb.
22) Vgl. den Streit Biedermann-Doles 1744 in Freiberg/Sa.
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
221
»removiret“ und „aus der Stadt gestrichen“23), der Stadtpfeifergeselle JOH. GEORG
Hanf, als Vater eines unehelichen Kindes amtlich mit „scortatore“ und „fugitivi
Uebulonis“ gekennzeichnet. 1701 wird dem Kantor „angesagt, keine Brieffe und
Musicalische Stücke in der Schulen unter den lectionibus zu schreiben“24), 1702
»der Tanz auf Sonn- und Festtagen bei Strafe verboten“, 1704 und 1705 wird dem
Kantor „das Umgehen mit Sternen zu Weihnachten“ und die Teilnahme „am
Heujahrs singen in fremde Dörfer“ verboten. Unter diesen Auspizien, die keine
Entwicklung in der engen Heimat gestatten, sucht der „Musicus instrumentalis“,
der Spielmann des 18. Jahrhunderts, nach Neuland. Bekannt ist die Auswanderung
Von Verwandten JOH. Seb. Bachs nach Rotterdam, Stockholm und Danzig, die
Ungleich Tore zur Welt bedeuteten.
Bisher in der deutschen Musikgeschichte unbekannt ist die zur Lebzeit des jungen
JOHANN Sebastian Bach nachweisbare Fahrt solcher aus dem thüringischen
Bauerntum kommenden Musikanten als Spielleute weit übers Meer bis nach Batavia
in Ost-Indien, der Stadt, die als neue „Perle des Orients“ zahlreichen deutschen
überschüssigen Talenten neue wirtschaftliche Möglichkeiten bot. Zu diesen Musi-
kanten gehörte auch JoH. Kasp. Gleichmann, der Sohn des Ilmenauer Bürger-
meisters, dessen Großvater wir in Steltzen b. Schalkau als Bauer und Löffelmacher
feststellten. Er kehrte 1739 von Batavia zurück25).
Diese Fahrten und Wanderungen thüringischer und fränkischer Musikanten zur
Bach-Zeit konnten an weiteren Beispielen nachgewiesen werden. Sie stehen mit-
einander in einem Zusammenhang. So schrieb der langjährige Chorpräfekt Bachs
in Ohrdruf, JOHANNES Avenarius26) in der von ihm als Organist zu Steinbach-
Hallenberg angelegten handschriftlichen Chronik, daß um 1720 aus diesem Thürin-
gerwaldorte der „musicus instrumentalis“ Matth. Häfner nach Amsterdam wanderte,
»um sich von da nach Ost-Indien zu begeben“. Über das Schicksal dieses über das
Meer ziehenden Vertreters der alten Spielmannstraditionen konnten bisher keine
Beststellungen getroffen werden. Bei Forschungen im fränkischen Siedlungsgebiet
der Familie Bach stieß der Verfasser jedoch auf einen dritten Musikanten, der aus
dem Orte Albrechtshofen b. Kitzingen a. Main in jenen Jahren gleichfalls nach
Batavia ging, wahrscheinlich nach der Rückkehr des oben genannten Organisten
Joh. KASPAR Gleichmann, da eine Feststellung ergab, daß dieser Batavia-Fahrer
23) Joh. Seb. Bach übernimmt von Weimar aus seine erste Patenstelle bei Anna Maria
§eb. Hartung, Ehefrau des Strumpfwirkers Johann Caspar Becker und Tochter eines
Martinrodaer Einwohners, vermutlich des zur Wechmarer Bachverwandtschaft zählenden,
Uach hier von Ilmenau ausgewiesenen Martin Hartung.
r 24) Man vergleiche hierzu die Anstellungsbedingungen Josef Haydns durch den Fürsten
Esterhazy.
2o) Über das mit einer solchen „Indienfahrt“ in Verbindung stehende „Hochzeits-
Quodlibet“ des Jahres 1707, welches die Musikforschung bisher Joh. Seb. Bach zuschrieb,
das indessen seine Entstehung wohl einem anderen Autor verdankt, sowie über die in
diesem Werkchen verwobenen Volksmusik- und Volkstraditionen (Bräuche, Volksreime),
vgl. G. Kraft, Quellenstudien zur thüringischen Bachforschung (a. a. O.).
2ß) Er ist der direkte Vorfahre der bekannten Familie Avenarius (Ferd. A., Richard u.
Eduard A.).
222
Günther Kraft
namens Steuer27) von Batavia aus seinem Heimatorte eine Stiftung zum Bau einet
neuen Orgel machte. Der Bau dieser Barockorgel wurde in Albrechtshofen auch
ausgeführt. Ein weiterer wichtiger Hinweis konnte in der Heldburger „Kirchen-!
Schul- u. Landes-Historie“ des Eisfelder Pfarrers JOHANN Werner KräUSS28) "
also aus der nächsten Umgebung des Geburtsortes von Gleichmann — entdeckt
werden mit dem Namen des Heldburger Schulmeisters JOH. GEORG Tetzel: ,,1713*
ein guter Mathematicus und Ingenieur, gieng nach Batavia, f daselbst“.
Weitere wichtige Feststellungen ergaben sich aus den Anmerkungen des Jo-
hannes Avenarius in der oben angeführten Chronik. Der in dem Joh. Seb. Bach bisher
zugeschriebenen „Hochzeits-Quodlibet“ erkennbare Grundzug handwerklichen
kompositorischen Könnens, getragen von einem köstlichen Humor und Mutterwitz,
äußert sich hier vor allem in einer scharfsinnigen, fein versteckten Kritik, wenn es
z. B. heißt, daß Avenarius mit seinem „Choro Musico“ und den gerade anwesenden
drei Kapellen zur Kirmesfeier des Jahres 1715 dem unerwartet erschienenen Landes-
herren „flugs eine Tafel-Music“ komponierte und darbot. Sie lautete, nach der
Wahl des von Avenarius angeführten Bibeltextes nach Mos. I, 24: „Komm nur
herein, du Gesalbter des Herrn! Ich habe das Haus geräumt und für die Kamele auch
Platz gemacht“! Vor allem weist Avenarius auf die Herkunft dieser Kirmes-
musikanten hin: den Stadtpfeifer von Creuzburg mit seinen Gesellen, die Musikanten
aus Schwarzhausen, „welches damals die besten in Thüringen waren“ und die hie-
sige — also Steinbacli-Hallenberger-Kapelle. In Schwarzhausen bei Ruhla konnte
bei einer Nachprüfung dieses Hinweises das Vorkommen zahlreicher Dorfmusi'
kanten — im Neben- oder Hauptberuf als Teppichmacher und Leineweber, wie
auch die Vorfahren Seb. Bachs aus Wechmar — ermittelt werden, deren Nachfahren
heute noch leben! In ihren Reihen befand sich auch ein bisher unbekannter „Bach >
der später als hessischer Söldner vermutlich von seinem Landesherrn nach Übersee
verkauft wurde.
Von besonderer Bedeutung für die Aufhellung des gesamten Komplexes de1
„Bach-Genealogie“, in ihrer Grundlagenbindung und ungemein starken AüS'
Strahlung weit über die deutschen Landesgrenzen hinaus, dürften jedoch die Er-
mittlungen sein, die in drei nachweisbaren Fällen eine Auswanderung von „Bachen
noch zu Lebzeiten Joh. Seb. Bachs nach Rußland ergaben. Auch von diesen, eine‘
gemeinsamen Basis entstammenden Linien sind heute noch Nachfahren feststellba1 •
Vor allem aber konnten, gestützt auf direkte Hinweise Joh. Seb. Bachs, geschlossen-
Siedlungen seiner bäuerlichen Vorfahren seit dem 15./16. Jahrhundert an drei bishel
unbekannten „Bach-Orten“ Thüringens ermittelt werden, von denen aus sich u.
Verbindungen zu der thüringischen Bauernkriegs-Bewegung und den Wieder'
täufern ergaben. Der 1551 hingerichtete Bauer CLAUS BACH und der 1528, als0
unmittelbar nach der Schlacht bei Frankenhausen, in Prozeßunterlagen gegen Baue<11
2T) Ein Lorenz Steuer war von 1619—1624 Stadtpfeifer in Lobenstein. (Vgl. ,,fcSt
schrift Heinrich Albert“, Weimar 1945, S. 37.)
28) Weitere Beziehungen thüringischer Musiker zur Bach-Zeit nach Holland konnten 11
Schalkau bei Eisfeld und Ilmenau ermittelt werden.
Die Grundlagen der thüringischen Musikkultur
223
genannte CASPAR BACH gehören dieser Sippe an. Wie in den fränkischen und süd-
deutschen Bereichen der „Bundschuhs-Bewegung und des „Armen Konrad“
erscheint auch hier, und zwar im Gefolge dieser „Bache“, der thüringische Spiel-
mann und Pfeifer, aber auch der einfache Tagelöhner, der wegen seiner gegen die
Obrigkeit verfaßten Spott- und Schmählieder „in gefenknus“ genommen wurde.
Über diese neu aufgefundenen Dokumente erstattet der Verfasser im nächsten Band
des Jahrbuches Bericht.
Polnischer Scherenschnitt
Arno Schmidt — Greifswald
Ein Stralsunder Fund zu den Quellen des Wunderhorns
In hohem Alter verschied 1907 der Ratsbibliothekar und Archivar RUDOLF
BAIER in Stralsund. Er stammte von der Insel Rügen und war der Sohn eines Guts-
Pächters aus einer weit verzweigten Familie. Nach dem theologischen Studium
in Greifswald ging er in Berlin zur Philosophie über, wurde hier 1843 durch einen
Stralsunder Landsmann mit BETTINA bekannt und von ihr als Hilfe zu der Be-
arbeitung des „Wunderhorns“ für die Gesamtausgabe der Werke Arnims heran-
gezogen1). Zwei von den dazu vorgesehenen Bänden hat er in den Jahren 184 5 und
1846 herausgegeben, dann kommt es zu einem Zerwürfnis zwischen beiden, und
Erk wird sein Nachfolger. Bis ins Alter hinein ist sich BAIER seiner damaligen
Unzulänglichkeit für eine solche Aufgabe bewußt. 1846 kehrt er nach Stralsund
zurück, findet seinen Lebensunterhalt als Privatlehrer, schriftstellert und sammeR
Märchen, Sagen, vorgeschichtliche Altertümer, wird Gründer des Museums, das
große Bedeutung erlangt, 1867 Ratsbibliothekar, 1875 Ehrendoktor der Universität
Greifswald. Die Universitäts-Bibliothek kauft 1910 seinen Nachlaß, der während
des letzten Krieges verlagert wird und wohl verloren ist. Noch 1901 veröffentlicht
BAIER „Briefe aus der Frühzeit der deutschen Philologie an Georg Friedrich Benecke“>
ein Werk, dessen wertvolles Material durch ihn von den beiden in Stralsund
ansässigen Schwiegersöhnen Beneckes für die Bibliothek erworben worden ist.
Man vergleiche zur weiteren Kenntnisnahme den Nachruf und die Bibliographie, ver-
faßt von FRITZ CuRSCHMANN in den Pommerschen Jahrbüchern des Rügisch-Pom-
Geschichtsvereins Bd. 9 (1907) und KURT GASSEN, Bettina von Arnim und Rudolf
Baier (1937), neuerdings GASSEN, Baiers Vortrag über seine Erinnerungen
Bettina, gehalten i. J. 1862, in der Zeitschrift Der Wächter 34. Jg. (1953), worin
aber nichts über ihre Entfremdung mitgeteilt wird.
Bei einem Besuch im Stralsunder Archiv zeigte es sich nun, daß dort noch ein
umfangreiches Konvolut, als Nachlaß BAIERS bezeichnet, vorhanden und an-
scheinend seit seinem Tode unberührt geblieben ist. Aus dem völlig ungeordneten
Material ließen sich zunächst drei Gruppen von Handschriften und Drucken aus-
sondern: einmal solche, die Stralsund und Pommern betreffen, zweitens Weiteres
aus dem Nachlaß Beneckes, und drittens — ein buntes Sammelsurium von Zetteln?
Heften und Blättern z. T. von Baiers Hand selbst, von Arnim und BrentaN0’
x) Des Knaben Wunderhorn (Wh) wird nach der von Oskar Weitzmann besorgte11
Faksimile-Ausgabe des Hendel-Verlages (1928) zitiert.
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
225
von Originalbeiträgen anderer aus der Heidelberger Frühzeit des Wunderhorns,
im ganzen etwa 275 Lieder, so wie sie 1843 bis 1846 in die Hand BAIERS gekommen
oder von ihm für die ARNIM-Ausgabe abgeschrieben worden sind. Auch diese,
im Verhältnis zum Gesamten wenigen Arbeitsblätter BAIERS können angesichts der
Weitgehenden Verzettelung des Wh-Materials auch durch BETTINA selbst, wertvoll
sein. DerARNIM-Nachlaß als Wh-Archiv in der Universitäts-Bibliothek Heidelberg,
der VARN HAGE N-Nachlaß in Berlin, das Freiburger Volkslied-Archiv dürfen mit
interessanten Ergänzungen rechnen, letzteres auch besonders dadurch, daß sich
unter den Blättern zahlreiche Lieder finden, die von den Bearbeitern nicht ins Wh
aufgenommen worden sind, wertvoll als Zeugnisse einer Zeit, in der man beginnt,
das Volksgut nicht nur aus der gedruckten Literatur, sondern unmittelbar aus dem
Munde des Volkes selbst zu sammeln.
Drucke sind im ganzen nur fünf vorhanden, davon drei der bekannten „Flie-
genden Blätter“, die aber aus jüngerer Zeit stammen und vielleicht erst von BAIER
in Berlin oder später hinzugelegt worden sind (Sa 1 — 3), ferner (E 14): „Es geht
ein frischerSommer herein / Freu dich du hurtiges Jägerlein“, „Vom Seelenhirschlein,
durch des Autoris Freund P. Corbinianus Tettelbacheri685“, und ein Druck (E68)
j,Gespräch zwischen zweyen Frau Baasen unserer Stadt Straßburg, Juliana und
Ursula, beim Rothen Haus. A Straßbourg de 1’imprimerie de Lorenz et Schüler“
o. J. (etwa 1700), in Mundart. — Leider haben die Sammler auf die musikalische
Wertung der Lieder wenig Rücksicht genommen. Es sind nur zwei Melodien in
dem Baierschen Nachlaß vorhanden, zu E 39: „Mädge, Gott bewahre dich“ und
in Sa 22: „Lied der Schmiede“ (Wh II, 76).
In bezug auf die Ordnung und Benutzung der Lieder entschied ich mich für eine
Zusammenfassung in zwei Gruppen:
a) der Einzelblätter, die manchmal noch ein zweites Lied auf der Rückseite auf-
weisen,
b) der Heft-Bruchstücke und Einzelblätter, die nach der übereinstimmenden Schrift
zusammengelegt werden konnten.
Die erste Gruppe mit 82 Nummern, bezeichnet E; die zweite, Sammlungen, mit
2 2 Nummern, bezeichnet Sa.
Bei weiterer Sichtung gingen drei Einzelblätter in die Sammlungen über: E 3, E 31
und E 61. Mit ziemlicher Sicherheit können von den Einzelblättern als von Arnim
geschrieben 14 Nummern (Beispiel E 4) angesehen werden, von BRENTANO 5
(Beispiel E 7) und von BAIER u Nummern (Beispiel E 16). Von BRENTANO ge-
schrieben ist aber noch eine große Sammlung balkan-slavischer Lieder in deutscher
Übersetzung, numeriert von x —108, aber in ungleicher Reihenfolge, das letzte mit
1806 datiert, in zwei Heften (Sa 4); außerdem ein Ms auf Folioblättern, dessen
Inhalt eine geharnischte Stellungnahme BRENTANOS gegen VOSSENS Angriff auf
das Wh in mehreren Entwürfen darstellt.
Es sei in diesem Zusammenhang noch die Rede von zwei alten Original-Hss, die
sich als Quelle von Vorlagen für Wh-Lieder erweisen. Das ist einmal Sa 5, ein
Uleinoktavheft, 9 Bll. in graurotem Umschlag, mit Signum Z auf der Außenseite.
Die Lieder haben die alten Rubrik-Striche, die Schrift weist auf das 16. oder 17. Jahr-
Volkskunde
226
Arno Schmidt
hundert. Die Handschrift enthält die vermißte Vorlage zu Wh I, 165 vom Wein-
garten des Herrn. Das Wh nennt als Quelle: Handschrift im Besitz von Clemens
Brentano. Inhalt:
1. Frey Dich Du werde christenhait
2. Maria Magdalena zue dem grabe gieng (Kann auch Fortsetzung von 1 als Str. 3
sein.)
3. Aliud de tempore: Erstanden ist der heillig christ: alla
4. Aliud: Woll mit dem Chreuz so wellen wir gon
5. Aliud in eodem: Da vnser Herr auf erderreich gieng: Herr Jesus christ
6. Ein Annder gesang von des Herrn Weingartten. Ich west mir ein schönen wein-
gartten darinen da wer guott wesen.
Dieser „Weingarten“ hat im Vergleich zum Wh mehr Verse und kleine Ab-
weichungen. — Die zweite der älteren Original-Hss ist Sa 22, wohl das Buch, von
dem Arnim (Bode, Vorlagen, 665) sagt: das Lied „Wenn jetzt die Schmieder zu-
sammen geloffen“ (Wh II, 74) habe er aus einem alten geschriebenen Liederbuch
abgeschrieben, das er vor einigen Wochen kaufte. Erhalten sind davon 32 Bll. lose
in einem Quartheft, darin das Lied der Schmiede bis Vers 14, Zeile 2. Bodes Ver-
mutung über die Bearbeitung des Liedes fällt damit in sich zusammen. Hier ist
also die Vorlage. Ebenso die für das Fuhrmannslied „Zieh, Schimmel, zieh“ Wh II>
90, mit 19 Versen, beginnend mit Vers 2, Zeile 3: „Mein Schimmel die Weinstraß
geht gern.“ Ferner für „Taille douce“ Wh II, 82: Derallomodo: „Hörth zuo ein
neuwer Banthalon“ und „Das Federspiel“, Vers 4 bis 44, am Anfang der Kinderlieder.
Das Erntelied Wh I, 5 5 hat hier die hübsche Überschrift „Der Blumenschnitt des
Todes“, ist aber nicht die Vorlage. Die Hs hat einen stark studentischen Einschlag
mit lateinischen Halbzeilen. Im Eingangslied „Aufruf an sinem Schulfrischling'4
wird Schwabing genannt, die Universität als „Kohlerhaus“ bezeichnet, wohl be-
zogen auf „Köhlerglauben“. Das letzte Gedicht ist ein Pikett-Spiel, das die „Be-
lagerung von Constanz“ vom Jahre 1633, in achtzeiligen Versen behandelt. Am
fang: „Verjagter Horn! was gilt ein forn! zu Konstanz auf dem Tamme!“ Es bricht
leider in Vers 14 ab. U. a. treten auf Gallas, Duca de Roan, Dux Julius, Comes
Rheni. (Nicht in Wellers Bibliographie: „Die Lieder des dreizigjährigen Krieges'
2. Ausg. 1858, auch nicht in DlTFURTH-BARTSCH 1882.)
Sa 6 ist die umfangreichste von allen, sie hat etwa 40 Lieder von gleicher Hand
in verschiedenen Formaten; das Blatt: „Am SonntagMorgen’s in aller früh / da kam
mir eine traurige Bottschaft zu“ trägt denVermerk, daß es von AUGUSTE PattBERg
in Neckarelz im Odenwald geschrieben worden ist, also stammen wohl alle von
ihr. Die Lieder machen den Eindruck, als ob sie unmittelbar aus dem Volksmunde
aufgezeichnet sind. Diese Sa hat z. B. die Grasmagd (Wh II, 29, folgt unten),
gehst du hin du Stolze“ (WhIII, 107), „Wenn ich amMorgen früh“ — „O Himmel»
was hab ich getan“ (Wh III, 33). Die Heimat verrät auch das Lied „Es wohnt ein
Bauer im Odenwald“, es berichtet von des Bauern faulem Weibe, das Wasser m
die Milch gießt.
Sa 7 erweist sich durch das Tübinger Burschenlied (folgt unten) und durch seine
zierliche Schrift als Einsendung von JuSTlNUS KERNER. Darin ist auch das Lied
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
227
von der schönen Jüdin, die den Tod im Meere sucht (Wh I, 252). Der Schluß, daß
ein lichter Jüngling (Christus) sie im Meere tauft, sieht ganz nach KERNERS Eigen-
mächtigkeit aus, wie sie JACOB Grimm als Mißbrauch der Volkspoesie an ihm
tadelt. Die Abschrift des Liedes „Ach Gott, was soll ich singen“, von der Königin
von Ungarn 1526 (0. Liliencron III, 566), am Schluß: getruckt zu Straßburg, ver-
schaffte sich KERNER wohl bei seinem Reutlinger Antiquar. Darin die bessere
Lesart zu Vers 6: dreißig, statt drei Tage dauert es, bis sie Nachricht von der Türken-
schlacht erhält.
Sa 8 und 9 gehören wohl zusammen, zwei Oktavhefte, die gute alte Abschriften
von gedruckten Liederbüchern enthalten, mit dem genauen Titel auf der Vorder-
seite, Paul Sartorius 1601 und Heinrich Finck 1536, aber nicht vollständig.
Nr. 9 bricht mit Seite 32 ab, Nr. 8 beginnt mit Seite 65.
Sa 10 ist ein mit dem Namen DANKWARD gezeichnetes Heft in Oktav, enthaltend
20 Lieder, von denen sich 8 im Wh nachweisen lassen. DANKWARD, wohnhaft in
Mosbach, Kreis Dieburg in Hessen, hatte schon vor dem Wh Volkslieder gesammelt
und gehörte zu den eifrigen Förderern des Werkes. (Vgl. Bode, Vorlagen S. nyff.)
Hier und öfter in den Sammlungen erscheint auch das bekannte Straßburglied,
dessen früheste Form angeblich im Sesenheimer Liederbuch 1771 vorliegt.
Sa 11 umfaßt den Rest eines handschriftlichen Oktavheftes mit sechs Liedern.
Das letzte „Es wollt ein Mätigen sehr früh aufstehn“ (Wh I, 405) ist ursprünglicher
und ausführlicher als das aus Herders „Volksliedern“ im Wh abgedruckte. Nr. 4 ist
die Klage der Franzosen-Liebchen, also ein Zeitlied: „Was fangen wir arme
Mäthgen an, wann es soll Friede werden“. — Sa 12 enthält auch nur neun lose
Blätter mit 13 Liedern. Hierin ist merkwürdig das Lied „Auf einem schönen grinen
Wasen“, in welchem Prinz Coburg gefeiert wird und von der Verteidigung Mann-
heims die Rede ist. Wh II, 20 hat mit dem gleichen Anfang und der Überschrift
„Der Churmainzer Kriegslied (aus dem Revolutionskriege)“ ein ganz ähnliches,
vro für Coburg Albin eingesetzt ist.
Sa 13, ein Groß-Oktavheft, hat 11 Lieder, wovon 7 im Wh vertreten sind. Auf
der ersten Seite oben steht „alle aus Göttingen“ und ein Zusatz von der Hand
Baiers „wahrscheinlich von H. SPANGENBERG“. Das ist wohl sicher, denn die
Handschrift enthält die Vorlage Wh II, 420 „Hum, fauler Lenz“, zu dem die Be-
arbeiter besonders den Namen SPANGENBERGS vermerken. „Wohl zwischen Berg
und tiefe Thal“ (die Nonne), hat ARNIM zusammen mit einem Flieg. Blatt im Wh I,
61 verwendet. — Sa 14 ist ein Quartheft mit etwa 39 numerierten Liedern, wobei
auch doppelteNummern Vorkommen, auf dem Umschlag als Fünftes Buch bezeichnet.
Hie Handschrift ist einheitlich, aber die Lieder sind wohl später hierin zusammen-
gelegt worden. Es sind auch Korrekturen und Hinweise darin, mit dem Signum H. S.
Nr. 1: Pyramus undThisbe: „Es war in einem Dorfe“, welches auch in dem Einzel-
Blatt 81 erscheint. Letztes Lied Nr. 39 ist Jungfer Lieschen: „J. L. lag oben im Bette
allein“. — Sa 15 umfaßt 6 Seiten in Quart; die Lieder haben alte Nrn. 2—-5, 15 —17»
darin ist Nr. 3 das „Trompeterstücklein“ (Wh III, 298) bisher ohne Nachweis;
Nr. 4 mit Beziehung auf Guldenbach und Dorsheim (Dorfspott); Nr. 5 ist das
Maikäferlied „Türkenmännchen, flieg hinweg“ Vorlage von WhIII, 332. — Nr. 15:
228
Arno Schmidt
„Wenn alle Wässerlein fließen“ folgt unten. Nr. 16: „Ich kann und mag nicht
fröhlich sein“ (Wh I, 205) steht dem ELWERT-Text nahe. Nr. 19: „Man sagt mir
wohl vom Fuhrmannsleben“ hat auch Sa 12, Nr. 11.
Sa 16 hat Vorschläge für das Wh aus Königsberg, ist zwar mit keinem Namen
versehen, aber doch so eindeutig, daß nur ARNIMS dortiger Freund WILHELM
DoROW als Einsender in Frage kommt. Es ist auch Niederdeutsches dabei. Auf den
famosen Stabstrompeter Gabriel Voigtländer wird hingewiesen. — Die Sa 17 ist
insofern bemerkenswert, als die Bearbeiter des Wh hieraus Lieder-Zusammen-
setzungen vorgenommen haben, so „Ich legte mich nieder ins grünige Gras“
mit einer Fortsetzung aus dem vorhergehenden 2. Liede (Wh III, 21). Nr. 5 „Wer
geht, wer steht vor meiner Kammer“ erscheint im 2. Teil von Wh III, 81. Aus dem
Liede Nr. 7 „Es ging ein Bürschchen ins fremde Land“ findet sich etwas Wh III,
34 wieder. Auf dem Rande des Foliodoppelblattes steht „Ach Herzensschatz, mein
Augentrost“, ein Lied, das viermal vertreten ist, wenn auch nicht ins Wh auf-
genommen: E 52 Rückseite, Sa 6 (Pattberg) Bl 17 und Sa 10 (Dankward)
Nr. 33. Es wurde von Erk komponiert und trug im Nachlaß Arnims die Unter-
schrift Carl Heinrich Schüssel (vgl. Bode, Vorlagen S. 120).
Sa 18 : eine besondere Stellung unter den Sammlungen nimmt ein anderes Folio-
doppelblatt ein, das von mehreren Händen geschrieben ist und die Arbeitsweise
Brentanos kennzeichnet: auch Bruchstücke und Stichwörter unmittelbar aus dem
Volksmunde kurz zu notieren. Von 27 Stücken dieser Hs sind 12 zu Vorlagen für
Wh-Kinderlieder genommen worden:
Nr. 1 Herzig Kindchen III, 340.
Nr. 4b Mein Schätzelein, mein Schätzelein (wird im Wh gleich mit Nr. 1 vereinigt).
Nr. 8 Oie mole-Peferkoln III, 330.
Nr. 9 Ich ging einmal nach Amsterdam III, 265 (folgt unten).
Nr. 10 Hab ich dir nicht längst gesagt, setz dich an die Wiege III, 306.
Nr. 12 Mein Schatz ist krautenweis III, 343.
Nr. 17 Heio, popeio, schlaf lieber wie du III, 309.
Nr. 19 Abends, wenn der Mond scheint, hieraus in III, 334.
Nr. 20 Geh mit mir in Heidelbeer III, 319.
Nr. 21 Will ich in mein Gärtel gehn III, 296.
Nr. 25 Hansel vom Bach, hat lauter gut Sach III, 339.
Nr. 27 Hansel ist in Brunnen gefalln III, 331.
Von den sieben Liedern der Sa 19 (Folio, grünliches Papier, von verschiedenen
Händen) soll die bisher verschollene Vorlage des altertümlichen Liedes Wh II, 200:
„Es kamen drei Diebe aus Morgenland“ hervorgehoben werden. Die Spenderin
war Friederike Mannel, die Tochter des Pfarrers in Aliendorf (Hessen), die es
wohl selbst in das Blatt eingetragen hat. Arnim ließ es fast unverändert. Die andern
Lieder, darunter „Es waren drei junge Zimmergesellen“ Wh II, 235 werden wohl
aus dem gleichen Bereich stammen. — Die Sa 20 hat auf 11 losen Quartblättern 15 Li®'
der, die alle keine Verwendung fanden. Als Nr. 14 taucht das Lied von der Amsel
auf, Nr. 2 ist ein Triumph des Todes „O Mensch was thust stolzieren ...“ Sa2i
enthält vier Lieder in bayrischer Mundart von denen zwei im Wh schwäbisch um'
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
229
gestaltet worden sind, so Wh III, 127: „Aufs Gaßl bin i ganga — aufs Gaßl geh i
no / der Scherg will mi fanga / er hod mi nöt no“. — Schwäbisch und Hessisch haben
den Vorzug im Wh; das Niederdeutsche lag den Bearbeitern gar nicht, wie man
leicht aus dem nd. Bereich feststellen kann. So wären wohl AUGUST V. HAXT-
HAUSENS Volkslieder im Wh wenig zur Geltung gekommen. Ihre nachträgliche
Würdigung finden sie in REIFFERSCHEIDS Westfälischen Volksliedern 1879.
Ein kurzer Bericht über Sa 22 wurde schon vorweggenommen.
Es ist dem Verfasser bewußt, daß noch Vieles aus dem Nachlaß BAIERS der
Klärung bedarf. Man wird vor schwierige, teilweise unlösbare Aufgaben gestellt.
Die Sammlungen sind fast durchweg nur Bruchstücke, selbst bei vielen Einzel-
liedern ist das der Fall. Die Schreiber festzustellen, muß für die Erforschung der
Zusammenhänge dringend gewünscht werden, es wird sehr oft nicht möglich sein.
Bei Auguste Pattberg Sa 6 glückte es bis zur Evidenz, auch das Lied „Schwarz-
braunes Äugelein“ ist dabei, zu dem sie die Melodie hinterher schickte (R. Steig,
Neue Heidelberger Jahrbücher Jg. 6 [1896] S. 122). Die Aufstellung eines Gesamt-
registers der Lieder nach den Anfängen und mit kurzer Kennzeichnung, — etwa
wie JOHANNES Bolte seine Verzeichnisse anlegte, — ist für die Fortsetzung der
Arbeit kaum entbehrlich. Soweit es nach dieser ersten Sichtung möglich ist, sei
abschließend mitgeteilt, daß von den nun zugänglich gewordenen Liedern min-
destens 76 mit dem Wh in Beziehung stehen, 24 zum ersten Band, 26 zum zweiten
Band und 36 zum dritten Band. Als Originalvorlagen werden sich etwa 30 heraus-
steilen, manche sind als Vorlage nur teilweise verwendet. Vielen Liedern, die nicht
aufgenommen wurden, wird man als Varianten, vielen aber auch als originalen
Einzelgängern einen eigenen Wert beimessen. Das werden m. E. einige der nun
folgenden Beispiele zeigen.
1. Die Brünnlein, die da fließen
Wann alle Wäßerlein fließen,
So muß man trinken,
Wenn ich mein Schatz nicht rufen darf
Ju ja rufen darf,
Dann thu ich ihm winken.
Ja winken mit den Augen
Und tretten mit dem Fuß;
Es ist einer in der Stube
Ju ja Stube —,
Der mir werden muß!
Warum soll er mir nicht werden,
Denn ich seh’ ihn gern,
Er hat zwei schwartz braun Äugelein
Ju ja Äugelein,
Die glänzen wie zwei Stern.
230
Arno Schmidt
Er hat zwei rothe Bäckelein
Sind röther als der Wein:
Ja solche Bürschger find man nicht,
Ju ja find’ man nicht
Zwischen Mosel und Rhein!
Sa 15, alte Nr. 15 (Wh 11,193). Bruchstück einer Quarthandschrift, bietet zwar nicht die
verlorene Vorlage, macht aber, da die beiden fremden Schlußstrophen fehlen, und besonders
durch die ungewöhnliche letzte Zeile den Eindruck größerer Ursprünglichkeit und Ge-
schlossenheit. Die Überschrift nach Docen, Miscellaneen I, 261, der aus Musikbüchern
des 16. Jahrhunderts nur acht Zeilen mitteilen kann. Baier setzt die Heimat des Liedes
in der N A II, 1846 nach Kreuznach. Das Lied fand schon vor der Jugendbewegung eine
ungeheure Verbreitung. Aus der gleichen Sammlung 15 sind die Vorlagen für Wh III, 298
„Trompeterstücklein“ und Wh III, 332 „Maikäferlied“ vom Türkenmännchen.
2. Die Grasmagd
Herzallerliebste Mutter!
dem Reüter bin ich gut,
Der Reüter ist mir lieber
als Du und all Dein Gut.
Ist Dir der Reüter lieber
als ich und all mein Gut,
so pak Dein Kleider zammen
und lauf dem Reüter zu.
Es wollt ein Mädel grasen
wollt grasen grünen Klee,
begegnet ihr ein Reüter
wohl auf der hohen Höh,
Ei, Mädel laß das grasen sein
und sez dich her zu mir,
Nein, nein du schöner Reüter
das kann und darf nicht sein.
Hab eine böse Mutter,
Die zankt mich Tag und Nacht,
auch einen groben Bruder,
der schlagt mich sonst zu Tod.
Ach herzgeliebte Mutter,
geb Du mir einen Rath,
Es reüt mir alle Morgen
ein stolzer Reüter nach.
Ei liebe Tochter meine,
Den Rath den geb ich dir,
Laß du den Reüter reüten
bleib noch ein Jahr bei mir.
Herzallerliebste Mutter
der Kleider sind nicht viel,
geb Du mir Hundert Thaler,
da kauf ich was ich will.
Ei Tochter, liebe Tochter
das ist für mich zu viel
der Vater hat’s hersauset
bei Kart und Würfelspiel.
Hat es der Vater verhauset
bei Kart und Würfelspiel
soll er auch nicht mehr sagen,
daß ich seine Tochter bin.
Sa 6 (Wh II, 29) von Auguste Pattberg auf Oktav-Blätter geschrieben. Die Graserin
stand nach Karl Bode S. 127 in Nehrlichs Quart-Handschrift, die Vorlage war aber eine
andere, in Arnims Nachlaß noch vorhandene, aber verloren. Sollte es diese, hier mit'
geteilte, schöne, geschlossene Form gewesen sein? Aber die Vorlage hatte wohl schon die
fremde Schlußstrophe „Wär ich ein Knab geboren“, die Arnim in die Überschrift nahm-
Die Wh-Fassung, wenn auch nicht mit den Änderungen Arnims, wird neue Grundlage
für die Verbreitung, so Erk-Böhme, Lieder hört II, 256 im Dillkreis 1885.
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
231
Mädchen: 3. Simeliberg Ist eben ein Mensch auf Erden
Bube: Minnelied sberg, Frau Venus sieht vom Kukuksberg, Des Mondes Bogen spannt am Berg. Und mag er mir nicht werden, Vor Kummer sterbe ich. Ist noch ein Mensch auf Erden
Mädchen: Minneliedsberg, So halle wider, Kukuksberg, Ihr Sternlein schauet überzwerch, Ist noch ein Mensch auf Erden, So möcht ich bey ihm seyn. Und sterb ich denn vor Kummer,
Bube: Minneliedsb erg, Frau Venus sieht vom Kukuksberg Und weint viel Thränen hell am Berg. Und sterb ich denn vor Kummer, So legt man mich ins Grab. Bey ihr da in der Tiefe Minneliedsberg, Mein Schatten reichet vom Kukuksberg Bis an ihr Fenster unterm Berg. Bey ihr da in der Tiefe
Mädchen: Da glänzt ein Mühlrad schön. Mein Grab das ist gestochen, Minneliedsberg, Mein Schatten geht am Kukuksberg, Und seufzet Abend übern Berg, Das Mühlrad ist gebrochen,
Bube: Die Liebe hat ein End1). Das Mühlrad ist gebrochen Minneliedsberg, Du stehst alleine Kukuksberg, Mich höret niemand an dem Berg, So wollen wirs immer machen,
Beyde: Weil Liebe sich sonst wendt. Daß sich die Lieb nicht wende Minneliedsberg,
Muß ich das Liedlein enden.
E9 (Wh III, 134), ohne Überschrift, ist unzweifelhaft Arnims Handschrift, also wohl
111 dieser Form aus der Schweiz mitgebracht. Die Wendung ins Schweizerdütsch gab Bren-
*) Hat ist gestrichen, darüber steht: macht.
232
Arno Schmidt
tano dem Liede, nachdem beide es in Karl Spaziers Wanderungen durch die Schweiz
1790 als „Guggisberger Reihen: Isch äbi ä Mensch uf Erde“ neu gefunden hatten. Thema
des Liedes ist die verzehrende Einsamkeit des Berghirten.
4. Weihnachtslied
Gotts hundert lieber Bu
Geh, loß e wenig zu
Was ich der will erzählen,
Was geschah in aller Früh.
Da gehn ich über über ein Haid
Wo man die Schaflein weid
Da kam ein kleiner Bu gerennt
Den hab ich all mein Tag nicht kennt.
Gotts hundert lieber Bu
Geh loß ein wenig zu.
Den alten Zimmermann
Den schaun wir alle an
Der hat dem kleine Kindelein
Viel gutes an gethan
Er hat es so erkust
Das war ein rahrer Lust
Er schaft das Brod ißt selber nicht
Ist auch sein rechter Vater nicht.
Gotts . . .
Geh 1. . .
Hätt ich nur dran gedenkt
Dem Kind hätt ich woß geschenkt
Zwei Apfel hab ich bei mir gehabt
— hat freundlich gelacht
Gotts. ..
Geh . . .
E 20 (Wh III, 271). In dieser Form als Handschrift von Brentano im Nachlaß BaieR^»
Die bayrische Mundart ist im Wh noch mehr dem Hochdeutschen angepaßt (loß = horch
usw.), die von E. K. Blümml im Archiv für das Studium der Neuen Sprachen Bd. iD
(1905) S. 46 aus einer Innsbrucker Handschrift von 1760 mitgeteilte Version: Boz hundert,
liebe Bue / mein, los a wenig zue, 7 Strophen, kann als Vorläuferin, nicht als Vorlage an-
gesehen werden. Quelle für das Wh ist wohl der Volksmund selbst, und wir vernehmen hier,
was von dem längeren Liede zu Brentanos Zeit noch übrig war.
5. Rheinisches Bundeslied.
Melodie: der Wirth ist nicht zu Hause usw.
Das Faß ist nun gebunden,
Viel Schläge hat’s empfunden,
Doch ging es immer recht im Tackt,
Bis alles sich gebogen hat,
Das Faß ist nun gebunden.
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
233
Die Dauben sind gehauen,
Wollt ihr die Stubben schauen,
Von Eichen alt wies Deutsche Reich,
Sonst ist der Grund nun kahl und gleich,
Die Dauben sind gehauen.
In Eisen ists gebunden,
Der Eichbaum ist verschwunden,
Das Deutsche Reich stand schön und stolz,
Viel grüne Blätter trug das Holz,
In Eisen ists gebunden.
Im Holz viel Vöglein sangen,
Seit Beil und Axt erklangen;
Wo ist mein Kind, wo ist mein Haus;
Franzosen nehmen alles aus,
Im Feld die Vöglein sangen.
Der Böttcher, ders geschlagen,
Will nicht mehr viel nach fragen,
Er band es für die Langeweil,
Zu Brennholz braucht ers bald in Eil,
Der Böttcher ders geschlagen.
Wir wollen mal dran schlagen,
Ob es recht voll im Magen,
Das große Faß, das klingt so hohl,
Als wenn es bald der Teufel hol,
Wir wollen mal dran schlagen.
Für Fremde hängt zum Scheine,
Ein Anker drinn mit Weine,
Das große Faß wird schon so spack,
Der schlechte Bund läßt balde nach,
Grün war das Holz vom Rheine.
Zu Frankfurt steths im Stillen,
Der Rhein der soll‘s noch füllen,
Drum heißt es auch der Rheinsche Bund,
Es kräht da nach nicht Hahn noch Hund,
Zu Frankfurt stehts im Stillen.
Der Rhein trägt echte Trauben,
Franzosen auch dran glauben,
Ganz höflich schenken Deutsche ein,
Ganz gröblich trinken sie den Wein,
Der Rhein trägt echte Trauben.
234
Arno Schmidt
So gehts dem Bund am Rheine,
So geht es mit dem Weine,
Der fromme Deutsche ist das Faß,
Woraus der Franzmann trinkt zum Spas,
So gehts dem Bund am Rheine.
Der Primas sich drauf setzet
Und seine Kehle netzet,
Wenn ihm der Franzmann giebt ’nen Trit,
So tröstet er sich gleich damit,
Daß er sich ruhig setzet.
Der Böttcher ist Proteckter,
Ein gar gestrenger Rechter;
Ey sag doch an, mein lieber Sohn,
Das Faß ist nicht gemacht zum Thron,
Ich schlag dich hinunter mit dem Scepter.
E 54. Wunderhorn und Rheinbund von Napoleons Gnaden sind Kinder der gleichen
Jahre 1805 bis 1808; so kann es nicht wundern, daß wir dieses Lied in der Wh-Sammlung,
und zwar von der Hand Arnims, vorfinden. Aber vom Druck im Wh haben die beiden
Freunde doch Abstand genommen. Was wäre wohl geschehen, wenn der Fürst-Primas
Dalberg und der hohe Protektor davon Kenntnis erhalten hätten? Aber gesungen worden
ist es doch und somit ein Beweis, daß unser altes deutsches Reich anno 1806 nicht sang-
und klanglos begraben worden ist. Widerspruch wird laut: Arnim hat das Lied wohl
aus Heidelberger studentischen Kreisen erhalten. Schmidt von Werneuchens Gedicht:
Ich bin der Böttcher, ich binde das Faß (1795) mag schon im Umlauf gewesen sein (John
Meier, Kunstlieder im Volksmunde [1906] Nr. 152). Die Überschrift „Rheinischer
Bundesring“ für das Lied Wh II, 15, von dem nur zwei Verse echt sind und mit dem
Ring nichts zu tun haben, zählt Bode, Vorlagen S. 138 mit Recht zu den Absonderlich-
keiten der Herausgeber.
6. Steinhauers Abschiedslied mündlich
O Tübingen! Du arge Stadt!
Manch Leid in dir erfahren hab,
gehabt euch wohl ihr Mauren,
aus ist es mit dem Trauren.
Und aus wol mit dem blancken geldt,
Doch in der weiten freyen weit
Lebt stets der freye munter,
Ju hey! ins Thal hinunter.
T übinger
O Tübingen! du teure Stadt!
Bin deiner Weisheit voll und satt!
Ade! ihr alten Mauern!
Aus ist es mit dem Trauern!
Der Neckar rauscht die Sonn nicht steht,
Der Sturm von wolck zu wolcke weht,
Spatz, Storch und Reiger fliegen,
Ju hey! in langen Zügen.
Ade! Kamrad, du brav Kamrad!
Und neißel in den Thurm der Stadt
Mir heut noch ohn verweilen,
Ju hey! Du Nest der Eulen.
Burschenlied
Und aus wohl mit dem blanken Geld,
Doch in der weiten freien Welt
Lebt stets der Bursche munter
Juchhei! ins Thal hinunter!
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
235
Öer Neckar rauscht, die Sonn’nicht steht,
. Öer Wind von Wolk zu Wolke weht,
Und Storch und Reiher fliegen,
Juchhei! in langen Zügen.
O Erde! wie bist neu du mir!
O Herz! wie regt es sich in dir
ftdt Jauchzen und mit Singen,
öaß möcht’ die Brust zerspringen.
Fahr aus, du Staub, der in mich kam,
Schulweisheit und du Bücherkram,
In alle Winde fliehe,
Daß die Natur einziehe!
Herz! öffne dich nur weit, nur weit,
Sieh, all die grüne Herrlichkeit
Muß in dir Raum jetzt finden.
Ade, ihr Herrn dahinten!
Sa 7, darin Nr. i, Handschrift Justinus Kerners mit dieser eigenartigen Überschrift;
fechts die zum allgemein bekannten Studentenliede gewordene Form aus: Sämtliche
Poetische Werke in vier Bänden, herausgegeben von Joseph Gaismaier, Leipzig, Hesse,
band I, S. 197; mit geringen Abweichungen im Lahrer Commersbuch, Melodie von
Friedrich Silcher. Der Abschied von Tübingen ist in der Folge also versöhnlich ge-
worden, die unversöhnliche Urform hat Kerner für würdig erachtet, als Volkslied in
das Wh einzugehen. Handelt es sich nun um das Gedicht eines anderen, das in aller Burschen
Munde war, oder ist es von vorn herein Kerners Eigentum? Sein oben bei Sa 7 erwähntes
Lied von der schönen Jüdin macht den Eindruck der freien Umdichtung eines Originals,
Und sein Beitrag „Icarus“ im Wh II, 161 wird für die Bearbeitung eines Volksliedes ge-
halten, wenn es auch in den „Reiseschatten“ als eigene Dichtung bezeichnet ist. Wer
Steinhauer war, habe ich nicht feststellen können, wohl ein armer Musensohn, der mit dem
Schuldturm Bekanntschaft machte! Unter den Stiftlern bei R. J. Hartmann 1918 wird
er nicht genannt, die Matrikel der Universität Tübingen, Band III, 1953 hat seinen Namen
Rieht. Im Februar 1808 erließ der Herzog ein gefährliches Creditgesetz über legale und
dlegale Schulden.
Den Ausdruck „neißein“ im Schlußvers halte ich für eine derbe Anzüglichkeit; ver-
gleiche dazu Hermann Fischer, Schwäb. Wörterbuch, Band 4, Sp. 2018: neusen, in
der Zimmerischen Chronik neißen = mutwillig behandeln.
7. Der Bettelvogt.
Und als ich war noch jung und arm,
Kein Geld hab ich nicht, das Gott erbarm,
So nehm ich meinen Staab u. mein Bettelsack
Und pfeif das Vaterunser den lieben langen Tag.
Und als ich kam vor Heidelberg hinan,
Da packe mich die bettelvögt gleich hinten und vornen an,
Der eine pakt mich hinten der andere pakt mich vorn
Ei, ihr verfluchte Bettelvögt, laßt ihr mich ungeschorn.
Und als ich kam vors Bettelvogt sein Hauss,
Da schaut der alte Spizbub zum Fenster heraus
Ich dreh mich gleich herum, weiß ihm den blosen A . . . .
Ei du verfluchter Bettelvogt: lek du mich brav im A . . . .
Der Bettelvogt, der faßt ein grimgen Zorn,
Er laßt mich ja setzen in tiefe tiefe Thurn,
In tiefe tiefe Thurn bei Wasser und bei Brod
Ei du verfluchter Bettelvogt, krieg Du jezt die Schwernoth.
Arno Schmidt
236
Und als der Bettelvogt gestorben ist,
Man solt ihn nicht begraben, als wie ein andren Christ
Man sollte ihn begraben in Sch .. . haus hinein
Wo alle verfluchte Bettelvögt begraben solln sein.
Ihr Brüder seid lustig: der Bettelvogt ist tod,
Er liegt jetzt im Sch . . . haus und kriegt die Schwerenoth.
In der vorgen Woche am Dienstag um halber neun
Hat man ihn begraben ins Sch . . . haus hinein.
Er hätte ja die schöne Frauen fast umgebracht
Weil sie mich üblen2) Lumpen geschamdlig2) angelacht.
(Aus Eifersucht und aus dem falschen bevorcht2))
An dem vorgen Die(n)stach2) da sah er noch zum Fenster hinaus,
Und nun bin ich mit ihr in seinem Haus.
E 7 (Wh I, ioo). Handschrift Brentanos mit mildernden Korrekturen von anderer
Hand wie in der gedruckten Ausgabe. Hier muß man dem Wh-Text unbedingtes Lob
zollen! — Im Original ohne Überschrift, es ist die gesuchte Vorlage. Die Ausführung
Bodes (Vorlagen S. 192) über Schlesien als Heimat ist hinfällig. Verbreitung: Heidelberg,
Schlesien, Franken, Weimar, Pommern, so liest man bei Oskar Schade, Deutsche Hand-
werkslieder 1865, S. 221 ff. Auf der Rückseite des Blattes befindet sich eine kleine Zeichnung
(Tinte), darüber ,,wunderhorn“: in schraffiertem Oval ein Reiter auf fliehendem Rosse,
ähnlich dem auf dem Titelblatt vom ersten Teil der Ausgabe 1806.
8. Der Guckkasten-Mann
Das ist der schöne Leichenzug
Als man Jacob zu Grabe trug;
Dort seht ihr Flohr und Tücher wehn,
und forn den Jungen mit dem Kreuze gehn,
Schöne Spielewerk! Schöne Rarität!
o bella Kathrine! scharmante Margreth!
o schöne Spielewerk, o schöne Rarität.
Den großen Lubachs Foliant,
mit goldnem Schnitt in schwarzem Band,
mit dem sichs Kläglich zugetragen,
Daß Hans hat seine Gret’ erschlagen.
Schöne Spielewerk! Schöne Rarität!
o bella Kathrine! scharmante Margreth!
o schöne Spielewerk, o schöne Rarität.
Da seht ihr’s schöne Paradeiß,
Der Mond scheint klar, die Sonne heiß,
Und Eva greift mit lüsterm Gaum,
zum Apfel hin auf jenem Baum,
Schöne Spielewerk! etc.
Den großen Mogul hab’ ich auch,
Schwarz im Gesicht, am Leibe rauch;
es glänzt sein großer Diamant,
Vor ihm beugt sich ein Elephant,
Schöne Spiele werk! etc.
O Kriegsgeschrei, Kanonenknall,
Der Schwerdter Lärm, und Paukenschall,
Die ganze Welt erhebet sich,
Sieh da: zwei Mäußlein beißen sich.
Schöne Spielewerk! etc.
2) Ich lese: alten . . . ganz freundlich . . . Verdacht ... In der vorigen Woch. Die Ände-
rungen kommen übrigens von der Hand Arnims, so auch die letzte Str. Weitere Berichti-
gungen zu dem Artikel muß ich mir Vorbehalten [Schewe].
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhora
237
Stolz steht der große Riesenmann,
ünd David kömmt getrost heran,
Sielt recht und wirft ihn an den Kopf
da purzelt Goliath der Tropf.
Schöne Spielewerk! etc.
Das ist der schöne Absalon,
des frommen Königs Davids Sohn,
Hangt mit den Haaren an einem Baum,
und Joab macht seiner Seele Raum.
Schöne Spielewerk! etc.
Herr Elliot ein braver Mann,
Her feur’ge Kugeln speien kan,
Her Spanier und Franzosen Hauff,
Wohl sperret Maul und Nase auf.
Schöne Spielewerk! etc.
Has schöne Weibchen Bathseba,
sitzt säuberlich im Bade da;
durchs Perspectiv schaut David her,
Und guckt, und lacht, und freut sich sehr.
Schöne Spielewerk! etc.
Hans Sachse, ah! ein großer Schuh-
Macher und auch Poet dazu
kömmt schön allhier heranspazirt
nait Pech und Tinte brav beschmiert
Schöne Spielewerk! etc.
Ein Mädchen schön und Tugendsam
geht als sie schier vom Tanze kam,
Und bringt in einer Schüßel schwer
Johannis blutigen Kopf daher.
Schöne Spielewerk! etc.
Dahier spießt man die Kirmesgans,
Hans Michel fidelt auf zum Tanz,
^um raschen Sprunge stampft der Knecht,
und schwenkt die plumpe Mieke recht,
Schöne Spielewerk! etc.
Nun schaut wohl auf und guckt hinein!
Das wird das Allerletzte sein.
Sieh da, ich will es euch nur sagen;
die ganze Welt mit Brettern beschlagen.
Schöne Spielewerk! etc.
Dort zeigt auch ein Schulmeister sich,
mit seinem Zepter fürchterlich.
Er pauckt den Takt aus aller Macht;
Die Jungen schreien, das es kracht.
Schöne Spielewerk! etc.
Dort hält des Nachbars Jungemagd
mit ihren Flöhen eine Jagd;
jetzt fing sie einen übern Knie,
das war ein ungeheures Vieh.
Schöne Spielewerk! ect.
Zachäus auf dem Maulbeerbaum
hätt auch in meinem Kasten Raum;
Doch weil ich ihn nicht hab bekommen,
hab ich ihn auch nicht mitgenommen.
Schöne Spielewerk! etc.
Zuletzt kommt noch was närrisches vor,
Ein Riese — und in seinem Ohr
ein Zwerg, der gibt von da herüber
ihm mit der Holzaxt Nasenstüber,
Schöne Spielewerk! etc.
Flabt Dank für eure Audienz,
und was ihr gebt zum Rekompenz.
Und wer sagt, daß ich ihn betrogen,
der hat es wie ein Schelm gelogen,
Schöne Spielewerk! etc.
Nun schließ ich meinen Kasten zu,
und geh nach Haus in guter Ruh,
Und wer sagt, daß ich ihn betrogen,
der hats in seine Gusch’ gelogen.
Schöne Spielewerk! . . .
E 21. Die Literatur über den Guckkasten ist noch recht spärlich. Es sei verwiesen auf
J* M. Ritz, Der Guckkasten als Vorläufer des Films, mit 2 Tafeln, im „Volkswerk“,
herausgeg. von Konrad Hahm, Bd. 1 (1942),S. 326#. Gezeigt wird ein G. im Heimat-
museum Traunstein. Spamers Hb. der dt. Vk. Bilderband S. 442 (1935) hat einen Berliner
G. von 1861 mit Gestell und Kurbel als Titelbild eines Begleitheftes: Berliner Stadtklatsch
Hr. 17. — Auf den Jahrmärkten und Schützenfesten gab es damals noch das Panorama,
das durch rundeGläser bunte Bilder in langer Reihe sehen ließ, z.T. recht schaurigen Inhalts.
Als edlerer Zweig folgte ihm das sog. Kaiser-Panorama in den achtziger Jahren, das gute
238
Arno Schmidt
Fotos von Landschaften und Städten brachte; es war in Kreisform aufgestellt und führte
die Bilder mit mechanischem Antrieb an festen Sitzplätzen vorüber — und starb, wie
vorher der Guckkastenmann, als der Kinematograph auf der Bildfläche erschien.
Zuerst brachte Büsching in seinen Volksliedern 1807 ein Guckkastenlied von 1796 '•
„Raritete seyn ßu sehn / Schöne Raritete“; es wurde immer wieder nachgedruckt, so bei
v. Erlach 1835, W. Cornelius 1842, Erk-Böhme III Nr. 1722. Hier, Liederhort Nr. 1721
erscheint aber auch ein G. aus Hildburghausen 1854, in v. Erlachs Sammlung Bd. 4>
Nr. 94 noch ein anderer G.-träger: „Leutchen, kommt alle heran / Schaut meine Sachen an.“
Diesen allen gemeinsam scheint ein ursprünglicher Bestand von biblischen Bildern zu sein:
Paradies, Goliath, Absalon, Bathseba, Judith, Moses Zug durch das Rote Meer, die Arche
Noah usw. — Unser hier zum erstenmal veröffentlichtes Beispiel, sauber geschrieben von
Arnims Hand, leider nicht als Vertreter seiner Gattung ins Wh aufgenommen, ist schon
„aktueller“ als die andern: es weist Vers 8 auf den Seehelden George Elliot hin, später
Admiral unter Nelson, es bringt Vers 2 eine grausige Tat im Zusammenhang mit der
berühmten Bibliothek der Grafen Solms-Laubach, die 1803 durch die Aufhebung der
Klöster wertvollsten Zuwachs erhielt. Durch den Hinweis auf Laubach verrät sich Ober-
hessen als Heimat, von wo das Wh viel Schönes erhielt. Gusche (Gosche) für Maul im
letzten Vers hat allerdings eine weite mundartliche Verbreitung. Die scharmante Margreth
im Kehrreim ist dasselbe „Curante Margretchen“ im Refrain von „Gut Schiffmann, führ
mich über“, Erk-Böhme I, 254, das dort nicht erklärt werden kann. Vgl. dazu John Meier,
Jahrbuch für Volksliedforschung I (1928) S. 156.
9. Der Weberknappe
Aus der Tiefe rufe ich:
Will dann Niemand hören mich,
hör mich armer Webersknapp,
Der muß machen knipp knapp.
Wenn der Knipp Knapp stille steht,
Müssen wir all ohn Hemdle gehn.
Hemder ist das schönste Kleid
Denn es zieret manches Weib.
Endlich kommt der Sonntag herbei:
Bin ich von K K frei,
So verzecht der Muttersohn
Sein verdienten Weberslohn.
Sa 18. S. 1, im Original ohne Überschrift. Hier steht dies Bruchstück unter lauter Kinder-
liedern und berichtet doch von ernster Not eines Webergesellen. Treffend ist die Keller-
arbeit und ihr Arbeitstakt gezeichnet. In den Handwerksliedern war der Vers nicht zu
finden, aber das hohe Alter belegt eine Notiz von Johannes Bolte aus dem Berliner
Sammelband Yd 7909, 34: Sechs ganz neue Weltliche Lieder. Gedruckt in den Sommer-
tagen. o. J. (18. Jh.). „Aus der Tieffen ruffe ich /will dann niemand hören mich? /Hört
mich armen Webers Knapp / ich muß machen knipp knapp knapp / knipp knapp.“ Vgl-
jetzt auch Wolfgang Steinitz, „Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus
sechs Jahrhunderten“, Berlin 1934, Band 1, S. 254.
10. Das Wappen von Amsterdam
Ich ging einmal nach Amsterdam
Auf der Löfeistraße.
Man fragte mich ob ich Löfeln kann
Ein Stralsunder Fund zum Wunderhorn
239
Ich sagte nein, und meint doch ja,
Ich setzt mich nieder und Löfel da
Um 1500 Gulden bares Geld.
Dafür kuf ich mir ein Pferd
ohne Kopf ohne Hals ohne Schenkel ohne Bein
Das Pferd lief doch allein
Dafür kuf ich mir ein gäkerlän:
Das Gäkerlän hat einen Kamm
Darauf stunth das Wappen von
Amsterdam.
Sa 18. S. 2. (Wh III, 265). Das Gedicht, ebenfalls ohne Überschrift, ist die bisher nirgends
entdeckte Vorlage. Man kann wohl mit dem zufrieden sein, was Brentano aus diesem
Lügen-Verschen gemacht hat. Das „Löffeln“ ist durch „Faullcnzen“ ersetzt. Um der Kinder
willen steht der so anzügliche Ausdruck für Liebeswerbung nicht mehr da. Das Wappen
von Amsterdam ist durch die drei Malzeichen im senkrechten Mittelteil volkstümlich.
Das Imperfekt ,kuf’ für ,kaufte* ist ungewöhnlich, vielleicht als Conditional zu fassen.
Felix Hoerburger — Regensburg
Schwert und Trommel als Tanzgeräte
Schwert und Trommel — eine Waffe und ein Musikinstrument, ein Gerät des
Kampfes und ein Gerät der musikalischen Kunst: Wir sprechen hier von zwei
Geräten, die sich in ihrer uns geläufigen und rational erkennbaren Zweckbestim-
mung auszuschließen scheinen. Aber in der ganzheitlichen Lebensform des Volkes
rücken sie einander merkwürdig nahe. So sehen wir in jenen bekannten, über das
ganze westliche Europa verbreiteten Schwerttänzen beide Geräte in ungemein
vielen Fällen gleichzeitig auftreten. Schwert und Trommel treffen sich hier auf
einer gemeinsamen Ebene. Und beide — Schwert und Trommel — offenbaren hier
neben ihrem eigentlichen Sinn als Waffe und Musikinstrument noch einen sach-
fremden Sinn: den eines Tanzgerätes. Was mancherorts nur spurenhaft zu erkennen
ist, das führt uns bei der Beobachtung des Lebens der verschiedenen Völker dieser
Erde und ihrer Tänze zu ganz eigentümlichen Zusammenhängen, die hier nur in
einigen Andeutungen gestreift werden können1). Aber schon aus diesen An-
deutungen mag uns die ungeheure Vielfalt zum Bewußtsein kommen, die in aller
Welt zu vergleichbaren Formen führt.
Um zunächst mit dem Schwert zu beginnen, so wissen wir recht wohl, daß dieses
Gerät im sogenannten „Kettenschwerttanz“ der westeuropäischen Völker den
Zweck eines Verbindungsgliedes von Tänzer zu Tänzer zu erfüllen hat und daß es
somit nicht als Waffe im eigentlichen Sinne anzusehen ist. Wo die einfache Hand-
fassung nicht mehr ausreicht, weil man für die komplizierten Verschlingungen der
Kette Platz braucht, hat ein Verbindungsglied den selben Zweck zu erfüllen. Zahl-
lose Beispiele, über die uns die einschlägige Literatur berichtet2), sind uns dafür
Zeuge. Mag es sich dabei um ein Tuch handeln, um einen Reif, einen Stock, oder
eben um ein Schwert, das hat wenig zu sagen: diese verschiedenen Arten der Ver-
bindung können füreinander eintreten.
Der Zweck, zu dem das Schwert hier verwendet wird, ist also ein sachfremder.
Würde Schwert und Tuch immer nur in dieser Weise als Verbindungsglied zwischen
den einzelnen Tänzern gebraucht, so läge es wohl nahe, anzunehmen, daß das
Schwert eine spätere Unterschiebung für das Tuch darstellt. Denn dem Tuch als
x) Eine ausführliche komparative Studie in Buchform unter dem Titel „Der Tanz u№
die Trommel“ ist in Vorbereitung. Eine Vorstudie hierzu erschien kürzlich im Verlag
Bosse, Regensburg unter dem Titel „Der Tanz mit der Trommel“.
2) Vor allem R. Wolfram, Schwerttanz und Männerbund, Kassel 1936.
Schwert und Trommel als Tanzgeräte
241
Tanzgerät erscheint die angegebene Funktion als Bindeglied viel gemäßer, als dem
Schwert mit seiner ursprünglichen Bedeutung als Abwehr- und Angriffsgerät.
Offenbar wechseln aber die Verwendungsarten von Tuch und Waffe vice versa. So,
wie beide wechselweise Bindeglied sein können, so können auch beide Waffe sein.
Natürlich hat in erster Linie das Schwert in aller Welt in vielen Volksbräuchen —
so auch im Tanz apotropäischen Sinn: als Symbol dient es zur Abwehr feindlicher
Mächte und zur Verteidigung und Bannung nützlicher Kräfte. Wir können jedoch
beobachten, daß Spuren dieser Bedeutung auch dem Tuch als Tanzgerät zukommen.
In der indischen und chinesischen Mythologie dient das Tuch als Waffe, mit der
der Held seinen Feind schlägt, tötet oder vom Pferd reißt3). Ich erwähne diese
Tatsache besonders deshalb, weil hier die Wechselbeziehung zwischen Tuch und
Waffe nicht durch die Zweckbestimmung als Bindeglied zwischen Tanzenden
erreicht wird. Die Zusammengehörigkeit dieser beiden Geräte -^uch undSchwert—
ist offenbar eine tiefere.
Wir finden auf vielen bildlichen Darstellungen von Tänzen, daß sich die Tänzer
bei der Hand halten oder durch Stöcke miteinander verbunden sind. Diese Art
Verbindungsglied unterscheidet sich dann in diesen Fällen streng dadurch von
dem Schwert oder dem Stock als Waffe, wie er etwa als „Leitestap“ im deutschen
Mittelalter gebraucht wird4), daß einzig dem Vortänzer in die Rechte ein Schwert
oder ein Leitestab gegeben ist5). Unzweifelhaft hat dieses Gerät im Gegensatz zu
den Bindegliedern apotropäischen Sinn. Es ist eine Waffe, die vegetadonsfeindliche
Dämonen abzuwehren, vegetationsfreundliche Dämonen dagegen zu bannen hat.
Diesem selben Zwecke dient auch das Tuch in der Hand des Vortänzers beim
südslavischen „Kolo“-Tanz oder vertretungsweise jene bunte Kordel, „Costek“
genannt (nach türkisch „Köstek“), die am Ende mit einem fruchtbarkeitsbeschwö-
renden Schlangenkopf geziert ist6).
Werfen wir nun einen Blick auf die Trommel. In ganz Europa spielt sie bei
Waffentänzen eine hervorragende Rolle. Neben Dudelsack und Geige ist in erster
Linie die Trommel — solo oder in Verbindung mit Pfeife, Schalmei oder einem
anderen Blasinstrument — bevorzugte Begleitung. Dabei ist die Verbindung
zwischen Trommel und dem Blasinstrument seit alters eine sehr enge — in einzelnen
Fällen eine so enge, daß die beiden Instrumente sogar von ein und derselben Person
in Personalunion gespielt werden. Beispiele dieser mittelalterlichen Praktik können
wir z. B. in Spanien noch gegenwärtig allenthalben beobachten. Aber in anderen
Fällen wieder werden die beiden Instrumente in einer auffälligen Weise vonein-
ander getrennt. Ich erinnere an jene bekannte Darstellung eines schwedischen
3) G. Hüsing, Das Tuch als Waffe. Mitteilungen der anthropologischen Gesellschaft
in Wien LXIII (1933) S. 368ff.
4) K. Möllenhoff, Uber den Schwerttanz, in Festschrift für G. Homeyer, Berlin 1872,
S. 132.
5) J. van der Ven, Het Stockpaardje in den Europeeschen Mannendans, in De Volks-
dansmare 4 (1937) S. 110.
6) Lj. und D. Jankovic, Folk Dances I—VI, Summary S. 14. Dazu: E. Schneeweis,
Weihnachtsbräuche der Serbokroaten, Wien 1925, S. 205.
16 Volkskunde
242
Felix Hoerburger
Schwerttanzes bei OLAUS MAGNUS7), nach der der Trommler unmittelbar bei den
Tänzern steht, während zwei Spieler eines Blasinstrumentes abseits aus den erhöhten
Fenstern eines Hauses blasen. Man hat hier ganz offensichtlich einen gewissen
Unterschied zwischen den eigentlichen Musikanten gemacht, die nur für die
musikalische Seite des Tanzes da sind, und denjenigen Spielern, die in irgendeiner
näheren Beziehung zu den Tanzenden stehen.
Diese enge Beziehung des Trommlers zum Tanz kann sogar so weit gehen, daß
er selbst in einer Person Spieler und Tänzer zugleich ist. Daß diese sonderbare
Personalunion allerdings nicht als etwas Ursprüngliches anzusehen ist, mag etwa
die Entwicklung des Tanzes im alten Ägypten darlegen: „Während früher besondere
Musikanten begleiteten, wirbeln sich . . . (im neuen Reich) die Mädchen, oft,
selbst das Tamburin ... schlagend, ... im raschen Tempo umher“8). So
wie der mittelalterliche Spielmann Mitteleuropas, der „vil höhe sine tambür“
warf9), so tanzen im vorderen Orient von Albanien bis Afghanistan10) und in
Nordafrika11) die Tänzer noch heute mit ihrer Trommel als mit einem Tanzgerät.
Sie spielen sich also selbst zum Tanz auf und werden zuweilen begleitet, etwa von
einem Zurnaspieler, der aber bezeichnenderweise abseits steht und nicht mit-
tanzt, also nur Musikant ist.
Fragen wir nach der Herkunft dieses tanzenden Trommlers, so werden wir nach
verschiedenen Richtungen verwiesen. Schon die Antike hat sich ja diese orientalische
Praxis zu eigen gemacht. Viele Bilddarstellungen bezeugen das12), und die abendländi-
schen Jokulatores haben diese Praktik ins abendländische Mittelalter weiter getragen.
Die besondere Verwendung in der türkisch-arabischen Welt läßt vielleicht an
das Schamanentum einer turanischen Urheimat denken13). Freilich ist dabei zu
überlegen, daß der eigentliche Verwendungszweck der Schamanentrommel, nämlich
entweder Divination (Wahrsagung) oder Exaltation (Krankenheilung im Trance-
zustand) nicht in dieser Form in die türkisch-arabische Welt gedrungen ist. Wit
werden jedoch hierauf zurückkommen, und zwischen diesen beiden Welten doch
einen gewissen Zusammenhang erkennen müssen. Im Zentralbalkan hat die Trommel
als Tanzgerät eine ganz besondere Stellung: Der tanzende Trommler wird hier
nämlich vom Reigen umtanzt, während der nichttanzende Zurnaspieler abseits
steht. Die Trennung von Trommel und Schalmei ist auffällig, und der Reigen um
7) Wiedergegeben bei R. Wolfram, Schwerttanz und Männerbund, S. 82.
8) F. Weege, Der Tanz in der Antike, Halle 1926, S. 25.
9) Parzival 19. 9.
10) The National Geographie Magazine XCVIII (1950) S. 683.
u) E. Alport, The Dancers of Kerkennah, in Ballet IV (1947), London, S. 41 ff. und
das türkische Résumé von G. Oransay, Kerkennah’li Oyunlari, in Müzik Görü§leri IV
(I95 3) S. 9 ff- Beide Arbeiten gehen zurück auf FI. Robert, Le mariage aux lies Kerkennah, iu
I B LA (Revue de l’Institut des belles Lettres Arabes, Tunis) X (1947) Nr. 38, S. 135 ff.,
12) S. z. B. das Mosaik des Dioskurides von Samos in Neapel, bei Lübke-PernicE,
Die Kunst der Griechen, Wien 1948, Tafel 5, ferner vor allem viele Abbildungen bei
E. Emmanuel, La Danse Grecque antique, Paris 1896 und F. Weege, a. a. O.
13) Vgl. A. A. Saygun, Des Danses d’Anatolie et de leur Caractère rituel, in Journal
of the International Folk Musik Council II (1950) S. 13.
Schwert und Trommel als Tanzgeräte
243
die tanzende Trommel muß wohl ihren besonderen Sinn haben. Denn wo immer
wir in der Welt einen Reigen getanzt finden, bezieht er sich auf einen Mittelpunkt
als auf eine Funktion. Es gilt, diesen Mittelpunkt in magischer Umkreisung zu
schützen oder zu fördern, während das, was von außen auf ihn einzuwirken droht,
abgewehrt wird. Wohl mögen die Formen dieses magischen Kreises unzählig
sein. Wohl mögen im einzelnen sehr verschiedene Absichten vorliegen, wie etwa
Umkreisung eines Vegetationssymboles, um die Vegetation zu fördern und gegen
vegetationsfeindliche Kräfte zu schützen, oder Umkreisung eines verstorbenen
Angehörigen oder eines erschlagenen Feindes, um dessen Kräfte auf die Nachwelt
oder auf den Sieger übergehen zu lassen und dergleichen mehr. Im Grunde handelt
es sich jedoch immer um das gleiche Prinzip, nämlich um die Lebenserhaltung.
Wenn wir nunmehr hier beobachten, daß die Trommel von einem Reigen
umtanzt wird, so liegt der Gedanke nahe, daß es sich auch hier um ähnliche Ge-
danken und Vorstellungen handelt. Und daß also auch die Trommel zum Vege-
tationssymbol werden kann, wie die Flöte, die vom altgriechischen Mädchenreigen
umtanzt wird14), ist wohl leicht zu erweisen. Afrika kennt weibliche Trommeln,
die mit Fruchtbarkeitssymbolen ausgestattet sind15). Und der Baum, aus dem die
Schamanentrommel hergestellt wird, muß vorschriftsmäßig so gefällt werden, daß
er in Richtung nach dem Sonnenaufgang zu liegen kommt16). Ja den lappischen
Frauen ist es verboten, die Zaubertrommel zu berühren17).
Unabhängig von dieser rituellen FruchtbarkeitsSymbolik fällt dem makedonischen
Trommelspieler eine bestimmte tänzerische Aufgabe zu. Er steht ständig in engster
Fühlungnahme mit dem Vortänzer und wirkt dadurch auf den Gang des Reigen-
tanzes ein. Das ist wichtig. Denn sein Spiel steht ja in einem sozusagen „kontra-
rhythmischen“ Verhältnis zu den Tanzschritten des Reigens und bedarf gerade wegen
seiner individuellen Führung eines besonderen Kontaktes mit den Reigentänzern18).
Ich möchte sagen, das Verhältnis des Trommlers zu den Tänzern des Reigens ist
ein Ähnliches wie das Verhältnis des Guslaren, des südslavischen Heldensängers,
zu seiner Hörerschaft. Auch er kann erst wirken durch die lebendige Wechselwir-
kung mit der Hörerschaft, die ihrerseits durch ihr aktives Mitgehen auf ihn ein-
wirkt19). Der Vergleich zwischen dem „Heldentanz“, wenn ich so sagen darf,
und dem Heldenepos ist dabei keineswegs etwas Außergewöhnliches. Es gibt
zahllose Verbindungswege zwischen beiden. Ich denke hier z. B. wieder an den
Schamanen, der in Turkestan mit dem Heldensänger identisch ist20). Homer er-
14) Emmanuel, a. a. O., S. 254.
15) H. Wieschhoff, Die afrikanischen Trommeln und ihre außerafrikanischen Be-
ziehungen, 1933, S. 121.
16) E. Emsheimer, Schamanentrommel und Trommelbaum, in Ethnos (Stockholm)
XI (1946) S. 169.
17) E. Emsheimer, Zur Ideologie der lappischen Zaubertrommel, in Ethnos (Stock-
holm) 1944, S. 160.
18) Vergi, hierzu F. Hoerburger, Tanz „gegen“ Musik, in Musica VII (1953) S. 510ÌT".
und ders., Der Tanz mit der Trommel a. a. O.
19) Fr. S. Krauss, Slavische Volksforschungen, Leipzig 1908, S. 227.
20) Busckan, Völkerkunde II, S. 356fr.
16*
244
Felix Hoerburger
zählt21), daß die Phäaken einen Reigen um den Heldensänger getanzt haben. Eine be-
kannte kretische Tongruppe zeigt uns den Reigen um den Lyraspieler22). Antike
Schriftsteller erzählen, daß zu den Waffentänzen Gesänge zu Ehren der Heroen vorge-
tragen wurden23). Ich denke dann aber vor allem an die Art der Instrumental-
begleitung, die, wie ich an anderer Stelle ausgeführt habe24) sich auf eine ganz
bestimmte Auswahl von Instrumenten konzentriert. Und diese Auswahl geht bei
den genannten Tänzen und Gesängen in mehr als nur einem Fall ineinander über:
Die Reihe Dudelsack — Trommel — Fiedel — Laute — Brettzither ist, wenn auch
mit Schwerpunktsverlagerung für beide Bezirke verbindlich.
Betrachten wir nunmehr Schwert und Trommel im Zusammenhang. Zu dem
bisher erwähnten kommt nämlich nun noch eine eigentümliche Wechselbeziehung
zwischen unseren Tanzgeräten, die es erst rechtfertigen wird, daß wir hier Schwert
und Trommel überhaupt nebeneinander gestellt haben.
Fragen wir uns nämlich, mit welchen Mitteln die Dämonenabwehr bewerk-
stelligt wird, so bemerken wir, daß es nicht nur der Schrecken ist, den das Schwert
als Waffe einzujagen imstande ist, auch nicht der wirkliche Gebrauch derY>7affe als
solcher, wie etwa das Abschießen eines Pfeiles in Richtung auf den gedachten
Gegner. Mittel der Abwehr ist zugleich auch, und zwar in einem sehr erheblichen
Maße25) der Lärm, der mit den Waffen erzeugt wird. Lärm hat ja in aller Welt
apotropäischen Sinn.
Im alten wie im neuen Orient, wie etwa im türkischen „kill? kalkan oyunu“26),
werden die Schwerter beim Schwerttanz gegeneinander oder gegen den Schild
(kalkan) geschlagen. „Die Tänze beim ägyptischen Erntefest wurden von Männern
ausgeführt, die Stäbe trugen, welche sie in rhythmischem Takte aneinander
schlugen27).“ Ähnliches wird von den alten Germanen berichtet, wie z. B. von den
Goten am byzantinischen Hofe28). Auch die Kureten täuschten den Saturnus durch
den Waffenlärm, um das Zeuskind zu schützen, sie brauchten nicht die Waffe
als solche, um die Gottheit zu erschrecken. Hier ist offensichtlich die Waffe als
Gegen- beziehungsweise als Aufschlagidiophon gebraucht und als solche im weiteren
Verlaufe der Entwicklung durch allerlei Klappern ersetzt, hölzerne und metallene
Kastagnetten (Zil), oder jene türkisch-persischen „Tschar Para“ (das ist „Vier
Stücke“) und „Kasiklar“ (löffelartige Holzrasseln).
Müssen wir hier nicht die Brücke zur Trommel als Tanzgerät sehen? Daß die
beiden Geräte tatsächlich ineinander übergehen, mögen uns solche Erscheinungen
21) Odyssee VIII, 262 ff.
22) Weege, a. a. O., Abbildung 35.
23) Xenophon, Anabasis 6, 1,6.
24) F. Hoerburger, Correspondences between Eastern and Western Folk Epics, in
Journal of the International Folk Music Council IV (1952), S. 23ff., ferner F. Hoerburger,
Westöstliche Entsprechungen im Volksepos, in Die Musikforschung V (1952) S. 354ff.
25) Weege, a. a. O. S. 51.
2G) M. R. Selen, Bursada K1I15 Kalkan Sava§. Oyunu, Istanbul 1947.
27) Weege, a. a. O. S. 19.
28) Möllenhoff, a. a. O. S. 117.
Schwert und Trommel als Tanzgeräte
245
bezeugen, die offensichtlich auf der Nahtstelle zwischen den beiden Geräten stehen.
Fernab im malaiischen Archipel treffen wir die gleichzeitige Verwendung von
Messer und Trommel bei ein und demselben Tänzer an29). Im alten Ägypten
tanzten mit Wurfhölzern bewaffnete Männer, während danebenstehende ebenfalls
mit Wurfhölzern den Takt dazu schlugen30). Auf dem III. Certamen Internacional
de Folklore 1952 in Palma de Mallorca sah man eine Tanzgruppe aus Burgos, die
bei ihren Tänzen bezeichnenderweise abwechselnd Schwerter, Stöcke und — eben-
falls als Tanzgeräte — sistrumähnliche Rasseln (sonaja) und Castañuelas ver-
v/endeten. Und wenn einerseits die Waffe zum Instrument wird, das heißt, wenn
sie, noch mit ihrer äußeren Gestalt als Waffe zum Tönen gebracht wird, so muß es
umgekehrt auffallen, daß in ihrer ursprünglichen Verwendung die Schamanen-
trommel vielleicht gar nicht geschlagen wurde, also gar nicht zum Tönen gebracht
worden ist, nach dem wenigstens, was wir aus den ältesten Chroniken über die
Lappen aus dem 12. Jahrhundert entnehmen dürfen31). Die Trommel, obwohl
schon der Gestalt nach ein Musikinstrument, wird noch nicht als solches verwendet,
sie ist noch ganz dämonenabwehrende Waffe.
ERNST Emsheimer32) hat es als wahrscheinlich bezeichnet, daß die Schamanen-
trommel eine späte Unterschiebung für den ursprünglich von dem Schamanen
gebrauchten Schießbogen ist. So etwa, wie der Schamane noch in unserer Zeit auf
Sumatra die Krankheitsdämonen mit Pfeil und Bogen vertreibt33), oder wie der
Türke in Zentralasien ein Gewehr über dem Krankenbett zur Abwehr aufhängt34),
so war ursprünglich die Waffe das spezifische Gerät des Schamanen, und erst später
wurde sie durch die Schamanentrommel ersetzt. An die Stelle der Vertreibung der
Krankheitsdämonen durch Waffengebrauch trat die Vorstellung, daß die Trommel
im Exaltationstanz zum Transportmittel wird, das es dem Schamanen ermöglicht,
die verloren gegangene Seele des Kranken zu suchen. So zeigt sich, daß, wie ich
in anderem Zusammenhang schon früher zu erweisen versuchte24), Geräte, die aus
den verschiedensten Lebensbereichen zu stammen scheinen, die verschiedensten
äußeren Formen haben, und die in unserem, nach rationalen Gesichtspunkten
systematisierenden Auge nichts miteinander zu tun haben, in der Meinung des
Volkes jederzeit stellvertretend füreinander eintreten können. Die angeführten
Geräte und Belege ließen sich freilich um ein vielfaches erweitern. Diese kurzen
Andeutungen konnten das folkloristische Prinzip nur anschneiden. Daß jedoch diese
von mir hier und andernorts herausgestellte grundsätzliche Idee für die Folklore
wie für die Musikwissenschaft, speziell die Musikinstrumentenkunde wichtig
werden kann, hat erst kürzlich auf dem allgemeinen musikwissenschaftlichen
Kongreß 1953 in Bamberg der Berliner Musikologe H. H. DräGER in seinem
Hauptreferat zum Ausdruck gebracht.
39) G. J. Nieuwenhuis, Über den Tanz in Niederländisch Indien, Leiden 1916, S. 32
so) Weege, a. a. O. S. 21 f.
31) E. Manker, Die lappische Zaubertrommel, Stockholm 1938, S. 589.
32) Emsheimer, Zur Ideologie, a. a. O.
S3) Nieuwenhuis, a. a. O., S. 45.
31) A. v. Lecoq, Von Land und Leuten in Ostturkestan, Leipzig 1928, S. 127.
MITTEILUNGEN UND BERICHTE
Friedrich Sieber — Dresden
Adolf Spamer f
Die Institute für deutsche Volkskunde in Berlin und Dresden (heute im Institut für
deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin vereint)
haben mit Adolf Spamer ihren Begründer verloren. Wir gedenken in Verehrung und
Dankbarkeit des großen Gelehrten, der faszinierenden und aufrechten Persönlichkeit, des
gütigen Menschen.
Sein Lebensweg führt Adolf Spamer aus seiner hessischen Heimat nach München,
nach Frankfurt, nach Dresden und nach Berlin. Von diesen Zentren aus ergreift er erlebend
und erforschend die stammheitlich geprägten Menschengruppen jener Landschaften, die
er mit reichen Forschungsgaben aus dem Gebiet ihrer heimatlichen Gestaltungen beschenkt.
Aus dieser Gruppe seien die erwanderte „Plessische Volkskunst“ (Jena 1939) und die
stoffgeballte Darstellung sächsischen Volkskunstschaffens (Deutsche Volkskunst, Sachsen.
Weimar 1943. 2. Au fl. 1954) besonders hervorgehoben. Doch über die Erforschung
des ihn jeweils umgebenden Nahraumes stellt er sich weite Fernziele.
Als junger Germanist Behaghelscher Schule promoviert er „Uber die Zersetzung und
Vererbung in den deutschen Mystikertexten“. Vierjährige Handschriftenreisen führen ihn
in zahlreiche Bibliotheken, deren Handschriften-, Frühdruck- und Bildbestände er aus
eigener Anschauung kennenlernt und mit denen er den Grundstock zu den überraschend
reichen Materialien seiner späteren Untersuchungen legt. Er beabsichtigt eine kritische
Ausgabe aller Schriften des Meister Eckhart, aber als er nach 25 jähriger Arbeit spürt,
daß diese Aufgabe die Kräfte eines einzelnen, der beruflich auch anderweit gebunden ist,
übersteigt, legt er seine Materialien dem von der „Notgemeinschaft der deutschen Wissen- /
Schaft“ geplanten Unternehmen in die Hand; mit Joseph Quint und Max Pahnke
wird ihm die Herausgabe der deutschen Texte Meister Eckharts anvertraut. Den 1936 be-
gonnenen Druck dieses großen Werkes unterbricht der Krieg1).
Im engen Zusammenhang mit den Studien über die deutsche Mystik steht die Geschichte
des Bilderbogens von der „Geistlichen Hausmagd“, in der er die dem Bilderbogen zu-
grunde liegende Legende von den Handschriften des 14. Jahrhunderts und ihre geschicht-
liche und geographische Entfaltung in Wort und Bild bis in die Neuzeit verfolgt (Post-
humes Mskr. im Besitz des Instituts für deutsche Volkskunde, Berlin). Im Zusammenhang
mit diesen Studien steht die umfassende Darstellung des „Kleinen Andachtsbildes“ (Mün-
chen 1930), die für Volkskunde, Religionsgeschichte und Kunstgeschichte gleichermaßen
ergiebig ist. Aber auch sein letztes großes Arbeitsziel, das er schon 1912 durch einen Sammel-
aufruf ankündigt, ist vom Komplex dieser Arbeiten nicht zu trennen: Aufstellung eines 1
Corpus der deutschen Segen und Beschwörungsformeln und eine kritische Ausgabe der j
volkläufigen Zauberbücher. Im Zusammenhang betrachtet wird das Hauptanliegen dieser
weitgespannten Untersuchungen klar: Darstellung der Volksfrömmigkeit und des Volks-
glaubens. Von diesem Anliegen Spamerscher Forschung spannt sich mühelos die Brücke
zu seinen zahlreichen brauchtümlichen Untersuchungen, aus denen die Gesamtdarstellung
von Sitte und Brauch in Peßlers Handbuch der deutschen Volkskunde (1934) und die mono-
J) Nach Spamers Tod hat die Akademie seine umfangreichen Vorarbeiten als Dauerleih-
gabe der Eckhart-Ausgabe der Deutschen Forschungsgemeinschaft überlassen.
250
Friedrich Sieber
graphischen Darstellungen des Fastnacht- und Weihnachtbrauchtums genannt seien (1936;
1937)-
Als der junge Germanist das volkskundliche Arbeitsfeld betritt, ist es erregt von span-
nungsreichen Auseinandersetzungen. Gründlich mit der Geschichte und der Problematik
seiner Disziplin vertraut, greift der Frankfurter Privatdozent 1924 in die Auseinander-
setzung mit Hans Naumann ein (Hess. Bll. f. Vkde., Bd. 23, S. 67—108) und ent-
faltet seine eigenen abweichenden Anschauungen, die er in immer neuen theoretischen
Erwägungen ausbaut. Dabei erfahren die im ganzen festen Grundgedanken manche Um-
akzentuierung und fortführende Variierung.
Den Ausbau seiner Theorie vollzieht Spamer in enger Fühlungnahme mit der geistes-
geschichtlich bewegten Situation der 20 er Jahre, mit deren Anregungen er vollgesogen
ist, wobei sich für die Methode die phänomenologische Betrachtungsweise der Philo-
sophie, die zunächst eine nicht wertende Erfassung der reinen Gegebenheit durchführt,
ehe sie zur Sinndeutung vorschreitet, und die geisteswissenschaftliche Psychologie, die
1 aus den Objektivationen mit dem Greiforgan des „Verstehens“ ihre Ergebnisse gewinnt,
als besonders befruchtend erweisen, während in der Grundkonzeption des Gegenstandes
wohl innere Beziehungen zur Lebensphilosophie bestehen.
Volk ist ihm die seelisch-geistig gebundene Menschengemeinschaft, die in einem durch
die gemeinsame Sprache umspannten Kulturraum lebt. In der Gesamtheit dieses Kultur-
raumes betrachtet die Volkskunde den Menschen nicht, soweit er als Individuum einzig-
artige individuelle Schöpfungen hervorbringt (unbeschadet der Tatsache, daß auch dieses
Individuum in der Mutterschicht verwurzelt ist), sondern sie betrachtet den Menschen,
soweit er in allgemein volkhaften und gruppenhaft gegliederten Bindungen lebt und in
solcher Bindung Schöpfungen produziert oder konsumiert. Diesen Menschen nennt
Spamer „den Volksmenschen“, sein Lebensbereich das „Volkstümliche“, und Erforschung
des Volkstümlichen im Volkhaften ist das Ziel der Volkskunde.
Der Ansatzpunkt zur Erfassung der seelisch-geistigen Substanz des Volkstümlichen
sind dessen Erscheinungsformen in Sprache, Glaube, Sitte und Brauch, Sang, Erzählung,
Schrifttum, Kunstfertigkeit, Verhaltungsweise, die es zunächst in ihrem Bestände, in ihrer
Herkunft und in ihrer Entwicklung in exakt philologischer Methode zu erfassen gilt, deren
Wandlungsprozeß aber auch im Leben der Gegenwart dauernd und engmaschig beobachtet
werden muß. Um diese vordringliche Gegenwartsaufgabe der Volkskunde lösen zu können,
empfiehlt Spamer die Errichtung von Landesämtern für Volkskunde, in denen die geistigen
Bewegungen innerhalb unseres Volkes, in seiner Gesamtheit wie in seinen Schichten und
Gruppen, zu registrieren und praktischer Auswertung nutzbar zu machen sind. (Hier wie
in manchen anderen Dingen ist er W. H. Riehl verpflichtet.) Doch geschichtliche Er-
hellung der Abläufe sowie Auswertung der Gegenwartsbefunde erhalten ihre wissenschaft-
liche Würde nur durch den psychologisch deutenden Bezug auf den seelisch-geistigen
Urgrund, dem sie entsprossen. Als letztes Erkenntnisziel der Volkskunde schwebt Spamer
die Erfassung des Lebensprozesses vor, in dem aus beharrenden, übergeschichtlichen,
zeitlosen, allgemein menschlich und volkhaft geprägten seelisch-geistigen Grundkräften
die verschiedenen Erscheinungsformen des volkstümlichen Lebens heraustreten und im
Geschehnisstrom ihre zeitbedingten Prägungen erhalten.
Mit dieser Konzeption erhebt Spamer die Volkskunde im Sinne jener Epoche zu einer
eigenständigen Geisteswissenschaft. Mit dieser Konzeption zwingt er die mittelpunkt-
flüchtigen Einzeldisziplinen der Volkskunde immer wieder in den Bannkreis des Zentrums.
Diese Konzeption wird ihm letzter Maßstab bei der Beurteilung volkskundlicher Publika-
tionen, zwingt ihn, in eigenen Untersuchungen bis zu diesen Grundkräften durchzustoßen
(z. B. Hessische Volkskunst, S. 109—114: Rückblick und Ausblick; Sachsen, a. a. O.,
S. 79—83: Im Spielfeld der wirkenden Kräfte; Deutsche Volkskunde als Lebenswissen-
schaft vom deutschen Volkstum. In: Hofstaetter-Schnabel, Grundzüge der Deutsch-
kunde II, Leipzig 1933, S. 261 ff.). Diese Konzeption lenkt seine Pläne zur Organisation
volkskundlicher Forschung (als Leiter der Abteilung „Volkskunde“ in der von der „Not-
Der Caseler Johanne
251
gemeinschaft der deutschen Wissenschaft“ begründeten „Deutschen Volksforschung“, als
Vertreter Deutschlands im „Internationalen Verband für Volkskunde“), läßt ihn den
kühnen Versuch wagen, Fragen über Verhaltungsweisen in die Erhebungsbögen des Atlas
für deutsche Volkskunde aufzunehmen. Wie bedeutend und unübertrefflich Spamers Sach-
untersuchungen auch sind: seine epochale Bedeutung liegt in der Ausbildung einer Kon-
zeption, die, aus den Kräften der Epoche genährt, von einer überragenden Persönlichkeit
geprägt, die Gesamtdisziplin verklammert, gegen Nachbarwissenschaften abgrenzt, diese
ihrerseits befruchtet, und die humanistische Substanz der Volkskunde durch düstere t
Zeiten trägt.
Spamers Konzeption — wir wählen bedacht den Ausdruck — ist keine systematische
Wissenschaftstheorie. Vorsichtig meidet er eine begriffliche Durchsystematisierung, wie
sie Wundts Völkerpsychologie erstrebte. Sie könnte dem Befund Zwang antun oder ihn
Zu stark stilisieren. Gerade in der Bezeichnung der letztgründigen Gegebenheiten zieht
er das Wortbild dem Begriff vor (Urgrund, zeugender Grund, geistige Urkräfte, Lebens-
kräfte, das Unterschichtliche, Subintellektuelle, triebmäßig-naturhafte Geistigkeit, ursprüng-
liche Geistigkeit usw.). Richtungszeichen („volkskundliche Blickschau“) setzt er gern
für grenzziehende Begriffe. Denn Volkskunde ist ihm eine Lebenswissenschaft; ihre Vor-
gänge sind eingebettet in den ewigen Lebensstrom, der immer wieder gesetzte Grenzen
verschwemmt.
Spamers Lebenswerk, schier unerschöpflich an Stoffülle, tiefen Einsichten und An-
regungen, kann kein Volkskundler überspringen. Auch wenn wir uns aus dem Anliegen
Unserer Zeit um neue Sicht bemühen, müssen wir uns mit ihm auseinandersetzen, und das
ist der lebendigste Dank, den wir Adolf Spamer abstatten können.
Volkmar Kellermann — Hamburg
Der Caseler Johanne
Ein märkischer Brauch zur Sommersonnenwende
Aus dem Nachlaß von Professor Adolf Spamer erhielt ich
kürzlich ein Album mit Fotografien zurück, die beim
Johanne-Fest in Casel am 26. Juni 1938 aufgenommen
wurden. Damals war dieses Album eine Erinnerungsgabe,
zusammengestellt von den Studenten des Seminars für
deutsche Volkskunde der Berliner Universität für ihren
Professor und väterlichen Freund. Es war ein herrlicher
Tag schönsten Sommerwetters, als zum Semesterschluß jene
Studienfahrt in die märkische Landschaft unternommen
wurde, die gänzlich im Zeichen der liebenswürdig weisen
Persönlichkeit Spamers stand. Ihm zum Angedenken soll
dieser Bericht über einen alten märkischen Volksbrauch hier
mitgeteilt werden. Die beigegebenen Aufnahmen wurden
nach dem Originalfilm reproduziert, der durch einen glück-
lichen Zufall erhalten blieb.
Seit altersher unternimmt am Sonntag nach der Sommersonnenwende der Johanne seinen
Ritt in dem kleinen Dorf Casel beiCalau im Spreewald. Die Vorbereitungen beginnen schon
am frühen Vormittag. Nicht weit vom Dorf liegt ein kleines Waldstück, an dessen Rand
sich die unverheirateten Mädchen treffen, um aus einem großen Berg gesammelter Korn-
blumen lange Gewinde zu flechten. Aus frischem grünem Schilfrohr wird ein spitzer Helm
gefertigt und mit Seerosen und bunten Papierbändern geziert. Ein junger Bursche aus der
252
Volkmar Kellermann
Dorfgemeinschaft muß nun das langwierige Geschäft des Einkleidens über sich ergehen
lassen. Sorgsam wird ein Gewinde nach dem anderen um Körper, Arme und Beine gelegt
und mit ein paar Stichen festgenäht. Schließlich stülpt man den Seerosenhelm auf den Kopi
des nun mächtig gepanzerten blauen Kornblumenmannes, und jetzt ist alles zum eigent-
lichen Fest bereit.
Da naht auch schon vom Dorfe her unter Vorantritt der Musik ein feierlicher Reiterzug»
voran zwei Burschen, die ein lediges Pferd zwischen sich führen, um den Johanne abzu-
holen. Er besteigt den kräftigen Gaul, dessen Elals ebenfalls mit Kornblumenranken ge-
schmückt ist. Den Berittenen folgen die Mädchen in ihrer schmucken rot-weißen Fest-
tracht. Mit klingendem Spiel geht es durch das Dorf bis hinaus auf einen sandigen Weg,
den rasch zusammengeschlagene Holzschranken säumen. Hier hat sich die gesamte Ein-
wohnerschaft des Dorfes eingefunden, um das nun folgende aufregende Schauspiel mit-
zuerleben und endlich aktiv einzugreifen.
Von seinen beiden berittenen Begleitern flankiert sprengt der Johanne im Galopp über
die Bahn, während die übrigen Reiter versuchen, den Kornblumenmann von seinen Be-
schützern zu trennen und vom Pferde zu ziehen. Jedoch vergeblich. Immer wieder wenden
die keuchenden Pferde und galoppieren, in dichte Staubwolken gehüllt, die Bahn auf und
ab. Aber nun mischen sich die Zuschauer ein. Schreiend und pfeifend tanzen sie vor den
Pferden umher, und schließlich gelingt es einigen beherzten Männern, dem Johanne in
die Zügel zu fallen.
Was nun geschieht, ist das Werk eines Augenblickes. Im Nu ist der Reiter vom Pferde
gezerrt und in den Graben geworfen. Ein dichtes Gedränge umgibt ihn; jeder versucht,
eine Kornblumenranke oder ein Stück des Helms zu ergattern, die als heilbringend gelten
und das ganze Jahr über aufbewahrt werden. In kürzester Zeit ist der Johanne seines blauen
Schmuckes entkleidet. Akteure und Zuschauer begeben sich hinüber zum Dorfgasthaus,
wo der Johanne mit seinem Mädchen den Tanz eröffnen darf. Dabei trägt er einen vorsorg-
lich gefertigten zweiten Seerosenhelm, der um Mitternacht meistbietend versteigert wird.
Mit dem Erlös hält sich der Held des Tages für die ausgestandenen Mühen schadlos.
Diesen Brauch erlebten wir vor nunmehr 16 Jahren in allen Einzelheiten mit,verfolgtet1
ihn mit der Kamera Zug um Zug, unterbrochen nur von kurzen Pausen zur Einnahme vofl
Erfrischungen aus Spamers großem Picknickkorb, den seine Wirtschafterin freundlich
verwaltete. Die liebevollen Vorbereitungen beim Schmücken der mitsommerlichen Gestalt,
die naturhaft verbundene und verbindende Wahl der äußeren Mittel, und schließlich def
dramatische Ablauf der brauchtümlichen Handlung selbst, — das war so recht etwas für
unseren Lehrer Adolf Spamer, der sich und uns keinen lebendigeren Anschauungsunter-
richt für sein Brauchtumsseminar wünschen konnte. Seine freudige Lebhaftigkeit, mit der
er an allem teilnahm, war ansteckend, und durch spaßig unlehrhafte plaudernde Anmerkun-
gen verhalf er uns zu einem tieferen Verständnis volkstümlichen Wesens in der Steigerung
und Erregung dieses Brauchtumsspieles, als es Vorlesung und Lektüre vermocht hätten.
Doch waren wir auf den Besuch des Johanne-Reitens gut von ihm vorbereitet worden:
Im Schrifttum wird dieser Brauch nur am Rande erwähnt. Einen etwas ausführlichere11
Bericht gibt Tetzner in seiner „Volkskunde der Slawen“ S. 333. Er erzählt von einem
sorbischen Volksbrauch, der jedoch bereits um 1900 ausgestorben gewesen sein soll-
Danach vermummte man früher einen „Johann“ mit birkenrindener Larve und Blüten-
gewinden. Er mußte durch das Dorf reiten, wurde von den Jungburschen zu hasche11
gesucht und seiner Blumen beraubt, die heilbringend sein sollten. Die Übereinstimmung
ist vollkommen. Nur von der birkenrindenen Larve sind keine Spuren geblieben. Un-
zweifelhaft gehört der „Johanne“ in einen sommerlichen Brauchtumskreis von außej'
ordentlich großem Radius. Betrachten wir zunächst die Gestalt. Ihr Kornblumenklem
scheint ein sommerliches Gegenstück zu dem des bekannten winterlichen „Strohnickcl
zu sein. Merkwürdig ist der Schilfrohrhelm, für den sich bei näherem Zusehen jedoch
einige Gegenstücke darbieten. Brunner zeigt in seiner „Ostdeutschen Volkskunde
S. 231, Abb. 46 einen entsprechenden Kinderheim aus dem Kr. Teltow, und Thiele 111
Arnold von Gennep — achtzig Jahre alt
253
»Sinnbild und Brauchtum“ S. 60 kann auf eine schwedische winterliche Gestalt verweisen,
der man das Bayrische „G’schalamandl“ beiordnen kann, das unserem „Johanne“ außer-
ordentlich ähnlich sieht. Eine weitere verblüffende Übereinstimmung ergibt sich bei der
Betrachtung des oberbadischen „Pfingstg’häs“. Hier wie dort die gleiche Form der
Pyramide, besonders auffällig ausgebildet in der Kopfbedeckung des kleinen Begleiters.
Auch dessen Schmuck mit Blumen und Blättern zeigt weitgehende Übereinstimmung.
Schließlich könnte man die sehr ähnlich gestalteten Pyramiden des „Heidelberger Sommer-
tags“ zum Vergleich heranziehen, die allerdings vom menschlichen Träger gelöst sind. —
Noch eine Reihe weiterer pfingstlich-sommerlicher Gestalten weist die gleichen Züge auf
wie unser „Johanne“, wenn auch das einstige Brauchtum durch deren Absinken ins Kinder-
spiel gewisse Umformungen erfahren hat. Da ist der pfälzisch-saarländische „Pfingst-
quack“, ein mit einem Kleid aus grünem Laub, Gras, Bändern und Blumen bedeckter
Junge, der, ähnlich dem Schwälmer „Pfingstmännchen“ und vielen anderen, gaben-
heischend durchs Dorf zieht. (S. dazu A. Spamer, Sitte u. Brauch, i. W. Pessler, Hdb.
d. dt. Vkdc. II, S. 84ff.) Wesentlich ist die Mitteilung, daß früher „Quackritte“ stattfanden.
Auch der bayrische „Wasservogel“ wird von Reitern aus dem Walde abgeholt, wo die
jungen Mädchen des Dorfes ihn einkleideten und schmückten. Hierher gehört schließlich
noch der märkische „Pfingstkerl“ oder „Pfingstkääm“, der beim pfingstlichen Viehaustrieb
Zuletzt kommende Pferdejunge. Von Kopf zu Fuß mit Feldblumen behängen, zieht er
gabenheischend durch das Dorf. (Kuhn, Märkische Sagen und Märchen, S. 316L)
Das mit dem Aufzug des „Johanne“ verbundene Reiterspiel gehört zu den gerade in
der Mark Brandenburg weit verbreiteten sommerlichen Reiterfesten, die, um Himmel-
fahrt beginnend, bis zum Mittsommertag und in die Erntezeit hinein abgehalten werden.
Maskengestalt und Reiterspiel erscheinen also beim „Johanne“, „Pfingstquack“ und
»Pfingstkääm“ eng miteinander verbunden.
Das Kleid aus Blumen, wie es der „Johanne“ trägt, versinnbildlicht die überströmende
Fruchtbarkeit sommerlicher Reife. Demgegenüber steht als Widerpart der winterliche
Strohmann, dessen Gestalt im beginnenden Frühjahr bei den Fastnachtsumzügen ver-
brannt wird. Der Helm aus Schilfrohr und Seerosen zeigt Beziehungen zum lebenspendenden
Wasser, wie sie im „Quack“, „Wasservogel“, den „brennenden Brunnen“ von Wunsiedel
oder dem „Poppenröder Brunnenfest“ besonders deutlich in Erscheinung treten. Zudem
gibt der hohe Helm der sommerlichen Maskengestalt eine übermenschliche Größe, die
ihre Entrückung in eine andere Welt dokumentiert. Aber mit der sommerlichen Wende
des Jahres muß auch dieses Sinnbild des Sommers stürzen, genauso wie im Frühling der
winterliche Strohmann. Doch jedes Stück seines Gewandes bringt Fruchtbarkeit und Segen.
Deshalb bewahrt man es als eine besondere Kostbarkeit bis zum nächsten Johannistag auf.
Damit ordnet sich der Caseler Johanne ein in den umfänglichen Festkreis um Pfingsten
und Mittsommertag. Man sollte bemüht sein, dieses lebendige Brauchtum gerade in dem
an solchen Darstellungen recht armen ostmitteldeutschen Raum sorgsam zu bewahren.
Lutz Röhrich — Mainz
Arnold van Gennep — achtzig Jahre alt
Am Johannistag 1953 feierte die französische Volkskunde den 80. Geburtstag ihres
Altmeisters Arnold van Gennep mit einem Fest besonderer Art, das in dem Wohnsitz
des Jubilars, in Bourg-la-Reine, einem kleinen Ort in der Nähe von Paris, stattfand. Zahl-
reiche Volkskundler aus ganz Frankreich, Vertreter von Wissenschaft und Verwaltung,
sowie Abordnungen französischer Landschaften in ihren bunten Volkstrachten hatten sich
Nngefunden, um diesen Tag gemeinsam zu feiern. Mädchen in Tracht überreichten Ge-
schenke im Namen der einzelnen Provinzen. Die Pfadfinder des Ortes hatten den Saal
254
Lutz Röhrich
geschmückt und einen Festbaum aufgerichtet. Am Abend schließlich zündete der Jubilar
selbst den Holzstoß zum Johannisfeuer an, um das die Jugend dann herumzog. — So wird
es uns von Teilnehmern dieses Festes berichtet1).
Am 23. April 1873 in Savoyen geboren, erhielt A. van Gennep im Lyzeum von Nizza
seine Schulausbildung. Schon im Alter von 16 Jahren begann seine Neigung zur Volks-
kunde, und gerade seine savoyische Fleimat gab ihm reiche Möglichkeiten, diese Interessen
zu pflegen. Nach den Jahren des Studiums wurde er Attaché im Pariser Außenministerium.
Von 1907 bis 1914 bekleidete er das Amt des Sekretärs am Institut international d’ethno-
graphie et sociologie, und zahlreiche Ehrenämter folgten nach, wie das eines General-
sekretärs des internationalen Volkskunstkongresses (1928) und das eines französischen
Delegierten bei der Commission internationale des arts et traditions populaires (1929 bis
19 3 3)- Seit J944 ist A. v. Gennep Präsident der Fédération folklorique d’Ile-de-France
und seit 1952 Präsident der französischen Gesellschaft für Ethnographie. Schon vor 44 Jah-
ren, im Jahre 1909, ließ er sich in dem kleinen Städtchen Bourg-la-Reine nieder, dessen
ländliche Stille gerade der rechte Ort für die große wissenschaftliche Tätigkeit war, die
sich nun hier entfaltete. Eine Berufung an die philosophische Fakultät der Universität
Neuchâtel als Professor für Ethnographie (1911—1922) gab ihm dann auch die Möglich-
keit, als akademischer Lehrer zu wirken. Schon bald nach dem ersten Weltkrieg kehrte
van Gennep jedoch wieder in seine Wahlheimat Bourg-la-Reine zurück, um von da an
nur noch seinen Studien zu leben. Aber welch ein reiches Lebenswerk war es, das sich in
dieser scheinbaren Zurückgezogenheit entfaltete I
Es ist vom Ausland her kaum möglich, die Arbeiten van Genneps auch nur einigermaßen
zu überblicken, wie sie sich in einer ununterbrochenen Reihe von den ersten Jahren dieses
Jahrhunderts bis zur Gegenwart hinziehen. A. v. Gennep gehört noch zu jener Generation
der großen Forscher, für die Ethnologie und Folkloristik eine große unteilbare Einheit
sind. Gerade wegen dieser Synthese seiner Schau gehört der Jubilar auch zu den Vor-
bildern der jüngeren und jüngsten Volkskundlergeneration.
Nach einigen Studien zur Numismatik des Mittelalters (1897—1902) sind seine ersten
Veröffentlichungen zunächst ethnologischen Inhalts, und sie greifen das naturvölkische
Leben dort auf, wo es noch am unmittelbarsten zu uns spricht: in Australien und auf
Madagaskar (Tabou et totémisme à Madagascar, 1904 — Mythes et légendes d’Australie,
1906). Mit diesen Arbeiten ist der Forschungsweg für lange Jahre vorgezeichnet; sie
bilden Studienmaterial und Quellensammlung für die späteren grundsätzlichen Ausfüh-
rungen über die Herausbildung von Mythus, Sage und Märchen (La formation des légendes,
1910) und über die Frage des Totemismus (L’état actuel du problème totémique, 1920).
Das erste umfangreichere Werk v. Genneps, das sich mit dem Brauchtum anläßlich
von „Übergängen“ beschäftigt (Les rites de passage, Paris 1909) macht seinen Autor mit
einem Schlag weit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt. Schon seit dieser Zeit
gilt v. Gennep als der unbestrittene Anführer der wissenschaftlichen Volkskunde in Frank-
reich, und noch heute gehören die „rites de passage“ zu den Grundwerken der allgemeinen
volkskundlichen Literatur. Flier tritt zum erstenmal eine ganz neue Betrachtungsweise von
Volksbräuchen auf: diese liegt nicht mehr in einem bloßen Sammeln und Ordnen der
Bräuche nach Jahreszeiten oder Lebensstufen, vielmehr werden in vielerlei Brauchhand-
lungen der verschiedensten Anlässe gemeinsame Ideen und wirkende Kräfte aufgezeigt.
Manche bis dahin kaum beachteten Volksbräuche sind unter diesem Gesichtspunkt über-
haupt erst in das Blickfeld der Volkskunde getreten. Nicht nur die Reifeweihen der Natur-
völker (Auseinandersetzung mit den Theorien von Schurtz und Webster), sondern
auch das europäische Brauchtum von Geburt, Hochzeit und Tod zeigt sich verwandt in
dem von Gennep aufgezeigten Prinzip des „Übergangs“. Solche Übergangszeremonien
werden auch vollzogen beim Wechsel der Jahreszeiten, bei Ankunft und Abreise eines Men-
schen, beim Hausbau, bei allen Bräuchen des ersten Tuns, sowie bei der Aufnahme h1
x) Bulletin folklorique d’Ile-de-France, XV. Jahrg., 1953, S. joyff.
Arnold von Gennep — achtzig Jahre alt
255
bestimmte Geheimbünde, Verbindungen und Orden. Die Wichtigkeit der Grenzen im
Volksglauben, die Bedeutung der Türschwelle, der Kreuzwege und Brücken, das Fort-
schaflfen der Toten aus dem Fenster, der Eintritt in ein Haus — alles das bekommt von dem
einen Gesichtspunkt der „Ubergangszeremonie“ aus einen gemeinsamen Nenner.
Wie alle neuartigen und epochebildenden wissenschaftlichen Werke, so sind auch „Les
rites de passage“ nicht ohne Einseitigkeiten, und für manches hat die Forschung inzwischen
andere Erklärungen gefunden, aber van Gennep hat mit diesem Buch doch das Ineinander-
greifen der Bräuche, wesentliche Leitgedanken und neue Sinnzusammenhänge deutlich
gemacht. Mehr als andere Forscher dieser Jahre hat er auch das Erlebnishafte der von den
Übergangsprozessen selbst Betroffenen beachtet und in psychischen Vorgängen die Wurzeln
der Bräuche gesucht. Das Buch wurde damals in nur 500 Exemplaren gedruckt, und längst
wäre eine Neuauflage fällig.
Nur ein Jahr nach dieser großen Brauchtumsmonographie erschien sein grundlegendes
Werk zur Theorie der Volkserzählung, insbesondere zum Problem der Sagenbildung
(La formation des légendes, Paris 1910). Insbesondere war es die seit W. Wundt immer
wieder diskutierte Frage der relativen Chronologie von Märchen, Sage und Mythus, die
den Autor beschäftigt hat. Im Gegensatz zu Wundts Völkerpsychologie vertritt v. Gennep
die Priorität der archaischeren Sage gegenüber dem phantasievolleren Märchen. Außerdem
erörtert er die nicht minder schwierige Frage der Wanderung der Motive und Erzähl-
komplexe sowie das Problem der literarischen Verarbeitung der volklichen Stoffe. Schon
früh hat er hier auch auf funktionalistische Gesichtspunkte hingewiesen und die Träger
der Überlieferung in einem besonderen Kapitel abgehandelt.
Einige der frühen Arbeiten van Genneps galten klassischen Studien. Hierher gehört vor
allem das Buch über die Datierung der homerischen Gedichte (La question d’Homère,
Paris 1909). Andere Studien bewegen sich auf den Gebieten der Mundartforschung (La
décadence et la persistance des patois, Paris 1909), der religiösen Volkskunde (Le culte
populaire des saints franciscains en Savoie, 1927), sowie auch der Sachgüter (Recherches
sur les poteries peintes de l’Afrique du Nord, 1917). Eine Schrift über die Haus- und Hof-
marken (De l’héraldisation de la marque de propriété et des origines du blason, Paris 1906)
sucht auf Grund eines Materials, das bis nach Japan hin reicht, deren Polygenese zu be-
weisen und wendet sich gegen die Theorien, die den Ursprung des Wappens im vorderen
Orient suchen.
Volkskundliche und völkerkundliche Untersuchungen reichen sich nun ständig die Hand.
Besonders auf Nordafrika richtete sich einige Zeit das ^ Hauptaugenmerk unseres Jubilars.
In seinen ethnologischen Arbeiten über Algerien (Etudes d’ethnographie algérienne,
2 Bde. 1911 u. 1914, und En Algérie, 1914) hat er nicht nur die gesamte Literatur ver-
arbeitet, sondern auf Grund eigener Beobachtungen insbesondere die materielle Kultur
des Landes erfaßt. Die einzelnen Studien gelten der Verbreitung der verschiedenen Blase-
balgtypen sowie der algerischen und tunesischen Brettchenweberei. Im Mittelpunkt stehen
die Untersuchungen über die Töpferei der Kabylen. Hier führt der Gegenstand, wie fast
immer bei v. Gennep, zeitlich und örtlich in weite Bereiche: Vergleiche mit prähistorischen
Funden erweisen ihm eine auffallende Ähnlichkeit mit antiken Töpfereien der Mittelmeer-
länder. Zwei Expeditionen in Nordafrika und eine Reise in Süd-Polen bringen auch den
Stoff zu einem Buch über Nationalitätenprobleme (Traité comparatif des nationalités,
Paris 1922), in dem die wirkenden Kräfte von Volksbewegungen mit vergleichenden
ethnographischen Methoden untersucht werden. Zum selben Problemumkreis gehört
ferner das Buch über Georgien (La nationalité géorgienne, 1920).
Daneben wurden aber die grundsätzlichen Arbeiten zur Methode der Brauchtums-
und Sagenforschung fortgesetzt (z. B. De la méthode à suivre dans l’étude des rites et
des mythes, Brüssel 1911 — Le Folklore, 1924). Nicht unerwähnt bleiben darf hierbei auch
v. Genneps wesentliche Mitwirkung bei der gewaltigen Sammlung von Saintyves (Corpus
du folklore préhistorique), bei der in überwältigender Fülle (ca. 2500 Sagen I) die französi-
256
Lutz Röhrich
sehen Volksüberlieferungen über megalithische Denkmäler (Menhire, Steingräber usw.)
zusammengetragen wurden.
Ein umfangreicher und gewichtiger Forschungsbericht über die Literatur zur Totemismus-
frage (L’état actuel du problème totémique, Paris 1920) setzt sich mit den damals herr-
schenden Theorien über Wesen und Entstehung des Totemismus auseinander und gewinnt
seinen besonderen Reiz durch das ausgedehnte Quellenmaterial, das van Gennep aus seinen
eigenen Arbeitsgebieten, besonders aus Nordafrika, in die Diskussion werfen kann.
Das Totemismus-Buch ist nicht das einzige Werk v. Genneps, das im wesentlichen auf
der Literaturkritik aufbaut. Ganz besonders gilt dies auch für die fünf Bände gesammelter
Abhandlungen zu Fragen der Religionsgeschichte, Sprachwissenschaft und der allgemeinen
Völkerkunde, die er schon in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg herausgebracht hat
(Religions, moers et légendes, essais d’ethnographie et de linguistique, Paris 1908—1914).
Seine Methode ist es dabei, an damals neu erschienene Bücher kritisch anzuknüpfen. Der
Autor zeigt sich hier zum Teil als ein leidenschaftlicher und kritischer Opponent. FrazeRs
„Golden Bough“, E. S. Hartland, A. Lang, R. Thurnwald und anderen gelten die
Auseinandersetzungen. Der Aufsatz über „Mythologie et ethnographie“ eröffnet eine
heftige Fehde über P. Ehrenreichs Darstellung der „Allgemeinen Mythologie und ihrer
ethnologischen Grundlagen“ (Leipzig 1910). Mit großer Entschiedenheit hat sich v. Gennep
hier gegen die Astralmythologie und ihre Auswüchse gewandt. Es sei hier gleich erwähnt,
daß Arnold v. Gennep auch in Deutschland selbst in die Diskussion eingegriffen hat, und
zwar in einem Aufsatz — in deutscher Sprache — über „Paul Ehrenreichs Methode in der
Deutung der allgemeinen Mythologie“ (Hess. Bll. f. Vkde., Bd. IX, 1910, S. 199—207).
Neben Buchreferaten enthalten die fünf Bände gesammelter Abhandlungen zum Teil auch
ausführlichere Aufsätze. Es gibt kaum ein ethnographisches Gebiet, das in diesen frühen
Schriften nicht betreten wird, von Fragen der Archäologie und der antiken Ethnographie
bis zu denen der Negerschrift oder über Konversionen zum Islam. Und neben solchen
Einzeluntersuchungen stehen grundsätzliche Ausführungen über die Bedeutung der
Ethnographie und Volkskunde („Pro Ethnographia“), über die ethnologischen Studien
in Europa und Amerika, sowie Allgemeines über die Forschungs- und Sammelmethoden.
Eine bedeutende Abhandlung zur historischen Volkskunde bringt die Untersuchung der
ethnographischen Forschung im Frankreich des 18. Jahrh. (Lafiteau, Montesquieu,
Rousseau, Voltaire, Boulanger, Dulaure u. a.), und reich an interessanten Einzelheiten
sind auch die Aufsätze über die magische Empfängnis und über die Polyphemsage. Immer
wieder zeigt sich auch eine Neigung zu psychologischen Fragestellungen, wie z. B. bei
der Beschreibung eines Falles von Besessenheit. Der Aufsatz über Savoyen bringt Ge-
spenster- und Schatzsagen, Schwankerzählungen, Volkslieder und Auszählreime, einschließ-
lich von Angaben über Melodie, Rhythmus und Vortragsweise.
Ebenso stark wie das folkloristische Interesse ist in diesen Abhandlungen das ethno-
graphische: Von Bedeutung ist die Abhandlung über die Ostjaken, und besonders gelungen
erscheinen noch heute die Aufsätze über Tabu-Bräuche und Totemismus (Das Material
stammt vorwiegend aus Madagaskar). Der linguistische Teil bringt u. a. drei Arbeiten
über die Bantusprachen.
Seit dem Jahre 1914 sind die Aufsätze van Genneps nicht mehr in zusammenfassenden
Bänden erschienen. Verhältnismäßig leicht zu erreichen sind noch die Aufsätze, die er
als Directeur de la revue d’ethnographie et de sociologie und später als Herausgeber der
Nouvelle revue des traditions populaires in diesen führenden Zeitschriften veröffentlicht
hat. Leider fehlt aber noch immer eine neuere Zusammenfassung der späteren Aufsätze
(es sind über hundert in mehreren Sprachen), die zum Teil an entlegenen Stellen erschienen
sind (vgl. Bd. IV des Manuel, S. 1052—1053).
Der überwiegende Teil der Abhandlungen aus den zwanziger Jahren bis zur Gegenwart
gehört der Volkskunde Frankreichs: Am Anfang einer Reihe regionaler Volkskunden
(Contributions au folklore des provinces de France) steht van Genneps Darstellung seiner
eigenen Heimat. Savoyen ist auch die einzige französische Landschaft, der er mehrere Ver-
Arnold von Gennep — achtzig Jahre alt
257
öffentlichungen gewidmet hat (Légendes populaires et chansons de geste en Savoie, Paris
1910 — La Savoie vue par les écrivains et les artistes, 1913 — En Savoie: du berceau au tom-
be, 1916). Andere Arbeiten unterbrachen dann für einige Jahre diese Reihe. Aber seit den
dreißiger Jahren hat der unermüdliche Sammler dann dieses große wissenschaftliche Vor-
haben einer Reihe landschaftlicher Monographien der französischen Volkskunde wieder mit
großer Energie aufgenommen und bis heute weitergeführt. In schnellemAufeinander folgen
1932 und 1933 : Le folklore du Dauphiné, Isère (2 Bde.), 1934: Le folklore de la Bourgogne,
1935 : Le folklore de la Flandre et du Hainaut (2 Bde.), 1942 Le folklore de 1 Auvergne et du
Velay und 1946—1948: Le folklore des Hautes-Alpes (2 Bde.). Weitere regionale Volkskun-
den sind in Vorbereitung, und wir dürfen noch Le folklore de F Ardèche (auf 2 Bde. be-
rechnet) und Le folklore de la Drôme aus van Genneps Feder erwarten. Seine landschaft-
lichen Einzeluntersuchungen sind nicht nur auf Grund von eigenen Sammlungen, sondern
auch durch die tätige Hilfe von Mitarbeitern und Gewährsleuten entstanden, häufig durch
die Methode der Umfrage: Bei jeder landschaftlichen Monographie ist der Verfasser nach
einer von vornherein festgelegten Methode vorgegangen, um alle irgendwie in Betracht
kommenden Erscheinungen mit Vollständigkeit zu erfassen. Es kam ihm hier weniger
auf neuartige Theorien an, als vor allem auf eine vollständige Bestandsaufnahme der Gegen-
wart, auf eine rein beschreibende Darstellung des Gesammelten, die für die Zukunft eine
Zuverlässige Fundgrube sein kann. Darum wurden die Quellen bis in die kleinen lokalen
Abweichungen und Sonderformen hinein ausgebreitet. Auch ältere Sammlungen und Dar-
stellungen wurden ausführlich herangezogen und kritisch auf ihren Wert geprüft, Lücken
des Materials aufgezeigt und ihre Ursachen nachgewiesen.
Das jüngste große Werk van Genneps, das Handbuch der französischen Volkskunde
(Manuel de folklore français contemporain, bisher 8 Teilbände, Paris 1937—1953) hat
heute die Stelle des älteren vierbändigen Werkes von P. Sébillot (Le folklore de France)
eingenommen. In Sébillots Darstellung fehlte das Gebiet von Sitte und Brauch, das in
v. Genneps Manuel nun die Hauptrolle spielt, jedenfalls in den bisher erschienenen Teil-
bänden. Sie behandeln das Brauchtum nach Lebensstufen und Jahreszeiten, und innerhalb
dieser Ordnung folgen dann die Einzeltatsachen gebietsweise. Allein seit dem Kriege sind
sechs umfangreiche Teile dieses großangelegten Werkes erschienen, und zwar über das
Brauchtum von der Geburt bis zur Verlobung (I, 1, 1943), Heirat und Begräbnis (I, 2, 1946),
Fasnacht, Fastenzeit und Ostern (I, 3, 1947), Mai und Johannistag (I, 4, 1949), Bräuche
im Laufe des Sommers (I, 5, 1951) und des Herbstes (I, 6, 1953). Alle zwei Jahre erscheint
mit Regelmäßigkeit also ein neuer Band, und so beabsichtigt van Gennep im Laufe der
kommenden Jahre noch das Gesamtgebiet der Volkskultur zu erfassen.
Wie die Darstellungen der einzelnen Landschaften, so ist auch dieses Werk in erster
Linie deskriptiv. Es geht dem Autor um eine exakte Aufnahme alles noch Vorhandenen,
und van Gennep sieht nach den mannigfachen Schriften seiner früheren Jahre es jetzt
als seine große Aufgabe an, das noch vorhandene Volksgut zu sammeln, nachdem frühere
Sammler vielfach in einer Weise gearbeitet haben, die den heutigen wissenschaftlichen
Ansprüchen nicht mehr genügt. Neben einer fast unvorstellbaren persönlichen Sammel-
arbeit hat van Gennep auch eine große Zahl regionaler und örtlicher Gewährsleute zu-
gezogen, ohne deren verantwortungsvolle Mitarbeit ein solches Werk undenkbar gewesen
wäre. Im Anschluß an den Fragebogen J. A. Dulaures für die Académie celtique (1808)
hat er eine ganze Serie von eigenen Frageaufstellungen entwickelt, insbesondere auch land-
schaftlich gesonderte Listen und Spezialfragebogen für einzelne Sachgebiete der Volks-
kunde benutzt. Im III. Band des Handbuches teilte er die wichtigsten Teile dieser Frage-
bogen mit. Hieraus läßt sich die ganze Fülle des handschriftlichen Materials erahnen, das
der französischen Volkskunde hier zur Verfügung steht. In zahlreichen Fällen wird die
Darstellung durch kartographische Aufzeichnungen unterstützt. Arnold van Gennep kann
als der Begründer der kartographischen Methode in der französischen Volkskunde be-
zeichnet werden; jedenfalls ist er der erste französische Forscher, der aus der Verbreitung
volkskundlicher Erscheinungen eine besondere kulturwissenschaftliche Methodik ent-
17 Volkskunde
258
Reinhard Peesch
wickelt hat. Van Gennep hat zwar kein zusammenfassendes Buch über französische Volks-
kundeatlasfragen geschrieben, noch einen französischen Volkskundeatlas herausgegeben,
wie ihn jetzt F. Krüger vorlegt, aber sowohl die landschaftlichen Monographien wie
das große Handbuch haben die Grundlagen für alle diese späteren Arbeiten gelegt. Auch
andere Forscher, wie Cl. und J. Seignolle (Le folklore du Hurepoix-Seine, Seine-et-Oise,
Seine-et-Marne, Paris 1937) und P. Fortier-Beaulieu (Mariages et noces campagnardes
dans les pays ayant formé le département de la Loire, Paris 1937) haben diese Methode von
v. Gennep übernommen.
Die Literaturkenntnis van Genneps ist ein einzigartiges Phänomen. Ihren Höhepunkt
findet sie in den beiden bibliographischen Bänden des Handbuches, die vor den anderen
Bänden schon in den Jahren 1937 und 1938 erschienen sind (Bd. III und IV; die späteren
Bände enthalten noch ergänzende Literaturlisten). Seine äußerst zuverlässige Bibliographie
ist sowohl nach regionalen als auch nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet, aber nicht
nur das — sie enthält kurze Inhaltsangaben und kritische Beurteilungen, die es besonders
dem ausländischen Benutzer erlauben, bei der ungeheuren Fülle von über 6500 Titeln das
Wichtige vom Unwichtigen zu trennen. Ferner enthalten diese beiden Bände Angaben
über die französischen Museen und ihre volkskundlichen Bestände. Das vorbildlich ge-
gliederte Handbuch wird noch für Generationen das Quellenbuch der französischen
Volkskunde sein. Es wird auch kaum eine vergleichende europäische folkloristische Arbeit
ohne die Orientierung bei van Gennep möglich sein. So hat der Jubilar von allen fran-
zösischen Folkloristen zweifellos die weitaus größte Aktivität entfaltet. Bewundernswert
ist der Reichtum des immer wieder neuen Materials, der vor dem Leser ausgebreitet wird,
die Klarheit und Prägnanz, aber auch die Eleganz der Formulierung, die verschiedene
Akzentuierung von psychologischen, soziologischen und historischen Gesichtspunkten,
die übersichtliche Gliederung jeder einzelnen Äußerung, ob es sich nun um das große
Handbuch oder um einen Aufsatz handelt. Van Gennep ist ein weitgereister Feldforscher
und zugleich der Darsteller und Verarbeiter des Gesammelten, ein aufrichtiger und mutiger
Kritiker von einer seltenen Stoffbeherrschung und schier unglaublichen Belesenheit. Er
ist Folklorist, Ethnologe, Religionswissenschaftler und Soziologe, ein Mann der Einzel-
forschung wie der Synthese. Seine Vielseitigkeit wird in unserer Zeit einer sich immer
mehr zergliedernden Spezialforschung unerreichbar bleiben.
Reinhard Peesch — Berlin
Goldenes Doktorjubiläum: Erich L. Schmidt
Vor fünfzig Jahren, am 30. Juli 1904, promovierte in Berlin Erich L. Schmidt magna
cum laude zum Dr. phil. Das Thema seiner Dissertation, Deutsche Volkskunde im Zeit-
alter des Humanismus und der Reformation, die erste Geschichte der Volkskunde einer
bestimmten Periode, die noch heute Beachtung verdient, hat ihn in seinem Leben immer
wieder beschäftigt. Nach dem Staatsexamen im Jahre 1906 trat er in den Schuldienst,
den er bis 1945 ausübte. Seine Tätigkeit als Lehrer an Berliner Gymnasien wurde
unterbrochen, als er 1910 nach Buenos Aires ging, wo er vier Jahre lang an der
Germania-Schule tätig war und wo er 1911 die Zeitschrift für Argentinische Volkskunde
begründete und bis 1914 herausgab. Als erfahrener Schulmann arbeitete er an der Heraus-
gabe verschiedener Schulbücher mit, von denen hier nur die genannt seien, die auch der
Volkskunde im Unterricht dienten: Wägen und Wirken, Deutsches Lesebuch für höhere
Schulen, Heimatausgabe für Berlin und Brandenburg, Bd. 1—5, Leipzig 1925 fr. (zusammen
mit Paul Müller); Auswahl aus den Humanisten zur deutschen Volkskunde, Leipzig
1926 (zusammen mit dem Volkskundler Fritz Boehm). Neben dieser Arbeit fand Erich
L. Schmidt immer wieder Zeit, sich seinem Lieblingsthema zu widmen. 1910 gab er die
6 Kapitel des Böhmschen Repertoriums, die dem deutschen Volk gewidmet sind, neu
259
Goldenes Doktor jubiläum : Arno Schmidt
heraus: Johannes Bohemus, Das deutsche Volk 1520 (in: Programm des Luisengym-
nasiums, Berlin 1910). 1939 veröffentlichte er den Aufsatz: Johannes Böhm aus Aub,
Die Entstehung der deutschen Volkskunde aus dem Humanismus, in: Zeitschrift für bayerische
Landesgeschichte, 1939, S. 94—m. Erst vor einem Jahr hielt er bei der Arbeitstagung der
Sektion für Völkerkunde und deutsche Volkskunde der Deutschen Akademie der Wissen-
schaften einen Vortrag über die Bedeutung des Humanisten Johannes Böhm für die
Geschichte der Volks- und Völkerkunde (veröffentlicht in: Forschungen und Fortschritte,
Bd. 28, S. 151—157). Jetzt hat er vom Institut für deutsche Volkskunde den Auftrag er-
halten, eine Monographie über Bohemus vorzubereiten. Wir wünschen dem Jubilar
Gesundheit und Kraft zur Weiterführung und Vollendung seines Lebenswerkes.
Fritz Tschirsch — Greifswald
Goldenes Doktorjubiläum: Arno Schmidt
Dr. Arno Schmidt, der am 2. Oktober 1954 in Greifswald das 75. Lebensjahr vollendete,
hat dort am 2. März des gleichen Jahres sein goldenes Doktorjubiläum begangen. Dieser
Gedenktag bot der Philosophischen Fakultät der Universität, an der er studiert und promo-
viert hat und in deren Dienst er im Alter zurückgekehrt ist, willkommenen Anlaß, in einer
Feierstunde zu genau der gleichen Zeit wie vor 30 Jahren ein ebenso fleißiges wie be-
scheidenes Gelehrtenleben öffentlich zu ehren.
Einem hinterpommerschen Forsthaus entstammend, mußte der früh Vaterlose das
Studium rasch abschließen und sogleich in den Schuldienst eintreten. In Danzig, in dem
er 38 Jahre hindurch tätig gewesen ist, hat der norddeutsche Spätentwickler sich mit ziel-
strebiger Zähigkeit in das eben erst hochschulreif werdende Fach der Volkskunde ein-
gearbeitet, indem er praktisch sich mit dem befaßte, was ihm unmittelbar vor den philo-
logisch geschulten Augen und den wanderfrohen Füßen lag. Dem Vierziger verdichtet
sich diese Bemühung zu literarischer Produktion, deren Strom seitdem ununterbrochen
fließt. Der Danziger Mundart, den Danziger Volksspielen, dem westpreußischen Sprich-
wort wie dem Volkslied und den Flurnamen dieses Gebietes gilt sie; als schönste Frucht
der philologischen Sauberkeit wie der gedanklichen Schärfe seiner Arbeitsweise gelingt ,
ihm 1927 die Lösung des Geheimnisses um „Das Volksbuch vom ewigen Juden“. Auf
dem Gebiet des Volksrätsels schließlich arbeitet er sich zum einzigartigen Kenner herauf.
Seit 1924 Fachberater bei der Kulturabteilung des Danziger Senats, seit 1925 mit dem
Titel Oberstudienrat, hat Schmidt entscheidenden Einfluß auf die Gestaltung der kulturellen
Verhältnisse in Danzig, insbesondere auf die der Technischen Hochschule gewonnen.
Weil der aufrechte Mann der gerade auf dem Gebiet der Volkskunde besonders gefähr-
lichen Verlockung durch den Nationalsozialismus vom ersten Augenblick an widerstanden
hatte, wurde er 1934 als Fachberater verabschiedet, 1935 in den Ruhestand versetzt —
besonders bitter für einen Mann, der auf der Höhe seiner Schaffenskraft stand. Trotzdem
hat er ungebeugt und unermüdbar weiter gesammelt, geforscht und in den Fachzeit-
schriften veröffentlicht. Und als er dann 1945, in das Schicksal des nationalsozialistischen
Deutschland hineingerissen, die Wahlheimat verlor, hat er sich, nach Greifswald zurück-
gekehrt, sofort dem Rektor für den Wiederaufbau der Universität und ihrer Institute
Zur Verfügung gestellt. In einem Lebensalter, in dem er sich ohne Vorwurf hätte Ruhe
gönnen dürfen, baut der zunächst kärglich Besoldete das durch die Kriegsereignisse völlig
durcheinander geratene Volkskundearchiv wieder auf und im Rahmen des Instituts für
Deutsche Philologie zu einer selbständigen Abteilung aus, die an Umfang wie an Über-
sichtlichkeit der Erfassung und Ordnung des Materials ihresgleichen in der Deutschen
Demokratischen Republik sucht. Immer wieder geht auch der über Siebzigjährige zu
Suchfahrten ins Land hinaus; mit beneidenswertem Spürsinn hat er kürzlich in Stralsund
17*
260
Horst Kunze
einen wesentlichen Teil der verschollenen Vorlagen Brentanos für „Des Knaben Wunder-
horn“ unter den Papieren des früheren Stadtarchivars Dr. Rudolf Baier aufgestöbert.
Was hier für die Volksliedforschung gewonnen ist, davon berichtet er selbst in diesem Heft.
Die Universität Greifswald wie die deutsche Volkskunde haben wahrlich Anlaß, darauf
stolz zu sein, daß dieser Mann, der ganz in der Stille eine vor allem durch ihre Geschlossen-
heit eindrucksvolle Lebensleistung gestaltet hat, noch heute schaffensfroh zu ihnen gehört.
Horst Kunze — Berlin
Bericht über den Volkskunde-Kongreß der Deutschen Akademie
der Wissenschaften zu Berlin vom 4. bis 6. September 1953
Der Vorsitzende der Sektion für Völkerkunde und deutsche Volkskunde, National-
preisträger Prof. Dr. Wolfgang Steinitz, hatte für den 4. bis 6. September 1953 zu einer
Arbeitstagung eingeladen, an der zahlreiche Volkskundler aus der DDR sowie Fachkollegen
aus der Bundesrepublik und der Tschechoslowakischen Volksrepublik teilnahmen. Da im
Vorjahre anläßlich der Gründung des Instituts für Völkerkunde bei der Humboldt-Uni-
versität zu Berlin eine Tagung in Berlin stattgefunden hatte (25. bis 26. April 1952), in deren
Mittelpunkt die Völkerkunde gestanden hatte, war man übereingekommen, auf der dies-
jährigen Zusammenkunft Fragen der deutschen Volkskunde in den Vordergrund zu stellen
und völkerkundliche Themen nur in einer Paralleltagung zu behandeln. Dementsprechend
sah das bereits im Juni 1953 von der Sektion versandte vorläufige Programm zwanzig
Referate zur deutschen Volkskunde, von denen fünf allgemeine Fragen, fünf die Volks-
dichtung, sechs die Volkskunst und vier die materielle Volkskultur behandeln
sollten, sowie drei Referate zur Völkerkunde vor. Das endgültige Programm erfuhr
aus technischen Gründen nur geringe Veränderungen: ein Referat zur Volkskunst wurde
weggelassen, die allgemeine Fragen und Fragen der Volksdichtung behandelnden Vor-
träge aber um je ein Thema erweitert.
Am ersten Tage begrüßte Nationalpreisträger Prof. Dr. Frings im Auditorium
maximum der Humboldt-Universität die rund dreihundert Teilnehmer, unter denen sich
auch zahlreiche Vertreter staatlicher Dienststellen und des öffentlichen Lebens in der DDR
befanden, im Namen des Präsidiums der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
Anschließend ergriff Prof. Dr. W. Steinitz das Wort zum Hauptreferat der Tagung über
„Die volkskundliche Arbeit in der Deutschen Demokratischen Republik“1). Einleitend wies
er daraufhin, daß die umfangreiche volkskundliche Forschungsarbeit in der DDR, für die
ein großes öffentliches Interesse bestehe, das Resultat einer Entwicklung von nur zwei
Jahren sei, da nach 1945 bis 1951 die durch den Nazismus kompromittierte volkskundliche
Forschung und Lehre in der DDR völlig darniedergelegen habe. Die Rehabilitierung der
Volkskunde allein hätte nicht zu einer so intensiven Neubelebung geführt, wenn nicht
gleichzeitig ein gesellschaftliches Bedürfnis danach herangereift gewesen wäre.2)
Mit dem Ziele, die gegenwärtige Forschungssituation in der DDR verständlich zu
machen, gab der Referent einen gerafften und auf seine entscheidenden Prinzipien zurück-
x) Liegt inzwischen gedruckt vor als: Zentralhaus für Laienkunst. Studienmaterial f. ff*
Bildungs- und Erziehungsarbeit der Volkskunstgruppen. Sonderreihe zur Volkskunst-
foschung. Heft 1 (Leipzig 1953).
2) Der Berichterstatter fühlt sich verpflichtet, an dieser Stelle zu bemerken, daß vor allem
die von Prof. Steinitz im „Neuen Deutschland“ vom 16. und 17. November 1951 ver-
öffentlichten Aufsätze „Die deutsche Volksdichtung, ein wichtiger Teil des nationalen Kultur-
erbes“ diesen Durchbruch zu erzielen halfen. Alle Volkskundler in unserer Republik wissen
ihm dafür Dank.
Bericht über den Volkskunde-Kongreß
261
geführten Überblick über die Geschichte der deutschen Volkskunde. Im Zeitalter des
deutschen Humanismus und des Bauernkrieges von Johannes Bohemus und Sebastian
Franck begründet, befaßt sie sich in ihrer ersten Periode mit der Darstellung des Lebens
des deutschen Volkes. Sie zeichnet sich dabei durch eine demokratische und patriotische
Flaltung aus, die frei von nationaler Überheblichkeit ist. In ihrer zweiten Entwicklungs-
Periode, die mit den Jahren 1770-1848 abgegrenzt werden kann, entwickelt sich die Volks-
kunde in Deutschland zur Wissenschaft im modernen Sinne. Herder, Goethe, Schubart
und Bürger haben an dem damals neu erwachenden Interesse für die Volksdichtung
entscheidenden Anteil; Arnim, Brentano, die Brüder Grimm setzten diese Arbeit
fort. Offen reaktionäre Züge der romantischen Schule dürfen uns nicht davon abhalten,
ihre positive Rolle bei der Veröffentlichung der Schätze der deutschen Volksdichtung und
damit bei der Stärkung des Nationalbewußtseins zu sehen. Drei große deutsche Volks-
kundler setzen sich nach den Freiheitskriegen für die nationale Einheit und die Demo-
kratisierung Deutschlands ein: Jacob Grimm, Hoffmann v. Fallersleben und
Ludwig Uhland. Eine rege Anteilnahme an der Volksdichtung und ihrer Erforschung
herrscht im Vormärz unter allen demokratischen Kräften in Deutschland. Auch Friedrich
Engels und Karl Marx befaßten sich bereits in ihren jungen Jahren sehr eingehend mit
den deutschen Volksbüchern, Volksliedern, Sagen und Märchen. Alle Bemühungen während
dieser Periode, als die nationale Einigung Deutschlands die dringendste Tagesförderung
War, sind gekennzeichnet durch ihren jede Überheblichkeit meidenden nationalen Charakter
(es bestehen z. B. enge Beziehungen deutscher Gelehrter zu den slawischen Völkern)
sowie durch die Betonung der künstlerischen Schaffenskraft des Volkes als Schöpfer der
Volksdichtung. Bei aller Anerkennung dieser positiven Seiten müssen wir uns heute kritisch
Zu den Volksdichtungssammlungen dieser Periode verhalten und dürfen, wie der Referent
an einem Beispiel nachwies, auch die reaktionären Züge z. B. in der Bearbeitung der Kinder-
und Hausmärchen durch [im Schaffen] Wilhelm Grimm nicht übersehen.
In der dritten Periode, nach 1848, verschwindet die demokratische Tendenz in der
deutschen Volkskunde immer mehr. Dieser Bruch mit der volkskundlichen Tradition, den
wir schon bei Riehl feststellen, führt zur Unterstützung der reaktionären Polizeiherrschaft,
Zum Verschweigen der demokratisch-freiheitlichen Elemente im künstlerischen Volks-
schaffen und zu einer völligen Unterschätzung der schöpferischen Kräfte des Volkes. Diese
Entwicklung mündet schließlich mit Hans Naumann, dem offenen Wegbereiter des
Nazismus, in eine überhebliche, volksfeindliche Herrenmenschentheorie, die die eingangs
erwähnte Diffamierung der deutschen Volkskunde verursachte.
Im Rahmen seines geschichtlichen Abrisses würdigte der Referent sodann das entschei-
dend positive Einwirken auf die deutsche Volkskunde, das von zwei Persönlichkeiten aus-
geht, die beide kürzlich verstorben sind: Adolf Spamer und John Meier. Beide haben
als aufrichtige bürgerliche Demokraten dem Nazismus keine Konzessionen gemacht und
grundlegende, nachhaltige Beiträge zur Volkskundeforschung geleistet.
Das für die diesjährige Arbeitstagung programmatische Kapitel, das der Referent nun-
ßiehr behandelte, befaßte sich mit den Aufgaben der Volkskunde in der DDR. Zwei Ge-
sichtspunkte sind dafür ausschlaggebend: ,,1. Untersuchung und Herausarbeitung der in
der bisherigen Forschung völlig vernachlässigten fortschrittlichen, demokratisch-freiheit-
lichen Traditionen auf dem Gebiete des künstlerischen Volksschaffens (Volkslied usw.).
2- Enge Verbindung mit dem kulturellen Leben unserer Werktätigen und demzufolge
Schwergewicht auf der Bearbeitung derjenigen wissenschaftlichen Aufgaben, deren Lösung
einem unmittelbaren Bedürfnis der Tausende von Volkskunstgruppen und dem neuen
kulturellen Leben in unseren Schulen, Hochschulen, Betrieben und auf dem Dorf, besonders
ln den Produktionsgenossenschaften, entspricht“. An Hand einzelner in Angriff genom-
mener und durchgeführter Arbeiten wurden diese Gesichtspunkte näher erläutert. Sie be-
stimmen auch die von Prof. Steinitz selbst unternommene Herausgabe ,,Deutsche Volks-
lieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderlen“ sowie die entsprechenden Arbeiten
auf dem Gebiete des deutschen Märchens und der bildenden Volkskunst, der Trachten- und
262
Horst Kunze
Bauernmöbelforschung, der Erforschung der alten Wirtschaftsformen und Wirtschafts-
geräte. Zentrum der volkskundlichen Forschung ist das Berliner Akademie-Institut für
Volkskunde geworden, dem die Wossidlo-Forschungsstelle in Rostock und das Dresdener
Institut für Volkskunde auf eigenen Wunsch angeschlossen wurden. Durch Übernahme des
Spamer-Nachlasses hat es seine Arbeitsbasis erfreulich erweitern können. Zu den großen
Aufgaben, die es zu bewältigen hat, zählen ferner die Fortführung von Spamers Corpus der
Segens- und Beschwörungs-Formeln und des von der Akademie in Obhut genommenen
Atlas der deutschen Volkskunde. Ernste Schwierigkeiten stehen der Bewältigung dieser
zahlreichen, großen Aufgaben wegen des Mangels an Nachwuchskräften, des Fehlens des
Volkskundeunterrichts an den Hochschulen und Lehrerbildungsinstituten entgegen3).
Um die Neuorientierung der deutschen Volkskunde in der DDR zu begründen, befaßte
sich der Referent abschließend mit einigen prinzipeilen Fragen, zu denen er seinen Stand-
punkt als marxistischer Volkskundler vertrat und begründete, wobei er jedoch erklärte,
daß dieser Standpunkt nicht die Voraussetzung für die Mitwirkung an der volkskundlichen
Arbeit in der DDR sei. Die Fruchtbarkeit des dialektisch-historischen Materialismus wird
sich jedoch auch auf unserem Fachgebiet den nichtmarxistischen Kollegen immer deutlicher
erweisen.
Im Vordergrund der in letzter Zeit viel diskutierten Probleme stehen
1. das Verhältnis von Völkerkunde und Volkskunde. Die Ausführungen über diese Frage
sind S. 269-275 wörtlich abgedruckt.
2. der Gegenstand der Volkskunde: der Volksbegriff. Die auf Hoffmann-Krayer (1902)
zurückgehende Definition: Arbeitsbereich der Volkskunde sei das „vulgus in populo“,
ist eine subjektiv wertende. Sie führt die unglückliche Unterschicht-Oberschicht-Termino-
logie ein. Demgegenüber ist die marxistische Terminologie objektiv: Arbeitsbereich der
Volkskunde sind die werktätigen Klassen. Die termini „Werktätige“ und „herrschende
Klassen“ sind völlig eindeutig. Die Erforschung des werktätigen deutschen Volkes in seiner
materiellen und geistigen Kultur, insbesondere sein Beitrag zur deutschen Nationalkultur
ist demnach Gegenstand der Volkskunde nach marxistischer Auffassung. Ein besonderes
Gebiet, über das wir uns erst durch Erfahrungsaustausch mit sowjetischen Fachkollegen
Klarheit verschaffen müssen, ist die Arbeitervolkskunde.
Die Aufgaben, die die volkskundliche Forschung sich in der DDR stellt, tragen zum
großen Teil gesamtdeutschen Charakter und sind von gesamtdeutscher Bedeutung. Mit
zahlreichen westdeutschen Volkskundlern und volkskundlichen Institutionen in West-
deutschland stehen wir in guter Zusammenarbeit. Ablehnen müssen wir jedoch bestimmte
Bestrebungen, die sich in der sogenannten „Volkskunde der Heimatvertriebenen“ wider-
spiegeln. Leider spielen diese Tendenzen in dem ersten Heft der neuen, in der Bundes-
republik erscheinenden „Zeitschrift für Volkskunde“, und zwar in deren program-
matischem Vorwort eine wesentliche Rolle. Wir verkennen nicht, daß die volkskundliche
Erforschung der Umsiedler von wissenschaftlicher Bedeutung ist. Wir wissen aber auch,
daß man in Westdeutschland aus politischen Gründen versucht, die natürliche Anhänglich-
keit dieser Menschen an ihre alte Heimat zum Revisionismus und Völkerhaß zu mißbrauchen
und daß gewisse Volkskundler dabei objektive Hilfsdienste leisten. Unsere bisherige Arbeit
hat uns die Freundschaft der Völker Polens, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion
gegeben. Wir wollen die vertrauensvolle freundschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen
festigen, nicht aber gefährden.
Einer lebhaften Diskussion folgte eine Reihe von Vorträgen und Berichten, die daS
Hauptreferat dadurch ergänzten, daß sie entweder bestimmte Einzelprobleme, die von
Prof. Steinitz nur angedeutet werden konnten, näher ausführten oder einen Überblick übet
die bisher geleistete volkskundliche Arbeit gaben.
3) Vom Studienjahr 1954/1955 an werden an den meisten Universitäten und mehreren
Lehrerbildungsinstituten der DDR volkskundliche Vorlesungen gehalten. (Die Red-)
Bericht über den Volkskunde-Kongreß
263
So untersuchte Dr. Erich L. Schmidt „Die Bedeutung des Humanisten Johannes
Böhm“, dessen hervorragende Rolle in der Geschichte der deutschen Volkskunde bereits
«n Hauptreferat betont worden war.
Die Analyse des ersten deutschen Volkskundlers, die der Referent gab, gestaltete sich
zu einem Beitrag zum Verständnis des deutschen Humanismus. Es kam Dr. Schmidt vor
allem darauf an, Böhms besondere wissenschaftsgeschichtliche Stellung zu klären. Zweifel-
los ist sein Werk ein erster Versuch zu einer Darstellung der allgemeinen Völkerkunde, ein
Versuch, der sich zwar in der Hauptsache als scholastische Kompilation erweist, zugleich
aber als realistische Aneignung der gesamten Schöpfung eine echt humanistische Idee ver-
wirklicht. Auch in dem Deutschland betreffenden Teil seines Werkes „Über die Sitten aller
Völker“ handelt es sich um ethnographisches Tatsachenmaterial, das bereits aus der voran-
gegangenen Literatur bekannt war, aber noch niemals war dieser Stoff in solcher Reinheit
und Klarheit ausgesondert und dargestellt worden. Als die Keimzelle des Gesamtwerkes
kennzeichnete der Referent die Auffassung Böhms: „Aus geordneter Anschauung des
eigenen Volkes, aus der zur Wissenschaft bestimmten und geformten Volkskunde, entfaltet
sich im Vergleichen des Vertrauten mit dem Andersartigen die Völkerkunde.“
Gleichsam als Einleitung zu den folgenden Arbeitsberichten war der kurze Vortrag ge-
dacht, den Prof. Dr. Horst Kunze über „Die Volkskunde in den Kreisplänen des Nationalen
Aufbauwerkes“ hielt. Der Referent zeigte mit charakteristischen Beispielen, welche sehr
unterschiedliche volkskundliche Arbeit auf Grund der Kreispläne des Nationalen Aufbau-
Werkes in den einzelnen Kreisen bisher geleistet worden ist. Er wies aber zugleich auch
deutlich auf die noch bestehenden Mängel, besonders in der Organisierung, Koordinierung
und Auswertung der Kreisplanarbeit hin und machte Vorschläge zu ihrer Verbesserung.
Mit einem Appell an die anwesenden Volkskundler, ihr ganzes Wissen und Können in den
Dienst dieser von den Kreisplänen ausgelösten nationalen Massenbewegung zu stellen,
beschloß der Referent seine Ausführungen.
In seinem ,,Bericht über die volkskundliche Erforschung zweier landwirtschaftlicher Pro-
duktionsgenossenschaften“ wertete Rudolf Weinhold die Erfahrungen je einer Expedition
von vier bis fünf Wochen in den Dörfern Dubnitz auf Rügen und Kreckwitz in der Lausitz
aus. Nach einem Arbeitsplan, der sich auf die Erfahrungen des sowjetischen Ethnographen
Worobjow und des tschechoslowakischen Volkskundlers KRAMAßIK stützte, wurde
von je einem Mitarbeiter der historisch-geographische, der ökonomische und gesellschaft-
lich-kulturpolitische Teil der Aufgabe sowie die Analyse der Volkskultur vorbereitet und
bearbeitet. Dabei stand die sozial-ökonomische Entwicklung dieser Dörfer in den Jahren
1935 —1953 im Vordergrund, unter besonderer Berücksichtigung der Auswirkungen der
Bodenreform und der Entfaltung des genossenschaftlichen und kulturellen Lebens. Bei
der Analyse der Volkskultur galt es, die im Dorfe noch lebendigen überlieferten geistigen
und materiellen Formen, ihre Aufnahme, Veränderung und Weiterführung ebenso zu be-
rücksichtigen wie die neuen Formen des Genossenschaftslebens und die schöpferischen
Kräfte des werktätigen Volkes. Für unsere volkskundliche Arbeit auf dem so hochbedeut-
samen Gebiet der Erforschung des neuen demokratischen Dorfes, die gerade deshalb, weil
wir hier ein ganz neues Tätigkeitsfeld vor uns haben, einer gründlichen Diskussion bedarf,
Werden nicht nur die Ergebnisse dieser Expedition wertvoll sein, sondern auch die vom
Referenten deutlich ausgesprochenen objektiven und theoretisch-methodischen Mängel,
die diese Expeditionen noch aufzuweisen hatten.
Die ganze Fülle der praktischen Volkskundearbeit, die die Natur- und Heimatfreunde
Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands in den letzten Jahren, be-
sonders aber seit ihrer zentralen Tagung 1951 in Quedlinburg, geleistet haben, spiegelte der
Arbeitsbericht von Dr. Liesl Noack wider. In dem Bestreben, durch die Vermittlung der
Kenntnis unserer Heimat, der Lebensweise ihrer Menschen, ihrer wirtschaftlichen und
kulturellen Verhältnisse in breitesten Kreisen unserer Bevölkerung eine echte und tiefe
Heimatliebe zu entwickeln, arbeiten die Natur- und Heimatfreunde an der Erforschung
264
Horst Kunze
unserer Geschichte, besonders der deutschen Arbeiterbewegung, bei Anlage von Orts-
chroniken, bei der Erhaltung von Kulturdenkmälern, bei der Belebung von Brauchturn
und Volksfesten und besonders bei der Gestaltung von Heimatmuseen tatkräftig mit. Die
Referentin zeigte an diesen vielfältigen Arbeitsgebieten, wie wichtig die Verbindung der
Natur- und Heimatfreunde mit den auf dem Gebiete der Volkskunde tätigen wissenschaft-
lichen Institutionen ist, die allein ihnen die erforderliche und gewünschte Anleitung zu
geben vermögen.
Die Reihe der Berichte im allgemeinen Teil wurde abgeschlossen mit dem „Bericht
über die Arbeit des Instituts für sorbische Volksforschung“ von Paul Nowotny, Bautzen.
Das 1951 begründete Institut, das durch Ministerratsbeschluß 1952 der Deutschen Akademie
der Wissenschaften zu Berlin hinsichtlich seiner materiellen und wissenschaftlichen Be-
treuung zugeordnet wurde, wird von dem Referenten geleitet. Es umfaßt die Abteilungen
Volkskunde, Sorbische Sprache und Literatur sowie Geschichte und Soziologie. Mit diesem
im Aufbau befindlichen Institut haben die Sorben zum erstenmal in ihrer Geschichte die
Möglichkeit, in einer eigenen wissenschaftlichen Institution sich der sorbischen Volkskultur
und ihrer freien Entfaltung zu widmen. Es arbeitet auf dem Gebiete der Volkskunde mit
allen volkskundlichen Institutionen unserer Republik engstens zusammen. Das Institut hat
bereits eine Reihe von volkskundlichen Arbeiten geplant, koordiniert und durchgeführt;
seine besondere Aufmerksamkeit gehört den bisher vernachlässigten Gebieten wie Trachten-,
Volkstanz-, Volksmusik- und Volksarchitekturforschung. Die hervorragende Hilfe, die der
jetzige Leiter des Zentralhauses für Laienkunst, Paul Nedo, dem Institut geleistet hat,
wurde von dem Referenten besonders hervorgehoben.
Dr. Harry Schewe berichtete über „Des Knaben Wunderliorn in der kritisch-kommen-
tierten Neuausgabe der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin“, die, auf An-
regung von Professor Steinitz, 1956 zum 150. Geburtstag des „Wunderhorns“ vorliegen
soll. Die Quellenfrage, die für die Neuausgabe grundlegend ist, ist zwar schon früh gestellt,
aber bis zum heutigen Tag noch nicht befriedigend gelöst worden. Selbst die wegweisenden
Untersuchungen Karl Bodes (1909) bedürfen mindestens in zwei Punkten, nämlich
hinsichtlich der kleinen Liederdrucke und der mündlichen Überlieferung, der Ergänzung.
Mit Bedauern müssen wir sehen, daß die Wunderhorn-Sammlung, die den „Grundstock
eines großen deutschen Liederarchivs“ hätte bilden können, später in alle Winde verstreut
worden ist. Uber die bekannten Fundstellen des Wunderhorn-Materials hinaus konnte der
Vortragende die Hörer über einen bedeutsamen Fund Dr. Arno Schmidts im Stadtarchiv
Stralsund unterrichten; es handelt sich um den Hauptteil der Handschriften, die Rudolf
Baier bei der Neuherausgabe des Wunderhorns (1845-1846) zurückgehalten hatte. So
wird die Akademieausgabe des Wunderhorns, die einen kritischen Apparat und Kommentar
enthalten wird, neben der erforderlichen Textbereinigung auf neuen Ergebnissen der
Quellenforschung fußen und erstmalig auch in einem besonderen Bande die Melodien der
um 1800 noch gesungenen Volkslieder vereinigen. Wie sich einst in dem Märker A. V. ArniM
und dem Rheinländer C. Brentano Ost und West unseres Vaterlandes verbunden haben,
so wird auch die Neuausgabe nur im freundschaftlichen Zusammenwirken zwischen Ost und
West zu einem befriedigenden Abschluß geführt werden können.
Einen ähnlichen Einblick in die volkskundliche Editionsarbeit gab Dr. IngebokG
Weber-Kellermann in ihrem Bericht „Der Liedervorrat einer deutschen Bauersfrau des
19. Jahrhunderls auf Grund der Volksliedersammlung von Ludolf Parisiusit. Diese Lieder-
sammlung Parisius aus dem Besitz der Universitäts- und Landesbibliothek Halle wird
nämlich das Institut für deutsche Volkskunde, Berlin, in Kürze im Druck vorlegen. Sie wird
das spärliche Liedmaterial, das bis zum heutigen Tag aus Brandenburg und der Altmark
vorliegt, wesentlich ergänzen. Darüber hinaus wird gerade diese Sammlung für den Volks-
kundler besonders aufschlußreich sein, weil Parisius, ein fortschrittlicher demokratischer
Politiker seiner Zeit (1827—1900), große Aufmerksamkeit den Trägern des von ihm ge'
sammelten Liedgutes, den Sängerinnen und Sängern, gewidmet hat, unter denen die Gestalt
der Bäuerin Gennrich sich markant abzeichnet.
Bericht über den Volkskunde-Kongreß
265
In den Mittelpunkt seines Referates „Über die Erforschung niederdeutscher Märchen in der
DDR“ stellte Prof. Dr. Hans-Friedrich Rosenfeld das von Wossidlo gesammelte Mate-
rial, das zahlenmäßig etwa 190 Märchen umfaßt. An einzelnenProben erläuterte er die Schwierig-
keiten, die einer Herausgabe des Materials dadurch entgegenstehen, daß der größte Teil der
Aufzeichnungen Wossidlos nur stichwortartig vorliegt. Vollständig ausgeführte Märchen
in seiner Sammlung stammen von anderen Sammlern, die ihm ihre Aufzeichnungen über-
geben haben. Der inhaltliche Zusammenhang der stichwortartigen Aufzeichnungen läßt
sich gewiß durch hochdeutsche Hinweise ergänzen, wo ausgeführte Fassungen, etwa bei
Grimm, vorliegen. Vielfach ist aber nach Auffassung des Referenten die Feststellung des
richtigen Zusammenhanges und die Zugehörigkeit der Märchen außerordentlich erschwert.
So wird eine eingehende Motivvergleichung, die sich auf die gesamte Märchenforschung
ausdehnen muß, sowie eine vergleichende Betrachtung des Märchengutes im ganzen nieder-
deutschen Gebiet Voraussetzung für eine wissenschaftliche Bearbeitung dieses ungewöhn-
lichen Materials Wossidlos sein müssen.
Über „Die Sagensammlung Richard Wossidlos“ berichtete Dr. Paul Beckmann, Rostock.
Ein persönliches Erlebnis, das ihn auf den Reichtum lebendigen Volksgutes lenkte, ließ
Wossidlo erkennen, daß die erste wissenschaftliche Sammlung der „Sagen, Märchen und
Gebräuche aus Mecklenburg“, 1879 von Karl Bartsch herausgegeben, nicht erschöpfend
war. Das veranlaßte ihn zu einer systematischen Sammelarbeit mittels eines eigenen Frage-
bogens. 35000 Aufzeichnungen, deren Gewährsleute überwiegend Kuhhirten, Tagelöhner,
Ziegler und andere Arbeiter sind, ist das stolze Ergebnis seines Sagenschatzes, dessen Be-
arbeitung auf große Schwierigkeiten stößt, weil die große Mehrzahl der Sagen ebenfalls
nur stichwortartig und mit schwer lesbaren Abkürzungen und Zeichen aufgenommen
worden ist. Nur ein Teil des Materials ist bereits veröffentlicht (1939). An charakteristischen
Beispielen zeigte der Referent, daß dieses reiche Sagenmaterial nicht nur die Siedlungs-
geschichte des ostelbischen Gebietes und die Kultbräuche der vorslavischen Germanen und
der slavischen Stämme widerspiegelt, sondern auch den ausgeprägten sozialkritischen
Charakter der Sagenerzähler deutlich erkennen läßt. Bei aller Bedeutung, die der Wossidlo-
schen Sammlung zukommt, kann sich die Sagenforschung in Mecklenburg nicht damit be-
gnügen, das vorliegende Material zu bearbeiten. Es muß vielmehr systematisch ergänzt
werden, wobei die Sammler auch die Einwirkungen der Neusiedler aus dem Osten und
Südosten auf das Volksgut und die heutige Entstehung von Sagen beachten sowie die
materiellen und seelischen Verhältnisse der Sagenerzähler prüfen müssen.
„Neue Ergebnisse der thüringischen Volksmusikforschung“ legte Prof. Dr. Günter Kraft
aus der Arbeit des Institutes für Volksmusikforschung an der Hochschule für Musik zu
Weimar vor, indem er über die praktische Volksliedforschung des Institutes im Gebiete um
Wechmar bei Gotha berichtete. Ausgehend von einer Notiz in einer gedruckten thürin-
gischen Chronik des Jahres 1684, konnten hier, an der Wiege der Familie Bach, nicht nur
weitere alte Spielmannsfamilien und traditionsreiche lokale Produktionsstätten von In-
strumentenbauern festgestellt, sondern auch die Auswirkungen eines lebhaften Wander-
triebes dieser Familien verfolgt werden. Bauern und Spielleute, Köhler, Löffelschnitzer
und Orgelbauer sind die Träger der Volkskunsttraditionen gewesen. An unmittelbaren
musikalischen Ergebnissen erbrachte die Exkursion reiches Liedmaterial von Einzelsängern
und Chören. Dieser Teil der Institutsarbeit schafft die Voraussetzung für die Durchführung
seiner weiteren Aufgaben, die in der wissenschaftlichen Auswertung dieses Materials und
der praktischen Anleitung von Volkskunstgruppen bestehen.
Wertvolle Erfahrungen aus der Praxis des Volksliedforschers vermittelte Dr. Alfred j
Quellmalz in seinem Referat über „Südtirol als Beispiel systematischer Erfassung der
Volksmusik in einem geschlossenen Siedlungsgebiet“. In den Jahren 1940—1942 konnte
der Referent als Leiter einer groß angelegten Sammelaktion mit dem Magnetophon
zirka 2500 Aufnahmen machen. Hierbei wurde grundsätzlich alles gesammelt, was im Volke
an Musik lebte. Einen kleinen Einblick in die vielschichtige Zusammensetzung der Volks-
musik Südtirols gewährten die vorgeführten Tonaufnahmen. Besonders die Brauchtums-
266
Horst Kunze
weisen dokumentierten eindrucksvoll ihr hohes Alter. Überraschend fanden sich auch
Balladen, die man in diesem Gebiet nicht vermutet hatte und von denen der Referent die
alte „Tannhäuser-Ballade“ darbot. Interessante Aufnahmen von Volksmusikinstrumenten
(Waldtuter, Raffel u. a.) vervollständigten das Gesamtbild und bezeugten den großen
Wert des gesammelten Materials, das noch seiner endgültigen Auswertung harrt.
Nicht minder vielgestaltig und anschaulich waren die Vorträge und Berichte, die in der
dritten Gruppe der Volkskunst gewidmet waren. Auch sie befaßten sich in einem ab-
gewogenen Verhältnis sowohl mit historischen Untersuchungen als auch mit aktuellen
Problemen und Aufgaben.
Der mit zahlreichen Lichtbildern veranschaulichte Vortrag Dr. Wilhelm Fraengers
über „Jörg Ratgeb und sein Herrenberger Altarwerk“ stellte den Künstler und Menschen
Ratgeb hinein in das schwarmgeistige und politische Milieu, in dem er lebte. Ausgehend von
einem bedeutenden Frühwerk des Künstlers: dem Rotterdamer Abendmahl, das bereits
Ratgebs Zugehörigkeit zu den friedfertigen und gewaltlosen „Stäblern“ unter den gegen
Rom und seine Hierarchie kämpfenden sektiererischen Schwärmern erkennen läßt, gelang
es dem Referenten, das Herrenberger Altarwerk als sein eigentliches Zeitbekenntnis lebendig
werden zu lassen. Der scheinbar dominierende vulgäre Realismus dieses Malers ist mit
einem tiefsinnigen Spiritualismus und einer leidenschaftlichen politisch-oppositionellen
Tendenz verquickt. Nach Vollendung seines Herrenberger Altars nach Stuttgart zurück-
gekehrt, wurde Ratgeb als Feldhauptmann und Kanzler der revolutionären Bauern ein
Opfer der despotischen Staatsgewalt seiner Zeit: durch Roßgespann gevierteilt endet dieses
Künstlerleben, das eine „radikale Folgerichtigkeit von Kunst und Leben“ auszeichnet.
Der an kunstgeschichtlichen, gesellschaftswissenschaftlichen und volkskundlichen Er-
gebnissen reiche Vortrag, der den großen Künstler und aufrichtigen Demokraten Jörg
Ratgeb auf Grund eigener neuer Forschungen lebendig werden ließ, wurde allen Zuhörern
zu einem tiefen Erlebnis.
Dr. Friedrich Sieber behandelte in seinem Lichtbildervortrag „Bunte Möbel aus
der Oberlausitz als Werke der Volkskunst“ eine Gruppe aus dem sächsischen Möbelbestand
des 18. Jahrhunderts, die durch ihre Altertümlichkeit in Bau und Farbe sowie durch ein
Akanthusschild und üppigen Blumendekor mit zügigen Tulpenranken gekennzeichnet ist.
Die zu dieser Gruppe gehörigen rund 50 Möbelstücke, meist Schränke, sind zwischen 1729
und 1790 in der Brüderhaustischlerei in Herrnhut entstanden, die also neben der bekann-
teren Kunsttischlerei auch die Herstellung bunter Dorfmöbel betrieben hat. Das dort tätige
Kollektiv arbeitete im wesentlichen mit dem überlieferten Motivschatz, den es im Laufe
seines sechzigjährigen Bestehens bedächtig weitergebildet hat. Wie schon früh von der
Herrnhuter Werkstatt Anregungen hinaus in die Landschaft gegangen sind, so hat auch der
Schrank aus dieser Werkstatt als Gebrauchsmöbel Eingang in das Bauern- und Weberhaus
gefunden, da er den Ansprüchen des dörflichen Käuferkreises entsprach.
Als Beiträge zur Trachtenforschung waren im Tagungsprogramm ursprünglich zwei
Vorträge vorgesehen, von denen der eine von Dr. Waltraud König, Leipzig, über die
,,Sächsische Festtagstracht im 18. Jahrhundert“ wegen Zeitmangel ausfallen mußte. Das
Referat von Dr. Karl-Ewald Fritzsch, Dresden, über die „Sächsische Trauertracht im
18. Jahrhundert“ (mit Lichtbildern) fußte auf kursächsischem Material zur Zeit Augusts des
Starken, das, von Adam Zürner und Johann August Richter aufgenommen, seit
etwa 1800 verschollen war und zum guten Teil wieder entdeckt worden ist. Seine gründliche
wissenschaftliche Auswertung erfolgt zur Zeit in der Forschungsstelle Dresden durch
den Referenten. Die gezeigten Lichtbilder gaben eine Vorstellung von der Schönheit dieser
für 150 Orte auf 116 Blättern gezeichneten und kolorierten Trachten und Trachtenteile.
Die Ergebnisse, zu denen die Auswertung dieses kostbaren Materials bereits geführt hat,
werden demnächst in einer Monographie vorliegen.
Nach diesen historischen Vorträgen behandelte PaulNedo in seinem Lichtbildervortrag
ein höchst aktuelles Thema, nämlich „Fragen des bildnerischen Volksschaffens in der DDR‘ •
Nachdem er das Verhältnis des Zentralhauses für Laienkunst zu Leipzig zum bildnerischen
Bericht über den Volkskunde-Kongreß
267
Volksschaffen geklärt hatte, gab der Redner eine knappe Analyse des Begriffes Volkskunst
als ,,das künstlerische Schaffen des werktätigen Volkes in der antagonistischen Klassen-
gesellschaft“, das mit der Kunst der jeweils herrschenden Klasse in mannigfachen Beziehungen
steht. Als schlimmster Feind der Volkskunst hat sich der Industriekapitalismus erwiesen,
der das Erzeugnis der bildnerischen Volkskunst zum Objekt kapitalistischer Profitsucht
machte. Die sich daraus ergebenden verheerenden Folgen konnte auch das bürgerliche
Kunstgewerbe, als es versuchte, die Volkskunst durch eine Erneuerung der Form zu retten,
nicht beseitigen. Nur eine Änderung der ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse,
die den werktätigen Menschen und seine künstlerisch-schöpferischen Kräfte von den Folgen
kapitalistischer Profitmacherei befreit, kann, an die Traditionen des künstlerischen Volks-
schaffens der Vergangenheit anknüpfend, eine vom Inhalt her bestimmte Erneuerung der
Volkskunst einleiten. So verschieden auch die Probleme je nach dem Charakter des jeweiligen
Volkskunstzweiges stehen, die Entwicklung des künstlerischen Volksschaffens in der DDR
seit 1945 zeigt eine freie Entfaltung schöpferischer Kräfte der Werktätigen. Das machte
Nedo an den Beispielen der erzgebirgischen Schnitzerei, der Teppichknüpferei an der Ost-
see, des Blaudrucks und der Keramik deutlich.
Uber die besondere Rolle, die der Volkstanz im Volkskunstschaffen in der DDR spielt,
sprach Erich Janietz, Leipzig, und behandelte dabei die „Gegenwartsprobleme der Volks-
tanzforschung“. Die zahllosen Volkstanzgruppen bedürfen der Unterstützung durch die
Forschung, die den Volkstanz bisher vernachlässigt hat. Das Zurückbleiben der Volkstanz-
forschung erklärt sich zum Teil aus den methodischen Schwierigkeiten, die der Sammlung,
Aufzeichnung und Auswertung des Volkstanzes entgegenstehen. Die Hauptaufgaben der
Volkstanzforschung, wie sie auf einer vom Zentralhaus im Frühjahr 1953 durchgeführten
Tagung erarbeitet wurden, sind: 1. Das systematische Sammeln und Aufzeichnen alter
deutscher Volkstänze mit Hilfe von Forscherkollektiven; 2. die Erforschung der literari-
schen und darstellenden Quellen; 3. die kritische Auswertung des gesammelten Materials
und 4. die Beobachtung neu entstehender Tänze. Die Anleitung der Volkskunstgruppen
durch die Volkskunstkabinette ist entscheidend. Hochschulen und staatliche Ausbildungs-
stätten für Tanz müssen dabei mithelfen. Das Ziel der Volkstanzforschung muß sein, bei
der Erforschung des Tanzes in der Vergangenheit dem Tanz der unterdrückten Klassen
besondere Beachtung zu schenken sowie den gesellschaftlichen Inhalt des Volkstanzes zu
analysieren. Dabei werden die schöpferischen Kräfte des Volkes und die nationalen Besonder-
heiten seines künstlerischen Schaffens sichtbar werden.
Die Reihe der Vorträge, die im Tagungsprogramm der „Materiellen Volkskultur“
Vorbehalten waren, eröffnete Dr. Heinz Kothe, Berlin, mit seinem Lichtbildervortrag
über ,,Landwirtschaftliche Arbeitsgeräte in Deutschland nach ihrer Verbreitung und Entwick-
lung“. Diesem Thema kam insofern besondere Bedeutung zu, als in der deutschen Volks-
kunde die Produktivkräfte bisher wenig Beachtung gefunden haben, obwohl es als selbst-
verständlich gilt, daß sich eine ethnische Gemeinschaft nur dann exakt bestimmen läßt, wenn
man nicht nur die Form, sondern auch den durch die jeweilige Produktionsweise bedingten
Inhalt der Kultur berücksichtigt. So ist auch die Erforschung der Arbeitsgeräte und ihrer
Geschichte geeignet, den Nachweis zu führen, daß jede Veränderung in der Produktions-
weise notwendig eine Veränderung in der gesamten Gesellschaftsordnung hervorruft. Aller-
dings darf eine solche Geräteforschung nicht, wie es früher meist der Fall war, isoliert und
losgelöst von der ethnischen Gemeinschaft betrieben werden. Um die Voraussetzung für
eine solche wissenschaftliche Auswertung der Entwicklung der landwirtschaftlichen Arbeits-
geräte in Deutschland zu schaffen, muß im Interesse der ethnographischen Feldforschung
mit der Sammlung dieser Geräte in den Heimatmuseen begonnen und eine Bestandsaufnahme
aller Arbeitsgeräte in den Museen und sonstigen Sammlungen der DDR sowie eine Bestands-
aufnahme ihrer Funktion heute und früher durchgeführt werden. Darauf sowie auf der Aus-
wertung aller literarischen Quellen aufbauend, müßte mittels Fragebogen das Material zu
einem Atlas der materiellen Volkskultur geschaffen werden. Mit seinen folgenden Aus-
führungen, die er als einen ersten Versuch aufgenommen wissen wollte, über Pflanzgeräte,
268
Horst Kunze
Kratzer und verwandte Geräte, gabelförmige Geräte, Geräte des Grabstockbaus, des Frucht-
stockbaus und des Pflugbaus sollte der Weg angedeutet werden, den die künftige Geräte-
forschung innerhalb der Wirtschaftsethnographie einschlagen muß, wenn sie ihren Beitrag
zum Studium der sozialökonomischen Entwicklung und ihrer Gesetzmäßigkeiten leisten will.
„Zur Frage der urgeschichtlichen Siedlung und Wirtschaft in Mitteleuropa“ sprach sodann
Dr. Wolfgang Jacobeit, Göttingen, wobei es dem Redner weniger darauf ankam, un-
bekanntes Material darzulegen als „eine nach neuen Gesichtspunkten erarbeitete Inter-
pretation der urgeschichtlichen Siedlung zur kritischen Begutachtung vorzutragen“. Eine
auf exakter naturwissenschaftlicher Forschung aufbauende Untersuchung der neolithisch-
bronzezeitlichen Siedlungsbewegung und Wirtschaft Mitteleuropas muß von dem im Neo-
lithikum und in der Bronzezeit einsetzenden wärmeren Klima ausgehen, das zu einer starken
Ausbreitung des Waldwuchses führte. Der Mensch, der sich nun Rind, Schwein, Schaf und
Ziege nutzbar gemacht hatte, mußte bemüht sein, den immer stärker bewaldeten Boden als
Weidegebiet und Anbaufläche zu nutzen. Unter den verschiedenen Waldarten hat der Eichen-
und Eichenmischwald die größte Bedeutung gehabt. Er bot für den urgeschichtlichen Sied-
ler den Vorteil, daß neben dem Graswuchs des Unterbodens die tief herabhängenden Zweige
eine gute Weide boten. Unter den verschiedenen Möglichkeiten, die ihm gegeben waren,
diesem dichten Eichenwald beizukommen, kommt den dem Neolithiker zur Verfügung
stehenden Weidetieren eine besondere Bedeutung zu, und unter diesen wiederum sind es
Schaf und Ziege, die sich durch einen besonders scharfen Verbiß an den jungen Trieben der
Bäume, an der Rinde und am Unterholz auszeichnen. Besonders die Schafhaltung ist es also
gewesen, die die neolithische Siedlung, die üblicherweise als wilde Feldgraswirtschaft an-
genommen wird, überhaupt erst ermöglichte. Im Anschluß daran behandelte der Referent
die Frage der Weidewirtschaftsform. Nach dem neuesten Stand der Forschung scheint eine
transhumante Weidewirtschaft mit Formen inverser Transhumanz geherrscht zu haben,
wenn auch nicht in allen Landschaften und urgeschichtlichen Kulturen Mitteleuropas.
Das mit Fotos wirksam unterstrichene Bild, das Richard Glawe von der „Alten
Wohnkultur der Bauern und Fischer in Mecklenburg“ zeichnete, war geeignet, die traditionelle
negative Auffassung, wonach es eine Wohnkultur des Bauerndorfes in Mecklenburg gar
nicht gegeben habe, zu widerlegen. Ausgehend von Dorfformen (Haufendorf, Rundling,
Angerdorf und Reihendorf) zeigte er die Entwicklung des mecklenburgischen Nieder-
sachsenhauses auf, wobei sich die Sonderform runder Häuser als letzte Ausläufer der großen
Baukunst des Barocks erweist. Außerordentlich aufschlußreich war die zusammenfassende
Auswertung der Entwicklung der Baukultur Mecklenburgs, die der Referent überzeugend
geben konnte: zweifellos hat es eine Wohnkultur des Bauerndorfes in Mecklenburg ge-
geben. Der harte Druck der Leibeigenschaft auf den mecklenburgischen Bauer ließ ihn nicht
zu Wohlstand kommen; deshalb blieb sie von spartanischer Einfachheit. Sie entfaltet sich
reicher in Gegenden, wo der Boden fruchtbar und die Landesherrschaft interessiert und stark
genug war, den Bauern gegen den Feudalherrn zu schützen (Rehna-Schönberg, Doberan).
Besondere Behandlung erfuhr noch die Bauweise von Warnemünde und des Fischlands,
wodurch das Gesamtbild, wie es nur ein jahrzehntelang mit der Landschaft verbundener
Volkskundler zu zeichnen vermochte, abgerundet wurde.
Auf der am dritten Tag (6. September 1953) durchgeführten völkerkundlichen
Paralleltagung wurden folgende Referate gehalten: 1. Ramkrishna Mukherjee,
„Die Kasten der Bengalen“; 2. Dr. Eva Lips, „Die Naskapi-Indianer Labradors, ein For-
schungsbericht“; 3. Ernst Germer und Günter Guhr, „Keime der Warenproduktion
in der Urgemeinschaft am Beispiel der Hagen-Stämme Neuguineas“ und 4. Dr. Hans Damm,
„Die völkerkundlichen Sammlungen und Museen in der Deutschen Demokratischen Republik“.
In einer regen Diskussion wurde zu den Referaten Stellung genommen; besonders ein-
gehend wurden die Fragen der Warenproduktion behandelt, unter besonderer Berück-
sichtigung der Abgrenzung des Warenaustausches, der nur bei gesellschaftlicher Arbeits-
teilung und Privateigentum an den Produktionsmitteln bestehen kann, gegenüber dem
Produktenaustausch.
Volkskunde und Völkerkunde
269
Am letzten Tag war der erwartete und freudig begrüßte Fachkollege aus der Tschecho-
slowakischen Volksrepublik, Dr. Kramarik, Prag, eingetroffen. Er gab den Teilnehmern
einen Einblick in die volkskundliche Arbeit seines Landes, indem er auf die ernsten Be-
mühungen hinwies, die Zusammenhänge zwischen der ökonomischen und sozialen Ent-
wicklung einerseits und der Entwicklung einer neuen Kultur andererseits zu studieren.
Eine besondere Aufgabe wird in der Erforschung des genossenschaftlichen Dorfes und seiner
neuen Lebensformen gesehen, wofür bereits reiches Material vorliegt. Daneben wird der
volkskundlichen Erforschung der Arbeiter, insbesondere der Bergarbeiter, sowie der Volks-
trachten große Aufmerksamkeit gewidmet. Volkskundliche Forschung führt, wenn sie in
den einzelnen Ländern isoliert betrieben wird, leicht zu Flaß und Chauvinismus; auf der
Grundlage freundschaftlicher internationaler Zusammenarbeit trägt sie zur Verständigung
unter den Völkern bei und leistet so ihren Beitrag zum Frieden.
In seinem Schlußwort stellte Prof. Dr. Steinitz fest, daß die mit Interesse erwartete
Tagung, die einen großen Kreis von alten und jungen Volkskundlern und Völkerkundlern
zusammengeführt habe, zugleich eine Begegnung des Alten mit dem Neuen in der deutschen
Volkskunde gewesen sei. Spontan hätten sich zahlreiche Fachkollegen bereit erklärt, Samm-
lungen von Volksliedern und andere Materialien dem Berliner Institut zur Auswertung
zur Verfügung zu stellen, so daß für die Zukunft eine noch engere Zusammenarbeit der
einzelnen Volkskundler draußen in der Republik mit der Berliner Zentrale zu erhoffen sei,
wie auch diese selbst mit den Instituten in Dresden und Rostock in enger Verbindung
stehe. Offenkundig sei, daß die deutsche Volkskunde als Wissenschaft in der DDR wieder
zu arbeiten begonnen habe und daß von ihr wesentliche Beiträge zur Entwicklung einer
deutschen Nationalkultur zu erwarten seien.
Ein geselliges zwangloses Beisammensein hatte eine große Anzahl der Tagungsteilnehmer
am Vorabend des ersten Tagungstages in der Akademie vereinigt. Am Abend des 4. Sep-
tember fand eine Veranstaltung unter dem Thema „Der volkskundliche Lehr- und Dokumen-
tarfilm“ statt, auf der nach einer Einführung durch den Leiter des Defa-Studios für populär-
wissenschaftliche und Lehrfilme, Dr. Heino Brandes, mehrere lehrreiche Kurzfilme der
Defa und des Zentralinstitutes für Film und Bild, Berlin, gezeigt wurden. Zu dem völker-
kundlich aufschlußreichen Streifen ,,Bewegungsstudien eines ceylonesischen Tänzers“ sprach
Prof. Dr. Walter Rüben einführende Worte. Der unbestrittene Höhepunkt der Abend-
veranstaltungen war der volkskundliche Abend des 5. September, dessen Programm
Dr. Wilhelm Fraenger liebevoll und kurzweilig zusammengestellt hatte; die musi-
kalische Leitung lag in den Händen Dr. Erich Stockmanns. Mit dankbarer Freude wurden
die einzelnen Nummern des vielgestaltigen Programms von den zahlreichen Anwesenden
aufgenommen.
Wolfgang Steinitz— Berlin
Volkskunde und Völkerkunde
Aus dem Eröffnungs vortrag des volkskundlichen Kongresses zu Berlin
September 1953*)
In welchem Verhältnis stehen Völkerkunde und Volkskunde zueinander? Es ist richtig,
in dieser bei uns in letzter Zeit viel diskutierten Frage Klarheit zu schaffen. Der Standpunkt,
den ich hier vertreten werde, ist folgender:
*) Hier im Wesentlichen in der durch Anmerkungen und einige Zusätze erweiterten Form
des Aufsatzes: „Zur Diskussion: Volkskunde und Völkerkunde.“ Forschungen und Fort-
schritte 27, 1953, S. 142—45.
270
Wolfgang Steinitz
Volkskunde ist ein Synonym von Völkerkunde oder Ethnographie. Es besteht kein
prinzipieller Unterschied zwischen der Wissenschaft der Völkerkunde und der Volks-
kunde. Volkskunde oder Völkerkunde des deutschen Volkes sind also gleichbedeutend.
Dabei hat sich aus wissenschaftsgeschichtlichen Gründen der Ausdruck Volkskunde für
die ethnographische Erforschung des deutschen Volkes eingebürgert, und es besteht kein
ernsthafter Anlaß, diesen Terminus durch den Terminus Ethnographie oder Völkerkunde
zu ersetzen.
V. v. Geramb, A.Haberlandt1), R. Weiss2), I. Weber-Kellermann3) u. a. geben
zwar „die enge Nachbarschaft, die nahe Berührung der beiden Wissenschaften“ (WebeR-
Kellermann) zu, behaupten aber „absolute, prinzipielle Unterschiede“.
Als erstes Argument wird angeführt, Volkskunde sei die Erforschung des eigenen Volkes
(„muttersprachliche Volkskunde“), die infolge Sprachbeherrschung und „der innigen Be-
ziehung in seinem Wesen“ (Weber-K.) zum Forschungsgegenstand viel mehr in die Tiefe
gehen könne, als die Erforschung eines anderen Volkes, die Völkerkunde. Auf dieser
Grundlage — nach der Person des Forschers — zwei Wissenschaften unterscheiden zu
wollen, ist sowohl wissenschaftsmethodologisch unmöglich, wie auch praktisch nie ge-
schehen. Mit genau derselben Begründung (Sprachbeherrschung und innigere Beziehung)
müßte man die Literaturwissenschaft, die Sprachwissenschaft u. a. in je zwei Wissenschaften
nach der Nationalität des Forschers zerlegen.
Die soeben erschienenen Werke Haupt-Schmaler „Volkslieder der Sorben“ oder Schnee-
weis, „Feste und Volksbräuche der Sorben“, gehörten danach durch Schmaler, einen Sorben,
zur Volkskunde, durch Haupt und Schneeweis, Deutsche, zur Völkerkunde. Es gibt
Dutzende ähnlicher Beispiele, wo ausgezeichnete Arbeiten zu Sitte, Volksdichtung oder
materieller Kultur ein- und desselben europäischen Volkes von Vertretern der eigenen und
fremder Nationen vorliegen, angefangen von den vielen Arbeiten der Österreichischen Zeit-
schrift für Volkskunde und ihrer Schule seit 1895 bis zu den rhätoromanischen Studien des
Deutschschweizers Weiss, der in seiner Schweizer Volkskunde - im Widerspruch zu seiner
eigenen Arbeit — den Standpunkt „Volkskunde = Erforschung des eigenen Volkes“ ver-
tritt. Hier würde also an Stelle objektiver, nachprüfbarer wissenschaftlicher Ergebnisse die
Subjektivität der „innigeren Beziehungen“ oder die „Wesensschau“ gesetzt. Daß man im
allgemeinen leichteren Zugang zu den Traditionen des eigenen Volkes findet, bleibt un-
bestritten; aber eine Unterscheidung von Wissenschaften nach ihrer leichteren oder schwere-
ren Zugänglichkeit ist doch ungewöhnlich.
Prinzipieller ist die Behauptung, die volkskundliche Erforschung von „Kulturnationen“
mit ihren zwei „Schichten“, der „Unterschicht“ oder „Mutterschicht“, vulgus, einerseits,
der „Oberschicht“ oder „Tochterschicht“ andererseits, unterscheide sich grundsätzlich
von der völkerkundlichen Erforschung eines „Naturvolkes“, das nur ein „oberschichtloses
Primitiv-vulgus“ darstelle, daher auch nicht als „Mutterschicht“ zu bezeichnen sei. Die
Volkskunde unterscheide sich daher - ich zitiere Geramb - „nicht nur relativ, sondern
absolut von der Völkerkunde eben durch das Mutter-Tochter-Verhältnis“.
Ich will hier nicht in erster Linie, vom marxistischen Standpunkt aus, die unklare Be-
zeichnung „Schicht“ kritisieren, die keineswegs mit dem klar definierbaren marxistischen
Klassenbegriff identisch ist, wenn sie auch in bestimmten Fällen damit zusammenfällt.
Es gibt in der Geschichte der Menschheit klassenlose und Klassengesellschaften4). Zur
x) A. Haberlandt: Volkskunde und Völkerkunde, in: Die deutsche Volkskunde,
hgg. von A. Spamer 1934, Bd. 1, S. 43.
2) R. Weiss: Volkskunde der Schweiz, 1946, S. 47.
3) J* Weber-Kellermann: Zum Problem ,,Volkskunde und Völkerkunde“ in: For-
schungen und Fortschritte, 1953, S. 3off.
4) Unter Klassengesellschaft ist hier stets die antagonistische Klassengesellschaft ver-
standen.
Volkskunde und Völkerkunde
271
Veranschaulichung des methodologischen Fehlers, der in der prinzipiellen absoluten Unter-
scheidung der Erforschung von Völkern mit klassenlosen und mit Klassengesellschaft
besteht, will ich einen Vergleich zur Sprachwissenschaft ziehen.
Es gibt einige Dutzend Sprachen, die eine lange, zum Teil mehrere Jahrtausende alte
schriftliche Tradition besitzen, die also sogenannten Kulturvölkern angehören, Völkern
mit einer Klassengesellschaft, da die Schrift erst nach Herausbildung des Staates als Organ
der herrschenden Klasse entstanden ist. Und cs gibt viele Hunderte von Sprachen, die noch
heute oder bis vor kurzem schriftlosen Völkern angehören, Völkern, die zum großen Teil
noch unlängst in einer klassenlosen Gesellschaft lebten.
Die Erforschung von Sprachen mit Schrifttradition unterscheidet sich nun in ihrem
Verfahren und in ihrer Problematik in vieler Beziehung von der Erforschung schriftloser
Sprachen. Das Studium alter Texte hat ganz bestimmte, oft sehr komplizierte, philologische
Methoden der Textkritik ausgebildet. Aus den durch viele Jahrhunderte bzw. Jahrtausende
reichenden schriftlichen Dokumenten können wir die in der Sprache vor sich gegangenen
Veränderungen entnehmen und eine dokumentierte Geschichte der Sprache geben. Für das
Studium der Dialekte solcher Sprachen, das man mit dem Studium schrittloser Sprachen
vergleichen könnte, ist die Frage der Einwirkung der Schriftsprache auf die Dialekte wie
auch umgekehrt das Eindringen landschaftlicher dialektaler Elemente in die Schriftsprache
von größter Bedeutung.
All dies fehlt beim Studium schriftloser Sprachen völlig, und doch gibt es als Wissen-
schaft nur eine einzige Sprachwissenschaft, und noch niemand hat versucht, hier eine
prinzipielle Unterscheidung zweier Wissenschaften für Sprachen mit oder ohne Schrifttum
vorzunehmen. Dabei ist es selbstverständlich, daß sich die Erforschung der meisten älteren
Schriftsprachen wie der ägyptischen, griechischen, deutschen, russischen u. a. — angesichts
des gewaltigen Umfangs an zu erforschenden Denkmälern und des Materials der lebenden
Sprachen, sowie im Hinblick auf die große kulturelle Bedeutung dieser Sprachen — zu
selbständigen Spezialdisziplinen entwickelt hat, die aber niemals ihre prinzipielle, absolute
Unterscheidung von der Sprachwissenschaft beansprucht haben.
Ich meine, daß die Verhältnisse auf dem Gebiet der Völkerkunde als der Wissenschaft
von der Erforschung aller Völker entsprechend liegen5). Die Erforschung von Völkern
mit Klassengesellschaft, die über eine durch viele Jahrhunderte hindurch schriftlich be-
glaubigte Geschichte verfügen, in denen die Kultur der herrschenden Klasse ständig auf
die der unterdrückten Klassen eingewirkt, aber auch von ihr stets Anregungen erhalten
hat, muß notwendigerweise besondere Methoden entwickeln. So fordert z. B. die Er-
forschung des deutschen Volksliedes gleichzeitig eingehende Kenntnis der Kunstliteratur
und Quellenstudium bis ins Alittelalter, da man sonst zu völlig falschen Schlüssen gelangen
Wird. Bei der Erforschung z. B. der reichen Volksdichtung der Ostjaken, einer kleinen
sibirischen Völkerschaft, mit der ich mich beschäftigt habe, fallen diese beiden großen
Arbeitsgebiete weg, da die Ostjaken erst in der sowjetischen Epoche ein Schrifttum erhalten
haben. Ganz entsprechend wie bei der Sprachwissenschaft muß sich daher auch die Völker-
kunde der Völker mit Klassengesellschaft und langer schriftlicher Tradition notwendiger-
weise zu Spezialdisziplinen entwickeln und hat dies auch getan. Es gibt also z. B. eine Spezial-
disziplin, die wir traditionell als deutsche Volkskunde bezeichnen. Dabei geht die Spezialisie-
rung noch weiter: ebenso wie wir in der deutschen Philologie Spezialisten z. B. für Mund-
artforschung, Althochdeutsch, Etymologie oder Grammatik haben, gibt es in der deutschen
Volkskunde Spezialisten für Volksliedforschung, Märchenforschung usw., die die ganz
konkrete historische Entwicklung ihres Gebietes in Deutschland erforschen.
6) Der hier gezogene Vergleich zwischen der Erforschung der Sprache und der Kultur
der Völker bedeutet selbstverständlich nicht, daß Sprache und Kultur in gleicher oder
ähnlicher Weise von den Klassenverhältnissen einer Gesellschaft abhängig seien - ist doch
die Sprache nicht, die Kultur aber sehr wohl von den Klassenverhältnissen abhängig.
272
Wolfgang Steinitz
Diese notwendige Spezialisierung der völkerkundlichen Wissenschaft darf und kann
aber nie die prinzipielle Einheit dieser Wissenschaft leugnen. Gerambs von I. Weber-
Kellermann angeführte Argumentation („Selbst wenn . . . dadurch die Volkskunde nur
Ethnologie auf unser eigenes Volk angewendet wäre, ... so wäre die deutsche Volkskunde
dennoch mit genau demselben Rechte eine selbständige Wissenschaft, wie es etwa die
,deutsche Philologie* innerhalb der gesamten , Philologie* . . . ist“) rennt also offene Türen
ein.
Es ist nun ferner zu beachten, daß die geforderte prinzipielle Unterscheidung von
Volkskunde und Völkerkunde
1. nur der deutschsprachigen Wissenschaft eigen ist, obgleich sie keineswegs von allen
deutschen Volkskundlern anerkannt wird; und daß sie
2. auch in der deutschsprachigen Wissenschaft erst eine Erscheinung der Zeit nach 1890,
1900 ist.
Sowohl für Johannes Bohemus (15 20) wie für Herder gibt es keinen Unterschied zwischen
der Erforschung des deutschen und anderer Völker oder zwischen der Erforschung euro-
päischer und exotischer Völker. Riehl verwendet 1858 in seinem eben für die Eigenständig-
keit der Volkskunde als Wissenschaft proklamierten Vortrag ganz eindeutig Volkskunde
als Synonym von Ethnographie, wobei in demselben Satz ethnographisch als Adjektiv
zu Volkskunde erscheint6).
K. Weinhold macht 1891 in dem programmatischen Aufsatz des ersten Heftes der „Zeit-
schrift des Vereins für Volkskunde“, der ersten deutschen volkskundlichen Zeitschrift,
keinen Unterschied zwischen Volks- und Völkerkunde. John Meier sagt 1928 in seinem
gleichfalls programmatischen Aufsatz über die Aufgaben der deutschen Volkskunde-
forschung: „Es treten bei Volkskunde und Ethnographie die gleichen Probleme auf, aber
die historische Entwicklung der letzteren Wissenschaft wie die Eigenart ihrer Arbeit hat
zu einer Verschiedenheit der Benennungen geführt, die in ungeschickter Weise die be-
stehende Gleichheit der Ziele verhüllt ... Der Ethnograph wird vielfach anderen Wissen-
schaftsgebieten, wie Rassenforschung, Geographie, Kulturgeschichte u. a., selbständige Be-
achtung schenken. Das sind aber nur Auswüchse, die den Kern des Arbeitsgebietes nicht
berühren, der meines Erachtens identisch mit dem der Volkskunde ist und sich nur durch
das der Forschung zugrunde liegende Objekt unterscheidet, das für den Ethnographen
ein exotisches und meist auf primitiver Stufe stehendes Volk ist, während der Volkskundler
auf dem Gebiet des eigenen oder eines verwandten Kulturvolkes arbeitet“7).
In anderen Ländern gibt es diese Unterscheidung nicht, weder in der sozialistischen
Sowjetunion noch im zaristischen Rußland oder in Frankreich, Schweden und Finnland,
Ländern, die alle eine hochentwickelte Erforschung ihrer eigenen Volkskultur aufweisen,
aber entweder nur den einheitlichen Terminus Etnographie (Ethnologie)8) oder um-
6) W. H. Riehl: Die Volkskunde als Wissenschaft. Ein Vortrag 1858, S.i, „Di cVolks-
kunde als selbständige Wissenschaft ist eine halbvollendete Schöpfung der letzten hundert
Jahre; die Anläufe und Beiträge zur Volkskunde dagegen sind so alt wie die Geschichte der
Literatur. — In den ältesten Heldengesängen und Religionsbüchern ... besitzen wir ethno-
graphische Quellen ... Herodot ... der Vater der Volkskunde; ... durch sein ganzes Ge-
schichtswerk geht die ethnographische Tendenz ... Die Dienstbarkeit der Volkskunde geht
durch die ganze antike und mittelalterliche Zeit. Geographen und Reisebeschreiber, Dichter
und Historiker geben nebenbei die lehrreichsten ethnographischen Fragmente ...“
7) Deutsche Forschung. Aus der Arbeit der Notgemeinschaft der Deutschen Wissen-
schaft. Heft 6. Deutsche Volkskunde. 1928, S. 22.
8) Ethnographie oder Ethnologie: Eine einheitliche Wissenschaft — die Völkerkunde —
in zwei terminologisch verschiedene Disziplinen - Ethnographie und Ethnologie - auf-
zuteilen, wobei die eine beschreiben, die andere vergleichen soll, ist ebenfalls ein Unikum
im Bereich der Wissenschaften und methodologisch unmöglich. Ich betrachte Ethnographie
Volkskunde und Völkerkunde
273
schreibende andere Ausdrücke verwenden, die in gleicher Weise für alle Völker der Erde
gelten0).
Kein russischer Forscher ist auf den Gedanken gekommen, die Erforschung der Tradi-
tionen des russischen Volkes prinzipiell von der des tungusischen Volkes, bis zur sozialisti-
schen Oktoberrevolution eines Jägervolkes, zu unterscheiden, ebensowenig wie ein schwe-
discher Forscher die Erforschung des schwedischen und des lappischen Volkes zwei ver-
schiedenen Wissenschaften zugewiesen hat. In der Folkloristik ist es stets üblich gewesen,
die Sujets aller Völker in die Untersuchung einzubeziehen, und für die finnischen Forscher,
die die international bekannte Serie Folklore Fellows Communications (FFC) herausgeben,
wäre es grotesk, wenn man die ethnographische Erforschung der Lappen, Ostjaken, Mord-
winen und anderer östlicher, bis vor kurzem schriftloser finnisch-ugrischer Völker prinzipiell
von der volkskundlichen Erforschung des finnischen Volkes unterscheiden wollte* 8 * 10). Eine
derartige Trennung wäre hier wie in anderen Fällen sachlich unhaltbar.
Wie gefährlich nahe die Forderung nach prinzipeller Unterscheidung von Volkskunde
und Völkerkunde zur Überheblichkeit gegenüber den sog. Naturvölkern, d. h. den farbigen
Kolonialvölkern der weißen Herren, steht, zeigen die Ausführungen des bekannten öster-
reichischen Forschers Arthur Haberlandt, der schon lange vor dem sog. Anschluß groß-
deutsche imperialistische Gedanken vertrat und 1935 in seiner Grundlegung der deutschen
Volkskunde sagte: ,,Damit hat die Volkskunde im Bereich des schöpferischen arischen
Volkstums nicht nur völlige Eigenständigkeit erreicht ... Nach ihrem Bestand in Raum
und Zeit begrenzen wir die Volkskunde als Wesensforschung auf die Kulturnationen und,
sofern sie arteigene seelische Schau anstrebt, auf den Umkreis der ,weißen Rasse'.“11)
Daß Haberlandt seine Position für theoretisch-methodologisch gar nicht begründbar
hält, zeigen seine folgenden Ausführungen (Sperrung von Haberlandt, kursiv von mir):
„Die Volkskunde wendet sich demgegenüber nach ihrer begrifflichen Fassung grund-
sätzlich den Problemen eines besonderen Volkskörpers zu. Sie sucht ihn als ein
eigenartiges Ganzes zu erfassen und sein beharrsames Wesen nach gliedhaftem Aufbau,
innerer Bindung wie äußerer Hegung wissenschaftlich zu durchleuchten. Das kann sie an
und für sich überall auf Erden unternehmen und wäre darin nichts anderes als sozusagen die
begriffliche Einzahl der ,Völkerkunde. In der Tat verfaßte E. Pechuel-Loesche aus
gründlicher Kenntnis von Land und Leuten 1907 ein Buch, das er ,Volkskunde von Loango'
benannte, Missionare schrieben volkskundliche Beiträge zum Leben der chinesischen Be-
völkerung, volkskundliche Gesellschaften beziehen in Darstellungen des Volks- und Aber-
glaubens Erhebungen in Nordafrika, Vorderasien, Indien usw. ein, ebenso wie auf nord-
amerikanischem Boden die Folkloristen sich der Überlieferungen der Indianer im Sinn der
Volkskunde annehmen. Aber irgendein inneres Empfinden richtet doch einen Vorbehalt
dawider auf, diese nach ihrer objektiven Methode reiner Volkskunde weitgehend an-
geglichenen Leistungen als ,die Volkskunde' anzuerkennen12)“.
Und Ethnologie als Synonyme, wie dies auch in der sowjetischen Wissenschaft üblich ist,
die nur den Terminus Ethnographie verwendet. Vergleiche I. A. Tokarew, Die ethno-
graphische Forschung in der Sowjetunion, ihre neuen Aufgaben und Erfolge, in: Sowjet-
wissenschaft. Gesellschaftswiss. Abteilung, 1951, S. 645.
8) Russ. этнография, finn. kansantiede, ung. néprajz bezeichnen gleicherweise die Er-
forschung des eigenen wie die beliebiger anderer Völker. In Frankreich bezeichnet man die
»französische Volkskunde“ als ethnographie française oder auch als folklore.
l0) Die FFC enthalten volkskundliche Arbeiten über Dänen, Schweden, Isländer, Flamen,
Wallonen, Spanier, Tschechen, Russen, Finnen, Esten, Tscheremissen, Mordwinen, Ost-
jaken-Wogulen und andere Völker.
u) A. Haberlandt: Die deutscheVolkskunde. Eine Grundlegung nach Geschichte und
Methode im Rahmen der Geisteswissenschaften. Halle 1935, S. 150.
12) Wie oben Anm. 1, S. 42.
18 Volkskunde
274
Wolfgang Steinitz
Das innere Empfinden und die arteigene seelische Schau im Bereich des schöpferischen
arischen Volkstums — bedarf es zu diesen offensichtlich rassistischen Ausführungen noch
eines Kommentars?
I. Weber Kellermann führt schließlich als Argument die vom volkskundlichen
Standpunkt aus dürftige ethnographische Beschreibung Europas und Deutschlands in
den Völkerkunden Buschans und Bernatziks an, in denen die sprachlichen Volksüber-
lieferungen fast gänzlich unbeachtet seien. Diese „Dürftigkeit“ gilt aber nicht nur für die
Darstellung Deutschlands oder Europas, sondern in gleicher Weise für die Beschreibung
aller Völker. So wird z. B. die sehr reiche und mannigfaltige Volksdichtung der zu mehreren
ganz verschiedenen Sprachfamilien gehörenden zahlreichen sibirischen Völkerschaften,
für die 1920 nicht wenig Materialpublikationen Vorlagen, im Buschan mit folgenden vier
Zeilen abgetan:
„Dagegen scheint die Volksliteratur verhältnismäßig reichhaltig zu sein: Märchen, Sagen,
kleine lyrische Lieder findet man bei allen, epische Lieder und Stammessagen besonders
bei den türkischen und tungusischen Völkern“13).
Hier liegt also ein Mangel in der bisherigen ethnographischen Darstellung aller Völker
vor, jedoch kein Grund zur Trennung von Volkskunde und Völkerkunde.
Bisweilen — z. B. auch in dem oben angeführten zweiten Zitat nach A. Haberlandt —
wird auch vorgeschlagen, mit Volkskunde die Erforschung eines, mit Völkerkunde die
mehrererVöiker zu bezeichnen. Ganz abgesehen davon, daß die bisherige Praxis mit Werken
wie Volkskunde der Schweiz u. a. dem widerspricht, muß auch eine solche Unterscheidung
von Wissenschaften nach Singular oder Plural ihres Forschungsgegenstandes als sonderbar
bezeichnet werden. Sollte man dann entsprechend auch Sprach- und Sprachenwissenschaft
unterscheiden?
Die Geschichte der Wissenschaften hat es mit sich gebracht, daß wir heute noch nicht
über eine feste, allgemein anerkannte Terminologie verfügen. Es ist kein wesentlicher
Nachteil, wenn der eine Völkerkunde, der andere Volkskunde, der dritte Ethnographie, der
vierte Ethnologie verwendet. Eine ernste Gefahr entsteht erst, wenn man die vorhandene
terminologische Buntheit als Widerspiegelung realer Verschiedenheiten auffaßt und nun
jeden Terminus mit einem besonderen Inhalt zu erfüllen sucht. Die Verschiedenheit der
Benennung „verhüllt“ — wie John Meier sagte — „in ungeschickter Weise die be-
stehende Gleichheit der Ziele“.
Die Behandlung der Frage „Völkerkunde — Volkskunde“ ist, das ist hoffentlich aus
meinen Ausführungen hervorgegangen, von besonderer Bedeutung für die deutsche
Forschung. Wir können mit Recht auf die großen Traditionen der deutschen Volkskunde
mit Herder, Jacob Grimm, Ludwig Uhland und vielen anderen stolz sein. Eben diese
wahrhaft demokratischen Traditionen verpflichten uns aber, die verhängnisvollen Fehler
in unserer Wissenschaft in den letzten Jahrzehnten — angefangen von H. Naumanns über-
heblicher und volksfeindlicher Herrenmenschen-Theorie in den 20er Jahren bis zur nazisti-
schen Volkskunde der 30er Jahre — klar zu erkennen und die Gefahr der Überheblichkeit
anderen Völkern gegenüber oder rassistische Gedankengänge strikt zu meiden.
Ich fasse meinen Standpunkt zusammen: Die Völkerkunde oder Ethnographie ist die
einheitliche Wissenschaft der Erforschung aller Völker. Ein absoluter, prinzipieller Unter-
schied in der ethnographischen Erforschung z. B. eines europäischen und eines afrika-
nischen Volkes besteht nicht. Die ethnographische Erforschung von Völkern mit schrift-
lichen Traditionen erfordert spezielle Verfahren und stellt spezielle Probleme. Die ethno-
graphische Erforschung des deutschen Volkes ist eine selbständige Spezialdisziplin der
Ethnographie, für deren Studium weitgehend besondere Spezialkenntnisse notwendig sind.
Aus traditionellen nationalen Gründen verwenden wir statt deutsche Völkerkunde oder
13) Illustrierte Völkerkunde, hrsg. von G. Buschan, Stuttgart 1923, II, 1, S. 316.
Der 9. Deutsche Volkskundetag in Celle
275
deutsche Ethnographie die Bezeichnung deutsche Volkskunde. Volkskunde kann auch im
Zusammenhang mit anderen Völkern als Synonym von Ethnographie angewandt werden
(2- B. russische, französische Volkskunde).
Ingeborg Weber-Kellermann — Berlin
Der 9. Deutsche Volkskundetag in Celle vom 20.—24. April 1954
In Celle, diesem Schmuckstück Norddeutschlands mit seinen geschlossenen, klaren
Fronten braun und weißer Fachwerkgiebel, in dieser Atmosphäre unverlorener und heil
lebendiger handwerklicher Baukunst versammelte sich die volkskundliche Fachwelt vom
20.—24. April 1954 zum 9. Deutschen Volkskundetag. Der Kongreß stand unter mancherlei
bedeutungsvollen Vorzeichen, war es doch der 50. Geburtstag des Verbandes der Vereine
für Volkskunde, zu dem der Vorsitzende Prof. Dr. Dölker die zahlreichen Gäste im
festlich intimen Schloßtheater liebenswürdig begrüßen konnte. Außer den Fachvertretern
aus beiden Teilen Deutschlands präsentierte sich Österreich vor allem mit seinem ver-
ehrungswürdigen Viktor von Geramb, waren die Schweiz und Holland vertreten
und die USA mit dem weithin bedeutenden und vertrauten Archer Taylor. — Den
Warmen Gedenkworten, die Erich SEEMANN/Freiburg seinem Freund und Meister
John Meier widmete, folgten die bedachtsamen Ausführungen Joseph M. Ritz,
München, über die 50 Lebensjahre des Verbandes, in denen sich die Wissenschaftsgeschichte
Unseres Faches lebendig wiederfindet. Der Festvortrag des Verbandsvorsitzenden über
»Volkskunde und Sprachforschung — das Problem der Volkssprache“ beendete lebhaft
und anregend den ersten Tagungsmorgen im festlichen Rahmen.
Ein ausführliches Referat der einzelnen Vorträge würde dem Sinn dieses kurzen
Berichtes widersprechen. Auch haben wir die Freude, einige gedruckt an verschiedenen
Stellen aufzufinden1).
Die Kongreßleitung hatte sinnvoll die Vortragszyklen um verschiedene Themen grup-
piert, so daß der erste Nachmittag dem niedersächsischen Bauernhaus (Gerhard Eitzen/
Lüneburg) und Tracht und Schmuck der Landschaft (Helmuth PLATH/Hannover)
gewidmet war. Daneben standen die geistvollen sozialgeschichtlichen Interpretationen
Wilhelm FRAENGERs/Berlin über einen Holzschnitt Dürers, den Teppich von Michel-
feld. — Der 2. geschlossene Themenkreis rundete sich, geführt von Walter Wiora/
Freiburg, um das Volkslied. Der Sektionsvorsitzende selbst erörterte in einer für die
Grundlagen der gesamten Volkskunde sinngebenden Ausführung die Bedeutung Herders
für die Volksliedkunde und wies auf Herders völlig moderne Blickrichtung hin, die hinter
(Ln Liedstoffen die „Stimmen der Völker“ in Freude und Schmerz, in Übermut und
Lidvoller Anklage suchte. Harry ScHEWE/Berlin ließ die Werkstatt der Freunde Arnim
ünd Brentano lebendig werden, in der das Wunderhorn zum Lieder-Hausbuch des
deutschen Volkes geformt wmrde. Alfred QuELLMALz/Tübingen konnte mit eindrucks-
vollen Tonbändern aus Südtirol alte Brauchtumslieder und Balladen vorführen; W. de
x) Erich Seemann: John Meier, Sein Leben, Forschen und Wirken. Freiburger
Lniversitätsreden. Neue Folge H. 17.
Hugo Moser: Sprachgrenzen und ihre Ursachen in: Zs. f. Mundartforschung XXII
(*954), H. 2, S. 8yff.
Wilhelm Fraenger: Der Teppich von Michelfeld, in: Deutsches Jahrbuch für
Volkskunde Bd. 1, 1955, in dessen zweitem Bd. auch Harry Schewes Ausführungen
über „Des Knaben Wunderhorn“ erscheinen werden.
18*
276
Heinz Kothe
HAAN/Wassenaar und Johannes KoEPP/Köln widmeten sich den deutsch-nieder-
ländischen Liedbeziehungen. — Ein 3. Vortragszentrum bildete die Volkssprache. Hier
wußte Mathilde HAiN/Frankfurt a. M. aus ihrer Feldforschungserfahrung in Hessen
Aufschlußreiches zu Leben und Funktion des Sprichwortes zu berichten. Josef Hanika/
München beschritt für die Brauchtumskunde durchaus weiterführende Wege, indem er das
sprachliche Element in der brauchtümlichen Handlung einer Deutung unterzog und es
in größere, glaubensmäßig bestimmte Zusammenhänge stellte. Den Höhepunkt dieses
Vormittags bildete der Vortrag Hugo MosERs/Tübingen, der an Hand trefflicher Beispiele
aus der schwäbischen Mundart die Erforschung der Sprachräume nicht nur in ihrer hori-
zontalen, landschaftlichen Gliederung, sondern auch in ihrer vertikalen, durch die
verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen geprägten Struktur forderte. Der letzte Teil der
Tagung schließlich war u. a. Sonderfragen volkskundlicher Gegenwartsprobleme ge-
widmet. Der in der Tonbandaufnahme unübertroffene Johannes KÜNZIG/Freiburg
stellte die Träger der von ihm geschilderten neuentstandenen Gemeinschaftsformen
umgesiedelten Bauerntums in Sprachfarbe und Stimmungsschwere so plastisch in den
Raum, daß diese exemplarische Vorführung eines technischen Hilfsgerätes für die volks-
kundliche Sammeltätigkeit überzeugend die Unentbehrlichkeit solcher Methode erwies.
Wilhelm GAERTE/Hannover sprach über „Volkskundliche Beziehungen zwischen
Niedersachsen und dem Deutsch-Ordensland“, und Barbara PiscHEL/Berlin breitete
zu ihrem Thema „Verwurzelung und Brauchtumswandel in der Großstadt“ ein reiches
Material zur Großstadtvolkskunde aus, womit wenigstens einmal auf dieses Stiefkind
volkskundlicher Forschung gedeutet wurde, das doch gerade dem modernen Forscher
besonders am Herzen liegen müßte.
Wie alle Tagungen konnte auch diese nicht genug Zeit für Diskussionen erübrigen.
Der Vorschlag Prof. Wioras, in Zukunft keine stoffbegrenzten Sektionen zu bilden, son-
dern bestimmte volkskundliche Lebensprobleme in ihrer verschiedenen stofflichen
Bindung zu betrachten und so den tieferen Wesenszügen volksmäßigen Denkens auf die
Spur zu kommen, wurde mit viel Beifall aufgenommen
Das schöne Niedersachsenland zeigte sich den Kongreßteilnehmern, die es auf einer
reizvollen Exkursion (Leitung Paul ALPERs/Celle) mit seinem Schatzbehälter mittel-
alterlicher Kirchenkunst: Kloster Wienhausen, seinen alten mächtigen Höfen, seinen
Heidschnucken und seinen kulturellen Traditionen kennenlernten, in strahlender Früh-
lingssonne. In Celle selbst vertiefte das stattliche Heimatmuseum die Kenntnis von Land
und Leuten; eine Sonderausstellung der Lüneburger Bienenzucht (Ingeborg Wittichen/
Celle) war aus Anlaß der Tagung mustergültig aufgebaut.
So eröffnete dieser Kongreß, der auf eine 50jährige organisierte wissenschaftliche Volks-
kundetätigkeit zurücksah, den verpflichtenden Ausblick auf eine gegenwartsnahe For-
schungsarbeit in der Zukunft.
Heinz Kothe — Berlin
Die Pflugforscher-Tagung in Kopenhagen, 1.-5. Juni 1954
Die vom i. bis 5. Juni 1954611 dänischen Nationalmuseum durchgeführte internationale
Tagung der Pflugforscher hat sich nicht nur im Rahmen eines eng begrenzten Spezial-
gebietes, sondern auch für die benachbarten Forschungsbereiche und ihre gegenseitigen
Beziehungen als bedeutungsvoll erwiesen. Es war der erste vielversprechende Versuch, die
Verbindung zwischen den Fachkollegen aller Länder herzustellen mit dem Ziel, für die
Vorbereitung und Durchführung eines umfassenden Kartenwerkes über die Verbreitung
und Geschichte des nicht industriell hergestellten Pfluges eine internationale Zusammen-
arbeit zu erwirken.
Pflugforschertagung in Kopenhagen
277
Initiatoren dieser Tagung waren der schwedische Ethnograph Prof. Dr. Sigurd
Erixon, Direktor des Nordiska Museet in Stockholm, und der dänische Archäologe
Dr. Axel Steensberg vom Dansk Folkemuseum in Kopenhagen. Beide haben neben
anderen wertvollen Untersuchungen zur materiellen Volkskultur besonders auch die
Ackerbaugeräte behandelt. Erixon gab 1948 eine vergleichende Übersicht über die
schwedischen Pflüge (Livoch Folkkultur, I), während Steensberg vor allem durch seine
Arbeiten über die nordwesteuropäischen Pflugtypen (Acta Archaeologica, 1936) und die
Sichel (1943) bekannt wurde.
Von den übrigen Teilnehmern seien genannt: Prof. Dr. Paul Leser (Hartford,
Conn.), der 1931 in Münster sein grundlegendes Werk über den Pflug veröffentlicht
hatte, aber 1933 Deutschland verlassen mußte, weiterhin Dr. Birket-Smith (Kopenhagen),
Dr. Bratanic (Zagreb), Prof. Dr. Bröndsted (Kopenhagen), Prof. Dr. Dias (Coimbra),
Dr. Dittmer (Hamburg), Prof. Dr. Feilberg (Kopenhagen), Prof. Dr. Glob (Arhus),
Dr. JiRLOw(Västeräs), Prof. Dr. Kothe (Berlin), Dr. Payne (Cardiff), Dr. van der Poel
(Groningen), Prof.Dr. Ränk (Stockholm), Dr. Scheuermeier (Bern), Prof. Dr.L. Schmidt
(Wien), H. Stigum (Oslo), Dr.VALONEN (Helsinki) und Dr. Wildhaber (Basel). Es
'Waren demnach vorwiegend Ethnographen und Archäologen an dieser ersten Besprechung
beteiligt.
Die Tagung verlief in einer freundschaftlichen Atmosphäre. Äußerungen oder Tendenzen,
die eine internationale Zusammenarbeit erschweren könnten, sind bis auf eine Ausnahme
nicht zu verzeichnen. Das gemeinsame Ziel stand durchaus im Vordergrund, so daß
die nötigen Voraussetzungen zu einem guten Kontakt und zu einer echten wissenschaft-
lichen Diskussion gegeben waren.
Die vorläufigen Ergebnisse lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
1. Es wurde ein „Ständiges Komitee“ gewählt, das die Aufgabe hat, Vorschläge für eine
internationale Nomenklatur, für die Auswertung des gesammelten Materials und für die
Gestaltung der einzelnen Karten zu unterbreiten.
Vorsitzender dieses Komitees ist Sigurd Erixon. Weitere Mitglieder sind: Bratanic,
Dias, Kothe, Leser, Pa yne und Steensberg
2. Außerdem wurde beschlossen, ein,,Ständiges Sekretariat“ unter Leitung vonDr.STEENS-
Kerg am dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen einzurichten, um sowohl eine Fach-
bibliothek als auch ein Foto-Archiv zu schaffen, die beide den Pflugforschern sämtlicher
Länder zur Verfügung stehen werden.
3. Der Vorschlag Erixons, zunächst ein Handbuch für den Pflugforscher zu schaffen,
das die wichtigsten Gerätetypen in W ort und Bild enthalten soll, fand allgemeine Zu-
stimmung.
4. Es wurde noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob auch geographische
Besonderheiten, Anbaufrüchte, Feldformen, Besitzverhältnisse, Pflugbräuche u. a. be-
rücksichtigt werden sollen. Allgemein kam jedoch zum Ausdruck, daß man sich nicht
auf die Geräte und ihre technischen Einzelheiten beschränken kann.
3. Es wurde mehrfach die Notwendigkeit betont, die Verbindung zu den Fachkollegen
der Sowjetunion und der Volksdemokratien herzustellen, da ein umfassendes Kartenwerk
nur mit deren Unterstützung und Mitarbeit möglich ist.
Diese Bestrebungen, die vor allem Erixon und Steensberg zum Ausdruck brachten,
sind sehr zu begrüßen. Unabhängig davon steht aber zunächst die entscheidende Frage,
°b es wissenschaftlich überhaupt gerechtfertigt erscheint, das geplante Vorhaben auf ein,
^enn auch für die Entwicklung der letzten Jahrtausende wichtiges Produktionsinstrument
2u beschränken. Zweifellos hätte eine solche Arbeit nur dann Sinn, wenn man die Ge-
schichte des Pfluges nicht um ihrer selbst willen erforscht, sondern sie als ein wesentliches
Glied der Ethnohistorie im Zusammenhang mit den jeweiligen sozial-ökonomischen
Und geographischen Verhältnissen betrachtet. In dem entsprechenden Fragebogen zur
Bestandsaufnahme der russischen materiellen Volkskultur (Vorarbeiten zum „Historisch-
ethnographischen Atlas des russischen Volkes“) heißt es:
278
Heinz Kothe
„Die Erforschung alter landwirtschaftlicher Geräte ist notwendig, um die Formgruppen
und deren einzelne Elemente, die für die Bevölkerung bestimmter Gebiete charakte-
ristisch sind, zu erkennen. Eine derartige Untersuchung bietet die Möglichkeit, die ethnischen
Besonderheiten der jeweiligen Stämme und Völker, ihre gegenseitigen kulturellen Einflüsse,
sowie die Wege und die Art und Weise ihrer Ausbreitung aufzudecken. Gleichzeitig
muß aber ein solches Studium dazu dienen, die ethnische Geschichte dieser Völker und die
Vielfalt ihrer Kultur im ganzen zu erforschen.“
Geht man also von dieser wissenschaftlich richtigen Zielsetzung aus, so erscheint es
durchaus begründet, die geplanten Vorarbeiten zu einem internationalen ethnographischen
Kartenwerk mit einem die betreffenden Länder umfassenden Pflug-Atlas zu beginnen,
zumal über dieses Gerät schon eine Fülle von Spezialuntersuchungen vorliegt. Mit den
hierbei gewonnenen Erfahrungen ließen sich dann schrittweise auch die übrigen Geräte
und die sonstigen Erscheinungen zunächst der materiellen Volkskultur erfassen.
Es ist selbstverständlich, daß ein derartiger Plan nur unter Beteiligung sämtlicher
Fachkollegen, d. h. auf internationaler Basis, möglich ist. Wenn man aber — wie es
scheint — allgemein der Auffassung ist, daß die Bestandsaufnahme alter landwirtschaftlicher
Geräte und Arbeitsmethoden eine notwendige Voraussetzung für die ethnohistorische
Forschung bildet, stünde wohl auch einer Zusammenarbeit nichts im Wege, sofern eine
gemeinsame Zielsetzung in der eben genannten Richtung festgelegt werden könnte. Gerade
in dieser Flinsicht dürften auf Grund der bisherigen Besprechungen kaum Schwierigkeiten
zu erwarten sein. Wir hätten also Veranlassung genug, die Kopenhagener Initiative
als einen guten Schritt vorwärts zu begrüßen und tatkräftig zu unterstützen, denn es ist
offensichtlich, daß eine derartige Gemeinschaftsarbeit nicht nur von wissenschaftlicher
Bedeutung wäre, sondern gleichzeitig der Verständigung und den friedlichen Zielen der
Völker dienen würde. Es sollte daher unsere Aufgabe sein, den einmal gewonnenen Kon-
takt zu festigen und zu erweitern.
Dazu wird es allerdings notwendig sein, die Forschungsarbeit auf diesem Gebiet auch
bei uns wieder stärker zu fördern, als es in den letzten Jahrzehnten der Fall war. Die Pflug-
forschung (und mit ihr die Agrarethnographie überhaupt) besitzt zwar eine hervorragende
Tradition gerade in Deutschland (vgl. Verf. in Ethnogr.-Arch. Forsch. II, 1954), aber es
ist doch andererseits von der Volkskunde her nichts getan worden, um die erforderliche
Bestandsaufnahme landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte vorzubereiten oder gar durchzuführen.
Dieses Mißverhältnis zwischen theoretischer und praktischer Arbeit gilt es zu überwinden,
wenn die deutsche Sachvolkskunde nicht weiterhin gegenüber der ergologischen Forschung
in anderen europäischen Ländern im Rückstand bleiben will (vgl. besonders Nordeuropa,
die Sowjetunion, Polen, Ungarn, Bulgarien, Österreich, Schweiz u. a.).
Man kann sich allerdings nicht damit begnügen, lediglich auf die bisherige Vernach-
lässigung und die bestehende Lücke hinzuweisen, denn man findet gegenwärtig auch
beim wissenschaftlichen Nachwuchs an den deutschen Universitäten kaum Interesse für
eine intensive Beschäftigung mit der materiellen Volkskultur. Die jüngeren Ethnographen
sind sich im allgemeinen nicht im klaren darüber, welche Bedeutung der Agrarethnogra-
phie für die Lösung gerade der wichtigsten völkerkundlichen Probleme zukommt. Es
ist daher erforderlich, dieses Spezialgebiet umgehend in den Studienplan für Völker-
kunde aufzunehmen, damit die praktische Arbeit — d. h. die Feldforschung in unserem Lande
selbst •— schon in den nächsten Jahren beginnen kann.
Eine vom Institut für deutsche Volkskunde in Berlin geplante Tagung für Agrarethno-
graphie (Herbst 1955) wird sicherlich dazu beitragen, das Verständnis für eine wichtige
Aufgabe zu wecken. Sie soll aber gleichzeitig dazu dienen, die Kopenhagener Initiative
zu unterstützen, indem sie die Möglichkeit bietet, den im Juni 1954 noch fehlenden
Kontakt zwischen den Pflugforschern der westlichen und östlichen Länder herzustellen.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
279
Lutz Röhrich — Mainz
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
Erster Teil
§ 1-5 Grundsätzliches. Sammlungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz
§ 1. Der Bericht, der hier vorgelegt wird, sucht die neuen Sammlungen und Forschungen
2um Märchen seit dem Ende des Krieges mit möglichster Vollständigkeit zu erfassen, um
auf diese Weise ein Bild von der ungefähren Lage dieses volkskundlichen Teilgebietes zu
entwerfen1)- Damit soll zugleich der Anschluß an die Forschungsberichte der dreißiger
Jahre2) von Fr. Ranke3), C. W. v. Sydow4) und G. FIenssen5) gefunden werden. Ein
1951 erschienener Bericht von W. E. Peuckert6) handelt auch über die während des
Krieges erschienenen Arbeiten, während im vorliegenden Aufsatz das Jahr 1945 als Berichts-
grenze nach rückwärts eingehalten ist. In einigen Fällen jedoch, insbesondere bei Ver-
öffentlichungen aus dem Ausland, sind Neuerscheinungen bis zum Jahre 1941 zurück
aufgenommen worden, da diese Arbeiten bis Kriegsende nicht nach Deutschland gekommen
und hier oft noch recht wenig bekannt geworden sind. Neben deutschen, schweizerischen
und österreichischen Neuerscheinungen sind so weitgehend wie möglich auch Veröffent-
lichungen aus Frankreich, Italien, Spanien, England, den skandinavischen Ländern, aus
der Sowjetunion, sowie aus Nord- und Südamerika zur Besprechung herangezogen
"Worden.
x) Der überaus freundlichen Durchsicht dieses Forschungsberichtes durch Herrn
Prof. Dr. Walter Anderson danke ich mehrere wichtige Hinweise und Ergänzungen.
2) Vgl. auch kurz vorher: Helmut de Boor: Märchenforschung; Zeitschrift für
Deutschkunde 1928, Jahrg. 42, S. 561fr.
3) Friedrich Ranke: Die Aufgaben volkskundlicher Märchenforschung; Zeitschrift
für Volkskunde, 42. Jahrg. 1933, S. 203—211, sowie: Friedr. Ranke: Märchenforschung,
ein Literaturbericht (1920—1934); Deutsche Vierteljahrschrift für Lit.wiss. u. Geistesgesch.
*4. Jahrg. 1936, S. 246fr.
4) C. W. v. Sydow: Die jetzige Stellung der Märchenforschung. Ziele und Mittel
mit besonderer Hinsicht auf organisierte Zusammenarbeit; Saga och sed, Upsala 1935,
S. 83—102, sowie: C. W. v. Sydow: Sagoforskarkongressen i Lund, Folkminnen och
folktankar, 22/1935.
5) Gottfried Henssen: Stand und Aufgaben der deutschen Erzählforschung. Fest-
schrift Richard Wossidlo, Neumünster 1939, S. 133—137. Vgl. auch G. Henssens:
Vortrag auf dem Volkskundetag in Jugenheim (Bericht über den Allgemeinen volks-
kundlichen Kongreß des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde in Jugenheim an
der Bergstraße, Stuttgart 1952).
°) W. E. Peuckert und Otto Lauffer: Volkskunde. Quellen und Forschungen seit
I93o, Bern 1951 (Abschnitte „Erzählen des Volkes“ und „Märchen“). Für Irland ist auf den
Forschungsbericht „Keltologie“ von Julius Pokorny (Herausgeber des Bandes Irischer
klärchen in den MdW.) zu verweisen (Bern 1953). Vgl. zu den skandinavischen Märchen-
atbeiten auch den Bericht von Sigfried Sveinsson: Nordische Volkskundcforschung
1940—1949 (Hess. Bl. f. Vkde., Bd. XLI1I, 1952, bes. S. 75fr.), ferner: Lutz Röhrich:
Volkskunde 1945—1951, Hess. Bll. f. Volkskde. Bd. XLII/1951, Kap. X, §19—26 Märchen),
und: Lutz Röhrich: Bibliographie volkskundlicher Dissertationen an deutschen Uni-
versitäten. Stuttgart 1951, S. 11.
Für die systematische und vollständige Erfassung der Veröffentlichungen vgl. die
»Volkskundliche Bibliographie“ für die Berichtsjahre 1942—1947 und 1948—49» hrsg. von
Rob. Wildhaber, Basel 1951 und 1954, sowie auch die ausführliche Berichterstattung
(Folklore Bibliography) von R. S. Boggs in Southern Folklore Quarterly.
280
Lutz Röhrich
Obwohl eine recht stattliche Anzahl von Veröffentlichungen vorliegt, insbesondere auch
aus Ländern, in denen sich die Märchenforschung seither noch nicht gerührt hatte, hat
sich die innere Lage der Märchenforschung doch in mancherlei Weise verschoben. Ganz
allgemein ist die Diskussion um das Märchen stiller geworden, wenn man die Berichts-
zeit mit der theorienfreudigen und streitbaren vorangegangenen Epoche vergleicht. Das
Interesse für die Märchenforschung scheint nachgelassen zu haben, und das gilt nicht nur
für Deutschland, sondern etwa auch für ein in der Folkloristik so führendes Land wie
Schweden, wo die Märchenforschung fast ganz hinter der Erforschung der sozialen und
materiellen Kultur, der sog. „folklivsforskning“, zurückgetreten ist. Auch in Frankreich
z. B. gibt es nur wenige Gelehrte, die das Märchen wissenschaftlich zu erforschen suchen,
und in den meisten anderen Ländern sind es nicht viel mehr. Eine Reihe der namhaftesten
Forscher wie Joh. Bolte, G. Polivka, R. Wossidlo, A. Wesselski, C. W. v. Sydow,
Fr. Ranke und H. Naumann sind verstorben, und es fehlt der Märchenforschung, wie
ganz allgemein der Volkskunde, an Nachwuchskräften. So würde es z. B. schwer sein,
bei einer etwaigen Weiterführung des Handwörterbuches des Märchens die nötige Zahl
qualifizierter Mitarbeiter zu versammeln. Eine umfassende Kenntnis des Gesamtmaterials,
wie sie etwa noch Joh. Bolte besaß, ist für den jüngeren Forscher bei den von Jahr zu
Jahr sich vermehrenden Quellenveröffentlichungen und bei der vielfältigen Aufspaltung
der neueren Märchenforschung in einzelne Spezialdisziplinen nahezu ein Ding der Un-
möglichkeit.
Das Märchen ist nicht nur Gegenstand der Volkskunde; auch die Literaturwissenschaft,
die klassische und alle Neuphilologien, die Orientalistik, die Ethnologie, die Tiefen-
psychologie, Kinder- und Völkerpsychologie, die Kulturgeschichte, die Ethik, Soziologie,
Rechts- und Religionswissenschaft, ja selbst Kunst- und Musikgeschichte7) nehmen am
Märchen Anteil und betrachten es jeweils in ihrer Sicht. Dasselbe Material, dieselben
Quellen dienen also verschiedenen Wissenschaftszweigen mit oft auseinandergehenden
Methoden als Objekt. Zentrale Begriffe wie ,,Motiv“, ,, Typus“, ,,Archetypus“ und
„Variante“ werden von ihnen (z. B. in den Arbeiten der finnischen Schule und in der
Psychologie C. G. Jungs) in ganz verschiedenem Sinne gebraucht. Form, Inhalt und Wesen
des Märchens wird von verschiedenen Forschungsrichtungen verschieden beurteilt, und
so ist ,,Märchenforschung“ heute eigentlich ein ganzes Bündel von Wissenschaften.
Die folkloristische Märchenarbeit — beginnend mit den Brüdern Grimm — kann
als einer der ältesten und selbständigsten Zweige der Volkskunde angesehen werden. Sie
hat deren oft regionale, nationale oder soziologische Beschränkung frühzeitig durchbrochen
und ist als einzige Sonderdisziplin der Volkskunde seit langem schon ins ökumenische
gerichtet gewesen. Ähnlich wie andere Wissenschaften hat freilich auch die Märchen-
forschung seit dem Ende des letzten Jahrhunderts einen Weg zu immer größerer Speziali-
sierung durchgemacht; und die Fragen, die heute an das Märchen gestellt werden, sind
noch detaillierter geworden, so daß ein allgemeines Gespräch der Märchenforscher sehr
schwer geworden ist. Verschiedene ,Schulen* stehen nebeneinander, ohne oft gegenseitig
ihre Sprache recht verstehen zu können. Gerade eine Zusammenstellung der neuesten
Forschungen zeigt, wie wenig die einzelnen Richtungen der Märchenforschung noch
untereinander kontakt- und diskussionsfähig sind. Es gibt keine einheitliche Methoden-
lehre oder gar ein von allen Wissenschaftsrichtungen anerkanntes Prinzip der Märchen-
forschung, es gibt keine gültige „Theorie des Märchens“. Die Gattung ist in sprachlicher,
historischer, ethnischer und psychologischer Hinsicht zu vielschichtig, als daß eine gemein-
same Zielsetzung der verschiedenen Richtungen der Märchenforschung möglich wäre.
Hier liegen die methodischen Schwierigkeiten, aber auch der außerordentliche Reiz der
Märchenforschung.
Dennoch gibt es genug Bestrebungen, das Erarbeitete in Gesamtdarstellungen zusammen-
zufassen: Die allgemeine enzyklopädische Wissenschaftstendenz unseres Jahrhunderts,
7) Märchenillustration, Märchenoper, Programm-Musik mit Märchenthemen.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
281
die sich auch auf dem Sektor der Volkskunde in zahlreichen allgemeinen „Volkskunden“,
Handbüchern und Wörterbüchern, Kompendien, Lesebüchern, Atlanten, Fragebogen-
systemen und Organisationen zeigt, hat uns auf dem Gebiet der Märchenforschung den
j.Bolte-Polivka“, die Reihe der „Folklore Fellows Communications“, die imponierende
Serie der ,,Märchen der Weltliteratur“, das „Handwörterbuch des deutschen Märchens“, das
„Dictionary of Folklore, Mythology and Legend“, die Entstehung der großen skandi-
navischen und deutschen Archive und das Internationale Folktale-Institute gebracht, und
allein während der Berichtszeit sind die Gesamtdarstellungen des Märchens von Thompson,
V. d. Leyen und Lüthi zu nennen. So gänzlich verschieden die Bahnen auch sind, die
in diesen Werken beschritten werden, so suchen sie doch alle den Weg zu einer allgemeinen
Phänomenologie des Märchens. Zur lexikalischen Tendenz der Märchenforschung rechnen
wir auch die Sammlung und Klassifikation der Märchen einzelner Länder oder Land-
schaften nach dem AARNEschen und durch Stith Thompson erweiterten Verzeichnis der
Märchentypen, Arbeiten, die jetzt in einer recht beträchtlichen Zahl schon vorliegen8).
Längst nicht alle Sammlungen werden jedoch nach Aarne-Thompsons Typensystem
angelegt und nur in wenigen Sammlungen finden wir überhaupt einen Anhangshinweis
auf Aarne-Thompson oder doch wenigstens auf die GRiMMschc Sammlung und den
entsprechenden Abschnitt im Bolte-Polivka. Die Sammlungen stehen immer wieder
vor der schwierigen Aufgabe, Popularität und wissenschaftliche Brauchbarkeit zu ver-
einigen. Der doppelte Zweck, einmal der Wissenschaft durch Erschließung einer Quelle
einen Dienst zu leisten, und darüber hinaus zugleich ein Jugend- und Volksbuch zu schaffen,
ist in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm für die damalige Zeit noch
erreicht worden. Bei den Anforderungen aber, die die moderne Volkskunde an Texttreue,
an Verzicht auf alles Beschönigen und Zurechtmachen, an wissenschaftlichen Anmerkungen
und Kommentaren von einer Märchenpublikation verlangt, läßt sich Volksbuch und
wissenschaftliche Textedition nicht mehr vereinen. Wenn heutzutage Kompromißlösungen
Versucht werden, so handelt es sich meist um Zugeständnisse an den Verlag aus wirt-
8) Seit der Bearbeitung des Kataloges durch Stith Thompson (F. F. C. 74) sind
erschienen: A. Schullerus: Verzeichnis der rumänischen Märchen, F. F. C. 78. —
H. HoNTi: Verzeichnis der publizierten ungarischen Märchen, F. F. C. 81. — E. Ol.
Sveinsson: Verzeichnis isländischer Märchenvarianten, F. F. C. 83. — R. S. Boggs:
Index of Spanish Folktales, F. F. C. 90. — G. Laport: Les contes populaires Wallons,
F* F. C. 101. — K. Plenzat: Die ost- und westpreußischen Märchen und Schwänke nach
Typen geordnet, Königsberg 1927. — N. P. Andrejev: Ukauatel’ skazocnych sjuäetov po
sisteme Aarne (Verzeichnis der Märchentypen nach Aarnes System), Leningrad 1929. —
J. Balys: Motiv-Index of Lithuanian Folktales, Kaunas 1936. — A. Taylor: A classi-
fication of Formula Tales; Journal of American Folklore XLV1, S. j~/&- — A. M. Espi-
nosa: La classificacion de los Cuentos populares; Boletin de la Academia Española, XXI,
Madrid 1934, S. 175—208. — W. Eberhard: Typen chinesischer Volksmärchen, F. F. C.
120. —V. Höttges: Typenverzeichnis der deutschen Riesen- und ricsischen Teufelssagen,
F. F. C. 122. — W. Eberhard: Volksmärchen aus Südostchina, F. F. C. 128. — I. R. W.
Sinninghe: Katalog der niederländischen Märchen usw., F. F. C. 132. — D. P. Ro-
tunda: Motif-Indes of the Italian Novella in Prose; Bloomington 1942 (— Indiana Uni-
versity Publications, Folklore Series, Nr. 2) — J. Wesley Childers: Motiv-Indes of the
Cuentos of Juan Timoneda; Bloomington 1948 (a. a. O. Nr. 5). — W. Eberhard und
F. N. BoROTAV: Typen türkischer Volksmärchen, Wiesbaden 1953 (siehe unten!). — Vgl.
das von der finnischen Akademie der Wissenschaften herausgegebene Verzeichnis der
F. F, Communications, Helsinki 1950. Noch unveröffentlichte Kataloge sind von Schülern
^T- Thompsons an der Indiana-Universität angefertigt worden, und zwar für Latein-
Amerika, für europäische Märchentypen unter den Indianern und für Afrika, vgl. Thomp-
son, The Folktale, New York 1951, S. 421, Anm. 20. — Von P. Delarue’s noch unver-
öffentlichtem Katalog der französischen Märchen wird weiter unten noch die Rede sein.
282
Lutz Röhrich
schaftlichen Gründen des Absatzes. Obgleich solche Trivial-Volkskunde ein Greuel und
dem Ansehen unserer Wissenschaft ganz und gar nicht förderlich ist, muß hier manchmal
einAuge zugedrückt werden, und wir müssen dabei noch froh sein, daß uns die jeweils
gesammelten Texte überhaupt zugänglich gemacht worden sind.
Der „grenzenlose Ozean der Texte“ (Ranke) ist zwar noch ständig im Anschwellen
begriffen, und es gibt Forscher, die die Zeit der Parallelensammlung, der bloßen Regi-
strierung und Katalogisierung in der Märchenforschung für überholt ansehen; aber dennoch
muß angesichts einiger besonders gelungener Märchenveröffentlichungen gesagt werden,
daß die Zeit der guten Bestandsaufnahme offenbar nie vorüber ist. Ebenso wichtig wie die
Sammlung sind neuerdings die Aufzeichnungen der Sammler über ihre Erzähler geworden.
Die Volkserzählungsforschung hat die romantisch-irrationale Größe des „Volkstümlichen“
unter die Lupe genommen und immer wieder bemerkt, daß das Märchen, wiewohl Kollek-
tivbesitz der passiven Hörer, als Erzählung eine individuelle geistige Leistung ist, und
daß auch in der erzählenden Wiedergabe immer eine künstlerisch-schöpferische Tat liegt.
Ausgehend von der modernen Magnetophontechnik, wird die Erzählforschung hier künftig
sicher noch zu einer feineren induktiv-morphologischen Methode Vordringen, damit wir
Antworten darüber erhalten, wie ein Märchen in der Gedankenwelt und in dem persön-
lichen Entwicklungsgang seiner Erzähler gewachsen ist9).
Ähnlich wie die Erzählforschung sich zu einem autonomen Wissenschaftszweig fast
außerhalb der traditionellen Märchenforschung entwickelt hat, so zeigt sich dieselbe
Tendenz auch bei der literaturwissenschaftlichen Märchenbetrachtung. Auf diesem Gebiet
sind zweifellos wichtige Erkenntnisse, zum Teil in trefflichen Formulierungen, gefunden
worden, und es hat sich gezeigt, daß sich auch an beschränktem Material schöne Resultate
gewinnen lassen. Doch erliegt eine lediglich nach stilistischen und anderen literaturwissen-
schaftlichen Kriterien messende Märchenbetrachtung leicht der Gefahr, das Märchen als
Gattung zu verabsolutieren. Aber das Märchen ist keine starre Form, sondern ein Gehalt,
der sich in allen Menschheitsepochen immer wieder neu objektiviert. Märchenforschung
ist darum nur zum Teil Literaturwissenschaft. Rein ästhetischen Gesichtspunkten ver-
schließt sich zwar die volkskundliche Märchenforschung nicht, aber sie erschöpft sich auch
nicht darin.
Ein weiterer Zweig der Märchenforschung ist seither immer abseits gestanden: Die
Erforschung des Naturvölkermärchens, denn das Märchen ist bisher zu einseitig vom
Blickpunkt der Kulturvölker her betrachtet worden, so daß sich ethnologische und folklori-
stische Märchenforschung ohne Verbindung nebeneinander her bewegt haben. Eine zu-
treffende Märchentheorie muß aber nicht nur für das europäische Volksmärchen, sondern
auch für das Märchen der Naturvölker gelten. In verschiedenen Veröffentlichungen sehen
wir eine erfreuliche Annäherung von Volkskunde und Völkerkunde10), und auf diesem
neuerschlossenen Grenzgebiet sind für die Zukunft wohl noch wichtige Ergebnisse zu
erwarten.
Es gibt indes nicht nur Fortschritte, sondern auch Rückschritte in der Märchen-
forschung. Das zeigt immer wieder das umstrittenste Gebiet der Beschäftigung mit dem
Märchen: Die Märchendeutung. Der Wunsch, eine allgemeine Gesetzmäßigkeit in der Ver-
wendung von Symbolen zu finden, hat hier viel Zeit für nutzlose Bemühungen verschwenden
lassen, und unendlich viel Schutt muß abgetragen werden, ehe die Grundlagen wieder
zum Vorschein kommen, die für eine wissenschaftlich haltbare Märchendeutung natürlich
und richtig sind. Das Märchen fordert zwar eine Art vergleichender Symbolforschung;
jedoch gehört dazu nicht nur Intuition, sondern auch gesunder Menschenverstand. Die
Erscheinungen des Lebens selbst erklären das Märchen am besten und geben uns seine
°) Begonnen haben auf diesem Weg: Mark Asadowskij: Eine sibirische Märchen-
erzählerin, F. F. C. 68, Helsinki 1926, sowie Gottfried Henssen: Überlieferung und Persön-
lichkeit, Münster 1951.
10) z. B. in den Arbeiten von Thompson und Jensen (s. u.).
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
283
Deutung in die Hand. Wichtig ist deshalb, daß kein Schematismus in der Anwendung
einer Theorie auftritt, der das Märchen in ein Prokrustesbett hineinpreßt. Daß unsere
Zeit andererseits nach einer verstehenden Deutung des Märchens ruft, sei unbestritten.
Es wächst heute wieder ein allgemeines echtes Gefühl für die tiefe Lebensweisheit des
Märchens, das Gefühl, daß dieses eine Wesenslehre des Menschen enthält, weil Ursitua-
tionen und Urkonflikte darin zum Ausdruck kommen. Sicher ist jedenfalls, daß die Frage
nach dem Wesen des Märchens so berechtigt ist wie die nach seiner Herkunft11). Grund-
legende Fragen, die hier beim Märchen auftauchen, sind noch gar nicht gestellt, geschweige
denn beantwortet worden, und in vielen Punkten ist die Märchenforschung noch nicht
über eine Materialsammlung hinausgekommen. Man hat wohl nach den Tatsachen, nicht
aber den Gründen der Märchenverbreitung von Land zu Land gefragt. Daß das Märchen
fine internationale Gattung ist, daß seine Motive auch bei den Völkern angetroffen werden,
die keine Literatur und keine Schrift entwickelt haben, zeigt die allgemein-menschliche
Bereitschaft für das Märchen. Es gilt aber nun, nicht nur internationale Motivzusammen-
hänge zu benennen, sondern auch das Wesen eben dieser inneren Bereitschaft der Menschen
für das Märchen zu entdecken. Hierin liegt eine eigentlich wl/fskundliche Aufgabe.
Wieweit die Psychologie uns zu einem solchen Verständnis des Märchens zu verhelfen
vermag, ist von einzelnen Forschern ganz verschieden beurteilt worden. Die Anwendung
insbesondere psychoanalytischer Theorien am Beispielmaterial des Märchens, die von
ihren Verfassern geradezu zum Dogma erhoben wurden, ist von seiten der volkskundlichen
Märchenforscher meist abgelehnt worden. Dies war durchaus berechtigt, und man sieht
hierin jetzt klarer als in den zwanziger Jahren. Andererseits ist von der Programmforderung
»psychologischer“ und „soziologischer Betrachtung und Durchdringung des Stoffes“
in der Volkskunde bisher noch sehr wenig verwirklicht worden. Obwohl es sicher gewisse
Spezialperspektiven der Volkskunde gibt, so darf sie doch keinesfalls an wichtigen neuen
Forschungsrichtungen und Ergebnissen ihrer Nachbardisziplinen Vorbeigehen. Denn
gerade von den modernen Richtungen der Psychologie kann Wesentliches auch für die
volkskundliche Betrachtung geschöpft werden12). Insbesondere gehört es zu den bemerkens-
wertesten Veränderungen des Wissenschaftsbildes durch die Psychologie, daß offenbar
auch die individuelle Leistung aus einem Kollektivgut schöpft, was für die Ubiquität und
Zeitlosigkeit des Märchens, für die Unzerstörbarkeit seiner Motive ganz neue Schlüsse
Zuläßt. Gerade weil alles Seelische äußerlich im Märchen keine Rolle spielt, ist das Märchen
so sehr eine Spiegelung seelischer Vorgänge. Auf den Wegen, die hier noch vor uns liegen,
Wird es möglich sein, Dinge erklärbar und verständlich zu machen, die die Romantik nur
intuitiv erahnte. Ist es der philologischen Märchenforschung um eine Motivgeschichte
Zu tun, so muß es einer „Tiefenvolkskunde“ um eine Themenanalyse13) des Märchens
gehen und um eine Betrachtung des Märchens nicht nach äußerlichen Gesichtspunkten,
sondern nach der seelischen Einstellung seiner Erzähler und Hörer.
Auch andere noch ungelöste Fragen der Märchenforschung sind weitgehend psycho-
logischer Art. So fehlt es noch völlig an einer Psychologie der Kontamination. Es fehlen
Weiterhin Untersuchungen über die Lockerkeit oder Stabilität von Einzelmotiven und
über die psychologischen und bildungsgeschichtlichen Gründe dieser Erscheinungen.
Nichtig dabei ist immer die Frage nach den Grunderlebnissen des Märchens. Lassen diese
sich einfach mit den Schlagwörtern „Unterhaltungsdichtung“, „Wunschpoesie“ oder
»naive Moral“ abtun? Was sind die inneren Triebkräfte der Wiederholung, die alles
n) Vgl. schon de Bocr, Märchenforschung, S. 570.
12) Vgl. Lutz Röhrich: Märchen und Psychiatrie (Bericht über den Allgemeinen volks-
kundlichen Kongreß des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde in Jugenheim an
der Bergstraße, Stuttgart 1952) S. 44L
13) Hebbel sagt in einem kurzen Aufsatz über die Volkssage aus dem Jahre 1839 von
der Volkssagenforschung, es sei ihre Aufgabe, ein „Ideenalphabet“ aufzustellen.
284
Lutz Röhrich
traditionelle Erzählen und Wiedererzählen bedingt? Das alles sind Fragen, die nicht nur
ein Motiv, einen einzelnen Typus oder Erzählzyhius angehen, sondern das Märchen als
ein Ganzes betreffen. Man erfährt nämlich noch nicht das Wesentliche des Märchens, wenn
man z. B. seine Züge des Wunderbaren in wunderbare Menschen, Tiere, Pflanzen und
Gegenstände unterteilt. So bleibt es der Gegenwart Vorbehalten, nicht nur nach Herkunft
und Geschichte der Märchen, sondern — wie zur Zeit der Brüder Grimm — wieder nach
dem „Wesen der Märchen“ zu fragen. Allerdings muß das Märchen als Ganzes anders
betrachtet werden als seine Bausteine14). Zugleich wird so in der Märchenforschung immer
mehr die Frage nach dem Menschen in den Mittelpunkt gestellt, und Volkskunde ist ja
ein Teil einer allgemeinen Kulturanthropologie. Sicher gibt es auch bei den älteren Pro-
blemstellungen der Märchenforschung noch einen reich gedeckten Tisch ungelöster Fragen,
insbesondere bei der Herkunfts- und Altersfrage ist noch vieles im Fluß, und gar wichtige
Prinzipienfragen sind noch immer nicht gelöst. Aber es haben sich ganz allgemein die
geistigen Fronten der Volkskunde verschoben, und vielleicht sind wir auf dem Weg zu
einem neuen Märchenverständnis, das neue Methoden der Betrachtung des in Jahrzehnten
und Jahrhunderten gesammelten Materials verlangt. Es gibt im Bereich des Märchens
sehr moderne Fragestellungen der seelischen, soziologischen und historischen Tiefen-
perspektive, so daß die Ansicht, Märchenforschung sei romantisch und antiquiert, heute
selbst antiquiert geworden ist.
§ 2. Maßgebend für den Text der GRiMMsc/ten Kinder- und Hausmärchen ist noch immer
die 7. Auflage von 1857. Es fehlt eine gültige neuere Ausgabe der KHM, denn weder der
dreibändige Reclamtext noch die Marburger Gesamtausgabe noch die von Fr. v. d. Leyen
nach historischen Gesichtspunkten geordnete in den .Märchen der Weltliteratur* befriedigt
ganz die wissenschaftlichen Bedürfnisse. W. E. Peuckert will demnächst für die Samm-
lung Dieterich diese Arbeit übernehmen. Eine fünfbändige historische Ausgabe der KHM
ist von Keiper und Schreinert vorbereitet worden; ein mir noch nicht vorliegender
Band ist bis jetzt erschienen15), aber das Unternehmen scheint nach der Währungsreform
nicht weiter fortgesetzt worden zu sein.
Mit den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm in ihrer Urgestalt hat Friedrich
Panzer eine Neubearbeitung seiner schon 1913 in München erschienenen Ausgabe be-
sorgt16). Nun ist sie in einer äußerlich besonders ansprechenden Form (zweibändig in
Kassette, Kleinoktav auf Dünndruckpapier) neu aufgelegt worden, wobei die Anmerkungen
der Brüder Grimm mit abgedruckt sind. In dem 57 Seiten umfassenden Vorwort gibt
Fr. Panzer eine Geschichte des Märchens in Deutschland seit der Aufklärung und vor
allem eine genaue, aus den Vorworten und aus dem Briefwechsel der Brüder Grimm
rekonstruierte Entstehungsgeschichte der GRiMMschen KHM bis zu der Form, in der sie
jetzt vorliegen. Panzer zeigt, jetzt unter Benutzung der inzwischen erschienenen Ausgabe
der ersten Niederschrift der GRiMMschen KHM durch J. Lefftz und der Untersuchungen
u. a. von E. Freitag und Kurt Schmidt, wie Wilhelm Grimm von Auflage zu Auflage
die KHM beträchtlichen Änderungen unterzogen hat. Besonders wichtig scheinen uns
ferner auch Fr. Panzers Beobachtungen über den Erzählstil Wilh. Grimms, der vor
allem durch Runges Stil beeinflußt worden ist.
Um den GRiMMschen Nachlaß hat sich schon in mehreren Arbeiten Wilhelm Schoof
verdient gemacht. Auf Grund seiner Ausgabe des Briefwechsels der Brüder Grimm mit
ihrem Lehrer und späteren Freund Savigny17) erhält die Märchenforschung ihre besondere
14) Vgl. H. Honti: Volksmärchen und Heldensage, F. F. C. 95, Helsinki 1931, S. 8.
15) Keiper-Schreinert: Historische Ausgabe der KHM, 5 Bde., bisher Bd. I.
16) Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm in ihrer Urgestalt herausgegeben
von Friedrich Panzer, 2 Bde., Hamburg 1948.
17) Briefe der Brüder Grimm an Savigny. Aus dem Savignyschen Nachlaß heraus-
gegeben in Verbindung mit Ingeborg Schnack von Wilhelm Schoof, Berlin 1953-
Die Manuskripte selbst befinden sich neuerdings im Besitz der Universitätsbibliothek
Marburg und konnten aus persönlichen Gründen erst jetzt veröffentlicht werden.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
285
Bedeutung durch die erstmalige Veröffentlichung von sechs Märchen aus Jacobs Feder.
Diese Texte stellen wichtige Vorstufen zu den 1812 erschienenen Kinder- und Hausmärchen
dar. Ihre Niederschriften im April und Mai 1808 liegen um zwei Jahre vor der sogenannten
Ölenberger Handschrift, die 1927 von J. Lefftz herausgegeben wurde17“). Es handelt sich
dabei um folgende Stücke: Der Fuchs und die Frau Füchsin; Marienkind; Der Mond und
seine Mutter; Rumpenstünzchen; Schneeweißchen, Schneewittchen, auch das Unglückskind;
Stiefmutter; d. h. es sind die Märchen, die in der späteren Ausgabe von 1857 dann als
KHM 38, 3, 175, 55, 53 und 47 erscheinen. Zwei der Märchen liegen durch W. Schoofs
Veröffentlichung nun erstmalig handschriftlich vor: Es sind die Stiefmutter (eine hessische
Fassung des Machandelbooms) und Frau Füchsin. Die vier anderen Nummern stimmen
mehr oder weniger mit der ölenberger Handschrift überein. Rumpenstünzchen ist das
einzige Märchen, das später eine bedeutsame inhaltliche Umgestaltung erfahren hat: In
der KHM Ausgabe von 1812 und 1819 ist es um mehr als das Doppelte seines ursprüng-
lichen Umfangs angewachsen. Die Urfassung kennt weder den Müller noch den König.
Das Männchen hilft auch nur ein einziges Mal. Die Dienerin erlauscht das Namensgeheim-
nis, und Rumpenstünzchen fliegt auf einem Kochlöffel zum Fenster hinaus.
Die Schneewittchenfassung erscheint in der Urfassung rationalistischer als in den späteren
Ausgaben: Schneewittchen wird auf natürliche Weise von einem Arzt geheilt; die böse
Königin „erfährt es“, daß Schneewittchen noch immer lebt, und die Erzählung kennt noch
nicht den Zauberspiegcl der späteren Fassungen. — Das interessanteste Stück ist das letzte,
das unter der Überschrift „Stiefmutter“ eine Variante von KHM 47 bringt. (Es handelt sich
also nicht um eine Vorstufe der von Ph. O. Runge in pommerscher Mundart notierten
Fassung.) Wesentlich ist, daß am Schluß keine Rückverwandlung des toten Knaben eintritt,
sondern die Erzählung mit dem Tode der Stiefmutter schließt. Damit stimmt diese Fassung
mit anderen Varianten dieses Märchens überein18).
In einem Aufsatz19) hat Wilhelm Schoof die Fassungen noch einmal abgedruckt
und stellt ihre Niederschrift in die biographischen Zusammenhänge der Brüder Grimm20).
Schoof macht dabei auch auf interessante Einzelheiten der späteren Umformung auf-
merksam, die gegenüber den Urfassungen (so sagen wir wohl besser statt des Begriffs der
>Urmärchen‘, den Schoof anwendet) nicht immer nur eine Verbesserung bedeuten.
Karl Schulte-Kemminghausens Aufsatz über den Beitrag Westfalens zu den Kinder-
und Hausmärchen der Brüder Grimm21) nimmt eine frühere Arbeit des Verfassers wieder
auf22). Sie weist nach, daß von den 200 Nummern der KHM insgesamt 39 aus Westfalen
stammen, die den Brüdern meist von Angehörigen der Familie von Haxthausen und
Von Droste-Hülshoff mitgeteilt worden sind.
In populären Ausgaben gehören die KHM der Brüder Grimm noch immer zu den
am häufigsten gedruckten Büchern. In 6. Auflage (61.—80. Tausend) erschien 1941 die
Gesamtausgabe der KHM mit den Zeichnungen von Otto Ubbelohde (Marburger
Ausgabe). Eine weitere Neuausgabe der Grimmschen KHM hat Carl Helbling in der
17°) Das Originalmanuskript wurde von seinem früheren Eigentümer, dem Zisterzienser-
kloster ölenberg im Elsaß, für 75 000 Dollar nach den USA verkauft, um mit dem Erlös die
Kriegsschäden des Klosters zu beseitigen.
18) Z. B. H. Grudde: Plattdeutsche Volksmärchen aus Ostpreußen, Königsberg 1931,
Kr. 27 (De Steefmuttä) und Nr. 44 (Vogelke).
19) Wilhelm Schoof: Neue Urfassungen GRiMMscher Märchen. Fless. Bll. f. Vkde.
Bd. XLIV, S. 65—88. (1953.)
20) Die Märchen waren für Savignys einzige Tochter, die am 11. April 1805 in Paris
geborene Bettine, bestimmt.
21) K. Schulte-Kemminghausen: Westfalens Beitrag zu den Kinder- und Haus-
märchen der Brüder Grimm (Westfälischer Heimatkalender 1950, S. 81 ff.).
22) K. Schulte-Kemminghausen: Die niederdeutschen Märchen der Brüder Grimm,
Münster 1932.
286
Lutz Röhrich
Manesse-Bibliothek unternommen23). In einer zweibändigen schönen Ausstattung enthält
sie die KHM in ihrer ursprünglichen Anordnung und bringt gleichzeitig die noch immer
anziehenden Holzschnitte von L. Richter und M. v. Schwind wieder zu Ehren. Auch
der Reclam-Verlag hat in seiner Universalbibliothek (Nr. 3191—98, 3446—50) die alte
dreibändige Gesamtausgabe der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm neu heraus-
gebracht (Leipzig 1948).
Die von Toni Jost besorgte Ausgabe der KHM24) bringt nicht nur einen Neudruck
der Grimmschen Sammlung. Das Buch muß in unserem Bericht vielmehr in erster Linie
wegen seines über 100 Seiten umfassenden Nachwortes besprochen werden. Toni Jost
interpretiert darin am Beispiel einzelner Märchen bestimmte Typen von Märchengestalten,
wobei sie ihr Hauptaugenmerk auf die Märchenheldin richtet, wie sie als Gestalt der Mutter,
der Schwester und der Braut im Märchen auftritt. Mit großer fraulicher Intuition hat
Toni Jost die verschiedenen Formen und Erscheinungsweisen der Liebe, besonders in
ihrer sich selbst zum Opfer bringenden Form der erlösenden Liebe erfühlt. Dennoch
befriedigen die Interpretationen und Deutungen selten: Es bleibt beim Erfühlen, ohne dem
Denken, Beweisen und Feststellen sein Recht zukommen zu lassen. Wenn die Verfasserin
z. B. schreibt (S. 781): ,,A11 die Zaubermittel: der unsichtbar machende Mantel, die Sieben-
meilenstiefel, der Wunschring, das Tischlein-dcck-dich sind Bild für ,die Freiheit des
Lebens*“, oder „Der Märchenheld holt seine Sicherheit aus unbewußten Tiefen“ (S. 841),
so ist damit im Grunde nicht viel gesagt. Und leider ist Toni Jost in anderen Formu-
lierungen nur selten glücklicher.
Eine amerikanische Gesamtausgabe von Grimms „Fairy Tales“25 *) scheint besonders
gelungen durch die Illustrationen von Josef Scharl (geb. 1896), der seit 1938 in den
Vereinigten Staaten lebt. —Anläßlich einer italienischen vollständigen Ausgabe der KHM2G)
gibt Angela Pisani in den italienischen Kulturnachrichten (Nr. 25/26, Januar—Februar
1953) im Rahmen eines Aufsatzes einen interessanten Kommentar über die Wirkung der
KHM in Italien27) und einen allgemeinen Vergleich der Grimmschen Märchen mit denen
von Basile, Perrault und Andersen. In der Sowjetunion erschien 1949 eine Gesamt-
ausgabe der KHM, die in der Sovetskaja Etnografija (1950, Nr. 4, S. 216—21) ausführlich
besprochen ist, wobei die Geschichte der KHM-Ausgaben in Rußland behandelt wird
(vgl. meinen Bericht, Hess. Bll. f. Vkde., XLII, 1951, S. io2ff.).
W. E. Peuckert, der sich in der letzten Zeit verschiedentlich um die Neuherausgabe
längst vergriffener volkskundlicher Quellen verdient machte, hat in einer vom Verlag
leider sehr wenig befriedigend ausgestatteten Ausgabe die Irischen Elfenmärchen der
Brüder Grimm neu herausgebracht28). Die Brüder Grimm haben diese Märchen ja
nicht selbst gesammelt, sondern aus der Sammlung von T. Crofton Croker (1825) über-
setzt. Croker hat die Geschichten stark novellenhaft zurechtgemacht, denn dem Volks-
glauben gegenüber vertritt er den Standpunkt des Aufklärers. So bietet diese Sammlung
einen ziemlich überarbeiteten literarischen Text. Weithin handelt es sich gar nicht so sehr
um Märchengut, wie der Titel des Buches angibt, sondern um sagenhafte Erzählungen
23) Grimms Kinder- und Flausmärchen, herausgegeben von Carl Helbling, Zürich
1951.
24) Brüder Grimm: Kinder- und Hausmärchen, mit einem Nachwort von Toni Jost,
Düsseldorf 1949.
25) Grimms Fairy Tales; Pantheon Books, New York 1944.
S6) Le fiabe del focolare, Torino 1951.
27) Vgl. auch G. Wenz: Die Grimmschen Märchen im deutschen Geistesleben, Diss.
Erlangen 1945 sowie E. Mudrak: Die Brüder Grimm und ihre Arbeit für das Märchen;
in: Volksgut im Jugendbuch, Jahresgabe 1953 des Verlages Ensslin und Laiblin, Reut-
lingen 1953.
S8) Gebrüder Grimm: Irische Elfenmärchen, herausg. von Will-Ericii Peuckert,
Berlin 1948.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
287
bzw. um jene merkwürdige, für die irische Volksüberlieferung charakteristische Mischung
von Sage und Märchen, wie sie auch in dem Irlandband der ,,Märchen der Weltliteratur“
auffällt. Die Erzählungen handeln von Elfen, vom stillen Volk (bzw. the good people),
dem Churicaun, einer Art Hauskobold, von der Banshi, einer Art weißen Frau, die den
Tod von Familienmitgliedern ankündigt, und von der Phuka, die dem deutschen Alp-
dämon entspricht. Die „Irischen Elfenmärchen“ sind geordnet nach den dämonischen
Gestalten des Volksglaubens, die darin auftreten. Die Anmerkungen zu der Sammlung
stammen teils von Croker, teils von den Brüdern Grimm, und zum Teil sind sie von
Peuckert jetzt noch ergänzt worden. Immer ist aber die Verfasserschaft deutlich ge-
kennzeichnet. Die nun von Peuckert besorgte Neuauflage war längst notwendig ge-
worden, da die „Irischen Elfenmärchen“ ebenso wie die GRiMMschen KHM noch immer
2um wichtigen Grundbestand einer volkskundlichen Bibliothek gehören.
§ 3. Schon auf der Weimarer Volkskundetagung von 1934 wurde von John Meier
der Plan der ,,Monumenta Germaniae Fotklorislica“ angeregt und diskutiert. Heute ist die
Erschließung und Veröffentlichung der Quellen, sowie der Neudruck vergriffener Samm-
lungen noch viel wichtiger geworden, denn zahlreiche volkskundliche Quellenwerke sind
fast nicht mehr zu erreichen; in den Bibliotheken fehlen sie zu einem großen Teil, und
vieles ist durch Bomben zerstört wrorden. Es scheint uns daher sehr begrüßenswert, daß
W. E. Peuckert die wichtigsten älteren Veröffentlichungen von Sagen und Märchen neu
herauszugeben beabsichtigt, und eine solche Reihe unter dem Titel „Denkmäler Deutscher
Volksdichtung“ (abgekürzt D.D.V.) eröffnet hat. Der erste bis jetzt erschienene Band
bringt die „Niedersächsischen Sagen und Märchen“ von Schambach und Müller29),
deren erste Ausgabe vor 100 Jahren (1854) erschienen ist. Die Anmerkungen der früheren
Herausgeber zu den einzelnen Stücken hat Peuckert nicht wiederholt, und er hat auch
darauf verzichtet, diese Anmerkungen auf den heutigen Stand der Forschung zu bringen,
Weil er dies in einem Schlußband der Reihe besorgen will. Was Peuckert bis jetzt in den
Anmerkungen hinzugefügt hat, ist durch Klammern vom alten Text abgesetzt; es handelt
sich bei den Märchen lediglich um Parallelenverweise zu den KHM und den entsprechen-
den Abschnitten bei Bolte-Polivka.
Der Herausgabe der „Denkmäler Deutscher Volksdichtung“ durch W. E. Peuckert
Wünschen wir eine baldige und vielfältige Fortsetzung. Als Bd. 2 plant Peuckert zu-
sammen mit Karasek, unter dem Titel „Hochwies“, einen Band mit Märchen heraus-
^Rgeben, die bei Flüchtlingen und Umsiedlern aufgezeichnet worden sind30). Dann
beabsichtigt der Herausgeber, die Sammlungen Jahns neu aufzulegen sowie auch
Peuckerts Schlesische Märchen30“). Eine Herausgabe der in der Zeit des Nationalsozialis-
mus nicht zum Druck gelangten polnischen Märchen Schlesiens ist nicht mehr möglich, da
Peuckert das Material durch Kriegseinwirkung verloren hat. Dringend erwünscht wäre
auch eine Neuauflage der beiden Sammlungen von Birlinger und Buck sowie der schwä-
bischen Märchen von E. Meier, die zu den besten Sammlungen des 19. Jahrhunderts ge-
boren, eventuell auch der Heanzcnmärchcn von J. R. Bünker, Sammlungen, die selbst im
Antiquariat höchst selten angeboten werden. Am 4. Mai 1954, dem 15. Todestag Richard
V Ossidlos, w'urde die Wossidlo-Forschungsstelle für mecklenburgische Volkskunde in
“9) Denkmäler deutscher Volksdichtung, herausg. von Will-Erich Peuckert, Bd. 1:
Georg Schambach und Wilh. Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen, Stutt-
gart 1948. — Hier sei auch gleich auf eine Veröffentlichung W. E. Peuckerts mit dem
ütel „Wiedergeburt-Gespräche in Hörsälen und unterwegs“ (Berlin-Frankfurt 1949)
hingewiesen, wo in dem Abschnitt „Die Ordnung der Welt und das Fehlende“ (S. 105
bis 138) Fragen des Märchens erörtert werden.
30) Vgl. W. E. Peuckert: Ostdeutsches Märchenbüchlein, Schriftenreihe des Göttinger
Arbeitskreises, Heft 4, Kitzingen 1953.
30°) Bis jetzt liegt nur ein stark gekürztes Auswahlbändchen vor: W. E. Peuckert:
schlesische Kinder- und Hausmärchen, Stuttgart 1953.
288
Lutz Röhrich
Rostock30*) feierlich eröffnet. Aus dem Archiv, das mehr als zwei Millionen Zettel aufweist,
werden zunächst die mecklenburgischen Sagen (Dr. Beckmann) und die mecklenburgischen
Märchen (Prof. Henssen) zur Veröffentlichung vorbereitet.
Ein Seitenstück zu den Sammlungen von Henssen, Zender und Bodens ist die von
Heinrich Dittmaier für den unteren Teil der Sieg31). Das Erfreuliche daran ist, daß
selbst in einer Landschaft, die ganz zentral im Verkehrsnetz liegt, noch in den 30er Jahren
ein so erstaunlich reiches Material von über 500 Nummern zutage gefördert werden
konnte. Dabei ist das Sammelgebiet zwischen Rhein, Sieg und Siebengebirge verhältnis-
mäßig eng umgrenzt. Dittmaier hat die Erzählungen der besseren Verständlichkeit
halber wörtlich aus der Mundart ins Hochdeutsche übertragen unter Beibehaltung des
Stils, der syntaktischen Stellung und typischer Dialektwörter, die dann in einem Wörter-
verzeichnis am Ende des Bandes erläutert werden. Doch kam es dem Herausgeber wie den
genannten Sammlungen, an die er sich in Anlage und Aufbau angeschlossen hat, nicht nur
auf den Stoff, sondern auf die Erzählerkunde, auf die „Biologie“ der Volkserzählung an.
Früher erzählte man sich beim „Nohpere“ (nachbaren, zum Nachbar gehen), insbesondere
in der Einmachzeit, wo man sich in den Nachbarschaften gegenseitig half, also beim
„Bunnefitsche“ (Bohnen schneiden), beim „Röpesträfe“ (Stielmusentblättern), beim
„Appel“- oder „Birre-schälle“ (beim Schälen von Äpfeln und Birnen) und beim „Kruck-
koche“ (Krautkochen). Hinter jeder Nummer teilt Dittmaier jeweils Namen, Beruf,
Wohnort und Alter des Erzählers mit, und am Ende des Bandes finden wir noch eine
kurze Charakteristik der einzelnen Erzähler: Es sind Gastwirte und Steinbrucharbeiter,
ferner Kleinbauern, Fabrikarbeiter, Eisenbahner, Händler, Flurschützen, Schuhmacher,
Maurer, Förster, Zimmerleute und kleine Beamte. Wie bei den meisten Sammlungen, die
das gesamte Erzählgut einer Landschaft zu erfassen suchen, sind die Märchen — und nur
von ihnen handeln wir hier — gegenüber den Sagen und Schwänken stark in der Minder-
zahl. Eigentliche Zaubermärchen teilt der Herausgeber nur drei mit, daneben 4 Rätsel-
märchen, 6 Teufelsmärchen, im übrigen nur reine Schwank- und Lügenmärchen. Der
eigentliche Märchenschatz dieser Landschaft ist also bezeichnenderweise entweder rationali-
siert oder dem Schwank angenähert, und das Zaubermärchen ist fast ganz verschwunden.
In einem Anhang gibt Dittmaier die Nummern nach Aarne-Thompson an und weist
Parallelen aus Sammlungen benachbarter Gebiete nach (besonders aus Zender, Henssen,
Bodens und Merkelbach-Pinck).
Eine neuere Sammlung von Angelika Merkelbach-Pinck32) bringt zu deren 1940
erschienenen bekannten Sammlung „Lothringer Volksmärchen“ nichts Neues hinzu,
sondern bietet leider nur einen überarbeiteten Auszug aus dem größeren Buch.
Die donauschwäbische Sammlung von H. Diplich und A. Karasek schöpft zum
Teil aus älteren Sammlungen, zum Teil bringt sie aber auch neue Aufzeichnungen münd-
lichen Erzählguts, allerdings sind nur wenige Märchen aufgenommen, und diese leider
ohne Kommentar33).
30 *) Eine Zweigstelle des Instituts für deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie
der Wissenschaften zu Berlin.
31) Heinrich Dittmaier: Sagen, Märchen und Schwänke von der unteren Sieg,
Bonn 1950.
32) A. Merkelbach-Pinck: Deutsche Volksmärchen, Kassel 1947.
33) Hans Diplich und Alfred Karasek: Donauschwäbische Sagen, Märchen und
Legenden (= Donauschwäbische Beiträge, Heft 6, München, Verlag Christ unterwegs,
1952). — Die Sammlung ist sagengeschichtlich interessanter, weil die Überlieferungen zum
Teil in unmittelbarem Zusammenhang mit dem südwestdeutschen Heimatland der Er-
zähler stehen. Hierzu sei auf die Besprechung von E. Rath in der österreichischen Zeit-
schrift für Volkskunde, N. S. Bd. 7, 1953, S. 1690“. hingewiesen.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
289
Über die Sammeltätigkeit in Niedersachsen hat Paul Alpers berichtet34).
Noch am Ende des Krieges gedruckt, aber erst nach dem Kriege ausgeliefert und darum
m diesem Bericht zu vermerken ist die vierte Auflage der „Deutschen Volksmärchen“ von
Gottfried Henssen35) und eine weitere Sammlung desselben Herausgebers: „Vom
sagenden und klingenden Baum“36). Beide Ausgaben stützen sich zum überwiegenden
Teil auf Henssens eigene Sammlungen. Beide sind nach ihrer äußeren reich und bunt
dlustrierten Form als Jugendausgaben gedacht, bringen jedoch in ihren kurzen Nach-
worten die nötigen Hinweise für den wissenschaftlich am Märchen Interessierten. G. Hens-
sens bekannte Sammlung „Volk erzählt“ ist inzwischen bereits in 2. Auflage erschienen
(Münster 1954), die Sammlung „In de Uhlenflucht. Plattdeutsche Schwänke und Märchen
aus Westfalen“ sogar schon in der 3. Aufl. (Münster 1952.)
Eine „für Kindheit und Jugend“ zusammengestellte Veröffentlichungsreihe von Märchen
aller Völker hat der anthroposophische Elpis-Verlag besorgt. Die Hefte bringen zu einem
großen Teil Bearbeitungen und freie Nacherzählungen oder sind Abdrucke anderer Über-
setzungen, die wir im Zusammenhang neuer Märchenpublikationen nicht zu nennen
brauchen. Jedoch ragen einige Sammlungen über dieses Niveau hinaus und stellen zum
Teil erstmalige Übertragungen ins Deutsche dar. Wir nennen die beiden Bände finnischer
Märchen37), die Robert Klein besorgt hat, und die dänischen, schwedischen und nor-
wegischen Volksmärchen, die die beste deutsche Sachverständige für dieses Gebiet, Elisa-
Eeth Hartmann-Hofelich, nicht nur übersetzt, sondern auch selbst gesammelt hat38).
Unmittelbar nach Kriegsende hat der Heidelberger Ährenverlag eine Reihe „Märchen
der Völker“ herausgegeben, aus der mir ein Band mit russischen, einer mit rumänischen
und ein dritter mit norwegischen Märchen vorliegt39). Es handelt sich um „Nacherzäh-
lungen“ in, der damaligen Zeit entsprechend, wenig ansehnlichen, nur für die Unterhaltung
bestimmten und bewußt volkstümlich gehaltenen Bändchen, ohne Register, Nachweis
der Quellen, Anmerkungen, Vor- oder Nachwort. Wie mir der Verlag mitteilt, waren
Weitere Bände geplant, konnten aber infolge des mangelnden Interesses beim Buchhandel
flicht mehr herauskommen.
Mehr Beachtung verdient die Veröffentlichungsreihe, die der Eisenacher E. Röth-Verlag
unter dem Titel „Märchen der Völker“ herausgebracht hat. Auf die einzelnen Bände, die
Volksdichtungen von den Eskimos, aus Westafrika, Albanien, Vietnam, Indonesien und
Korea enthalten, werden wir weiter unten noch im einzelnen zu sprechen kommen. Für
Weitere Sammlungen aus allen Erdteilen stehen u. a. so namhafte Forscher wie W. Steinitz,
Kohl-Larsen, W. Krickeberg, E. Kunze, O. Spies und H. Trimborn auf dem Verlags-
programm. Im Berliner Verlag Kultur und Fortschritt ist eine ganze Reihe von beacht-
lichen Bänden mit Märchen der Völker der Sowjetunion erschienen. Die Einzelbesprechung
dieser Ubersetzungswerke erfolgt in der Fortsetzung des Berichtes im Rahmen der russi-
schen Märchensammlungen.
34) P. Alpers: Märchen, Sagen, Lieder. Volkskundliche Sammelarbeit in Nieder-
sachsen (Niedersachsen. Zeitschrift für Heimat und Kultur, Hildesheim, 49. Jahrg., 1950,
Heft 7, S. 242).
35) Gottfried Henssen: Deutsche Volksmärchen, 4. Aufl. Stuttgart 1944.
36) Gottfried Henssen: Vom singenden und klingenden Baum, Stuttgart 1944-
37) Heft 16/17 und 23/24 der Serie, Kuppenheim 1946 und 1947.
38) Kuppenheim 1948.
39) Waltraut Nicolas: Russische Märchen; Märchen der Völker, Bd. 1, Heidel-
berg o. J. (1947). — Norwegische Märchen; Märchen der Völker, Bd. 2, Heidelberg
°- J. (1948). — Constantin-Virgil Gheorghiu: Rumänische Märchen; Märchen der
Völker, Bd. 3, Heidelberg o. J. (1948). Der Herausgeber ist der Autor des bekannten
Romans „25 Uhr“.
19 Volkskunde
290
Lutz Röhrich
In der großen Sammlung der „Märchen der Weltliteratur“ sind leider keine neuen Bände
mehr erschienen außer der Neuauflage der chinesischen40) und der indischen Märchen41).
Wir hoffen, daß diese repräsentativste Märchen-Veröffentlichungsreihe, die schon über
40 Bände umfaßt, noch weitergeführt wird, zumal einige dafür vorgesehene Sammlungen
schon seit längerer Zeit bereit liegen. Von dem großen Kommentar Friedrich v. d.
Le Yens, des verdienten Herausgebers der Reihe, wird im folgenden, anläßlich der Be-
sprechung der Darstellungen und Untersuchungen, noch die Rede sein.
Für alle populären oder nur für Kinder bestimmten Märchensammlungen, Auswahl-
bände und Bearbeitungen sei auf das Jahresverzeichnis des deutschen Schrifttums, be-
arbeitet von der Deutschen Bücherei zu Leipzig, sowie auf die Bibliographie der Deutschen
Bibliothek Frankfurt a. M. für die genannten Jahre verwiesen42).
§ 4. Eine in der Schweiz erschienene Sammlung, für deren Herausgabe Martin Ninck
verantwortlich zeichnet, will „die ältesten Märchen von Europa“ zusammenstellen43).
Das Vorwort beweist, daß der Herausgeber in der Literatur, soweit sie märchenhafte
Züge trägt, sehr beschlagen ist. Allerdings geht schon die Einleitung an wesentlichen
Erkenntnissen der Märchenforschung und der neueren Sammlung vorbei. Der Heraus-
geber will nämlich auf „komplizierte Wandertheorien“ verzichten und die inhaltlichen und
formalen Kennzeichen des Märchens lediglich aus der Tatsache ableiten, daß es für Kinder
erzählt wird. Aus der Eigenart der kindlichen Seele und der besonderen Geistesverfassung
des Kindes ergäbe sich auch die Eigenart des Märchens. Ninck ist sicher im Irrtum, wenn
er daraus nun eine Märchentheorie schaffen will, die die anderen Märchentheorien ersetzen
könnte; denn das Kindermärchen stellt ja erst eine späte Entwicklungsstufe des Märchens
dar. Allerdings hat das Märchen in Europa zum Teil schon in der Antike diese Stufe erreicht,
aber neben der der Volkskultur vorauseilenden Literatur hat auch das geglaubte Er-
wachsenenmärchen sogar in Europa bis in unsere Tage fortgedauert. Den Maßstab des
Kindermärchens legt Ninck nun leider auch an die Märchen und märchenhaften Er-
zählungen der Vergangenheit an, und so geht seine Auswahl der „ältesten“ Märchen zu
sehr von einem nur an der aufgeklärten Neuzeit gebildeten Märchenbegriff aus.
Die Auswahl der mitgeteilten Stücke ist jedoch gut getroffen, und zu jeder Epoche gibt
der Herausgeber eine kurze Einführung. Aus der Antike bringt Ninck das Amor- und
Psychemärchen, das nach seinem Rahmen als Erzählung einer Alten für eine unglückliche
Jungfrau schon „Ammenmärchen“ ist. Im Mittelalter sieht Ninck mit Recht kaum Mär-
chen im neuzeitlichen Sinne, so daß auch die Gesta Romanorum, die man sonst die „älteste
Märchensammlung des Mittelalters“ nannte, bis auf eine Nummer wegfallen mußten. Als
das reinste Märchen des Mittelalters bringt die Sammlung das Schwanenmärchen des
Johannes von Haute Seille. Unter die mittelalterlichen Märchen stellt der Heraus-
geber noch Thors Fahrt zu Utgard-Loki, und es ist erfreulich, daß auch der reichen irischen
Märchenblüte mit zwei Beispielen gedacht wurde. Ninck beschließt dann mit Beispielen
aus der Renaissance (Erzählungen von Straparola und Basile) sein Buch. Der For-
schung bringt es wenig Neues, vielleicht aber doch dem Märchen neue Freunde.
Erst nach dem Kriege hat uns das schon 1941 erschienene „Schweizer Märchenbuch“
erreicht, das als erster Band der neuen Serie „Volkstum der Schweiz“ herausgekommen
40) Märchen der Weltliteratur: Chinesische Märchen. Aus dem Chinesischen übertragen
von Richard Wilhelm, 29.—33. Tausend, Düsseldorf 1952.
41) Märchen der Weltliteratur: Indische Märchen, herausg. von Joh. Hertel, Düssel-
dorf 1953.
42) Vgl. Ilse Korn: Zum deutschen Volksmärchen. In: Der Bibliothekar 7/8, Berlin
1952, S. 437—452 (mit einer Bibliographie der seit 1945 im Gebiet der Deutschen Demo-
kratischen Republik erschienenen Märchen).
43) Martin Ninck: Älteste Märchen von Europa; Sammlung Klosterberg; europäische
Reihe, herausg. von Hans Urs von Balthasar, Basel 1945.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
291
ist44). Die meisten der in diesem Band vereinigten Stücke entstammen älteren Sammlungen
Von Schweizer Sagen und Märchen. Zahlreiche Stücke sind aus Sutermeisters Sammlung
übernommen45); andere Quellen sind die Sammlungen von H. Bächtold, Bundi, Geiger,
Herzog, Jecklin, Jegerlehner, W. Keller, Lütolf, Rochholz, Stöber, Tobler,
Zingerle u. a. Im Anhang des Buches findet sich ein Quellenverzeichnis mit Verweisen
auf die entsprechenden GRiMMschen Fassungen, soweit es solche gibt; ferner ein alphabe-
tisches Verzeichnis von Worterklärungen. Das „Schweizer Märchenbuch“ wirft erneut die
'wichtige Frage der Bearbeitung und der besten Wiedergabe von Märchen auf. Manche
Märchen früherer Sammlungen sind frei wiedergegeben; aus verschiedenen Varianten
sind unvollständige Fassungen ergänzt worden, ein Verfahren, das zwar literarisch erlaubt
ist, der Märchenforschung aber keine zuverlässigen Texte in die Hand gibt. Auch hat der
Herausgeber sich da und dort erlaubt, sprichwörtliche Redensarten des Volksmundes, der
Rede und Gegenrede als belebendes Element den Märchen einzuverleiben. Er hat auch
einmal ein Schriftdeutsch überliefertes Märchen in eine schweizerische Mundartfassung
umgewandelt. Die Veränderungen, die der Herausgeber vorgenommen hat, sind im Grunde
2\var nicht andere, als sie jeder Märchenerzähler hätte vornehmen können. Doch zerstreut
dieser Grund nicht die Bedenken gegen die wissenschaftliche Brauchbarkeit des Buches.
Indes ist auch der Forscher bei dieser Zusammenstellung ganz verschieden alter Quellen
erfreut, unter dem Gesichtspunkt des Schweizerdeutschen eine Blütenlese älterer Samm-
lungen in der Hand zu haben. Und auch wenn die Sammlung nicht primär für die Märchen-
forschung geschrieben und zusammengestellt ist, so hat sie in ihrer guten Auswahl doch
alle Kennzeichen eines richtigen Volksbuches, dem wir eine weite Verbreitung wünschen.
Eine in jeder Hinsicht vorbildliche Märchensammlung ist die durch den Züricher
Romanisten J. Jud angeregte Arbeit von Leza Uffer, der im romanischen Teil Grau-
bündens gesammelt hat46). Uffer hat seine Monographie über die rätoromanischen Mär-
chen sehr weit gespannt; er hat erstens gesammelt und übersetzt, zweitens seine Beobach-
tungen über Erzähler, Zuhörer und alle Vorgänge beim Erzählen mitgeteilt, und schließ-
lich die Beziehungen der rätoromanischen Märchen zu den umliegenden Sprach- und
Kulturgebieten untersucht.
Das Ergebnis seiner Sammlung umfaßt 112 Texte: Märchen, Novellen, Sagen, Legenden,
Schwänke und Schnurren. Aber nur eine Auswahl von 24 Texten konnte abgedruckt
Werden. Dabei ist der ursprüngliche Erzählerwortlaut getreu aufgenommen und die ur-
sprüngliche Satzgebung beibehalten worden. Nur in der Zeitform des Erzählens hat
Uffer bedauerlicherweise einheitlich das Imperfekt gesetzt. Jeweils synoptisch neben die
tomanischen Texte gedruckt ist die wortgetreue deutsche Übersetzung. Uffers Texte
sind zum Teil Varianten bekannter und weitverbreiteter Märchen, zum Teil aber auch
Stücke, zu denen bis jetzt keine Entsprechungen nachgewiesen werden können. Dies
Wird in dem beigegebenen Kommentar erläutert, der bei jedem Märchen in einen märchen-
kundlichen und in einen sprachlichen Teil Zerfällt. Neben den Parallelenhinweisen auf
Aarne-Thompson, Bolte-Polivka und das Handwörterbuch des Märchens bringt Leza
Uffer in seinem Kommentar jeweils Angaben über das Datum der Aufzeichnung, die
Utzähldauer der Märchen, sowie über sprachliche Eigenheiten der einzelnen Erzähler.
^°r der Ausbreitung der eigentlichen Sammlung, die nach Gattungen (Tiermärchen,
Zaubermärchen, legendenartige Märchen, novellenartige Märchen, Schwänke) eingeteilt
lst, gibt Leza Uffer eine Übersicht über seine Erzähler und ihre Geschichten. Geordnet
nach Erzählern wird eine kurze Inhaltsangabe aller gesammelten Geschichten mitgeteilt,
44) Das Schweizer Märchenbuch, neu mitgeteilt von C. Englert-Faye: Volkstum
Schweiz, herausg. von der Schweiz. Ges. f. Vkde., Bd. 1/2, Basel 1941.
45) Otto Sutermeister: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, 2. verm. Auf!.,
Aarau 1873.
48) Leza Uffer: Rätoromanische Märchen und ihre Erzähler; Schriften der Schweiz.
Ges. f. Vkde., Bd. 29, Basel 1945.
19*
292
Lutz Röhrich
so daß Interesse, Vorliebe, überhaupt die ganze seelische Dimension jedes Erzählers in
etwa umrissen ist. Um dieses Bild zu runden, hat Uffer seiner Sammlung die Photo-
graphien der wichtigsten Erzähler beigegeben. Er scheidet drei Erzählertypen, den
passiven Erzähler, der sich erst bei Bekannten, Verwandten oder Büchern Rat holen muß,
den Gelegenheitserzähler, der seinen verhältnismäßig geringen Erzählschatz in jeweils der
gleichen Form zum besten gibt, und schließlich den bewußten Erzähler, der meist ein
„Original“ ist und mit Überlegung und Einbildungskraft am Stoff weiterarbeitet. Nach
den Gattungen der Erzählungen scheidet Uffer Schwankerzähler, Sagenerzähler und
Märchenerzähler. „In vielen Fällen“, so erklärt der Verfasser, „ist der passive Erzähler
Schwankerzähler, der Gelegenheitserzähler Sagenerzähler und der bewußte Erzähler
Märchenerzähler.“ So enthält Uffers Darstellung eingehende Studien über Biographie,
Milieu und Einstellung der Gewährsleute, ferner gute Beobachtungen über das Sammeln
und Aufzeichnen von Märchen, über das Auffinden der Erzähler, die Technik der Auf-
nahme und über die Erzählsprache. Das soziale Milieu der rätoromanischen Märchen ist,
wie es auch durch andere Sammler häufig bezeugt wird, das Handwerk: Uffers beste
Erzähler sind Schuhmacher, Zimmerleute, Säger und Maurer. Doch auch Uffer berichtet
nur von Einzelerzählern und bestätigt, daß die erzählende Dorfgemeinschaft heute sogar
in diesen Bergtälern untergegangen ist,
Melchior Sooders Buch „Zelleni us em Haslital“47) ist das Ergebnis einer viel-
jährigen erfolgreichen Sammeltätigkeit im Berner Oberland. In möglichster Vollständig-
keit sind hier die Volkserzählungen eines einzigen Tales zusammengetragen worden, und
der Reichtum des noch in den vierziger Jahren Zusammengetragenen ist ganz erstaunlich.
Sooder hat Märchen, Sagen und Schwänke in einem Gebiet gesammelt, das bis vor kurzem
völlig verkehrsentlegen war; aber selbst in einem so abgelegenen Tal mußte der Sammler
feststellen, daß das Erzählen heute nur noch selten bewußt gepflegt wird. Bei den Haslitaler
Märchen ist auffällig, daß die wirklich echt aufgezeichneten Stücke vielfach fragmentarisch
kurz sind und oft nur ein Erzählgerüst bieten. Auch fehlen zum Teil Dreizahl und andere
nach den „epischen Gesetzen“ das Märchen sonst kennzeichnende Eigentümlichkeiten.
Aber so wird wirklich heutzutage erzählt! Ebenso entspricht es durchaus dem Bild, das
uns auch andere neuere Sammlungen bieten, wenn einer verhältnismäßig kleinen Zahl
von Märchen eine recht beträchtliche von Sagen gegenübersteht. Die Sage ist offenbar
ganz allgemein länger lebendig geblieben als das Märchen. Dennoch halten sich aber die
letzten Märchenreste zäh am Leben.
Als Gattungsbezeichnungen des Volkes für Sagen nennt Sooder die „Zelleni“ oder
„Verzelleten“ (= Erzählungen), für den Schwank „Lugeni“ (= Lügen), „Stickleni“
(— Stücklein), „Mischterleni“ (= Muster, exemplum) und „Schwanderwitza“; Märchen
sind „Zelleni“ oder „Märeni“. Sooders Sammlung bestätigt die auch sonst gemachte
Erfahrung, daß alle dem Schwanke nahestehenden Geschichten heute ein viel ausgepräg-
teres Leben zeigen als Märchen und Sage. Besonders gute Beobachtungen bringt Sooder
in dem Abschnitt über die Einstellung der Erzähler und Hörer.
Die Sagen sind nach Sachgruppen geordnet; ein kurzer Kommentar mit Erläuterungen
sprachlicher und geschichtlicher Art ist zwischen die einzelnen Stücke jeweils eingeschoben,
und so ist man nicht dauernd gezwungen, hinten nachzuschlagen. Der Sammler und Heraus-
geber hat meist erst am Abend das vielerlei Gehörte niederschreiben können, so daß trotz
der Dialektaufzeichnung der Hauptwert seines Buches mehr im Stofflichen als im Sprach-
lichen liegt. Doch hat sich Sooder mit allen sprachlichen Dingen große Mühe gegeben:
Bei allen mitgeteilten Stücken hält er die volkstümliche Fassung in einer dialektgetreuen
und doch zugleich lesbaren Form fest (eine phonetische Schreibweise hat sich bei Erzähl-
gutsammlungen ja nicht bewährt). Jeweils ist angegeben, aus welchem Orte die Erzäh-
47) Zelleninus em Haslital; Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler, aus mündlicher
Überlieferung aufgezeichnet von Melchior Sooder; Volkstum der Schweiz, Bd. 4>
Basel 1943.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
293
Jungen stammen, und am Schluß findet sich ein umfangreiches Wörterverzeichnis des
reichen Idioms des Haslitales, das selbst manchem gebürtigen Schweizer nicht immer ganz
Jeicht verständlich sein dürfte. Leider fehlt ein Register und ein Typenkatalog mit den ent-
sprechenden Parallelenhinweisen; aber abgesehen davon ist hier eine wirklich vorbild-
liche Sammlung entstanden, deren Anlage allen regionalen Märchen- und Sagensammlern
nur zum Studium empfohlen werden kann.
Das Museum für Volkskunde in Wien, neuerdings bereichert durch die Bibliothek
A. Wesselskis, veranstaltete im September 1952 eine Ausstellung „Sage, Märchen, Legende.
Österreichische Volkserzählungsforschung in Geschichte und Gegenwart“ (Einführungs-
vortrag von Prof. L. Schmidt; Ausstellungskatalog zusammengestellt von E. Rath).
Diese Ausstellung umfaßte nicht nur ungefähr sämtliche österreichischen Märchen- und
Sagensammlungen seit Romantik und Biedermeier (meist in den Erstausgaben), sondern
auch Untersuchungen österreichischer Märchenforscher (geordnet nach Schulen und
Theorien), Dokumente, Bilder (von Sammlern und ihren Erzählern) und Briefe (besonders
aus dem Nachlaß J. R. Bünkers). Diese Ausstellung machte auch erstmals bekannt mit den
kartographischen Auswertungen der kulturhistorischen Märchen- und Sagenforschung,
'wie sie neuerdings von Leopold Schmidt und seiner Wiener Mitarbeiterin Elfriede
Rath unternommen werden. Besonders hervorgehoben seien die Wandkarten „Der Sitz
des Lebens im Knochen (Knochenseele) in den Sagen von Mensch (Pelops) und Tier
(Thor)“ und „Damokles, das Leben am seidenen Faden“, sowie über Märchenaufzeichnun-
gen in Österreich (außerdem Wandkarten über mehrere Sagenmotive).
Daß schon sieben Jahre nach Erscheinen der ersten Auflage der „Kinder- und Haus-
utärchen aus der Steiermark“ die 3. Auflage dieses Buches herauskommen konnte48), ist
ein Zeichen dafür, wie sehr es Victor von Geramb verstanden hat, ein wahres Volks-
buch zu schaffen. Und das war sicherlich auch die Absicht des Herausgebers, was schon
die Wahl des Titels ankündigt. Die Herkunft der Stücke, die allerdings wie in den Grimm-
schen KHM nicht alle Märchen sind, ist verschieden. Zum Teil handelt es sich um den Neu-
druck von Erzählungen, die schon in den Donauländischen Märchen veröffentlicht worden
sind49), insbesondere aus den PRAMBERGERschen Sammlungen, zum Teil hat v. Geramb
aber auch eigenes, seither unveröffentlichtes Material mitgeteilt. Wiederholt sind die Ein-
wirkungen von Volkslesestoff zu spüren. Eine Erzählerin gibt eine solche Beeinflussung
f°gar selbst zu. Das mindert jedoch den Wert der Sammlung nicht, sondern macht in
interessanter Weise gerade das Geben und Nehmen von Literatur und ungeschriebener
Volkstradition noch an Gegenwartsbeispielen sichtbar.
Wo der Herausgeber aus mehreren Fassungen eine neue zusammengestellt hat, hat er
dies in den Anmerkungen besonders angegeben. V. v. Geramb hat die Mundart verlassen
Ur*d zum Zwecke allgemeiner Lesbarkeit eine Übersetzung ins „Märchendeutsch“ vor-
genommen, aber dennoch hört man selten in einem Märchenbuch so sehr die Sprache
des Volkes wie in diesem, weil die Welt des Wunders in die der steirischen Wirklichkeit
eingebaut ist.
So sehr der Textteil des Buches vom praktischen Gesichtspunkt eines Kinder- und Haus-
buches bestimmt ist, so sehr stehen die sehr zahlreichen und wichtigen Anmerkungen und
blachweise des Anhangs im Dienste der Wissenschaft. V. Geramb macht hier denVersuch
uiner Datierung der einzelnen Märchen auf Grund eigentümlicher Einzelzüge. Außerdem
j^acht der Anhang, der auf jede Deutung verzichtet, Angaben über Herkunft und Ver-
bteitung der einzelnen Märchen, über ihre Verwandtschaft zu den entsprechenden Stücken
anderer Sammlungen, insbesondere über Parallelen in anderen steirischen und öster-
48) Kinder- und Hausmärchen aus der Steiermark, gesammelt und erzählt von Viktor
v°n Geramb, g.Aufl. Graz 1948.
49) Deutsche Märchen aus dem Donaulande; in Verbindung mit V. v. Geramb, J. R.
Bunker, p. R. Pramberger, S. Troll und A. Schullerus, hrsg. von P. Zaunert,
Drehen der Weltliteratur, Jena 1926.
294
Lutz Röhrich
reichischen Sammlungen (Pramberger, Gräber, Max Mell u. a.), sowie über das
spezifisch Steirische ihrer Aufzeichnung, soweit sich hierzu Anhaltspunkte finden. Bei
jedem Märchen verzeichnet Geramb Erzähler und Aufzeichner. In den Anmerkungen
findet sich zum Teil auch die mundartliche buchstabengetreue Fassung.
Zwei weitere österreichische Sammlungen brauchen hier nur kurz erwähnt zu werden:
Das „Alpenländische Märchenbuch“ von M. Mell50) bringt Erzählungen der verschieden-
sten Gattungen, jedoch meist nur sekundäres Märchenmaterial aus anderen bereits be-
kannten Sammlungen. Die Sammlung von Franz Braumann51) will, wie in der Einleitung
vorausgeschickt wird, ein Kinderbuch sein: Vom Gesichtspunkt der Kindertümlichkeit
aus sind die Märchen zusammengestellt und den Quellen getreu nacherzählt. Allerdings
sind nur sehr bekannte Sammlungen herangezogen wie die von Vernaleken, Zingerle
und die Donauländischen Märchen. Da der Quellennachweis nicht im einzelnen geführt
ist, wird hier auf die kritische Besprechung des Buches von E. Rath in der österreichischen
Zeitschrift für Volkskunde verwiesen, wo das Quellenregister mit Gründlichkeit nach-
geholt wird52).
Auch Pater Romuald Pramberger hat wie V. v. Geramb an den Donauländischen
Märchen mitgewirkt. Er ist einer der fleißigsten und erfolgreichsten steirischen Sammler53),
der nicht nur Märchen, sondern auch Lieder und Bräuche gesammelt und aufgezeichnet
hat, die zum großen Teil noch unveröffentlicht sind. „Als Katechet der Schulkinder und
als Aushilfsseelsorger von 60 der umliegenden Pfarren gelang es ihm, das Vertrauen von
Groß und Klein, Hoch und Niedrig zu gewinnen. Auf diese Weise erschlossen sich ihm
die Quellen volkskundlicher Überlieferung in außergewöhnlich reichem Maße. Etwa
40000 volkskundlich wertvollste Notizen konnte Pramberger seit 1915 in 46 handschrift-
liche Foliobände eintragen. Sie betreffen Märchen, Sagen, Schwänke, Sprichwörter, Volks-
lieder, Bräuche und Überlieferungen des Volksglaubens54).“ Seit 1946 liegen Prambergers
„Märchen aus Steiermark“ schon in der zweiten Auflage vor55). Obwohl auf die Mundart
verzichtet wird, bleibt doch ein recht anmutiges Bild des steirischen Märchenmilieus.
Das steirische Dornröschen z. B. ist ein Bauernkind, und während seines Zauberschlafes
geht ein Stier ums Haus, der keinen Menschen hereinläßt. In seiner Angst vor der bösen
Prophezeiung läßt der Bauer „alle Spinnradeln in die Holzschupfen bringen und auf-
hülzen“ (zerschlagen). Bei einem „Lockerdirndl“ (Kindsmagd) sticht sich dann das Kind
mit der Spindel. Zu seiner Erweckung und Erlösung ist ein einfacher Knecht auserwählt.
Pater Prambergers Büchlein enthält keine Anmerkungen und Nachweise; aber hinter
jeder Nummer bringt der Herausgeber eine kurze Notiz über den Ort der Aufzeichnung
und den Erzähler. Blinde Hirten, invalide Soldaten, Wanderburschen, alte Tagwerker,
Maurer, Bettler, Korbflechter, holzsammelnde Weiblein und Mesner sind die Erzähler
dieser steirischen Märchen. Bei den Angaben über die Erzähler heißt es aber auch gelegent-
lich: „Dieses Märchen wurde, von der Hundsmoidl beeinflußt, von P. Romuald Pram-
berger gedichtet.“ Der Sammler und Herausgeber ist eben selbst ein ausgezeichneter
Erzähler, und so ist manches „Nacherzählung“ und Dichtung. Teilweise sind auch Stücke
50) M. Mell: Alpenländisches Märchenbuch; Volksmärchen aus Österreich, Wien 1946-
Vgl. auch M. Mell: Die Märchen des Heinzenlandes (Volk und Heimat, Eisenstadt,
4. Jahrg., i95x, Nr. 23, S. 7—8).
51) Franz Braumann: Volksmärchen aus Österreich. Ausgewählt und nacherzählt.
Zeichnungen von A. Schmiedbauer. Linz 1953.
52) österreichische Zeitschr. f. Vkde., N. S., Bd. 7, 1953, S. 154—157.
53) Pramberger lebt gegenwärtig als Kurat der Familie Auersperg im Schlosse Weit-
wörth bei Oberndorf.
54) Elfriede Rath: Studien zur Quellenkunde und Motivik obersteirischer Volks-
märchen aus der Sammlung Pramberger. Diss. Wien 1949, S. 8.
65) Romuald Pramberger: Märchen aus Steiermark, 2. Aufl., Seckau (Obersteier-
mark) 1946.
Die Märchenforschung seit dem Jahre 1945
295
aus der Sammlung v. Gerambs übernommen, und bei anderen Erzählungen wird die
Abhängigkeit von den GRiMMschen KHM deutlich. Pramberger will mit seiner Samm-
lung praktischen heimatkundlichen Zwecken dienen, und diesem Anspruch wird das
Büchlein auch durchaus gerecht, wiewohl wir uns einmal daneben eine wissenschaftliche
Ausgabe der Prambergerschen Sammlungen wünschen.
Die Illustrationen des Buches vermischen in wenig glücklicher Weise Ludwig Richter-
Itnitation, Jugendstil und Naturalismus.
Gleich an dieser Stelle sei schon eine Untersuchung vorweggenommen, die sich mit den
Sammlungen R. Prambergers befaßt. Es ist die ausgezeichnete Wiener Dissertation von
Elfriede Rath56). Durch diese Untersuchung wird eine wichtige und seit einiger Zeit
vernachlässigte Form der Märchenforschung wieder aufgenommen: die Kommentierung
einzelner Märchen und einzelner Sammlungen57). Die Verfasserin behandelt die folgenden
Etagen: Welchen Motivbestand hat Pramberger vorgefunden? Stützt sich dieser Bestand
auf alte bodenständige Überlieferung oder entspringt er anderen Quellen? Was läßt sich
allgemein über die Obersteiermark als Märchenlandschaft aussagen? Die Resultate der
Arbeit liegen vor allem in den Interpretationen bei der Behandlung der einzelnen Stücke
aus den von Pramberger veröffentlichten Erzählungen. Diese Analysen suchen unter
Vollständiger Beiziehung aller früheren Untersuchungen zu einzelnen Motiven und Typen
festzustellen, an welcher Stelle der allgemeinen Tradition die jeweilige PRAMBERGERsche
Fassung steht. Die herkömmliche wissenschaftliche Märchenterminologie läßt sich freilich
nur zu einem Teil auf die PRAMBERGERschen Stücke anwenden, denn nur etwa die Hälfte
der Erzählungen entsprechen auch sonst allgemein bekannten Typen. Charakteristisch
für die Sammlung Prambergers sind gerade die Märchen von betont lokalem Charakter.
So finden sich mehrere Stücke, in denen Märchen- und Sagenzüge merkwürdig verquickt
sind.
Die ausgezeichnete gesamt-österreichische Sammlung K. Haidings58) ist weit mehr als
ein ,,FIausbuch für Jung und Alt“, wie der Untertitel besagt und wie die wenig originellen
Blustrationen und die Einbandzeichnung befürchten lassen. Das Werk umfaßt im Haupt-
teil 75 Volksmärchen im engeren Sinne (vorwiegend Aa.-Th. 300ff.). Nach dem Datum der
Aufzeichnung den gesamten Fundbestand seit 1815, als Jacob Grimm beim Wiener Kon-
greß die Märchenforschung einleitete, bis einschließlich der jüngsten Aufzeichnungen
Eaidings aus dem Jahre 1953. Die Auswahl erfolgte offenbar nach dem Gesichtspunkt,
daß die wichtigen, als heimatberechtigt anzuerkennenden Typen mit einer oder mehreren
Varianten vertreten sind und auch die einzelnen Landschaften Österreichs sowie deren
^färchensammler zu Worte kommen. Einige Märchen sind aus den bekannten Sammlungen
Von Bünker, Zingerle, Zenker, Vernalecken, Pramberger und anderen über-
n°ßimen. Zu einem großen Teil handelt es sich aber um Stücke, die von K. Haiding
Selbst aufgezeichnet worden sind. Es ist dabei besonders bemerkenswert und erfreulich,
daß es ihm gelang, Märchen auch in solchen Gebieten aufzufinden, aus denen bisher fast
Feine Aufzeichnungen Vorlagen, wie aus dem südlichen Burgenland, dem obersteirischen
Fnnstale, dem südöstlichen Nieder-Österreich und nordöstlichen Oberösterreich. So finden
sich im Hauptteil immerhin 17 Erstveröffentlichungen. In den Anmerkungen hat Haiding zu
Jedem Märchen die bisher aus Österreich bekannt gewordenen Varianten sowie über den
Flinweis auf Grimm jeweils die Verbindung zum deutschen Märchenbestand kurz an-
geführt. Dadurch hat sich die Zahl der bisher in z. T. recht verstreuten Veröffentlichungen
genannten österreichischen Varianten von rund 300 auf rund 500 erhöht. Auch P. Pram-
Gg) E. Rath: a. a. O.; vgl. auch E. Rath: Austrian Märchen, Folk-Lore (London),
V°l- LXIII, 1952, S. 79—90.
G?) Dieselbe Methode verfolgt auch die spätere Arbeit von K. H.Langstroff: Lothringer
Volksart. Untersuchung zur deutsch-lothringischen Volkserzählung an Hand der Samm-
iungen von A. Merkelbach-Pinck, Marburg 1953; s. u.
°8) Karl Haiding: Österreichs Märchenschatz, Wien 1953.
296
Ingeborg Weber-Kellermann
berger stellte seine unveröffentlichten Stücke zur kurzen Kennzeichnung in den Anmer-
kungen zur Verfügung.
Daß das Geleitwort des Buches aus der Feder G. Henssens stammt, ist kein Zufall,
denn wie dem Leiter des Marburger Erzähl-Archives geht es auch K. Haiding um die
Aufzeichnung der echten unverfälschten Volkserzählung und um die Menschen, die diese
Märchen weitertragen. Einige Stücke sind mundartlich wiedergegeben, die anderen zwar
Schriftdeutsch fixiert, aber die volkliche Redeweise in Wortschatz und Ausdruck doch bei-
behalten. In diesen Fällen bringen die Anmerkungen einige Passagen in der Mundart. Die
letzten hundert Seiten des Buches enthalten eine wissenschaftliche Darstellung über die
Träger der Überlieferung und die sprachliche Prägung des Gesammelten. Die Art der Auf-
zeichnung, die Persönlichkeit der Erzähler, die Erzählgelegenheiten, sowie einzelne mund-
artliche Worte finden hier ihre Beschreibung und Erklärung. Haidings Erfahrungen reihen
sich ganz ein in die von Wisser, Bunker, Henssen, Merkelbach-Pinck, Zenker
und anderen gemachten Beobachtungen, die Haiding noch durch wertvolle Zeugnisse
und Erlebnisse zu bereichern vermag. In diesem Anhangsteil gibt er auch erstmals eine
Entwicklungsgeschichte der Sammeltätigkeit in Österreich. An den vorläufigen Endpunkt
der hier aufgeführten Reihe der Sammlungen und wichtigen Darstellungen aus Österreich
dürfen wir nun Haidings eigenes Werk als ein wesentliches und künftig unentbehrliches
Quellenbuch anschließen.
(Fortsetzung des Berichtes folgt im nächsten Band.)
Ingeborg Weber-Kellermann — Berlin
Der Scherenschnitt in der polnischen Volkskunst
Im September 1950 war im Hause der Deutschen Staats-Bibliothek in Berlin, Unter
den Linden, eine Ausstellung über den Scherenschnitt in der polnischen Volkskunst zu
sehen. Der geschmackvoll mit Buntdrucken ausgestattete Katalog berichtet einiges über
die Geschichte dieses erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstandenen origi-
nellen Zweiges polnischer Bauernkunst.
Die „Wycinanka“, wie der Scherenschnitt im Polnischen heißt, ist um 1870 in einem
westlich Warschaus gelegenen ländlichen Gebiet erwachsen, zunächst als schablonenartig
hergestelltes und mit grellen Wasserfarben koloriertes Papierband, das mit seinen Pflanzen-
ornamenten einen gewissen Tapetenersatz bot. Mit dem Aufkommen bunten Glanzpapiers
im ländlichen Handel entfaltete sich die Lust an eigenschöpferischer Tätigkeit, zu der
an äußeren Mitteln nichts als das billige Material und eine Schere vonnöten waren. Die
polnische Forschung hat die Genealogie der Volkskünstlerinnen, die ihre Fertigkeit an
Töchter und Enkelinnen weitergeben, sehr genau untersucht und vermag nicht nur be-
stimmte Familienbegabungen, sondern auch landschaftliche Sondertypen der Wycinanka
festzulegen.
Wie erklärt sich nun der überraschende Formenreichtum, den diese Bäuerinnen ,,im
Handgelenk“ haben: Das häufig sich wiederholende Bemalen der weißgekalkten Stuben-
wände in Polen und der Slowakei ist eine altbekannte Kunstübung der dortigen Bäuerinnen,
die die an Tracht und Gerät so augenfällige Ornamentfülle ihres Traditionskreises zum
Schmuck der bäuerlichen Wohnstube als freihändige farbenfrohe Wandbemalung wieder-
holen. Auch die Wycinanka erfüllt in erster Linie dekorative Zwecke und wird geschaffen,
um als bunter Fries die weißen Wände der Bauernstube über dem Bett, dem Eßtisch, dem
Ofen zu schmücken. Dazu bietet sie den Vorteil, nicht bei jedem alljährlichen „Weißein“
der Stube erneuert werden zu müssen.
Mit den gezeigten geometrischen und naturalistischen Mustern Herz und Vogel, Lebens-
baum und Menschenpaar, Hirsch und Eichhörnchen im Geäst des dreistufigen Baumes
schöpfen diese Volkskünstler einmal aus dem traditionellen Bilderreichtum ihrer Land-
298
Ingeborg Weber-Kellermann
Abb. 3
Schaft und geben damit zum anderen einem Pbantasieleben bewegten Ausdruck, das sich
in der Grundschicht der meisten Völker wiederfindet, eine horizontale Zone des intellekt-
losen Sich-Verstehens in bunter Einfalt offenbarend. Abb. i: Aus dem zarten Filigran eines
wabenförmigen Mittelpunktes wachsen acht Tannenbäumchen und ordnen sich im Rund.
Zwischen ihnen schwingen sich acht Herzen empor und senden fächerförmig einander be-
Der Scherenschnitt in der polnischen Volkskunst
299
Abb. 4
tühnende pfaufederartige Strahlenbündel aus, so daß — besonders aus einiger Entfernung —
rhr u ^n.<^ruc^; e*nes kreisenden Auseinanderziehens und Zusammenströmens entsteht, einer
nythmisch schwingenden Bewegung. Abb. 2: Ähnlich lebendig ist die Wirkung, die von
einer anderen Rosette ausgeht, gleichfalls in mehrachsigem Faltschnitt entstanden. Es treten
ie organisch gewachsenen Motive zugunsten mehr geometrischer Girlanden und Orna-
Inst. f. dt. Volkskunde
300
Johanna Nickel/Richard Glawe
mente zurück, die durch den Wechsel von dunklen Linsen und wespenleibartig aufgehellten
dem Beschauer ein plastisches Auf und Ab vorspiegeln. Hier fühlt man sich besonders
stark an textile Zierformen erinnert. Abb. 3: Die rechteckigen, bildmäßig wirkenden Scheren-
schnitte nun sind im Gegensatz zu den vorangegangenen mehrachsigen in einfachem Falt-
schnitt hergestellt und zeigen vorwiegend naturalistische Elemente. Acht wippende Vögel,
im Wechsel an Schwanzgefieder oder Schnabel miteinander verbunden, sind in einen breiten
hufeisenförmigen Rahmen gebannt, dessen einfaches Zackenmuster bei näherem Zusehen
den Eindruck einer Kette von sich an den Händen greifenden Kindern vermittelt. Abb. 4:
Und die seltsam modischen Menschenpaare schließlich unter dem kräftig emporstrebenden,
dreiästigen Baum lassen leicht ahnen, wie ein fortlaufendes Band dieser Art eine weiß-
gekalkte Wand mit Leben zu erfüllen vermöchte.
Der Katalog berichtet von weiteren Entwicklungen in den einzelnen Zentren dieser
Volkskunst, von der Vermischung symmetrischer und asymmetrischer Schnitte, von der
Verwendung mehrfarbiger Glanzpapiere und der daraus resultierenden plastischen Wirkung.
So war dem Beschauer der zwei Ausstellungsräume das Bild einer bäuerlichen Kunstübung
von praller und saftiger Vitalität vermittelt, einer mit Dynamik geladenen, naiv-lebendigen
und entwicklungsstarken Volkskunst.
Johanna Nickel — Berlin und Richard Glawe — Schwerin
Stand der volks- und heimatkundlichen Museen in Berlin und Branden-
burg am i. November 1954
A. Berliner Museen:
1. Märkisches Museum.
Kunst- und Kulturgeschichte, Handwerk und Industrie, Stadtgeschichte, Geistiges
Leben, Gerhart-Hauptmann-Raum.
Leitung: Museumsdirektor Beck;
2. Museum für Völkerkunde, Dahlem: Museumsleiter Dr. Disselhoff.
3. Lipperheidesche Kostümbibliothek: Leitung Prof. Dr. Koch.
B. Kreismuseen bzw. städtische Museen:
Vorgeschichte, Stadt- und Heimatgeschichte, kulturhistorische und naturkundliche
Sammlungen.
i. Beetz (Privatmuseum): Museumsleiter Bettac. — 2. Belzig: Museumsleiterin Hut-
loff. — 3. Bernau: Museumsleiter Winkler. — 4. Blankensee: Museumsleiter Peters. —
5. Brandenburg: Komm. Museumsleiterin Schroer. — 6. Cottbus (Schloß Branitz):
Museumsleiter Heiner. — 7. Dahme: Museumsleiter Kube. — 8. Eberswalde: Museums-
leiter Brunow. —9. Falkensee: Museumsleiter Müller. — 10. Fehrbellin: Museumsleiter
Rux. — ii. Forst: Museumsleiter Behr. — 12. Freienwalde (Oderlandmuseum):
Museumsleiter Ohnesorge. — 13. Fürstenwalde: Museumsleiter Walter. — 14. Guben:
Museumsleiter Karge. — 15. Havelberg (Prignitzmuseum): Museumsleiter Henschel. —
16. Jüterbog: Museumsleiter Dr. Fink. — 17. Ketzin: Museumsleiter Waurisch. —
18. Kremmen: Museumsleiterin Paschke.— 19. Lenzen: Museumsleiter Grüneberg. —-
20. Lübben: Museumsleiter Lohnke. — 21. Lübbenau (Spreewaldmuseum): Museums-
leiter zu Lynar. — 22. Luckau: Museumsleiter Sasse. — 23. Luckenwalde: Museumsleiter
Senf. — 24. Mahlow (Teltowmuseum): MuseumsleiterGranz. — 25. Müllrose: Museums-
leitung Rat der Stadt. — 26. Neuruppin: Museumsleiter Dr. Hirsch. — 27. Oderberg:
Museumsleiter Seidel. — 28. Oranienburg: Museumsleiter Wibornij. — 29. Perleberg:
Museumsleiter vonTobold. — 30. Potsdam: Museumsleiter Dr. Schie. — 31. Pritzwalk:
Stand der volks- und heimatkundlichen Museen
301
Museumsleiter Guthke. — 32. Schwedt: Museumsleiter Borriss. — 33. Senftenberg:
Museumsleiter Wendt. — 34. Strausberg: Museumsleiter Viehr. — 35. Treuenbrietzen:
Museumsleiter Urbann. — 36. Wittenberge: Museumsleiter van Töffel.
C. Naturkunde-Museen.
Beeskow (Biologisches Heimatmuseum): Museumsleiter Kempcke.
D. Sonstige Museen und Gedenkstätten.
x. Frankfurt (Oder): Kleist-Gedenkstätte; Leitung: Stadtarchiv. 2. Lanz bei Lenzen:
Jahn-Gedenkstätte: Leitung Rat des Bezirks Schwerin. — 3. Velten: Keramikmuseum:
Museumsleiter Ständer.
E. Museen, deren Eröffnung wegen Raummangel, teilweiser Zerstörung p. p. noch nicht
erfolgen konnte.
1. Angermünde: Museumsleiter Dr. Müller. — 2. Berlin: Museum für Volkskunst im
Verband der Staatl. Museen. Stellvertr. Leitung: Ebner v. Eschenbach. — 3. Kirch-
hain: Museumsleitung Abt. Volksbildung. — 4. Kyritz: Museumsleiter Woldt. —
5. Nauen: Museumsleitung: Rat der Stadt. — 6. Prenzlau: Museumsleiter Hinrichs. —
7. Schöneiche: Museumsleiter Heyd v. Koppingen. — 8. Seelow: Museumsleiter Dall-
mann. — 9. Spremberg: Museumsleiter Pachen. — 10. Wriezen: Museumsleiter
Ohnesorge-Freienwalde. — 11. Zahsow-Spreew.: Marijana Domanskojc-Gedächtnis-
stätte. — 12. Zinna (Kloster Zinna): Museumsleiter Richter.
F. Zerstörte Museen:
1. Frankfurt (Oder). — 2. Heiligengrabe. — 3. Müncheberg. — 4. Wittstock.
Stand der volks- und heimatkundlichen Museen in Mecklenburg
am 1. Juni 1954
A. Kunst- und Altertumsmuseen.
1. Staatliches Museum Schwerin.
Gemäldegalerie, Kupferstich- und Handzeichnungensammlungen, Plastische Samm-
lungen, Kulturhistorische Sammlungen, Geologische Abteilung.
Leitung: Museumsdirektor Mansfeld.
Wissenschaftl. Mitarbeiter: Museumsleiter Glawe, Museumsleiter Venzmer, Frau Dr.
Michailoff, Frau Ehrich.
2- Landesmuseum für Ur- und Frühgeschichte.
Leitung: Museumsdirektor Dr. Schuldt.
3- Museum der Stadt Rostock.
Gemäldesammlung, Graphik, Vorgeschichtl. Abteilung. — Stadtgeschichte, Plastische
Sammlungen, Schiffahrt.
Leitung: Dr. Fiesel; Assistentin: Frau Krakow.
4- Museum für Ostmecklenburg in Stralsund.
Gemäldesammlung, Graphik, Vorgeschichte, Stadtgeschichte, Fayence, Möbel, Schiff-
fahrt, Trachten.
Leitung: Frau Rieck.
E. Kreismuseen bzw. Städtische Museen.
Vorgeschichte, Stadtgeschichte, Städtische und Bäuerliche Kultur,
i. Anklam: Museumsleiter Vogel. — 2. Barth: Museumsleiter Dr. Behling. — 3. Bützow:
Museumsleiter Dr. Barnewitz. — 4. Demmin: Museumsleiter Diemer. — 5. Dömitz:
Museumsleiter: Scharnweber. — 6. Friedland: Museumsleiter: Hagemann. — 7. Garz/
302
Reinhard Peesch
Rügen: Museumsleiter Wiedemann. — 8. Goldberg: Museumsleiter Eingrieber. —-
9. Güstrow: Museumsleiter-Kollektiv. — 10. Neubrandenburg: Museumsleiter Rhein-
länder. — 11. Parchim: Museumsleiter Zachow. — 12. Schönberg: Museumsleiter
Dräger. — 13. Torgelow: Museumsleiter Brinkhoff. — 14. Wismar: Museumsleiter
Kröpelin. — 15. Waren: Museumsleiter Bartels. — 16. Vitte a. Hiddensee. — 17. Prerow
Darssmuseum.
C. Naturkunde-Museen.
1. Stralsund: Museumsleiter Dr. Dibbelt. — 2. Waren: Museumsleiter Bartels.
D. Sonstige Museen und Gedenkstätten.
1. Warnemünde: Fischer- und Schifferhaus. Leitung: Dr. Fiesel, Rostock. — 2. Garz/
Rügen: Ernst-Moritz-Arndt-Gedenkstätte. Leitung: Wiedemann. — 3. Wöbbelin:
Theodor-Körner-Gedächtnisstätte. — 4. Stavenhagen: Reuter-Gedächtnisstätte. —
5. Kröpelin: Werkmuseum für Keramik. — 6. Hiddensee: Gerhard-Hauptmann-Ge-
dächtnisstätte. — 7. Heringsdorf: Maxim-Gorki-Gedächtnisstätte. — 8. Sülze: Salz-
museum, Leitung Dr. Fuchs.
E. Museen, deren Eröffnung wegen Raummangel pp. noch nicht erfolgen
konnte.
1. Boizenburg. — 2. Grabow. — 3. Grevesmühlen. — 4. Grimmen. — 5. Ribnitz-Dam-
garten. — 6. Ludwigslust. — 7. Teterow. — 8. Straßburg. — 9. Templin. — 10. Treptow.
— 11. Wittenberg. — 12. Zingst. — 13. Warin.
F. Zerstörte Museen.
1. Bad Doberan. — 2. Hagenow. — 3. Malchin. — 4. Marlow. — 3. Neukalen. — 6. Neu-
strelitz. — 7. Woldegk. — 8. Randow. ■— 9. Tessin.
Reinhard Peesch — Berlin
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
Der erste Frageplan, den John Meier im Jahre 1929 als Diskussions- und Arbeitsgrund-
lage für den Atlas der deutschen Volkskunde vorlegte1), umfaßte in seinen 1073 Fragen
fast alle Äußerungen des Volkslebens; er berücksichtigte Haus und Flur, Nahrung und
Kleidung, Arbeit im Haus und auf dem Felde ebenso wie Volksdichtung, Glaube, Sitte und
Brauch. Er enthielt auch 80 Fragen über Wirtschaftsgeräte und ihre Verwendung, davon
36 Fragen über Boote und Fischfanggeräte. Die in den Jahren 1930 bis 1933 ausgesandten
3 Fragebogen des AdV brachten dagegen bei insgesamt 243 Fragen nur 7 Fragen über
Wirtschaftsgeräte (9—10: Zug Vorrichtungen für Rinder und Pferde; 89: Geräte zum
Buttern; 97—98, 100: Ackerwagen; 145: Säegefäße). Fragen über Boote und Fischerei-
geräte wurden nicht aufgenommen. Die Gründe für diese Vernachlässigung der
Wirtschaftsgeräte (und anderer Sachgüter) bei der Aufstellung der endgültigen Fragebogen
liegen vor allem in der unbestreitbaren und auch immer wieder betonten Schwierigkeit,
Sachgüter durch Fragebogen zu erfassen2). Aber auch die persönliche Einstellung der zeit-
weilig für die Arbeit des AdV verantwortlichen Männer, die der Meinung waren, daß die
x) Als Manuskript für die Volkskundekommission und die Zentralstelle des AdV
vervielfältigt.
2) Vgl. z.B. Herbert Schlenger, Die Sachgüter im Atlas der deutschen Volkskunde.
In: Jahrb. f. hist. Vkde. III./IV. Bd. Bin. 1934. S. 348ff. und Erich Röhr, Die Volks-
tumskarte (Volkstumsgeogr. Forschungen, Bd. 1). Leipz. 1939. S. 27fr.
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
303
Sachgüter „nur sehr unvollkommene volkskundliche Aufschlüsse zu geben vermögen“3),
hat dazu beigetragen, den ursprünglich vorgesehenen Anteil der Sachgüter stark einzu-
schränken. Eine ähnliche Einstellung zeigt sich auch bei den landschaftlichen Volkskunden,
den volkskundlichen Sammelwerken und wissenschaftlichen Zeitschriften der letzten Jahr-
zehnte, in denen wohl Hausbau, Tracht und Volkskunst behandelt wurden, die Wirtschafts-
geräte jedoch nur selten Beachtung fanden. Dagegen hat man sich in vielen Nachbarländern,
vor allem in Skandinavien, in Österreich und in der Schweiz, gerade mit diesem Gebiet weit
ütehr und intensiver beschäftigt als in Deutschland4). Auf die Wichtigkeit und Dringlich-
keit, die Erforschung der alten Wirtschaftsformen und Wirtschaftsgeräte nun auch bei uns
stärker als bisher zu betreiben, wurde in der jüngsten Zeit mehrfach hingewiesen5). Und
das Institut für deutsche Volkskunde der Deutschen Akademie der Wissenschaften hat die
Erforschung dieses wichtigen Teils des Volkslebens in seinen Arbeitsplan aufgenommen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde jetzt ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
entworfen, der mit der Veröffentlichung an dieser Stelle zur Diskussion gestellt wird.
Der Inhalt des Fragebogens umfaßt nur Geräte der Binnenfischerei, d. h. Geräte, die
Von Berufsfischern auf den Gewässern des Binnenlandes, des Haffs und der Ostseeküste be-
nutzt werden. Die Hochseefischerei wurde nicht berücksichtigt, da hier besondere Verhältnisse
vorliegen. Es erscheint zweckmäßig, diesen Zweig der Fischerei, der in wenigen Heimat-
häfen konzentriert ist, nicht auf dem Umweg über den Fragebogen, sondern durch direkte
Befragung aufzunehmen. Mit Rücksicht auf die Gewährsleute, die die Fragen beantworten
''Verden, durfte der Fragebogen einen gewissen Umfang nicht überschreiten. Er wurde
deshalb auf die eigentlichen Fanggeräte des Fischers (Zugnetze, Senknetze, Stellnetze,
Angeln, Reusen) beschränkt. Alle sonstigen Geräte, z. B. Transportmittel (Kahn und
Schlitten), Handkäscher, Fischhälter, Geräte zum Herstellen und Ausbessern der Netze,
Wurden nicht aufgenommen; sie können vielleicht durch einen zweiten Fragebogen er-
faßt werden.
Der Fragebogen ist gegliedert in verschiedene Fragenkomplexe (römische Zahlen), die
Von den einzelnen Gerätetypen ausgehen und die sowohl Fragen zur Beschaffenheit der
Sache (A) wie Fragen zur Verwendung der Sache (B) enthalten. Da die mundartliche Be-
zeichnung viel zur Klärung der Bedeutung und Geschichte einer Sache beiträgt, vielfach
auch das Verhältnis des Menschen zur Sache beleuchtet, wurden auch Wortfragen
aufgenommen. Im einzelnen wird erfragt: Bezeichnung des Gerätes; Größe des Gerätes
Und seiner wichtigsten Teile; Verwendungszweck (mit dem Gerät gefangene Fischarten);
Bezeichnung des Fischens mit dem Gerät; Zahl der teilnehmenden Kähne (zielt auf die
Brage Einzelarbeit oder Gemeinschaftsarbeit); Jahreszeit der Verwendung; Intensität der
Verwendung (viel — wenig — nicht mehr); Aufkommen des Gerätes (falls in neuerer Zeit);
Verschwinden des Gerätes (bei heute nicht mehr gebrauchten Geräten). Da in einem Ort
Mehrere Arten eines Gerätetyps auftreten können und für j ede Art des Gerätetyps mehrere
Arten des Fischens möglich sind, wurden die Fragen in Form einer Tabelle gedruckt, die
fhr die Antworten mehrere Zeilen vorsieht, so daß für jede Art des Gerätetyps wie auch für
s) Vorschläge f. 150 Fragen zum Abschluß des Frageplanes des Atlas d. dt. Volkskunde
(Deutsche Forschung, H. 19). Bin. (1933) S. 102.
4) Vgl. z.B. die vielen wertvollen Beiträge über dieses Gebiet inFolk-Liv, Stockholm
l93i8.
°) WolfgangSteinitz, Aufgaben und Ziele der volkskundlichen Arbeit in der
^eutschen Demokratischen Republik. In: Wissenschaftliche Annalen, Jg. 2 (1953) S. 1 ff.
efs., Die volkskundliche Arbeit in der Deutschen Demokratischen Republik (Studien-
material für die Bildungs- und Erziehungsarbeit der Volkskunstgruppen, Heft 1) (1954).
Eeinz Kothe, Die vordringlichsten Aufgaben der Ethnographie in der DDR. In:
ölkerforschung (Veröffentl. d. Inst. f. dt. Vkde., Bd. 5), Bin. 1934. S. 78fr. Ders., Zur
efbreitung und Geschichte landwirtschaftlicher Arbeitsgeräte in Deutschland. In: Wissen-
Schaftliche Annalen, Jg. 2 (1953) S. 739ff.
304
Reinhard Peesch
jede Art des Fischens eine Zeile zur Verfügung steht. Auf diese Weise wird nicht nur eine
Wiederholung der Fragen vermieden, sondern auch dem Gewährsmann die Arbeit erleich-
tert, der bei der Beantwortung der einzelnen Fragen immer den gesamten Fragenkomplex
überblicken kann.
Umfang und Anlage des Fragebogens gestatteten nicht, die Fragenkomplexe erschöpfend
zu behandeln. Dieses Ziel konnte der AdV auch bei Fragen nach Brauchtum nicht erreichen;
er erfragte immer nur einzelne Merkmale eines Brauches, niemals einen Brauch in allen
seinen Einzelheiten und menschlichen Bezügen. Flier liegen die Grenzen und Mängel der
Korrespondentenmethode. Wollte man in unserem Falle alle Teile und Einzelheiten eines
Fanggerätes (z. B. eines großen Zugnetzes), ihre Formen und Maße, ihre Bezeichnungen
und Funktionen erfragen, so wäre allein hierfür ein umfangreicher Fragebogen erforder-
lich. Die Fragen wurden deshalb auf das Wichtigste und Wesentlichste beschränkt, außer-
dem so formuliert, daß sie von jedem Fischer ohne große Mühe beantwortet werden
können. Entsprechend dieser Beschränkung des Fragebogens werden auch die Antworten
nur einen Überblick über die Grundformen der Fanggeräte und ihreVerwendung geben
können, der allerdings — wie wir hoffen - schon wichtige Erkenntnisse vermitteln wird.
Außerdem ist vorgesehen, daß dieser erste Fragebogen nach seiner Auswertung durch
kleinere Ergänzungsfragebogen und durch einzelne Erkundungen an Ort und Stelle, die
nur in den Orten oder den Gebieten durchgeführt werden, wo eine Klärung der Sache oder
ein Eingehen auf weitere Einzelheiten erwünscht und notwendig ist, ergänzt wird. Bei
diesen Erkundungen wird man vor allem auch Abbildungen aller Grundformen (Fotos
und maßstabgerechte Zeichnungen) als eine wichtige Ergänzung des Fragebogenmaterials
anfertigen müssen.
Das Ziel des Unternehmens ist zweifacher Art. Einmal soll die Form und die Verwendung
der Geräte, über die bisher nur wenig bekannt ist, in vollem Umfang erforscht werden.
Zweitens soll auch die geographische Verbreitung dieser Erscheinungen ermittelt und damit
der AdV in dieser Richtung ergänzt werden. Aus diesem Grunde scheint es angebracht,
in jedem Ort, in dem ein oder mehrere Berufsfischer ansässig sind, einen Fragebogen aus-
füllen zu lassen. Die Versendung des Fragebogens wird in der DDR voraussichtlich im
Winter 1955/56 erfolgen. Sehr zu begrüßen wäre es, wenn Mittel und Wege gefunden
werden könnten, ein ähnliches Unternehmen mit den gleichen Zielen in der Bundesrepublik
zu begründen. In diesem Falle wäre zu überprüfen, wie weit der vorliegende Fragebogen,
der von den Verhältnissen in der DDR ausgeht, verändert werden müßte.
Technische Vorbemerkung:
Das geplante Fragebogen-Formular ist in seiner Wiedergabe auf den folgenden Seiten
dem Satzspiegel angepaßt worden, wodurch die Übersichtlichkeit der Fragenkomplexe
eine Beeinträchtigung erfährt. Nach dem ursprünglichen Entwurf sollten die mit A und B
bezeichneten Gruppen jedes Komplexes auf einer Seite beisammen stehen, wozu das
Format von DIN A 4 bequeme Möglichkeit bietet. Höhe und Breite der einzelnen Felder
erhalten in dem vorgesehenen Format auch die Größe, die ein sauberes Einträgen der
Antworten ermöglicht. Wir bitten den Leser, diese Beeinträchtigung bei einer kritischen
Beurteilung berücksichtigen zu wollen.
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
305
deutsche Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin
Institut für deutsche Volkskunde
Genehmigungsvermerk der Staatlichen
Zentralverwaltung für Statistik:
Fragebogen über die Fanggeräte der Binnenfischerei
Hinweise zur Ausfüllung des Fragebogens:
Ort, für den die folgenden Angaben gelten:.................................
Kreis:............................... Bezirk:..............................
Wer füllte d en Fragebogen aus?
Harne:............-........................................................
Vorname:...................................................................
Beruf:............................................-....-...................
Geburtsort: ................-..............................................
Wann geboren: .............................................................
Seit wann im Ort: .........................................................
Wieviel selbständige Berufsfischer wohnen im Ort:..........................
Gibt es im Ort eine ältere Vereinigung der Fischer (Innung, Gilde, Verein): ..
Welches ist der Name dieser Vereinigung: ..............-...................
Wer kann Mitglied der Vereinigung werden: ............................
Wieviel Mitglieder hat die Vereinigung heute:..........-...................
20 Volkskunde
306
Reinhard Peesch
I A. Zugnetze mit Fangsack und mit Flügeln
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Aus wieviel Stücken ist ein Flügel zu- sammengesetzt : c) Länge eines Stücks in Metern: d) Tiefe eines Stücks in Metern:
I.
2.
3-
I B. Fischen mit Zugnetzen mit Fangsack und mit Flügeln
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter IA. auf- geführten Geräte wird hier- für benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
4-
5*
II A. Zugnetze ohne Fangsack
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Aus wieviel Stücken ist es zusammen- gesetzt : c) Länge eines Stücks in Metern: d) Tiefe eines Stücks in Metern:
i.
2.
3-
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
307
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen
und auch kleine Zugnetze für Krebs- oder Köderfang berücksichtigen!)
e) Maschen- weite eines Stücks in Millimetern: 0 Länge des Fangsacks in Metern: g) Werden beim Ge- brauch des Netzes Winden benutzt oder wird das Netz nur mit Händen ge- zogen : h) Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: i) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit auf- gekommen ist, bitte angeben, seit wel- chem Jahr etwa:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen
und bitte berücksichtigen, daß mit einem Gerät auf verschiedene Weise gefischt werden kann!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Wieviel Kähne sind im allgemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: f) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen
Und auch kleine Zugnetze für Krebs- oder Köderfang, berücksichtigen!)
e) Maschen- weite in Millimetern: f) Werden bei Gebrauch des Netzes Winden benutzt oder wird das Netz nur mit Händen gezogen: g) Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: h) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jün- gerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
308
Reinhard Peesch
II B. Fischen mit Zugnetzen ohne Fangsack
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter IIA. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
I.
2.
3-
4-
III A. Sackzugnetze ohne Flügel
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Länge des Sacks in Metern: c) Durchmesser der Sack- öffnung in Metern: d) Maschenweite an der Sacköffnung in Millimetern:
i.
2.
3-
III B. Fischen mit Sackzugnetzen ohne Flügel
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter IIIA. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
4-
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
309
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen und
Bitte berücksichtigen, daß mit einem Gerät auf verschiedene Weise gefischt werden kann!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Wieviel Kähne sind im all- gemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: 0 Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
4
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen,
auch kleine Sackzugnetze für Krebs- oder Köderfang berücksichtigen!)
e) Befinden sich an den Zugleinen Stroh- wische oder Reisig- bündel, um die Fische in den Sack zu treiben: 0 Werden bei Ge- brauch des Netzes Winden benutzt oder wird das Netz nur mit Händen gezogen: g) Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: h) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufge- kommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Wieviel Kähne sind im all- gemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: 0 Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
-
310
Reinhard Peesch
IV A. Senknetze (waagerecht im Wasser schwebend)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Länge des Netzes in Metern: c) Breite des Netzes in Metern: d) Maschenweite in Millimetern:
I.
2.
3-
IV B. Fischen mit Senknetzen
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter IV A. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
4-
5-
V A. Einwandige Stellnetze (senkrecht im Wasser schwebend)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Aus wieviel Stücken wird es zusammen- gesetzt : c) Länge eines Stückes in Metern: d) Tiefe eines Stückes in Metern: e) Maschen- weite in Millimetern:
i.
2.
3-
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
311
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen,
auch kleine Senknetze für Krebs- oder Köderfang berücksichtigen!)
e) Mit Hilfe welcher Mittel wird das Netz auseinander- gespannt 0 Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: g) Falls die Benutzung des Ge- rätes erst in jüngerer Zeit auf- gekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
-
1
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Wieviel Kähne sind im allgemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: f) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen,
auch kleinere Netze für den Köderfang!)
f) Mit welchem Gerät Werden die Fische lia das Netz ge- trieben: (Bitte kurze Be- schreibung) : g) Wie nennt man das Scheuchgerät in der alten Mundart: h) Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: i) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit auf- gekommen ist, bitte angeben, seit wel- chem Jahr etwa:
'
312
Reinhard Peesch
V B. Fischen mit einwandigen Stellnetzen
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter VA. auf- geführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
I.
2.
3-
4-
VI A. Dreiwandige Stellnetze (senkrecht im Wasser schwebend)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Länge eines Stücks in Metern: c) Tiefe eines Stücks in Metern: d) Maschen- weite des Innennetzes in Milli- metern: e) Maschen- weite des Außennetzes in Milli- metern :
i.
2.
3•
VI B. Fischen mit dreiwandigen Stellnetzen
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter VIA. auf- geführten Geräte wird hierfür benutzt: c) Wieviel Stücke werden beim Fischen gleich- zeitig benutzt: d) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
4-
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
313
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen
und bitte berücksichtigen, daß mit einem Gerät auf verschiedene Weise gefischt werden kann!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Wieviel Kähne sind im all- gemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: 0 Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen!)
0 Wie nennt man das Innennetz in der alten Mund- art: g) Wie nennt man das Außennetz in der alten Mund- art: h) Mit welchem Gerät werden die Fische in das Netz getrieben: (Bitte kurze Beschreibung!) i) Wie nennt man dieses Scheuch- gerät in der alten Mundart: k) Wird das Netz heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen
und bitte berücksichtigen, daß mit einem Gerät auf verschiedene Weise gefischt werden kann!)
e) Welche Fischarten Werden hierbei vor allem gefangen: 0 Wieviel Kähne sind im allgemeinen bei dieser Art des Fischens beteiligt: g) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich: h) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
314
Reinhard Peesch
VII A. Schnurangeln (längere Schnur mit mehreren Angeln)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Länge einer Schnur in Metern: c) Wie nennt man die einzelne lange Schnur (ohne Angeln) in der alten Mundart:
I.
2.
3-
VII B. Fischen mit Schnurangeln
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter VII A. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
4-
5-
VIII A. Treibangeln (Schwimmer mit einer Angel)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Aus welchem Material wird der Schwimmer angefertigt: c) Wie nennt man den ein- zelnen Schwimmer in der alten Mundart:
i.
2.
3*
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
315
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen!)
d) Wieviel Haken be- finden sich im Durchschnitt an einer Schnur: e) Wie nennt man die kurze Schnur, an der der einzelne Haken befestigt ist, in der alten Mundart: f) Wird das Gerät heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: g) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Welche Köder werden hierbei verwendet: f) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
•
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen!)
d) Wie lang etwa ist die Schnur, an der der Haken befestigt ist, in Metern: e) Wie nennt man diese Schnur in der alten Mundart: f) Wird das Gerät heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: g) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit wel- chem Jahr etwa:
316
Reinhard Peesch
VIII B. Fischen mit Treibangeln
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter VIII A. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
I.
2.
3-
IX A. Reusen aus Netzwerk
a) Form des Gerätes: (Bitte kleine Skizze) b) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: c) Länge der Reuse in Zentimetern: d) Durchmesser der Einlaufkehle in Zentimetern:
i.
2.
3-
4-
5-
IX B. Fischen mit Reusen aus Netzwerk
a) Wie nennt man die Art des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter IX A. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3-
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers
317
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten werden hierbei vor allem gefangen: e) Welche Köder werden hierbei verwendet: f) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen,
auch kleine Reusen für den Krebsfang berücksichtigen!)
e) Wird die Reuse in Verbindung mit einem festen Fisch- Wehr verwendet: 0 Benutzt man Leit- netze, um die Fische zur Reusenöffnung zu leiten: g) Wie nennt man das Leitnetz in der alten Mund- art: h) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten wer- den hierbei vor allem ge- fangen : e) Wird das Gerät heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: 0 Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
318
Reinhard Peesch
X A. Reusen aus Holzstäben oder aus Ruten
a) Form des Gerätes: (Bitte kleine Skizze) b) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: c) Länge der Reuse in Zentimetern: d) Durchmesser der Einlaufkehle in Zentimetern:
I.
2.
5-
X B. Fischen mit Reusen aus Holzstäben
a) Wie nennt man dieArt des Fischens in der alten Mundart: b) Welches der unter X A. aufgeführten Geräte wird hierfür benutzt: c) In welchen Monaten fischt man in dieser Weise:
i.
2.
3*
XI. Sonstige Fischfanggeräte (z. B. Scherenhamen für Köderfang)
a) Wie nennt man das Gerät in der alten Mundart: b) Form und Größe des Gerätes : c) Verwendungsweise des Gerätes :
Ein Fragebogen über Wirtschaftsgeräte des Fischers 319
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr verwendete Geräte aufführen,
auch kleine Reusen für den Krebsfang berücksichtigen!)
e) Wird die Reuse in Verbindung mit einem festen Fisch- wehr verwendet: f) Benutzt man Leitnetze, um die Fische zur Reu- senöffnung zu leiten: g) W'ie nennt man das Leitnetz in der alten Mundart: h) Falls die Benutzung des Gerätes erst in jüngerer Zeit aufgekommen ist, bitte angeben, seit welchem Jahr etwa:
(Bitte auch ältere, heute nicht mehr übliche Arten des Fischens aufführen!)
d) Welche Fischarten wer- den hierbei vor allem ge- fangen : e) Wird das Gerät heute noch viel oder wenig oder nicht mehr benutzt: f) Falls diese Art des Fischens heute nicht mehr geübt wird, bis zu welchem Jahr etwa war sie üblich:
BUCHERSCHAU
Volkskunde
Wolfgang König — Leipzig und Christa Kupfer — Berlin
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion 1945—1953
Eine erste Übersicht
Die Verfasser stellten sich dieAufgabe, die in den Jahren 1945 bis 1953 in der Sowjetunion
auf dem Gebiet der Ethnographie (V olkskunde) Europas1) erschienene Literatur zusammen-
^ustellen, soweit sie im Original oder dem Titel nach in der Deutschen Demokratischen Re-
publik zu erfassen war. Die vorliegende Bibliographie kann deshalb keinen Anspruch auf
Lückenlosigkeit erheben. Insbesondere fehlen viele Publikationen aus den nationalen (nicht-
russischen) Republiken.
Bei der Zusammenstellung wurden folgende Zeitschriften und Publikationsreihen aus-
gewertet :
KSIE = Kratkie soobscenija Instituta ètnografii (Kurze Mitteilungen des Instituts für
Ethnographie)
KSIIMK = Kratkie soobscenija Instituta istorii material'noj kul'tury (Kurze Mitteilungen
des Instituts für Geschichte der materiellen Kultur)
MIA = Materialy i issledovanija poarcheologiiSSSR (Materialien und Forschungen zur
Archäologie der UdSSR)
SE = Sovetskaja êtnografija (Sowjet-Ethnographie)
SMAE — Sbornik muzeja archeologii i ètnografii (Sammelband des Museums für
Archäologie und Ethnographie)
Trudy Instituta ètnografii im. N. N. Miklucho-Maklaja (Arbeiten des Instituts für Ethno-
graphie)
^estnik drevnej istorii (Bote für Geschichte des Altertums)
^°prosy istorii (Fragen der Geschichte)
VGO = Vsesojuznoe geograficeskoe obscestvo (Geographische Gesellschaft der Sowjet-
union)
^amtliche Personennamen und Titel von Publikationsreihen und Zeitschriften werden
111 der Bibliothekstranskription wiedergegeben (b = v, >K — i, 3 = z, H = j, x = ch, U, = c,
11 = c, ui = s, rg = sc, H = y, b = '). In gewissen Fällen werden kurze erklärende Zu-
sätze der Verfasser dieser Bibliographie zu den Titeln in [ ] gebracht. Die deutsche Uber-
Setzung der Titel wird ohne Klammern angeführt
Gliederung
I. Bibliographie
II- Allgemeine Ethnographie
a) Allgemeine Fragen der Ethnographie
b) Geschichte der Ethnographie
x) Die ethnographische Literatur über Sibirien und Mittelasien ist also nicht angeführt.
2l*
324
Wolfgang König / Christa Kupfer
III. Ethnogenese, Geschichte und allgemeine Ethnographie einzelner Völker und
Gebiete
1. Slawen, Ostslawen
2. Völker des Wolga-Kama-Gebietes (Finnisch-ugrische und turko-tatarische
Völker)
3. Kaukasusvölker
4. Völker des Nordens und des Baltikums (Finnisch-ugrische und baltische
Völker)
5. Andere Völker der Sowjetunion (Moldauer, Zigeuner u. a.)
6. Europäische Völker außerhalb der UdSSR
IV. Ethnographische Erforschung der Arbeiter und Kolchosbauern
1. Allgemeine Darstellungen und Probleme
2. Ostslawen (Russen, Ukrainer, Belorussen)
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes (Finnisch-ugrische und turko-tatarische
Völker)
4. Kaukasusvölker
5. Völker des Nordens und des Baltikums (Finnisch-ugrische und baltische
Völker)
6. Andere Völker der Sowjetunion
V. Materielle Volkskultur
a) Hausbau, Siedlung
1. Ostslawen
2. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
3. Kaukasusvölker
4. Völker des Nordens und des Baltikums
b) Kleidung
1. Allgemeine Darstellungen
2. Ostslawen
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
4. Kaukasusvölker
5. Völker des Nordens und des Baltikums
6. Europäische Völker außerhalb der Sowjetunion
c) Bodenbau
1. Geschichte und Entwicklung des Bodenbaus der UdSSR
2. Ostslawen
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
4. Kaukasusvölker
5. Völker des Nordens und des Baltikums
d) Bienenzucht
e) Handwerk
f) Transportmittel, Waffen, Maße u. a.
VI. Geistige Volkskultur und soziale Organisation
a) Sitte und Brauch, Volksglaube
1. Ostslawen
2. Kaukasusvölker
3. Völker des Nordens und des Baltikums
b) Volksdichtung
1. Allgemeine Fragen der Folkloristik
2. Volksdichtung der Ostslawen
3. Volksdichtung der finnisch-ugrischen Völker
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
325
4. Lettisch-litauische Volksdichtung
5. Volksdichtung der Kaukasusvölker
6. Volksdichtung der Arbeiter und Kolchosbauern
7. Volksdichtung über den Großen Vaterländischen Krieg
8. Volksdichtung europäischer Völker außerhalb der UdSSR
c) Volkstheater, -tanz, -lied, -musik
d) Bildende Kunst
1. Allgemeine Fragen
2. Ostslawen
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
4. Kaukasusvölker
5. Völker des Nordens und des Baltikums
e) Probleme der Urgemeinschaft und Überreste der Urgemeinschaftsordnung bei
einzelnen Völkern
1. Allgemeine Darstellungen
2. Ostslawen
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
4. Kaukasusvölker
5. Südslawen.
6. Albanier
VII. Berichte
a) Tätigkeitsberichte ethnographischer Institutionen in der UdSSR
b) Berichte über ethnographische Museen, Ausstellungen und Archive in der
UdSSR
c) Über die ethnographische Arbeit in Europa außerhalb der Sowjetunion
VIII. Besondere Probleme der Ethnographie
a) Karten und Methoden der Kartographierung
b) Ethnographie und schöne Literatur
I. Bibliographie
1. Список диссертаций, защищенных в
Институте этнографии АН СССР
в 1946—1952 гг. Verzeichnis der in
den Jahren 1946 bis 1952 im Institut
für Ethnographie an der Akademie
der Wissenschaften verteidigten Dis-
sertationen. SE 1952, Heft 4, S. 232
—234.
2. Альфавитный и систематический ука-
затели статей, помещенных в
КСИИМК, вып. I—L. Alphabeti-
tisches und systematisches Verzeich-
nis der in KSIIMK, Heft I—L, er-
schienenen Aufsätze. KSIIMK,
1953, Heft L, S. 172—225.
3- Binkevic, E.: Лужичане (Материал
к библиографии). Die Lausitzer
(Material zu einer Bibliographie [der
Sorben]). SE (Sammelband), VI bis
VII, Moskau-Leningrad, 1947, S. 277
— 284.
4. Cudova, G.: Кировская игрушка.
Аннотированный библиографиче-
ский указатель книг, журнальных
и газетных статей. Das Kirower
Spielzeug. Bibliographischer Nach-
weis von Büchern, Zeitungs- und
Zeitschriftenartikeln. Kirow, 1946,
34 S. Rezension: SE, 1947, Heft 2,
S. 251 (Hagen-Torn).
5. Djakonov, L.: Библиографический
указатель областных изданий, в ко-
торых напечатаны частушки 1941
—1944* Bibliographischer Nach-
weis lokaler Veröffentlichungen, in
denen volkstümliche und literarisch
326
Wolfgang König/Christa Kupfer
bearbeitete Schnadahüpfl (castuska)
enthalten sind (1941—1944). Kirov-
skaja nov’, 1945, Nr. 1, S. 103—104.
6. Kitajnik, M. G.: Библиография
уральского фольклора. Bibliogra-
phie der Folklore aus dem Ural.
Swerdlowsk, 1949.
7. Kosven, M. О.: Указатель библио-
графических указателей и обзоров
литературы по этнографии народов
СССР. Bibliographie der Biblio-
graphien und Literaturnachweise zur
Ethnographie der Völker der UdSSR-
SE, 1947, Heft 1, S. 242—248.
II. Allgemeine Ethnographie
a) Allgemeine Fragen der Ethnographie
8. Борьба за мир и советская этногра-
фия. Der Kampf um den Frieden
und die sowjetische Ethnographie.
SE, 1952, Heft 1, S. 3—8.
9. К новым успехам советской этно-
графии. Zu neuen Erfolgen der
sowjetischen Ethnographie. SE,
1951, Heft 2, S. 3—6.
10. За тесное сотрудничество этногра-
фов и историков. Für enge Zu-
sammenarbeit zwischen Ethno-
graphen und Historikern. SE, 1953,
Heft 3, S. 3—8.
и. На путях перестройки этнографи-
ческой работы. Zur Umgestaltung
der ethnographischen Arbeit. KSIE,
1951, Heft XIII, S. 59—62.
12. XIX Съезд Коммунистической Пар-
тии Советского Союза и вопросы
этнографии. Der XIX. Parteitag der
Kommunistischen Partei der So-
wjetunion und die Fragen der
Ethnographie. SE, 1952, Heft 4,
S. 3—10.
13. Belicer, V. N.: Методические ука-
зания к полевому сбору материа-
лов по народной одежде. Metho-
dische Hinweise zum Sammeln von
Material über die Volkskleidung.
KSIE, XVIII, 1953, S. 81—90, mit
Abb.
14. Bubrich, D.: О советском финноу-
гроведении. Uber die sowjetische
Finnougristik. SE, 1949, Heft 2,
S. 189—196.
15. öeboksarov, N. N.: Некоторые
вопросы изучения финноугорских
народов в СССР (По поводу одной
научной конференции). Einige Fra-
gen der Erforschung der finnisch-
ugrischen Völker in der UdSSR (an-
läßlich einer wissenschaftlichen Kon-
ferenz). SE, 1948, Heft 3, S. 176
— 185.
16. öeboksarov, N. : Ещё раз о неко-
торых вопросах изучения финноу-
горских народов. Noch einmal zu
einigen Fragen der Erforschung der
finnisch-ugrischen Völker. SE, 1949»
Heft 2, S. 197—204.
17. Debec, F. G., Levin, M. G., Tro-
fimova, T. А.: Антропологи-
ческий материал как источник
изучения вопросов этногенеза. Das
anthropologische Material als Quelle
zur Erforschung der Ethnogenese.
SE, 1952, Heft i, S. 22—35.
18. Korbe, O., Stratanovic, G.: Об-
суждение доклада И. И. Потехина
„Задачи борьбы с космополитиз-
мом в этнографии“. Diskussion des
Vortrages I. I. Potechins „Die Auf-
gaben im Kampf gegen den Kosmo-
politismus in der Ethnographie“-
SE, 1949, Heft 2, S. 170—177.
19. Kosven, M. О.: Авункулат. Das
Avunkulat. SE, 1948, Heft 1, S. 3—-
46.
20. Kosven, M. О.: Программа собира-
ния сведений о патронимии И
структура рода. Programm zur
Sammlung von Mitteilungen über
Patronyme und die Struktur der
Sippe. KSIE, 1951, Heft XlH,
S. 20—31.
21. Kosven, M. О.: О периодизаций
первобытной истории. Über die
Periodisierung der Urgeschichte.
SE, 1952, Heft 3, S. 151—158.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
327
22. Kudrjasov, К. V.: Приемы изо-
бражения на этнографических кар-
тах районов с смешанным нацио-
нальным составом. Methoden der
Veranschaulichung von Gebieten
mit gemischter nationaler Zusam-
mensetzung auf ethnographischen
Karten. SE, 1947, Heft 2, S. 195—
198, 3 Abb.
23. Kusner (Knysev), P. I.: К методо-
логии определения этнографичес-
ких территории. Zur Methode der
Festlegung ethnographischer Terri-
torien. SE, 1946, Heft 1, S. 12—24.
2 Abb.
24. Kusner (Knysev), P. I.: Этническая
граница (К вопросу об этнических
рубежах в Европе). Die ethnische
Grenze (Zum Problem der ethni-
schen Grenzen in Europa). SE, 1947,
Heft 2, S. 3—32, 4 Karten.
25. Kusner (Knysev), P. I.: Этническая
граница и этнографическая терри-
тория. Die ethnische Grenze und
das ethnographische Territorium.
(Dissertation 3. 6. 1947; besprochen
in SE, 1952, Heft 4, S. 232—234.)
26. Kusner (Knysev), P. I.: Учение
Сталина о нации и национальной
культуре и его значение для этно-
графии. Die Lehre Stalins von der
Nation und der nationalen Kultur
und ihre Bedeutung für die Ethno-
graphie. SE, 1949, Heft 4, S. 3—19.
27. Kusner (Knysev), P. I.: Националь-
ное самосознание как этнический
определитель. Das nationale Selbst-
bewußtsein als Kriterium für die
ethnische Zugehörigkeit. KSIE, 1949,
Heft VIII, S. 3—9.
28. Kusner (Knysev), P. I.: Этническая
граница и этническая (этнографи-
ческая) территория. Die ethnische
Grenze und das ethnische (ethno-
graphische) Territorium (Methode
der Erforschung). KSIE, 1949,
Heft VI, S. 47—53.
29- Kusner (Knysev), P. I.: О методах
определения этнического состава
населения в полосе этнических
границ. Uber die Methoden zur Be-
stimmung der ethnischen Zusam-
mensetzung in ethnischen Grenz-
zonen. KSIE, 1950, Heft XI,
S. 3—9.
30. Kusner (Knysev), P. I.: Этнические
территории и этнические границы.
Ethnische Territorien und ethnische
Grenzen. Trudy Instituta etnografii
(Arbeiten des Instituts für Ethno-
graphie), Neue Serie, Bd. XV,
Moskau-Leningrad, 1951.
31. Kusner (Knysev), P. L: Об этно-
графическом изучении социали-
стической культуры и быта наро-
дов СССР. Über die ethnographische
Erforschung der sozialistischen Kul-
tur und Lebensweise der Völker der
UdSSR (zu den Ergebnissen einer
Diskussion). SE, 1953, Heft 1,
S. 10—26.
32. Levin, M. G.: История, эволюция,
диффузия. Geschichte, Evolution,
Diffusion (anläßlich einer Diskus-
sion). SE, 1947, Heft 2, S. 235—240.
33. Moora, A. Ch.: Эстонско-русские
отношения в XVIII—XX вв. по
данным этнографии. Die estnisch-
russischen Beziehungen im XVIII.
bis XX. Jahrhundert nach Angaben
der Ethnographie. KSIE, 1950,
Heft XII, S. 45—54, 4 Karten.
34. Okladnikov, А. P.: К вопросу о
происхождении искусства. Zur
Frage über den Ursprung der Kunst
(In Verbindung mit einer Kritik der
Anschauungen N. J. Marrs über die
Urkunst). SE, 1952, Heft 2, S. 3—22.
35. Pel'se, R. А.: Связи латышской и
русской культуры. Die Verbin-
dungen der lettischen und russischen
Kultur. KSIE, 1950, Heft XII,
S. 38—44.
36. Potechin, 1.1.: Задачи борьбы с
космополитизмом в этнографии.
Die Aufgaben des Kampfes gegen
den Kosmopolitismus in der Ethno-
graphie. SE, 1949, Heft 2, S. 7—26.
37. Potechin, 1.1.: Новые задачи этно-
графии в свете труда И. В. Сталина
„Экономические проблемы социа-
лизма в СССР“. Die neuen Auf-
gaben der Ethnographie im Lichte
der Arbeit J. W. Stalins „ökono-
mische Probleme des Sozialismus in
328
Wolfgang König / Christa Kupfer
der UdSSR“. SE, 1953, Heft 2,
S. 10—20.
38. Rybakov, В. А.: Русские земли по
карте Идриси 1154 года. Die russi-
schen Länder nach der Karte Idrisis
aus dem Jahre 1154. KSIIMK, 1952,
Heft XLIII, S. 3—44.
39. Terleckij, P. E.: О методах анализа
и корректирования данных пе-
реписей об этническом составе
населения зарубежной Европы.
Über Methoden der Analyse und
Korrektur von Angaben aus Volks-
zählungen über die ethnische Zu-
sammensetzung der Bevölkerung
Europas (außer der UdSSR). SE,
1949, Heft 3, S. 13—155.
40. Tokarev, S.A.: К постановке про-
блем этногенеза. Zu den Problemen
der Ethnogenese. SE, 1949, Heft 3,
S. 12—36.
41. Tokarev, S. A., und Öeboksarov,
N. N.: Методология этногенети-
ческих исследований на материале
этнографии в свете работ И. В.
Сталина по вопросам языкозна-
ния. Die Methodologie der ethno-
genetischen Forschungen auf Grund
von ethnographischem Material im
Lichte der Arbeiten J. W. Stalins
über Fragen der Sprachwissenschaft.
SE, 1951, Heft 4, S. 7—26.
42. Tolstov, S. P.: Этнография и совре-
менность. Ethnographie und Gegen-
wart. SE, 1946, Heft 1, S. 3—и.
43. Tolstov,S. P.: К вопросу о периоди-
зации истории первобытного об-
щества. Zur Frage der Periodisie-
rung der Geschichte der Urgesell-
schaft. SE, 1946, Heft 1, S. 25—30.
44. Tolstov, S. P.: Советская школа в
этнографии. Die sowjetische Schule
in der Ethnographie. SE, 1947,
Heft 4, S. 8—28.
b) Geschichte d
52. Сессия, посвященная столетию со
дня рождения D. Н. Анучина. Ta-
gung anläßlich des 100. Geburtstags
von D. N. Anucin. SE (Sammel-
band), VI—VII, 1947, S. 330.
45. Tolstov, S. P.: В. И. Ленин и ак-
туальные проблемы этнографии
(К 25-летию со дня смерти). W. I.
Lenin und die aktuellen Probleme
der Ethnographie (Zum 25. Todes-
tag). SE, 1949, Heft 1, S. 3—17.
46. Tolstov, S. P.: Значение трудов И.
В. Сталина по вопросам языкозна-
ния для развития советской этно-
графии. Die Bedeutung der Arbeiten
J. W. Stalins über Fragen der Sprach-
wissenschaft für die Entwicklung
der sowjetischen Ethnographie. SE,
1950, Heft 4, S. 3—23.
47. Tolstov, S. P.: Основные задачи и
пути развития советской этногра-
фии. Die Hauptaufgaben und Wege
der Entwicklung der sowjetischen
Ethnographie. KSIE, 1950, Heft
XII, S. 5—14.
48. Trisman, V.: О русской этнографи-
ческой карте XVII века. Uber eine
russische ethnographische Karte aus
dem XVII. Jahrhundert. KSIE, 1950,
Heft X, S. 54—55.
49. Volkov, N.: Конференция по изу-
гению финноугорской филологии
(Секция истории и этнографии).
Tagung über die Erforschung der
finnisch-ugrischen Philologie (Sek-
tion Geschichte und Ethnographie).
SE, 1947, Heft 2, S. 219—221.
50. Zolotarevskaja, I.: Дискуссия о
проблеме экзогамии. Diskussion
über das Problem der Exogamie.
SE, 1947, Heft 3, S. 151—154.
51. 2danko,T.: Сессия Ученого совета
Института этнографии АН, посвя-
щённая проблемам истории родово-
го общества. Kongreß des wissen-
schaftlichen Rates am Institut für
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften über Probleme der
Geschichte der Gentilgesellschaft.
SE, 1950, Heft 2, S. 193—201.
Ethnographie
53. Памяти Д. H. Анучина (1843
bis 1923. Dem Gedenken D. N.
Anucins (1843—1923). Trudy
Instituta etnografii (Arbeiten des
Instituts für Ethnographie), Neue
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
329
Serie, Bd. I, Moskau-Leningrad,
1947.
54. В. В. Богданов (Некролог). V. V.
Bogdanov (Nekrolog). SE, 1949,
Heft 4, S. 207—208.
55. Bezzubov, V. I.: M. E. Евсевьев-
этнограф мордовского народа. М.
Е. Evsev'ev, ein Ethnograph des
mordwinischen Volkes. SE, 1949,
Heft 2, S. 134—137.
56. Binkevic, E. R.: E. H. Елеонская
(К 70-летию со дня рождения).
Е. N. Eleonskaja (Zum 70. Geburts-
tag). SE (Sammelband), VI—VII,
1947, S. 329.
57. Blomkvist, E., Kamenskaja, M.,
und Faleeva, V.: Л. А. Динцес
(Некролог). L.A.Dinces (Nekrolog).
SE, 1949, Heft 1, S. 203—208.
58. Debec, G.: Памяти M. В. Воевод-
ского. Zum Gedenken M. V. Voe-
vodskijs. SE, 1949, Heft 1, S. 208
—211.
59. Gagkaev, К.: Памяти M. M. Ко-
валевского (1916—1946). Zum Ge-
denken M. M. Kovalevskijs (1916
bis 1946). SE, 1946, Heft 3, S. 146
— J49-
60. Grinblat, M. J.: Белорусская со-
ветская этнография за 30 лет.
Dreißig Jahre sowjetische Ethno-
graphie in Belorußland. SE, 1948,
Heft 2, S. 219—225.
61. Kokiev, G. А.: С. А. Туккаев —
этнограф осетинского народа. S. А.
Tukkaev, ein Ethnograph des osse-
tischen Volkes. SE, 1946, Heft 2,
S. 182—187.
62. Kokiev, G. А.: С. В. Кокиев —
этнограф осетинского народа. S. V.
Kokiev, ein Ethnograph des osse-
tischen Volkes. SE, 1946, Heft 3,
S. 133—137.
63- Kosven, M. О.: И. Я. Бахофен и
русская наука. I. J. Bachofen und
die russische Wissenschaft. SE, 1946,
Heft 3, S. 9—36.
64- Kosven, M. О.: M. M. Ковалев-
ский как этнограф-кавказовед. M.
М. Kovalevskij als Ethnograph und
Erforscher des Kaukasus. (Zu seinem
100. Geburtstag.) SE, 1951, Heft 4,
S. 116—135.
65. Kosven, M. О.: Из истории ран-
ней этнографии (XII—XVI вв.).
Aus der Geschichte der frühen rus-
sischen Ethnographie (XII.—XVI.
Jahrhundert). SE, 1952, Heft 4,
S. 128—141.
66. Kosven, M. О.: хоо-летний юбилей
русской этнографической прессы.
Hundertjahrfeier der russischen
ethnographischen Presse. SE, 1953,
Heft 4, S. 56—69.
67. Kozacenko, А.I.: Академик Б. Д.
Греков (К 70-летию со дня рож-
дения). Akademiemitglied В. D.Gre-
kov (Zum 70. Geburtstag). SE,
1952, Heft 2, S. 166—171.
68. Kusikjan, L: С. Д. Лисициан. S. D.
Lisician. SE, 1947, Heft 2, S. 231
—243.
69. Levin, M. G.: Дмитрий Николаевич
Анучин (1843—1923). Dmitrij Niko-
laevic Anucin (1843—1923). Trudy
Instituta ètnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Neue
Serie, Bd. I, 1947, S. 3—17.
70. Levin, M.: В. В. Богданов (К 80-
летию со дня рождения). V. V.
Bogdanov (Zum 80. Geburtstag).
SE, 1949, Heft i, S. 161—162.
71. Lunin, V.: Александр Михайлович
Листопадов. Aleksandr Michajlovic
Listopadov. SE, 1949, Heft 3, S. 212
—213.
72. Puskarev, L. N.: Из истории ре-
волюционно-демократической эт-
нографии. И. А. Худяков. Aus der
Geschichte der revolutionär-demo-
kratischen Ethnographie. I. A.
Chudjakov. SE, 1949, Heft 3,
S. 183—200.
73. Robakidze, А.: С. H. Джанашия.
S. N. DEanasija. SE, 1948, Heft 2,
S. 226—229.
74. Smirnova, J.: Заседание, посвя-
щенное памяти С. Д. Лисициана.
Konferenz, dem Gedenken S. D.
Lisicians gewidmet. SE, 1947» Heft 2,
S. 215—216.
75. Sokolova, V. K.: Взгяды и исследо-
вания декабристов в области этно-
графии и фольклора. Anschauun-
gen und Forschungen der Dekabri-
sten auf dem Gebiet der Ethno-
330
Wolfgang König/Christa Kupfer
graphie und Folklore. SE, 1953,
Heft 2, S. 131—151.
76. S te pа nо v, : Русское географи-
ческое общество и этнография
(1845—1861). Die russische geo-
graphische Gesellschaft und die
Ethnographie (1845—1861). SE,
1946, Heft 4, S. 186—206, 4Abb.
77. Stepanov, N. N.: В. H. Татищев и
русская этнография. V.N.Tatiscev
und die russische Ethnographie.
SE, 1951, Heft 1, S. 149—163.
78. Stratanovic, G.: Профессор Нико-
лай Васильевич Кюнер. Prof. Ni-
kolaj Vasilevic Kjuner. SE, 1952,
Heft 4, S. 182—183.
79. Takoeva, N. F.: Коста Хетагуров-
народный поет Осетии, этнограф-
кавказовед. Kosta Chetagurov, ein
Volksdichter Ossetiens und ein Er-
forscher der Ethnographie des Kau-
kasus. SE, 1949, Heft 2, S. 119—133.
80. Tokarev, S.: А. H. Максимов (Не-
кролог). А. N. Maksimov (Nekro-
log). SE (Sammelband), 1947, VI
bis VII, S. 330—335.
81. Tokarev, S. А.: Вклад русских
ученых в мировую этнографи-
ческую науку. Der Beitrag russi-
scher Wissenschaftler zur inter-
nationalen ethnographischen Wis-
senschaft. SE, 1948, Heft 2, S. 184—-
207.
82. Tokarev, S. А.: Основные этапы
развития русской дореволюцион-
ной и советской этнографии. Die
Hauptetappen in der Entwicklung
der russischen vorrevolutionären
und der sowjetischen Ethnographie.
SE, 1951, Heft 2, S. 160—178.
83. Tolstov,S. P. : Дмитрий Николаевич
Анучин — этнограф. Dmitrij
Nikolaevic Anucin als Ethnograph.
Trudy Instituta étnografii (Arbeiten
des Instituts für Ethnographie),
Neue Serie, Bd. 1, 1947, S. 18—21.
84. Tusev, V. E.: Г. В. Плеханов о
первобытном обществе и его куль-
туре. G. V. Plechanow über die Ur-
gesellschaft und ihre Kultur. SE,
1952, Heft 4, S. 142—161.
85. Zemzare,D.E.: Общество естество-
знания, am ропологии и этнографии
и развитие латышской этнографи-
ческой науки. Die Gesellschaft für
Naturwissenschaft, Anthropologie
und Ethnographie und die Ent-
wicklung der lettischen ethnogra-
phischen Wissenschaft. KSIE, 1950,
Heft XII, S. 55—58.
III. Ethnogenese, Geschichte und allgemeine Ethnographie einzelner
Gebiete und Völker
1. Slawen, Ostslawen
86. История культуры древней Руси
(Домонгольский период). Ge-
schichte der Kultur der alten Rusj
(Vormongolische Zeit). Unter der
Redaktion von N. N. Voronin, M.
K. Karger und M. A. Tichanova.
Band I: Materielle Kultur, Moskau-
Leningrad, 1948, 483 S., 285 Abb.;
Band II: Gesellschaftliche Ordnung
und geistige Kultur, Moskau-Lenin-
grad, 1951, 545 S., 273 Abb. Re-
zensionen: SE, 1949, Heft 3, S. 210
—211 (Öistova, N.).—Vestnik drev-
nej istorii, 1949, Heft 4, S. 178—181
(Fedorov). — Voprosy istorii, 1951,
Heft 11, S. 137—142 (Mongajt).
87. Вопросы этногенеза восточных сла-
вян в исследованиях советских
археологов. Fragen der Ethnogenese
der Ostslawen in den Forschungen
sowjetischer Archäologen (Sammel-
band). Rezension: SE, 1948, Heft 2,
S. 239—244.
88. Anucin, V. A., und Spiridonov,
A. I.: Закарпатская область (Науч-
но-популярное географическое
описание). Das Transkarpaten-
gebiet (Eine populärwissenschaft-
liche geographische Beschreibung)*
Moskau, 1947, 174 S. Rezension:
SE, 1949, Heft 1, S. 231—236.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
331
89. Arcichovskij, A. V.: Культурное
единство славян в средние века.
Die kulturelle Einheit der Slawen
im Mittelalter. SE, 1946, Heft 1,
S. 84—90.
90. Artamonov, M. I.: Венеды, невры
и будины в славянском этногенезе.
Veneden, Neuren und Budinen in
der slawischen Ethnogenese. Vest-
nik Leningradskogo universiteta
(Bote der Leningrader Universität),
1946, Heft 2.
91. Avdusin, D. А.: Варяжский вопрос
по археологическим данным. Das
Warägerproblem nach archäologi-
schen Angaben. KSIIMK, XXX,
1949, S. 3—14.
92. Berg, L. S.: Названия рыб и этни-
ческие взаимоотношения славян.
Die Fischnamen und die gegenseiti-
gen ethnischen Beziehungen bei den
Slawen. SE, 1948, Heft 2, S. 62—73.
93. Bunak, V. V.: Антропологические
исследования в закарпатской об-
ласти УССР. Anthropologische For-
schungen im Transkarpatengebiet
der Ukrainischen SSR. KSIE, 1948,
Heft IV, S. 18—25, 3 Tabellen.
94. Busygin, E. P.: Материальная куль-
тура русского (сельского) населе-
ния Татарской АССР. Die materielle
Kultur der russischen Landbevölke-
rung in der Tatarischen ASSR (Dis-
sertation 8. 4. 1952). Protokoll: SE,
1953, Heft2, S.204—205 (O.Korbe).
95. DerSavin, N. S.: Славяне в древ-
ности (культурно-исторический
очерк). Die Slawen im Altertum
(Ein kulturhistorischer Überblick).
Moskau, 1946, 215 S.
96. Grekov, В. D.: Киевская Русь. Die
Kiewer Rusj. Moskau, 1949, 507 S.
97- Krupjanskaja, V. J.: Экспедиция
в закарпатскую Украину. Expe-
dition in die Transkarpaten-Ukraine
(vorläufiger Bericht). KSIE, 1947,
Heft III, S. 13—17.
98. Lichacev, D. S.: Культура Руси
эпохи образования русского на-
ционального государства (конец
XIV — начало XVI вв.). Die Kultur
Rußlands in der Epoche der Heraus-
bildung des russischen National-
staates (Ende des XIV. bis zum Be-
ginn des XVI. Jahrhunderts). 1946,
160S., 31 Abb.
99. Lipsic, E. E.: Византийское кре-
стьянство и славянская колони-
зация. Die byzantinische Bauern-
schaft und die slawische Kolonisa-
tion. Vizantijskij sbornik (Byzan-
tinischer Sammelband), 1945.
100. Ljapuskin, 1.1.: Материалы к изу-
чению юговосточных границ во-
сточных славян VIII—X вв. Ma-
terialien zur Erforschung der süd-
östlichen Grenze der Ostslawen im
VIII.—X. Jahrhundert. KSIIMK,
1946, Heft XII, S. 117—127.
101. Lomova, M., Kozakevic, M., 2ol-
tovskij, P.: Разведывательная
этнографическая поездка в украин-
ское Полесье. Ethnographische Er-
kundungsreise in das ukrainische
Waldgebiet. SE, 1953, Heft 4,
S. 127—132, 4 Abb.
102. Mavrodin, V.: Древняя Русь (Про-
исхождение русского народа и
образование Киевского государ-
ства). Die alte Rusj (Die Herkunft
des russischen Volkes und die Bil-
dung des Kiewer Staates). Gospolit-
izdat, 1946, 310 S., 19 Abb.
103. Mavrodin, V. V.: К вопросу о
складывании великорусской на-
родности и русской нации. Über
dieHerausbildung der großrussischen
Völkerschaft und der russischen
Nation. SE, 1947, Heft 4, S. 84—102.
104. Mavrodin, V. V.: Основные этапы
этнического развития русского на-
рода. Die Hauptetappen in der ethni-
schen Entwicklung des russischen
Volkes. Voprocy istorii, 1950, Heft 4,
S. 55—70.
105. Mongajt, A, L.: К вопросу о трех
центрах древней Руси. Uber die
drei Zentren der alten Rusj. KSIIMK,
1947, Heft XVI, S. 103—1x2.
106. Prel'man, I. P.: Новгородская де-
ревня в XV—XVI вв. Das Now-
goroder Dorf im XV.—XVI. Jahr-
hundert. Istoriceskie zapiski (Histo-
rische Aufzeichnungen), 1948, Heft
26.
332
Wolfgang König / Christa Kupfer
107. Rybakov, B.A. : Поляне и северяне
(К вопросу о размещении лето-
писных племен на Ср. Днепре).
Die Poljanen und die Sewerjanen
(Über die Verteilung der in der
Chronik genannten Stämme am mitt-
leren Dnepr). SE (Sammelband),
1947, VI—VII, S. 81—105, 8 Karten.
108. Rybakov, В. А.: Уличи. Die Uli-
tschen. KSIIMK, 1950, XXXV,
S. 3—17.
109. Rybakov, В. А. : Проблема образо-
вания древнерусской народности
в свете трудов И. В. Сталина. Die
Herausbildung der altrussischen Völ-
kerschaft im Lichte der Arbeiten J.
W. Stalins. Voprosy istorii, 1952,
Heft 9, S. 40—62, 1 Karte. Rezen-
sion: Voprosy jazykoznanija (Fragen
der Sprachwissenschaft), 1953, Heft
2, S. 50—54.
110. Simonenko, I. F.: Экспедиция на
Украину в 1945 г. Die Expedition
in die Ukraine im Jahre 1945. KSIE,
1947, Heft II, S. 43—47.
hi. Simonenko, I. F.: Этнический со-
став населения западных районов
Украины. Die ethnische Zusammen-
setzung der Bevölkerung der west-
lichen Ukraine (Dissertation 11. 2.
1947). Protokoll: SE, 1947, Heft 3,
S. 154—155.
112. Simonenko, I. F.: Этнографический
отряд закарпатской комплексной
экспедиции. Die ethnographische
Abteilung der Komplexexpedition in
die Transkarpaten. KSIE, 1948,
Heft IV, S. 5—12, 1 Karte, 7Abb.
113. Simonenko, I. F.: Быт населения
Закарпатской области (По ма-
териалам экпедиции 1945—1947
гг.). Die Lebensweise der Bevölke-
rung des Transkarpatengebietes
(Nach dem Expeditionsmaterial aus
den Jahren 1945—1947). SE, 1948,
Heft 1, S. 63—89, 12 Abb.
114. Smirnov, А. P.: К вопросу о славя-
нах в Крыму. Zur Frage der Slawen
auf der Krim. Vestnik drevnej
istorii, 1953, Heft 3, S. 32—46.
115. Tichomirov, M.N.: Происхожде-
ние названий „Русь“ и „Русская
земля“. Die Plerkunft der Bezeich-
nungen „Rusj“ und „Russkaja
zemlja“. SE (Sammelband), 1947,
VI—VII, S. 60—80.
116. Tichomirov, M. N.: Исторические
связи русского народа с южными
славянами. Die historischen Be-
ziehungen des russischen Volkes zu
den Südslawen. Slavjanskij sbornik
(Slawischer Sammelband), 1947.
117. Tolstov, S. P.: Из предистории
Руси (Палеоэтнографические этю-
ды). Aus der Vorgeschichte der Rusj
(Eine paläoethnographische Etüde).
SE (Sammelband), 1947, VI—VII,
S. 40—59, 2 Bildtafeln, 1 Karte.
118. Tret'jakov, P. N.: Анты и Русь.
Anten und Rusj. SE, 1947, Heft 4,
S. 71—83.
119. Tret'jakov, P. N.: Восточнославян-
ские племена. Die ostslawischen
Stämme. Moskau-Leningrad, 1948,
181 S., 7 Kartenskizzen und 4 Seiten
Bibliographie. 2. überarbeitete Auf-
lage, Moskau, 1953, 305 S.
120. Tret'jakov,P.N.: О происхождении
Славян. Über die Herkunft der
Slawen. Slavjane (Die Slawen), 1952,
Heft 7, S. 26—32. Außerdem in:
Voprosy istorii, 1953, Heft 11,
S. 69—82.
121. Trofimova, T. А.: Кривичи, вятичи
и славянские племена Поднепровья
по данным антропологии. Die Kri-
witschen, Wjatitschen und slawi-
schen Stämme des Dnepr-Gebiets
nach den Angaben der Anthro-
pologie. SE, 1946, Heft 1, S. 91
—136, 2 Karten, 18 Tabellen.
122. Udal'cov,A. D.: Основные вопросы
этногенеза славян. Hauptfragen der
Ethnogenese der Slawen. SE (Sam-
melband), 1947, VI—VII, S. 3—13.
123. Udal'cov, A. D.: Происхождение
Славян. Die Herkunft der Slawen.
Voprosy istorii, 1947, Heft 7.
124. Vejmarn, E. V., und Str^eleckij,
S. F.: К вопросу о славянах в
Крыму. Zur Frage der Slawen auf
der Krim. Voprosy istorii, 1952,
Heft 4, S. 94—99.
■■■■
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
333
125. Zasurcev, P. I. Славянские поселе-
ния в Молдавии. Slawische Sied-
lungen in Moldawien. KSIIMK,
1949, Heft XXVII, S. 102—103.
2. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
(Finnisch-ugrische und turko-tatarische Völker)
*26. Achmerov, R. В.: Некоторые во-
просы этногенеза Башкир по архео-
логическим данным. Einige Fragen
der Ethnogenese der Baschkiren
nach Angaben der Archäologie. SE,
1952, Heft 3, S. 36—49.
*27. Alichova, А. E.: К вопросу о бур-
тасах. Zum Problem der Burtassen.
SE, 1949, Heft 1, S. 48—57.
U8. Bader, O. N.: Древнее Поветлужье
в связи с вопросами этногенеза
мари и ранней истории Повол-
жья. Das alte Wetluga-Gebiet in
Verbindung mit den Fragen der
Ethnogenese der Mari und der Früh-
geschichte des Wolgagebietes. SE,
1951, Heft 2, S. 15—41, 4Abb.
*29. Belicer, V. N.: К вопросу о проис-
хождении удмуртов (По материа-
лам женской одежды). Uber die
Herkunft der Udmurten (Nach dem
Material der Frauenkleidung). SE,
1947, Heft 4, S. 103—125, 13 Abb.
x3o. Belicer, V. N.: К вопросу о проис-
хождении бесермян (По материа-
лам одежды). Über die Herkunft
der Besermjanen (Nach dem Material
der Kleidung). Trudy Instituta etno-
grafii (Arbeiten des Instituts für
Ethnographie), Neue Serie, 1947, I,
S. 183—193, 5 Abb.
4i. Belicer, V.N.: Народная одежда
удмуртов (Материал к этногенезу).
Die Volkstracht der Udmurten
(Material zur Ethnogenese). Trudy
Instituta etnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Moskau-
Leningrad, Neue Serie, 1951, X,
140 S., 75 Abb., 1 Karte. Rezension:
SE, 1952, Heft 1, S. 216—219.
132. Busygin,E. P.: Материальная куль-
тура русского (сельского) населе-
ния Татарской АССР. Die materielle
Kultur der russischen Landbevölke-
rung in der Tatarischen ASSR (Dis-
sertation 8. 4. 1952). Protokoll: SE,
1953, Heft 2, S. 204—205.
133. Derfcavin, N. S.: Происхождение
болгарского народа и образование
первого болгарского государства
на Балканском полуостровье. Die
Herkunft des bulgarischen Volkes
und die Bildung des ersten bulga-
rischen Staates auf der Balkanhalb-
insel. SE, 1946, Heft 1, S. 59—83.
134. Egorov, V. G.: Этногенез чувашей
по данным языка. Die Ethnogenese
der Tschuwaschen nach An-
gaben der Sprache. SE, 1950, Heft 3,
S. 79—92.
135. Gimadi, Ch.: О некоторых вопросах
истории татар. Uber einge Fragen
der Geschichte der Tataren. Voprosy
istorii, 1952, Heft 12, S. 118—126.
X36. Gol'msten, V. V.: Буртасы. Die
Burtassen. KSIIMK, 1946, Heft XIII,
S. 17—25.
137. Gorjunova, E. I.: К вопросу о
племенной принадлежности лето-
писной мери. Über das Problem der
Stammeszugehörigkeit der in der
Chronik erwähnten Meri. KSIE,
1952, Heft XVII, S. 18—28, 1 Abb.
138. Hagen-Tor n, N. I.: Элементы одеж-
ды народностей Поволжья как
материал к этногенезу. Elemente
der Kleidung der Völkerschaften des
Wolgagebietes als Material zur
Ethnogenese (Dissertation). Pro-
tokoll: SE, 1946, Heft 2, S. 212.
139. E. К.: Вопросы этногенеза татар
Поволжья (Сессия отделения исто-
рии и философии АН СССР). Fragen
der Ethnogenese der Tataren des
Wolgagebietes (Tagung der Ab-
teilung Geschichte und Philosophie
334
Wolfgang König/Christa Kupfer
an der Akademie der Wissenschaften
der UdSSR). SE, 1946, Heft 3,
S. 149—159.
140. Kozlov,K.: Вопросы истории чу-
вашского народа. Fragen der Ge-
schichte des tschuwaschischen Vol-
kes (Tagung der Abteilung Ge-
schichte und Philosophie an der
Akademie der Wissenschaften der
UdSSR). SE, 1950, Heft 3, S. 177
bis 180.
141. Krjukova,T. А.: Коллекция П. C.
Паллас по народам Поволжья.
Die Kollektion P. S. Pallas’ über
die Völker des Wolgagebietes.
SMAE, Bd. XII, Moskau-Lenin-
grad, 1949, S. 139—159, 6Abb.
142. Mavrodin, V. V.: Русское много-
национальное государство и фин-
ноугорские народы. Der russische
Vielnationalitätenstaat und die fin-
nisch-ugrischen Völker. Sovetskoe
finnougrovedenie (Sowjetische
Finno-Ugristik), I, S. 33—46. Re-
zension: SE, 1948, Heft 3, S. 178
—179 (Öeboksarov).
143. Popov, А. P.: Буртасы и мордва.
Burtassen undMordwinen. Sovetskoe
finnougrovedenie (Sowjetische Fin-
nougristik). Bd. I. Rezension: SE,
1948, Heft 3, S. 184 (N. N. Öebok-
sarov).
144. Safargiliev, M.: Один из спорных
вопросов истории татар. Eine der
umstrittenen Fragen aus der Ge-
schichte der Tataren. Voprosy isto-
rii, 1951, Heft 7, S. 74—80.
145. Smirnov, А. P.: К вопросу о
происхождении татар Поволжья.
Über die Herkunft der Tataren des
Wolgagebietes. SE, 1946, Heft 3,
S. 36—50.
146. Smirnov, А. P.: Волжские болгары.
Die Wolgabulgaren (Thesen einer
Doktordissertation). KSIIMK, 1946,
Heft XIII, S. 158—159.
147. Smirnov, А. P.: К вопросу о бур-
тасах. Zum Problem der Burtassen.
KSIIMK, 1951, Heft XL, S. 45—50.
148. Talickij, M. V.: Верхнее Прикамье
в X—XIV вв. Das obere Kama-
gebiet im X. bis XIV. Jahrhundert
(Thesen einer Kandidatendisserta-
tion). KSIIMK, 1946, Heft XIII,
S. 156—158.
149. Tichomirov, M. N.: Присоедине-
ние Чувашии к русскому государ-
ству. Die Eingliederung Tschuwa-
, schiens in das russische Reich. SE,
1950, Heft 3, S. 93—106.
150. Tret'jakov, P.N.: Памятники древ-
нейшей чувашского Поволжья.
Denkmäler des alten tschuwaschi-
schen Wolgagebietes. Unter der Re-
daktion von А. P. Smirnov. Tsche-
boksary, 1948, 76 S.
151. Tret'jakov, P. N.: Вопрос о проис-
хождении чувашского народа в
свете археологических данных. Die
Frage nach der Herkunft der Tschu-
waschen im Lichte archäologischer
Angaben. SE, 1950, Heft 3, S. 44
— 53-
152. Trofimova, T. А.: Этногенез татар
среднего Поволжья в свете дан-
ных антропологии.Die Ethnogenese
der Tataren an der mittleren Wolga
nach Angaben der Anthropologie.
SE, 1946, Heft 3, S. 51—74, 4 Abb.,
Tabellen.
153. Trofimova, T. А.: Этногенез татар
Поволжья в свете данных антро-
пологии. Die Ethnogenese der
Wolgatataren nach Angaben der
Anthropologie. Trudy Instituta etno-
grafii (Arbeiten des Instituts für
Ethnographie), Neue Serie, Bd. VII,
Moskau-Leningrad, 1949. 489 S.,
30 Abb., 108 Tabellen.
154. Trofimova, T. А.: Этногенез татар
Поволжья в свете данных антро-
пологии. DieEthnogenese der Wolga-
tataren im Lichte anthropologischer
Angaben. Trudy Instituta ¿tno-
grafii,Neue Serie, Bd. VIII, Moskau-
Leningrad, 1949, 264 S. Rezension:
SE, 1950, Heft 1, S. 211 ff.
155. Trofimova, T. А.: Антропологи-
ческие материалы к вопросу о
происхождении чувашей. Anthro-
pologische Materialien zur Frage der
Flerkunft der Tschuwaschen. SE,
1950, Heft 3, S. 54—65.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
335
*56. Vorob'ev, N.I.: Казанские татары.
Die Kasantataren (Dissertation 30. 1.
1946). Protokoll: SE, 1946, Heft 2,
S. 212.
157. Vorob'ev, N. I.: Происхождение
Казанских татар по данным этно-
графии. Die Herkunft der Kasaner
Tataren nach Angaben der Ethno-
graphie. SE, 1946, Heft 3, S. 75—86.
*5 8. Vorob'ev, N.I.: Археологические и
этнографические исследования в
Татарской АССР летом 1946 г. Die
archäologische und ethnographische
Forschung in der Tatarischen ASSR
im Sommer 1946. SE, 1947, Heft 1,
S. 206—209.
159. Vorob'ev,N. I.: Этногенез чуваш-
ского народа по данным этногра-
фии. Die Ethnogenese des tschuwa-
schischen Volkes nach Angaben der
Ethnographie. SE, 1950, Heft 3,
S. 66—78.
160. Vorob'ev, N. I.: Краткие итоги
изучения материальной куль-
туры чувашей. Kurze Zusammen-
fassung über die Ergebnisse der Er-
forschung der materiellen Kultur
der Tschuwaschen. SE, 1952, Heft 4,
S. 53—66.
161. Zaljaj, L.: К вопросу о происхож-
дении татар Поволжья (По мате-
риалам языка). Über die Herkunft
der Tataren an der Wolga (Nach
linguistischem Material). SE, 1946,
Heft 3, S. 87—92.
3. Kaukasusvölker
162. Материальная культура Азербай-
джана. Die materielle Kultur Aser-
baidshans. Bd. 1, Baku, 1949, 158 S.
Rezension: Vestnik drevnej istorii,
1952, Heft 1, S. 156—161.
*63. История армянского народа. Ge-
schichte des armenischen Volkes.
Unter der Redaktion von B. N.
Arakeljan und А. P. Ioannisjan.
Erewan, 1951, Bd. 1, 291 S. Re-
zension: Vestnik drevnej istorii,
1952, Heft 3, S. 100—101.
I(4. Akimova, M. S.: Антропологи-
ческий тип лезгин. Der anthropolo-
gische Typus der Lesginen. KSIE,
1952, Heft XVI, S. 69—74, 5 Tabel-
len.
*65. Akimova, M. S., und Bulatova, M.
А. : К антропологии аварцев. Zur
Anthropologie der Awaren. KSIE,
1947, Heft II, S. 21—26.
l66. Eremjan, S. T.: К вопросу об этно-
генезе армян. Über die Ethno-
genese der Armenier. Voprosy isto-
rii, 1952, Heft 7.
l67- Davitasvili, M.: По дорогам и
Сёлам Грузии. Über die Straßen
und durch die Dörfer Grusiniens.
Tbilissi, 1951, 140 S., 71 Abb.
168. Gardanov, В. А.: Работа Дагестан-
ской экспедиции в 1950 году. Die
Arbeit der Daghestanischen Expedi-
tion im Jahre 1950. KSIE, 1952,
Heft XIV, S. 34—38.
169. Gegesidze, M.: Межрепубликан-
ская сессия в Тбилиси, посвящён-
ная этнографии Кавказа. Tagung
über die Ethnographie Kaukasiens
in Tbilisi. SE, 1950, Heft 3, S. 181
— 183.
170. Ichilov, M. M.: Горские евреи. Die
Bergjuden (Versuch einer mono-
graphischen Erforschung). (Disser-
tation 13. 12. 1949.) Protokoll: SE,
1950, Heft 2, S. 201—202. Auto-
referat: KSIE, 1950, Heft XI,
S. 97—99-
171. Kaloev, В. А.: Моздокские осетины.
Die Mosdok-Osseten (Dissertation
27. il. 51). Protokoll: SE, 1952,
Heft 3, S. 210—211. Autoreferat:
KSIE, 1952, Heft XVI, S. 75—83.
172. Kosven, M. О.: Очерки по этно-
графии Кавказа. Überblick über
die Ethnographie des Kaukasus. SE,
1946, Heft 2, S. 109—144.
173. Krupnov, E.: Вторая сессия кабар-
динского исследовательского ин-
336
Wolfgang König / Christa Kupfer
статута. Der zweite Kongreß des
kabardinischen wissenschaftlichen
Forschungsinstituts. SE, 1948, Heft 1,
S. 232—234.
174. Lavrov, L. L: Расселение сванов на
северном Кавказе до XIX века.
Die Verbreitung der Swanen in
Nordkaukasien bis zum XIX. Jahr-
hundert. KSIE, 1950, Heft X,
S. 77—85.
175. Lavrov, L. I. : О причинах многоязы-
чия в Дагестане. Über die Gründe
der Vielsprachigkeit in Daghestan.
SE, 1951, Heft 2, S. 202—203.
176. Lavrov, L. I.: Рутульцы. Die Ru-
tulen. SE, 1953, Heft 4, S. 30—40,
3 Abb.
177. Makalatija, S. L: Этнография карт-
вельских племен. Die Ethnographie
der kartwelischen Stämme (Disser-
tation 1948). Protokoll: SE, 1949,
Heft 1, S. 190—191.
178. Melikset-Bekov, L. M.: Pontica
transcaucasia ethnica (По данным
Миная Медичи от 1815—1819 гг.).
Pontica transcaucasia ethnica (nach
Angaben M. Medicis aus den Jahren
1815—1819). SE, 1950, Heft 2,
S. 163—175.
179. Nikol'skaja, Z.: Сессия ученого
совета Института этнографии АН
СССР, посвящённая этнографии
Кавказа. Sitzung des wissenschaft-
lichen Rates des Instituts für Ethno-
graphiean der Akademie der Wissen-
schaften über die Ethnographie des
Kaukasus. SE, 1946, Heft 4. S. 175
— 176.
180. Nikol'skaja, Z.A.: Исторические
предпосылки национальной кон-
солидации аварцев. Die histori-
schen Voraussetzungen der natio-
nalen Konsolidierung der Awaren.
SE, 1953, Heft 1, S. 113—124.
181. Panek, L. В. Работа южного отряда
дагестанской экспедиции. Die Tä-
tigkeit der Südabteilung der daghe-
stanischen Expedition. KSIE, 1948,
Heft IV, S. 53—57, 5 Abb.
182. Silling, E. M.: Дагестанская экс-
педиция 1945 г. Die daghesta-
nische Expedition 1945. KSIE,
1947, Heft II, S. 17—20, 2 Abb.
183. Silling, E. M.: Дагестанская экс-
педиция 1946 г. Die daghestanische
Expedition 1946. KSIE, 1948, Heft
IV, S. 31—40, 1 Karte, 10 Abb.
184. Silling, E.M. :Кубачинцы и их куль-
тура. Die Kubatschinen und ihre
Kultur. Trudy Instituta etnografii,
Neue Serie, Bd. VIII, Moskau-
Leningrad, 1949, 221 S., 77 Abb.
185. Trever, К. V.: Очерки по истории
культуры древней Армении. Skiz-
zen der Kulturgeschichte des
alten Armeniens. Moskau-Lenin-
grad, 1953, 288 S., 90 Tafeln.
4. Völker des Nordens und des Baltikums
(Finnisch-ugrische und baltische Völker)
186. История Эстонской ССР (с древней-
ших времен до наших дней). Ge-
schichte der Estnischen SSR (Von
den ältesten Zeiten bis in unsere
Tage). Unter der Redaktion von
G. I. Naan. Tallin, 1952, 552 S. Re-
zension: Voprosy istorii, 1953,
Heft 4, S. 121—129.
187. Конференция по итогам работы
комплексной Балтийской антро-
полого-этнографической экспеди-
ции за 1952 год. Konferenz über die
Arbeitsergebnisse der Baltischen an-
thropologisch-ethnographischen
Komplexexpedition im Jahre 1952.
188. Belicer, V. N.: Отчет о работе ком-
плексной экспедиции в Коми АССР-
Bericht über die Tätigkeit der Koffl-
plexexpedition in die Komi ASSR-
KSIE, 1947, Heft III, S. 3—12.
189. Belicer, V. N.: Работа этнографи-
ческого отряда комплексной экс-
педиции в Коми АССР. Die Tätigkeit
der ethnographischen Komplex-
expedition in die Komi ASSR. KSlH,
1947, Heft II, S. 59—63, 4 Abb.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
337
J9o. Belicer, V. N.: Этнографические
работы в Эстонской ССР в 1949 г.
Ethnographische Arbeiten in der
Estnischen SSR im Jahre 1949.
KSIE, 1950, Heft XII, S. 118—129,
4 Abb.
*91. В elic er,V.N.: О формировании куль-
туры верхнепечорских и ниже-
печорских коми. Über die Entste-
hung der Kultur der Komi an der
oberen und unteren Petschora. SE,
1952, Heft 1, S. 60—74, 12 Abb.
*92. Belicer, V. N.: У зюздинских коми-
пермяков. Bei den Sjusdiner Komi-
Permjaken. KSIE, 1952, Heft XV,
S. 27—38, 7 Abb.
*93. Brjusov, A. J.: Заселение Севера
Европейской части СССР по архео-
логическим данным. Die Besiedlung
des Nordens des europäischen Teiles
der UdSSR nach archäologischen
Angaben. Sovetskoe finnougrove-
denie (Sowjetische Finnougristik),
Bd. I, S. 91—102. Rezension: SE,
1948, Heft 3, S. 182—183 (Öeboksa-
rov).
194. Bubrich, D. V.: Происхождение
карельского народа. Die Herkunft
des karelischenV olkes. Petrosawodsk,
1947.
*95. öeboksarov,N. N.: Этногенез коми
по данным антропологии. Die
Ethnogenese der Komi nach den
Angaben der Anthropologie. SE,
1946, Heft 2, S. 51—80, 5 Abb.,
2 Karten, Tabellen.
х9б. Öeboksarov, N. N.: Этнографи-
ческая работа в советской Прибал-
тике. Die ethnographische Arbeit im
Sowjet-Baltikum. SE, 1949, Heft 4,
S. 180—188.
197- öeboksarov, N.N.: К вопросу о
происхождении народов угрофин-
ской языковой группы. Über die
Herkunft der zur finnisch-ugrischen
Sprachgruppe gehörenden Völker.
SE, 1952, Hefti, S. 36—50.
*98. Öeboksarov, N. N.: Вопросы этно-
генеза народов Советской Прибал-
тики в свете данных этнографии и
антропологии. Fragen der Ethno-
genese der Völker des Sowjet-
Baltikums im Lichte ethnographi-
scher und anthropologischer An-
gaben. KSIE, 1950, Heft XII,
S. 15—28.
199. Evseev, V. I.: Эпоним венедов в
карело-финских рунах. Das Еро-
nym der Veneden in den karelisch-
finnischen Runen. Sovetskoe fin-
nougrovedenie (Sowjetische Finno-
ugristik), Bd. I, S. 175—181. Re-
zension: SE, 1948, Heft 3, S. 184
(Öeboksarov).
200. Lytkin, V. I., und Popov, S. A.:
Язвинские коми.Die JasvinerKomi.
SE, 1950, Heft 4, S. 194—199.
20X. Maslova, G. S.: Медынские „Ка-
релы“. Die Medyner „Karelier“
(Bericht über eine Erkundungsreise).
KSIE, 1947, Heft II, S. 33—58,
2 Abb.
202. Maslova, G. S.: Экспедиция к ка-
релам Калининской области. Ex-
pedition zu den Kareliern des Ka-
lininer Gebietes. KSIE, 1947, Heft
III, S. 22—23, 2 Abb.
203. Siskin, N. J.: Коми-пермяки (Этно-
графический очерк). Die Komi-
Permjaken (Ein ethnographischer
Überblick). Moskau-Leningrad,
1947, 126 S. Rezension: SE, 1948,
Heft 3, S. 207—209 (Belicer).
204. Terent'eva, L. N.: Совещание по
этнографии народов Советской
Прибалтики. Kongreß über die
Ethnographie der Völker des So-
wjet-Baltikums. SE, 1950, Heft 2,
S. 189—193.
205. Terent'eva, L., und Ganckaja,0.:
О работе комплексной Балтийской
экспедиции в 1952 году. Uber die
Arbeit der Baltischen Komplex-
expedition im Jahre 1952. SE, 1953,
Heft 1, S. 182—190.
206. Terent'eva, L.: Конференция по
итогам работы комплексной Бал-
тийской антрополого-этнографи-
ческой экспедиции за 1952 год.
Konferenz über die Arbeitsergeb-
nisse der Baltischen anthropologisch-
ethnographischen Komplexexpedi-
tion im Jahre 1952. SE, 1953, Heft 2,
S. 197—200.
22
Volkskunde
338
Wolfgang König / Christa Kupfer
207. Volkov, N. N. : Саамы СССР. Die
Lappen in der UdSSR (Disserta-
tion). Protokoll: SE, 1947, Heft 2,
S. 214.
208. Zbrueva, A. V.: Археологический
отряд комплексной экспедиции в
Коми АССР. Die archäologische Ab-
teilung der Komplexexpedition in
die Komi ASSR. KSIE, 1947, Heft
II, S. 64—65.
209. 2ilenas,V. S.: Этнографическая экс-
педиция 1949 г. в Литовской ССР.
Die ethnographische Expedition io
der Litauischen SSR im Jahre 1949.
KSIE, 1950, Heft XII, S. и3—117,
6 Abb.
5. Andere Völker der Sowjetunion (Moldauer, Zigeuner u. a.)
210. Djacenko, V. D.: Антропологи-
ческое исследование гагаузов Мол-
давской ССР. Die anthropologische
Erforschung der Gagausen in der
Moldauischen SSR. KSIE, 1952,
Heft XV, S. 86—89, 1 Tabelle.
211. Kiseleva, T. F.: Цыганы Европей-
ской части СССР и их переход от
кочевания к оседлости. Die Zi-
geuner im europäischen Teil der
6. Europäische Völker
213. Bogatyrev, P. G.: Отчет о поездке
в Балканские страны. Bericht über
eine Reise in die Balkanländer.
KSIE, 1947, Heft III, S. 82—94,
7 Abb.
214. Grozdova, I.N.: Национальный
состав Нидерландов в свете этно-
графических данных. Die nationale
Zusammensetzung der Niederlande
im Lichte ethnographischer An-
gaben (Dissertation 11. 7. 1950).
Protokoll: SE, 1951, Heft 2, S. 235
bis 236 (O. Korbe).
215. Tokarev, S. А.: Этнографические
наблюдения в Балканских стра-
нах (1946 г.). Ethnographische Be-
obachtungen in den Balkanländern.
SE, 1946, Heft 2, S. 200—210.
216. Tokarev, S. А.: Из новой литера-
туры о проблеме Юлийской Край-
UdSSR und ihr Übergang vom N0-
madentum zur Seßhaftigkeit (Disser-
tation 1952). Protokoll: SE, 1953,
Heft 2, S. 205—206.
212. Levman, R. S. : К вопросу об антро-
пологическом типе бессарабских
молдаван. Zur Frage des anthropo-
logischen Typs der bessarabischen
Moldauer. KSIE, 1948, Heft IV,
S. 26—30, 2 Tabellen, 1 Karte.
außerhalb der UdSSR
ны. Aus der neuen Literatur über
das Problem der Julischen Krain.
SE, 1946, Heft 3, S. 167—175.
217. Tret'jakov,P.N.: Восточнославян-
ские черты в быту населения
при дунайской Болгарии. Ost-
slawische Züge in der Lebensweise
der Bevölkerung Donaubulgariens.
SE, 1948, Heft 2, S. 170—183, 8 Abb.
218. Trofimova, T. А.: Краниологи-
ческие данные к этногенезу запад-
ных славян (Славяне раннего
средневековья на территории Гер-
мании и Польши). Kraniologische
Angaben zur Ethnogenese der West-
slawen (Die Slawen auf dem Terri-
torium Deutschlands und Polens im
Mittelalter). SE, 1948, Heft 2,
S. 39—61, 2 Karten, 7 Tabellen.
IV. Ethnographische Erforschung der Arbeiter und Kolchosbauern
1. Allgemeine Darstellungen und Probleme
219. Резолюция Координационного со-
вещания по этнографическому изу-
чению социалистической куль-
туры и быта народов СССР. Вево-
lution der Koordinierungskonferenz
über die ethnographische Erfor-
schung der sozialistischen Kultur
und Lebensweise der Völker der
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
339
UdSSR. SE, 1953, Heft 1, S. 180
—182.
220. Abramzon, С. M.: Об этнографи-
ческом изучении колхозного кре-
стьянства. Über die ethnographische
Erforschung der Kolchosbauern-
schaft. SE, 1952, Heft 3, S. 145
— 150.
221. Kisljakov, N.A.: К вопросу об
этнографическом изучении кол-
хозов. Zur Frage der ethnographi-
schen Erforschung der Kolchosen.
SE, 1952, Heft 1, S. 146—149.
222. Kusner (Knysev), P. I.: Об этно-
графическом изучении колхозного
крестьянства. Uber die ethno-
graphische Erforschung der Kol-
chosbauernschaft. SE, 1952, Heft 1,
S. 135—141.
223. Robakidze, А. I.: К некоторым
спорным вопросам этнографиче-
ского изучения нового быта. Uber
einige umstrittene Fragen bei der
ethnographischen Erforschung der
neuen Lebensweise. SE, 1932,
Heft 2, S. 129—137.
224. Star ce va, P.: Координационное со-
вещание по этнографическому изу-
2. Ostslawen (Russen,
228. Культура и быт колхозников Львов-
ской области. Die Kultur und die
Lebensweise der Kolchosbauern im
Lwower Gebiet. SE, 1930, Heft 4,
S. 133—149, 8 Abb.
229. Ceboksarov, N. N.: Этнографи-
ческое изучение культуры и быта
Московских рабочих. Die ethno-
graphische Erforschung der Kultur
und Lebensweise der Moskauer
Arbeiter. SE, 1950, Heft 3, S. 107
—122, 5 Abb.
230. Ganckaja, О. А.: Материальная
культура колхозников Бобруй-
ской области БССР. Die materielle
Kultur der Kolchosbauern im Bo-
bruisker Gebiet der Belorussischen
SSR (Dissertation, 27. 5. 1952).
Protokoll: SE, 1953, Heft 2, S. 209
—210.
231. Krupjanskaja, B. J.: Опыт этно-
графического изучения уральских
чению социалистической куль-
туры и быта народов СССР. Ko-
operationskonferenz über die ethno-
graphische Erforschung der soziali-
stischen Kultur und Lebensweise
der Völker der UdSSR. SE, 1953,
Heft 1, S. 173—180.
225. Studeneckaja, E. N.: О некоторых
моментах в этнографическом изу-
чении колхозного крестьянства.
Einige Momente in der ethno-
graphischen Erforschung der Kol-
chosbauernschaft. SE, 1952, Heft 4,
S. 162—163.
226. Vorob'ev, N.I.: К вопросу обэтно-
графическом изучении колхозного
крестьянства. Zur Frage der ethno-
graphischen Erforschung der Kol-
chosbauernschaft. SE, 1952, Heft*i,
S. 142—146.
227. Vozdvi%enskaja,O.N.,undLasuk,
L. P.: О некоторых вопросах этно-
графического изучения колхоз-
ного крестьянства. Über einige
Fragen der ethnographischen Er-
forschung der Kolchosbauernschaft.
SE, 1952, Heft 1, S. 149—133.
Ukrainer, Belorussen)
рабочих второй половины XIX
века. Versuch einer ethnographi-
schen Erforschung der Uralarbeiter
in der zweiten Hälfte des XIX. Jahr-
hunderts. SE, 1953, Heft 1, S. 64
— 87, 5 Abb.
232. Lebedeva, А. А.: Социалистическое
переустройство хозяйства и быта
крестьянства Закарпатской обла-
сти Украинской CQP. Die sowje-
tische Umgestaltung der Wirtschaft
und Lebensweise der Bauern im
Transkarpatengebiet der Ukraini-
schen SSR (Dissertation 1952). Pro-
tokoll: SE, 1953,Heft 2, S. 206—207.
233. Maslova, G. S.: Культура и быт
одного колхоза Подмосковья.
Kultur und Lebensweise eines
Kolchos in der Umgebung Moskaus.
SE, 1951, Heft x, S. 39—62, 5 Abb.
234. Simonenko, I. F., und Kubeneva,
A. F.: Колхозный музей в Черно-
22*
340
Wolfgang König/Christa Kupfer
вицкой области УССР. Das Kol-
chosmuseum im Tschernowizer Ge-
biet der Ukrainischen SSR (Nach
Material der Expedition des In-
stituts für Kunstwissenschaft, Folk-
loristik und Ethnographie an der
Akademie der Wissenschaften der
Ukrainischen SSR). SE, 1950, Heft 1,
S. 202—207.
3. Völker des Wolga-Ivama-Gebietes
(Finnisch-ugrische und turko-tatarische Völker)
235. Vorob'ev, N.I.: Программа для сбо-
ра материалов по изучению совре-
менного быта колхозной деревни
и истории его формирования у
народностей среднего Поволжья.
Programm für die Materialsamm-
lung zur Erforschung eines modernen
Kolchosdorfes und seiner Formie-
rungsgeschichte bei den Völker-
schaften des mittleren Wolgagebie-
tes. SE, 1951, Heft 4, S. 180—
198.
4. Kaukasusvölker
236. Akaba, L. Ch.: Абхазы Очамчир-
ского района (Опыт этнографи-
ческого исследования культуры и
быта колхозников). DieAbchasen
des Otschamtschirer Bezirks (Ver-
such einer ethnographischen Er-
forschung der Kultur und der
Lebensweise der Kolchosangehö-
rigen). (Dissertation, 25. 12. 1951.)
Protokoll: SE, 1952, Heft 3, S. 211
—212.
237. Aliev, A. I.: Социалистическое пре-
образование культуры и быта
даргинцев Сергокалинского района
Дагестанской АССР. Die soziali-
stische Umgestaltung der Kultur und
der Lebensweise der Darginer des
Sergokaliner Gebiets in der Daghe-
stanischen ASSR (Dissertation 26. 5.
1932).
238. Bardumjan, D. S.: Колхозный му-
зей в Армении. Das Kolchosmuseum
in Armenien. SE, 1930, Heft 2,
S. 208—210.
239. Nikol'skaja,Z.A.:Этнографическое
описание даргинского колхоза
„Красный партизан“. Eine ethno-
graphische Beschreibung des dargi-
nischen Kolchos „Roter Partisan“.
SE, 1950, Heft 2, S. 93—106.
240. Robakidze, А. I.: Некоторые черты
семейного быта чиатурских гор-
няков. Einige Züge des Familien-
lebens der tschiaturischen Berg-
arbeiter. SE, 1953, Heft 4, S. 20—29.
241. Vituchnovskaja, L. А.: Опыт моно-
графического исследования со-
циалистической культуры абхаз-
ской колхозной деревни. Versuch
einer monographischen Erforschung
der sozialistischen Kultur eines ab-
chasischen Kolchosdorfes (Disser-
tation ii. 12. 1950). Protokoll: SE,
1951, Heft 2, S. 236—237.
5. Völker des Nordens und des Baltikums
(Finnisch-ugrische und baltische Völker)
242. Gusev, D. I.: Поносовский колхоз
„Правда“. Der Ponosover Kolchos
„Prawda“. Kudymkar, 1952. Re-
zension: SE, 1953, Heft 4, S. 163
—163 (Kozlova).
243. Ки§пег (Кпувеу), Р. I.: Программа
для сбора сведений по этнографи-
ческому изучению культуры и
быта колхозного крестьянства в
республиках Советской Прибал-
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
341
тики. Programm zur Sammlung von
Mitteilungen über die ethnographi-
sche Erforschung von Kultur und
Lebensweise der Kolchosbauern-
schaft in den Republiken des Sowjet-
Baltikums. KSIE, 1950, Heft XII,
S. 130—135.
244- Terent'eva, L.N.: На пути к зажи-
точной и культурной жизни. Auf
dem Wege zu einem wohlhabenden
und kulturellen Leben [Lettland].
SE, 1951, Heft 2, S. 85 ff., 5 Abb.
245 • T e r e n t' e v a, L. N.: Социалистические
преобразования в хозяйстве, быте
и культуре латышского крестьян-
ства. Die sozialistische Umgestal-
tung in Wirtschaft, Lebensweise und
Kultur der lettischen Bauernschaft
(Dissertation 3. 7. 1952). Protokoll:
SE, 1953, Heft 2, S. 207. Dazu das
Referat des gleichen Verfassers
unter dem gleichen Titel. KSIE,
1953, Heft XVIII, S. 91—X02.
246. Visnjauskajte,A.: Быт и культура
шяуляйской области Литовской
ССР. Lebensweise und Kultur der
Kolchosbauern des Schjauljaier Ge-
bietes in der Litauischen SSR. SE,
1952, Heft 4, S. 170—173.
6. Andere Völker der Sowjetunion (Moldauer)
247. Nikolaev, N. F.: Рост социалисти-
ческой культуры молдаван села
Журы. Das Wachstum der sozia-
listischen Kultur der Moldauer im
Dorfe Shura. SE, 1951, Heft 2,
S. 73—84, 5 Abb.
V. Materielle
a) Hausbau
1. Ostslawen (Russen,
248. Труды музея истории и реконструк-
ции Москвы. Arbeiten des Museums
für Geschichte und Rekonstruktion
Moskaus. Bd. I, Moskau, 1950,
412 S., 196 Abb., 2 Pläne.
249. История русской архитектуры. Ge-
schichte der russischen Architektur.
Kurzer Lehrgang. Moskau, 1951.
250. Ascepkov, E.: Русское народное
зодчество в западной Сибири. Die
russische Volksbauweise in West-
sibirien. Moskau, 1950. Rezension:
SE, 1951, Heft 3, S. 201—204.
25t. Ascepkov, E.: Русское деревянное
зодчество. Die russische Holzarchi-
tektur. Staatsverlag für Architektur
und Städtebau, 1950. Rezension:
SE, 1950, Heft 4, S. 202—204.
252. Brajcevskij, M. J.: К происхож-
дении древнерусских городов. Über
die Entstehung der altrussischen
Städte. KSIIMK, 1951, Heft XLI,
S- 32—33-
: Volkskultur
., Siedlung
Ukrainer, Belorussen)
253. Brunov, N.: О древнерусском де-
ревянном зодчестве. Uber die altrus-
sische Holzarchitektur. Architektur
der UdSSR, Heft 14, 1947.
254. Busygin, E. P.: Поселения и жили-
ща русского сельского населения
Татарской АССР. Siedlungen und
Häuser der russischen Landbevölke-
rung in der Tatarischen ASSR. SE,
1952, Heft 2, S. 53—75, 12 Abb.
255. Chozerov, I. M.: Археологическое
изучение памятников зодчества
древнего Смоленска. Die archäo-
logische Erforschung der Baudenk-
mäler im alten Smolensk. KSIIMK,
1945, Heft XI, S. 20—26.
256. Öiüikova, L. N.: Декоративное
искусство русских народных ма-
стеров-строителей. Die dekorative
Kunst der russischen Volksbau-
meister. SE, 1953, Heft 3, S. 61—76,
7 Abb.
342
Wolfgang König / Christa Kupfer
257. Dinces, L. А.: Дохристианские хра-
мы Руси в свете памятников народ-
ного искусства. Die vorchristlichen
Tempel der Rusj im Lichte der
Denkmäler der Volkskunst. SE, 1947,
Heft 2, S. 67—94, 30 Abb.
258. Eding, D. N.: Резная скульптура
Урала. Из истории звериного
стиля. Die geschnitzte Skulptur aus
dem Ural. Aus der Geschichte des
Tierstiles. Trudy GIM, Heft 10,
Moskau, 1950. Rezension: KSIIMK,
1946, Heft XII, S. 173—176.
259. Grozdova, I., und Cizikova, L.:
Верхневолжская экспедиция по
изучению русского народного зод-
чества. Eine Expedition in das
obere Wolgagebiet zur Erforschung
der russ. Volksarchitektur. KSIE,
1952, Heft XIV, S. 12—22, 8 Abb.
260. Il'in, M. А., Русское зодчество XVI
столетия. Russische Baukunst im
XVI. Jahrhundert (Thesen einer
Kandidatendissertation). KSIIMK,
1946, Heft XIII, S. 167—170.
261. Il'in, M. А.: Из истории граждан-
ского зодчества ранней Москвы.
Aus der Geschichte der weltlichen
Baukunst im alten Moskau.
KSIIMK, 1947, Heft XIV, S. 84
91*
262. Karger, M. К.: Землянка-мастер-
ская киевского художника XIII
века. Die unterirdische Werkstatt
eines Kiewer Künstlers aus dem
XIII. Jahrhundert. KSIIMK, 1945,
Heft XI, S. 5—15.
263. Karger, M. К.: К истории киев-
ского зодчества (конца XII—на-
чала XIII вв.). Aus der Geschichte
der Kiewer Architektur (Ende des
XII. und Beginn des XIII. Jahr-
hunderts). KSIIMK, 1949, Heft
XXVII, S. 128—137.
264. Karger, M. К.: Новые данные к
истории древнерусского жилища.
Neue Angaben zur Geschichte der
altrussischen Wohnung. KSIIMK,
1951, Heft XXXVIII, S. 3—11.
265. Lebedeva, N. I., und Milonova,
N. P.: Типы поселений Рязанской
области. Siedlungstypen des Rja-
saner Gebiets (Nach Dokumenten
des Rjasaner Gebietsarchivs und des
wissenschaftlichen Archivs des Rja-
saner Landesmuseums). SE, 1950,
Heft 4, S. 107—132, 13 Karten-
beispiele.
266. Makoveckij, I. V.: Памятники на-
родного зодчества верхнего По-
волжья. Denkmäler der Volksarchi-
tektur im oberen Wolgagebiet (Nach
dem Material der Komplexexpedi-
tion des Instituts für Kunstge-
schichte, des Instituts für Ethno-
graphie der Akademie der Wissen-
schaften und des Staatlichen Histori-
schen Museums). Moskau, 1952,
131 S., n6Abb. Rezension: SE,
1932, Heft 4, S. 208—210.
267. Maksimov, P. N.: К характери-
стике памятников Московского
зодчества XIII—XV вв. Zur Cha-
rakteristik der Moskauer Baudenk-
mäler des XIII. bis XV. Jahr-
hunderts. MIA, 1949, Bd. 12, S. 209
bis 216, 4 Abb.
268. Maslova, G. S.: Селения и построй-
ки колхозов Московской области.
Siedlungen und Gebäude der Kol-
chosbauern im Moskauer Gebiet
(nach Expeditionsmaterial von 1950).
SE, 1951, Heft 2, S. 42—72, 16 Abb.
269. Maslova, G. S.: Русские постройки
среднего Поволжья. Russische Bau-
ten von der mittleren Wolga. SE,
1953, Heft 1, S. 88—112, 13 Abb.
270. Maslova, G. S., und Öifcikova, L.
N.: Архитектурные украшения
жилища Владимирской и Горьков-
ской областей. Architektonische
Verzierungen des Hauses im Gebiet
Wladimir und Gorki. KSIE, 1953»
Heft XVIII, S. 3—14, 8 Abb.
271. Medvedev.A. F.: Водоотводные со-
оружения древнего Новгорода.
Die Wasserleitungsanlage im alten
Nowgorod. KSIIMK, 1951, Heft
XL, S. 51-33.
272. Mongajt, A. L.: Древнерусские де-
ревянные укрепления по раскоп-
кам в Старой Рязани. Altrussische
Holzbefestigungen nach Ausgra-
bungen im alten Rjasan. KSIIMK,
1947, Heft XVII, S. 28—37.
■ I ■ ■ ■■
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
343
273. Mongajt, A. L.: Древнерусские жи-
лища XI—XIII вв. (По раскопкам
в Старой Рязани). Altrussische Sied-
lungen aus dem XI. bis XIII. Jahr-
hundert. (Nach Ausgrabungen im
alten Rjasan.) SE, 1948, Heft 4,
S. 54—69, 4Abb.
274- Najdic, D.V.: Работа этнографи-
ческого отряда комплексной пе-
реяславо-хмельницкой экспеди-
ции. Die Arbeit der ethnographi-
schen Abteilung der Komplexexpe-
dition im Perejaslawler und
Chmelnizker Bezirk. KSIE, 1947,
Heft II, S. 36—42, 4 Abb.
275- Rabinovic, M. G.: Дом и усадьба
в древней Москве. Haus und Ge-
höft im alten Moskau (Nach Gra-
bungsmaterial aus den Jahren 1946
bis 1950). SE, 1952, Heft 3, S. 50
—75, 11 Abb.
276. Rappoport, P. А.: Русское шатро-
вое зодчество конца XVI века.
Der russische Kirchenbau Ende des
XVI. Jahrhunderts. KSIIMK, 1949,
Heft XXV, S. 139—142.
277- Rezsonov, S. V.: Архитектура
западней Украины. Die Architek-
tur der westlichen Ukraine. Moskau,
1946.
278. Rozenfel'dt, P. L.: Старорязанский
врезной замбк. Ein eingesetztes
Schloß aus dem alten Rjasan.
KSIIMK, 1950, Heft XXXV, S. 144
bis 145.
279- Rozenfel'dt, P. L.: Новая кон-
струкция древнерусских врезных
замков. Eine neue Konstruktion alt-
russischer eingesetzter Schlösser.
KSIIMK, 1951, Heft XXXIX,
S. 140—141.
28o. Rozenfel'dt, P. L.: Русские замкй
домонгольского времени. Russische
Schlösser aus vormongolischer Zeit.
KSIIMK, 1953, Heft XLIX, S. 32
bis 38.
Simonenko, I. F.: Колхозное строи-
тельство в Закарпатской области.
Der Aufbau in den Kolchosen des
Transkarpatengebietes. SE, 1949,
Heft 4, S. 42—54, 8 Abb., 2 Lage-
pläne.
282. Simonenko, I. F.: Материалы к
истории духовой печи на терри-
тории Украины. Material zur Ge-
schichte des Backofens auf dem
Territorium der Ukraine. KSIE,
1949, Heft VIII, S. 10—18.
283. Stanjukovic, T. V.: Жилище рус-
ских переселенцев в Средней Азии.
Das Wohnhaus der russischen An-
siedler in Mittelasien (Dissertation).
Protokoll: SE, 1949, Heft 1, S. 193
— 194.
284. Stanjukovic, T. V.: Происхожде-
ние русской народной пропиль-
ной резьбы. Die Entstehung der
russischen Aussägeschnitzerei. KSIE
1950, Heft X, S. 3—14, 6 Abb.
285. Stel'mach,G. E.: Крестьянское жи-
лище на Украине. Das Bauernhaus
in der Ukraine (Dissertation). Proto-
koll: SE, 1946, Heft 2, S. 212.
286. Tarakanova, S. А.: О происхожде-
нии и времени возникновения
Пскова. Uber die Entstehung und
Entstehungszeit von Pskow.
KSIIMK, 1950, Heft XXXV, S. 18
—29.
287. Tarakanova, S. А.: К вопросу о
происхождении города в Псков-
ской земле. Uber die Entstehung
der Stadt im Pskower Land. KSIIMK,
1951, Heft XLI, S. 30—31.
288. Tichomirov, M. N.: Древнерусские
города. Altrussische Städte. Ucenye
zapiski MGU (Wissenschaftliche
Schriften der Moskauer Staatlichen
Universität), Moskau, 1946, Heft 99,
254 S., 1 Karte. Rezension: Voprosy
istorii, 1947, Heft 1, S. 122.
289. Tichomirov, M.N.: Древняя Мос-
ква. Das alte Moskau. Moskau,
1947.
290. Tokarev, S. А.: Северно-украин-
ская экспедиция 1945 г. Die Nord-
ukrainische Expedition im Jahre
1945. KSIE, 1947, Heft II, S. 27—35,
3 Abb., 1 Tabelle.
291. Vitov, M.V.: О классификации
поселений. Uber die Klassifizierung
von Siedlungen. SE, 195 3, Heft 3,
S. 27—37.
292. Voronin, N. N.: Владимиро-суз-
дальское зодчество XI—XIIIвв. Die
344
Wolfgang König/Christa Kupfer
Architektur in Wladimir-Susdal im
XI. bis XIII. Jahrhundert. KSIIMK,
1946, Heft XIII, S. 165—167.
293. Voronin, N. N.: Памятники Влади-
миро-Суздальского зодчества XI
ДО XIII вв. Baudenkmäler in Wladi-
mir-Susdal im XI. bis XIII. Jahr-
hundert. Moskau, 1945.
294. Voronin, N. N.: К характеристике
древнейшего зодчества восточных
славян. Zur Charakteristik der älte-
sten Architektur der Ostslawen.
KSIIMK, 1947,Heft XVI, S. 97— 102.
295. Vvedenskaja, A.G.: Из истории
планировки русской деревни сред-
ней полосы России и рабочих
поселений на Урале в XVIII до
XIX вв. Aus der Geschichte der
Anlage eines russischen Dorfes im
mittleren Gebiet Rußlands sowie
von Arbeitersiedlungen im Ural im
XVIII. und XIX. Jahrhundert. Mos-
kau, 1949.
296. Zedalova, S. I.: Крестьянское жи-
лище Нижегородской губернии в
середине XIX в. Das Bauernhaus
im Gouvernement Nishegorodsk in
der Mitte des XIX. Jahrhunderts
(Dissertation 19. 6. 1951). Protokoll:
SE, 1952, Heft 1, S. 193—194.
2. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
297. Chovanskaja, O. S.: Раскопки бани
начала XIV века на Болгарском
городище. Die Ausgrabungen eines
Badehauses aus dem XIV. Jahr-
hundert in dem Bolgarischen Goro-
disce. KSIIMK, 1952, Heft XLIV,
S. 46—51.
298. Chovanskaja, O. S.: Водоснабже-
ние и канализация болгарской
бани. Die Wasserversorgung und
Kanalisation eines bolgarischen
Badehauses. KSIIMK, 1953, Heft L,
S. 69—76.
299. Makoveckij, I. V.: Памятники на-
родного зодчества Верхнего По-
воджья. Denkmäler der Volks-
architektur an der oberen Wolga
(Nach dem Material der Komplex-
expedition des Instituts für Kunst-
geschichte, des Instituts für Ethno-
graphie an der Akademie der Wis-
senschaften der UdSSR und des
Staatlichen Historischen Museums).
Moskau, 1952. Rezension: SE, 1952,
Heft 4, S. 208—210 (N. Voronin).
300. Smirnov, А. P., und Kalinin,N. F.:
Реконструкция булгарской бани
XIV века. Rekonstruktion eines
bulgarischen Badehauses aus dem
XIV. Jahrhundert. KSIIMK, 1946,
Heft XIII, S. 26—32.
3. Kaukasusvölker
301. Binkevic, E. R.: История черкес-
ского жилища.Geschichte der tscher-
kessischen Wohnung (Dissertation
10. 12. 1946). Protokoll: SE, 1947,
Heft 1, S. 196, Autoreferat: KSIE,
1949, Heft VI, S. 75—79.
302. Chan-Magomedov, S. О.: Народ-
ное жилище южного Дагестана.
Die volkstümliche Wohnung in
Süddaghestan. SE, 1951, Heft 1,
S. 166—176, 8 Tafeln.
303. Chan-Magomedov, S. О.: Жили-
ще табасаран. Die Wohnung der
Tabasaraner. SE, 1951, Heft 4,
S. 203—210, 9 Abb.
304. Gad2ieva,S. S.: Народное жилище
каякентских кумыков. Die volks-
tümliche Wohnung der Karakenter
Kumyken. SE, 1953, Heft 3, S. 77
—91*
305. Jakobsen, A. L.: Из истории армян-
ского средневекового зодчества.
Aus der Geschichte der mittelalter-
lichen armenischen Architektur.
KSIIMK, 1946, Heft XIII, S. 33
-38.
306. Jakobsen, A. L.: Из истории армян-
ского средневекового зодчества.
Aus der Geschichte der armenischen
Architektur im Mittelalter (Die
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
345
Kirche in Voskepare). KSIIMK,
1948, Heft XX, S. 29—35.
307. Lavrov, L. I.: Формы жилища у
народов северо-западного Кав-
каза до середины XVIII века.
Hausformen bei den Völkern
Nordwest-Kaukasiens bis in die
Mitte des XVIII. Jahrhunderts. SE,
1951, Heft 4, S. 42—46.
308. Ljubimova, G. N., und Chan-
Magomedov, S. О.: Хозяйствен-
ные постройки табасаран. Wirt-
schaftsgebäude der Tabasaraner.
KSIE, 1952, Heft XIV, S. 63—74,
8 Abb.
309. Movcan, G. J.: Из архитектурного
наследия аварского народа. Aus
dem architektonischen Erbe desawa-
rischen Volkes. SE, 1947, Heft 4,
S. 186—208, 15 Abb.
ЗЮ. Movcan, G. J.: Предварительные
заметки о типологии жилища
народов нагорного Дагестана. Vor-
läufige Bemerkungen über die Typo-
logie der Wohnhäuser der Bergvölker
Daghestans. KSIE, 1948, Heft IV,
S. 41—52.
31x. Nikol'skaja, Z.A.: Из истории авар-
ского жилища. Aus der Geschichte
4. Völker des Nord«
316. Belicer, V. N.: Из истории эстон-
ского жилища. Aus der Geschichte
der estnischen Wohnung. KSIE,
1950, Heft XI, S. 34—43, 7 Abb.
317. Belicer, V. N.: Этнографические
работы на Печоре. Ethnographische
Arbeiten an der Petschora. KSIE,
1952, Heft XIV, S. 23—33, 7 Abb.
318. Öerbulenas, К. К.: Развитие литов-
ского народного деревянного зод-
чества и его основные черты. Die
Entwicklung der litauischen volks-
tümlichen Holzbauweise und ihre
Hauptzüge. KSIE, 1950, Heft XII,
S. 62—73, 6 Abb.
3l9- Gozina, G. I.: Жилище и хозяй-
ственные строения Восточной Лит-
der awarischen Wohnung. SE, 1947,
Heft 2, S. 155—166, 15 Abb.
312. Studeneckaja, E. N. : Современное
кабардинское жилище. Die heutige
kabardinische Wohnung (Nach dem
Material der Expeditionen der Jahre
1936, 1939 und 1947). SE, 1948,
Heft 4, S. 105—123, 9 Abb.
313. Studeneckaja, E. N.: Из опыта
изучения современного жилища
колхозников. Zur Erforschung des
heutigen Wohnhauses der Kolchos-
bauern (Nach Material aus der Ka-
bardinischen ASSR). KSIE, 1952,
Heft XIV, S. 53—62, 3 Abb.
314. Silling, E. M.: Кубачинцы и их
культура (историко-этнографи-
ческие этюды). Die Kubatschinen
und ihre Kultur (Historisch-ethno-
graphische Skizzen). Trudy Instituta
étnografii (Arbeiten des Instituts für
Ethnographie), Neue Serie, Bd.
VIII, Moskau-Leningrad, 1949- Re-
zension: SE, 1950, Heft 2, S.242
—244.
315. Takoeva, N. F.: Из истории осетин-
ского горного жилища. Aus der
Geschichte des ossetischen Berg-
hauses. SE, 1952, Heft 3, S. 187
bis 190, 3 Abb.
5 und des Baltikums
вы. Wohn- und Wirtschaftsgebäude
in Ostlitauen (Dissertation 3. 7.
1952). Protokoll: SE, 1953, Heft 2,
S. 207—208.
320. Sorocinskaja-Gorjunova, I. I.:
Типы населенных пунктов восточ-
ного Приладожья. Siedlungstypen
im östlichen Ladogagebiet. Izvestija
VGO, Bd. 78, Heft 2, Leningrad,
1946, S. 183—192.
321. Vitov, M. V.: Поселения Заонежья
в XVI—XVII вв. Die Siedlungen
im Onegagebiet im XVI. bis XVII.
Jahrhundert (Dissertation 27. 5.
1952). Protokoll: SE, 1953, Heft 2,
S. 208—209.
346
Wolfgang König / Christa Kupfer
b) Kleidung
i. Allgemeine Darstellungen
322. Gorbaceva, N. P.: К вопросу о
происхождении одежды. Über die
Entstehung der Kleidung. SE, 1950,
Heft 3, S. 9—27.
323. Vidonova, E. S.: Детская одежда
начала XVI в. Kinderkleidung zu
Beginn des 16. Jahrhunderts.
KSIIMK, XXXVI, 1951, S. 68—75.
2. Ostslawen
324. Belicer, V.: Выставка „Народная
одежда и народное творчество бело-
руссов“ в музее народов СССР. Die
Ausstellung „Volkskleidung und
Volksschaffen der Belorussen“ im
Museum der Völker der UdSSR. SE,
1948, Heft 2, S. 217—218.
325. Grinkova, N. P.: Русская понева
юго-западных районов РСФСР.
Die russische „poneva“ der süd-
westlichen Bezirke der RSFSR.
SMAE, Bd. XII, Moskau-Lenin-
grad 1949, S. 5—42, 16 Abb.
326. Jakunina, L. I.: Новгородская обувь
XII—XIV веков. Das Nowgoroder
Schuhwerk aus dem XII. bis XIV.
Jahrhundert. KSIIMK, 1947, Heft
XVII, S. 38—48.
327. Jakunina, L. I.: История жемчуга
в русской одежде. Geschichte
der Perle in der russischen Kleidung.
KSIIMK, 1947, Heft XVII, S. 161
—163.
328. Jakunina, L. I.: Фрагменты ткани
из Старой Рязани. Ein Gewebe-
stück aus dem alten Rjasan. KSIIMK,
1947, Heft XXI, S. 126—127.
329. Jakunina, L. I.: Ткани из раскопок
в Софийском Новгородском соборе.
Gewebe aus Ausgrabungen in der
Sophienkathedrale in Nowgorod.
KSIIMK, 1949, Heft XXIV, S. 105
— 107.
330. Lebedeva, А.: Выставка „Народная
одежда и народное творчество
украинцев“ в музее народов СССР.
Die Ausstellung „Volkskleidung und
Volksschaffen der Ukrainer“ im
Museum der Völker der UdSSR. SE,
1947, Heft 2, S. 222—223.
331. Maslova, G. S.: Узорное тканье на
русском севере. Gemusterte Gewebe
im russischen Norden (Nach dem
Material der Nordgroßrussischen
Expedition 1948—1949). KSIE,
1950, Heft XI, S. 10—18, 3 Abb.
332. Mesalin, I. V.: Текстильная про-
мышленность крестьян Москов-
ской губернии в XVIII и первой
половине XIX вв. Die bäuerliche
Textilindustrie im Gouvernement
Moskau im XVIII. und in der ersten
Hälfte des XIX. Jahrhunderts.
Moskau, 1950, 257 S. Rezension:
Voprosy istorii, 1950, Heft 6, S. 116
—117. — Sovetskaja kniga, 1950,
Heft 5, S. 124. — Sovetskaja kniga,
1950, Heft 8, S. 84—86.
333. Smeleva, M. N.: Типы женской
народной одежды украинского на-
селения Закарпатской области.
Die Typen der Frauenkleidung bei
der ukrainischen Bevölkerung des
Transkarpatengebietes. SE, 1948,
Lieft 2, S. 130—146, 7 Abb., 1 Karte.
334. Smeleva, M. N.: Из истории нацио-
нального костюма украинцев За-
карпатской области. Aus der Ge-
schichte der ukrainischen National-
tracht des Transkarpatengebietes.
KSIE, 1950, Heft XI, S. 19—30,
7 Abb., 1 Karte.
335. Smeleva, M. N.: Народная одежда
украинцев Закарпатской области.
Die Volkskleidung der Ukrainer im
Transkarpatengebiet (Dissertation
1950). Protokoll: SE, 1951, Heft2,
S. 234—235 (O. Korbe).
336. Smeleva, M. N., und Semenova,
E. V.: Народные традиции в мо-
делировании современной одежде.
Volkstraditionen beim Entwerfen
der modernen Kleidung. SE, 1952,
Heft 1, S. 172—174.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
347
337- Zelenin, D. К.: Общие элементы в
древних финских и русских ко-
стюмах. Gemeinsame Elemente in der
alten finnischen und russischen Klei-
dung. Sovetskoe finnougrovedenie
(Sowjetische Finnougristik), I, S. 81
—90. Rezension: SE, 1948, Heft 3,
S. 180—182 (Öeboksarov).
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
338. Belicer, V. N. : К вопросу о проис-
хождении удмуртов (По материа-
лам женской одежды). Über die
Herkunft der Udmurten (Nach dem
Material der Frauenkleidung). SE,
1947, Heft 4, S. 103—125, 13 Abb.
339. Belicer, V. N.: Национальный ко-
стюм урмуртов. Die Nationaltracht
der Udmurten. KSIE, 1947, Heft II,
S. 87—89, 2 Abb.
340. Belicer, V. N.: К вопросу о проис-
хождении бесермян. Über die Her-
kunft der Besermjanen (Nach dem
Material der Kleidung). Trudy In-
stituta ètnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Neue
Serie, Bd. 1, Moskau-Leningrad,
1947, S. 183—193, 5 Abb.
341. Belicer, V. N.: Народная одежда
удмуртов. Материалы к этноге-
незу. Die Volkskleidung der Ud-
murten. Materialien zur Ethno-
genese. Trudy Instituta ètnografii
(Arbeiten des Instituts für Ethno-
graphie). Neue Serie, Bd. X,
Moskau-Leningrad, 1951. Rezen-
sion: SE, 1952, Heft x, S. 216—219.
342. Hagen-Torn,N. J. : Элементы одеж-
ды народностей Поволжья как
материал к этногенезу. Die Ele-
mente der Kleidung bei den Völker-
schaften des Wolgagebiets als Ma-
terial zur Ethnogenese (Dissertation).
Protokoll: SE, 1946, Heft 2, S. 212.
343. Krjukova, G. А.: Коллекция П. C.
Паллас по народам Поволжья. Die
Sammlung P. S. Pallas’ über die
Völker des Wolgagebietes. SMAE,
Bd. XII, Moskau-Leningrad, 1949,
S. 139—159, 6 Abb.
344. Krjukova, G. А.: Современная жен-
ская одежда народов Поволжья
(удмуртов, мордвы). Die heutige
Frauenkleidung der Wolgavölker
(Udmurten, Mordwinen). SE, 1950,
Heft 2, S. 77—92, 12 Abb.
345. Krjukova, G.А.: Марийская вы-
шивка. Die Stickerei der Mari.
Leningrad, 1951, 192S. Rezension:
SE, 1952, Heft 1, S. 221—223.
346. Vidonova, E. S.: Ткани и шитье
XIV в. из раскопок в Болгарах.
Stoffe und Näharbeiten aus dem
XIV. Jahrhundert aus Ausgrabun-
gen in Boigary. KSIIMK, 1947, Heft
XXI, S. 112—117.
4. Kaukasusvölker
347. Nikol'skaja, Z. A. und Silling,
E. M.: Женская народная одежда
аварцев. Die volkstümliche Frauen-
kleidung bei den Awaren. KSIE,
1953, Heft XVIII, S. 15—28.
348. Silling, E. M.: Литейное производ-
ство Дагестана (Женские пояса с
литыми свинцовыми бляшками).
Die Metallgießerei in Daghestan
(Frauengürtel mit gegossenen Blei-
plättchen). SE, 1947, Heft 1, S. 126
—134, 6 Abb.
5. Völker des Nordens und des Baltikums
349. Glemfcajte, M. N.: Народное пря- KSIE, 1952, Heft XV,
дение и ткачество литовцев. Spin- 7 Abb.
nen und Weben bei den Litauern.
S. 39—5b
348
Wolfgang König/Christa Kupfer
350. Maslova, G. S.: Старинная одежда
и гончарное производство карго-
подыцины. Altertümliche Kleidung
und Töpferei in der Gegend von
Kargopol. KSIE, 1949, Heft VI,
S. 3—8, 5 Abb.
6. Europäische Völker außerhalb der Sowjetunion
351. Najdie, D. V.: Одежда Болгарского
народа как образец народного
творчества. Die Kleidung des bul-
garischen Volkes als Beispiel des
Volksschaffens (Nach dem Material
einer Ausstellung „Bulgarisches
Volksschaffen“, 1952). SE, 1953,
Heft 1, S. 159—167, 7 Abb.
352. Pcelina, О. V.: Польская народная
одежда (г-я половина XIX—XX
вв.). Die polnische Volkskleidung
(in der zweiten Hälfte des XIX. und
im XX. Jahrhundert). (Dissertation
1952).
353. Salmanovic, M.: Народная одежда
румын на выставке румынского
искусства. Die Volkskleidung der
Rumänen nach einer Ausstellung für
rumänische Kunst. SE, 1950, Heft 2,
S. 210—211.
c) Bodenbau
1. Geschichte und Entwicklung des Bodenbaus der UdSSR
354. Материалы по истории земледелия
СССР. Materialien über die Ge-
schichte des Bodenbaus in der
UdSSR. (Sammelband), I, Moskau,
1952, 630 S. Rezension: Voprosy
istorii, 1953, Heft 2, S. in—
116.
355. Slobodin, V. M.: К вопросу о раз-
витии и смене систем земледелия
(от времени его возникновения на
территории СССР до I тысячелетия
н. Э.). Uber die Entwicklung und
den Wechsel in den Systemen des
Bodenbaus (seit der Zeit seiner Ent-
stehung auf dem Territorium der
UdSSR bis in das I. Jahrtausend
unserer Zeitrechnung). Materialien
über die Geschichte des Bodenbaus
(Sammelband), I, Moskau, 1952,
S. 9—66.
2. Ostslawen
356. Bodnarskij, S. M.: Очерки по исто-
рии русского земледелия. Skiz-
zen zur Geschichte des russischen
Bodenbaus. Moskau, 1947.
357. Bojarscinova, Z. J.: К вопросу о
развитии русского земледелия в
Томском уезде в XVII в. Über
die Entwicklung des russischen
Bodenbaus im Gebiet Tomsk im
17. Jahrhundert. Materialien über die
Geschichte des Bodenbaus. (Sammel-
band), I, Moskau, 1952, S. 246
—279.
358. Dovfcenok, V. I.: К истории земле-
делия у восточных славян в I
тысячелетии н. э. и в эпоху Киев-
ской Руси. Zur Geschichte des
Bodenbaus bei den Ostslawen im
I. Jahrtausend unserer Zeitrechnung
und in der Epoche der Kiewer Rusj.
Materialien über die Geschichte des
Bodenbaus (Sammelband), Moskau,
1952, S. 115—160.
359. Kirjanov, А. V.: К вопросу о зем-
леделии в Новгородской земле
XI—XII вв. Über den Bodenbau
des XI. und XII. Jahrhunderts irn
Nowgoroder Land. KSIIMK, 1952,
Heft XLVII, S. 147—157.
360. Mamonov,V. S.: Старинные орудия
для обработки почвы из с. Старо-
селье на Днепре. Altertümliche
Bodenbearbeitungsgeräte aus dem
Dorfe Starosel'e am Dnepr. SE,
1952, Heft 4, S. 67—90, 30 Abb.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
349
361. Stumilin, S. G.: К истории земле-
дельческого труда в России. Zur
Geschichte des Bodenbaus in Ruß-
land. Voprosy ¿konomiki (Fragen
der Ökonomie), 1949.
3. Völker des Wolg;
З63. Stepanov, P. D.: К вопросу о
земледелии у древней Мордвы. Zur
Frage des Bodenbaus bei den alten
362. Supinskij, А. К.: К истории земле-
делия на русском севере. Zur Ge-
schichte des Bodenbaus im russi-
schen Norden. SE, 1949, Heft 2,
S. 138—141, 2 Abb.
.-Kama-Gebietes
Mordwinen. SE, 1950, Heft 3,
S. 161—169, 5 Abb.
4. Kaukasusvölker
364. Gegesidze, M. К.: Оросительная
система Щида-Картли. Das Be-
wässerungssystem in Sida-Kartli
(Grusinien). KSIE, 1952, HeftXVI,
S. 14—24, 3 Abb.
365. Lavrov, L. I.: Развитие земледелия
на северозападном Кавказе с
древнейших времён до середины
XVIII в. Die Entwicklung des
Bodenbaus im nordwestlichen Kau-
kasus seit den ältesten Zeiten bis in
die Mitte des XVIII. Jahrhunderts.
Materialien über die Geschichte des
Bodenbaus (Sammelband), I, Mos-
kau, 1952, S. 179—226.
366. Nikol'skaja, Z. A., und Silling,
E. M.: Горное пахотное орудие
террасовых полей Дагестана. Das
Bergpfluggerät der Terrassenfelder
Daghestans. SE, 1952, Heft 4,
S. 91—100, 6 Abb.
5. Völker des Nordens und des Baltikums
З67. Dundulene, P. V.: Земледелие в Wirtschaft im vorfeudalen Litauen,
дофеодальной Литве. Die Land- KSIE, 1950, Heft XII, S. 74—82.
d) Bienenzucht
368. Dobakidze, А. I.: К вопросу о
пчеловодстве в Грузии. Zur Frage
e) Han
369. Bachrusin, S. V.: Очерки по исто-
рии ремесла, торговли и городов
русского централизованного госу-
дарства XVI — начала XVII века.
Skizzen zur Geschichte des
Handwerks, des Handels und der
Städte des russischen zentralisierten
Staates im XVI. bis zu Beginn des
XVII. Jahrhunderts. Wissenschaft-
liche Arbeiten des Instituts für Ge-
schichte an der Akademie der Wis-
senschaften der UdSSR, I, Moskau,
1952.
der Bienenzucht in Grusinien. KSIE
1949, Heft VIII, S. 60—63.
werk
370. Kolo in, V. А.: Металлообрабаты-
вающее ремесло древней Руси. Das
metallbearbeitende Handwerk in
der alten Rusj. KSIIMK, 1951,
Heft XLI, S. 67—68.
371. Rybakov, В. А.: Ремесло древней
Руси. Das Handwerk in der alten
Rusj. Moskau, 1948, 791 S., 144
Abb. Rezension: SE, 1949» Heft 3,
S. 217—224 (Rabinovic, M. G.). —
Vestnik drevnej istorii, 1949» Heft 4,
S. 181—186 (Mongajt, А. A.).
350
Wolfgang König / Christa Kupfer
372. Sal'ko, N. В.: Ковры южного Да-
гестана. Teppiche aus Süddaghe-
£) Transportmittel,
373. Arcichovskij, А. V.: Лыжи на
Руси. Schneeschuhe in der Rusj.
Trudy Instituta ¿tnografii, Neue
Serie, Bd. I, 1947, S. 55—64.
374. Denisova, M. M., und Portnov,
M. E.: Тульское художественное
оружие XVIII—XIX вв. Die Tu-
laer Zierwaffe im XVIII. und
XIX. Jahrhundert. Moskau, 1952,
20 S., 40 Abb.
375. Levin, M. G.: О происхождении и
типах упряжного собаководства.
Uber Ursprung und Typen der Ge-
spannhundezucht. SE, 1946, Heft 4,
S. 75—108, 24 Abb.
376. Molcanova, L. А.: Народные меры
длины. Volkstümliche Längenmaße
(Dissertation 25. 5. 1948). Protokoll:
SE, 1949, Heft 1, S. 189—190.
377. Pa§uto, V.: Хозяйство и техника
средневековой Литвы. Wirtschaft
stan. SE, 1951, Heft 2, S. 204—213»
9 Abb.
Maße, Waffen u. a.
und Technik im mittelalterlichen
Litauen. Voprosy istorii, 1947»
Heft 8.
378. Rabinovic, M. G.: Из истории рус-
ского оружия IX—XV вв. Aus det
Geschichte der russischen Waffe des
IX. bis XV. Jahrhunderts. Trudy
Instituta ¿tnografii, Neue Serie,
Bd. I, 1947, S. 65—97, 13 Abb.
379. Rybakov, В. А.: Русские системы
мер длины XI—XV веков (Из исто-
рии народных знаний). Russische
Längenmaßsysteme des XI. bis
XV. Jahrhunderts (Aus der Ge-
schichte desVolkswissens). SE, 1949»
Heft 1, S. 67—91, 5 Abb.
380. Vasilevic, G. M., und Lev in, M. G.:
Типы оленеводства и их проис-
хождение. Die Typen der Rentier-
zucht und ihr Urprung. SE, 195 t»
Heft 1, S. 63—87.
VI. Geistige Volkskultur und soziale Organisation
a) Sitte und Brauch, Volksglaube
1. Ostslawen
381. Öicerov, V. I.: Зимний период рус-
ского земледельческого календаря
XVI—XIX вв. Die Winterperiode
des russischen landwirtschaftlichen
Kalenders im XVI. bis XIX. Jahr-
hundert (Dissertation 21. 1. 1948).
Protokoll: SE, 1949, Heft 4, S. 203
bis 204. Autoreferat: KSIE, 1949,
Heft VIII, S. 69—80.
382. Dovfcenok,V.I.: Древнеславянские
языческие идолы из с. Иванковцы в
Поднестровье. Altslawische heid-
nische Idole aus dem Dorfe Iwan-
kovzy am Dnestr. KSIIMK, 1952,
Heft XLVIII, S. 136—142.
383. Grinkova, N. P.: Обряд „Вождение
русалки“ в селе Б. Верейка Воро-
нежской области. Die Zeremonie
des „Herumführens der Rusalka“
im Dorfe Groß-Werejka im Gebiet
Woronesh. SE, 1947, Heft 1, S. 178
—184, 2 Abb.
384. Krjukova, T.А.: „Вождение рУ'
салки“ в селе Оськине Воро-
нежской области. Das „Herum-
führen der Rusalka“ im Dorfe
Oskina im Gebiet Woronesh. SE,
1947, Heft 1, S. 185—192, 5 Abb.
385. Sedov,V. V.: Древнерусское язы-
ческое святилище в Перины. Eine
altrussische heidnische Kultstätte lü
Periny. KSIIMK, 1953, Heft U
S. 92—103.
386. Simonenko, I. F.: Свядебные обря-
ды в закарпатской области. Hei-
ratsbräuche im Transkarpatengebiet
(Materialien einer gemeinsamen Ex-
pedition des Instituts für Kunst-
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
351
forschung, Folklore und Ethno-
graphie der Akademie der Wissen-
schaften der Ukrainischen SSR und
des Instituts für Ethnographie der
Akademie der Wissenschaften der
UdSSR im Jahre 1945). SE, 1946,
Heft 4, S. 124—141.
2. Kaukasus Völker
387. Bardavelidze, V.: Из истории
древнейших верований грузин.
Aus der Geschichte der alten Glau-
bensanschauungen der Grusinier.
Gmerti, 1946.
388. Kruglov, А. P.: Культовые места
горного Дагестана. Kultstätten in
Bergdaghestan. KSIIMK, 1946,
Heft XII, S. 31—40.
389. Nikol'skaja, Z. А.: Свадебные и
родильные обряды аварцев Кахиб-
ского района. Heirats- und Ge-
burtszeremonien der Awaren im
Kachiber Kreis. SE, 1946, Heft 2,
S. 193—197.
390. Robakidze, А. I.: К вопросу о
некоторых пережитках культа
рыбы. Über einige Restformen des
Fischkultes (Nach dem auf der
Trialeti-Expedition gesammelten
Material). SE, 1948, Heft 3, S. 120
—127, 7 Abb.
391. Sejchov, N. В.: Погребальный об-
ряд раннесредневекового Даге-
стана как исторический источник.
Bestattungszeremonien im früh-
mittelalterlichen Daghestan als histo-
rische Quelle (Nach dem Material
aus dem Agatschkaliner Grab).
KSIIMK, 1952, Heft XLVI, S. 101
—109.
3. Völker des Nordens und des Baltikums
З92. Gurevic, F. D.: Древние верования
народов Прибалтики по данным
„Хроника Ливонии“. AlteGlaubens-
anschauungen der Völker des Balti-
kums nach Angaben der „Livländi-
schen Chronik Liwoniens“ Heinrichs
des Letten. SE, i948,Heft4,S.7o—77.
393. Vasil'ev, В. А.: Медвежий праздник.
Das Bärenfest. SE, 1948, Heft 4,
S. 78—104, 10 Abb.
b) Volksdichtung
1. Allgemeine Fragen der Folkloristik
394- Anikin, V. P.: О специфических
особенностях народного творчест-
ва. Über die spezifischen Besonder-
heiten des Volksschaffens. SE, 1953,
Heft 4, S. 80—87.
395. Astachova,A. M.: Значение трудов
И. В. Сталина по вопросам языко-
знания для развития науки о на-
родном поэтическом творчестве.
Die Bedeutung der Arbeiten J. W.
Stalins über Fragen der Sprach-
wissenschaft für die Entwicklung
der Wissenschaft vom poetischen
Volksschaffen. Nachrichten der Aka-
demie der Wissenschaften der
UdSSR, Abt. Literatur und Sprache,
1951, Bd. X, Heft 6.
396. Bazanov, V. G. : Задачи советской
фольклористики в свете трудов
товарища Сталина по вопросам
языкознания. Тезисы. Die Auf-
gaben der sowjetischen Folkloristik
im Lichte der Arbeiten J. W. Stalins
über die Fragen der Sprachwissen-
schaft. Petrosawodsk, 1951.
397. öicerov, V. I.: Традиция и автор-
ское начало в фольклоре. Tradition
und Autorschaft in der Folklore.
SE, 1946, Heft 2, S. 29—40.
352
Wolfgang König/Christa Kupfer
398. Öicerov, V. I. : Обсуждение на засе-
даниях Ученого совета Инсти-
тута этнографии основных недо-
статков и задач работы советских
фольклористов. Über die Haupt-
schwächen und Aufgaben in der
Arbeit der sowjetischen Folkloristen.
Diskussion im wissenschaftlichen
Rat des Instituts für Ethnographie.
SE, 1948, Heft 3, S. 146—163.
399. öicerov, V. I.: Материалы к исто-
рии советского фольклора. Ma-
terialien zur Geschichte der sowjeti-
schen Folklore. SE, 1949, Heft 4,
S. 20—41.
400. Öicerov, V. I.: О порочных взгля-
дах H. Я. Марра и его последова-
телей в области фольклористики.
Über die fehlerhaften Anschauungen
N. J. Marrs und seiner Anhänger
auf dem Gebiete der Folkloristik.
SE, 1952, Heft 3, S. 3—15.
401. Dmitrakov, I.: Теория аристокра-
тического происхождения фольк-
лора и ее реакционная сущность.
Die Theorie des aristokratischen Ur-
sprungs der Folklore und ihr reak-
tionäres Wesen. SE, 1950, Heft 1,
S. 155—169.
402. Gippius, E. V., und Cicerov, V. I.:
Советская фольклористика за 30
лет. Dreißig Jahre sowjetische
Folkloristik. SE, 1947, Heft 4,
S. 29—70.
403. Kuznecov, M., und Dmitrakov, I.:
Против буржуазных традиций в
фольклористике. Gegen die bürger-
lichen Traditionen in der Folklori-
stik (Über das Buch von Prof. V. J.
Propp ,,Die historischen Wurzeln
des Zaubermärchens“). SE, 1948,
Heft 2, S. 230—239.
404. Pomeranceva, E.: Некоторые во-
просы изучения народного твор-
чества современности. Einige Fra-
gen der Erforschung des Volks-
schaffens der Gegenwart. SE, 1953»
Heft 3, S. 142—144.
405. Necaev, A., und Rybakova, N.:
О некоторых проблемах фольк-
лористики. Über einige Probleme
der Folkloristik (anläßlich des Auf-
satzes V. S. Bachtins in SE, 1953»
Heft 2, S. 152). SE, 1952, Heft 3,
S. 134—141.
406. Propp, V. J.: Исторические корни
волшебной сказки. Die historischen
Wurzeln des Zaubermärchens. Le-
ningrad, 1946.
407. Puskarev, L. N.: Труд как основа
социальных идеалов в традицион-
ной волшебной сказке. Die Arbeit
als Grundlage der sozialen Ideale im
traditionellen Zaubermärchen. Trudy
Instituta étnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Neue
Serie, 1953, Bd. XX, S. 127—15b
408. Putilov, B. N.: Об основных призна-
ках народного поэтического твор-
чества. Über die Hauptmerkmale des
poetischen Volksschaffens. Wissen-
schaftliche Schriften des staatlichen
pädagogischen Instituts in Grosny,
1952, Heft 7.
409. Sokolova, О. К.: Дискуссии по
вопросам фольклористики на засе-
даниях сектора фольклора инсти-
тута этнографии. Diskussion über
Fragen der Folkloristik im Sektor
Folklore am Institut für Ethno-
graphie. SE, 1948, Heft 3, S. 139
—146.
410. Sokolova, V. К.: Народное поэти-
ческое творчество в борьбе за мир-
Das poetische Volksschaffen im
Kampf um den Frieden. SE, 1952,
Heft i, S. 9—21.
411. Svedova, L.: О некоторых пробле-
мах фольклористики. Über einige
Probleme der Folkloristik. SE, 195
Heft 4, S. 88—94.
2. Volksdichtung der Ostslawen
412. Песни гребенских казаков. Публи-
кация текстов. Lieder der Grebens-
ker Kosaken. Veröffentlichung von
Texten. Grosny, 1946, 313 S. Re-
zension: SE, 1947, Heft 2, S. 248
—251 (Pomeranceva).
413. Советский фольклор Чкаловской
области. Die sowjetische Folklore
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
353
des Gebiets Tschkalow. Tschkalow,
1947.
414- Фольклор Воронежской области
(сборник). Die Folklore des Gebiets
Woronesh. Woronesh, 1949.
415. Уральский фольклор (сборник).Folk-
lore aus dem Ural. Swerdlowsk,
1949.
416. Славянский фольклор. Slawische
Volksdichtung. Materialien und For-
schungen über die historische Volks-
poesie der Slawen. Trudy Instituta
¿tnografii (Arbeiten des Instituts
für Ethnographie), Neue Serie, 1951,
Bd. XIII. Rezension: SE, 1953,
Heft 2, S. 218—225 (Azadovskij,
M. K.).
417. Русское народное поэтическое твор-
чество, т. I. Очерки по истории
русского народного поэтического
творчества X—начала XVIII вв.
Das russische poetische Volks-
schaffen. Bd. 1. Skizzen zur Ge-
schichte des russischen poetischen
Volksschaffens vom X. bis zu Beginn
des XVIII. Jahrhunderts. Moskau-
Leningrad, 1953» 5 83 S-
418. Собирание и изучение русского
фольклора в казанском филиале
АН СССР. Sammlung u. Erforschung
russischer Folklore an der Kasan-
schen Zweigstelle der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR. SE,
1953, Heft 2, S. 213—215.
419. Adrianova-Perec, V. P.: Воинские
повести древней Руси. Kriegs-
erzählungen im alten Rußland.
Moskau-Leningrad, 1949, 385 S.
420. Akimova, T. M.: Фольклор Сара-
товской области. Die Volksdichtung
des Saratower Gebietes. Erstes Buch.
Zusammengestellt von T. M. Aki-
mova unter der Redaktion von А. P.
Skaftymov. Saratow, 1946, 5 36 S.
Rezension: SE, 1947, Heft 3, S. 173
—174 (Pomeranceva).
421. Anisimova, А. P.: Песни и сказки
Поимского района. Lieder und
Märchen des Poimer Rayons. Zu-
sammengestellt von Anisimova.
Unter der Redaktion und mit einem
Vorwort von V. M. Sidel'nikov.
Pensa, 1948, 230 S.
Volkskunde
422. Astachova, А.: Северные истори-
ческие песни. Historische Lieder
aus dem Norden. Zusammenstellung
des Textes, Einführung und An-
merkungen von A. Astachova.
Petrosawodsk, 1947.
423. Astachova,A.M.: Русский былиный
эпос на Севере. Das russische By-
linen-Epos im Norden. Petro-
saw^odsk, 1948, 396 S. Rezension:
SE, 1950, Heft 1, S. 215 (Lipec).
424. Astachova, A. M.: Былины севера.
Bylinen des Nordens. Band 2.
Moskau-Leningrad, 1951, 847 S. Re-
zension: SE, 1952, Heft 3, S. 236
— 239.
425. Astachova, A. M., Dmitrakov,
I. P., Lozanova, A. N.: Очерки
русского народно-поэтического
творчества советской эпохи. Skiz-
zen des russischen poetischenVolks-
schaffens der Sowjetepoche. Lenin-
grad, 1952, 342 S.
426. Azadovskij, M. К.: Декабристская
фольклористика. Die dekabristi-
sche Volksdichtung. Vestnik Lenin-
gradskogo universiteta (Bote der
Leningrader Universität), 1948, Nr.i.
427. Bachtin, V. S.: О некоторых про-
блемах фольклористики. Über
einige Probleme der Folkloristik
(In Verbindung mit den theore-
tischen Thesen des Buches „Skiz-
zen des russischen poetischen Volks-
schaffens der Sowjetepoche“). SE,
1953, Heft 2, S. 152—162.
428. Barag, L. G.: Песни белорусских
девушек, угнанных в немецкую
неволю. Lieder belorussischer, in
deutsche Gefangenschaft ver-
schleppter Mädchen. SE, 1946,
Heft 2, S. 161—172.
429. Barag, L. G.: Краткий отчет о
поездках в Белоруссию. Kurzer
Bericht über Reisen nach Beloruß-
land. KSIE, 1947, Heft III, S. 18
—21.
430. Barag, L. G., Meerovic, M. S.:
Белорусские народные предания
и сказки-легенды о Заслонове и
Ковпаке. Belorussische Volksüber-
lieferungen und legendäre Erzäh-
354
Wolfgang König/Christa Kupfer
lungen von Zaslonov und Kovpak.
SE, 1948, Heft 2, S. 147—155.
431. Bardin, А.: Слушайте, товарищиI
Советкий фольклор Чкаловской
области. Hört her, Kameraden I So-
wjetische Volksdichtung aus dem
Gebiet von Tschkalow. Tschkalow,
1947.
432. Bazanov, V.: Избранные причита-
ния. Ausgewählte Klagelieder. Zu-
sammenstellung des Textes und Ein-
führung von V. Bazanov. Petro-
sawodsk, 1945, 130 S. Rezension:
SE, 1946, Heft 4, S. 229—230 (Hof-
man-Pomeranceva).
433- В azanov, V.: Вольное общество
любителей российской словесности.
Die Freie Gesellschaft der Liebhaber
russischer Volkspoesie. Petrosa-
wodsk, 1949.
434. Beleckaja, N.N.: Москва в народ-
ных песнях и преданиях о защите
Родины. Moskau in Volksliedern
und Überlieferungen über die Ver-
teidigung der Heimat (Dissertation
19. 6. 1951).
435. Berkovic,M.: Фольклор Донбасса.
Volksdichtung aus dem Donbaß.
„Der sozialistische Donbaß“, 16. 6.
1946.
436. Bogdanov, V. V.: Сказка о деви-
чьем и мужичьем царствах. Das
Märchen von dem Königreich der
jungen Mädchen und der jungen
Männer. SE, 1946, Heft 2, S. 198
— 199.
437- В ogomolov, В. I.: Борьба В. Г.
Белинского за научное собира-
ние и издание народной поэзии.
Der Kampf V. G. Belinskijs um
wissenschaftliches Sammeln und
Herausgeben der Volkspoesie. SE,
1949, Heft x, S. 133—148.
438. Öernysev, V. I.: Сказки и легенды
пушкинских мест. Märchen und
Legenden aus dem Gebiet der Pusch-
kin-Gedenkstätten. N iederschriften,
Beobachtungen und Forschungen
von V. I. öernysev. Moskau-Lenin-
grad, 1950, 342 S. Rezension: SE,
1951, Heft 1, S. 217—218 (E. Po-
meranceva).
439. öicerov, V. I.: Вопросы безлично-
сти фольклора в работах фолькло-
ристов-мифологов середины XIX
века. Die Anonymität der Volks-
dichtung in den Arbeiten der my-
thologischen Schule der Mitte des
XIX. Jahrhunderts (Aus der Ge-
schichte der russischen Folkloristik).
SE, 1947, Heft 1, S. 161—177.
440. Öicerov, V. I.: Об этапах становле-
ния русского эпоса. Über die Ent-
stehungsetappen des russischen
Epos. Sammelband der theoretischen
Artikel des Staatlichen Literatur-
verlags (Goslitizdat), 1947.
441. Öicerov, V. I.: Русские колядки и
их типы. Russische Neujahrsgesänge
und ihre Typen. SE, 1948, Heft 2,
S. 105—129, 1 Karte.
442. Öicerov, V. I.: Клятва больше-
вистской партии Ленину в народ-
ном творчестве. Das Gelöbnis der
bolschewistischen Partei Lenin im
Volksschaffen an. SE, 1950, Heft 1,
S. 41—58.
443. Öistov, K.V.: Роль русского фольк-
лора Карелии в русском народ-
ном творчестве. Die Rolle der russi-
schen Volksdichtung in Karelien im
russischen Volksschaffen. Nachrich-
ten der Karelo-Finnischen Zweig-
stelle der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR, 1948, Nr. 3.
444. Derfcavin, N. S.: Кралевич Марко
и Илья Муромец (Палеоэтнологи-
ческий очерк). Kralevic Marko und
II'ja Muromec (Eine paläoethnolo-
gische Skizze). SE (Sammelband),
VI—VII, Moskau, Leningrad, 1947.
445. Frolova, G. G.: Река счастья. Der
Glücksfluß (Bau des Newinnomys-
Kanals im Volksschaffen). SE, 1952,
Heft 4, S. 27—41.
446. Gil'ferding,A. F.: Онежские были-
ны. Bylinen vom Onegasee. Auf-
gezeichnet von A. F. Gil'ferding im
Sommer 1871. 4. Ausgabe, Bd. 1.
Moskau-Leningrad, 1949. Rezen-
sion: SE, 1950, Heft 4, S. 200—202.
447. Gusev, V. E.: Добролюбов и про-
блемы фольклористики. Dobrolju-
bov und die Probleme der Folklori-
stik. SE, 1950, Heft 4, S. 181—193-
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
355
448. Gusev, V. E.: Герцен и народная
поэзия. Herzen und die Volks-
poesie. SE, 1951, Heft 3, S. 130
—146.
449. Gutorov, I.: Борьба и творчество
народных мстителей. Kampf und
Schaffen der Volksrächer. Minsk,
1949. Rezension: SE, 1950, Heft 2,
S. 235—238 (Fonberg, E.).
45°. Jas'ko, N.: Социалистический Дон-
басс в народном поэтическом твор-
честве советского Закарпатья. Der
sozialistische Donbass im poetischen
Schaffen Sowjet-Transkarpatiens
(Zum Problem der Erforschung des
Volksschaffens im Transkarpaten-
gebiet der USSR). SE, 1951, Heft 3,
s- D3—I57-
451. Kitajnik, M.: Библиография ураль-
ского фольклора. Bibliographie der
Volksdichtung aus dem Ural. Swerd-
lowsk, 1949. Rezension: SE, 1951,
Heft 3, S. 196—199.
452. Kolpakova, N.: Книга о русском
фольклоре. Buch über die russische
Volksdichtung. Lehrbuch für Schü-
ler der Mittelschule. Leningrad,
1948, 190 S., mit Illustr.
453. Komovskaja, N. D.: Предания, бы-
вальщины и сказы. Sagen, Lebens-
regeln und Erzählungen aus dem
Gebiet Gorki. Gorki, 1951. Rezen-
sion: SE, 1951, Heft 4, S. 224—225.
454. Krupjanskaja, V. J.: Брянская
фольклорная экспедиция. Die
Brjansker Folklore-Expedition (6.
August bis i3.Sept. 1945). KSIE,
1947, Heft II, S. 48—52.
455. Krupjanskaja, V. J.: Фольклор-
ный отряд закарпатской экспеди-
ции. Die folkloristische Abteilung
der transkarpatischen Expedition.
KSIE, 1948, Heft IV, S. 13—17.
456. Krupjanskaja, V. J.: Народное пе-
сенное творчество послевоенного
периода. Das Volksliedschaffen der
Nachkriegsperiode (nach russischem,
ukrainischem und belorussischem
Material). SE, 1951, Heft 3, S. 64
-85.
457- Krupjanskaja, V. J.: Советское на-
родное поэтическое творчество 20-х
годов. Das sowjetische poetische
Volksschaffen der 20er Jahre. Trudy
Instituta étnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Bd. XX,
1953, S. 196—223.
458. Lichacev, D. S.: Эпическое время
русских былин. Die epische Zeit
der russischen Bylinen. (Im Sammel-
band „Dem Akademiemitglied B. D.
Grekov zum 70 jährigen Jubiläum“).
Moskau, 1952.
459. Lipec, R. S.: Былины у промысло-
вого населения русского севера
XIX—ХХвв. Die Bylinen der Jäger-
Fischerbevölkerung des russischen
Nordens im XIX. und XX. Jahr-
hundert (Dissertation 15.3. 1949).
Protokoll: SE, 1949, Heft 4, S. 205
— 206.
460. Lipec, R.: Рыбацкие песни и сказы.
Fischerlieder und -erzählungen.
Textaufzeichnungen, Erläute-
rungen, Wörterverzeichnis und In-
dex von R. Lipec. Moskau, 1950.
Rezension: SE 1951 Heft 3,
S. 199—201.
461. Listopadov, А. M.: Донские были-
ны. Bylinen vom Don. Rostow am
Don, 1945, 91 S. Rezension: SE,
1948, Heft 1, S. 253 (E. Pomeran-
ceva).
462. Listopadov,A. M. : Донские истори-
ческие песни. Historische Lieder
vom Don. Rostow am Don, 1946,
144 S. Rezension: SE, 1948, Heft 1,
S. 253.
463. Listopadov, А. M.: Песни донских
казаков. Lieder der Donkosaken,
Bd. I, Moskau, 1949.
464. Ljubimov, A., und Ochotnikova,
F. : Песни и сказы рыбаков. Lieder
und Erzählungen der Fischer. Astra-
chan, 1952. Rezension: SE, 1952,
Heft 4, S. 210—211.
465. Necaev, A., und Rybakova, N.:
Русские народные сказки. Russi-
sche Volksmärchen. Einführung und
Zusammenstellung der Texte von
Necaev, A., und Rybakova, N.
Moskau, 1952.
466. NikoPskij, S.: Русский фольклор в
современной Чехословакии. Die
russische Volksdichtung in der heu-
356
Wolfgang König/Christa Kupfer
tigen Tschechoslowakei. SE, 1949,
Heft 4, S. 213—219.
467. Orlov, A. S.: Героические темы
древней русской литературы.
Heroische Themen der alten russi-
schen Literatur. Moskau, 1945,
141 S.
468. Parilov, I. G.: Русский фольклор
Нарыма. Die russische Volksdich-
tung am Narym. Sammelband. Nowo-
sibirsk, 1948, 231 S. Rezension: SE,
1949, Heft 1, S. 241—243.
469. Pejson-Pravdin, A. N.: Советская
песня в искусстве палешан. Das
sowjetische Lied in der Kunst
Palecher. SE, 1950, Heft 2, S. 159
—162.
470. Pesilov, G. А.: О фольклорных
основах „сказок“ А. С. Пушкина.
Über die folkloristischen Grund-
lagen der Puskinschen „Märchen“.
SE, 1950, Heft 4, S. 92—106.
471. Platonov: Волшебное кольцо. Der
Zauberring. Russische Märchen.
Erzählt von Platonov. Moskau-
Leningrad, 1950, 126 S. (Staats-
verlag für Kinderlit.). Rezension:
SE, 1951, Heft 2, S. 246—248.
472. Popov,G.: Русская народная песня.
Das russische Volkslied. Moskau-
Leningrad, 1946.
473. Putilov, B. N.: Исторические песни
на Тереке. Historische Lieder vom
Terek. Grosny, 1948. Rezension:
SE, 1949, Heft 1, S. 236—238 (So-
kolova, V.).
474. Razumova,A. P.: Значение студен-
ческого движения и политической
ссылки в русской фольклори-
стике бо-х годов. Die Bedeutung
der Studentenbewegung und der
politischen Verbannung in der russi-
schen Folkloristik der 60er Jahre.
Petrosawodsk, 1951. s
475. Rozanov, I. N.: Фольклор Урала.
Volksdichtung aus dem Ural. Heft 1,
Tscheljabinsk, 1949, 93 S.
476. Rofcdestvenskaja, N.: О рыбаках,
морских зверобоях и охотниках.
Über Fischer, Robben- und Wal-
fischfänger und Jäger. Volkserzäh-
lungen, Märchen, Lieder, Schnada-
hüpfel und Sprichwörter. Archan-
gelsk, 1952. Rezension: SE, 1953,
Heft 4, S. 165—167 (E. Pomeran-
ceva).
477. Sajcev, I. S.: Народное творчество
Южного Урала. Das Volksschaffen
im südlichen Ural. Heft 1. Tschelja-
binsk, 1948, 159 S. Rezension: SE,
1949, Heft i, S. 238—241 (Sokolova,
V.).
478. Samuchin, V. P.: По зову Сталина.
Dem Rufe Stalins folgend. Samm-
lung von Liedern, Gedichten, Er-
zählungen und Skizzen Leningrader
Partisanen. Leningrad, 1945, 191 S.
479. Öarov, E.: Частушки Калининской
области. Schnadahüpfel (öastuski)
aus der Gegend von Kalinin. „Prole-
tarskaja pravda“, Kalinin, 14.4.1946.
480. Septaev, L.: Исторические песни.
Historische Lieder. „Sovetskij pi-
satel’“, Leningrad, 1951. Rezension:
SE, 1952, Heft 2, S. 210—215.
481. Seremeteva, M.: Частушки Ка-
лужской деревни. Schnadahüpfel
(Öastuski) des Kalugaer Dorfes.
„Znamja“, Kaluga, 18. 5. 1945.
482. Sokolov, А.: Песни непокоренных.
Lieder der Unbeugsamen. „Sovet-
skaja Belorussija“, Minsk, 23. 2.
1945.
483. Sokolova, M.: Онежские былины.
Bylinen vom Onegasee. Auswahl
und wissenschaftliche Bearbeitung
der Texte von M. Sokolova. Moskau,
1948, 973 S.
484. Sokolova, V. К.: Пушкин и народ-
ное творчество. Puskin und das
Volksschaffen. SE, 1949, Heft 3,
S. 3—и.
485. Sokolova, V. К.: Взгляды и иссле-
дования декабристов в области
этнографии и фольклора.Anschau-
ungen und Forschungen der De-
kabristen auf dem Gebiet der Ethno-
graphie und Folklore. SE, 1953,
Heft 2, S. 131—151.
486. Sokolova, V. К.: Песни и преда-
ния о крестьянских восстаниях
Разина и Пугачева. Lieder und
Überlieferungen über die Bauern-
aufstände Razins und Pugacevs.
Trudy Instituta ètnografii (Arbeiten
des Instituts für Ethnographie),
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
357
Neue Serie, Bd. XX, 1953, S. 17
— 57-
487. Starceva, L. А.: Похоронные причи-
тания Олонецкого края. Toten-
klagen im Olonecer Gebiet (Disser-
tation 23. 12. 1947). Protokoll: SE,
1948, Heft 4, S. 189.
488. Stokmar, M. P.: Контаминация
текстов в русской народной поэ-
зии. Kontamination von Texten in
der russischen Volkspoesie. Nach-
richten der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR, Abt. Literatur
und Sprache, Bd. X, Heft 2, Mos-
kau-Leningrad, 1951, S. 153—171.
489. Stokmar, M. P.: Исследования в
области русского народного сти-
хосложения. Untersuchungen zur
russischen volkstümlichen Vers-
kunst. Moskau, 1952, 421 S.
490. Surygin, В.: Сказки Смоленщины.
Märchen aus dem Smolensker Gebiet.
Sammelband. Smolensk, 1949, 66 S.
Rezension: SE, 1951, Heft 1, S. 218
—222 (Puskarev, L. N.).
491. Tolstoi, A. N.: Русские народные
сказки. Russische Volksmärchen.
Moskau-Leningrad, 1946, 326 S.,
mit Illustr.
492. Tumilevic, F. V.: Сказки казаков-
некрасовцев. Märchen der Ne-
krassower Kosaken. Rostow am
Don, 1945, 120 S. Rezension: SE,
1946, Heft 2, S. 238 (Hofman-
Pomeranceva).
493. Usakov, A., und Potanin, V.:
Фольклор Донбасса. Die Volks-
dichtung des Donbass. „Vorosi-
lovskaja Pravda“, 18. 2. 1945.
494. Vimerite, M.: Идейная и темати-
ческая общность литовских и сла-
вянских сказок о животных. Die
ideelle und thematische Gemeinsam-
keit der litauischen und slawischen
Tiermärchen. KSIE, 1950, Heft XII,
S. 87—89.
495. Vodovozov, N.: Былины об Илье
Муромце. Bylinen über II'ja Mu-
romec. Moskau, 1947, 47 S.
496. Vodovozov, N.: Русский народный
эпос. Das russische Volksepos.
Moskau, 1947, 446 S.
497. Zab'jalovskij, I. T.: Предания и
сказки Оренбургских степей. Über-
lieferungen und Märchen aus den
Orenburger Steppen. Tschkalow,
1948.
3. Volksdichtung der finnisch-ugrischen Völker
498. Mari muro. Lieder der Mari. Joschkar-
Ola, 1943.
499. Руны и исторические песни. Runen
und historische Lieder (Karelier).
Übersetzung und Vorwort von B.
Evseev. Petrosawodsk, 1946.
500. U muro-samyc. Neue Lieder in der
Sprache der Wiesen- und der Ost-
mari. Joschkar-Ola, 1947.
501. Бессмертный эпос карело-финского
народа. Das unsterbliche Epos des
karelisch-finnischenV olkes (1 oojahre
„Kalevala“). SE, 1949, Heft 2,
S. 3—6.
502. Сын калева. Эстонский народный
эпос. Der Sohn des Kalev. Das est-
nische Volksepos. Moskau, 1949.
5°3- Kalevalan runoutta. Valikoima karja-
lais-suomalaisen kansaneepoksen ru-
noja. Aus dem Kalevala. Auswahl
von Runen des karelisch-finnischen
Volksepos. Petrosawodsk, 1949,
232 S.
504. Карельские эпические песни. Kare-
lische epische Lieder. Moskau-
Leningrad, 1950, 526 S. Rezension,
SE, 1951, Heft 2, S. 248—251.
505. Труды юбилейной научной сессии
посвященной юо-летию полного
издания „Калевалы“. Arbeiten des
wissenschaftlichen Jubiläumskon-
gresses anläßlich der hundertjährigen
vollständigen Ausgabe des Kalevala.
Petrosawodsk, 1950, 212 S.
506. Bazanov, V.: Карельские поэмы
Федора Глинки. Die karelischen
Poeme des Fedor Glinka. Petro-
sawodsk, 1945.
507. Berdnikov, V. M., und Tudorov-
skaja, E. А.: Поэтика марийских
358
Wolfgang König/Christa Kupfer
народных песен. Die Poetik der
Volkslieder der Mari. Joschkar-
Ola, 1945.
508. öetkarev, К.: Марий фольклорым
1917 ий деч ожно погымо да пе-
чатлыме историй гыч. Марий фольк-
лор ден литература. Aus der Ge-
schichte des Sammelns und Ver-
öffentlichens der Volksdichtung der
Mari bis zum Jahre 1917. Die Volks-
dichtung und Literatur der Mari.
Sammelband. Joschkar-Ola, 1945.
509. Öistov, К.: 100-летие полного изда-
ния карело-финского народного
эпоса „Калевала“, юо Jahre voll-
ständigeAusgabe des karelisch-finni-
schen Volksepos „Kalevala“. SE,
1946, Heft 2, S. 151—153.
510. Eman, S., und Tudorovskaja, E.:
Марийские народныесказки/Уolks-
märchen der Mari. Joschkar-Ola,
1945.
511. Evseev, V. I.: Эпоним венедов в
карело-финских рунах. Ein Еро-
nym derVeneden in den karelisch-
finnischen Runen. Sovetskoe fin-
nougrovedenie (Sowjetische Fin-
nougristik), I, S. 175—181. Rezen-
sion: SE, 1948, Heft 3, S. 184 (öe-
boksarov).
512. Evseev, V. I.: Избранные руны
Архипа Перттунена. Ausgewählte
Runen des Archip Perttunen. Petro-
sawodsk, 1948, 74 S. Rezension: SE,
1949, Heft 2, S. 209—211 (Lipec, P.).
513. Evseev, V. I.: Историческая дружба
карел и русских в отражении
поздних версий карело-финских
рун. Die historische Freundschaft
der Karelier und Russen in den spä-
teren Fassungen der karelisch-finni-
schen Runen. SE, 1949, Heft 2,
S. 27—34.
514. Evseev, V. I.: Kalevalaseuran vuosi-
kirja, 1947, 1948, 1949. Helsinki-
Porvoo.SE, 1950,Heft2,S.224—230.
515. Iskandarov, А.: Латкок Mypo.
Ныл йукан удрамаш харлан му-
раш. го Lieder für vierstimmigen
Frauenchor. Joschkar-Ola, 1946.
516. Koukal, V.: Марийские народные
песни. Volkslieder der Mari.
Moskau-Leningrad, 1951, 337 S.
517. Kreutzwald, Friedr. Reinh.: Kale-
vipoeg. Tallinn, Eesti R. K., 1953.
434 S. [Nachwort von Ed. Laugaste,
S. 387—427].
517a. Kreutzwald, Friedr. Reinh.: Eesti
rahva ennemuistsed jutud. Alte
estnische Volksmärchen. Tallinn,
Eesti R. K., 1953. 496 S. [Nachwort
von H. Niit, S. 461—487].
517b. Krejcvald (Kreutzwald): Калеви-
поег. Эстонский народный эпос.
Kalevipoeg. Ein estnisches Volks-
epos. Aus dem Estnischen über-
setzt von V. Deriavin und A. Ko-
cetkov. Tallinn, 1950.
517c. Laugaste, E.: Fr. R. Kreutzwald
folkloristina (mit einem russischen
Resümee). Kreutzwald als Folklorist.
In: Teaduslikud tööd pühend. Tartu
Riikl. Ülikooli 150. aastapäevale
(WissenschaftlicheArbeiten zu Ehren
des 150. Jahrestages der Staatlichen
Universität von Tartu). Eesti R. K.,
1932, S. 43—80.
518. Norman, E.: Тематика эстонских
пословиц. Die Thematik der estni-
schen Sprichwörter. KSIE, 1950?
Heft XII, S. 90—93.
519. Propp, V. J.: Карельский фольк-
лор. Karelische Folklore. Neue
Aufzeichnungen. Petrosawodsk,
1949, 220 S. Rezension: SE, 195°,
Heft 3, S. 219—221.
520. Störo2ev, T. V.: Коми-пермяцкий
фольклор. Die Volksdichtung der
Komi-Permjaken (vorrevolutionäre
und sowjetische). Kudymkar, 1948,
ui S. Rezension: SE, 1930, Heft 4»
S. 209—211.
521. Viidalepp, P. J.: Отражение эстон-
ско-русских отношений в эстон-
ских народных сказках. Die Wider-
spiegelung der estnisch-russischen
Beziehungen in den estnischen
Volksmärchen. KSIE, 1950, Heft
XII, S. 83—86.
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Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion 359
4. Lettisch-litauische Volksdichtung
522. Ancelane, A.: Latviesu tautas miklas
(Lettische Volksrätsel). Trudy In-
stituta folklora, I, Riga 1950,
S. 175—234. (Dazu das russische
Resümee vom gleichen Verfasser mit
dem gleichen Titel, ebenda, S. 235
—238: Латышские народные за-
гадки.)
523. Birkerts, P. J.: Rainis ka folklorists
(J. Rainis als Folklorist). Trudy In-
stituta folklora, I, Riga 1950, S. 7
— 26. (Dazu das russische Resümee
vom gleichen Verfasser mit dem
gleichen Titel, ebenda, S. 26—27:
Я. Райнис-фольклорист.)
524. Greble,V.: Latviesu bernu folklora.
Die lettische Kinderdichtung.
Trudy Instituta folklora, I, Riga
1950, S.98—171. (Dazu das russische
Resümee vom gleichen Verfasser
mit dem gleichen Titel, ebenda,
S. 172—174: Латышский детский
фольклор.)
525. Infant'ev, В.: Puskina „Pasaka par
zvejnieku un zivtinu“ latviesu folk-
lora. Das Puäkinsche „Märchen
vom Fischer und vom Fischlein“ in
der lettischen Volksdichtung. Trudy
Instituta folklora, I, Riga 1950,
S. 28—44. (Dazu das russische Re-
sümee vom gleichen Verfasser mit
dem gleichen Titel, ebenda, S. 44
—46: Сказка Пушкина „О рыбаке
и рыбке“ в латышском фольк-
лоре.)
526. Medne-Romane, А.: Darba tautas
cina ar apspiedcju latviesu vestitaja
folklora. Die Volksweisheit und der
Kampf gegen die Unterdrücker.
Trudy Instituta folklora, I, Riga
1950, S. 47—92. (Dazu das russische
Resümee vom gleichen Verfasser mit
dem gleichen Titel, ebenda, S. 93
—97: Народная мудрость и борь-
ба с угнетателями.)
527. Niedre, J. J.: Латышские сказки.
Lettische Märchen. Riga, 1948.
528. Niedre, J. J.: Латышский фольклор.
Lettische Volksdichtung. Riga, 1948.
529. Niedre, J. J.: Изучение народного
творчества в Латвийской ССР. Die
Erforschung des Volksschaffens in
der Lettischen SSR. SE, 1949,
Heft 4, S. 189—194.
530. Pel'se,R.: Праздники и песни Совет-
ской Латвии. Feste und Lieder
Sowjet-Lettlands. Nachrichten der
Akademie der Wissenschaften der
Lettischen SSR, Nr. 7, 1948.
531. Pel'se, R., Niedre, J., Greble, V.:
Folkloras Instituta raksti, I (Ar-
beiten des Instituts für Volksdich-
tung, I). Riga, 1950, 278 S.
532. Vaita, H.: Latviesu tautas meteoro-
logija (Lettische Volksmeteorolo-
gie). Trudy Instituta folklora, I,
Riga 1950, S. 239—275. (Dazu das
russische Resümee vom gleichen
Verfasser mit dem gleichen Titel,
ebenda, S. 276—278: Латышская
народная метеорология.)
5. Volksdichtung der Kaukasusvölker
5 33- Известия Северо-Осетинского науч-
но-исследовательского института.
Nachrichten des Nordossetischen
Wissenschaftlichen Forschungsinsti-
tuts, Bd. XII. Dsaudshikau, 1948,
256 S. Rezension: SE, 1950, Heft 4,
S. 211—2x6.
^34- Abaev, V.: Нартовский эпос. Das
Nartenepos. Nachrichten des Nord-
ossetischen Wissenschaftlichen For-
schungsinstituts, Bd. X, Heft 1.
Dsaudshikau, 1945, 118S. Rezen-
sion: SE, 1947, Heft 2, S. 242 (Gar-
danov, B).
535. Abaev, V. I.: Осетинский язык и
фольклор, i. Die ossetische Sprache
und Volksdichtung. 1. Moskau-
Leningrad, 1949.
536. Achundov, А.: Азербайджанские
сказки. Aserbaidshanische Märchen.
Baku, 1950. Rezension: SE, 1951,
Heft 4, S. 237—240.
537. Britaev, S., und Kazbekov, K.:
Осетинские народные сказки.Osse-
360
Wolfgang König/Christa Kupfer
tische Volksmärchen. Moskau, 1952.
Rezension: SE, 1952, Heft 4, S. 212
538. Cicerov,V. I.: Некоторые вопросы
теории эпоса и современные иссле-
дования нартских сказаний осетин.
Einige Fragen der Theorie des Epos
und die gegenwärtige Erforschung
der Nartenerzählungen der Osseten.
Nachrichten der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR, Abt.
Literatur und Sprache, Bd. XI,
1952, Heft 5, S. 393—411.
6. Volksdichtung der Ai
542. Öicerov, V. I.: Песни и стихи про-
летариата в период массового ра-
бочего революционного движения
(1890—1907 г.). Lieder und Ge-
dichte des Proletariats in der Periode
der revolutionären Massenarbeiter-
bewegung (1890—1907). Trudy In-
stituta ¿tnografii (Arbeiten des In-
stituts für Ethnographie), Neue
Serie, 1953, Bd. XX, S. 151—196.
543. Kitajnik, M. G.: Рассказы рабочих
дореформенного Урала. Erzäh-
lungen der Uralarbeiter vor der
Reformzeit.Trudy Instituta ¿tnografii
(Arbeiten des Instituts für Ethno-
graphie), Neue Serie, 1953, Bd. XX,
S. 57— 90.
544. Krupjanskaja, V. J.,undStarceva,
L. А.: Фольклор колхозной ста-
ницы. Volksdichtung in einem
Kolchos (Nach dem Material der
Stalingrader Folklore-Expedition).
SE, 1949, Heft 3, S. 74—88.
539. Düanubekovych: Песни ногайцев.
Lieder der Nogaier. Aufgezeichnet
von Dzanubekovych, übersetzt von
N. Kapieva. Stawropol, 1949, 70S.
540. Kusikjan, I.: Фольклористика в
советской Армении. Folkloristik
in Sowjetarmenien. SE, 1948, Heft 1,
S. 238—240.
541. Lipkin, S., und Obradovic, S.:
Нарты. Кабардинский эпос. Die
Narten. Ein kabardinisches Epos.
Übersetzt von V. Zvjaginceva.
Moskau, 1951.
eiter und Kolchosbauern
545. Kuselev,V.: Колхозные частушки.
Schnadahüpfel aus dem Kolchos.
„Kolchoznik“, Kingisepp, 22. 6.
1945.
546. Pokrovskaja,N. V.: Замир. Поэти-
ческое творчество трудящихся.
Für den Frieden. Das poetische
Volksschaffen der Werktätigen.
Moskau, 1951.
347. Ponomareva, P.: Колхозные ча-
стушки о победе. Schnadahüpfel
im Kolchos über den Sieg.
„Kirovskaja pravda“, Kirow, 23. 9.
1945.
548. Prusakov, А. P.: Современный
фольклор московских рабочих. Die
heutigeVolksdichtung der Moskauer
Arbeiter. SE, 1949, Heft 3, S. 201
bis 207.
549. Prusakov, А. P.: Песни рабочих о
И. В. Сталине. Arbeiterlieder über
Stalin. SE, 1949, Heft 4, S. 136—159-
7. Volksdichtung über den Großen Vaterländischen Krieg
530. Фронтовые частушки. Schnadahüpfel
von der Front. Sammelband „Ge-
danken der Soldaten“, S. 65—69.
Kirow, 1945.
5 31. Золотые россыпи. Goldfelder. „Ra-
bocij put’“, Smolensk, 11. 3. 1945.
352. Частушки о Великой Отечественной
войне, записанные в Кировской
области. Schnadahüpfel über den
Großen Vaterländischen Krieg, auf-
gezeichnet im Kirower Gebiet.
„Kirovskaja nov’“, Kirow, 1945»
Nr. 1, S. 95—103.
353. На карельском фронте. An der kare-
lischen Front. Sammlung von Er-
zählungen und Gedichten der Kämp-
fer und Offiziere an der karelischen
Front. Petrosawodsk, 1943, 91 S.
334. Советский фольклор Чкаловской об-
ласти. Sowjetische Volksdichtung
aus dem Gebiet Tschkalow. Tschka-
low, 1947, 168 S.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
361
555- Частушки колхозной деревни. Schna-
dahüpfel aus einem Kolchosdorf.
Über den Großen Vaterländischen
Krieg, über die Sowjetarmee und
über die Arbeit. „Rabocij kraj“,
Iwanow, 20. 4. 1947.
556. Фольклор казаков-некрасовцев о
Великой Отечественной войне.
Песни и сказки. Volksdichtung der
Nekrassower Kosaken über den
Großen Vaterländischen Krieg. Lie-
der und Märchen. Rostow am Don,
1947.
557. Alekseev, I.: Песни непокоренных.
Фольклор периода немецкой оку-
пации Донбасса. Lieder der Un-
beugsamen. Volksdichtung aus der
Zeit der deutschen Besetzung des
Donbass. „Doneckie ogni“ (Feuer
am Don), Sammelband, Woroshilow-
grad, 1945, S. 116—118.
558. Andreev, V.: Народная война. Der
Volkskrieg. Aufzeichnungen von
Partisanen. Moskau, 1952.
559. Anisimova, А. P.: Припевки. Kehr-
reime. Sammelband. Moskau, 1946,
5 5 S.
560. Belovanova, A., und Razumova,
А.: Фольклор Советской Карелии.
Die Volksdichtung Sowjet-Kareliens.
Zusammenstellung der Texte und
Anmerkungen von Belovanova und
Razumova. Einführung von Ba-
zanov. Petrosawodsk, 1947, 137 S.
561. Gerskovic, B., Krupjanskaja, V.,
Sokolova,V.: Совещание по во-
просам собирания, изучения и изда-
ния фольклора Великой Оте-
чественной войны. Konferenz über
Fragen des Sammelns, der Er-
forschung und Herausgabe der
Volksdichtung über den Großen
Vaterländischen Krieg. SE, 1948,
Heft 2, S. 209—216.
562. Gutorov, I.: Фольклор Великой
Отечественной войны. Volksdich-
tung des Großen Vaterländischen
Krieges. „Sovetskaja Belorussija“,
Minsk, 5.5. 1945.
563. Gutorov, I.: Партизанское твор-
чество. Volksschaffen der Parti-
sanen. „Literaturnaja gazeta“, 9. 5.
1946.
564. Gutorov, I.: Партизанские песни.
Partisanenlieder. „Znamja“, 1946,
Nr. 5—6, 185 S.
565. Hofman-Pomeranceva, E.: Вели-
кая Отечественная война в рус-
ском фольклоре. Der Große Vater-
ländische Krieg in der russischen
Volksdichtung. SE, 1946, Heft 1,
S. 247—250.
566. Jasin, А.: Частушки. Schnadahüpfel.
„Krasnoarmeec“, 1945, Nr. 10, S. 20.
567. Kravcinskaja, V., und Siraeva,
P. : Частушки Великой Отечествен-
ной ВОЙНЫ. Schnadahüpfel aus dem
Großen Vaterländischen Krieg. SE,
1949, Heft 1, S. 58—66.
568. Lascilin, B., und Golobacev, V.:
Великая Отечественная война в
казачьем фольклоре. Der Große
Vaterländische Krieg in der Volks-
dichtung der Kosaken. „Stalin-
gradskaja pravda“, 21. 10. 1945.
569. Mine, S. L: Фольклор Великой Оте-
чественной войны в Московских
архивах. Die Volksdichtung des
Großen Vaterländischen Krieges in
Moskauer Archiven. SE, 1946, Heft
2, S. 188—192.
570. Novikova, А. M.: Народное твор-
чество Тульской области в дни
Великой Отечественной войны. Das
Volksschaffen im Tulaer Gebiet in
den Tagen des Großen Vaterländi-
schen Krieges. „Wissenschaftliche
Schriften des Staatlichen pädagogi-
schen Instituts in Tula“, Heft 1,
1948, S. 122—141.
571. Simakova, E.: Стихи и песни парти-
зан. Gedichte und Lieder der Parti-
sanen (In der Karelo-Finnischen
SSR). „Na rubefce“, Petrosawodsk,
1945, Buch 1, S. 128—134.
572. Sirjaeva,P.: Песни народа. Фольк-
лор Ленинградской области. Lieder
des Volkes. Volksdichtung im Ge-
biet Leningrad. „Vecernyj Lenin-
grad“, 30. 10. 1947.
573. Skljar, G.: Великая Отечественная
война и фольклор Костромской
области. Der Große Vaterländische
Krieg und die Volksdichtung im
Gebiet von Kostroma. Aufzeich-
nungen aus den Jahren 1944 und
362
Wolfgang König 'Christa Kupfer
1945. „Kostromskij al’manach“, I,
1946, S. 10—20.
574. Smirnov,A. M.: О фольклоре Кали-
нинской области. Über die Volks-
dichtung im Gebiet Kalinin. „Wis-
senschaftliche Schriften“, Bd. X,
Heft I, Kalinin, 1945, S. 39—48.
575. Tarasenko,N. D., Kuzmenko, M.,
Zagajlo, E.: Фольклор периода
Отечественной войны. Volksdich-
tung aus der Zeit des Vaterländi-
schen Krieges. „Literaturnyj Don-
bass“, 1946, Buchl, S. 140—145.
576. Tonkov,А.: Народное творчество
в дни Великой Отечественной вой-
ны. Das Volksschaffen in den Tagen
des Großen Vaterländischen Krie-
ges. Woronesh, 1945, 104 S.
8. Volksdichtung europäischer
581. Словацкие сказки. Slowakische Mär-
chen. Übersetzung aus dem Slowa-
kischen von D. A. Gorbov. Moskau,
1950. Rezension: SE, 1952, Heft 1,
S. 223—225 (Lipec, R.).
582. Болгарские народные сказки. Bul-
garische Volksmärchen. Übersetzung
aus dem Bulgarischen. Moskau,
1951.
c) Volkstheater, -
585. Задачи этнографов в связи с положе-
нием на музыкальном фронте. Die
Aufgaben der Ethnographen in Ver-
bindung mit der Lage auf dem Ge-
biet der Musik. SE, 1948, Heft 2,
S. 3—7.
586. Литовские народные танцы. Litauer
Volkstänze. Unter der allgemeinen
Redaktion von Z. Slavjunas. Wilna
1953, 195 S., mit Noten und Abb.
587. Danilevic, L.: Музыка на фронтах
Великой Отечественной войны. Die
Musik an den Fronten des Großen
Vaterländischen Krieges. Moskau-
Leningrad, 1948. Rezension: SE,
1949, Heft 3, S. 224—226 (B. Gerä-
kovic).
588. Gippius, E. V.: О русской народной
подголосочной полифонии в кон-
це XVIII-начале XIX века. Über
577. Tonkov,V.А.:Воронежский фольк-
лор в годы Отечественной войны.
Woronesher Volksdichtung in den
Jahren des Vaterländischen Krieges.
Woronesh, 1946, Nr. i,S. 231—263.
578. Toropcev, А.: Народное твор-
чество в дни Великой Отечествен-
ной войны. Das Volksschaffen in den
Tagen des Großen Vaterländischen
Krieges. „Novgorodskaja pravda“,
Nowgorod, 2. 2. 1946.
379. Zigulev, А. M.: Пословицы на
фронте. Sprichwörter an der Front.
SE, 1948, Heft 3, S. 50—55.
580. Zolotnickij, D.: Из партизанского
фольклора. Aus der Volksdichtung
der Partisanen. „Leningrad“, 1946,
Nr. 3, S. 22.
Völker außerhalb der UdSSR
383. Kravcov, N. I.: Сербский эпос и
история. Das serbische Epos und die
Geschichte. SE, 1948, Heft 3, S. 90
— 107.
384. Kravcov, N. I.: Песни жнецов в
болгарском народном творчестве
XIX века. Schnitterlieder im bulga-
rischen Volksschaffen des XIX. Jahr-
hunderts. SE,i95 i, Heft 4,S. 77—100.
inz, -lied, -musik
die russische mehrstimmige Volks-
polyphonie am Ende des XVIII. und
zu Beginn des XIX. Jahrhunderts.
SE, 1948, Heft 2, S. 86—104, mit
Notenbeispielen.
589. Golobaöev, V., und LaScilin, B.:
Народный театр на Дону. Das
Volkstheater am Don. Rostow am
Don, 1947, 184S. Rezension: SE,
1948, Heft 1, S. 230—233 (Krupjan-
skaja, V.).
390. Koostanud/J. Räude: Valimik rah-
vaste tantse. Eesti riiklik kirjastus.
Tallin, 1952, 184S., mit Notenbeisp-
und Abbildungen.
591. Kulakovskij, L. V.: „Кострома“
(Брянский хороводный спектакль).
„Kostroma“ — ein Reigentanzspiel
aus Brjansk. SE, 1946, Heft 1, S. 163
—186, 3 Abb.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
363
592. Lascilin, B. S.: Возрождение народ-
ного театра на Дону. Die Wieder-
belebung des Volkstheaters am Don.
KSIE, 1950, Heft XI, S. 31—33.
593. Rabinovic, M. G.: Музыкальные
инструменты в войске древней
Руси и народные музыкальные ин-
струменты. Musikinstrumente in der
Armee der alten Rusj und Volks-
musikinstrumente. SE, 1946, Heft 4,
S. 142—160, тгАЬЬ.
594. Tampere, Ch.: Русские влияния
на развитие эстонской народно-
песенной мелодии. Der russische
Einfluß auf die Entwicklung der
estnischen Volksliedmelodie. KSIE,
1950, Heft XII, S. 96—102, mit
Notenbeispiel.
595. Tuz, А.: Возрождение русского этно-
графического хора села Дорожево.
Die Wiederbelebung des russischen
ethnographischen Chores im Dorfe
Doroshewo. SE, 1948, Heft 2,S. 225.
d) Bildende Kunst
1. Allgemeine Fragen
596. Lavrov, I. P.: Возрождение народ-
ного искусства. (Народные худо-
жественные промыслы РСФСР).
Die Wiederbelebung der Volkskunst
(Volkskunsthandwerke in der
RSFSR). SE, 1947, Heft 4, S. 159
—185, 21 Abb.
597. Okladnikov, A. P.: К вопросу о
происхождении искусства. Zur
Frage nach dem Ursprung der Kunst
(In Verbindung mit einer Kritik an
den Anschauungen N. J. Marrs über
die Urkunst). SE, 1952, Heft 2,
S. 3—22.
2. Ostslawen
598. Chochol, J. F.: Резьба по дереву в
горных районах Черновицкой и
Станиславской областей УССР.
Holzschnitzerei in den Bergbezirken
des Tschernowizer und Stanislawer
Gebiets derUSSR. SE, 1953, Heft 2,
S. 172—178, 7 Abb.
599. Dinces, L. А.: Восточные мотивы в
народном искусстве Новгород-
ского края, östliche Motive in der
Volkskunst des Nowgoroder Ge-
bietes. SE, 1946, Heft 3, S. 93—112,
19 Abb.
600. Dinces, L. А.: Изображение змее-
борца в русском народном шитье.
Die Darstellung eines Schlangen-
kämpfers in der russischen Volks-
stickerei. SE, 1948, Heft 4, S. 36
. —53» 17 Abb.
ö°i. Fechner, M. V.: Глиняные игрушки
московских гончаров. Tönernes
Spielzeug von Moskauer Töpfern.
MIA, Band 12, 1949, S. 52—56.
^°2. Fedorova-Dyleva, N.: Велико-
устюжская художественная резьба
на бересте. Die Weliko-Ustjuger
Birkenschnitzerei. SE, 1946, Heft 3,
S. 139—144, 4 Abb.
603. Komarov, V. V.: Художественные
промыслы великоустюжских ма-
стеров. Die Kunstgewerbe der groß-
ustjugischen Meister. „Krasnyj se-
ver“ (RoterNorden),Wologda, 1949.
Rezension: SE, 1951, Heft 3, S. 207
— 210.
604. Misukov, F. J.: К вопросу о тех-
нике золотой и серебряной наводки
по красной меди в древней Руси.
Über die Technik des Auflegens von
Gold und Silber auf rotem Kupfer in
der alten Rusj. KSIIMK, 1945,
Heft XI, S. in—114.
605. Rybakov, В. А.: Древние элементы
в русском народном творчестве.
(Женское божество и всадники).
Alte Elemente im russischen Volks-
schaffen (Weibliche Göttin und
Reiter). SE, 1948, Heft 1, S. 91
—106, 4 Bildtafeln.
606. Rikman, E. А.: Изображение быто-
вых предметов на рельефах Дми-
триевского собора во Владимире.
364
Wolfgang König / Christa Kupfer
Die Darstellung von Gebrauchs-
gegenständen auf den Reliefs der
Dmitriev-Kathedrale in Wladimir.
KSIIMK, 1952, Heft XLVII, S. 24
—40.
607. Seremeteva, M. E.: Тарусская
артель вышивальщиц. Die Stickerei-
genossenschaft im Rayon Tarusa.
SE, 1953, Heft 2, S. 179—188,
5 Beispiele.
608. Visnevskaja, V. M.: Хохломская
роспись по дереву. Die Chochlo-
mer Holzmalerei. Moskau, 195t»
32 S., 14 Bildtafeln.
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
609. Krjukova, T. А.: Марийская вы-
шивка. Die Stickerei der Mari.
Leningrad 1951.
610. Speranskij, P. T.: Татарский народ-
ный орнамент. Das tatarische Yolks-
ornament. Kasan, 1948. Rezension,
SE, 1950, Heft i, S. 219 (А. P. Smif'
nov).
4. Kaukasusvölker
611. Chochov, A. Z., und Berladinaja, Dsaudshikau, 1948. Rezension: SE,
К. А.: Осетинский народный орна- 1950, Heft 1, S. 226ff. (A. Ivanov).
мент. Das ossetische Volksornament.
5. Völker des Nordens und des Baltikums
612. Латышские орнаменты. Lettische
Ornamente. 1. Tücher, 2. Kränze
und Gürtel, 3. Röcke und Decken.
Riga, 1946.
613. Belicer, V. N.: Народное изобрази-
тельное искусство коми. Die Volks-
kunst der Komi. KSIE, 1950,
Heft X, S. 15—28, 8 Abb.
614. Falkeva, V., und Kamenskaja, M.:
Искусство эстонских колхозников
ленинградской области. Die Kunst
der estnischen Kolchosbauern im
Leningrader Gebiet. SE, 1948, Heft3,
S. 114—119, 4Abb.
615. Maslova, G. S.: Орнамент карел
Калининской области. Das Orna-
ment der Karelier im Gebiet von
Kalinin (Dissertation 3. 7. 1952)
Protokoll: SE, 1947, Heft 3, S. 155-
616. Maslova, G. S.: Народный орна-
мент верхневолжских карел. Das
Volksornament der Karelier an der
oberen Wolga. Trudy Instituta étno-
grafii, Neue Serie, Band XI, Moskau-
Leningrad, 1951. Rezension: SE,
1952, Heft i, S. 219—221.
e) Probleme der Urgemeinschaft und Überreste der
Urgemeinschaftsordnung bei einzelnen Völkern
1. Allgemeine Darstellungen
617. Значение трудов товарища Сталина
для изучения ранних периодов
истории. Die Bedeutung der Ar-
beiten Stalins für die Erforschung
der Frühperioden der Geschichte.
KSIIMK, 1950, Heft XXXII, S. 3
—6.
618. Родовое общество. Этнографические
материалы и исследования. Die
Gentilgesellschaft. Ethnographische
Materialien und Forschungen. Tru-
dy Instituta etnografii (Arbeiten des
Instituts für Ethnographie), Neue
Serie, Bd. XIV, Moskau, 1951.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
365
619. Boriskovskij, P. I.: Начальный
этап первобытного общества. Die
Anfangsetappe in der Urgesellschaft.
Leningrad, 1950, 136 S. Rezension:
Prepodavanie istorii v skole (Ge-
schichtsunterricht in der Schule),
1950, Heft 5, S. 94.
620. Kosven, M. О.: Из истории про-
блемы матриархата. Aus der Ge-
schichte des Problems des Matriar-
chats. SE, 1946, Heft 1, S. 31—58.
621. Kosven, M. О.: Семейная община
(Опыт исторической характери-
стики). Die Großfamilie (Ver-
such einer historischen Charak-
teristik). SE, 1948, Heft 3, S. 3—32.
622. Kosven, M. О.: Матриархат. Исто-
рия проблемы. Das Matriarchat.
Geschichte des Problems. Moskau-
Leningrad, 1948, 239 S. Rezension:
SE, 1949, Heft 3, S. 214—216
(Kisljakov, N.).
623. Kosven, M. О.: Об историческом
соотношении рода и племени. Uber
die historische Beziehung zwischen
Gens und Stamm. SE, 1951, Heft 2,
S. 182—186.
624. Kosven, M. О.: Переход от ма-
триархата к naTpHapxa'ry.Übergang
г. Os
629. Grekov, B. D.: Крестьяне на Руси с
древнейших времен до XVII века.
Die Bauern in Rußland von den
ältesten Zeiten bis in das XVII. Jahr-
hundert. Moskau-Leningrad, 1946,
954 S., 1 Karte.
630. Kosven, M. О.: Северорусское пе-
чище, украинские сябры и бело-
русское дворище. Das nordrussi-
sche „pecisce“, die ukrainischen sja-
bry und das belorussische dworisce.
SE, 1950, Heft 2, S. 65—76.
631. Manevskij, D. А.: Домоногамные
пережитки у восточных славян
X—XI вв. Vormonogame Überreste
bei den Ostslawen im X. bis XI.
Jahrhundert (Dissertation). Proto-
koll: SE, 1947, Heft 3, S. 155.
З2. Najdic-Moskalenko, D.V.: Быт
украинского крепостного кре-
стьянства в царской России нака-
нуне реформы т8бх г. Die Lebens-
vom Matriarchat zum Patriarchat.
Trudy Instituta ¿tnografii (Arbeiten
des Instituts für Ethnographie),
Neue Serie, Bd. XIV, Moskau, 1951.
625. Nikol'skij, V. К.: История перво-
бытного общества. Учебно-метод.
пособие. Geschichte der Urgesell-
schaft. Unterrichtlich-methodischer
Leitfaden. Leningrad, 1951.
626. Ravdonikas, V. L: История перво-
бытного общества. Geschichte der
Urgesellschaft. Teil 1, 1939 (Kap.
I—XI); Teil 2, 1947 (Кар. XII bis
XXI), 390 S., 152 Abb. Rezension:
Vestnik drevnej istorii, 1948, Heft 4,
S. 91—99 (Nikol'skij, V. K.). —
SE, 1949, Heft 1, S. 219—227 (To-
karev, S. A.).
627. Zolotarevskaja, I.: Дискуссия о
проблеме экзогамии. Diskussion
über das Problem der Exogamie.
SE, 1947, Heft 3, S. 151—134.
628. Zolotarevskaja, I.: Обсуждение
работы В. И. Равдоникаса „Исто-
рия первобытного общества“. Be-
urteilung der Arbeit von Ravdoni-
kas „Geschichte der Urgesellschaft“.
SE, 1948, Heft 4, S. 192—196.
weise der ukrainischen leibeigenen
Bauern im zaristischen Rußland am
Vorabend der Reform von 1861
(Dissertation 4. 6. 1946). Protokoll:
SE, 1948, Heft 4, S. 212—213.
633. Novoselov, N. P.: Военные игры
русского народа и их отношение к
эпохе военной демократии. Kriegs-
spiele des russischen Volkes und ihre
Beziehung zur Epoche der militäri-
schen Demokratie (Dissertation 13.
4. 1948). Protokoll: SE, i948,Heft4,
5. 190—191.
634. Simonenko, I. F. : Пережитки па-
тронимий и брачные отношения у
украинцев закарпатской области.
Überreste von Patronymen und die
Heiratsbeziehungen bei den Ukrai-
nern des Transkarpatengebietes (Aus
Expeditionsmaterial von 1946). SE,
1947, Heft 1, S. 74—83, 3 Abb.
366
Wolfgang König /Christa Kupfer
3. Völker des Wolga-Kama-Gebietes
635. Demidova, N. F.: Материалы по
истории Башкирской АССР. Том
3: Экономические и социальные
отношения в Башкирии в первой
половине XVIII в. Materialien zur
Geschichte der Baschkirischen ASS R.
Bd. 3, ökonomische und soziale Ver-
hältnisse in Baschkirien in der ersten
Hälfte des XVIII. Jahrhunderts-
Moskau-Leningrad, 1949, 690 S. Re-
zension: Voprosy istorii, 195°»
Heft 3, S. 125—127.
4. Kaukasusvölker
636. Aliev,A.: Брак и свадебные обряды
даргинцев. Ehe und Hochzeits-
bräuche der Darginer. SE, 1953,
Heft 4, S. 120—124.
637. Bardavelidze, V. V.: Земельные
владения древнегрузинских свя-
тилищ. Der Bodenbesitz alter gru-
sinischer Kultstätten. SE, 1949,
Heft 1, S. 92—109, 2 Abb.
638. Bdojan,V.А.: Кровнородственный
,,АЗГ“ и родовые отношения у
армян. Der blutsverwandtschaft-
liche ,,asg“ und die Verwandtschafts-
verhältnisse bei den Armeniern. SE,
1952, Heft 1, S. 189—192.
639. Brjuchanov, P. А.: Государствен-
ное устройство и административ-
ное управление вольных обществ
Дагестана в i-ой четверти XIX в.
Die staatliche Ordnung und die
administrative Verwaltung der freien
Gesellschaften Daghestans im ersten
Viertel des XIX. Jahrhunderts.
Stawropol, 1947. Rezension: SE,
1950, Heft 1, S. 2i8ff. (Nikol'skaja,
Z.).
640. Chasaev, Ch. M.: Шариат, адат и
преступления, составляющие пере-
житки родового быта в Дагестане.
Schariat, Adat und Verbrechen als
Überreste der gentilen Lebensweise
in Daghestan. Moskau, 1949.
641. Elasvili, V. I.: Фехтование в си-
стеме военно-физического воспи-
тания хевсур. Das Fechten im
System der militärisch-physischen
Erziehung der Chewsuren. KSIE,
1949, Heft VIII, S. 64—68.
642. Gadz;ieva, S.: К вопросу о тухуме
и большой семье у каякентских
кумыков. Zur Frage über den
Tuchum und die Großfamilie bei den
Kajakenter Kumyken. KSIE, 1952»
Heft XIV, S. 75—83.
643. Gadfcieva, S.: Общественное и се-
мейное положение женщины-ку-
мычки по данным фольклора до-
октябрьского периода. Die Stel-
lung der Kumykenfrauen in Gesell-
schaft und Familie nach Angaben der
Folklore aus der Zeit vor der Ok-
toberrevolution. SE, 1953, Heft L
S. 153—158.
644. Ichilov, M. I.: Большая семья И
патронимия у горских евреев.
Die Großfamilie und die Patronymik
bei den Bergjuden. SE, 1950, Heft b
S. 188—192.
645. Kaloev, 13. А.: Землевладение и
землепользование у моздокских
осетин. Bodenbesitz und Boden-
nutzung bei den Mosdok-Osseten.
SE, 1952, Heft 1, S. 179—183.
646. Kosven, M. О.: Проблема общест-
венного строя горских народов
Кавказа в ранней русской этно-
графии. Das Problem der gesell-
schaftlichen Ordnung der kaukasi-
schen Bergvölker in der frühen russi-
schen Ethnographie. SE, 195 L
Heft 1, S. 7—21.
647. Lavrov, L. I.: Классовое расслоение
и племенные деление абазин в
XVIII u XIX веках. Klassenschich-
tung und Stammesgliederung bei
den Abasinen im XVIII. und XlX-
Jahrhundert. SE, 1948, Heft 4>
S. 168—174.
648. Nikol'skaja, Z. А.: Из истории
семейнобрачных отношений у авар-
цев в XIX в. Aus der Geschichte der
Familien-Heiratsbeziehungen bet
den Awaren im XIX. Jahrhundert-
KSIE, Heft VIII, S. 53—59.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
367
649- Nikol'skaja, Z.A.: Родовые формы
и отношения у аварцев в XIX в.
Gentilformen und -Verhältnisse bei
den Awaren im XIX. Jahrhundert
(Dissertation 8. 6. 1948). Protokoll:
SE, 1949, Heft i, S. 192—193. Dazu
von dem gleichen Verfasser und
unter dem gleichen Titel das Re-
ferat zur Dissertation. KSIE, 1949,
Heft VII, S. 75—77.
650. Nikol'skaja, Z. А.: Пережитки
патриархально-родового строя у
аварцев в XIX и в начале XX века.
Überreste der patriarchalischen
Gentilordnung bei den Awaren im
XIX. und zu Beginn des XX. Jahr-
hunderts. Trudy Instituta ètnografii,
Neue Serie, Bd. XIV, Moskau, 1951.
651. Panek, L. B.: О терминах родства
в грузинском языке. Über die Ver-
wandtschaftstermini in der grusini-
schen Sprache. SMAE, Bd. XII,
Moskau-Leningrad, 1949, S. 71—78.
652. Peräic, А. P.: Фамилия лъэпкъ у
кабардинцев в XIX веке. Der
Familienname Ьъеркъ bei den Ka-
bardinern im XIX. Jahrhundert. SE,
1951, Heft i, S. 171—180.
653- Robakidze, А. I.: Некоторые черты
семейного быта чиатурских горня-
ков. Einige Züge des Familienlebens
der tschiaturischen Bergarbeiter. SE,
1953, Heft 4, S. 20—29.
654- Saidova, M. V.: Переход народов
Дагестана от общинно-родовых
отношений к феодальным. Der
Übergang der Völker Daghestans
von der Urgemeinschaftsordnung
zum Feudalismus (Dissertation 25.
3. 1947). Protokoll: SE, 1947, Heft 3,
S. 156—157.
655. Smirnova, J. S.: Абхазская жен-
щина в дореволюционном прошлом
и в советскую эпоху. Die АЬ-
chasenfrau in der vorrevolutionären
Vergangenheit und in der Sowjet-
epoche (Dissertation 25. 4. 1950).
Protokoll: SE, 1951, Heft 1, S. 183
—185. Autoreferat: KSIE, 1951,
Heft XIII, S. 63—69.
656. Smirnova, J. S.: Аталычество и
усыновление у абхазов в XIX до
XX вв. Atalykentum und Adoption
bei den Abchasen im XIX. und
XX. Jahrhundert. SE, 1951, Heft 2,
S. 105—114.
657. Smirnova, J. S.: Об обычае умыка-
ния у абхазов. Über die Sitte der
Entführung bei den Abchasen.
KSIE, 1952, Heft XV, S. 52—56.
658. Studeneckaja, E.N.: О большой
семье у кабардинцев в XIX веке.
Uber die Großfamilie bei den Ka-
bardiner!. SE, 1950, Heft 2, S. 176
—181.
659. Takoeva, N. F.: Кровная месть у
осетин в XIX — начале XX сто-
летия. Die Blutrache bei den Osseten
im XIX. und zu Beginn des XX.
Jahrhunderts (Dissertation 24. 12.
1946). Protokoll: SE, 1947, Heft 2,
S. 213.
5. Südslawen
бб°. Kaloeva, I. А.: Пережитки родо-
вого строя у южных славян в
XIX—XX вв. Überreste der Gentil-
ordnung bei den Südslawen im XIX.
bis XX. Jahrhundert (Dissertation
6. 6. 1950).
6. Albanier
Derzavin, N. S.: Албанцы-арнауты
на Приазовье Украйнской ССР.
Die Albanier-Arnauten am Asow-
schen Meer im Gebiet der USSR.
SE, 1948, Heft 2, S. 156—169.
662. Isljami, S.: Семейная община албан-
цев в период ее распада. Die
Familiengemeinschaft der Albaner
in der Periode ihres Zerfalls (Ende
XIX. bis Mitte XX. Jahrhundert).
SE, 1952, Heft 3, S. 1x9—132.
368
Wolfgang König / Christa Kupfer
VII. Berichte
a) Tätigkeitsberichte ethnographischer Institutionen in der UdSSR
1946
663. Berg, L. S.: Всесоюзное географи-
ческое общество за сто лет. юо
Jahre Geographische Gesellschaft
der UdSSR. Moskau, 1946, 261 S.
Rezension: SE, 1947, Heft 1, S. 221
(Stepanov).
664. Chramova, V.: Сессия Института
этнографии в Ленинграде. Der
Kongreß des ethnographischen In-
stituts in Leningrad. SE, 1946,
Heft 4, S. 211—212.
665. Dfcafarzade, I. M. : Этнографическая
работа в Азербайджанской ССР.
Die ethnographische Arbeit in der
Aserbaidshanischen SSR. SE, 1946,
Heft 2, S. 116.
666. К., О. : В Институте этнографии АН
СССР. Im Institut für Ethnographie
der Akademie der Wissenschaften
der UdSSR. SE, 1946, Heft 2,
S. 211—213.
667. Levin, M.: Полевык наследования
Института этнографии. Die Feld-
forschungen des Instituts für Ethno-
graphie im Jahre 1945. SE, 1946,
Heft 1, S. 235—238.
668. Rabinovic, M. : Институт этно-
графии в годы Великой Отечествен-
ной войны. Das Institut für Ethno-
graphie in den Jahren des Großen
Vaterländischen Krieges. SE, 1946,
Heft 1, S. 226—235.
669. Robakidze, А. I. : Этнографическая
работа Института истории Ака-
демии Наук Грузинской ССР.
Die ethnographische Arbeit des In-
stituts für Geschichte an der Aka-
demie der Wissenschaften der Gru-
sinischen SSR. SE, 1946, Heft 3,
S. 162—165.
1947
670. Chramova, V.: Научная сессия
Государственного музея этногра-
фии. Wissenschaftliche Konferenz
des Staatlichen Museums für Ethno-
graphie. SE, 1947, Heft 2, S. 221
—222.
671. Öicerov, V. : Работа Института этно-
графии им. H. Н. Миклухо-Ма-
клая АН СССР в 1946 г. Die Arbeit
des Miklucho-Maklay-Instituts für
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften im Jahre 1946. SE,
1947, Heft 2, S. 203—207.
672. Полевые исследования Института
этнографии в 1945 г. Feldforschun-
gen des Instituts für Ethnographie
im Jahre 1945. KSIE, 1947, Heft II,
S. 3—4.
673. Levin, M. : Полевые исследования
Института этнографии в 1946 г.
Die Feldforschungen des Instituts
für Ethnographie im Jahre 1946.
SE, 1947, Heft 2, S. 207—212.
674. Moreeva, А.: Всесоюзный конкурс
собирателей фольклора. Ein All-
unionswettbewerb der Folklore-
Sammler. SE, 1947, Heft i, S. 201
—204.
675. Serebrjakov, E. А.: Научно-иссле-
довательский институт художест-
венной промышленности(НИИХП).
Das wissenschaftliche Forschungs-
institut für das Kunsthandwerk
(NUChP). SE, 1947, Heft 1, S. 204
—206.
676. Skorik, M. M.: Работа Львовского
отдела института искусствоведе-
ния, фольклора и этнографии АН
СССР в 1947 г. Die Arbeit der Lwo-
wer Abteilung des Instituts für Kunst-
geschichte, Folkloristik und Ethno-
graphie an der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR im Jahre 1947'
SE, 1947, Heft 3, S. 158—159.
677. Tarakanova, S.A.: Институт исто-
рии материальной культуры в
. 1945 г. Das Institut für Geschichte
der materiellen Kultur im Jahre
1945. KSIIMK, 1947, Heft XIV,
S. 165—167.
678. Tarakanova, S. А.: В ученом совете
ИИМК АН СССР в 1945—1946 гГ;
Im wissenschaftlichen Rat des II
an der Akademie der Wissenschafter
im Jahre 1945/46. KSIIMK, 1947»
Heft XV, S. 149—152.
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
369
679. Vasilevic, G. M.: Отделение этно-
графии всесоюзного географи-
ческого общества. Die Abteilung
Ethnographie der Geographischen
Gesellschaft der UdSSR. SE, 1947,
Heft 2, S. 217—218.
1948
680. Chramova, V.: Сессия Института
этнографии АН СССР, посвящён-
ная 30-летию Великой Октябрь-
ской Социалистической Револю-
ции. Kongreß des Instituts für
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR zum
dreißigsten Jahrestag der Großen
Sozialistischen Oktoberrevolution.
SE, 1948, Heft 2, S. 208.
681. Öicerov, V. I.: Работа Института
этнографии им. H. Н. Миклухо-
Маклая АН СССР в 1947 г. Die
Arbeit des Miklucho-Maklay-Insti-
tuts für Ethnographie an der Aka-
demie der Wissenschaften der
UdSSR. SE, 1948, Heft 3, S. 132
—135-
682. Öitaja, G.: Этнографические иссле-
дования в Грузинской ССР. Die
ethnographische Forschung in der
Grusinischen SSR. SE, 1948, Heft 4,
S. 176—188.
683. Lev in, M. : Полевые исследования
Института этнографии в 1947 г.
Die Feldforschungen des Instituts
für Ethnographie im Jahre 1947. SE,
1948, Heft 3, S. 135—139.
684. Sitov, N.: Институт истории, языка
и литературы карело-финской базы
АН СССР. Das Institut für Ge-
schichte, Sprache und Literatur der
karelo-finnischen Außenstelle der
Akademie der Wissenschaften. SE,
1948, Heft 1, S. 229—231.
1949
685. Galkina, P.: Сессия научно-исследо-
вательского института краевед-
ческой и музейной работы. Kon-
greß des wissenschaftlichen For-
schungsinstituts für landeskundliche
und Museumsarbeit. SE, 1949,
Heft 2, S. 179—183.
“4 Volkskunde
686. Korbe, О.: Сессия, посвящённая
итогам экспедиционных работ
1948 г. Kongreß über die Ergeb-
nisse der Expeditionsarbeit im Jahre
1948. SE, 1949, Heft 3, S. 208—210.
687. Lev in, M. : Полевые исследования
Института этнографии в 1948 г.
Die Feldforschungen des Instituts
für Ethnographie im Jahre 1948.
SE, 1949, Heft 2, S. 156—158.
688. 2danko,T.A.: Обсуждение научно-
исследовательской работы Ин-
ститута этнографии АН СССР. Die
Beurteilung der wissenschaftlichen
Forschungsarbeit des Instituts für
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften. SE, 1949, Heft 1,
S. 163—175-
689. 2danko, T.: Работа Института этно-
графии им. H. Н. Миклухо-Маклая
АН СССР в 1948 г. Die Arbeit des
Miklucho-Maklay-Instituts für Eth-
nographie an der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR im Jahre
1948. SE, 1949, Heft 2, S. 153—155.
690. Zolotarevskaja, I.: Обсуждение
работ M. О. Косвена. Diskussion
über die Arbeiten M. O. Kosvens.
SE, 1949, Heft 1, S. 183—188.
1950
691. Korbe, О.: Сессия ученого совета
Института этнографии, посвящён-
ная итогам экспедиционных иссле-
дований 1949 г. Tagung des wissen-
schaftlichen Rates am Institut für
Ethnographie über die Forschungs-
ergebnisse der Expeditionen im
Jahre 1949. SE, 1950, Heft 3,
S. 183—186.
692. Levin, M. G.: Полевые исследова-
ния Института этнографии в 1949 г.
Die Feldforschungen des Instituts
für Ethnographie im Jahre 1949.
SE, 1950, Heft 2, S. 185—187.
693. Vorob'ev, N. I.: Этнографические
исследования в Чувашской АССР.
Ethnographische Forschungen in
der Tschuwaschischen ASSR. SE,
1950, Heft 2, S. 205—208.
694. 2danko, T. А.: Работа Института
этнографии АН СССР в 1949 г. Die
Arbeit des Instituts für Ethno-
370
Wolfgang König/Christa Kupfer
graphie an der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR im Jahre 1949.
SE, 1950, Heft 2, S. 182—185.
1951
695. Резолюция этнографического сове-
щания при Института этнографии
АН СССР с участием представи-
телей союзных и автономных рес-
публик. Resolution der ethno-
graphischen Konferenz am Institut
für Ethnographie der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR unter
Teilnahme von Vertretern der
Unions- und Autonomen Republiken
(In Moskau vom 23. Januar bis
3. Februar 1951). SE, 1951, Heft 2,
S. 231—234.
696. Резолюция ученого совета Института
этнографии АН СССР о работе
журнала „Советская этнография“.
Resolution des wissenschaftlichen
Rates des Instituts für Ethno-
graphie der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR zur Arbeit der
Zeitschrift „Sovetskaja etnografija“.
SE, 1951, Heft 4, S. 215—216.
697. Собирательская работа дома народ-
ного творчества Абхазской АССР.
Die Sammeltätigkeit des Hauses für
Volksschaffen der Abchasischen
ASSR. SE, 1951, Heft 3, S. 178-—180.
698. Korbe, О.: О работе журнала
„Советская этнография“. Uber die
Tätigkeit der Zeitschrift „Sovetskaja
etnografija“. SE, 1951, Heft 4,
S. 211—215.
699. Levin, M.: Полевые исследования
Института этнографии в 1950 г.
Die Feldforschungen des Instituts
für Ethnographie im Jahre 1950.
SE, 1951, Heft 2, S. 219—221.
700. Tolstov, S. P.: Итоги перестройки
работы Института этнографии АН
СССР в свете труда И. В. Сталина,
„Марксизм и вопросы языкозна-
ния“. Über die Umgestaltung der
Tätigkeit des Instituts für Ethno-
graphie an der Akademie der Wissen-
schaften der UdSSR auf Grund der
Arbeit Stalins „Der Marxismus und
die Fragen der Sprachwissenschaft“
und deren Ergebnisse. SE, 1951,
Heft 3, S. 3—14.
701. 2danko, T. А.: Этнографическое
совещание 1951 г. Ethnographische
Konferenz 1951. SE, 1951, Heft 2,
S. 221—230.
702. 2danko, T. А. : Работа Института
этнографии Академии наук СССР
в 1950 г. Die Arbeit des Ethno-
graphischen Instituts an der Akade-
mie der Wissenschaften der UdSSR
im Jahre 1950. SE, 1951, Heft 2,
S. 214—219.
1952
703. Об этнографической и антропологи-
ческой работе на местах после
этнографического совещания
1951 г. Über die lokale ethno-
graphische und anthropologische
Arbeit nach der ethnographischen
Konferenz 1951. SE, 1952, Heft 1,
S. 200—207.
704. Öitaja, G. S.: Грузинская советская
этнография за годы послевоенной
Сталинской пятилетки. Die so-
wjetisch-grusinische Ethnographie
in den Jahren des Stalinschen Nach-
kriegsfünfjahrplanes. SE, 195 2,
Heft 3, S. 181—186.
705. Levin, M. G.: Полевые исследова-
ния Института этнографии в
1951 г. Die Feldforschungen des
Instituts für Ethnographie im Jahre
1951. SE, 1952, Heft 2, S. 177—179.
706. 2danko, T.А.: Работа Института
этнографии АН СССР в 1951 г. Die
Arbeit des Instituts für Ethno-
graphie an der Akademie der Wis-
senschaften der UdSSR im Jahre
1951. SE, 1952, Heft 2, S. 172—177.
1953
707. XII сессия совета по координации
научной деятельности Академии
Наук союзных республик. XIL
Tagung des Rates für Koordinie-
rung der wissenschaftlichen Tätig-
keit der Akademie der Wissen-
schaften der Unionsrepubliken
(Unterabteilung Ethnographie). SE,
1953, Heft 2, S. 201.
708. Ganckaja, O., und Listova, N.:
XII сессия Совета по координации
научной деятельности Академии
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
371
Наук союзных республик (Подсек-
ция этнографии). XII. Kongreß des
Rates über die Koordinierung der
wissenschaftlichen Tätigkeit der
Akademie der Wissenschaften der
Unionsrepubliken (Sektion Ethno-
graphie). SE, 1953, Heft 2, S. 201.
709. Levin, M. G.: Полевые исследова-
ния Института этнографии в
1952 г. Feldforschungen des In-
stituts für Ethnographie im Jahre
1952. SE, 1953, Heft 2, S. 194—197.
710. Persic, А.: Обсуждение работы
журнала „Советская этнография“
в бюро отделения истории и фило-
софии АН СССР. Diskussion über
die Arbeit der Zeitschrift „Sovet-
skaja etnografija“ im Büro der Ab-
teilung Geschichte und Philosophie
an der Akademie der Wissenschaften
der UdSSR. SE, 1953, Heft 3,
S. 191—196.
711. Zdanko, T. А. : Работа Института
этнографии АН СССР в 1952 г. Die
Tätigkeit des Instituts für Ethno-
graphie an der Akademie der Wis-
senschaften der UdSSR im Jahre
1952. SE, 1953, Heft 2, S. 189—194.
b) Berichte über ethnographische Museen, Ausstellungen und Archive
in der UdSSR
1946
712. Belicer, V.: Этнографическая экс-
позиция в краеведческом музее
Коми АССР. Eine ethnographische
Ausstellung im landeskundlichen
Museum der Komi ASSR. SE, 1946,
Heft 4, S. 222.
713. Öacasvili, G. А.: Государственный
историко-этнографический музей
г. Тбилиси. Das staatliche historisch-
ethnographische Museum in Tbilissi.
SE, 1946, Heft 2, S. 215.
714. Kricheli, А.: Государственный
историко-этнографический музей
евреев Грузии. Das staatliche histo-
risch-ethnographische Museum der
Juden in Grusinien. SE, 1946, Heft 4,
S. 219—220.
715. Leviatov, V. I.: Музей истории
Азербайджана Академии Наук
Азербайджанской ССР. Das Mu-
seum für Geschichte in der Aser-
baidshanischen Akademie der Wis-
senschaften der Aserbaidshanischen
SSR. SE, 1946, Heft 4, S. 220—222.
7*6. Makalatija, S.: Горийский государ-
ственный историко-этнорафический
музей. Das historisch-ethnographi-
sche Museum in Gori. SE, 1946,
Heft 2, S. 214—215.
7l7- Tkeselasvili, G. I.: Кустарный му-
зей Грузинской ССР. Das Heim-
gewerbemuseum in der Grusinischen
SSR. SE, 1946, Heft 4, S. 216—219.
1947
718. Antropova, V.: Музей антрополо-
гии и этнографии в 1946 г. Das
Museum für Anthropologie und
Ethnographie im Jahre 1946. SE,
1947, Heft 1, S. 193—195.
719. Anufriev, D. D.: Собирательская
работа музея Мордовской АССР.
Die Sammeltätigkeit des Museums
der Mordwinischen ASSR. SE,
1947, Heft 1, S. 213.
i 720. Chramova, V.: Научная сессия
государственного музея этногра-
фии. Wissenschaftlicher Kongreß
des staatlichen Museums für Ethno-
graphie. SE, 1947, Heft 2, S. 221
—222.
j 721. Zelenin, D. К.: Обзор рукописных
материалов ученого архива Все-
союзного Географического об-
щества о народах Прибалтики.
Zusammenstellung des Hand-
schriftenmaterials des wissenschaft-
lichen Archivs der Geographischen
Gesellschaft der UdSSR über die
Völker des Baltikums. SE (Sammel-
band), VI—VII, Moskau-Lenin-
grad, 1947, S. 254—274.
1948
722. Belicer, V.: Этнография в краевед-
ческих музеях Молотовской обла-
сти. Die Ethnographie in den landes-
2t*
372
Wolfgang König Christa Kupfer
kundlichen Museen des Gebiets
Molotov. SE, 1948, Heft i, S. 225
—227.
723. Blomkvist, E., Lipsic, B., Sprin-
cin, N.: Экспозиционная работа
музея антропологии и этнографии
АН СССР. Die Ausstellungsarbeit
des Museums für Anthropologie und
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR. SE,
1948, Heft 4, S. 198—203, 3 Abb.
724. Fedorov, G.: Караимский исто-
рико-этнографический музей. Das
Karaimer historisch-ethnographi-
sche Museum. SE, 1948, Heft 1,
S. 228—229.
725. Kusner, P. I.: Государственный му-
зей народного быта Латвийской
ССР. Das Staatliche Museum für
die Lebensweise des Volkes in der
Lettischen SSR. SE, 1948, Heft 3,
S. 164—168.
726. Maslova, G.: Этнографическая ра-
бота в музеях Вильнюса. Die ethno-
graphische Arbeit in den Museen
von Wilna. SE, 1948, Heft 1, S. 227
— 228.
727. Mil'stejn, E.: Государственный му-
зей этнографии. Das Staatliche Mu-
seum für Ethnographie. SE, 1948,
Heft 1, S. 218—222.
728. Potapov, L. : Экспозиция по славян-
ским народам в Государственном
музее этнографии. Ausstellung über
die slawischen Völker im Staatlichen
Museum für Ethnographie. SE,
1948, Heft 2, S. 216—217.
1949
729. Beleva, M.: Выставка „Болгарские
народные ткани“ в народном этно-
графическом музее Софии. Aus-
stellung „Bulgarische Volksweberei“
im Museum für Volkskunde und
Ethnographie in Sofia. SE, 1949,
Heft 4, S. 200—201.
730. Galkina,P.: Сессия научно-исследо-
вательского института краевед-
ческой и музейной работы. Kon-
greß des wissenschaftlichen For-
schungsinstituts über die landes-
kundliche und Museumsarbeit. SE,
1949, Heft 2, S. 179—183.
731. Kisljakov, N.: Музей антрополо-
гии и этнографии АН СССР в 1948
году. Das Museum für Anthropolo-
gie und Ethnographie an der Aka-
demie der Wissenschaften im Jahre
1948. SE, 1949, Heft 2, S. 158—159*
732. Maslova, G.: Выставка „Польское
народное искусство и художествен-
ные ремесла“. Die Ausstellung
„Polnische Volkskunst und Kunst-
handwerk“. SE, 1949, Heft
S. 185—187.
733. Sobolevskij, N.: Всесоюзная вы-
ставка народных художественных
ремесел и художественной про-
мышленности. Allunionsausstellung
der volkstümlichen Kunstgewerbe
und der Kunstindustrie. SE, 1949>
Heft 2, S. 183—185.
734. Sobolevskij, N.: Выставка „Пуш-
кин в произведениях народных
мастеров РСФСР“. Ausstellung
„Puskin in den Werken russischer
Volkskünstler“. SE, 1949, Heft 4>
S. 196—199.
735. Takoeva, N.: Этнографические ма-
териалы в краеведческих музеях
Дагестанской и Северо-Осетин-
ской АССР. Ethnographisches Ma-
terial in den landeskundlichen Mu-
seen der Daghcstanischen und Nord-
ossetischen ASSR. SE, 1949, Heft i>
S. 194—198, 2 Abb.
1950
736. Bardymjan, D. S.: Колхозный му-
зей в Армении. Ein Kolchos-Mu-
seum in Armenien. SE, 1950, Heft 2,
S. 208—210.
737. Beikovic, A. S.: Подарки женских
демократических организаций за-
рубежных стран женщинам Со-
ветского Союза (Выставка в Музее
этнографии народов СССР). Ge-
schenke der demokratischen Frauen-
organisationen des Auslandes an die
Frauen der Sowjetunion (Ausstellung
im Museum für Ethnographie der
Völker der UdSSR). SE, 195°’
Heft 1, S. 197—202.
738. Kaloev, В.: Выставка осетинского
быта и культуры. Ausstellung über
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
373
Leben und Kultur der Osseten. SE,
1950, Heft 3, S. 196—199.
739. Kisljakov, N. А. : Музей антропо-
логии и этнографии СССР в 1949 г.
Museum für Anthropologie und
Ethnographie an der Akademie der
Wissenschaften der UdSSR im Jahre
1949. SE, 1950, Heft 2, S. 187—189.
740. Mil'stejn, E. А.: Государственный
музей этнографии народов СССР.
Das Staatliche Museum für Ethno-
graphie der Völker der UdSSR. SE,
1950, Heft 1, S. 195—197.
741. Semenov, L. P., und Kastuev, A.
G. : Музей краеведения Северной
Осетии 1897—1947- Das Museum
für Landeskunde Nordossetiens 1897
bis 1947. Staatsverlag der Nord-
ossetischen ASSR, 1947, 83 S. Re-
zension: SE, 1950, Heft 2, S. 239
—241.
742. Simonenko, I. F., und Kubeneva,
A. F. : Колхозный музей в Черно-
вицкой области УССР. Das Kol-
chosmuseum im Tschernowizer Ge-
biet der Ukrainischen SSR. SE,
1950, Heft 1, S. 202—207.
743. Sobolevskij, N.: О румынском
народном искусстве (По материа-
лам выставок). Über die rumänische
Volkskunst (Nach Ausstellungs-
material). SE, 1950, Heft 2, S. 211
—217.
744. Tipajnis, N. P.: Работа государ-
ственного музея народного быта
Латвийской ССР. Die Tätigkeit des
Staatlichen Museums für die Lebens-
weise des Volkes in der Lettischen
SSR. KSIE, 1950, Heft XII, S. 109
—112.
1951
745. Экспозиция государственного музея
этнографии народов СССР. Aus-
stellung des Staatlichen Museums
für Ethnographie der Völker der
UdSSR. SE, 1951, Heft 3, S. 169—
I73*
746. Дружба русского и эстонского на-
родов по данным этнографии и
истории. Die Freundschaft des
russischen und des estnischen Volkes
nach Angaben der Ethnographie und
Geschichte (Ausstellung im Volks-
museum der Estnischen SSR). SE,
1951, Heft 3, S. 174—178.
747. Potapov, L. P.: Основные вопросы
этнографической экспозиции в со-
ветских музеях. Die Hauptfragen
der ethnographischen Ausstellung
in sowjetischen Museen. SE, 1951,
Heft 2, S. 7—14.
1952
748. Maslova, G. S., und Faleeva, V. A.:
Выставка произведений народного
прикладного искусства и худо-
жественной промышленности
РСФСР. Ausstellung von Arbeiten
angewandter Volkskunst und des
Kunstgewerbes in der RSFSR. SE,
1952, Heft 2, S. 186—193, 5 Abb.
749. Mysin, А. I.: Этнографические ма-
териалы в мордовском республи-
канском краеведческом музее.
Ethnographisches Material im mord-
winischen landeskundlichen Re-
publikmuseum. SE, 1952, Heft 3,
S. 199—200.
750. Orlova, E.: Новая экспозиция в
государственном музее этногра-
фии народов СССР. Eine neue Aus-
stellung im Staatlichen Museum für
Ethnographie derVölker der UdSSR.
SE, 1952, Heft 4, S. 187—192,
4 Abb.
751. Tverdochlebov,A. M.: Этнографи-
ческая работа дагестанского крае-
ведческого музея за 25 лет. Die
ethnographische Arbeit des daghe-
stanischen landeskundlichen Mu-
seums in 25 Jahren. SE, 1952, Heft 4,
S. 192—195.
1953
752. Gegeäidze, M.: Этнографическая
выставка Грузии. Eine ethno-
graphische Ausstellung Grusiniens.
SE, 1953, Heft 2, S. 211—213.
374
Wolfgang König/ Christa Kupfer
c) Über die ethnographische Arbeit in Europa außerhalb der Sowjetunion
1946—1953
753. Gracianskaja, N.: Новые работы
чехословацкого этнографа О. На-
годила. Neue Arbeiten des tschecho-
slowakischen Ethnographen О. Na-
godil. SE, 1952, Heft 3, S. 241—244.
754. Dynovskij, V.: Научные работы по
этнографии и фольклору в Поль-
ше. Die wissenschaftlichen Arbeiten
auf dem Gebiet der Ethnographie
und Folkloristik in Polen. SE, 1948,
Heft 3, S. 168—173.
755. Kaloeva, I.: Этнографическая ра-
бота в демократической Болгарии.
Die ethnographische Arbeit im
demokratischen Bulgarien. SE, 1950,
Heft 2, S. 217—221.
756. Kaloeva, I.: Этнографическая ра-
бота в демократической Чехо-
словакии. Die ethnographische Ar-
beit in der demokratischen Tschecho-
slowakei. SE, 1951, Heft 1, S. 194
— *99-
757. Kaloeva, I.: Обзор журнала „ÖesKy
lid“ за 1951 г. Überblick über die
Arbeit der Zeitschrift ,,Cesky lid“
im Jahre 1951. SE, 1952, Heft 4,
S. 217—225.
758. Kaloeva, I.: Вторая общегосударств-
енная конференция этнографов Че-
хословакии. Die zweite staatliche
Konferenz der Ethnographen in der
Tschechoslowakei. SE, 1953, Heft I,
S. 190—191.
759. Kaloeva, I.: Первый конгресс поль-
ской науки и польская этногра-
фия. Der erste Kongreß der pol-
nischen Wissenschaft und die pol-
nische Ethnographie. SE, 1953*
Heft 4, S. 137—145.
760. Koev, I.: Задачи и достижения
института этнографии и музея при
Болгарской Академии Наук. Auf-
gaben und Erfolge des Instituts für
Ethnographie und des Museums bei
der Bulgarischen Akademie der
Wissenschaften. SE, 1953, Heft 3,
S. 200—201.
761. Kusner, P. I.: Какое изображение
мы видим на луне? Welche Dar-
stellung sehen wir im Mond? (Über
den Atlas der deutschen Volkskunde).
SE, 1953, Heft 3, S. 225—229.
762. Sarevskaja, В.: Этнография фран-
ции в период второй мировой
войны и в послевоенные годы. Die
Ethnographie Frankreichs in der
Zeit des zweiten Weltkrieges und
in den Nachkriegsjahren. SE, 1953’
Heft 3, S. 208—214.
VIII. Besondere Probleme der Ethnographie
a) Karten und Methoden der Kartographierung
763. Карта народов СССР. Karte der Völ-
ker der UdSSR. Rezension: SE,
1953, Heft 2, S. 235—237 (Bezkovic).
764. Kudrjasov, К. V.: Приемы изобра-
жения на этнографических картах
районов со смешанным националь-
ным составом. Darstellung von Ge-
bieten mit gemischter nationaler Zu-
sammensetzung auf ethnographi-
schen Karten. SE, 1947, Heft 2,
S. 195—198, 3 Abb.
765. Kusner, P. I.: Методы картографи-
рования национального состава
населения. Die Methoden der
Kartographierung der nationalen
Zusammensetzung der Bevölkerung.
SE, 1950, Heft 4, S. 24—48, mh
6 Kartenbeispielen.
766. Kusner, P. I.: Новая учебная этно-
графическая карта СССР. Eine
neue ethnographische Lehrkarte der
UdSSR.SE, 1951,Hefti,S. 181—182.
767. Rybakov, В. А.: Русские земли по
карте Идриси 1154 года. Die russi-
schen Länder nach der Karte Idrisis
aus dem Jahre 1154. KSIIMK, 1952’
Heft XLIII, S. 3—44.
768. Trisman, V.: О русской этнограф**'
ческой карте XVII века. Uber die
russische ethnographische Karte des
XVII. Jahrhunderts. KSIE, i950’
Heft X, S. 54—59.
375
Ethnographische Bibliographie der Sowjetunion
b) Ethnographie und schöne Literatur
769. Andreev-Krivic, S. А.: Пушкин и
Ногмов. Puskin und Nogmov. SE,
1948, Heft 3, S. 110—113.
770. Dalgat-Cavtaraeva, U. В.: Этно-
графические материалы в Кавказ-
ских повестях Л. Н. Толстого.
Ethnographisches Material in den
kaukasischen Erzählungen L. N.
Tolstois. SE, 195 3, Heft 4, S. 70—79.
771. Kerasev, T. M.: Дочь шапсугов.
Die Tochter der Schapsugen. Mai-
kop, 1951. Rezension: SE, 1933,
Heft 1, S. 209—210 (Z. Nikol'skaja
und L. Akaba).
772. Lichacev, D. S.: Русские летописи
и их культурно-историческое зна-
чение. Die russischen Chroniken
und ihre kulturhistorische Bedeu-
tung. Moskau-Leningrad, 1947.
773. Smirnova, J.: Этнографические
мотивы в произведениях абхаз-
ских писателей. Ethnographische
Motive in den Werken abchasischer
Schriftsteller. SE, 1951, Heft 1,
S. 203—208.
774. Sokolova, V. I.: Этнографические
и фольклорные материалы у Го-
голя. Ethnographisches und folklo-
ristisches Material bei Gogol (Zu
seinem 100. Todestag). SE, 1952,
Heft 2, S. 114—128.
Dr. Günther Jarosch
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
Die neue kulturelle Entwicklung des sorbischen Volkes, die durch die Zuerkennung der
vollen Gleichberechtigung — nicht nur der individuellen Gleichstellung, sondern auch
der kollektiven Gleichberechtigung — ermöglicht wurde, baut auf dem volkstümlichen
Kulturerbe auf. Damit steht die Volkskunde im Mittelpunkt der sorbischen Volksforschung-
Zentrum der wissenschaftlichen Bestrebungen ist hierbei das „Institut, für sorbische Volks-
forschung“ in Bautzen, das eine eigene Volkskundliche Sektion hat. Es wurde am i. Mai 195I
gegründet und mit Wirkung vom 1. August 1952 der Deutschen Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin angeschlossen. Dieses Institut gibt eine Jahresschrift (Letopis) in drei
Reihen heraus (Reihe A: Sprachwissenschaft und Literatur, Reihe B: Geschichte und Sozio-
logie, Reihe C: Volkskunde). Von der Reihe C erschien bisher Folge 1 im Jahre 1953.
Eine Hochschulvertretung haben die Sorben an der Universität Leipzig. Hier wurde zu
Beginn des Studienjahres 1951/52 ein Sorbisches Institut gegründet, das auch ein volks-
kundliches Seminar einschließt.
Die Behandlung volkskundlicher Fragen findet — vor und neben dem Letopis — breiten
Raum in der Zeitschrift „Rozhlad“ [Umschau], die seit 1950 das kulturelle Leben der Sorben
(und zwar des obersorbischen wie des niedersorbischen Sprachzweiges) verfolgt und es
durch kritische Beiträge fördert.
Vor der Gründung der Zeitschrift „Rozhlad“ stand den Sorben — auch für die Fragen
der Volkskunde — nur die Zeitung „Nowa doba“ [Die neue Zeit] zur Verfügung, die seit
Juli 1947 erscheint. Sie nahm sich — insbesondere in ihrer Beilage „Nowa Lufcica“ [Die
neue Lausitz] sowie in der Beilage in niedersorbischer Sprache „Nowy Casnik“ [Neue
Zeitung] bzw. „Dolnoserbski Casnik“ [Niedersorbische Zeitung] — auch dieses Fragen-
kreises liebevoll an und brachte in letzter Zeit außerdem in der Bildbeilage „Nowa doba we
obrazach“ [Die neue Zeit in Bildern] gute Bildbelege für Brauchtum und Volkskunst. Zum
Unterschied von vielen „volkskundlichen Betrachtungen“ in deutschen Tageszeitungen
handelt es sich hierbei fast nie um die auszugsweise Wiedergabe bereits gedruckt vorliegen-
den Materials; es kann vielmehr in den meisten Fällen als ursprüngliches Quellenmaterial
aus dem Volksmund oder aus eigenem Erleben des Berichterstatters gewertet werden.
Deshalb verdient es, in einer Bibliographie Aufnahme zu finden.
Seit 1949 erscheint der Volkskalender „Nowa doba — Protyka za serbski lud“ [Die neue
Zeit — Kalender für das sorbische Volk], ab 1952 nur „Protyka za serbski lud“ [Kalender
für das sorbische Volk] genannt. Er bringt — jedes Jahr in abgewandelter Form — Monats-
bilder zum sorbischen Brauchtum, Bauernregeln und kleinere volkskundliche Beiträge.
Bereits seit April 1948 wurde für die Lehrer an sorbischen Schulen die Zeitschrift
„Serbska sula“ [Die sorbische Schule] herausgegeben; zunächst waren es nur vervielfältigt
Exemplare, im Mai 1950 wurden sie von einseitig bedruckten Blättern abgelöst, und seit
1953 hat der Verlag Volk und Wissen (Berlin) diese pädagogische Zeitschrift, die sich öftef
mit Fragen der Volkskundeforschung befaßt, übernommen.
Für die sorbische Jugend wird seit April 1952 die Zeitschrift „Chorhoj mera“ [Bannet
des Friedens] herausgegeben, für die Kinder seit dem gleichen Zeitpunkt die Zeitschrift
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
377
»Plomjo“ [Flamme]. Beide Blätter bringen gelegentlich volkskundliche Beiträge und leiten
die Mädchen zur Anfertigung von Trachtenstücken sowie zur Pflege der Volkskunst an.
Auch die Sorbische Volkshochschule ist sich der Bedeutung der Volkskunde bewußt; sie
gibt eine für den inneren Dienstgebrauch an den Volkshochschulen bestimmte Reihe
«Sorbische Volkskunde“ heraus.
Das sorbische Volk hatte das große Glück, in Dr. Jakub Wjacseawk (= Jatzwauk)
einen unermüdlichen enzyklopädistischen Bibliographen für alle Bereiche seines kulturellen
Lebens zu finden. Seine „Sorbische (Wendische) Bibliographie“ erschien im Jahre 1952
— kurz nach dem Tode des Verfassers am 3. 9. 1951 — in zweiter, erweiterter und ver-
besserter Auflage. Gegenüber der ersten Auflage vom Jahre 1929 mit 4713 Titeln enthält
die neue Auflage 7580 Titel. Der Teil III „Volkskunde“ umfaßte in der ersten Auflage
731 Titel; in der zweiten Auflage wurde dieser Teil auf 866 Titel erweitert.
Von sorbischer Seite war bereits bei Erscheinen der ersten Auflage dieser Bibliographie
auf erhebliche Lücken hingewiesen worden (O. Wiöaz = Lehmann in der „Zeitschrift
für slavische Philologie“, Band X, 1930, Seite 515 bis 528). Da diese Mängel bei der zweiten
Auflage, trotz der Überarbeitung insbesondere des volkskundlichen Teils, nicht über-
wunden wurden, entschloß sich das Sorbische volkskundliche Seminar an der Universität
Leipzig, Ergänzungen zum volkskundlichen Teil dieser Bibliographie zu sammeln. Die
Ergebnisse dieser Arbeit wurden von PaulNEDO im „Letopis“, Reihe C, Nr. 1 (1953) auf
den Seiten 28 bis 66 veröffentlicht. Dieses ergänzende Verzeichnis bietet 610 Titel. Aller-
dings sind es nicht durchweg Neuaufnahmen, sondern zum Teil Neueingruppierungen von
Titeln, die Wjacslawk an schwer auffindbaren Stellen untergebracht hatte (zum Beispiel
Unter „Geistiges Leben“ u. ä.). Jeder Volkskundler wird diese Arbeit lebhaft begrüßen.
Allerdings wäre zu empfehlen, bei Werken, die sich nicht unmittelbar mit sorbischen Fragen
befassen (z. B. 60: Peuckert, Schlesische Volkskunde, oder 87: Schier, Hauslandschaften
und Kulturbewegungen im östlichen Mitteleuropa), anzuführen, auf welchen Seiten dieser
Bücher Fragen der sorbischen Volkskunde Behandlung finden. Außerdem wäre es doch
entgegen der von Nedo (S. 29) geäußerten Ansicht — erwünscht, den sorbischen Titeln
eine deutsche Übersetzung beizufügen, da ja schon vielfach das Wissen darum, welche Fra-
gen andere Forscher bewegen, die eigene Arbeit weiterführt, und weil erst dann für den des
Sorbischen Unkundigen die Möglichkeit gegeben ist, sich einen ihn besonders interessierenden
Artikel in vollem Wortlaut übersetzen zu lassen.
In der deutschen Zusammenfassung der von Paul Nedo geschriebenen Einleitung
(Lëtopis, Reihe C, Nr. 1, S. 132) heißt es: „Dabei bleibt aber die Aufgabe, eine systematische
Und möglichst vollständige sorbische volkskundliche Bibliographie vorzubereiten, weiter-
hin bestehen. Dies wird unter der Leitung der volkskundlichen Abteilung des Instituts für
sorbische Volksforschung in Bautzen eine gemeinsame Aufgabe aller derjenigen sein, die
an der volkskundlichen Arbeit in der Lausitz interessiert sind.“
Als ein Beitrag zu dieser, auf mehrere Jahre veranschlagten Arbeit mag die folgende Zu-
sammenstellung gelten, die sich auf die in der Zeit von 1945 bis Oktober 1954 erschienenen
tyerke, Artikel und Berichte zur sorbischen Volkskunde beschränkt, soweit sie mir bekannt-
geworden sind. Für diesen Zeitraum verzeichnet Wjacslawk — wenn man die nicht zur
sorbischen Volkskunde gehörenden Übersetzungen eines arabischen Märchens (Nr. 828),
eines Märchens von Hans Christian Andersen (Nr. 878) oder der literarischen Märchen des
tschechischen Dichters Karel Öapek (Nr. 769, 775) abrechnet — 33 Titel (die Nummern 635,
636, 636b, 637, 679, 693, 710, 767, 768, 770, 812, 897, 898, 937, 1001, 1002, 1003, 1005,
Io37, 1043, 1054, 1062, 1070, 1071, 1077, 1106, 1149, 1295, 1296, 1298a, 1321, 1382 und
1383). Nedo ergänzt 7 Titel (die Nummern 67, 132, 133, 315, 316, 419 und 559).
Bei meiner Zusammenstellung habe ich der üblichen volkskundlichen Systematik zwei
Weitere Gruppen hinzugefügt (XIV : Pflege und Weiterentwicklung des volkstümlichen
Erbes in der Laienkunstbewegung; XV: Verwendung von Elementen der Volksdichtung
Und der Volksmusik in der Individualkunst). Außer einer recht großzügigen Aufnahme von
Zeitungsartikeln, die bei Vorliegen größerer zusammenfassender Arbeiten wesentlich ein-
378
Günther Jarosch
geschränkt werden kann (für solche zusammenfassenden Arbeiten dürften sie allerdings als
Material willkommen sein), habe ich auch auf Bildmaterial verwiesen (z. B. in der Bild-
beilage der sorbischen Zeitung „Nowa doba“ — „Nowa doba we wobrazach“). Von den
Bildern des sorbischen Volksmalers Meröin Nowak-Njechornski habe ich jene, die als
Wiedergabe des Geschauten anmuten (Tracht, Hausbau, Volksmusikinstrumente, Brauch-
tum), unter den Sachgebieten angeführt, während die Bilder, zu denen seine Phantasie
durch das Wort angeregt wurde (Sagen, Märchen, Volkslied, Bauernregeln usw.), unter
XV erscheinen.
Gliederung
I. Allgemeine Arbeiten....................................................379
A. Bibliographie.........................................................379
B. Geschichte der sorbischen Volkskunde..................................380
C. Allgemeines zur sorbischen Volkskunde.................................380
D. Forscher und Forschung................................................381
a) Forscher............................................................381
b) Forschungsinstitute................................................381
c) Anleitung zu volkskundlicher Arbeit................................382
E. Arbeiten zur Volkskunde einzelner Landschaften........................382
F. Museen................................................................383
II. Siedlung, Bauten, Hausrat.................................................383
III. Wirtschaftsformen, Berufe und Volkskunst..................................384
A. Landwirtschaft........................................................384
B. Fischerei und Kahnbau.................................................384
C. Bienenzucht...........................................................384
D. Korbmacherei..........................................................384
E. Sonstige Berufe und Volkstechniken....................................385
F. Volkskunst............................................................385
a) Allgemeines.......................................................385
b) Verzierte Ostereier..............................................385
c) Flachsbearbeitung................................................386
d) Holzschnitzerei..................................................386
e) Anleitung zu volkskünstlerischer Betätigung......................386
IV. Volkstracht...............................................................386
V. Sitte und Brauch..........................................................387
A. Gesamtdarstellungen...................................................387
B. Brauchtum im Lebenslauf...............................................387
a) Geburt............................................................387
b) Hochzeit.........................................................387
c) Tod..............................................................388
C. Brauchtum im Jahreslauf...............................................388
a) Nikolaustag.......................................................388
b) Weihnachten......................................................388
c) Neujahr..........................................................388
d) Vogelhochzeit ...................................................388
e) Fastnacht .......................................................389
f) Ostern...........................................................390
g) Walpurgisnacht — 1. Mai..........................................39°
h) Himmelfahrtstag..................................................3?1
i) Pfingsten .......................................................391
j) Johanni..........................................................391
k) Erntezeit........................................................3 91
îi ~i i iiti wmi
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945 379
1) Kirmes ...........................................................392
m) Allerseelen......................................................392
n) Bild und Film .................................................. 392
D. Verschiedene Bräuche................................................392
VI. Volksglaube............................................................393
VII. Volksmedizin.............................................................393
VIII. Volkslied, Volksmusik, Volkstanz........................................393
A. Allgemeines.........................................................393
B. Volkssänger.........................................................393
C. Volksliedsammlungen ................................................394
D. Einzeluntersuchungen zu sorbischen Volksliedern.....................394
E. Volksmusik..........................................................394
F. Volkstanz...........................................................395
IX. Volkserzählung: Märchen, Sage, Legende, Schwank...........................396
X. Volksschauspiel, Puppenspiel............................................397
XI. Sprichwort.............................................................398
XII. Namen und Zeichen .......................................................398
A. Namen...............................................................398
B. Zeichen ............................................................399
XIII. Verschiedenes ........................................................399
XIV. Pflege und Weiterentwicklung des volkstümlichen Erbes in der Laienkunstbe-
wegung ........................................................................399
A. Allgemeines.........................................................399
B. Die I. Sorbische Kulturbrigade .....................................399
C. Aufbau der Laienkunstgruppen........................................400
D. Das Staatliche Sorbische Volkskunst-Ensemble........................400
E. Laienkunstschaffen auf dem Gebiete der Bildenden Kunst..............401
XV. Verwendung von Elementen der Volksdichtung und der Volksmusik in der Indi-
vidualkunst ..................................................................40 x
A. In der Literatur....................................................401
B. In der Bildenden Kunst .............................................4°2
C. In der Musik........................................................402
D. Im Film ............................................................402
I. Allgemeine Arbeiten
A. Bibliographie
x. Wjacslawk, Jakub = Jatzwauk,
Jacob: Serbska bibliografija = Sor-
bische (Wendische) Bibliographie
(= Berichte über die Verhandlungen
der Sächsischen Akademie der Wis-
senschaften zu Leipzig, Philologisch-
historische Klasse, Band 98, Heft3).
2. erweiterte und verbesserte Auf-
lage. Berlin 1952, XX, 500 S. [Ent-
hält 7580 Titel].
2. Nedo, Pawol: Dodawki do biblio-
grafije serbskeje ludowëdy. Nahro-
madzil kolektiw serbskeho ludowëd-
neho seminara Lipscanskeje
uniwersity, rjadowal Pawol Nedo
[Ergänzungen zur Bibliographie der
sorbischen Volkskunde. Gesammelt
vom Kollektiv des Sorbischen
volkskundlichen Seminars an der
Universität Leipzig, geordnet von
Pawol Nedo]. In: Lëtopis Instituta
za serbski ludospyt, Reihe C, Nr. 1,
Bautzen 1953, S. 28 bis 66 [610
Titel]. Deutsche Zusammenfassung
der Einleitung: S. 132.
380
Günther Jarosch
B. Geschichte der sorbischen Volkskunde
3. Nedo, Pawol: Prehlad stawiznow
serbskeje ludowedy [Überblick über
die Geschichte der sorbischen Volks-
kunde]. In: Letopis Instituta za
serbski ludospyt, Reihe C, Nr. 1,
Bautzen 1953, S. 3 bis 27. Deutsche
Zusammenfassung: S. 126 bis 132.
C. Allgemeines zur sorbischen Volkskunde
4. Zmeskal, Vladimir: Lufcice v obra-
zech. O zemi a zivote lufcick^ch
Srbü [Die Lausitz in Bildern. Vom
Land und vom Leben der Sorben]
(= Luiickosrbskdknihovnickac. 28).
Prag 3i945, 40 Abb. (Wj. Nr. 635).
5. Stieber: Stosunki etniczne Slaska i
Luzyc [Die ethnographischen Be-
ziehungen zwischen Schlesien und
der Lausitz]. In: Zaranie Slaskie
1/1945 (NedoNr. Ö7 = Wj.Nr. 1893).
6. David, Josef: Lufcicti Srbove [Die
Sorben] (= Luzickosrbska knihov-
nicka c. 31). Prag 21946, 38 S.
(Wj. Nr. 636).
7. Trautmann, Reinhold: Die Sorben.
In: Trautmann, Die slavischen Völ-
ker und Sprachen, Göttingen 1947,
S. 95 bis 103. (Wj. Nr. 636b).
8. Wjacslawk, Jakub: Serbske &iwjenje
we Luzicach w predstawizniskim
casu [Sorbisches Leben in der Lau-
sitz in vorgeschichtlicher Zeit].
I: Domy a sydlisca [Siedlung und
Haus], II: Domjaca nadoba, dom-
jaca priprawa [Hausrat und Haus-
gerät], III: Drasta a wozdebjenki
[Tracht und Schmuck], IV: Dobytk a
zefciwjenje [Nahrung und Nahrungs-
gewinn], V: Rjemeslo [Handwerk];
VI: Wikowarstwo a wobchod
[Handel und Verkehr], VII: Porod,
swöjba, pochowranje [Geburt, Hoch-
zeit, Begräbnis]. In: Serbska sula
II (1949), S. 30 bis 32, 53 bis 35, 76
bis 78.
9. Dobruckjl, Bozidar: Zur Kulturge-
schichte des sorbischen Volkes. In:
Kulturtreffen der Sorben, 8. bis
10. Juli 1950 in Bautzen [Festpro-
gramm], S. 13 bis 24 — mehrere Abb.
■ 10. H. H.: Die Sorben — ein Volk in
unserer Mitte. In: Funk und Schule
IV (1930), S. 324 bis 328. Abb.
(Wj. Nr. 637).
11. Nedo, Pawol: Nowa kultura jako
wuraz noweho fciwjenja. Rozpo-
minanje po Zjezdze Serbow [Die
neue Kultur als Ausdruck des neuen
Lebens. Gedanken nach dem Sor-
bischen Kulturtreffen, Bautzen 1930].
In: Rozhlad I (1930/51), S. 4
bis 10.
12. Jene, Rudolf: Kak dolho hiäo bydla
Serbja we Lufcicy? [Wie lange
wohnen die Sorben bereits in der
Lausitz?]. In: Rozhlad I (1950/51),
S. 56 bis 71 [Mit Literaturangaben].
13. Nedo, Paul: Die neue sorbische
Volkskultur auf der Grundlage der
alten Volkskunst. In: Mitteilungen
des Landesamtes für Volkskunde
und Denkmalspflege Sachsen,
Heft 1/2 1951. Rez.: Rozhlad I
(1950/51), S. 184 (Dr. Metsk).
14. Jarosch, Günther: Altes Volkstum
in neuem Aufblühen. Erstes Nieder-
sorbisches Kulturtreffen im Spree-
waldstädtchen Burg. In: Der Mor-
gen (Berlin) Nr. 151/1951 — 4.7.51,
Beiblatt.
15. Schneider, E.: Sorbische Volks-
kunde. Vorschläge für einen Grund-
plan für sorbische Volkskunde an
den Volkshochschulen des zwei-
sprachigen Gebietes der Lausitz.
Für den inneren Dienstgebrauch an
den Volkshochschulen im Manu-
skript gedruckt. 1. Lektion: Die
Sorben, die letzte slawische Natio-
nalität in der Deutschen Demo-
kratischen Republik. 2. Lektion:
Sorbische Ortsnamen in der Lausitz.
3. Lektion: Über sorbische Trach-
ten. 4. Lektion: Über sorbische
Familiennamen. 5. Lektion: Sor-
bische Sagen I.: Geschichtliche
Sagen. 6. Lektion: Natur- und
Geistersagen. Über die Einflüsse
des Christentums auf die Sagenwelt-
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
381
7. Lektion: Über Bienenzucht bei
den Sorben. Jede Lektion 1 Heft.
Bautzen 1952fr.
16. Schall, Hermann: Kultur und Sprache
des sorbischen Volkes [Behandelt: 1.
Geschichte und Herkunft der Sorben,
2. Die wichtigsten Merkmale der
sorbischen Sprache, 3. Kurze Dar-
stellung des sorbischen Schrift-
tums]. In: Russischunterricht
VII (1954), S. 195 bis 203.
D. Forscher und Forschung
a) Forscher
17. Meröink, J.: Narodny wumßlc Lud-
wik Kuba a Serbja [Der Volks-
künstler Ludvik Kuba und die
Sorben]. In: Nowa LuSica 4/1947,
S. 2 f., Beilage zu Nowa doba. (Nedo
Nr. 315 = Wj. Nr. 1910).
18. Nowak-Njechornski, Mer6in: Wulki
wumelc a wulki Slowjan. K 85.
narodninam Ludwika Kuby [Ein
großer Künstler und ein großer
Slave. Zum 85. Geburtstag Ludvik
Kubas]. In: Nowa Luzicall, 4 —
April 1948, S. 1, Beilage zu Nowa
doba II, 29 — 17. 4. 48.
19. Nowak-Njechornski, Mercin: Wulki
Slowjan a Serbow preöel. K
dzewjeödzesacinam Ludwika Kuby
[Ein großer Slave und ein Freund
der Sorben. Zum 90. Geburtstag
Ludvik Kubas]. In: Rozhlad
III (195 3), S. 73 bis 77. 2 Abb.
20. Wicaz, Pfawol]: Wulki Slowjan a
precel serbskeho luda. K 90. narod-
ninam Ludwika Kuby. [Ein großer
Slave und ein Freund des sorbischen
Volkes. Zum 90. Geburtstag Ludvik
Kubas]. In: Nowa doba VII, 45 —■
16. 4- 53-
21. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Boguslaw Markus, zberar serbskich
arijow [Boguslaw Markus, Sammler
sorbischer Lieder, 1815—1880]. In:
Nowy Casnik 4/1950, S. 27, Beilage
zu Nowa doba IV, 45 — 20. 4. 50.
(Nedo 316 = Wj. Nr. 6878).
22. Henkner,H.: Friedrich Sieber, hor-
njoluziski ludowednik [Friedrich
Sieber, ein Volkskundler der Ober-
lausitz]. In: Nowa doba VII, 97 —
15.8. 53, S. 7.
23. Wicaz, P[awol]: Wedomostny slSdzer
a zakitowar Serbow w Slepjanskej
holi. K 90. posmjertnym narodni-
nam Mateja Handrika [Ein wissen-
schaftlicher Erforscher und ein Be-
schützer der Sorben in der Heide von
Schleife. Zur 90. Wiederkehr des
Geburtstages von Matej Handrik,
1864—1946]. In: Nowa doba
VIII, 41 — 8. 4- 54, S. 4.
b) Forschungsinstitute
24. Nowotny, Pawol: Wuznam a nadaw-
ki Instituta za serbski ludospyt
[Bedeutung und Aufgaben des In-
stituts für sorbische Volksfor-
schung]. In: Nowa doba V, 106 —
13. 9. 51, S. 3 bis 4. Hiervon deut-
sche Übersetzung in: Nowa doba,
Deutschsprachige Beilage 8/1951 —
August 1951, S. 1.
25. Mlynk, Jurij: Serbski institut Lip-
scanskeje uniwersity [Das Sorbische
Institut der Universität Leipzig; mit
Angabe der Forschungsvorhaben
auf dem Gebiet der sorbischen
Volkskunde]. In: Rozhlad II (1952),
S. 29 bis 30.
26. Nawka, Blafcij / Nowak, Mör6in:
Preni seminar serbskich ludowöd-
nikow [Das erste Seminar sorbischer
Volkskundler, unter Leitung von
Pawol Nedo am 29. 12. 52]. In:
Rozhlad III (1953), S. 44 bis 45.
27. Me., J.: Dzelo a wuspechi Instituta za
serbski ludospyt [Arbeit und Er-
folge des Instituts für sorbische
Volksforschung, mit Bericht über
die volkskundliche Forschungs-
arbeit, erstattet durch Pawol Nedo].
In: Nowa doba VII, 67 — 6. 6. 53,
S. 6.
28. —: Letopis Instituta za serbski ludo-
spyt. RjadC: ludoweda. [Jahresschrift
des Instituts für sorbische Volks-
forschung, Reihe C: Volkskunde].
Redaktion: Pawol Nowotny. Nr. 1 —
382
Günther Jarosch
Bautzen 1953, 148 S. — Abb., Taf.
[Die einzelnen Beiträge werden
unter den Sachgebieten aufgeführt].
29. Nowotny, Pawol: Serbja na Barlin-
skej konferency ludowëdnikow [Die
Sorben bei der Berliner Tagung für
Volkskunde im September 1953,
mit ausführlicher Wiedergabe des
Berichts von Pawol Nowotny über
die Arbeit der Volkskundlichen
Sektion des Instituts für sorbische
Volksforschung in Bautzen]. In:
Rozhlad III (1953), S. 235 bis 237.
30. Nawka, Blaiij (?): Wuradzowanja
ludowëdneje sekcije pri Instituée za
serbski ludospyt [Beratungen der
Volkskundlichen Sektion am Institut
für sorbische Volksforschung in
Bautzen am 7. 11. 53; Planung und
Arbeitsberichte]. In: Rozhlad
IV (1954), S. 23 bis 24.
31. Nawka, Blafcij: Konferenca ludowëd-
nikow z Hornjeje a Delnjeje
Lu£icy 28. a 29. hodownika 1953 w
Budysinje [Konferenz der Volks-
kundler aus der Ober- und der
Niederlausitz am 28. und 29. Dezem-
ber 1953 in Bautzen; mit Inhaltsan-
gabe des von Pawol Nedo gehalte-
nen Referats über die volkskundliche
Arbeit in der Lausitz und ihre weite-
ren Aufgaben]. In: Rozhlad
IV (1954), S. 24 bis 26.
c) Anleitung zu volkskundlicher
Arbeit
32. Mëskank, Jan: Kurs serbskeho ludo-
weho wumelstwa w Budysinje
[Kurzlehrgang für sorbische Volks-
kunst in Bautzen, Juli 1953, mit
Vorträgen über Volksmusik, Volks-
tanz, Volksornamentik, Tracht und
Brauchtum]. In: Rozhlad III (1953),
S. 188 bis 189.
E. Zur Volkskunde einze’
36. Nawka, Blazij: Serbja MuXakowskeje
hole [Die Sorben in der Muskauer
Heide]. In: Nowa doba I (1947),
33, S. 3 — Abb. (Wj. Nr. 693).
37. Kôncak, W.: Wsake wo nasych
dolnoserbskich wsach [Allerlei über
33. -o w-: Kublanje wo serbskim ludowym
wumelstwje w Delnjej Luzicy [Be-
lehrung über sorbische Volkskunst
in der Niederlausitz; u. a. Referate
über sorbische Volkstänze, Volks-
musik, Volkslieder, Sitte und
Brauch]. In: Rozhlad III (1953)»
S. 261 bis 262.
34. Krawc, Erich: Sledzerske nadawki
za prözdninske lehwa [Forschungs-
aufgaben für Ferienlager: Siedlung,
Haus, Arbeit und Gerät, Tracht,
Sprache, Volksglaube, Sitte und
Brauch, Gesang und Tanz]. In:
Serbska sula VI (1953), S. 249 bis
251.
35. Nedo, P[awol]/Nawka, B[lazij]:
Prirucka za serbskich ludowedni-
kow. I: Zawod a plan sledzerskeho
dzela [Handbuch für sorbische Volks-
kundler. I: Einführung und Plan
für die Forschungsarbeit]. Bautzen
1954 — 40 S. Rez.: Nowa doba
VIII, 88 — 27. 7. 54, S. 3.
[Enthält die bereits in der Zeitschrift
Serbska äula 1954, S. 82 bis 84 und
100 bis 105 veröffentlichten Auf-
sätze:]
Nedo, Pawol: Wuznam a principije
ludowedneho dzela [Bedeutung und
Prinzipien der Volkskundearbeit]
S. 7 bis 13.
Musiat, Zygmunt: Dotalny staw
serbskejeludowedy a cefcisca noweho
dzela [Der derzeitige Stand der
sorbischen Volkskunde und die
Schwerpunkte der neuen Arbeit]
S. 14 bis 18.
Weinhold, Rudolf: Plan za zbera-
celske ludowedne dzelo we Luzicy
[Plan für die volkskundliche Sam-
melarbeit in der Lausitz] S. 19—32.
Michalk, Frido: Pokiwy za prak-
tiske dzelo [Winke für die praktische
Arbeit] S. 33 bis 40.
: sorbischer Landschaften
unsere niedersorbischen Dörfer]. In:
Dolnoserbski Casnik Nr. 2/1947*
Beilage zu Nowa doba I (1947), 34-
(Wj. Nr. 767).
38. N[owak]-N[jechornski], M[6r6in]-
,,Spreewälder“ oder Niederlausitzer
383
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
Sorben? In: Nowa doba, Deutsch-
sprachige Beilage Nr. 7/1949,
S. 53/54, Beilage zu Nowa doba
III, 77 — 7. 7. 49. (Wj. Nr. 679).
39- Nowak-Njechornski, Mercin:
Slepjenjo su swojorazni [Die Ein-
wohner von Schleife haben ihre
Besonderheiten]. In: Nowa doba
III, 138— x. 12.49,S. 3. (Wj.Nr. 898).
4o. Heno: Mulkecy — cicha holanska
wjeska [Mulkwitz, ein stilles Heide-
dorf; Brauchtum, Sage, Tracht
usw.]. In: Nowa doba VII, 144 —
3. 12. 53, S. 3.
41. Rinka, Erich: Mein Spreewaldbuch.
Dresden 1954 — 45 S. Text, mehrere
Abb. im Textteil, 136 S. Bildteil.
Rez.: Rozhlad IV (1954), S. 309 bis
310 (M. N.-N.); Chorhoj mera
III (1954), H. 20,S. 18 bis 20 (Jurij
Mlynk).
F. Museen
42. K.: Serbstwo na Drjeidzanskej hodow-
nej wustajency [Sorbisches auf dem
Dresdner Weihnachtsmarkt]. In:
Nowa doba VI, 4 — 10. 1. 52,
S.3.
43. Meskank, Jan: Serbstwo weluiiskich
muzejach [Sorbisches in den Museen
der Lausitz]. In: Nowa doba
VIII, 77 — 1. 7. 54, S. 3; VIII, 78 —
3. 7. 54, S. 5; VIII, 79 — 6. 7. 54,
S. 3.
44. Mlynk, Jurij: Hdy zmejemy centralny
muzej za stawizny a kulturu serb-
skeho luda? [Wann werden wir ein
Zentralmuseum für Geschichte und
Kultur des sorbischen Volkes ha-
ben?] In: Nowa doba VIII, 121 —
12. 10. 54, S. 3.
II. Siedlung, Bauten, Hausrat
45. Nowak-Njechornski, Mercin: Stara
kölnja = Alter Schuppen [Fe-
derzeichnung]. In: BoEidar Do-
bruck<7, Wumelc serbskeho luda
Mercin Nowak-Njechornski = Der
sorbische Volksmaler Martin Neu-
mann-Nechern, Bautzen 1950, S. 82.
46. —: Kak Serbja w zastarsku bydlachu
[Wie die Sorben in früherer Zeit
wohnten]. In: Plomjo I (1952),
H. 12, S. 15 bis 16 — 1 Abb. Das-
selbe in Plomjo II (1953), H. 19,
S. 17 bis 19 — 1 Abb.
47- —: [a) Anlage eines sorbischen Dorfes
b) Sorbisches Gehöft].
In: Haupt / Smoler (Schmaler),
Volkslieder der Sorben in der Ober-
und Niederlausitz. Anastatischer
Neudruck Berlin 1953, Band II,
Anhang.
48. Duc man, E.: Kladzita chefca w
Bezdowach [Ein Blockhaus in
Klein-Partwitzj. In: Letopis Insti-
tuta za serbski ludospyt, Reihe C,
Nr. x, Bautzen 1953, S. 110 bis 120.
[Mit terminologischem Wörterbuch,
3 Skizzen im Text und 25 Abbil-
dungen auf Tafeln]. Deutsche Zu-
sammenfassung: S. 138 bis 141.
Verzeichnis der Abbildungen:
S. 147 bis 148.
49. —: Do wsy hlada drjewjana stara
serbska cyrkwicka [Ins Dorf blickt
die alte sorbische Holzkirche]. In:
Protyka za serbski lud [Kalender
für das sorbische Volk] 1954,
S. 82, 1 Abb.
50. —: [Geburtshaus Handrij Zejlers (1804
bis 1872) in Salzenforst, Abb.] In:
Chorhoj mera I (1952), Nr. 12,
4. Umschlagseite, und in: Plomjo
III (1954), H. 2, 4. Umschlagseite.
51. Krawc, Erich: Wo formach wsow
[Dorfformen]. In: Krawc, Wo
luäiskich wjesnych a leiownostnych
mjenach, Bautzen 1954, S. 4 bis 9 —
mehrere Skizzen.
52. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Debjenja na swislach [Giebel-
schmuck]. In: Plomjo III (i954)>
H. 15, S. 4 — 6 Abb.
53. Fiedler, A.: Burski statok a jeho
presledzenje [Der Bauernhof und
seine Erforschung]. In: Serbska
§ula VII (1954), S. 498 bis 502 —
mehrere Skizzen und Abb.
384
GÜNTHER JAROSCH
III. Wirtschaftsformen, Berufe und Volkskunst
A. Landwirtschaft
54. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Staroslowjanske rolnistwo. „Pohi-
bliwe“ ratarstwo. Priciny preca-
howanja slowjanskich splahow a
jeho zastaöa [Altslavischer Acker-
bau. Nomadisierende Bauern. Ur-
sachen für die Wanderungen der
slavischen Stämme und ihre Seß-
haftwerdung]. In: Nowa doba
II, 15 — 25. 2. 48, S. 3.
55. N[owak]-N[jechornski], Mfercin]: 2ne
pola Slowjanow [Die Ernte bei den
Slaven. Erläuterung der Geräte, der
Bauten usw.].
In: Nowa doba
II, 62— 29. 7. 48, S. 3 bis 4
II, 65 — 5.8. 48, S. 3
II, 66— 7. 8. 48, S. 3
(Wj. Nr. 1071).
56. *** [Meröin Nowak-Njechornski]'-
Radio a pluh pola starych Slowja-
now [Hakenpflug und Scharpflug
bei den alten Slaven]. In: Nowa
Lu&ica III, 9 — September 1949»
S. 1, Beilage zu Nowa doba
III, 104— 8. 9. 49. (Wj. Nr. 1321)-
57. Br., J.: Serbski ratar [Der sorbische
Bauer]. In Nowa doba III, 112 —
27. 9. 49, S. 3. (Wj. Nr. 897).
B. Fischerei und Kahnbau
58. W[icaz], 0[ta]: Karp a karas [Karpfen
und Karausche; der Fang, Kirmes-
essen]. In: Nowa doba IV, 66 —
10. 6. 50, S. 3.
59. Nowak-Njechornski, MSrcin: „Wul-
ki belac“ so wuloja. Rybjace
zne w Rakecanskich hatach [Der
„große Weißfisch“ wird gefangen.
Fischzug in den Teichen von Königs-
wartha]. In: Nowa doba IV, 134 —
18. 11. 50, S. 3, 2 Abb.
60. Nowak-Njechornski, Mer6in: ^
Rakecanskej hatarskej suli [In der
Schule für Teichwirtschaft in Ko-
nigswartha]. In: Nowa doba, Proty-
ka za serbski lud 1951,8. 57 bis 59—'
3 Abb.
61. N[owak]-N[jechornski], [Meröinf
Blötowske colmarstwo [Kahnbaü
im Spreewald]. In: Nowa doba
v, 74 — 3°- 6. 51, S. 7.
C. Bienenzucht
62. Wiöaz, 0[ta]: K stawiznam serbskeho
pcolarstwa. In: Nowa Luzica
Nr. 4/1947, Beilage zu Nowa doba.
(Nedo Nr. 132).
63. Wi6az, Oftaj: Recepty a kuzladla za
pcolarjow z 18. letstotka [Rezepte
und Zaubermittel für Imker aus dem
18. Jahrhundert]. In: Nowa Luzica
Nr. 3/1950 — März 1950, S. 2,
Beilage zu Nowa doba IV, 28 —
7. 3. 50. (Nedo Nr. 133).
64. Sibud: Drustwa serbskich pcolarjow
w zaslych letstotkach [Sorbische
Zeidler-Genossenschaften in frü-
heren Jahrhunderten]. In: Nowa
doba VII, 35 — 21. 3. 53, S. 3.
65. —: Lesne pcolnistwo — powolanje
nasich prjedownikow [Die Wald-
bienenzucht — ein Beruf unserer
Vorfahren], In: Nowa doba
VII, 117— 1. 10. 53, S. 5.
66. Nedo, Pawol: „Lesne pcolnistwo (
[Waldbienenzucht; Erwiderung an
65; enthält auch Literaturangabenf
In: Nowa doba VII, 122 ""
14. 10. 53, S. 3.
D. Korbmacherei
67. Jenka, P.: Mrejace rjemjeslo w serb- Korbmacherei]. In: Nowa doba
skej holi [Ein aussterbendes Hand- II, 51 — 3. 7. 48, S. 3.
werk in der sorbischen Heide — die
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
385
68. —: Kobjelki — a hdze so dzelaju? zach Nr. 5/1954, Beilage zu Nowa
[Körbe — und wo werden sie ge- doba VIII,— 13. 3. 54— 7 Abb.
flochten?] In: Nowa doba we wobra-
E. Sonstige Berufe und Volkstechniken
69. W[icaz], 0[ta]: Zwonolijernja w
Malym Wjelkowje [Eine Glocken-
gießerei in Kleinwelka]. In: Nowa
Lufcica III, 5 — Mai 1950, S. 1 bis 2,
Beilage zu Nowa doba.
70. Seca, B[ozidar]: Zarecanski wetrnik
so zaso wuporjedza [Die Wind-
mühle von Saritsch wird wieder in-
stand gesetzt; berichtet gleichzeitig
über andere, in der Lausitz noch
vorhandene Windmühlen]. In:
Nowa doba VII, 151 — 19. 12. 53,
S. 7.
71. Krawc, Erich: Krupniki we Woje-
rowskich stronach [Graupenmühlen
in der Gegend von Hoyerswerda].
In: Protyka za serbski lud 1952,
S. 71 bis 72 — 2 Abb.
72. Krawc, E[rich]: Wo luiiskich hamo-
rach [Von Lausitzer Eisenhämmern].
In: Protyka za serbski lud [Kalender
für das sorbische Volk] 1954, S. 62
bis 65, 3 Abb.
73. —: [Flachsbearbeitung, Spinnen und
Weben; Bilder]. In: Nowa doba we
wobrazach Nr. 1/1954, S. 2 bis 3,
Beilage zu Nowa doba v. 23. 1. 54.
74. —: [Bilder zur Töpferei]. In: Nowa
doba we wobrazach Nr. 3/1954,
S. 1 bis 2, Beilage zu Nowa doba
v. 15. 2. 54.
, F. Volkskunst
a) Allgemeines
75. Nedo, Paul: Neue sorbische Volks-
kunst. In: Deutsche Volkskunst,
Katalog der gleichnamigen Aus-
stellung, herausgegeben von der
Staatlichen Kommission für Kunst-
angelegenheiten, Berlin 1952, S. 14
bis 18. Sorbische Übersetzung:
Nowe serbske ludowe wumelstwo.
In: Rozhlad II (1952), S. m bis 115.
76. Nowak-Njechornski, Meröin: Serbst-
wo na wustajency nemskeho ludowe-
ho wumelstwa [Sorbisches in der Aus-
stellung „Deutsche Volkskunst“;
kritische Stellungnahme, vermerkt
auch, was noch hätte gezeigt werden
müssen]. In: Rozhlad II (1952),
S. 116 bis 117.
b) Verzierte Ostereier
77. Nowak-Njechornski, Mercin: 2iwe
serbske ludowe wumelstwo [Eine
lebendige sorbische Volkskunst: das
Bemalen und Verzieren der Oster-
eier]. In: Rozhlad II (1952), S. 55 bis
58. Hierzu Bildbeilage vor S. 49.
78. N., H.: Kowalikec wuj jejka moluje
[Onkel K. bemalt Eier]. In: Plomjo
I (1952), Nr. 1, S. 3.
25 Volkskunde
79. Krawc, Erich: Molowanje jejkow —
serbski jutrowny nalofck [Das Be-
malen der Eier — ein sorbischer
Osterbrauch]. In: Chorhoj mera
II (i953)> H. 5, S. 17 bis 19 —
II Abb.
80. N[owak]-N[jechornski], Mfercin]:
Jutrowne jejka [Ostereier]. In:
Plomjo III (1954), H. 7, S. 3 —
2 Abb.
81. Nowak-Neumann, Martin: Sorbische
Ostereier. In: Natur und Heimat
III (1954), S. 105 bis 106 — 2 Abb.
82. Nowak-Njechornski, Mercin: Roz-
röst serbskeho ludoweho wumelstwa
[Die sorbische Volkskunst findet
immer weitere Verbreitung, be-
trifft den Wettbewerb um die schön-
sten bemalten Ostereier. Neben-
stehend Ergebnis des Preisaus-
schreibens]. In: Nowa doba
VIII, 51 — 1. 5. 54, S. 4 — 1 Abb.
83. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Wuspech wupisanja mytow za
pisane jejka [Erfolg des Preis-
ausschreibens um die schönsten be-
malten Ostereier]. In: Rozhlad
IV (1954), S. 152.
386
Günther Jarosch
c) Flachsbearbeitung
84. Krawc, Erich: Sy pradla nitku cen-
kusku [Du hast einen feinen Faden
gesponnen. Behandelt Flachs-
bearbeitung, Spinnen und Weben],
In: Chorhoj mera II (1953), H. 14,
S. 16 bis 18 — 4 Abb.
d) Holzschnitzerei
85. -n-: Serbski drjeworezbar w Delnjej
Lufcicy [Ein sorbischer Holzschnitzer
in der Niederlausitz — der 72jährige
Bauer Fryco Gomola in Guhrow].
In: Nowa doba VIII, 84 — 17. 7. 54,
s.3.
e) Anleitung zu volkskünstlerischer
Betätigung
86. Helga: Za nase holica [Für unsere
Mädchen — Anleitung zur Beherr-
schung der verschiedenen Stick-
techniken und zur Selbstanfertigung
von Trachtenstücken]. In: Chorhoj
möra II (1953), H. 3, S. 23 bis 24;
H. 6, S. 12 bis 14; H. 7, S. 16 bis 17;
IV. Vo
89. MSskankowa, Hanfca: Wo serbskich
pjezlach [Sorbische Frauenjacken].
In: Nowa doba 1(1947), 39, S. 2.
(Wj. Nr. 1382).
90. Iiancka,G.: Narodne drasty — na-
rodne kubla [Volkstracht — Volks-
gut]. In: Nowa doba II (1948), 36.
(Wj. Nr. 1383).
91. Kaspor,G.: Serbska capka z kwe-
öelom [Die sorbische Mütze mit dem
Blumenstrauß] In: Hlos mlodziny
[Die Stimme der Jugend] III, 9 —
Sept. 1949, S. 2 bis 3, Beilage zu
Nowa doba III, 107 — 15.9. 49.
92. Kuba, Ludvik: Zmysl serbskeje drasty
[Der Sinn der sorbischen Tracht]. In:
Serbska sula II (1949), S. 141 bis 144.
93. Nowak-Njechornski, Mer6in: Holanej
w swedzenskej drasce = Heidesorben
in Festtracht [Holzschnitt]. In:
Boiidar Dobruckjr, Wumelc serb-
skeho luda Mer6in Nowak-Nje-
chornski = Der sorbische Volks-
maler Martin Neumann-Nechern,
Bautzen 1950, S. 15.
H. 8, S. 20 bis 22; H. 9, S. 12 bis
13; H. 10, S. 14 bis 13; H. ii/iz,
S. 16 bis 17; H. 15/16, S. 24 bis 25;
H. 18, S. 12 bis 14; H. 19, S. 14 bis
15; H. 20, S. 12 bis 14; H. 22, S. 13
bis 14; H. 23/24, S. 18 bis 20;
III (1934), H. 1, S. 10 bis 11; H. 2,
S. 13 bis 14; H. 3, S. 10 bis 11; H. 7,
S. 10 bis 11; H. 8, S. 17 bis 18 —
jeweils mehrere Abb.
87. Marka: Lube holica! [Liebe Mäd-
chen ! — Anleitung zur Beherr-
schung verschiedener Sticktechniken
und zum Basteln]. In: Plomjo
HI (1954), H. 3, S. 4; H. 5, S. 5;
H. 8, S. 6; H. 10, S. 8; H. 19, S. 4
bis 5 — jeweils mehrere Abb.
88. Marka: Sijemy sej kostumy za rejku
„Ptaci kwas“ a za pöstnicy [Wir
nähen uns Kostüme zum Tanz
„Vogelhochzeit“ und zur Fastnacht
— I: Hawron a sroka — Rabe und
Elster, II: Wrobl a baöon — Sper-
ling und Storch]. In: Plomjo
III (1954), H. 1, S. 7 bis 8 — 2 Abb.
94. —: [Trachtenbilder]. Holcka ze Slep-
janskich stron [Mädchen aus der
Gegend von Schleife] neben S. 60;
Katolska holcka w swedzenskej
drasöe [Katholisches Mädchen io
Festtracht] vor S. 144; Serbska
holcka z Wojerowskich stron [Sor-
bisches Mädchen aus der Gegend
von Hoyerswerda] vor S. 200. In:
Serbska sula III (1930).
95. Nowak-Njechornski, Meröin: Narod-
na drasta abo keklerske prehoto-
wanje? [Volkstracht oder Komö-
diantenkleidung?] In: Nowa doba
V, 40— 7- 4- 5L s- 3-
96. Krawc, Erich: Prinosk k studijam
Wojerowskeje drasty [Beitrag zum
Studium der Tracht von Hoyers-
werda]. In: Letopis Instituta za
serbski ludospyt, Reihe C, Nr. U
Bautzen 1953, S. 67 bis 109. [hllt:
terminologischem Wörterbuch,
8 Abbildungen und Skizzen im Text
sowie 78 Abbildungen auf Tafel*1 >
Literaturangaben S. 109]. Deutsche
’Шкмтвят-
wm
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945 387
Zusammenfassung: S. 132 bis 138.
Verzeichnis der Abbildungen: S. 142
bis 146.
97- —: [Sorbische Volkstrachten, 3 Blät-
ter]. In: Haupt/Smoler (Schmaler),
Volkslieder der Sorben in der Ober-
und Niederlausitz, Anastatischer
Neudruck 1953, Band II, Anhang.
98. Nowak, Merlin: Kapicki Budyskich
Serbowkow [Die Hauben der Bautz-
ner Sorbinnen]. In: Plomjo II (1953),
H. 17, S. 10 bis 11 — 4 Abb.
99. Nowak-Njechornski, Meröin: Kajka
je byla serbska drasta nasich pra-
prawowkow [Wie war die Tracht
unserer Ururgroßmütter]. In: Plomjo
II (1953), H. 19, S. 10 bis 11 —
2 Abb.
100. N0 wak-Njechornski, Mßr6in: Serbska
capka [Die sorbische Mütze]. In:
Plomjo III (1954), H. 3, S. 5 —
1 Abb.
101. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Wo delnjoluiiskich „lapach“ [Die
verschiedenen Formen des nieder-
sorbischen Kopftuchs]. In: Plomjo
III (1954), H. 19, S. 6 bis 7— 1 Abb.
102. Nedo, Paul: Sorbische Volkstrachten
(=i Schriftenreihe über die Sorben,
Heft 5). Bautzen 1954 — 47 S.,
13 Abb. [I: Begriff und Wesen der
Volkstracht. II: Die heutigen Trach-
ten. III: Zur Entwicklung der sorbi-
schen Trachten. IV: Tracht im
Leben der Gruppe]. Rez.: Nowa
doba VIII, 79 — 6. 7- 54-
V. Sitte und Brauch
A. Gesamtdarstellungen
103. Schneeweis, Edmund: Feste und
Volksbräuche der Sorben. Ver-
gleichend dargestellt. 2. [über-
arbeitete] Auflage des 1931 er-
schienenen Werkes (vgl. Wj. 919).
Berlin 1953. VIII, 186S., i6Abb.
auf 10 Tafeln. Mit Literaturver-
zeichnis und Sachregister (= Deut-
sche Akademie der Wissenschaften
zu Berlin, Veröffentlichungen des
Instituts für Slawistik, Nr. 3). Rez.:
Nowa doba VII, 125 — 20. 10. 53.
Rozhlad IV (1954), S. 29 bis 30
(P. Nedo).
104. Smoler, Jan Ernst: Lebensart, Sitten
und Gebräuche der Wenden. In:
Haupt/Smoler (Schmaler), Volks-
lieder der Sorben in der Ober- und
B. Brauchtum
a) Geburt
Io7- Mëto: Wulke kréizna w Budysinku
w lëée 1781 [Große Kindtaufe in
Kleinbautzen im Jahre 1781]. In:
Nowa Luiica Nr. 5/1947, Beilage zu
Nowa doba I (1947). (Wj. Nr. 1077).
IQ8. — : Stare wasnja pied kréiznami, na
kréiznach a pozdziso [Alte Bräuche
vor, bei und nach der Taufe]. In:
Niederlausitz, Anastatischer Neu-
druck, Berlin 1953, Band II, S. 207
bis 253.
105. *** [Mör6in Nowak-Njechornski]:
Leto serbskich nalofckow [Das sor-
bische Brauchtumsjahr — Zu den
Monatsbildern von M8r6in Nowak-
Njechornski, S. 3 bis 25]. In: Protyka
za serbski lud 1953, S. 35 bis 36.
106. *** [MSröin Nowak-Njechornski]:
Wo serbskich nalo&kach [Vom sor-
bischen Brauchtum; verzeichnet die
noch im Volke lebendigen Bräuche
mit Angabe der Kreise, in denen sie
geübt werden]. In: Protyka za
serbski lud [Kalender für das sor-
bische Volk] 1954» S. 26 bis 27.
im Lebenslauf
Nowa doba VII, 126 — 22. 10. 53,
S. 4.
b) Hochzeit
109. Fencl, Florian: Svatba v Luzici [Die
Hochzeit in der Lausitz]. Prag 1947.
47 S., Abb. (Wj. Nr. 1106).
110. Suchi,Jan: We wsy je kwas [Im
Dorf ist Hochzeit]. In: Plomjo
I (1952), H. 11, S. 9 — 2 Abb.
388
Günther Jarosch
111. —: Wojerowski kwas [Hochzeit in
Hoyerswerda; Bilder]. In: Nowa
doba we wobrazach Nr. 2/1954,
S. 1 bis 3, 11 Abb. Beilage zu Nowa
doba v. 30. 1. 54.
112. Ha jna-Chros6anski, Feliks: Chrö-
scanski braska 75 let [Jan Rjenc, der
Hochzeitsvater von Chrosta,
75 Jahre]. In: Nowa doba VIII, m
— 18. 9. 54, S. 5 — 1 Abb.
113. Nowak-Njechornski, Mercin: [Bilder
zum Brauchtum im Lebenslauf:]
a) Staroserbski braska — Altsor-
bischer Hochzeitsbitter S. 37;
b) Delnjoserbski pobrats — Nieder-
C. Brauchtum
a) Nikolaustag
115. —: Wo swjedzenju swj. Miklawsa a wo
jeho wuznamje [Der Nikolaustag
und seine Bedeutung]. In: Nowa
doba III, 139 — 3. 12. 49, S. 3.
b) Weihnachten
116. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Nasa pyramida [Unsere Weihnachts-
pyramide]. In: Nowa doba II, 124 —
23. 12. 48, S. 7.
117. Wieaz, Ota: Hody w Chwacanskej
suli [Weihnachten in der Schule von
Quatitz]. In: Nowa doba II, 124 —
23. 12. 48. (Wj. Nr. 937).
118. Nowak-Njechornski, Mercin: Nesto
wo hodownych nalozkach [Etwas
über Weihnachtsbräuche]. In:
Chorhoj mera I (1952), FI. 16/17,
S. 13 — Abb. [Christkind] auf dem
Titelblatt.
119. —: [Rumpodich — Weihnachtsmann,
Abb.].In: PlomjoI(1952),Nr. 16/17,
4. Umschlagseite, dazu: Slowcko k
titulnymaj wobrazomej [EinWort zu
den Titelbildern, S. 2].
120. —: Slepjanske Boze dzeco [Das Christ-
kind von Schleife]. In: Plomjo
II (I95 3), H. 23/24, S. 17 bis 18 —
2 Abb.
121. Ka., M.: Börze budu hody [Bald ist
Weihnachten], In: Nowa doba
VII, 145 — 5. 12. 53, S. 6.
122. D., C.: Hodowne wiki pred 100 letami
[Der Weihnachtsmarkt vor 100 Jah-
sorbischer Hochzeitsbitter S. 93!
c) Wojerowskaj kwasarjej — Hoyers-
werdaer Hochzeiter S. 10. In:
Bozidar Dobrucky, Wumelc serb-
skeho luda Mercin Nowak-Nje-
chornski = Der sorbische Volks-
maler Martin Neumann-Nechern,
Bautzen 1950.
c) Tod
114. Krawc, E[rich]: Po serbskich po-
hrjebniscach [Auf sorbischen Fried-
höfen]. In: Nowa doba I, 27 —'
22. 11. 47, S. 1 bis 2 (Wj. Nr. 710).
im Jahreslauf
ren — in Bautzen], In: Nowa doba
VII, 153 — 24. 12. 53, S. 6.
123. —: Wjesole hody [Fröhliche Weih-
nachten! — Zeigt die Weihnachts-
pyramide des Spree waldes]. In:
Nowa doba we wobrazach
Nr. 8/1953, S. 2> Beilage zu Nowa
doba v. 24. 12. 53.
c) Neujahr
124. Nowak-Njechornski, Mercin: „Nowe
letka“ [Neujahr]. In: Plomj°
HI (I954)> H. 1, S. 9.
d) Vogelhochzeit
125. Bobak [MercinNowak-Njechornski]:
Sroka je sej muza wzala . . .! [„Die
Elster hat einen Mann genom-
men...“; zum Fest der „Vogel'
hochzeit“, 25. Januar]. In: NoWä
doba II (1948), 6. (Wj. Nr. 1054).
Dasselbe in: Nowa doba, Protyka za
serbski lud 1949, S. 63 bis 64.
126. Nedo,Pawol: Swjedzen „Ptaci kwas
w Budysinje [Das Fest der „Vogel'
hochzeit“ in Bautzen]. In: Rozhlad
I (1950/51), S. 90 bis 91.
127. —1—: „Ptaci kwas“ w Budysinje [D*c
„Vogelhochzeit“ in Bautzen]. In:
Nowa doba V, 12 — 30. 1. 51, S. 2.
128. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Serbski „Ptaci kwas“ [Die sorbische
„Vogelhochzeit“ 1952]. In: Rozhlan
II (1952), S. 31.
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
389
129. —; Rjana chlös6enki [Schöne Näsche-
reien. Gebildbrote als Geschenke
zur Vogelhochzeit, Abb.]. In:
Plomjo II (1952), H. 3, S. 24.
130. Ha£a, G.: Ptaci kwas [Die „Vogel-
hochzeit“; Beschreibung aus der
Zeit zwischen 1900 und 1920]. In:
Nowa doba VII, 2 — 3. 1. 53, S. 6.
13i- Rachelic, H.: Ptaci kwas — ludowy
swjedzeh [Die „Vogelhochzeit“ —
ein Volksfest]. In: Nowa doba VII, 8
— 17. x. 53, S. 4.
I32. —i —: Jutfe su wse hosco „Ptaceho
kwasa“. Staroserbski nalofck a jeho
nastaöe [Morgen sind alle zu Gast
bei der „Vogelhochzeit“. Ein alter
sorbischer Brauch und seine Ent-
stehung]. In: Nowa doba VII, 11 —
24. 1. 53, S. 7.
133- Meskank, J.: Hordozny „Ptaci
kwas“ [Eine herrliche „Vogelhoch-
zeit“]. In: Nowa doba VII, 14 —
31. 1. 53, S. 4. 1 Abb. [Die I. Sor-
bische Kulturbrigade beim Tanz
„Unter den Linden“].
134- Sy: Wuhotowachmy „Ptaci kwas“ w
Malesecach [Wir haben in Malsch-
witz die „Vogelhochzeit“ ge-
feiert]. In: Nowa doba VII, 18 —
10. 2. 53, S. 3.
13 5 ■ 2.: Ptaci kwas w Slepom [Die „Vogel-
hochzeit“ in Schleife]. In: Nowa
doba VII, 19 — 12. 2. 53, S. 3.
*36. Kaspor,G.: Ptaci kwas zawjeseli
starych a mlodych [Die Vogel-
hochzeit erfreut alt und jung]. In:
Plomjo II (1953), H. 2, S. 3 bis 4 —
1 Abb. sowie Abb. S. 13.
*37- Hajnec, R.: Ptaci kwas w pestowarni
(Die „Vogelhochzeit“ im Kinder-
garten]. In: Serbska sula VI (1953),
S. 555.
138. S imon,A.: Kak je nastal swjedzen
„Ptaceho kwasa“ w Budysinje
[Wie das Fest der „Vogelhochzeit“
in Bautzen entstand]. In: Nowa doba
VII (1954), Nr. 8 — 21. 1. 54.
*39- -—: Ptaci kwas — wulki serbski
ludowy swjedzen [Die „Vogel-
hochzeit“ — ein großes sorbisches
Volksfest]. In: Nowa doba
VIII (1954), xi — 28. 1. 54, S. 5 —
2 Abb.
140. —: Ptaci kwas 1954 [Die „Vogel-
hochzeit“ 1954]. In: Nowa doba we
wobrazach Nr. 3/1954 — 15. 2. 54,
S.3.
141. —: Na Ptacim kwasu w Slepom [Bei
der „Vogelhochzeit“ in Schleife].
In: Nowa doba VIII, 23 — 25. 2. 54.
142. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Ptaci kwas 1954 [Die „Vogel-
hochzeit“ 1954]. In: Rozhlad
IV (1954), S. 54 bis 55.
143. Cy£,Handrij: Nekotre myslicki wo
letusim ptacim kwasu [Einige Ge-
danken zur diesjährigen „Vogel-
hochzeit“]. In: Serbska sula
VII (1954)» S. 97 bis 98.
e) Fastnacht
144. Bobak [MeröinNowak-Njechornski]:
Mu£ z kobjelu [Der Mann mit
dem Korb, eine Gestalt aus dem
sorbischen Fastnachtsbrauchtum].
In: Mlody Pioner (Der Junge
Pionier) I, 2 — Februar 1949, Bei-
lage zu Nowa doba III, 25— 1. 3.49,
1 Abb. [Zeichnung eines Schimmel-
reiters].
145. Jan: Delnjoserbske pöstnicy [Nieder-
sorbische Fastnacht]. In: Nowa doba
III, 38 — 31. 3. 49.
146. —: Serbski zapust [Sorbische Fast-
nacht]. In: Nowy Casnik 2/1950,
S. 13. Niedersorbische Beilage zu
Nowa doba IV, 23 — 23. 2. 50.
147. Gr och, Gerhard: Kak su w Rogozne
zapust swesili [Wie man in Will-
mersdorf Fastnacht feierte]. In:
Nowy Casnik 4/1951, S. 4. Nieder-
sorbische Beilage zu Nowa doba
V, 49 — 28. 4. 51.
148. W., H.: To smeje so Hornja Luiica
[Da lacht die Oberlausitz; 25 Jahre
Fastnachtsfest für Kinder in Schir-
giswalde — Serachow]. In: Nowa
doba VII, 17 — 7. 2. 53, S. 7.
149. Nowak, W.: Zapust [Fastnacht]. In:
Nowy Casnik 1953, Heft 2/3, S. 8.
Beilage zu Nowa doba VII, 39 —
31.3.53. _
150. —: Hercy, netk k rejce nam zahrajce!
[Musikanten, spielt zum Tanz!]. In:
Chorhoj mera II (1953), H. 4, S. 12
bis 13 — 9 Abb.
390
Günther Jarosch
151. Kral, Pawol: Na zapusce w Desnje
[Fastnacht in Dissen]. In: Nowa doba
VIII, 20 — 18. 2. 54, S. 3 — Abb.
152. —: Na zapusce w Deänje [Fastnacht
in Dissen]. In: Nowa doba we
wobrazach Nr. 4/1954. Beilage zu
Nowa doba v. 27. 2. 54 — 8 Abb.
153. H.: ... camprowac ja z Wami chcu
[Ich möchte mit Euch zampern —
Fastnachtsbrauch]. In: Chorhoj
mera III (1954), H. 4, S. 12 bis 13 —
8 Abb. sowie Titelbild [dazu Er-
läuterung 3. Umschlagseite].
f) Ostern
154. A.: Dolnoserbske jatsy [Ostern bei den
Niedersorben]. In: Dolnoserbski
Casnik Nr. 1/1948 — März 1948,
S. 3 bis 4. Niedersorbische Beilage
zu Nowa doba II, 20 — 13. 3. 48.
(Wj. Nr. 1001).
155. S.: Jutrowne jechanje we Wotrowje
[Osterreiten in Ostro]. In: Nowa
doba II, 26 — 7. 4. 48, S. 3.
156. Nowak-Njechornski, MSr6in: Jutry
w Delnjej Luiicy [Ostern in der
Niederlausitz]. I.: Öichi pjatk w
Deänje [Karfreitag in Dissen].
II. : Jutrowna noc w Mösöe [Die
Osternacht in Heinersbrück]. III.:
Jutry w Blötach [Ostern im Spree-
wald]. IV.: Na jutrownych rejach
[Beim Ostertanz]. In: Nowa doba
III, 44 — 14. 4. 49, S. 3 — Abb.
(Wj. Nr. 1002). Nachgedruckt in:
Nowa doba VII, 41 — 4. 4. 53,
S. 6 — 2 Abb.
157. Delanowa, H.: Jutry w Radworju
[Ostern in Radibor]. In: Nowa
doba III, 46 — 23. 4. 49, S. 3.
15 8. —: Jutry w Muiakowskej hob [Ostern
in der Muskauer Heide]. In: Nowa
doba IV, 41 — 6. 4. 50, S. 3.
159. Nedo, P[awol]: Kritiske prispom-
njenja k jutrownym nalofckam [Kri-
tische Bemerkungen zu einigen
Osterbräuchen]: Naletnje abo ju-
trowne jöchanje [Frühlings- oder
Osterreiten]. Jutrowne spewanje
[Ostersingen]. Jutrowne jejka [Oster-
eier]. In: Nowa doba IV, 46 —
22. 4. 50, S. 3. (Wj. Nr. 1003).
160. —: Dolnoserbske jatsy w starym
casu [Das niedersorbische Oster-
fest in alter Zeit]. In: Nowy Casnik
Nr. 3/1951, S. 3. Niedersorbische
Beilage zu Nowa doba V, 30 —'
13. 3. 51. Dasselbe in obersorbischer
Lautung in: Nowa doba V, 35
24.3.51,8.5.
161. —: Malescanscy jutrowni spewarjo
pfed 100 letami [Die Ostersänger
von Malschwitz vor 100 Jahren]-
In: Nowa doba V, 35 — 24. 3. 5X>
S- 4*
162. Kubas, J.: Prihoty k jutrownernU
jechanju [Die Vorbereitungen zum
Osterreiten]. In: Nowa doba
V, 35 — 24- 3- 5U S. 4— 1 Abb.
163. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Jutrowne jejka [Ostereier]. 1°-
Nowa doba V, 35 — 24. 3. 51, S. 5-
164. —: Serbske dzeci walkuja [Die sor-
bischen Kinder rollen Ostereier,
Abb.] In: Serbska sula V (1952),
S. 51.
165. H., R.: Serbske jutrowne naloiki a
jich naloiowanje w pöstowarni [Sor-
bische Osterbräuche und ihre An*
Wendung im Kindergarten]. I: Nesto
powsitkowneho wo serbskich
naloikach [Etwas Allgemeines über
sorbische Bräuche], II: Zmysl a
wobsah nekotrych naloäükow [Sinn
und Gehalt einiger Bräuche], IÖ*
Wufciwanje jutrownych nalozko'*'
w pestowarni [Anwendung dei
Osterbräuche im Kindergarten]. I° *
Serbska sula VI (1953), S. 93 bis 9^
— mehrere Abb. (Skrabanje ^
Ritztechnik, Wöskowanje — Wachs'
technik, Wuzrawanje — Ätztechnik)-
166. Nowak, Mer6in: Radworska jutro^'
nicka [Ostersonntag in Radibor]-
In: Nowa doba VII, 41 — 4. 4- 53’
S. 6.
Vgl. auch Nr. 77 bis 83.
g) Walpugisnacht — 1. Mai
167. *** [M8r6in Nowak-Njechorhski]’
Serbske nalofcki we Walpornej noef
[Sorbische Bräuche in der Walpurgi®
nacht]. In: Nowa doba III (i95°)’
49. (Wj. Nr. 1062).
168. Senkaf, Pawol: Stajenje meje ^
Kulowskej wosadze [Das Maibaf-111
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
391
setzen im Kirchspiel Wittichenau].
In: Nowa doba II, 35 — 8. 5. 48.
169. Musiat, Zygmunt: Tei letsa stajejmy
zaso mejel [Auch dieses Jahr pflan-
zen wir wieder den Maibaum!]
1. Dzensnise formy mejskich na-
loikow [Die heutigen Formen der
Maibräuche]; 2. Zmysl mejskich
nalofckow [Der Sinn der Mai-
bräuche]; 3. Dzensnisi wuznam [Die
heutige Bedeutung]. In: Chorhoj
mera III (1954), H. 6, S. n bis 12 —
2 Abb.
170. —: Mejemjetanje — wulki nalStni
swjedzen [Das Maibaumfällen —
ein großes Frühlingsfest], Palenje
chodojtow [Hexenverbrennen] [Ab-
bildungen]. In: Nowa doba we
wobrazach Nr. 9/1954, S. 1 bis 3,
Beilage zu Nowa doba VIII, 60 —
22. 5. 54.
h) Himmelfahrtstag
171. Z., M.: Bo£e sp§ee na Cornoböh!
[Am Himmelfahrtstag auf den
Czornoboh]. In: Nowa doba
V, 50— 1. 5- 5i*
i) Pfingsten
172. N[owak]-N[jechornski], Mfercin]:
Serbske swatkowne naloäüki [Sor-
bische Pfingstbräuche]. In: Nowa
doba II (1948), 37. (Wj. Nr. 1005).
173. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Swjatkowny stom [Der Pfingst-
baum: Die Birke]. In: Nowa doba
V, 54— 12. 5. 51, S. 5.
174. Sibud: Nehduse serbske nalofcki
wokolo swjatkow [Ehemalige sor-
bische Pfingstbräuche]. In: Nowa
doba VIII, 66 — 5. 6. 54, S. 3.
j) Johanni
*75- N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Serbske wasnja a naloiki na swjateho
Jana [Sorbische Sitten und Bräuche
zu Johanni], In: Nowa doba
III, 72 — 25. 6. 49, S. 3. (Wj. Nr.
1043).
*76. Balko, Lotar: Janske jechanje
— stary serbski naloEk [Das Jo-
hannireiten — ein alter sorbischer
Brauch, in Cosel geübt]. In: Chorhoj
mera III (1954), H. 13, S. 3 — 1 Abb.
177. —: Közlowske ,,zow6a“ wudebja Jana
[Die Mädchen von Cosel schmücken
den Johanne, Abb.]. In: Nowa doba
we wobrazach Nr. 13/54—10. 7. 54,
S. 1 und 4, Beilage zu Nowa doba
VIII, 81 — 10. 7. 54.
k) Erntezeit
178. —: Znjowy cas — Snjowe naloiki
[Erntezeit — Erntebräuche]. In:
Chorhoj möra II (1953), H. 15/16,
S. 21 bis 23.
179. Kubank,M.: Jechanje po §6ernis6u
— wulki Snjowy swjedzen [Das
Stoppelfeldreiten — ein großes
Erntefest]. In: Nowa doba VIII, 90
— 31. 7. 54.
180. -nr-: Wofciwjenje stareho serbskeho
nalofcka [Wiederbelebung eines alten
sorbischen Brauches: Stoppelfeld-
reiten]. In: Nowa doba V, 101 —
1. 9. 51, S. 3.
181. N[owak]-N[jechornski], M[8rcin]:
Hdyfc Serbja kokota bijachu [Das
Hahnschlagen bei den Sorben]. In:
Nowa doba II, 77 — 2. 9. 48, S. 3. —
1 Abb. [Holzschnitt des Verfassers].
(Wj. Nr. 1070).
182. —: Pachol „kokota bije“ [Ein Bur-
sche schlägt den Hahn]. In: Mlody
pioner [Der Junge Pionier] I, 7 —
Juli 1949, S. 1. Beilage zu Nowa
doba III, 91 — 9. 8. 49 —- 1 Abb.
[Holzschnitt von Meröin Nowak-
Njechornski].
183. Nowak-Njechornski, Mer6in: Na
Görach „kokota“ lapaju [Hahn-
rupfen in Guhrow]. In: Nowa doba
V, 92 — 11. 8. 51, S. 3 — 1 Abb.
184. Mö., J.: W Debsku lapachu kokota
[Hahnrupfen in Döbbrick]. In:
Nowa doba VII, 97 — 15. 8. 53,
S. 4 — 3 Abb.
185. Wojtow, E.: LapanjekokotawDebsku
[Hahnrupfen in Döbbrick]. In:
Nowy Casnik, Nr. 8/1953, S. 1 bis 2.
Niedersorbische Beilage zu Nowa
doba VII, 99 — 20. 8. 53 2 Abb.
186. Hancka, G.: Kokot — Snjowy
swjedzen Delnjeje Luäicy [Das Hahn-
392
Günther Jarosch
schlagen — ein Erntebrauch in der
Niederlausitz]. In: Nowa doba
VIII, 99 — 21. 8. 54, S. 3.
187. Heno: Domchowanka, Domcho-
wanka . . . [Drescherfest]. In: Nowa
doba VII, 124 — 17. 10. 53, S. 7.
1) Kirmes
188. Iselt, Richard: Dopomnjenki na
kermusu [Erinnerungen an die
Kirmes]. In: Nowa doba III, 122 —
20. 10. 49, S. 3; III, 123 — 22. 10. 49,
S-3-
189. Heno: Kermusa w Mulkecach [Die
Kirmes in Mulkwitz]. In: Nowa
doba VII, 130 — 31. 10. 53, S. 4.
190. —: Kermusa — stary serbski nalozk
[Die Kirmes, ein alter sorbischer
Brauch]. In: Nowa doba VII, 131 —
3. 11. 53, S. 3.
m) Allerseelen
191. P., J.: Chudych dusow [Allerseelen].
In:Nowa dobaVII, 130—31. 10. 53,
S. 7.
n) Bild und Film
192. Nowak-Njechornski, Mercin: [Bilder
zum Brauchtum im Jahreslauf],
a) Wunjesenje smjerce — Das Tod-
austreiben, S. 39; b) Jutrowna woda
— Osterwasser, S. 88; c) Kriier —
Osterreiter, S. 22. d) Walkowanje w
Delnjej Luzicy — Eierschieben in
der Niederlausitz, S. 49; e) Kokot —
Hahnschlagen, S. 90; f) Rumpodich
D. Verschit
197. Hantus, Jurij: Wo serbskich postro-
wach [Über sorbische Grußformen].
In: Nowa doba II (1948), 72.
(Wj. Nr. 1149).
198. Jan: Dolnoserbska psöza zinsa [Die
niedersorbische Spinnstube heute].
In: Nowa doba III (1949), 41.
(Wj. Nr. 1037).
199. N[owak]-N[echorriski], M[ercin]:
Hdze su hisce serbske pfazy? [Wo
gibt es noch sorbische Spinnstuben?]
a Boze dzeco — Knecht Ruprecht
und das Christkind, S. 91. In: Bo-
iidar Dobruck^, Wumelc serbskeho
luda Mercin Nowak-Njechornski =
Der sorbische Volksmaler Martin
Neumann-Nechern, Bautzen 1950.
193. *** [Meröin Nowak-Njechornski]:
DEFA wjer6i nowy popularno-
wedomostny film wo Serbach [Die
DEFA dreht einen neuen populär-
wissenschaftlichen Film über die
Sorben, und zwar über sorbische
Bräuche im Winter: Spinnstube,
Weihnachtsfest, Vogelhochzeit und
Fastnacht]. In: Rozhlad IV (1954)»
S. 94.
194. Kokla, M.: Serbske wasnja a naloiki
w filmje [Sorbische Sitten und
Bräuche in Film, Inhalt des Films
„Serbske nalofcki w zymje“ =
„Sorbisches Brauchtum im Winter“,
Drehbuch: Mercin Nowak-Nje-
chornski]. In: Nowa doba
VIII (1954), 3°“ 13- 3- 54» S. 4-
195. Dobrucky, Boiidar: „Praslica a
postniski kwecel“ [Zum DEFA-Film
„Rockenstock und Zamperstrauß“]*
In: Rozhlad IV (1954), S. 229 bis
231.
196. Kokla, M.: Pfezfilmya swetlowobrazy
so zeznaje ludnos6 NDR ze Serbami
[Durch Filme und Lichtbilder wird
die Bevölkerung der DDR mit den
Sorben bekanntgemacht. U. a.: Mai-
baum, Ostereiermalen, Trachten]-
In: Nowa doba VIII, 43 — 13. 4. 54>
S.3.
;ne Bräuche
In: Plomjo II (1953), H. 21, S. 8 —'
2 Abb.
200. Heno: Swinjorezanje [Schweine-
schlachten]. In: Nowa doba
VII, 141 — 26. 11. 53.
201. Meroslaw: ZbehankaSerbskehodomn
— meznik w nasich stawiznach [Das
Richtfest des neuen Sorbischen
Hauses in Bautzen — ein Markstein
in unserer Geschichte, mit Anführung
des Richtspruches]. In: Nowa doba
VIII, 65 — 3. 6. 54, S. 3.
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
393
VI. Volksglaube
202. Smoler, Jan Ernst: Einige aber-
gläubische Meinungen der Wenden.
In: Haupt/Smoler (Schmaler), Volks-
lieder der Sorben in der Ober- und
Niederlausitz, Anastatischer Neu-
druck, Berlin 1953, Band II, S. 255
bis 262.
203. Smoler, Jan Ernst: Überreste der
alten wendischen Mythologie unter
den heutigen Wenden. In: Haupt/
Smoler (Schmaler), Volkslieder der
Sorben in der Ober- und Nieder-
lausitz, Anastatischer Neudruck,
Berlin 1953, Band II, S. 263 bis 274.
VII. Volksmedizin
204. —: Dotal njeznaty rukopis J. E.Smo-
lerja k prasenju serbkeho ludoweho
lekarjenja [Eine bisher unbekannte
Handschrift J. E. Smolers zur sor-
bischen Volksmedizin; die Hand-
schrift selbst ist in deutscher Sprache
abgefaßt und trägt den Titel: „Einige
Reminiscenzen aus der Volksheil-
kunde der lausitzischen Serben“].
In: Letopis Instituta za serbski
ludospyt, Reihe C, Nr. x, Bautzen
1933, S. 121 bis 123. Deutsche Zu-
sammenfassung der Einleitung:
S. 141.
VIII. Volkslied, Volksmusik, Volkstanz
A. Allgemeines
203. Winar,Jurij: Hodowna radosc w
nasim spewje [Weihnachtsfreude in
unseren Liedern]. In: Nowa doba
I, 36 — 24. 12. 47, S. 6.
206. N[owak]-N[jechornsk]i, M[ercin]:
Nas ludowy spew nehdy a netko
[Unser Volksgesang einst und jetzt;
Bericht über einen Vortrag von
Pawol Nedo]. In: Nowa doba
V, 36— 28. 3. 31, S. 5.
207. Kuba,Ludvik: Z potulek za pisni
luzickou [Aus meinen Wanderungen
auf den Spuren des sorbischen
. Liedes]. In: Ludvik Kuba, Cesty za
slovanskou pisni 1885—1929. [Rei-
sen zwecks Sammlung slavischer
Lieder 1883—1929], Prag 1953,
S. 73 bis 81. (Mit einem Noten-
beispiel: Luiickä dudäcka hudba
[Sorbische Dudelsackmusik]).
208. Nawka, Michal: Serbscina w nasich
spewach [Das Sorbisch in unseren
Liedern]. In: Rozhlad III (1953),
S. 90 bis 93.
B. Volkssänger
209. Lohr,G.: Serbska ludowa pesnjerka.
K 90. narodninam Han£e Budar-
joweje [Eine sorbische Volks-
sängerin. Zur 90. Wiederkehr des
Geburtstages von Han£a Budarjowa,
1860—1937]. In: Nowa doba
IV, 123 — 21. 10. 50, S. 3.
2Jo. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]:
Wjesoly ludowy pesnjer [Ein fröh-
licher Volkssänger. Zur 25. Wieder-
kehr des Todestages von Jan Hajnca,
1852—1926]. In: Nowa doba
V, 38 — 3. 4. 31, S. 3.
211. Metsk, Frido: Ludowy pesnjer
delnjolufciskich Serbow. K po-
smjertnym dzewjecdzesacinam Fryca
Rochi [Ein Volkssänger der Nieder-
sorben. Zur 90. Wiederkehr des Ge-
burtstages von Fryco Rocha,
Herausgeber des „Wenask dolno-
serbskich pesnjow“ = „Nieder-
sorbischer Liederkranz“, 1908]. In:
Rozhlad III (1953), S. 8 bis 20.
394
Günther Jarosch
C. Liedersammlungen
2X2. Haupt,Leopold/Smoler(Schmaler),
Jan Ernst: PSsnieki hornich a del-
nich Lu2iskich Serbow — Volks-
lieder der Sorben in der Ober- und
Niederlausitz. Anastatischer Neu-
druck der Ausgabe von 1841 und
1843 (vgl. Wj.Nr. 1204). Berlin 1953,
748 S., 6Abb., 6 Tafeln. Bandl:
Oberlausitz (331 Lieder), Bd. II:
Niederlausitz (200 Lieder) (— Deut-
sche Akademie der Wissenschaften
zu Berlin, Veröffentlichungen der
Kommission für Volkskunde,
Band 3). Rez.: Rozhlad III (1953),
S. 263 bis 264 (Mercin Nowak-
Njech[ornski]).
213. Nedo, Pawol: J. A. Smolerjowe
„Pßsnicki“. K nowowudacu slaw-
neho pomnika serbskeje narodneje
kultury [Die „Volkslieder“ von
J. A. Smoler = Schmaler. Zur Neu-
ausgabe des berühmten Denkmals
der sorbischen Volkskultur]. In:
Nowa doba VII, 103 — 29. 8. 53,
S. 4.
214. Musiat, Zygmunt: Smolerjowe pös-
nicki jako wobraz äiwjenja naseho
luda [Smolers „Volkslieder“ als
Widerspiegelung des I.ebens un-
seres Volkes]. In: Rozhlad
III (1953), S. 249 bis 256.
2x5. Winar, Jurij: Wenck spewow. Spew-
nick za serbski lud [Liederkranz.
Liederbuch für das sorbische Volk].
2. vermehrte Auflage, Bautzen 1949-
Mit Noten. Rez.: Nowa doba
IV, 49— 29.4.50,5.3 (Frido Metsk).
216. Sajbic, Sona / Winaf, Juro: Wasele
spöwajmy — 46 dolnoserbskich
arijow [Laßt uns fröhlich singen —
46 niedersorbische Lieder]. Bautzen
1949 — 54 Seiten, mit Noten. Rez.:
Nowa Lu&ica III, 5 — Mai 1950,
S. 2. Beilage zu Nowa doba IV, 56 —•
18. 5. 50.
217. Winar, Jurij: Serbske hodowne spöwy
za fcönske a me§ane hlosy [Sorbische
Weihnachtslieder für Frauen-
stimmen und für gemischten Chor].
Bautzen 1949— 28 S. Rez.: Nowa
LuSicalll, 5 — Mai 1950, S. 2. Beilage
zu Nowa doba IV, 56 — 18. 5. 50.
218. Winar, Jurij: 46 serbskich spewow
[46 sorbische Lieder]. Bautzen 1950
— Mit Noten.
219. Winar, Jurij: Nas spew. Zbörka
serbskich spewow w dwuhlösnej
sadzbje [Unser Lied. Sammlung
sorbischer Lieder in zweistimmigem
Satz]. Bautzen 1953. — 189 S., mit
Noten. Rez.: Rozhlad III (1953)»
S. 138 bis 140 (Meröin Nowak-
Njechornski). Kritische Bemer-
kungen: Rozhlad IV (1954), S. 61
bis 63 (Jan Rawp).
D. Einzeluntersuchungen zu
220. Jarosch, Günther: Ein sorbisches
Lied von der Heimkehr des Ehe-
mannes [Untersuchung zu Haupt /
Schmaler II, 43/44: Plakala Hanica—
Weinete Ännelein]. In: Wissen-
schaftliche Zeitschrift der Humboldt-
sorbischen Volksliedern
Universität zu Berlin, II (1952/53)»
Gesellschafts- und sprachwissen-
schaftliche Reihe Nr. 3, S. 33 bis 36.
Mit 1 Notenbeispiel und Literatur-
angaben.
E. Volksmusik
221. Kuba, L[udvik]: Here Jan Kusk
[Der Musiker Jan Kusk, 1846 bis
1924]. In: Nowa doba III, 148 —
24. 12. 49, S. 7. (Nedo Nr. 411 =
Wj. Nr. 6833).
222. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Serbske gerey [Sorbische Musi-
kanten]. In:Nowy CasnikNr. 4/19 5°’
S. 25 bis 26 — 1 Abb. Nieder-
sorbische Beilage zu Nowa doba
IV, 45 — 20. 4. 50.
395
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
223. Nowak-Njechornski, Mercin: [Volks-
musiker im Bild:] a) Slepjanski
dudak — Schleifer Dudelsack-
pfeifer, S. 11; b) Staroserbskaj hercaj
z Kamjenskich stron — Altsorbische
Musikanten aus der Kamenzer Ge-
gend, S. 78; c) Slepjanscy hercy —
Schleifer Musikanten, S.79; d) Ho-
lanscy hercy — Heidemusikanten,
S. 85. In: Bozidar Dobruck^,
Wumelc serbskeho luda Mer6in
Nowak-Njechornski = Der sor-
bische Volksmaler Martin Neumann-
Nechern, Bautzen 1950.
224. Öornak, Pawol: Wafcny wuspech
serbskeje ludowedy [Ein bedeu-
tender Erfolg der sorbischen Volks-
kunde. Zur Erforschung der Volks-
musikinstrumente in der Lausitz]. In:
Nowa doba V, 72 — 26. 6. 51, S. 3.
225. Buk,K.: Jurij Mencl — serbski
casnikar a husler [Jurij Mencl —
ein sorbischer Uhrmacher und Gei-
genbauer; er hat sorbische Volks-
musikinstrumente — die große und
die kleine sorbische Geige, die
Tarakawa usw. — der Vergessen-
heit entrissen und ihre Geschichte
erforscht]. In: Nowa doba V, 130 —
10. 11. 51, S. 3 bis 4 — 1 Abb. Ge-
kürzte deutsche Wiedergabe: Jurij
Mencl — ein Vertreter wahrhafter
Volkskunst. In: Nowa doba, Deutsch-
sprachige Beilage Nr. 11/1951 —
Nov. 1951, S. 4.
226. Musiat, Zygmunt: Wozrodziöel serb-
skeje ludoweje hudzby [Der Wieder-
erwecker der sorbischen Volks-
musik Jurij Mencl]. In: Rozhlad
II (1952), S. 59 bis 61.
227. —: [Wendische Geige]. In: Haupt/
Smoler (Schmaler), Pesnicki hornich
a delnich Luziskich Serbow = Volks-
lieder der Sorben in der Ober- und
Niederlausitz, Anastatischer Neu-
druck Berlin 1953, Band II, Anhang.
228. N[owak]-N[jechornski], M[er6in]: Wo
Slepjanskich ludowych hercach [Die
Volksmusikanten aus Schleife]. In:
Plomjo III (1954), H. 17, S. 3 —
1 Abb.
229. Rawp,Jan: Slowcko wo hudzbnej
kulturje nasich prjedownikow w
VI.—XII. letstotku [Ein Wort über
die Musikkultur unserer Vor-
fahren im 6. bis 12. Jahrhundert].
In: Rozhlad IV (1954), S. 224 bis
229 — 2 Abb.
F. Volkstanz
230. Winar, Jurij: Rejwanska hudzba a
narodnosö [Tanzmusik und Natio-
nalität]. In: Nowa doba II, 89 —
30. 9. 48, S. 3. (Nedo Nr. 419 =
Wj. Nr. 3836).
231. Petf k, W.: Nekotre slowa k narodnym
rejam [Einige Worte zum Volks-
tanz]. In: Nowa doba IV (1950), 26.
(Wj. Nr. 1295).
232. Lesawic, Meranka — Krawc-
Schneidcr, Bjarnat: Wjerc mje
pola herca! = Dreh’ mich ’rum
im Kreise. 15 serbskich ludowych
rejow — 15 sorbische Volkstänze
[mit Klavierbegleitung und Tanz-
beschreibung]. Leipzig 21950 —•
35 S.
233- Sajbic, Sonja: Nase ludowe reje
[Unsere Volkstänze.] In: Nowa doba
IV (1950), 29. (Wj. Nr. 1296].
234* Nowak-Njechornski, Meröin: [Bil-
der:] a) Reja w meji— Maientanz,
S. 89; b) Serbska reja — Sor-
bischer Tanz; S. 113. In: Boiidar
Dobrucky, Wumelc serbskeho luda
Mercin Nowak-Njechornski = Der
sorbische Volksmaler Martin Neu-
mann-Nechern, Bautzen 1950.
235. Aleksandr: Wozrodzimy nase
serbske ludowe reje. Wucba z III.
festiwala mlodziny a studentow [Be-
leben wir unsere sorbischen Volks-
tänze wieder ¡Lehren aus den III. Welt-
festspielen derjugend undStudenten,
Berlin 1951]. In: Nowa doba
V, 108 — 18. 9. 51, S. 3.
236. —: Zberka notoweho materiala za
serbske ludowe reje [Sammlung von
Notenmaterial zu sorbischen Volks-
tänzen: ,,Mlyn“ = Die Mühle,
„Sewc“ = Der Schuster, „Stup
dale“ = Tritt weiter,,, 2njehska reja“
= Erntetanz]. Bautzen 1953 — 13 S.
396
Günther Jarosc.h
237. •—: Zberka choreografijow serbskich
ludowych rejow [Sammlung von
Choreographien zu sorbischen Volks-
tänzen: „Mlyn“ = Die Mühle,
,,Sewc“ = Der Schuster, „Stup
dale“ = Tritt weiter] Bautzen
19 5 3 — 14 S.
238. Cyiec, Kata: Pedagogiske a towars-
nostne problemy pri rozwu6owanju
ludowych rejow z Mlodymi pio-
nerami a mlodzinu [Pädagogische
und gesellschaftliche Probleme beim
Einstudieren von Volkstänzen mit
Jungen Pionieren und Jugend-
lichen]. In: Serbska sula VI (1953)?
S. 270 bis 274.
239. —: Za nasich mlodych wumelcov
[Für unsere jungen Künstler: Volks-
tänze, mit Noten, Figuren und Ab-
bildungen]. In: Plomjo II (1953)»
H. ix, S. 7 bis 9; H. 12, S. 9 bis 10;
H. 13, S. 17 bis 18; H. 19, S. 11 u. 14;
H. 23/24, S. 19 bis 20.
IX. Volkserzählung: Märchen, Sage, Schwank
240. Bobak [Mercin Nowak-Njechorn-
ski]: Kusi bjez wopusi a Zabrodzan
[Von Wassermännern in der Lausitz],
In: Nowa doba I, 2 — 13. 7. 47 und
I, 3 — 20. 7. 47 sowie in: Nowa
doba, Protyka za serbski lud 1949,
S. 64 bis 68 — 1 Abb.
241. —: Stawiznickizluda [Volksschwänke;
Texte]. In: Nowa Luzica II (1948),
Nr. 6, August 1948, S. 1, Beilage
zu Nowa doba II, 67 — 10. 8. 48
(10 Schwänke) und Nowa Luiica
II, 7 — September 1948, S. 1, Beilage
zu Nowa doba II, 83 — 16. 9. 48
[Schwänke Nr. 22 bis 30 / Nr. 11 bis
21 fehlen!] (Nedo Nr. 559 = Wj.
Nr. 3212).
242. Mandawski, J.: Baje z noweho
casa [Märchen aus neuer Zeit],
a) Wulka mys a kocka [Die Ratte
und die Katze]; b) Stom a wichor
[Der Baum und der Sturm]; c) Psyck
a mSsack [Das Hündchen und der
Mond]. In: Nowa doba II, 65 —
5. 8. 48, S. 3 (a); II, 73— 24. 8. 48,
S. 3 (b); II, 84— 18. 9. 48, S. 3 (c)
(Wj. Nr. 768).
243. Iselt, R.: Porsicanski Symson, mlynk
Petr Bjenada [Der Simson von
Purschwitz, der Müller Petr Bje-
nada]. In: Nowa doba, Protyka za
serbski lud 1949, S. 68 bis 70.
244. Balcar, Kurt: Baje z Wochoz [Sagen
aus Nochten]: I. Pion [Der Pion
(Drache)]; II. Wödni muiojo w
Celnom [Die Wassermänner von
Tzschelln]; III. Zakuzlane pjenjezy
[Das verhexte Geld], In: Nowa Luiica
Nr. 4/1950, S. 1, Beilage zu Nowa
doba IV, 42 — 13. 4. 50.
(Wj. Nr. 770).
245. W[i6az], Ofta]: Nas luby sköt [Unser
liebes Vieh], a) Slödna koza [Die
naschhafte Ziege]; b) Zarliwy ko-
cor [Der eifersüchtige Kater];
c) Mudry wol— [Der kluge Ochse];
d) Splosena kruwa [Die bestürzte
Kuh]; e) Zazlobjeny ganzor [Der
erboste Gänserich]. In: Nowa doba
IV, 61 — 30. 5. 50, S. 3.
246. —: Nutrni spewarjo [Andächtige
Sänger, Schwank]. In: Nowa doba
IV, 149 — 23.12. 50, S. 5.
247. —: Wjelk a liska towarsej [Wolf und
Fuchs als Freunde;Tiermärchen]. In:
Nowa doba IV, 149 — 23. 12. 50,
S. 7.
248. Krawc, Erich: Serbske baje [Sor-
bische Sagen: Riesen — Wilde
Jagd — Feuermänner — Schlafende
Ritter — Zwerge — Schatzgräbergs-
Irrlichter— Wassermann— Mittags-
frau — Heinzelmännchen — Teu-
fel — Drache — Gottesklage —
Tod], Berlin und Leipzig 1951 —
56 S. (einschließlich 2seitigem Vo-
kabular). Mit 10 Abb. im Text und
1 Titelbild von Mercin Nowak-
Njechornski, Literaturangaben S. 56.
Rez.: Rozhlad I (1950/51), S. 139
(M[er6in]N [owak]-N [jechornski]).
249. —: Ludowe smeski z Delnjeje Luzicy
[Volksschwänke aus der Nieder-
lausitz]: a) Knjez a robo6an [Der
Herr und der Fronarbeiter]; b) Sylny
v
Bibliographie zur sorbischen Yolskunde seit 1945
397
muz [Der starke Mann]. In: Nowa
doba V, 74 — 30. 6. 51, S. 7.
230. —: Hobr Sprjewnik [Der Riese
Sprjewnik]. In: Plomjo I (1952),
Nr. 12, S. 17.
251. —: Hobrojo a Dubrjencan hora [Die
Riesen und der Berg von Dubrenk],
In: Plomjo I (1952), Nr. 12, S. 18.
232. Nowak-Neumann, Martin: Sorbische
Sagengestalten. Kunstdruckbeilage
(2 S. Text, 2 Aquarelle) zu: Natur
und Heimat II (1953), H. 1.
253. Nedo, Pawol: Zjawna pröstwa wo
zberacelsku pomoc [öffentliche
Bitte um Hilfe beim Sammeln; Auf-
ruf zur Sammlung von powesce —
Sagen, bajki — Märchen, ludowe
powedancka — Volkserzählungen].
In: Nowa doba VII, 20 — 14. 2. 53,
S. 4. Auch in: Serbska sula
VI (1953), S. 39 bis 40 und in Chor-
hoj mera II (1933), H. 2, S. 7 bis 8.
254. Nagora, G.: Ludowe pesnicki a
bajki jadno bogatstwo nasogo luda
[Volkslieder und Märchen — ein
Reichtum unseres Volkes]. In: Nowy
Casnik Nr. 8/1953, S. 3, Beilage zu
Nowa doba VII, 99 — 20. 8. 53.
235. H., H.: Najstarsa lufciska kniha bajow
[Das älteste Märchenbuch der Lau-
sitz — Heinrich Gottlob Gräve;
,,Baje a ludowedne pomniki Lu-
iicy“ = Märchen und volkskund-
liche Denkmäler der Lausitz, Baut-
zen 18 3 9]. In: Nowa doba VII, 100—
22. 8. 53, S. 5.
256. Heno: Nowakec wowka poweda ze
starodawneho casa [Großmutter
Nowakec erzählt aus alter Zeit]. In:
Nowa doba VII, 136— 14. 9. 33, S.7.
25 7- Nowak-Njechornski, Mßröin: Ku-
bo!6ik, zmij a hoie sedlesko [Kobold,
Hausdrache und Gottesklage — Er-
klärung der Sagengestalten]. In:
Plomjo II (1953), H. 13/16, S. 15
bis 16 — 2 Abb.
258. Malink, P.: Wotkel bjeru so nase
serbske baje? [Woher kommen
unsere sorbischen Märchen?] In:
Plomjo II (1953), H. 23/24, S. 28
bis 29 — 2 Abb.
259. Pj., J.: Skutki wödnicy a pripoldnicy
[Die Taten der Wassernixe und der
Mittagsfrau]. In: Nowa doba
VII, 133 — 31. 12. 5 3, S. 9.
260. Iselt [hier: Izelt], Richard: Powe-
dancka z Krakec [Geschichten aus
Kreckwitz, aufgezeichnet aus dem
Munde des Volkserzählers Jan Serec].
In: RozhladIII (1953), S. 278 bis 283.
261. Smoler, Jan Ernst: Wendische Mär-
chen und Legenden. In: Haupt /
Smoler (Schmaler), Volkslieder der
Sorben in der Ober- und Nieder-
lausitz, Anastatischer Neudruck, Ber-
lin 1953, Band II, S. 157 bis 185.
262. D[obruck^], B[oiidar]: Ze surowych
casow [Aus grausamer Zeit; drei
Sagen: Gottesklage, Bauopfer, Jan
Andrak und der ungerechte Herr].
In: Protyka za serbski lud [Kalender
für das sorbische Volk] 1934, S. 71
bis 74. [Mit einem Holzschnitt von
Mercin Nowak-Njechornski: Gottes-
klage].
263. Heno: Lutki w Slepjanskej wokolinje
[Zwerge in der Umgebung von
Schleife]. In: Nowa doba VIII, 48 —
24. 4. 54, S. 5.
264. Michalk, Fr.: Ludowedne prinoski
[Volkskundliche Beiträge unter den
Bandaufnahmen zur Erforschung
sorbischer Dialekte; zwei Mundart-
sprecher erzählen von der Mittags-
frau]. In: Rozhlad IV (1954), S. 124
bis 126.
X. Volksschauspiel, Puppenspiel
263. W[icaz], ö[ta]: Serbstwo w del-
njonemskej jutrownej hrez leta 1464.
[Sorbisches in einem niederdeutschen
Osterspiel aus dem Jahre 1464: ,,De
resurrectione“ oder ,,Dat spil fan der
upstandinge“, aufgezeichnet in Re-
dentin bei Wismar]. In: Nowa doba
III, 44— 14. 4. 49, S. 6.
266. —: Te2 serbske klankodziwadlo dyrbi
so zaso wo£iwi6 [Auch das sorbische
Puppenspiel muß wiederbelebt wer-
den; Vorschläge des Bundesvor-
standes der Domowina]. In: Nowa
doba VII, 100 — 22. 8. 53. S. 3.
267. —2: Serbski „Kaspork“ budze na
zjezdze [Das sorbische Kasperle
398
Günther Jarosch
wird beim Fest dabeisein. Wieder-
belebung des Handpuppenspiels,
erstmals beim „Volkstreffen“ in
Radibor am 18. 9. 54]. In: Nowa
doba VIII, 110 — 16. 9. 54, S. 3.
268. Rachelic, II.: Serbski Kaspork v?
Radworju [Das sorbische Kasperle
in Radibor]. In: Serbska sula
VII (1954), s. 495.
XI. Sprichwort
269. —: Kniez a roboöan \v serbskich
pfislowach [Herr und Fronarbeiter
in sorbischen Sprichwörtern], In:
Nowa doba, Protyka za serbski
lud [Die neue Zeit, Kalender für das
sorbische Volk] 1951, S. 64 bis 65.
270. N[owak], M[ercin]: Bohatstwo a
chudoba w nasich pfislowach
[Reichtum und Armut in unseren
Sprichwörtern]. In: Nowa doba
V, 11 — 27. 1. 52, S. 3.
271. Smoler,Jan Ernst: Sprichwörter und
sprichwörtliche Redensarten [Etwa
200, der größte Teil aus der Ober-
lausitz]. In: Haupt/Smoler (Schma-
ler), Volkslieder der Sorben in der
Ober- und Niederlausitz, Anasta-
tischer Neudruck Berlin 1953, Teil II,
S. 187 bis 206.
272. Cy2,Jurij: Pfislowo — kulturno-
historiski wobraz swojeho casa
[Das Sprichwort — ein kultur-
historisches Abbild seiner Zeit]. In:
Chorhoj mera II (1953), H. 3, S. 9
bis 10.
273. Malink, Petr: Pfislowa su jara zaji-
mawe a powucace [Sprichwörter sind
sehr interessant und belehrend]. In:
Plomjo III (1954), H. 3, S. 10 bis ii.
274. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Serbske prislowa [Sorbische Sprich-
wörter]. In: Nowa doba VIII, 48 —
24. 4. 54, S. 5.
275. Hendrich, Jordan: Dolnoserbske
psislowa [25 niedersorbische Sprich-
wörter] . In: Nowy Casnik Nr. 5 /19 5 °>
S. 40. Niedersorbische Beilage
zu Nowa doba IV, 54 — 13. 5. 54-
276. —: Pedagogiska prowinca w nasich
pfislowach [Die pädagogische Pro-
vinz in unseren Sprichwörtern. Aus
der Sammlung „Pfislowa a pfislowne
hroncka a wuslowa“ = Sprichwörter
und sprichwörtliche Reime ufl
Redensarten von Jan Radyserb
Wjela]. In: Serbska sula VII (1954)-
S. 181 bis 182.
XII. Namen und Zeichen
A. Namen
277. Swela: Mena nasych wsow [Die
Namen unserer Dörfer]. In: Dol-
noserbski Casnik Nr. 1/1948, S. 2
bis 3, Beilage zu Nowa doba II, 20 —
13. 3. 48.
278. Kral, M.: Etwas über sorbische
Namen. In: Nowa doba, Deutsch-
sprachige Beilage, Nr. 2/1949, S. 14
bis 15, Beilage zu Nowa doba
III, 19—15- 2.49-
279. Swela: Wo prawym pisanju serbskich
mjenow [Über die richtige Schrei-
bung sorbischer Namen]. In: Nowa
doba III, 20 — 17. 2. 49, S. 3.
280. Sw ela, Bogumil: Sorbische und deut-
sche Ortsnamen in der Niederlausitz.
In: Nowa doba, Deutschsprachige
Beilage Nr. 3/1949, S. 21 bis 22, Bei-
lage zu Nowa doba III, 32 —-
17. 3. 49.
281. P., E./W., P.: Zur Entwicklung der
sorbischen Schriftsprache [Darin
Anführung der gegenseitigen Be-
zeichnungen der Ober- und der
Niedersorben sowie der Bezeich-
nungen nach den einzelnen Land-
schaften: Heide, Niederland, Ge-
birge]. In: Nowa doba, Deutsch-
sprachige Beilage Nr. 8/1950, S. 57
bis 59, Beilage zu Nowa doba
IV, 95 — 17- 8. 5°-
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
399
282. Krawc, Erich: Wo swöjbnych mje-
nach [Über Familiennamen]. In:
Serbska äula VI (1953), S. 259 bis 270.
283. —: Naloiujmy serbske pfedmjena
[Verwenden wir sorbische Vor-
namen! Namensverzeichnis für Jun-
gen und Mädchen]. In: Serbska
sula VI (1953), S. 509 bis 511.
284. Krawc, Erich: Wo luiiskich wjesnych
a leiownostnych mjenach [Sor-
B. 2
286. —: Nowe symboliske znamjo Do-
mowiny [Das neue symbolische Zei-
chen der Domowina — ein Linden-
bische Dorf- und Flurnamen]. Baut-
zen 1954. 24 S.
285. Fischer, Rudolf: Die slawischen
Sprachdenkmäler Deutschlands
[Slawische Namen aus der Über-
lieferung des 9. Jahrhunderts, Sla-
wisch-deutsche Gemeinsamkeiten in
Personennamen]. In: Letopis In-
stituta za serbski ludospyt, Reihe A,
Folge 2 (1954), S. 1 bis 15.
bäum, entworfen von Hanka Kraw-
cec]. In: Nowa doba III, 117 —
8. 10. 49.
XIII. Verschiedenes
287. Kubasec, M.: Slowjanske hry [Sla-
wische Kinderspiele]. In: Serbska
sula I (1948), H. 6, S. 16 bis 17.
288. —: [Bauernregeln], In: Nowa doba —
Protyka za serbski lud 1949, S. 4, 6,
8, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 24, 26
und — mit geringen Änderungen —
in allen folgenden Jahren.
289. Lehmann, Rudolf: Wo zeiiwjenju
celedze we 18. wßku. Kulturno-
historiski staw w Delnjeje Luiicy
[Die Nahrung des Gesindes im
18. Jahrhundert. Ein kulturhistori-
sches Bild aus der Niederlausitz].
In: Rozhlad IV (1954), S. 155 bis
156.
XIV. Pflege und Weiterentwicklung des volkstümlichen Erbes
in der Laienkunstbewegung
A. Allgemeines
290. —: Dzelo w ludowym wumelstwje je
merowe dzelo [Volkskunstarbeit ist
Friedensarbeit. Bericht über eine
Konferenz der sorbischen Laien-
künstler in Bautzen am 3. und
4. April 1954]. In: Nowa doba
VIII, 41— 8.4. 54, S. 3.
291. Cyz, Handrij: Wuznam na§eho ludo-
weho wumelstwa w l£6e wulkeje
iniciativy [Die Bedeutung unserer
Volkskunst im Jahr der großen
Initiative 1954]. In: Rozhlad
IV (1954), S. 97 bis 102.
B. Die I. Sorbische Kulturbrigade
292. C., K.: Volkskunst im Dienste der
Völkerverständigung. Zur Tätigkeit
der I. Sorbischen Kulturbrigade
Bautzen. In: Nowa doba, Deutsch-
sprachige Beilage Nr. 10/1950, S. 73
bis 75, Beilage zu Nowa doba
IV, 150— 28.12. 50. (Wj.Nr. 1298a).
293. Winar, Jurij: Nasa I. Serbska kul-
turna brigada [Unsere I. Sorbische
Kultur brigade]. In: Rozhlad
I (1950/51), S. 11 bis 13.
294. -wik: Haji6elka precelstwa, wudyrnica
naseje lajskeje kultury. Post festum
k 3. narodninam I. serbskeje kul-
turneje brigady [Hüterin der Freund-
schaft, Vorkämpferin unserer Volks-
kultur. Glückwunsch post festum
zum 3. Geburtstag der I. Sorbischen
Kulturbrigade]. In: Nowa doba
VI, 13 — 31. 12. 52, S. 3.
Inst. f. dt Volkskunde
400
Günther jarosch
C. Aufbau der Laienkunstgruppen
295. Nedo, P[awol]: Prenje wubedzowanje
lajskich kulturnych skupin [Erster
Wettstreit der Laienkunstgruppen].
In: Rozhlad I (1950/51), S. 128
bis 129.
296. Dobrucky [Bozidar]: Serbski holci
chor [Der sorbische Mädchenchor].
In: RozhladI(i95o/51), S. 129bis 130.
297. Jurk: Kulturna skupina Radworskeho
wustawa [Die Kulturgruppe der
Sorbischen Lehrerbildungsanstalt in
Radibor]. In: Rozhlad I (1950/51),
S. 130 bis 131.
298. *** [Mercin Nowak-Njechornski]:
Serbja na III. Swetowym festiwalu
mlodziny a studentow [Die Sorben
bei den III. Weltfestspielen der
Jugend und Studenten in Berlin
1951]. In: Rozhlad I (1950/51),
S. 179 bis 180.
299. N[owak]-N[jechornski], M[erein]: Kul-
turne zarjadowanja Börkowskeho
zjezda [Kulturveranstaltungen beim
Niedersorbischen Kulturtreffen in
Burg 1951]. In: Rozhlad I (1950/51),
S. 180 bis 181.
300. N[owak]-N[jechornski], M[ercin]:
Prehladka lajskeho wumelstwa na
serbskich postnicach [Wettstreit der
Laienkunstgruppen beim sorbischen
Faschingsfest]. In Rozhlad 11(1952),
S. 30.
301. Wujes, Jurij: Kulturny wjeeor II.
Zwjazkoweho kongresa Domowiny
[Der Kulturabend beim II. Bundes-
kongreß der Domowina 1952]. In-
Rozhlad II (1952), S. 71 bis 73.
302. Wicaz, P.: Serbska mlodzina na Blo-
towskim swejdzenju w Lipsku [Die
sorbische Jugend beim Spreewald-
fest auf dem Auensee bei Leipzig an-
läßlich des Sport- und Kulturfestes
der deutschen Jugend zu Pfingsten
1952]. In: Chorhoj тёга I (1952),
H. 4, S. 6 bis 7 — 4 Abb.
303. Felkl,P.: К programej serbskeje
studentskeje kulturneje brigady
[Zum Programm der Sorbischen
studentischen Kulturbrigade]. In:
Chorhoj тёга I (1952), H. 4, S. 12
bis 13.
304. Bulank,Jan: Wuznam I. Olympiady
lajskeho wumelstwa [Die Bedeutung
der I. Deutschen Festspiele der
Volkskunst 1952]. In: Chorhoj
тёга I (1952), H. 7, S. 7 bis 8.
305. Nedo, Pawol: 1. Nömski festiwal
ludoweho wumölstwa a wobdzölenje
serbskich skupin [Die I. Festtage
deutscher Volkskunst und die Be-
teiligung der sorbischen Gruppen;
kritische Stellungnahme]. In: Roz-
hlad II (1952), S. 85 bis 90.
306. Janas, Pötr: Так dzöla nasa serbska
kulturna skupina w Lipsku [So ar-
beitet unsere Sorbische Kultur-
gruppe in Leipzig]. In: Chorhoj
тёга I (1952), H. 16/17, S. 18.
D. Das Staatliche Sorbische Volkskunst-Ensemble
307. Winar, Jurij: Statny serbski ludowy
ansambl so twori [Das Staatliche
Sorbische Volkskunst-Ensemble ge-
bildet]. In: Nowa doba VI, 11 —
26. 1. 52, S. 2.
308. rk.: Dzela-li Serbski ludowy ansambl?
[Arbeitet das Sorbische Volkskunst-
Ensemble?] In: Chorhoj mera
I, Nr. 6 — 5. 7. 52, S. 6 bis 7 —
5 Abb.
309. Solta, Beno: Serbski ludowy ansambl
— ceridlo serbskeho lajskeho kul-
turneho dzela [Das Sorbische Volks-
kunst-Ensemble — die Triebfeder
des sorbischen Laienkunstschaffens].
In: Chorhoj mera II (1953), H. L
S. 11 bis 13 — 3 Abb.
310. -wr-: Sto nam poskica Serbski ludowy
ansambl [Was bietet uns das Sor-
bische Volkskunst-Ensemble?]. I*1’
Plomjo II (1953), H. 3, S. 9 — 2 Abb-
311. Nedo, Pawol: Serbski ludowy än'
sambl [Das Sorbische Volkskunst'
Ensemble. Erstes Auftreten arn
21. 12. 52 in Kottbus]. In: Rozhlad
III (1953), S. 2 bis 8.
312. M., J.: Serbski ludowy ansambl hi^°
postupil [Das Sorbische Volks'
kunst-Ensemble hat bereits Fort'
schritte gemacht]. In: Nowa doba
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
401
VII, 6 — 13.1.53,8.3 — 1 Abb.
[Erntetanz].
313. Pawlus, J.: Widzach a slysach
Serbski ludowy ansambl [Ich sah
und hörte das Sorbische Volkskunst-
Ensemble]. In: Nowa doba VII, 7 —
15. 1. 53, S. 3 bis 4.
314. Wojto, E.: Nasa kultura rozkwSsujo.
Premjera SLA w Chosebuzu [Auf-
blühen unserer Kultur. Premiere
des Sorbischen Volkskunst-Ensem-
bles in Kottbus]. In: Nowy Casnik
Nr. 1/1953, S. 3 — 1 Abb. [Nieder-
sorb. Hochzeitstanz]. Niedersorbi-
sche Beilage zu Nowa doba VII, 9 —
20.1.53.
315. Mö., J.: Statny serbski ludowy an-
sambl— reprezentant serbskeje ludo-
weje kultury [Das Sorbische Volks-
kunst-Ensemble — Repräsentant
der sorbischen Volkskultur]. In:
Nowa doba VII, 62— 27. 5. 53, S. 3.
316. —: Serbskich kulturnikow wuznamje-
nili. Mytowanje aktiwistow w SLA.
[Auszeichnung sorbischer Kultur-
schaffender. Aktivisten im Sorbischen
Volkskunst-Ensemble.] In: Nowa
doba VII, 126 — 22. 10. 53, S. 4 —
1 Abb. [Niedersorbischer Hochzeits-
tanz] .
E. Laienkunstschaffen auf de:
321. G., F.: 1. wustajenca ludoweho wu-
melstwa Belkowskeho wokrjesa.
Serbske rucne dzela so wäem spodo-
bachu [Erste Volkskunstausstellung
317. -a: Nas Serbski ludowy ansambl z
wuspßchom dzela [Unser Sorbisches
Volkskunst-Ensemble arbeitet erfolg-
reich]. In: Protyka za serbski lud [Ka-
lender für das sorbische Volk] 1954,
S. 42 bis 44, 3 Abb.
318. Nedo, Pawol: K nowym wysinam
serbskeje hudzbneje kultury. Druha
premjera Statneho ansamble serb-
skeje ludoweje kultury [Zu neuen
Höhen der sorbischen Musikkultur.
Zweite Premiere des Staatlichen sor-
bischen Volkskunst-Ensembles]. In:
Rozhlad IV (1954), S. 65 bis 68.
319. —: ,,... a möj spew a truny klinia“.
WuspSsna premjera 2. programa
Statneho ansambla serbskeje ludoweje
kultury [„... mein Gesang ertönt
und Saitenspiel“. Erfolgreiche Pre-
miere des 2. Programms des Staat-
lichen Sorbischen Volkskunst-En-
sembles]. In: Nowa doba
VIII (1954), 24— 27. 2. 54, S. 2.
320. Cy2, Handrij: Nowe mlödne köenje
w rö£i naseje kultury zaköelo [Un-
sere Kultur trieb eine neue Blüte —
das neue Programm des Staatlichen
Sorbischen Volkskunst-Ensembles].
In: Chorhoj mera III (1954), H. 5,
S. 12 bis 14 — viele Abb.
Gebiete der Bildenden Kunst
in Weißbach. Die sorbischen Volks-
kunstwerke gefallen allgemein]. In:
Nowa doba VII, 6 — 13. 1. 53, S. 3
XV. Verwendung von Elementen der Volksdichtung
und der Volksmusik in der Individualkunst
A. In der Literatur
322. Bobak [M6r6in Nowak-Njechorhski]:
Wusaty Krjepjel, PowSs6 wo kubol-
6iku Serbskeho domu [Der Bart-
krepel, eine Sage vom Kobold des
Sorbischen Hauses in Bautzen]. In:
Nowa doba III, 52— 7. 5.49» S. 3;
III, 53— 10.5.49, S. 3. (Wj. Nr. 812).
26 Volkskunde
323. Nowak-Njechornski, Meriin: Wu-
saty Krjepjel a druhe bajki [Der
Bartkrepei und andere Erzählungen]
[= Knihownicka „Nowa doba“, 10],
Bautzen 1950 — 68 S., Bilder vom
Autor, Rez.: Rozhlad I (1950/51),
S. 47 (0[ta] W[i6az]). Chorhoj mera
402
Günther Jarosch
I (1952), H. 4 — 10. 6. 52, S. 11
(Jurij Mlynk). (Wj. Nr. 771).
324. Nowak-Njechornski, Meröin: Zapiski
Bobaka. Zberka spisow [Die Auf-
zeichnungen Bobaks. Gesammelte
Aufsätze. Das Buch enthält viele
zum Teil bereits in der Zeitung
„Nowa doba“ und in den sorbischen
Zeitschriften veröffentlichte volks-
kundliche Skizzen]. Vorwort: Pawol
Nedo. Bautzen 1952. 295 S. Rez.:
Chorhoj mera I (1952), H. 12, S. 16
(Jurij Mlynk).
325. Nawka, Michal: Ptaci kwas [Ein
Lied zur „Vogelhochzeit“, 15 Stro-
phen, Melodie angedeutet]. In:Nowa
doba III, 9 — 22. 1. 49, S. 3.
326. Kuba§-Worklecan, Jurij: Fabule
[Fabeln]: 1. Worjol a liska [Der
Adler und der Fuchs]; 2. Holbiki a
skraholc [Die Tauben und der
Habicht]; 3. Wowca a wjelk [Das
Schaf und der Wolf]. In: Nowa doba
IV, 98 — 24. 8. 50, S. 3.
327. Brezan, Jurij: Hochzeitsreise in die
Heimat. Dresden 1953, 151 S. 40 Ab-
bildungen (4 farbige Reproduktio-
nen, 36 Fotos) [Ein Buch von Ge-
schichte und Kultur der Sorbet-
Sorbische Übersetzung (Anton Naw-
ka): Mjez Öornobohom a Blötami
[Zwischen Czornoboh und Spree-
wald]. Bautzen 1953 — 148 S.,
40 Abb. Rez.: Natur und Heimat
II (1953), H. 9, 3. Umschlagseitc
(Manfred Bachmann).
328. Brezan, Jurij: Volkslieder [Deutsche
Nachdichtung sorbischer Volks-
lieder]. In: Jurij Вгёгап, Sorbische
Lyrik, Berlin 1954, S. 11 bis 29
Rez.: Rozhlad IV (1954), S. 244 bis
246 (M[ercin] N[owak]-N[jechorn-
ski]). Sorbische Ausgabe: Serbska
pesen. Wubörk ze serbskeje leriki
wsech stotkow [Das sorbische Lied.
Auswahl aus der sorbischen Lyrik
aller Jahrhunderte] Bautzen 1953-
Darin: Ludowe basnje [Volks-
dichtung] S. 7 bis 30.
B. In der Bildenden Kunst
329. Dobruck^, Boftidar: Wumelc serb-
skeho luda — Mör6in Nowak-Nje-
chornski = Der sorbische Volks-
maler Martin Neumann-Nechern,
Dresden 1951, 114S., 85 Abb. Rez.:
Rozhlad I (1950/51), S. 134 bis 136
(P. Nedo). Mitteilungen des Landes-
amtes für Volkskunde und Denk-
malpflege Sachsen 1951, S. 54bis 57,
7 Abb. (RaimarGilsenbach). [Enthält
u. a.: Volkslied-Illustrationen: S. 83,
87, 92; Illustrationen von Bauern-
regeln^. i04bis 111;Illustration eines
Sprichwortes: S. 99; Bilder zu Mär-
chen S. 12,13,19, 20, 59, 71, 77, 80,
81, 84,95, 96; Bilder zu Sagen: Titel-
blatt, S. 3, 5, 6, 7, 8, 9, 16, 18, 23, 33,
43» 45, 47, 5L 53, 57, 61, 94, nz;
sowie Bilder zu: Brauchtum (vgl-
Nr. 113 und 192), Tracht (vgl. Nr. 93),
Tanz (vgl. Nr. 234), Volksmusik
(vgl. Nr. 223)].
330. Nowak-Njechornski, Mer6in: Ptaci
kwas serbskeho molerja-lajika [Die
„Vogelhochzeit“ eines sorbischen
Laienkünstlers — Erich Ma6ij'-
„Ptacikwas“]. In: RozhladII (1952),
S. 135 bis 137 sowie Bildbeilage.
331. Nowak-Njechornski, Mercin: [Mo-
natsbilder zum sorbischen Brauch-
tum]. In: Protyka za serbski lud
[Kalender für das sorbische Volk]
1954, S. 3, 5, 7, 9, 11, 13, 15, 17, 19,
21, 23 und 25.
C. In der Musik
332. —: Serbska rejwarska hudzba so
twari [Sorbische Tanzmusik im
Entstehen]. In: Nowa doba
VIII (1954), 39, S.5.
Bibliographie zur sorbischen Volkskunde seit 1945
403
D. I
333. N[owak]-N[jechornski], M[Srcin]:
Serbski klankofilm „Bity njebiteho
njese“ [Der sorbische Puppenfilm
„Der Geschlagene trägt den Unge-
schlagenen“]. In:RozhladI (1950/51),
S. 132, Bildbeilage vor S. 145.
334. N[owak]-N[jechoriiski]> M[er6in]:
Preni serbski klankofilm nastawa:
Film
„Bity njebiteho njese“ [Der erste
sorbische Puppenfilm entsteht: „Der
Geschlagene trägt den Ungeschla-
genen“]. In: Nowa doba IV, 149 —
23. 12. 50, S. 5 — 3 Abb.
335. Hempl, Jan: Moje klankofilmy
[Meine Puppenfilme]. In: Rozhlad
III (1953), S. 274 bis 278 — 2 Abb.
2ß*
Polnischer Scherenschnitt
Elfriede Rath-Wien
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs aus den
Jahren 1945 bis 1954
Diese Zusammenstellung ist nicht als Bibliographie gedacht, erhebt also keinerlei An-
spruch auf Vollständigkeit, die in dem zur Verfügung stehenden Rahmen nicht zu erreichen
wäre. Fs wurden vor allem selbständige Publikationen, von Veröffentlichungen in Zeit-
schriften und Sammelbänden nur die umfangreichsten und für den gegenwärtigen Stand
der Forschung bedeutsamsten berücksichtigt. Zur weiteren Orientierung sei auf die „Inter-
nationale volkskundliche Bibliographie“ verwiesen, ferner auf die Rezensionen in den
Heften der „österreichischen Zeitschrift für Volkskunde“, für die Gebiete Volkslied, Volks-
tanz und Volksmusik auf die Bibliographien in dem seit 1952 erscheinenden „Jahrbuch des
österreichischen Volksliedwerkes“.
Gliederung
A. Allgemeines............................................................... 404
B. Recht und Gesellschaft ....................................................406
C. Siedlung und Hauswesen.....................................................406
D. Wirtschaft.................................................................407
E. Möbel und Gerät............................................................407
F. Speisen....................................................................408
G. Volkskunst.................................................................408
FI. Tracht und Schmuck ........................................................409
I. Brauch und Glaube.........................................................409
K. Volkslied und Volkstanz...................................................411
L. Volksschauspiel...........................................................412
M. Volkserzählung und -dichtung .............................................4t2
A. Allgemeines
(Theoretisches, Forschungsgeschichte,
übersichtliche Darstellungen einzelner
Landschaften, Festschriften, Atlasarbeiten).
1. Burgstaller, Ernst: Das Fragewerk
zu den volkskundlichen Karten.
Durchführungsbericht zum ersten
Fragebogen. (= Veröffentlichungen
zum Oberösterreichischen Heimat-
atlas, I.) 63 S., 4 Ktn., Oleat etc.
2. Commenda, Hans: Grundriß einer
Volkskunde von Linz. (Jahrbuch
der Stadt Linz 1950, Linz 195 x>
s- 433—480.
3. Dörrer, Anton — Graß, Franz,
Sauser, Gustav — Schad eibau et >
Karl: Hippolytus GuarinoniuS
(1571—1654). Zur 300. Wiederkehr
seines Todestages (= Schlerfl'
Schriften, Bd. 126) Innsbruck, Wag'
ner, 1934. 224 S.
4. ders. —Schmidt, Leopold: Volks'
kundliches aus Österreich uild
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs
405
Südtirol. Hermann Wopfner zum
7o.Geburtstag dargebracht. (=öster-
reichische Volkskultur. Forschungen
zur Volkskunde, Bd. i.) Wien,
österreichischer Bundesverlag, x 947.
332 S.
5. Festschrift zu Ehren Hermann
Wopfners. i.Teil: Beiträge zur
Geschichte und Heimatkunde Tirols.
2. Teil: Beiträge zur Volkskunde
Tirols. (= Schlern-Schriften Bd. 52/
53.) Innsbruck, Wagner, 1947.
6. Geramb, Viktor: Um Österreichs
Volkskultur. Salzburg, Otto Müller,
1946. 164 S.
7. ders.: Wilhelm Heinrich Riehl. Leben
und Wirken (1823—1897). Salzburg,
Otto Müller, 1954fF. (Erscheint in
Lieferungen.)
8. Haberlandt,Arthur:Taschenwörter-
buch der Volkskunde Österreichs.
Wien, österreichischer Bundes-
verlag, 1953. 212 S. (vorwiegend
sachkundlich).
9. ders.: Wege und Ziele der öster-
reichischen Volkskunde. (Laos
Bd. x/i951, S. 154—164.)
10. Koren, Hanns — Kretzenbacher,
Leopold: Volk und Heimat. Fest-
schrift für Viktor von Geramb.
Graz-Salzburg-Wien, A. Pustet,
(1949). 320 S.
11. Koren, Flanns: Volkskunde in der
Gegenwart. Wien-Graz-Altötting,
Styria, 1952. 99 S.
12. Kultur und Volk. Beiträge zur Volks-
kunde aus Österreich, Bayern und
der Schweiz. Festschrift für Gustav
Gugitz zum achtzigsten Geburts-
tag. Herausgegeben von Leopold
Schmidt. (= Veröffentlichungen
des österreichischen Museums für
Volkskunde, Bd. 5.) Wien, Selbst-
verlag des Museums, 1954- XII u.
424 S., 32 Bildtafeln. (Enthält Ar-
beiten aus den Gebieten der reli-
giösen Volkskunde, des Brauchtums
und des Volksschauspiels.)
13- Li pp, Franz: Art und Brauch im
Lande ob der Enns. Tafeln des
Bilderatlasses von Rotraut Hin-
derks-Kutscher. Salzburg, Otto
Müller, 1952. 12 Bll., 10 Ktn. in
Mappe, Querformat.
14. Mais,Adolf: österreichische Volks-
kunde für Jedermann. Heraus-
gegeben. Wien, Pro-Domo-Verlag,
1952. 510S., zahlreiche Abb. (Po-
pulär-wissenschaftliche Abhand-
lungen verschiedener Autoren aus
den wichtigsten Gebieten der Volks-
kunde.)
15. ders.: Völkerkunde, Volkskunde, Ur-
geschichte und Anthropologie in
den Museen Österreichs. (— Mit-
teilungsblatt der Museen Österreichs,
Ergänzungsheft Nr. 1.) Wien 1952.
64 s.
16. Moto, Oswin: St. Oswald ob Klein-
kirchheim. Menschen, Sitte, Jahr-
laufbrauchtum. Ein Buch vom Kärnt-
ner Bergbauerntum. (= Archiv f.
vaterländische Geschichte und Topo-
graphie, Bd. 34/35.) Klagenfurt,Ver-
lag des Geschichtsvereins f. Kärnten,
195 x. 270 S., Abb.
17. d e r s.: Volkskundliches aus dem Kärnt-
ner Nockgebiet.Volksmedizin,Volks-
glaube, Volksdichtung, Volkskunst,
Hofwesen und Arbeitsleben. Kla-
genfurt, Verlag des Geschichts-
vereins f. Kärnten, 1952. VIII u.
304 S., Abb.
18. Schmidt, Leopold: Volkskunde als
Geisteswissenschaft. (= Handbuch
der Geisteswissenschaften, Bd. 2.)
Wien, Bellaria-Verlag, 1948 (bisher
zwei Hefte erschienen.)
19. ders.: Volkstümliches Geistesleben
der Stadt Krems im Zeitalter der
Reformation und Gegenreformation.
(Krems und Stein. Festschrift zum
950jährigen Stadtjubiläum, Krems
1948.
20. ders.: Volkskunde (des Burgenlandes).
(Burgenland. Landeskunde. Von der
burgenländischen Landesregierung
hg. Wien, österreichischer Bundes-
verlag, 1951. S. 621—708.)
21. ders.: Geschichte der österreichischen
Volkskunde. (= Buchreihe der
österreichischen Zeitschrift für
Volkskunde, Bd. 2.) Wien, Öster-
reichischer Bundesverlag, 1952.
208 S.
406
Elfriede Rath
22. ders.: Burgenländische Beiträge zur
Volkskunde. Die Vorträge der
6. österreichischen Volkskunde-
tagung in Eisenstadt 1951. Im
Aufträge der Arbeitsgemeinschaft
am Burgenländischen Landes-
museum hg. (== Veröffentlichungen
des österreichischen Museums für
Volkskunde, Bd. 2.) Wien, Selbst-
verlag des Museums, 1953. 113S.,
2 Taf.
23. Schult es, Anton: Die Nachbarschaft
der Deutschen und Slawen an der
March. Kulturelle und Wirtschaft'
liehe Wechselbeziehungen im nord-
östlichen Niederösterreich. (= Ver-
öffentlichungen des österreichischen
Museums für Volkskunde, Bd. 4-)
Wien, Selbstverlag des Museums,
1954. 161 S., 4. Bildtafeln.
B. Recht und
24. Buchinger, Josef: Der Bauer in der
Kultur- und Wirtschaftsgeschichte
Österreichs. Wien, österreichischer
Bundesverlag, 1932. 472 S.
25. Dörrer, Anton: Wandel im tirolischen
Volkskörper seit 1900. (österreichi-
sche Zeitschrift für Volkskunde,
Kongreßheft 1932, S. 77—100.)
26. Fresacher, Walther: Der Bauer in
Kärnten. I: Die persönliche Stellung
des Bauers in Kärnten. II: Das Frei-
stiftrecht. (= Archiv für vater-
ländische Geschichte und Topogra-
phie, Bd. 31 und 39.) Klagenfurt,
Verlag des Geschichtsvereines,
1930—32. 176, 173 S.
27. Grüll, Georg: Die Robot in Ober-
österreich. (= Forschungen zur Ge-
schichte Oberösterreichs, Bd. I.)
Linz, Oberösterreichischer Landes-
verlag, 1932. 207 S.
28. Untersuchungen über Berufspro-
bleme der niederösterreichischen
C. Siedlung u
31. Gera mb, Viktor: Die Rauchstuben
im Lande Salzburg. Ein Beitrag zur
Hausforschung der Ostalpenländer.
Salzburg, Otto Müller, 1950. 31 S.,
21 Abb., 2 Ktn.
32. ders.: Kärntner Rauchstuben. (Carin-
thia I, Bd. 144/1954, S. 663—734.)
33. Haberlandt, Arthur: 60 Jahre ver-
gleichende Bauernhausforschung im
Rahmen der Anthropologischen Ge-
sellschaft in Wien. (Mitteilungen der
Anthropologischen Gesellschaft in
Wien, Bd. 82/1932, S. 22—32.)
Gesellschaft
Arbeiterschaft in Gegenwart und
Vergangenheit. I: Rutschka, L.S.:
Die Berufsstruktur Niederöster-
reichs. II: Otruba,G.: Berufs-
struktur und Berufslaufbahn vor der
industriellen Revolution. Wien,
Kammer für Arbeiter und Ange-
stellte in Niederösterreich, 1952*
LXX u. 233, XCVII u. 428 S.,
hektogr.
29. Walleitner, Josef: DerKnecht.Volks-
und Lebenskunde eines Berufs-
Standes im Oberpinzgau. (= Ver-
öffentlichungen des Instituts füf
Volkskunde, Graz, Bd. 1.) Salz-
burg, Otto Müller, 104 S., 32 Abb-
30. Wopfner,Hermann:Bergbauernbuch.
Von Arbeit und Leben des Tiroler
Bergbauern in Vergangenheit und
Gegenwart. Innsbruck-Wien-Mün-
chen, Tyrolia, 1931 ff. (Erscheint io
Lieferungen)
d Hauswesen
34. Heckl, Rudolf: Oberösterreichische
Baufibel. I: Die Grundformen des
ländlichen Bauens. Salzburg, Otto
Müller, 1949. 267 S., 360 Abb.
35. Ilg, Karl: Die Walser in Vorarlberg-
(= Schriften zur Vorarlberger Lan-
deskunde, Bd. 3.) Dornbirn, Vorarl-
berger Verlaganstalt, 1949. 199
2 Ktn., 7 Abb.
36. Steirische Landbaufibel. Heraus-
gegeben vom Verein für Heimat-
schutz in Steiermark. Salzburg, Ott°
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs
407
Müller, 1948. in S., zahlreiche Ab-
bildungen.
37. Rudolph-Greiffenburg, M. V.,
Entstehung und älteste Gestaltung
der Stube in Südtirol. (Tiroler
Heimatblätter Bd. 28/1953, S. 66—
99, 22 Abb.
38. Schad’n, Hans P.: Die Hausberge
und verwandte Wehranlagen in
Niederösterreich. Ein Beitrag zur
Geschichte des mittelalterlichen Be-
festigungswesens und seiner Ent-
wicklung vom Ringwall bis zur
Mauerburg und Stadtumwehrung.
(= Prähistorische Forschungen,
Bd. 3.) Horn-Wien, Ferdinand Ber-
ger, 1953. 268 S., 47 Abb., 1 Karte.
39. Schmidt, Leopold: Die Kittinge. Pro-
bleme der burgenländischen Block-
hausspeicher. (Burgenländische Hei-
matblätter, 12. Jg./i95o, S. 67fr.)
40. Wiessner, Hermann: Beiträge zur
Geschichte des Dorfes und der
Dorfgemeinde in Österreich. (= Ar-
chiv f. vaterländische Geschichte
und Topographie, Bd. 30.) Klagen-
furt, Verlag des Geschichtsvereins f.
Kärnten, 1946. 102 S.
D. Wii
41. Dichtl, Franz: Mühlviertler Holz in
Wirtschaft und Brauchtum. Katalog
zur Sonderausstellung im Mühl-
viertler Heimathaus in Freistadt.
Freistadt (Oberösterreich), 1954.
20 Bll. hektogr.
42. Hubatschek, Erika: Almen und Berg-
mähder im oberen Lungau. Salz-
burg, Buchverlag der Landwirt-
schaftskammer, 1950. 96 S., zahl-
reiche Abb. und Tafeln.
43. Lanser,Otto: Tiroler Volkstechnik.
(= Schlern-Schriften, Bd. 107). Inns-
bruck, Wagner, 1954, 118 S. Abb.
44. Loehr, Maja: Thörl. Geschichte eines
steirischen Eisenwerkes vom 14. Jh.
bis zur Gegenwart. Wien, Verlag, f.
Geschichte u. Politik, 1952. VIII u.
176 S., Abb.
45. Mayer, Matthias: Der mittelalterliche
Weinbau im Nordtiroler Unter-
lande. Innsbruck, Wagner, 1952.
(= Schlern-Schriften, Nr. 95.) 148 S.
E. Möbel
50. Bauernwerk derAlten Welt. Europa
— Asien — Afrika. (Ausstellungs-)
Katalog. (= Veröffentlichungen zum
Archiv für Völkerkunde, Bd. 2)
Wien, Braumüller, 1954. 112S.
51. Koren, Hanns: Pflug und Arl. Ein
Beitrag zur Volkskunde der Acker-
geräte. (= Veröffentlichungen des
Instituts für Volkskunde, Graz, Bd. 3.)
chaft
46. Neweklowsky, Ernst: Die Schiff-
fahrt und die Flößerei im Raume
der oberen Donau. 2 Bde. Linz,
Oberösterreichischer Landesverlag,
i952—54-
47. Schneiter, Fritz: Alpwirtschaft.Graz-
Wien, Leykam, (1948). 458 S.,
296 Abb.
48. Wirtschaftsgeschichte des Landes
Oberösterreich. Hg. im Auftrag der
Kammer der gewerblichen Wirt-
schaft f. Oberösterreich von Vinzenz
Kotzing. I: Alfred Hof mann,
Werden, Wachsen, Reifen von der
Frühzeit bis zum Jahre 1848. Salz-
burg, Otto Müller, 1952. 624S.,
24 Abb. auf Taf., 4 Karten.
49. Zatschek,H.: Handwerk und Ge-
werbe in Wien. Von den Anfängen
bis zur Erteilung der Gewerbe-
freiheit im Jahre 1859. Wien, öster-
reichischer Gewerbeverlag, 1949.
227 S., Abb.
id Gerät
Salzburg, Otto Müller, 1950. 276 S.,
Abb.
52. Moser, Oskar: Kärntner Bauernmöbel.
Handwerksgeschichte und Früh-
formen von Truhe und Schrank.
Klagenfurt, Verlag des Geschichts-
vereins für Kärnten, 1949. 163 S.,
29 Abb.
408
Elfriede rath
53. ders.: Der Heurechen. Versuch einer
volkskundlichen Bestandsaufnahme
des Arbeitsgerätes in Kärnten. Son-
derabdruck aus: Carinthia I, Jg.
142/1952,8. 463 bis 494, 17 Abb.
54. Schmidt, Leopold: Die Kurzstiel-
sense. Zur Verbreitung und Geltung
einer Gruppe europäischer Ernte-
schnittgeräte. (Mit 2 Verbreitungs-
karten.) (Archiv für Völkerkunde,
Bd. 5, S. 159—182, 2 Ktn.
55. ders.: Gestaltheiligkeit im bäuerlichen
Arbeitsmythos. Studien zu den
Ernteschnittgeräten und ihre Stel-
lung im europäischen Volksglauben
und Volksbrauch. Mit 7 Karten.
(= Veröffentlichungen des öster-
reichischen Museums fürVolkskunde,
Bd. 1.) Wien, Selbstverlag des Mu-
seums, 1952. VIII u. 240 S.
56. ders.: Spaten-Forschungen. Zu einigen
Arbeitsgeräten des frühen Acker-
baues. Sonderabdruck aus: Archiv f.
Völkerkunde, Bd. VIII, Wien 1953»
S. 76—141, 4 Skizzen im Text,
4 Tafeln.
F. Speisen
57. Burgstaller, Ernst: Kärntner Qua-
tember-, Schlüssel- und Dreimessen-
brote. (Carinthia 1, Bd. 141/1951,
S. 171—181.
5 8. Hubatschek,Erika: Über die Alltags-
kost beim Tiroler Bergbauern.
(Festschrift zu Ehren Hermann
Wopfners, 2. Teil, Innsbruck 1948,
S. 159—178.)
59. Kranzmayer, Eberhard: Kärntner
Bauernkost und ihre Geschichte.
(Carinthia I, Bd. 139/1949, S. 446—*
462.)
60. Wirleitner, Franz: Die Bauernkost
im Lande Salzburg. Eine volks-
kundliche Betrachtung. Salzburg,
Verlag der Landwirtschaftskammer,
(1951). 59 S.
G. Volkskunst
61. Hess-Haberlandt, Gertrud: Volks-
tümliche Kreuzstichmuster. Hg. von
Niederösterreichischen Heimatwerk.
Wien, Selbstverlag, 1951. 3 S., 25Taf.
62. Hula, Franz: Die Totenleuchten und
Bildstöcke Österreichs. Ein Ein-
blick in ihren Ursprung, ihr Wesen
und ihre stilistische Entwicklung.
Wien, Verlag Helene Poech, 1948.
87 S., 600 Abb.
63. Kästner, Otfried: Eisenkunst im
Lande ob der Enns. Linz, Ober-
österr. Landesverlag, 1954. 180 S.,
illustr.
64. Kretzenbacher, Leopold: Weih-
nachtskrippen in Steiermark. Kleine
Kulturgeschichte eines Volkskunst-
werkes. (= Veröffentlichungen des
österr. Museums für Volkskunde,
Bd. 3.) Wien, Selbstverlag des Mu-
seums, 1953. 64 S., 2 Abb. im Text,
12 Taf.
65. Lipp, Franz: Der „Wolfgangikasten“.
Ein neuentdecktes szenisches Fi-
gurentheater der Legende vom hl.
Wolfgang. (Kultur und Volk, Fest-
schrift f. Gustav Gugitz, S. 237—•
244.)
66. Peinlich-Immenburg, Rose: Der
steirische Mandlkalender. Seine
Zeichen und Bilder. Graz-Wien,
Leykam, 1948. 77 S., Abb.
67. Prodinger, Friederike: Hinterglas-
malerei aus alter und neuer Zeit.
(Katalog.) 13. Sonderausstellung im
Museumspavillon Mirabellgarten
(Salzburger Museum Carolino Au-
gusteum) vom 23. IX.bis2.XI. 1954-
Salzburg, Selbstverlag des Museums,
1954. 40 S.
68. Riedl, Adalbert und Klier, Karl M-:
Kreuzstichmuster aus dem Bur-
genland. Ausgewählt u. gezeichnet.
(Eisenstadt), Verlag des Volks-
bildungswerkes f. d. Burgenland,
1954. i Bl. Text, 24 Bll. Skizzen.
69. Rottenbacher, Elfriede: Alpen-
ländische Handarbeitsmuster. Graz,
Alpenland, 1947. 13 Bll. in Mappe>
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs
409
70. Weingartner, Josef: Tiroler Bild-
stöcke. (= österreichische Volks-
kultur, Bd. 4.) Wien, österreichi-
H. Tracht u
71. Baumgartner, Gustav H.: Vom
Brustfleck zum Leibi. Zur Trachten-
kunde Niederösterreichs, (öster-
reichische Zeitschrift für Volks-
kunde, N. S. Bd. 4/1950, S. 136—
155; Bd. 5/1951, S. 26—44, 143—
D5-)
72. Bertold,Hadwig,und Pesendorfer,
Gertrud: Kärntner Trachten. Er-
neuert und zusammengestellt. Mit
einem Geleitwort von Georg Grä-
ber. Klagenfurt, Kärntner Lands-
mannschaft, 1951. 5 Mappen.
73. Hess-Haberlandt, Gertrud, und
Laaber, Barbara: Frauentrachten
aus Niederösterreich. Zusammen-
gestellt und erläutert im Auftrag
des Niederösterreichischen Heimat-
werkes mit 58 Textabbildungen und
6 ganzseitigen Tafeln. Vier hand-
kolorierte Bildtafeln von Dorothea
Koch. Wien, Selbstverlag, 1952.
29 S., 10 Taf.
74. Klier, Karl M.: Die Bekleidung un-
bekannter Toter in Wien in der
ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts,
(österreichische Zeitschrift für
Volkskunde, N. S. Bd. 4/1950,
S. 1—41, 118—135.
75. Lipp, Franz: Oberösterreichische
Trachten. Erneuert und zusammen-
I. Brauch
80. Bleichsteiner, Robert: Masken- und
Fastnachtsbräuche bei den Völkern
des Kaukasus, (österreichische Zeit-
schrift für Volkskunde, Kongreß-
heft 1952, S. 3—77.)
81. Burgstaller, Ernst: Lebendiges
Jahresbrauchtum in Oberösterreich.
Salzburg, Otto Müller, 1948. 144 S.,
64 Abb.
82. Dörrer, Anton: Tiroler Fasnacht in-
nerhalb der alpenländischen Winter-
und Vorfrühlingsbräuche. (= öster-
reichische Volkskultur, Bd. 5.) Wien,
scher Bundesverlag, 1948. 159 S.,
117 Abb., 8 Taf.
d Schmuck
gestellt. Vorlagen für die zeit-
gemäße und echte Tracht in Ober-
österreich. Folge 1: Im ganzen
Lande gültige Trachten. Linz, Wirt-
schaftsförderungsinstitut der Kam-
mer der gewerblichen Wirtschaft,
(1951). 24 S., 8 Taf. u. 1 Schnitt-
bogen (in Mappe).
76. österreichische Volkskunst:
Trachten. Vorwort von Peter
Müller, Einleitung von Leopold
Schmidt. 20 Blatt (in Mappe) von
A. Rothbauer. Wien, E. Müller,
1948.
77. Schmidt, Leopold: Katalog der Aus-
stellung „österreichische Trachten
in der Volkskunst und im Bilde“.
Wien, Museum für Volkskunde,
1946. 54 S., 11 Abb.
78. ders.: Der norische Polos. Zur Kopf-
bedeckung der Frauen von Virunum.
Sonderabdruck aus: Beiträge zur
älteren europäischen Kulturge-
schichte, Bd. II, Festschrift für Ru-
dolf Egger, 1953, S.198—221.
79. ders.: Der Männerohrring im Volks-
schmuck und Volksglauben mit be-
sonderer Berücksichtigung Öster-
reichs. (= österreichische Volks-
kultur, Bd. 3.) Wien, Österreichischer
Bundesverlag, 1950. 96 S., 8 Abb.
nd Glaube
Österreichischer Bundesverlag, 1951.
480 S., 77 Textabbildungen von
Erich Mayr.
83. Egger, Rudolf: Der heilige Herma-
goras. Eine kritische Untersuchung.
Klagenfurt, Ferd. Kleinmayr, 1948.
85 S.
84. Friess, Edmund,u.Gugätz, Gustav:
Die Wallfahrten nach Adlwang
im Lichte der Mirakelbücher.
(— Buchreihe der österreichischen
Zeitschrift für Volkskunde, Bd. 1.)
410
Elfriede Rath
Wien, österreichischer Bundes-
verlag, 1950. 80 S., 4Abb.
85. Geramb, Viktor: Sitte und Brauch in
Österreich. Ein Handbuch zur
Kenntnis und Pflege guter heimi-
scher Volksbräuche. (Neuauflage
von „Deutsches Brauchtum in
Österreich“.) Graz, Alpenland-Buch-
handlung, 1948. 312 S.
86. Gräber, Georg. Briccius in Heiligen-
blut. Klagenfurt, Ferd. Kleinmayr,
1950. 82 S.
87. ders.: Hildegard von Stein und ihre
Stiftung. Klagenfurt, Ferd. Klein-
mayr, 1952. 80 S.
88. Gugitz, Gustav: Das Jahr und seine
Feste im Volksbrauch Österreichs.
Studien zur Volkskunde. 2 Bde.
Wien, Brüder Hollinek, 1949—50.
VIII u. 368 S., 19 Abb., 391 S.,
19 Abb.
89. ders.: Die alpenländischen Kampf-
spiele und ihre kultische Bedeutung,
(österreichische Zeitschrift für
Volkskunde, Kongreßheft 1952,
S. 101—133.)
90. ders.: Kärntner Wallfahrten im
Volksglauben und Brauchtum.
Versuch einer Bestandsausnahme
Sonderabdruck aus Carinthia I,
Jg. 141, Klagenfurt, Ferd. Klein-
mayr, 1951. 70 S.
91. ders.: Die Wallfahrten Oberöster-
reichs. Versuch einer Bestandauf-
nahme mit besonderer Hinsicht auf
Volksglauben und Brauchtum.
(= Schriftenreihe des Institutes für
Landeskunde von Oberösterreich,
Heft 7.) Linz, Verlag des Amtes der
o. ö. Landesregierung, 1954. 130S.,
21 Bildtafeln.
92. ders.: Das kleine Andachtsbild in
den österreichischen Gnadenstätten
in Darstellung, Verbreitung und
Brauchtum nebst einer Ikonogra-
phie. Ein Beitrag zur Geschichte
der Graphik. (= österreichische
Heimat, Bd. 16.) Wien, Brüder
Hollinek, 1950. VIII u. 184 S.,
48 Tafeln.
93. Hurdes, Franz: Die niederöster-
reichische Bauernhochzeit in Vier-
zeilern, Liedern und Sprüchen ge-
sammelt und mit einer Einführung
in die niederösterreichischen Hoch-
zeitsbräuche etc. hg. Wien, Carl
Gerold’s Sohn, 1949. 200 S.
94. Jantsch, Franz: Mariazell. Das Hei-
ligtum der Gnadenmutter Öster-
reichs. Graz-Wien-Altötting, Styria,
1952. 204S.
95. Jungwirth, Heinrich: Der Ober-
mühlviertler. Seine religiöse und
soziologische Stellung im volks-
tümlichen Wallfahrtsbrauchtum
seiner Heimat. (Österreichische Zeit-
schrift f. Volkskunde, N. S. Bd. 3/
1949, S. 1—37.)
96. Klier, Karl, M.: Das Neujahrssingen
im Burgenland. (= Burgenländische
Forschungen, Heftn.) Eisenstadt
1950, 64 S., 1 Kte.
97. ders.: Das Blochziehen. Ein Fa-
schingsbrauch von der Südostgrenze
Österreichs. (=BurgenländischeFor-
schungen, Heft 22.) Eisenstadt 1953-
160 S., 8 Tafeln, 1 Karte.
98. Koren, Hanns: Die Spende. Eine
volkskundliche Studie über die Be-
ziehung „Arme Seelen — arme
Leute“. Graz-Wien-Altötting, Styria,
1954. 172 S.
99. Kretzenbacher, Leopold: Lutzel-
frau und Pudelmutter. Ein Beitrag
zur Sagenkunde des Burgenlandes;
ebda. S. 162—172.
100. ders.: St. Kümmernis in Inneröster-
reich. Bilder, Legenden und Lieder.
(Zeitschrift des Histor. Vereins f-
Steiermark, Bd. XLIV, Graz 1953»
S. 128— 15 9.)Sieheauch dieArbeät von
Karl v. Spieß in österreichische Zeit-
schrift f. Volkskunde, N. S. Bd. 5/
1951, S. 6ff. u. 124fr.
101. ders.: Die Ketten um die Leonhards-
kirchen im Ostalpenraume. Kultur-
historische Beiträge zur Frage der
Gürtung von Kultobjekten in der
religiösen Volkskultur Europas-
Kultur und Volk, Festschrift £•
Gustav Gugitz, S. 165—202.)
102. Mais, Adolf: Die Gruftbestattungei1
zu St. Michael in Wien. Bruder-
schaften, Bestattungen, SargmalereJ,
Totenbeigaben. (Kultur und Volk»
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs
41 i
Festschrift f. Gustav Gugitz, S. 245
—274O
103. Mayer, Matthias, Der Brixentaler
Antiaßritt. Brixen im Tal — Inns-
bruck 1946. 18 S., 1 Abb.
104. Moser, Oskar: Zur Geschichte und
Kenntnis der volkstümlichen Ge-
bärden. (Carinthial, Bd. 144/1954,
S. 735—774-)
105. Peter, Ilka: Gaßlbrauch und Gaßl-
spruch in Österreich. Mit einer Ver-
breitungskarte der Gaßlreim-
formen. Salzburg, Otto Müller,
195 3. 366 S., 1 Kte.
106. Rettenbeck, Lenz: Heilige Gestalten
im Votivbild. (Kultur und Volk,
Festschrift f. Gustav Gugitz, S. 333
—360.
107. Schmidt, Leopold: Die Bedeutung
der Wallfahrt Maria Einsiedeln auf
dem Kalvarienberg bei Eisenstadt
in den ersten Jahren ihres Bestandes,
(— Burgenländische Forschungen.
Heft 2.) Horn-Wien 1948. 24 S.
K. Volkslied
113. G i g 1 e r, Andreas: Gcsangspostille von
1569—1574 mit Noten-Beiband, ge-
druckt durch Andreas Franck in
Graz. Vollständige Faksimile- Aus-
gabe der Steiermärkischen Landes-
bibliothek durch die Akademische
Druck- und Verlagsanstalt. Graz
1950.
114. Gugitz, Gustav: Lieder der Straße.
Die Bänkelsänger im josephinischen
Wien. Mit 8 Bildbeilagen. Wien,
Hollinek, 1954. VIII u. 264 S.
n5. Hamza, Ernst: Der Innviertler
Ländler. Mit einem Beitrag „Das
Landlageigen und dessen Spiel-
skizzen“ von Erwin Schaller. (Ober-
österr. Heimatblätter, Bd. 7/1953,
S. 33—60). Vgl. die Besprechung
von H. Commenda in Jahrbuch des
Österreichischen V olksliedwerkes,
Bd. 3/1954, S. 166—173.
116. Klier, Karl M.: Die weltlichen Lied-
Flugblattdrucke von Philipp Krauss-
lich in Urfahr-Linz (1861—1892).
(Jahrbuch der Stadt Linz 1952,
S. 69—108.)
108. ders.: Der norische Himmelboot-
fahrer. Mythologische Beiträge zur
Kärntner Urvolkskunde. (Carin-
thia I, Bd. 141/1951, S. 717—765.)
109. ders.: Berchtengestalten im Burgen-
land. (Mit einer Verbreitungskarte.)
Burgenländische Heimatblätter,
Bd. 13/195 x, S. 129—161. Ergän-
zungen: ebda. Bd. 14/1952, S. 122—
128, 170—181.
110. ders.: Barbara- und Luciaweizen. Die
Verbreitung der weihnachtlichen
Tellersaat im Burgenland. (Kultur
und Volk, Festschrift f. Gustav
Gugitz, S. 387—418.)
hi. ders.: Ausstellung: Marianische Wall-
fahrten in Österreich. Katalog. Wien,
Selbstverlag d. österr. Museums f.
Volkskunde, 1954. 64 S.
112. Zimburg, Heinrich von: Der Perch-
tenlauf in der Gastein. Wien, Brau-
müller, 1947. VII u. 48 S., 60 Abb.
nd Volkstanz
117. ders.: Einige Wiener Drucke von
Lied-Flugblättern (1780—1880)
(Jahrbuch des Österreichischen
Volksliedwerkes, Bd. 2/1953,8. 16—
38; Bd. 3/1954, S. 12—45).
118. Kotek, Georg — Zoder, Raimund:
Volkslieder: Stimme der Heimat;
im Heimgarten; Stille Stunden.
Wien, österreichischer Bundes-
verlag, 1948—50. 156, 144, iii S.
119. Riedl, Adalbert — Klier, Karl M.:
Burgenländische Volkslieder. Eisen-
stadt, Volksbildungswerk für das
Burgenland, (1951). 42 Bll.
120. Schmidt, Leopold: Das Volkslied im
alten Wien. (Bellaria-Bücherei,
Bd. 11) Wien, Bellaria-Verlag, 1947.
96 S., 4 Abb.
121. ders.: Linzer Flugblattlieder des 17.
und 18. Jahrhunderts. (Jahrbuch der
Stadt Linz 1951, S. 82—127.)
122. Wolfram, Richard: Die Volkstänze
in Österreich und verwandte Tänze
in Europa. Salzburg, Otto Müller,
1951. 224 S., 32 Bildtafeln.
412
Elfriede Rath
123. Zoder, Raimund: Volkslied, Volks-
tanz und Volksbrauch in öster-
L. Volkss
124. Dörrer, Anton: Tiroler Volksgut auf
dem Heideboden. Unterinntaler
Weihnachtsspiele in der Dreiländer-
ecke des Neusiedlersees. (Burgen-
ländische Forschungen, Heft 17.)
Eisenstadt 1951. 109 S.
125. Kretzenbacher, Leopold: Leben-
diges Volksschauspiel in Steiermark.
(= österreichische Volkskultur,
Bd. 6.) Wien, österreichischer Bun-
desverlag, 1951. VIII u. 405 S.,
mit 27 Abb. und 64 Melodien.
126. ders.: Passionsbrauch und Christi-
Leidenspiel in den Südost-Alpen-
ländern. Salzburg, OttoMüller, 1952.
147 S., 16 Abb. auf Taf. Vgl. dazu
Leopold Schmidt, Neuere Pas-
sionspielforschung in Österreich.
(Jahrbuch des österreichischen
Volksliedwerkes, Bd. II, Wien 1953,
S. 114—143.
127. ders.: Frühbarockes Weihnachtsspiel
in Kärnten und Steiermark. Klagen-
furter und Grazer Weihnachtsspiel-
texte des frühen 17. Jahrhunderts
als kulturhistorische Denkmäler der
Gegenreformation in Innerösterreich.
(= Archiv f. vaterländische Ge-
schichte und Topographie, Bd. 40.)
Klagenfurt, Verlag des Geschichts-
vereins für Kärnten, 1952.
128. Kutscher, Artur und Insam, Mat-
thias: Ein altes deutsches Josephs-
spiel von den zwölf Söhnen Jakobs
des Patriarchen. Herausgegeben.
Nach der Axamer Handschrift von
1678 ergänzt von Anton Dörrer.
(Die Schaubühne. Quellen u. For-
M. Volkserzählu;
136. (Adl, Ferdinand): Sagen aus dem
Mostviertel. Gesammelt von der
Lehrerarbeitsgemeinschaft des Be-
zirkes Amstetten. 2. Bde. Amstetten
1951—32. 128, 121 S., illustr.
137. Adrian, Karl: Alte Sagen aus dem
Salzburgerland mit einem Vorwort.
reich.Wien, österreichischer Bundes-
verlag, 1950. 139 S.
chauspiel
schungen zur Theatergeschichte,
Bd. 45.) Emsdetten, Lechte, 1954-
VIII u. 154 S.
129. Moser, Hans: Schifferbrauch und
Volksschauspiel im alten Laufen.
(Kultur und Volk, Festschrift f-
Gustav Gugitz, S. 285—300.)
130. Rommel, Otto: Die Alt-Wiener
Volkskomödie. Ihre Geschichte
vom barocken Welttheater bis zum
TodeNestroys. Mit 2 5oAbbildungen.
Wien, Anton Schroll, 1952. 1096 S.
131. Schmidt, Leopold: Ausstellung
„Volksschauspiel in Österreich“.
Katalog. Wien 1946.
132. ders.: Steffl von Newhausen. Ein
burgenländisches Fastnachtsspiel des
frühen 17. Jahihunderts. (= Burgen-
ländische Forschungen, Heft 5.)
Eisenstadt 1949. 56 S.
133. ders.: Der Eselreiter von Moschen-
dorf. Seine Stellung im mittel-
europäischen Umzugsspiel und Mas-
kenbrauch. (Österreichische Zeit-
schrift für Volkskunde, N. S. Bd. 3/
1949, S. 77—98.)
134. ders.: Die burgenländischen Sebastia-
nispiele im Rahmen der barocken
Sebastiansverehrung und der Volks-
schauspiele vom hl. Sebastian.
(== Burgenländische Forschungen,
Heft 16.) Eisenstadt 1931. 65 S.
133. Spieß, Karl: Jedermann. Über-
lieferungsmäßige Grundlagen des
Spieles vom Kampf um die Seele des
Sterbenden. (Jahrbuch des öster-
reichischen Volksliedwerkes, Bd. 3/
1954, S. 120—150, 1 Abb.)
g und -dichtung
Bilder und Buchschmuck von Franz.
Wien, Mirabell-Verlag, 1948. 199 S.
138. Beitl, Richard: Im Sagenwald. Neue
Sagen aus Vorarlberg. Feldkirch,
Montfort-Verlag, 1953. 464
illustr.
413
Die wichtigsten Neuerscheinungen zur Volkskunde Österreichs
159. Brauner, Franz: Steirische Heimat-
hefte : Was die Heimat erzählt (bisher
12 Hefte). Graz, Leykam-Verlag,
1950fr.
140. Geramb, Viktor: Kinder- und Haus-
märchen aus Steiermark. 2. Aufl.
Gesammelt und erzählt. Mit Bildern
von Emmy Singer-Hießleitner. Graz.
Leykam, 1946. 299 S.
141. Gugitz, Gustav: Die Sagen und
Legenden der Stadt Wien. Nach den
Quellen gesammelt und mit kriti-
schen Erläuterungen hg. Wien,
BrüderHollinek, 1952. XVI u. 237S.,
1 färb. Titelbild, 8 Tafeln.
142. Haiding, Karl: österreichischer Mär-
chenschatz. Wien, Pro-Domo-Verlag
1953. 500 S., illustr.
143. Hirschberg, Walter: Das Agnes-
brünnl. Volkskundliches um eine
Quelle im Wienerwald. Wien, Natur
und Technik, 1949. 78 S., 16 Taf.,
1 Kte.
144. Holz mann, Hermann: Wipptaler
Heimatsagen.Gesammelt und heraus-
gegeben. (= österreichische Volks-
kultur, Bd. 2) Wien, österreichischer
Bundesverlag, 1949. 262 S., illustr.
145. Hörler, Hans: Sagen und Schwänke
und andere Volkserzählungen aus
dem Bezirk Gänserndorf (Nieder-
österreich). Gesammelt von der
Lehrerschaft des Bezirkes. Gänsern-
dorf, Bezirksschulrat, 1951. 72 S.
146. Kranzmayer, Eberhard: Sagenge-
bundene Kärntner Bergnamen. Ein
Beitrag zur mittelalterlichen Land-
schaftsauffassung. (Carinthia I,
Bd. 140/1950, S. 581—611.)
147. Krause, Adalbert: Admont und das
Gesäuse in der Sage. Federzeich-
nungen von Erwin Ehweiner. Linz,
Oberösterreichischer Landesverlag,
(1948). 84 S., illustr.
148. Kretzenbacher, Leopold: Frevel-
tanz und „Überzähliger“. Zum
Balladen- und Sagentypus vom
„überzähligen“ Tänzer. (Carinthia I,
Bd. 144/1954, S. 843—866.)
*49- Lang-Reitstätter, Lachendes Öster-
reich. österreichischer Volkshumor.
Salzburg, österreichischer Kultur-
verlag, (1948). 214 S.
150. Mell, Max: Alpenländisches Mär-
chenbuch. Volksmärchen aus
Österreich. Ausgewählt und mit
einem Geleitwort versehen. Wien,
Amandus-Edition, 1946. 283 S.
151. Paul in, Karl: Die schönsten Sagen
aus Nordtirol. Ausgewählt und er-
zählt. Innsbruck, Wagner, 1948.240S.
152. Perkonig, Josef Friedrich: Das
Zauberbründl. Das Volk in den
Alpen erzählt. 5. Aufl. Graz-Wien,
Leykam, 1949. 272 S.
153. Pramberger, Romuald, Märchen
aus Steiermark. 2. Aufl. Seckau,
Verlag der Benediktinerabtei, 1946.
192 S., illustr.
154. Rath, Elfriede: Der Hehmann. Her-
kunft und Bedeutung einer Wald-
viertler Sagengestalt. (Mit 2 Karten.)
Sonderabdruck aus: österreichische
Zeitschrift für Volkskunde, N. S.
Bd. 7/1953, 42 S.
155. Sadnik,Linda:Südosteuropäische Rät-
selstudien. (= Wiener Slavistisches
Jahrbuch, Ergänzungsband 1.) Graz-
Köln, Hermann Böhlau, 1953. 186 S.
156. Sann, Hans von der: Sagen aus der
grünen Mark. 4. Aufl. Neu durchge-
sehen und bearbeitet vonötwald Kro-
patsch. Graz, Leykam, 286 S. 1952.
157. Schmidt: Leopold: Wiener Schwänke
und Witze der Biedermeierzeit. Wien,
Wiener Verlag, 1946. 83 S.
158. ders.: Das „Muckennetz“. Alpen-
ländische Gesellschaftslyrik des
17. Jahrhunderts. (= Akademie
der Wissenschaften in Wien,
Phil.-hist. Klasse, Sitzungsberichte,
223. Bd., 4. Abhandl.) Wien, Rohrer,
1944 (erschienen 1946).
159. ders.: Pelops und die Haselhexe.
(Laos Bd. 1/1951, S. 67—78, 2 Ktn.)
160. ders.: Der „Herr der Tiere“ in einigen
Sagenlandschaften Europas und Eu-
rasiens. (Anthropos, Bd. 47/1952,
s. 509—538-)
161. Vonbun, Franz Josef: Die Sagen
Vorarlbergs mit Beiträgen aus Liech-
tenstein. Auf Grund der Ausgabe von
Hermann Sander (1889) neu be-
arbeitet und herausgegeben von
Richard Beitl. Feldkirch, Montfort-
Verlag, 1950. 308 S., illustr.
Ingeborg Weber-Kellermann — Berlin
Eine Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
von 1945 bis Mitte 1954
Die folgende Übersicht erhebt nicht den Anspruch auf bibliographische Vollständigkeit,
wie sie in der „Volkskundlichen Bibliographie“ (letzter 1954 in Basel erschienener
Band behandelt die Jahre 1948/49) geboten wird. Es ist vielmehr unser Ziel, gerade den
Lesern unserer Zeitschrift, die schwer den Zugang zu den großen bibliographischen
Hilfsmitteln finden, einen Einblick in das wichtigste, seit 1945 in beiden Teilen Deutsch-
lands erschienene Schrifttum unseres Fachgebietes zu vermitteln. Dabei haben wir bewußt
im allgemeinen spezifisch regionale Titel bei Einzelwerken und Zeitschriften unberück-
sichtigt gelassen.
Gliederung
A. Gesamtvolkskunde..........................................................414
B. Wirtschaft, Beruf und Gesellschaft........................................415
C. Landschaftliche Volkskunde................................................417
D. Siedlung, Haus und Hausrat..................................................419
E. Volkskunst, volkstümliche Techniken und Arbeitsgeräte.....................420
F. Tracht, Schmuck und Kostüm................................................422
G. Nahrungswesen...............................................................422
FI. Recht und Brauchtum..........................................................423
I. Volksglauben und Volksmedizin..............................................424
K. Volkslied, Musik, Tanz und Kinderspiel......................................426
L. Märchen, Schwank, Sage und Legende..........................................430
M. Volksschauspiel, Laienspiel und Puppenspiel.................................435
N. Volksbuch und Volkslesestoff.............................................. 436
O. Redensarten, Kleindichtung..................................................436
P. Mundart, Sprache und Namen.............................................. 437
Q. Zeitschriften................................................................439
A. Gesamtvolkskunde
* 1. Diener, Walter: Deutsche Volks-
kunde. Ein Grundriß. M 6 Abb. 4.,
erweiterte Aufl. Stuttgart, Reclam
1951. 74 S. 8° = Reclams Universal-
bibliothek Nr. 7227.
v 2. Ernst, Franz: Probleme und Auf-
gaben einer gegenwartsbezogenen
Volkskunde. Wilhelmshaven, Nord-
westdeutsche Univcrsitätsgesell-
schaft. 1951, 23 S. 8° = Wil-
helmshavener Vorträge. H. 10.
3. Fuchs, Alois: Festgabe für .... zum
70. Geburtstag. Paderborn 1950.
4. Grimm, Erich: Grimmbibliographie.
Als Ms. gedruckt. Hannover (Sta-
venhagenstr. 10) 1947. Grimm-
Archiv.
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
415
5. Grimm, Jakob: Aus den Schriften von
Jacob Grimm. (Züsgest. v. Mo-
hammed Rassem) m. 10 Bildern.
Rgsbg. J. Habbel, 1948. 351 S. 8°.
6. Grimm, Brüder: Briefe der ... an
Savigny. Aus dem Savignyschen
Nachlaß hrsg. in Verbind, mit
I. Schnack u. W. Schoof. Berlin
1953*
7. Hellpach, Willy: Das Magethos.
Stuttgart 1947.
8. ders. : Der deutsche Charakter. Bonn,
Athenäum, 1954. 245 S.
% 9. Meier, John: Angebinde für ...
Hrsg. Maurer. Lahr, Schauenburg,
1949 (Festschrift).
10. Ortega-y-Gasset, José: Europäische
Kultur und europäische Völker.
Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt,
1954. 38 S.
U. Panzer, Friedrich: Studien zur dt.
Philologie des Mittelalters. Fried-
rich Panzer zum 80. Geburtstag.
Heidelberg 1950.
^ 12. Röhr ich, Lutz: Bibliographie volks-
kundlicher Dissertationen an
deutschen Universitäten 1945—1950.
Als Ms. [gedr.] Stuttgart, Württ.
Landesst. f. Volkskunde 1951. 18 S.
8°.
0*3- ders.: Volkskunde 1945—1951, ein
Literaturbericht (Hess. Blätter f.
Volkskunde, 1951, S. 77—107).
14. Spranger, Eduard: Die Magie der
Seele, Tübingen, Mohr, 1947, 112 S.
8°.
15- ders.: Der Bildungswert der Heimat-
kunde. Mit einem Anhang „Volks-
tum und Erziehung“. Stuttgart,
Reclam, 1949. 63 S. 8° = Reclams
Universalbibliothek Nr. 7562
*6. ders.: „Kulturpathologie“? = Reden
bei der feierlichen Eröffnung des
Sommersemesters am 23. IV. 1947.
Tübingen, Mohr, 1947.
B. Wirtschaft, Ben
~4- Buck, Joseph: Alte deutsche Hand-
werksweisheit. Bad Wörishofen,
Holzmann. 1949, 80 S. 8.
25- Eckhardt, Werner: Gerber, Färber,
Fabrikanten — ein Lederbuch. Bad
17. Steinitz, Wolfgang: Die volkskund- f
liehe Arbeit in der Deutschen Demo-
kratischen Republik. Vortr., geh.
a. d. Tagg. d. Sekt. f. Völkerkde. u.
dt. Vkde. d. DAdW z. Bin. v.
4.—6. 9. 1953. Hrsg. Zentralhaus f.
Laienkunst, Leipzig = Studien-
material für die Bildungs- und
Erziehungsarbeit d. Volkskunst-
gruppen — Sonderreihe zur Volks-
kunstforschung H. 1.
18. Weber, Alfred: Kulturgeschichte als
Kultursoziologie. 2. Aufl. (Mün-
chen, Piper, 1950). 479 S. 8°.
19. ders.: Prinzipien der Geschichts- u.
Kultursoziologie. München, Piper,
1951. 175 S.
20. Beiträge zur Sprachwissenschaft und
Volkskunde. Festschrift für Ernst
Ochs. Hrsg. Karl Friedrich
Müller. Lahr; Schauenburg, 1951.
397 S.
21. Bericht über den allgemeinen volks- *
kundlichen Kongreß, 7. deutscher
Volkskundetag des Verbandes
Deutscher Vereine für Volkskunde in
Jugenheim an der Bergstraße, 28. bis
31. 3. 1951. Stuttgart, Verb. d. Ver.
f. Vkde. 1952. 96*S. 8°.
22. Im Geiste Herders. Gesammelte
Aufsätze zum 150. Todestag J. G.
Herders. Hrsg. Erich Keyser.
Kitzingen a. M., Holzner, 1953.
305 S. = Marburger Ostforschun-
gen. Bd. 1.
23. Völkerforschung. Vorträge der Tagung ^
für Völkerkunde an der Humboldt-
Universität Berlin vom 25. bis 27.
April 1952. Berlin, Akademie-Verl.
1954, 199 S. = Veröffentlichungen
des Instituts für Deutsche Volks-
kunde i. d. Dt. Akad. d. Wiss. z.
Bin. Bd. 5.
und Gesellschaft
Wörishofen, Holzmann, 1949, 313 S.
m. Abb. 8°.
26. Engels, Friedrich: Der deutsche
Bauernkrieg. (4., unveränderte Aufl.)
Berlin, Dietz, 1949, 196 S. 8° = Bü-
416
Ingeborg Weber-Kellermann
cherei d. Marxismus-Leninismus
Bd. 16.
27. Häusler, G.: Verschwindende Be-
rufe. Biel, Buchdruckerei K. Ritter,
1950.
28. Hartke, Wolfgang: Die Zeitung als
Funktion sozialer Verhältnisse im
Rhein-Main-Gebiet. Frankfurt/
Main, Kraner, 1952. = Rhein-
Mainische Forschungen H. 32.
29. Hellpach, Willy: Mensch und Volk
in der Großstadt. 2. Aufl. Stuttgart,
Enke, 1952. X, 153 S.
30. Helmrich, Wilhelm: Das Ruhrgebiet.
Wirtschaft und Verflechtung (Ver-
öffentlichungen des Provinzialin-
stituts f. westfälische Landes- u.
Volkskunde, Reihe I: Wirtschafts-
u. verkehrswiss. Arbeiten, Heft 3).
2. Aufl. VIII u. 245 Seiten, viele
Textskizzen u. 2 Karten, Münster,
Aschendorff-Verl., 1953.
31. Heuchler, Eduard: Die Bergknappen
in ihrem Berufs- u. Familienleben
bildl. dargest. u. mit erl. Worten
begleitet. Essen, Verl. Glückauf,
1953. H. 1.
32. Höver, Otto: Älteste Seeschiffahrt
und ihre kulturelle Umwelt. Welt-
geschichtl. a. d. 3. vorchristl. Jtsd.
Hamburg, Wede, 1948. 54 S., 1 gef.
Taf. 8°.
33. Kr ins, Franz: Nachbarschaften im
westlichen Münsterland. (Schriften
d. Volkskundl. Komm, im Provin-
zialinst. f. westfälische Landes- u.
Volkskunde, hrsg. v. William
Foerste und Josef Schepers,
Heft 10.) 128 S., 5 Kunstdrucktafeln
u. I Karte, Münster, Aschendorff-
Verl., 1953.
34. Lammers, Walter: Die Schlacht bei
Hemmingstedt. 192 S. m. zahlr.
Illustrationen u. 2 ausschlagbaren
Tafeln, Heide/Holst. Westholsteini-
sche Verlagsanst. Boyens& Co., 1953.
35. Mitgau, Hermann: Gemeinsames
Leben, o. O. 1950, 2 Taf. 40.
36. Müller-Schlösser, Hans: Von aller-
hand Wirten und Gästen. Kleine Ge-
schichte des Gastwirtsgewerbes.
Düsseldorf, Droste-Verl., 1949,
38 S. 8°.
37. Niavis, Paulus: Judicium Jovis
oder Das Gericht der Götter über
den Bergbau. Ein literarisches Do-
kument aus der Frühzeit des deut-
schen Bergbaus. Bearb. v. Paul
Krenkel. Berlin, Akademie-Verb
1953. 63 S. = Freiberger For-
schungshefte D 3.
38. Perlick, Alfons: Oberschlesische
Berg- u. Hüttenleute. Lebensbilder
aus dem oberschlesischen Industrie-
revier. Kitzingen/ Main, Holzner,
1953. 304 S. = Veröffentlichungen
der „Oberschlesischen Studien-
hilfe“ 3. = Quellen u. Darstellungen
zur schlesischen Geschichte. Bd. 5'
39. Reitzig, Hans: Die Krummhübler
Laboranten. Vom Werden, Wirken
u. Vergehen einer schlesischen Heil'
männerzunft. Münster, Aschendorff»
1952. VIII, 133 S., 3 Taf. Abb. 8°.
(Schriften des Volkskunde-Archivs
Marburg. Hrsg. Gottfried Henßen-
Bd. 2.)
40. Ruhr-Almanach. Vom Bergmann und
Bergbau. Hrsg. v. d. Informations-
abt. d. Dtsch. Kohlenbergbau-Leitg*
Essen. M. 20 Farbtaf. u. 62 Zeichn-
1950. Köln, Seemann, 1949. 208 S.
8°.
41. Schier, Bruno: Wege und Formen
des ältesten Pelzhandels in Europa
Mit 2 Kt. u. 2Abb. 75 S. 8°. Frank-
furt/M., Schöps, 1951. = Archiv 6
Pelzkunde. Bd. 1.
42. ders.: Pelze in altertumskundlichef
Sicht. 63 S., 1 Tf. 8°. Frankfurt/M-»
Schöps, 1951. = Archiv für Pel2'
künde. Bd. 2.
43. Schreiber, Georg: Gemeinschaften
des Mittelalters. Münster 1948.
44. Seraphim, Hans Jürgen: Das Heuer*
lingswesen in Nordwestdeutschland'
(Veröffentlichungen d. Provinzial'
instituts für westfälische Landes- u‘
Volkskunde, Reihe I: Wirtschaft®'
u. verkehrswissenschaftliche Arbet'
ten, Heft 5.) 142 Seiten u. 7 rfat>>
Münster, Aschendorff, 1953.
45. Steilen, Diedrich: Das niedersäen
sische Dorf als Lebensgemeinscha
(um 1900). Hannover, Niedef
sächsischer Heimatbund, 1953'
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
417
Schriften des niedersächsischen
Heimatbundes N. F. Bd. 23. =
Veröffentlichungen des niedersächs.
Amtes f. Landesplanung u. Statistik
Reihe A, 2. N. F. Bd. 23.
46. Wallner, Ernst M.: Zastler. Eine
Holzhauergemeinde imSchwarzwald,
m. 4 Karten, 8 Tafeln u. i6Abb.
Veröff. d. alemann. Inst. Freiburg/
Br., 1953, 87 S.
47. Weber, Heinz: De Müllemer Bööt-
cher. Ein Kapitel Kölner Lokal-
schiffahrt. Köln, Greven, 1952.
128 S.
48. Wilsdorf, Helmut: Bergleute und
Hüttenmänner im Altertum bis
C. Landschaftli
51. Bach, Adolf: Kulturströmungen in
Nassau. Nassauische Annalen 63
(1952) 192—217.
52. Böttger, Hermann: Siedlungsge-
schichte des Siegerlandes. Siegen,
Selbstverlag des Siegerländer Hei-
matvereins, 1951. = Siegerländer
Beiträge zur Geschichte und Landes-
kunde H. 4.
53. Braun, Walther: Elbinger Sagen und
Sitten. Essen, West-Verlag, 1953.
51 S. = Elbinger Hefte 14.
54. Bringemeier, Martha: Volkswelt in
Westfalen. Sage und Brauch,
Münster, Regensburg 1948. 53 S.
m. Abb., 8°.
55. Christmann, Ernst: Die Siedlungs-
namen der Pfalz. Speyer, Verlag
d. Pfälz. Ges. z. Förderung der
Wissenschaften 1952 53. = Ver-
öffentlichungen d. Pfälz. Ges. z.
Förderung der Wissenschaften
Bd. 29. T. 1, Lfg. 1—3.
56. Clemens, Paul: Heimatkunde des
Oldenburger Münsterlandes. Olden-
burg, Dieckmann, 1949, 108 S. 1 Kt.
8°.
57. Degen, Kurt: Volkskunde und Volks-
kunst in der Kulturstätte Poschwitz,
m. 30 Federzeichnungen. Kulturamt
der Stadt Altenburg, Thür. 1949,
20 S.
■ 5 8. Dörrier, Rudolf: Pankow. Kleine
Chronik eines Berliner Bezirks.
~ ‘ Volkskunde
zum Anfang der Römischen Repu-
blik. Berlin, Akademie-Verlag 1952.
= Freiberger Forschungshefte,
Reihe D. H. 1.
49. Zander, Robert: Geschichte desGärt-
nertums. Stuttgart, Ulmer, 1952.
= Grundlagen und Fortschritte im
Garten- u. Weinbau.
30. Schützenwesen, westfälisches. Bei-
träge zur Geschichte und zum
Brauchtum der Schützengesell-
schaften in Westfalen. Münster/
Westf., Westfäl. Heimatbund, 1953.
88 S. = Westfälische Reihe 2.
he V olkskunde
(8 Abb. u. Pläne.) Das neue Berlin,
1949, 119 S., 4 Taf. 8°.
39. Ernst, Fritz: Westfalenart. Aus d.
Leben u. Wesen eines dtsch. Stam-
mes. Münster, Aschendorff, 1933,
154S.
60. Haag Karl: Die Grenzen des Schwä-
bischen in Würtemberg, m. 3 Karten-
beil., Wiss. Verl.-Ges. Stuttgart 1946.
138 S. Kl.-8° — Schwäbische Volks-
kunde N. F. Buch 8.
61. Haering, Theodor: Schwabenspiegel.
Ein Kapitel über den schwäbischen
Volkscharakter für Schwaben und
Nichtschwaben. Reutlingen, örtel
und Spörer, 1949. 95 S. 8°.
62. Hanika, Josef: Volkskunde der Su-
detendeutschen. Kitzingen/M.,Holz-
ner 1951, 26 S. m. Abb. 8° = Der
Göttinger Arbeitskreis. Schriften-
reihe. H. 7.
63. Hartwig, Hermann: Dreierlei Platt
in einer Stadt. Sprachliche und volks-
kundliche Studien aus Alt-Minden.
Minden, Buns 1953. = Mindener
Beiträge zur Geschichte, Landes- u.
Volkskunde d. ehern. Fürstentums
Minden. H. 5.
64. Hein, Walter: Heimatbuch Erzgebirge
Text u. Bildausw. 2. Aufl. Dresden,
Sachsenverlag 1949. 96 S.
65. Kamphausen,Alfred:Dithmarschen,
Land und Leistung. Hamburg,
Wegner, 1946. 96 S. 4, 2. verbesserte
418
Ingeborg Weber-Kellermann
Aufl. 1950 = Veröffentlchgn. d.
Dithmarscher Landesmuseums in
Meldorf. Kunst- u. kulturgeschicht-
liche Reihe.
66. Kasten, Hans: Bremen in der Er-
zählung (s. unter Märchen, Erzäh-
lung usw.)
67. Klar, Friedrich: Geschichte des
Dorfes Nieder-Weisel und der
Wetterau. Nieder-Weisel 1953.
68. Koehn, Henry: Die nordfriesischen
Inseln. Die Entwicklung ihrer Land-
schaft und die Geschichte ihres
Volkstums. 4. Aufl. Hamburg,
Cram, de Gruyter & Co., 1954. XX,
223 S.
69. Krause, Anna—Siebert, Der ost-
preußische Volkscharakter, wie er
sich im ostpreuß. Märchen wider-
spiegelt. Diss. Kiel 1947.
70. Lämmle, August: Die Reise ins
Schwabenland. Ausg. 1949. M. Abb.
Bd. 1. Stuttgart, Fleischhauer u.
Spohn, 1949. 8° 6. Aufl. 447 S.
71. Langstroff, Karl Heinz: Lothringer
Volksart. Untersuchung zur deutsch-
lothringischen Volkserzählung an
Hand der Sammlungen von Angelika
Merkelbach-Pinck. Marburg, El-
wert, 1953. (Schriften des Volks-
kunde-Archivs Marburg, Hrsg. Gott-
fried Henßen. Bd. 3.)
72. Lauffer, Otto: Volkskundliche Er-
innerungen aus Göttingen und dem
oberen Leinetal. Göttingen, Vanden-
hoeck & Ruprecht, 1949. 8°, 172 S.
73. Leoprechting, Karl Frh. von: Aus
dem Lechraine. Zur deutschen Sitten-
und Sagenkunde. Unverk. Neudr.
1. 2. Altötting, Bücher der Heimat
1947. Bd. 2 und 3. 8°. 1. Erzählungen
aus dem Volke, 124 S., 2. Das
Bauernjahr in seinen Festen und
Gebräuchen, Lostagen und Lebens-
weisen, 102 S.
74. Lieb, Norbert: München, Lebensbild
einer Stadtkultur. München, Callwey
1953. 3X7S.
75. Mackensen, Lutz: Pommersche
Volkskunde. Kitzingen/Main, Holz-
ner, 1952. 32 S. = Der Göttinger
Arbeitskreis. Schriftenreihe H. 27.
76. Miethe, Käthe: Das Fischland. Ein
Heimatbuch. M. Zeichngn. v. Fritz
Koch-Gotha. (2. Aufl.) Rostock,
Hinstorff, 1951, 144 S. 8°.
77. Müller, Georg: Die Ortsnamen des
Münsterlandes. Ein kulturgeo-
graphischer Beitrag zur Methodik
der Ortsnamenforschung. Mün-
ster, Selbstverlag, d. Geograph.
Institutes d. Universität. 1953’
130 S. == Westfälische Geogr. Stu-
dien. 7.
78. Müller, Karl: Die Eider. Das Ge-
sicht einer interessanten Kultur-
landschaft. Rendsburg, Möller,
1951. 142 S.
79. Neubecker, Ottfried: Die Wappen
und Landesflaggen d. dt. Länder.
Schellenberg b. Berchtesgaden,
Degener, 1950, 8 S. m. Abb. 8°.
80. Peuckert, Will-Erich: Schlesische
Volkskunde. Kitzingen/Main, Holz-
ner, 1953. = Der Göttinger
Arbeitskreis. Schriftenreihe. H. 29-
81. Polenz, Peter von: Die Altenbur-
gische Sprachlandschaft. Unter-
suchungen zur ostthüringischen
Sprach- u. Siedlungsgeschichte.
Tübingen, Niemeyer, 1954. 220 S. =
Mitteldeutsche Forschungen Bd. 1.
82. Reinstorf, Ernst: Kulturgeschichte
des Lüneburger Landes. Winsen/
Luhe, Salzhausen über Lüneburg,
Luhe Verlag, 1952. VIII, 135 S.
83. Riemann, Erhard: Volkskunde des
Preußenlandes. Kitzingen/ Main,
Holzner, 1952, 36 S. m. Abb. 8° =
Der Göttinger Arbeitskreis. H. 19.
84. Ringeling, Gerhard: Fischländer
Volk. Geschichte und Schicksal einer
mecklenburgischen Küstenland-
schaft. Mit 7 111. v. F. Koch-Gotha.
(2. Aufl.) Rostock, Hinstorff, 1947»
176 S. 8°.
85. Rommel, Karl: Reutlinger Heimat-
buch. Bilder, Sagen, Geschichten
aus Stadt und Amt. Mit 40 Bildern.
5. erweiterte Aufl. Reutlingen,
örtel u. Spörer, 1948, 331 S. 8°.
86. Schöller, Peter: Die rheinisch-west-
fälische Grenze zwischen Ruhr-
und Ebbegebirge. Ihre Auswirkun-
gen auf d. Sozial- u. Wirtschaft?'
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
419
räume u. d. zentralen Funktionen d.
Orte. Münster/Westf. Aschendorff,
1953. 143 S. = Veröffentlichungen
d. Provinzialinst. f. westfäl. Landes-
u. Volkskunde, Reihe 1, H. 6. = For-
schungen z. dt. Landeskunde Bd. 72.
87. Schütze, Monika: Dialektgeographie
der goldenen Mark des Eichsfeldes.
Halle Saale, Niemeyer, 1953. =
Mitteldeutsche Studien. 13.
88. Sieghardt,August:KaisertalerBüchl.
Erlebtes, Erlauschtes und Erforsch-
tes aus dem Kaisergebirge bei Kuf-
stein i. T. Altötting, 1949, ui S.
8° = Bücher der Heimat, Bd. 35.
89. Stemplinger, Eduard: Wir Alt-
bayern. München, Büchner, 1946,
i74s-
90. Stoob, Heinz: Die Dithmarsischen
Geschlechterverbände. Grundfragen
d. Siedlungs- u. Rechtsgesch. i. d.
Nordseemarschen, Westholst. Verl.-
Anst. Boyens & Co., Heide/Holst.
1933. 208 S. u. 9 Karten,
91. Bayern, Land und Leute in Wort und
Bild. München, Die Volkskunst.
Bearb. v. Ludwig Schrott. 1952.
m S.
92. Bibliographie, pfälzische. Bearb.:
Hans Moritz Meyer u. Fritz
Kästner. Berichtsjahr 1932. Speyer,
Verl. d. Pfälz. Ges. z. Förderung
der Wissenschaften 1953. 116S.
93. Bibliographie, westfälische, zur
Geschichte und Volkskunde. Hrsg.
v. d. Histor. Kommission f. Westf.
in Verb. m. d. Verein f. Geschichts-
u. Altertumskunde Westfalens. Be-
arb.: Alois Bömer u. Hermann
Degering. Münster i. Westf.,
Regensburg, Lfg. 5. 1953.
94. Forschungen, westfälische. Mit-
teilungen des Provinzialinstitutes f.
westfälische Landes- u. Volkskunde
Bd. 6. Hrsg. v. Franz Petri. 1943—
1932. Münster/Westf., Aschendorff,
Köln, Böhlau 1933. 298 S.
93. Die heimatkundlichen Bestände der
Stadtbücherei Siegen. Siegen 1950,
Vorländer, 96 S. 8° = Forschungs-
hilfen zurSiegenländer Heimatkunde.
H. 1.
96. Die Insel Hiddensee. Ein Pieimatbuch
von Arnold Gustavs (m. Zeichn.).
Hrsg. v. Käthe Miethe. Rostock,
Hinstorff, 1953. (2. Auil. 1934).
97. Kettwig in Geschichte und Sage. Bei-
träge zur Pflege u. Bereicherung d.
Heimatkunde. Bd. 6. 7. Kettwig u.
Essen, Flothmann [1944—Ü948. 8“
= Kettwiger Heimatblätter. Bd.6.7.
1948. 63 S., 2 Taf.
98. Mindener Beiträge zur Landes- und
Volkskunde des ehemaligen Fürsten-
tums Minden. Minden/Westf.,
Bruns. 8° = Mindener Jahrbuch,
N. F.
99. Westfalen. Hefte für Geschichte,
Kunst und Volkskunde. (Hrsg. Anton
Eitel, Alois Fuchs u. a., Bd. 27,
1948 ff. Münster/Westf., Aschen-
dorff, 1948 fr. 40 (jährlich 3 Hefte).
D. Siedlung
*oo. Augst, Emil: Das deutsche Möbel.
Augsburg 1950.
*oi. Barleben, Ilse: Kleine Kulturge-
schichte der Wäschepflege. Düssel-
dorf, Henkel & Cie., 1951 - VIII,
103 S. m. Abb.
lo2. Böttger, Hermann: Siedlungs-
geschichte des Siegerlandes. Siegen,
Selbstverl. d. Siegerländer Heimat-
vereins, 1951.
l03- Döllgast, Hans: Alte und neue
Bauernstuben. (5.Aufl.) München,
Bruckmann, 1951, 62 S., m. Abb.
4°.
und Hausrat
104. Faber, Alfred: 1000 Jahre Werdegang
von Herd und Ofen. München, R.
Oldenbourgh 1930, 40 S. u. 8 T.
103. Hanika, Josef: Siedlungsgeschichte
und Lautgeographie des deutschen
Haulandes in der Mittelslowakei.
München, Lerche, 1952. XXI, 145 S.
8° = Veröffentlichung des Instituts
für Kultur und Sozialforschung in
München.
106. Hövermann, Jürgen: Die Entwick-
lung der Siedlungsformen in den
Marschen des Elb-Weser-Winkels.
Mit 6 Abb. und 17 Kt. Remagen,
27*
420
Ingeborg Weber-Kellermann
Verl. d. Amtes f. Landeskunde, 1951,
119 S. 16 Bl. Kt. 8° = Forschungen
zur deutschen Landeskunde. Bd. 56.
107. Kramer, Karl-Sigismund: Haus und
Flur im bäuerlichen Recht. Ein Bei-
trag zur rechtlichen Volkskunde.
Heft 2 der Sammlung „Bayrische
Heimatforschung“. München, 1950,
38 S.
108. Krenzlin, Anneliese: Dorf, Feld und
Wirtschaft im Gebiet der großen
Täler und Platten östlich der Elbe.
Eine siedlungsgeographische Unter-
suchung. Remagen, Verl. d. Amtes
f. Landeskunde, 1952. 114S. = For-
schungen z. dt. Landeskunde Bd. 70.
109. Lendl, Egon: Die mitteleuropäische
Kulturlandschaft im Umbruch der
Gegenwart. Marburg, Eiwert,
1951. = Schriften d. Instituts f.
Kultur- u. Sozialforschung e. V.
München. Bd. 2.
110. Meyer-Heisig, Erich: Die deutsche
Bauernstube. Nürnberg 1952.
hi. Müller, I.: Europäische Siedlungen.
Münster, 1950.
112. Phleps, Hermann: Deutsche Fach-
werkbauten. Königstein i. T. (Blaue
Bücher). Langewiesche, o. J.
113. Rappaport, Philipp: Sitten und
Siedlungen im Spiegel der Zeiten.
Stuttgart u. Köln, Kohlhammer,
1952. 132 S.
114. Ritz, Josef Maria: Alte bemalte
Bauernmöbel. München o. J.
(1948?) 2. Aufl.
115. ders.: Deutsche Bauernmöbel.
Darmstadt, Schneekluth, 1953.
116. Scheidl, Josef: Das Dachauer Bau-
ernhaus. Eine bau- u. kulturge-
schichtl. Untersuchung. München,
Callwey, 1952, 144 S. m. 41 Abb.
8° = Beiträge zur Volkstumsfor-
schung. Bd. 7.
E. Volkskunst, volkstümliche
127. Bleicher, Otto: Weihnachtskrippen.
Anleitg. z. Herstellg. v. Weihnachts-
krippen versch. Bauart. M. Modell-
bogen u. 61 Figuren i. Text, 3. Aufl.
Ravensburg, O. Maier, 1950,
117. Schilli, Hermann: Das Schwarzwald'
haus. Stuttgart, Kohlhammer,
195 3. 302 S.
118. Schönebaum, Herbert: Aber der
Wagen der rollt. Stationen einer
kulturgeschichtlichen Entwicklung-
Leipzig, Wunderlich, 1952.
119. Schmülling, Wilhelm: Hausin-
Schriften in Westfalen und ihre Ab-
hängigkeit vom Baugefüge. Münster,
Aschendorff, 1951. 188 S., Abb-
(Schriften der volkskundlichen
Kommission im Provinzialinstitut f-
westf. Landes- und Volkskde. 9.)
120. Schwarz, Gabriele: Regionale Stadt-
typen im niedersächsischen Raum
zwischen Weser und Elbe. Re-
magen, Verl. d. Amtes f. Landes-
kunde 1952. — Forschungen z. dt.
Landeskunde Bd. 66.
121. Veltheim-Lottum, Ludolf: Kleine
Weltgeschichte des städtischen
Wohnhauses. Heidelberg, L. Schnei-
der, 1952. XXIV, 342 S., m. Abb.,
I Kt. 8°.
122. Völckers, Otto: So wohnen die
Völker der Erde. Donauwörth, Verl-
Cassianeum, 1949. 120 S., 130 Abb-
123. ders.: Wohnraum und Hausrat.
Eine Fibel. Bamberg, Carl Baessler,
1949. 136 S.
124. Walbe, Heinrich: Das hessisch-
fränkische Fachwerk. 2. Aufl-
Giessen, Brühl, 1953.Lieferung 1—4*
125. Walter, Paul: Das Herdfeuer int
niedersächsischen Bauernhaus-
Bonn, Dümmler, 1948, 32 S. m-
9 Abb. 8° = Beiheft des Instituts
für Film und Bild in Wissenschaft
und Unterricht.
126. Niederschrift über die Tagung dcS
Arbeitskreises für deutsche Haus-
forschung in Cloppenburg i. Oldbg-
vom 22. bis 24.3.1952, verviel-
fältigt.
Techniken und Arbeitsgeräte
32, 8 S., 1 Tf., 1 Mod. Bogen, 8°
Spiel und Arbeit. Bd 59.
128. Bossert, Flelmuth: Ornamente
Volkskunst. Tübingen, 1949.
421
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
129. Buchheit, Hans: Kunsthandwerk des
Mittelalters. München, Prestel, 1949,
24 S. Kl. 8° = Bilderhefte d. Bayr.
Nationalmus. München 3.
130. Dexel, Walter: Glas. Werkstoff und
Form. Ravensburg, Otto Maier,
195°.
131. Graevenitz, Fritz von: Albert Volz.
Ein Bauernkünstler im Schwarz-
wald. Stuttgart, Belser, 1951,
28 S. m. Abb. 8°.
$ 132. Heisig, Walther: Volkskunst in der
Sowjetunion. Berlin, Clara Zet-
kinstr. 28, Institut f. angewandte
Kunst.
133. Helm, Albert: Symbole, profane
Sinnbilder, Embleme und Allegorien.
Eine Motiv- u. Formensammlung.
München, Callwey, 1952. 31 S.
64 Taf.
134. Fleynold-Graefe, Blida: Ober-
ammergauer Schnitzkunst. Mün-
chen, Deutsches Verlagshaus Bong,
1950. 95 S. 8°.
I 135. Himmelheber, Hans: Eskimokünst-
ler. Ergebnisse einer Reise in Alaska.
M. 19 Zeichn. im Text, 44 Abb. u.
1 Kt. (2. Aufl.) Eisenach, Röth,
1953. 136 S. Text, 13 Bl. Bildtaf.
136. Jaques, Renate: Deutsche Textil-
kunst. Krefeld, Scherpe, 1953.
299 S.
*37. Keller, Dieter: Hinterglasbilder.
Lorch/Württemberg, Aussaat-Ver-
lagsges., 1948. 15 S., 64 Abb. auf
Tafeln.
*38. Kothe, Heinz: Die Verbreitung und
Geschichte des Pfluges. Diss.
Göttingen 1948.
*39> Kusenberg, Kurt: Das Krippen-
büchlein. Stuttgart, Hatje, 1949.
79 S. m. Zeichngn. 8°.
*40. Lauffer, Otto : Frau Minne in Schrift-
tum und bildender Kunst des deut-
schen Mittelalters. Hamburg 1947.
Mi. Lejard, André: Der Bildteppich von
Bayeux. Saarbrücken, 1947.
M*. Lühning: Die schneidenden Ernte-
geräte. Technologie, Entwicklung
und Verbreitung unter besonderer
Berücksichtigung Nordwestdeutsch-
lands. Diss. Göttingen 1951. 2 Bde.
143. Mehrgardt, Otto: Geschmückte
Ostereier. Kassel, Bärenreiterverlag,
1952. = Werkbogen der Werk-
gemeinde.
144. Rumpf, Karl: Deutsche Volkskunst.
Hessen, Marburg 1951.,
145. Schier, Bruno: Das Flechten im
Lichte der historischen Volkskunde.
Frankfurt a. M., 1931.
146. Schmolitzky, Oskar: Thüringer
Volkskunst. Jena und Umgebung.
Weimar, Böhlau, 1930. 130 S. Text,
20 Bl. Abb. 40.
147. Sigerus, Emil: Siebenbürgisch-säch-
sische Leinenstickereien. München,
Selbstverlag d. Akadem. Gemein-
schaftsverl. Folge 1.2. 1952, je
16 Taf.
148. Weismantel, Gertrud: Roß und
Reiter. Berlin, 1948 (Studien über
die Formbestände der Volkskunst).
149. dies.: Die Scherenschnittschule.
Köln; Berlin, Nauck, 1952. 108 S.,
37 Taf. 8° = Quellenbücher der
Volkskunst, Bd. 2.
150. Wichmann, Heinrich u. Otto Ro-
senleicher: Deutsche Ornament-
fibel. Leipzig, Staakmann 1950.
151. Zechlin, Ruth: Weihnachtliches.
Christbaumschmuck und Weih-
nachtsbastelcien. 2., erweiterte Aufl.
Ravensburg, O. Maier, 1950. 40 S.
mit 143 Abb. 8° [3., erweiterte Aufl.
1952].
132. Haus und Hausrat, Tracht und Schmuck
in Niedersachsen. Führer des nieder-
sächs. Heimat-Museums d. Hauptst.
Hannover.
153. Kunsthandwerk, Mitteldeutsches, der
Gegenwart. Leistungsschau im
Städt. Kunstgewerbemuseum, Leip-
zig, 1946, 40 S. (zu beziehen durch
Städt. Kstgew.mus.)
154. DeutscheVolkskunst. Katalog der Aus-
Stellung „Deutsche Volkskunst“ in
Berlin 1932. Hrsg. v. d. Staatl.
Komm. f. Kunstangelegenheiten
Berlin. 27 S. Text, 64 Bl. Abb. mit
zum Teil farbigen Tafeln.
422
Ingeborg Weber-Kellermann
F. Tracht, Schmuck und Kostüm
155. Au, Hans v. d.: Odenwälder Tracht.
Darmstadt, Leske, 1952, 105 S.,
Gr.-8° mit 8 vierfarbigen Bild-
tafeln, 108 Abb. auf 28 S. Kunst-
drucktafeln, i9Abb. im Text u.
2. Übersichtskarten.
156. Battke, Heinz: Geschichte des Rin-
ges. Baden-Baden, Klein 1953.
in S.
157. Becker, Karl August: Die Volks-
trachten der Pfalz. Kaiserslautern,
1952.
158. Böhmer, Leo: Die Schirmfibel.
Unterm Schirm durch die Jahr-
tausende. Duisburg, C. Lange, 1953.
159. Hennickens, Gisela: Kleine Stil-
kunde des Kostüms. Berlin,
Hannover, Frankfurt/Main, Schulz,
1951. 144 S.
160. Hoffmann, Anna: Die Tracht des
Kirchspiels Ostenfeld, Heide,West-
holst. Verlagsanst. Boyens & Co.,
1951. 152 S. m. Abb., 2 Vierfarben-
drucken auf Kunstdruckpapier.
161. Klein, Ruth: Lexikon der Mode, drei
Jahrtausende europäische Kostüm-
kunde. Baden-Baden 1950.,
162. Lenning, Gertrud: Kleine Kostüm-
kunde. 2. Aufl. Berlin, Schiele &
Schön, 1950. 189 S.
163. Muster, Karl: Die Spitzbetzeitracht
im Amte Felsberg des Kreises Mel-
sungen. Ein Beitrag z. niederhess.
Volkstracht. Melsungen, Bernecker
i. Komm., 1953. — Felsberger
Arbeitskreis.
164. Noack, Liesel: Deutsche Trachten in
der Slowakei. Leipzig 1948 (Diss.
Maschschriftl).
165. Osse-Gosch, A.: Die Altländer
Tracht. 1948.
166. Pirchan, Emil: Kostümkunde. Die
Bekleidung aus 5 Jahrtausenden.
Ravensburg, O. Maier, 1952.
167. Retzlaff, Plans (Rudolf Helm), Hes-
sische Bauerntrachten. Marburg,
Elwert-Gräfe u. Unzer-Verlag, 1949,
4°-
168. ders.: Trachten. 42 Bildtaf. Mit einer
Einführung v. Rudolf Helm
Groschlattengrün/Opf., Schwarz,
1951, 2 Bl. Text, 21 Bl. Abb. 8° =
Schwarz-Bibliothek.
169. Tilke, Max: Kostümschnitte und Ge-
wandformen. Eine Übersicht d.
Kostümschnitte u. Gewandformen
aller Zeiten u. Völker v. Altertum
bis zur Neuzeit. 128 Taf., 112 in
Vierfarbendr. (Neuaufl.) Tübingen,
Wasmuth, 1948. 60 S. 40.
170. Das Kostüm. Eine Geschichte der
Mode. Bd. 3. Renaissance u.
Frühbarock. München, List, 1951.
171. Mitteilungsblatt des Verbandes deut-
scher Heimat- und Trachtenvereine
e. V., Sitz München, Jg. 4, 1951 ff-
München 1951 ff. (Will). 40 [Mo-
natl. zweimal].
G. Nahrungs wesen
172. Adrian, Walther: So wurde Brot aus
Halm und Glut. Zeichngn. Eva
Kausche-Konsbach. Bielefeld,
Ceres-Verl. 1951. 116 S. m.
59 Abb. 8° = Geschichte und Ent-
wicklung der Hausbäckerei. Bd. 1.
173. Christoffel, Karl: Trost und Weis-
heit des Weines. Vergnügliches
Wissen um Reben und Wein. M.
Zeichngn., Heidelberg, Schneider,
1949, 290 S. 8°.
174. Jacob, Heinrich Eduard: Sage und
Siegeszug des Kaffees. Die Bio-
graphie eines weltwirtschaftlichen
Stoffes. Hamburg, Rowohlt, 1952,
366 S., 28 S. Abb. 8.
175. Okakura, Kakuzzo: Das Buch vom
Tee. Aus d. Engl, übertr. v. Horst
Plammitzsch. (m.—120. Tsd.)
Insel-Verl. 1949, 77 S. 8° = Insel-
bücher Nr. 274.
176. Pelshenke, Paul: Gebäck aus deut-
schen Landen. Seine Herstellung,
Geschichte und Verbreitung. Alfeld,
Gilde-Verl., 1949, 2. Aufl. 160 Abb.
177. Reeck, Emerich: Frankfurter Würst-
chen. (Der Stolz der Frankfurter
Schweinemetzger, Weltruhm der
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
423
Stadt.) Frankfurt/Main, Heinrich,
1949, 42 S. 8°.
178. Sprat er, Friedrich: Rhein. Wein und
Weinbau. Heidelberg, Jedermann-
Verl., 1948, 53 S. 8°.
179. Stengel, Walter: Zuckerund Zucker-
gerät. Berlin: Märkisches Museum
1952, 16 S. M. Abb. 4 Tf. 8° =
Quellenstudien zur Berliner Kultur-
geschichte.
180. Stokar, Walter von: Die Urgeschichte
des Hausbrotes. Ein Beitrag zur Ent-
wicklungsgeschichte der Nahrung.
223 Abb. im Text. Leipzig, Barth
1951, VII, 172 S. 8°.
H. Recht und Brauchtum
t8i.Bogen rieder, Franz X.: Oberammcr-
gau. München, 1950.
182. Brauner, Josef: Schlesischer Volks-
brauch im Kirchenjahr. Ulm, 1949.
63 S. 8°.
183. Bringemeier, Martha: Volkswelt in
Westfalen. Sage und Brauchtum
(s. unter Landschaftliche Volks-
kunde).
184. Kunst und Recht, Festgabe für Hans
Fehr. C. F. Müller, Karlsruhe 1948,
235 S. 8° = Arbeiten zur Rechts-
soziologie und Rechtsgeschichte.
185. Frevert, Walter: Das jagdliche
Brauchtum. Jägersprache, Bruch-
zeichen, Jagdsignale und sonstige
Jagdbräuche. 5. Aufl. Berlin,
Hamburg, Parey, 1951. 142 S.
186. Fröhlich, Karl: Stätten mittelalter-
licher Rechtspflege im niederdeut-
schen Bereich. M. 35 Abb.
Gießen, Schmitz, 1946, 52 S., 8 Tafn.
8° = Arbeiten zur rechtlichen Volks-
kunde. H. 4.
187. ders.: Denkmäler mittelalterlicher
Strafrechtspflege in Ost- und Mittel-
deutschland. M. 14 Abb. Gießen,
Schmitz 1946, 27 S., 4 Tfn. 8°
= Arbeiten zur rechtlichen Volks-
kunde. H. 5.
188. ders.: Rechtsdenkmäler des deutschen
Dorfs. Gießen, Schmitz 1947,
46 S., 8 Tfn. 8° = Giessener Bei-
träge zur deutschen Philologie. 89.
*89. Kramer, Karl-Sigismund: Haus und
Flur im bäuerlichen Recht (s. unter
Siedlung und Hausbau).
19°- Kr iss, Rudolf: Sitte und Brauch im
Berchtesgadener Land, München-
Pasing, Verl. Filser. 1947, 231 S.
8° = Berchtesgadener volkskundl.
Schriften, Bd. 3.
191. Künssberg, Eberhard von: Rechts-
brauch und Kinderspiel. Univ. Verl.
Carl Winter Heidelberg 1952. Unter-
suchungen zur deutschen Rechts-
geschichte und Volkskunde. 2. (er-
gänzte) Aufl., besorgt von Karl
S. Bader und Hans Müller, 74 S.
(Sitzungsberichte der Heidelberger
Akademie der Wissenschaften, Phil.
Hist. Klasse, Jhrg. 1952,3. Abhandl.)
192. Künzig, Johannes: Dieallemannisch-
schwäbische Fasnet. Freiburg 1950,
Landesstelle f. Vkde., 80 S. mit
47 Abb.
193. Kusenberg, Kurt: Das Krippen-
büchlein (s. unter Volkskunst und
volkstümliche Techniken).
194. Lauffer, Otto: Farbensymbolik im
deutschen Volksbrauch. Hamburg,
Flansischer Gildenverl., 1948. 89 S.,
8°.
195. Lenhardt, Heinz: Feste und Feiern
des Frankfurter Handwerks. Ein
Beitrag zur Brauchtums- u. Zunft-
geschichte. Frankfurt/Main, Kraner,
1951. 120 S.
196. Meier, John: Ahnengrab und Rechts-
stein, Untersuchungen Zur deutschen
«A Volkskunde und Rechtsgeschichte.
Deutsche Akademie der Wissen-
schaften zu Berlin, Veröffentlichun-
gen der Kommission für Volks-
kunde, Bd. 1. Berlin, Akademie-
Verlag, 1950. 158 S.
197. Meisen, Karl: Die heiligen drei
Könige und ihr Festtag im volks-
tümlichen Glauben und Brauch.
Köln, Gustav Göller, 1949. 62 S.,
18 Abb.
198. Nickel, Johanna: österliches $
Brauchtum in der deutschen
424
Ingeborg Weber-Kellermann
Barockforschung. Berlin 1945.
(Diss. Masch. schriftl.)
199. Peuckert, Will-Erich: Ostermorgen.
Zs. f. dt. Phil. 1950, H. 1.
200. Ranke, Kurt: Rosengarten, Recht
und Totenkult. Hamburg, 1952.
201. Rattelmüller, Paul Ernst: Festliches
Jahr. Brauchtum im bayerischen
Alpengebiet. München, Callwey,
1953. 179 S.
202. Reinhardt, Albert: Das volkstüm-
liche Jahr, Feste und Volksbräuche
im Ablauf des bäuerlichen Jahres.
Freiburg, 1949. 55 S., 8°.
I. Volksglauben u
205. Baetke, Walter: Christliches Lehngut
in der Sagareligion. Das Svoldr-
Problem. 2 Beiträge 2. Sagakritik. —
Berlin, Akademie-Verl., 1951,
135 S. 8° = Berichte über die Ver-
handlungen der Sächs. Ak. d. Wiss.
2. Leip2ig. Phil.-hist. Kl. Bd. 98,
H. 6.
206. Bammel, Frit2: Das heilige Mahl im
Glauben der Völker. Eine religions-
phänomenolog. Unters. Gütersloh,
Bertelsmann, 1950. 199 S. 8°.
207. Bauer, Paul: Der moderne Aberglaube
und seine Überwindung. Stuttgart,
Quelle-Verl., 1950, 8°.
208. Bertholet, Alfred: Die Macht der
Schrift in Glauben und Aberglauben.
Berlin, Akademie-Verl., 1949. 48 S.
40 = Abh. d. Ak. d. Wiss. 2. Bin.
Phil.-hist. Kl. Jg. 1948, 1.
209. Brepohl, Wilhelm: Bäuerliche Heil-
kunde in einem Dorfe des Mindener
Landes um die Jahrhundertwende.
Ein Beitr. 2. Vkde. von Minden u.
Ravensburg. Minden/Westf., Bruns,
I95°» 34 S. 8°. = Mindener Bei-
träge 2ur Landes- und Volkskunde
des ehern. Fürstentums Minden.
FI. 2 = Mindener Jahrbuch. N. F.
210. Eckert, Georg: Totenkult und Le-
bensglaube im Caucatal. Mit einem
Vorw. v. Hermann Trimborn.
17 Abb. u. 3 Kt. im Text. Braun-
schweig, Limbach, 1948, 62 S. 8° =
Kulturgeschichtliche Forschungen.
Bd. 1.
203. Schmidt, Friedrich Hein2 (Hrsg.):
Sitte u. Brauch im Jahreslauf. An-
leitung z. Beobachtung und Dar-
stellung aus Überlieferung u. Gegen-
wart. Stuttgart N.: Württemberg.
Landesstelle f. Volkskunde, 1952.
204. Schneeweis, Edmund: Feste und
Volksbräuche der Sorben. Ver-
gleichend dargestellt. M. 16 Abb. auf
ioTaf., 2. Aufl. — Berlin, Akademie-
Verlag 1952, 186 S. u. 10 Bildtaf. =
Veröffentlichungen des Instituts für
Slawistik a. d. Dt. Akad. d. Wiss. z.
Bin., Nr. 3.
d Volksmedizin
211. Ellerhorst, Winfried: Prophezei-
ungen über das Schicksal Europas,
Visionen berühmter Seher aus
12 Jahrhunderten. Aus dem Nachlaß
ausgew. u. bearb. v. H. Armand.
München, Schnell & Steiner, 1951,
150 S. 8°.
212. Esser, Alfred: Geheimnisvolle Kräfte.
Utopien d. Menschen. Köln-Kre-
feld, Staufen-Verl., 1949. 468 S. m.
Abb. 8°. 12,50 DM.
213. ders.: Sibirisches Schamanentum und
Magie. Augsburg, Klingenberg
26a, 1953.
214. Findeisen, Hans: Karelische Hirten-
# 2auberer und ihre Praktiken. Augs-
burg, Institut f. Mensch- und
Menschheitskunde, 1954.
215. Fraenger, Wilhelm: Die Hochzeit zu
,j*; Kana. Ein Dokument semitischer
Gnosis bei Hieronymus Bosch. Ber-
lin, Gebrüder Mann, 1950.
216. ders.: Hieronymus Bosch. Das tau-
sendjährige Reich. Grundzüge einer
Auslegung. Coburg, Winkler, 1947*
142 S., 10 Tafeln, 5 Tfn. im Anh. 4°-
217. Hartlaub, G. F.: Das Unerklärliche.
Studien zum magischen Weltbild.
Stuttgart 1951.
218. Hartmann, Hans: Der Totenkult in
Irland. Heidelberg, Universitäts-
Verl. Carl Winter, 1952. 211 S.
219. Helm, Karl: Altgermanische Reli-
gionsgeschichte. Zweiter Band:
Die nachrömische Zeit. Teil 2: Die
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
425
Westgermanen. Heidelberg, Winter,
195 3. 292 S.
220. Henseler,Theodor Anton: Spielbähn.
Seine merkwürdigen Prophezeiungen
auf unsere Zeit und Zukunft. Weis-
sagungen v. Köln. Siegburg,
F.Schmitt, 1950, 155 S. 1 Bl. Abb. 8°.
221. Hübscher, Arthur: Die große Weis-
sagung. München, Heimeran, 1952.
8°, 253 S.
222. Jensen, Ad. E.: Das religiöse Welt-
bild einer frühen Kultur. M. 4 Abb.
Stuttgart, Schröder, 1948, 198 S.
8° = Studien zur Kulturkunde.
Bd. 9.
223. Kirfel, Willibald: Die dreiköpfige
I Gottheit. Archäologisch-ethnolo-
gischer Streifzug durch die Ikono-
graphie der Religionen. Bonn, Ferd.
Dümmler, 1948. 210 S., 213 Abb.
224. Kr iss, Rudolf: Im Zeichen des Un-
jb geistes. München-Pasing, Filser,
1948. x32 S. 8°.
225. ders.: Die Volkskunde der altbaye-
rischen Gnadenstätten. Bd. 1. Ober-
bayern. München-Pasing, Filser,
195 3-
226. Kr iss, Rudolf, und Lenz Retten-
beck: Wallfahrtsorte Europas. Mün-
chen, 1950. 209 S. 8°.
227. Kruse, Johann: Hexen unter uns?
Magie und Zauberglauben in un-
serer Zeit. Hamburg, Verlag Ham-
burgische Bücherei, 1951. 209 S. 8°.
228. Küpper, H.: Unberufen toi, toi, toi.
99 uralte Regeln, das Glück zu
mehren, dem Unglück zu wehren.
München, Heimeran, 1951. 47 Bl.
8°.
229. Mack, Josef: Das Kosmische als
Grundlage des Religiösen. Ein
Blick in die Kulturen primitiver
Völker. Meisenheim am Glan,
Westkulturverlag, 1953- n8 S. =
Beihefte zur Zeitschrift f. philosoph.
Forschung. H. 8.
230. Meisen, Karl: Die heiligen drei
Könige und ihr Festtag im volks-
tümlichen Glauben und Brauch,
(s. unter Recht und Brauchtum).
a3i. Peterich, Eckart: Kleine Mythologie.
Die Götter u. Helden der Germa-
nen. Freiburg i. Br., Bad. Verlag,
1949, 189 S. 8°.
232. ders.: Kleine Mythologie. Die Götter
und Helden der Griechen, ebd. 1949,
154 S. 2 Ktn. 8°.
233. Peuckert, Will-Erich: „Volkskund- $
liehe Symbole“ in Studium Gene-
rale 6 (1953).
234. ders.: Die große Wende. Das apo- «
kalyptische Saeculum u. Luther.
Geistesgeschichte u. Volkskunde.
Hamburg, Claassen goverts, 1948.
749 s-
235. ders.: Geheimkulte. Heidelberg, Carl
Pfeffer, 1951. 663 S.
236. Ranke, Kurt: Volkskundliches zu
Priester Arnolds Gedicht von der
Siebenzahl (Zs. f. dt. Philologie
7U 343—365>-
237. Reichstein, Herbert: Praktisches
Lehrbuch der Kabbala. Magie u.
Symbol der Namen und Zahlen.
5. Aufl. Berlin, Schikowski, 1954.
210 S.
238. Reitzig, Hans: Die Krummhübler
Laboranten. Vom Werden, Wirken
und Vergehen einer schlesischen
Heilmännerzunft (s. unter Witt-
schaft, Beruf und Gesellschaft).
239. Roeder, Günther: Volksglaube im
Pharaonenreich. Stuttgart, W. Spe-
mann, 1952. 273 S. 8° = Sammlung
Völkerglaube.
240. Roesermüller, Wilhelm Otto:
Erprobte Volks-Heilmittel und
-Heilweisen. 5. Aufl. Freiburg/
Brsg., Bauer, 1953-
241. Rothert, Hermann: Das tausend-
jährige Reich der Wiedertäufer zu
Münster 1534—1535. Münster/
Westf., Aschendorff, 1947, 46 S. 8°.
242. Salier, K.: Volksmedizin und außer-
schulgemäße diagnostische und the-
rapeutische Methoden. Bd. 1.
Saulgau/Wttb., Flaug, 1951, 8°,
213 S. m. 12 Abb.
243. Schauerte, Heinrich: Die volks- ф
tümliche Heiligenverehrung. Mün-
ster, Aschendorff, 1948. 164 S.
244. Schmidt, Paul: Aberglauben als
Massenwahn. Astrologie in christ-
licher Sicht. Berlin, Morus, 1952.
426
Ingeborg Weber-Kellermann
«245. Spamer, Adolf: Zur Aberglaubens-
bekämpfung des Barock. In: Mis-
cellanea, Berlin, Akademie-Verlag,
1950, II/i, S. 133—159.
246. Spranger, Eduard: Die Magie der
Seele, (s. unter Gesamtvolkskunde).
247. Stemplinger, Eduard: Antiker,
Volksglaube. Stuttgart, Spemann,
1950, 247 S. 8°.
K. Volkslied, Musik un
250. Alpers, Paul (Hrsg.): Das Wienhäuser
Liederbuch (von 1470). Celle,
Ströher, 1934. 126 S.
251. Arma, Paul (Hrsg.): Europäische
Volkslieder. ([Übers, von] Fritz
Schröder u. Marc-André Sou-
chay. Buchschmuck v. Guy Ge-
orget.) Ravensberg, O. Maier,
1950, VIII, 143 S. 8°.
252. Arnim, Ludw. Achim von, und Cle-
mens Brentano: Eine Auswahl
alter deutscher Lieder, mit einer
Einführung von Dieter Pfeffer aus
Des Knaben Wunderhorn. Heidel-
berg, Jedermann-Verlag, 1947,
64 S. K1.-80.
253. Au, Hans von der (Hrsg.): Heit ist
Kerb in unserm Dorf. Tänze rechts
und links der Saar. Kassel, Bären-
reiter, 1934.
254. Baumann, Hans (Hrsg.): Euro-
päische Volkslieder. Düsseldorf,
Diederichs. 8° (Bd. 1 : Englische
Volkslieder. Engl., irische, schot-
tische u. wälische Lieder, 1951;
Bd. 2: Französische Volkslieder,
1952).
255. Blankenburg, Walter: Kirchenlied
und Volksliedweise. Gütersloh,
Rufer-Verl., 1953. = Schriften d.
westfäl. Landeskirchenmusikschule
Herford. H. 4.
256. Blume, Fr. (Hrsg.): Die Musik in
Geschichte und Gegenwart. Sonder-
druck „Deutschland in der Musik-
geschichte“. Kassel, Bärenreiter-
Verlag, 1953.
257. Bose, Fritz: Musikalische Völker-
kunde. Freiburg, Atlantis-Verl.,
T95 3. 197S. = Atlantis- Musik-
büchcrei.
248. Widler, Walter (Hrsg.): Buch der
Weissagungen. 8., völlig umge-
arbeitete Aufl. d. 1923 erschienenen
Buches der Wahr- u. Weissagungen.
München, Manz, 1950, 176 S. 8°.
249. Zucker, Konrad: Psychologie des
Aberglaubens. Heidelberg, Scherer.
1948, 330 S. 8°.
d Tanz und Kinderspiel
258. Bruder, Albert (Hrsg.): Zünftige
Lieder. Karlsruhe, Bruder, 1932.
239. Burkhardt, Ludwig: Hans, bleib da!
Eine Auswahl alter Volkstänze u.
Jugendtänze aus d. „Losen Blättern
vom Jugendtanz“ hrsg. v. Erich
Janietz u. Ludw. Burkhardt.
Zsgest. u. neubearb. Klaviersätze
v. E. Hauschka. Göttingen, Manz
u. Lange. 1950. 28 S.
260. ders.: Kneveler. Alte Volkstänze
und neue Tänze. Klaviersätze v,
Otto Abel. 8. Aufl. Göttingen
Manz u. Lange, 1950. 39 S.
261. Donath, Paul (Hrsg.): 30 Volkslieder
aus dem Lande Sachsen-Anhalt in
Sätzen für beliebige Besetzung durch
Singstimmen oder Instrumente.
Halle. Mitteldeutscher Verlag, 1931»
51 S.
262. Donisch, Anna Luise: Volks- und
Studentenlieder, Köln, Bachem,
1948. 103 S. 8°.
263. Götsch, Georg: Englisches Lieder-
buch. Schöne englische Volkslieder.
Wolfenbüttel, Möseler, 1953. 166 S.
264. Haupt, Leopold und Schmaler,
Johann Ernst: Volkslieder der Sor-
$ ben in der Ober- u. Niederlausitz.
M. mehrfarb.Taf. Anastatischer Neu-
druck. Berlin, Akademie-Verlag,
1953. 332 S., 1 Klappkt., 3 Bildtaf-
265. Heilfurth,Gerhard: Das Bergmanns-
lied. Wesen, Leben, Funktion.
Kassel, Bärenreiter-Verlag, 19 5 4-
790 S., 32 Bildtfl.
266. ders. (Hrsg.): Glückauf — Ihr Berg'
leut all! Bergmannslieder aus fünf
Jahrhunderten. M. Zeichn. v. Franz
Müller. Mehrstimmiger Satz von
Hans Gerstenberg. Leipzig»
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
427
Volk und Buch Verlag, 1950. 95 S.,
quer-8°.
267. Helms, Anna u. Julius Blasche:
Die drei Tore. Neue Geestländer
Tänze. 4. Aufl. Frankfurt/Main, Hof-
meister, 1953.
268. dies.: Bunte Tänze. Bd. 1—5. 9—11.
Frankfurt/Main, Hofmeister, 1948
—53-
269. Helms-Blasche, Anna, Otto Ilm-
brecht u. Heinrich Dieckelmann:
Die Tanzkette. Ein Hand- u. Werk-
buch f. Schulen, Horte u. Volks-
tanzkreise. Frankfurt/Main, Hof-
meister, 1952 53.
270. Herder, Johann Gottfried: Von der
Urpoesie der Völker. (Werke Ausz.)
Stuttgart, Reclam, 1953. = Reclams
Universal-Bibliothek Nr. 7794.
271. Hoerburger, Felix (bearb.): Katalog
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Schallarchiv des Instituts für Musik-
forschurg Regensburg, Serie C,
Bd. 3, für die Unesco zusammen-
gestellt u. hrsg. durch das Inst. f.
Musikforschg. Regensburg (zugl.
I. Bd. d. „Quellen u. Forschungen
zur musikalischen Folklore“, hrsg.
v. Inst. f. Musikforschg. Regens-
burg) Regensburg, Verlag Bosse,
1952. 189 S.
272. Hubert, Kurt, und Simbeck, Lud-
wig: Niederbairisches Liederbuch.
Mainz, 1951.
275. Jöde, Fritz (Hrsg.): Weihnachtsmann,
steck die Lichter an! Ringelreihen
zur Weihnachtszeit. Alte und neue
Weihnachtslieder zum Singen, zum
Spielen auf Instrumenten und zum
Tanzen für kleine Leute (2. Aufl.
Klavierausg. m. Blockflötenstimme).
Bad Godesberg, Voggenreiter, 1950.
37,7 s. 8°.
274. Kattcntidt, Ilse (Hrsg.): Fadenspiele
aus aller Welt. 4. Aufl. Lindau/
Bodensee: Verl. „Kleine Kinder“,
1953-
275. Kiem, Paul (Hrsg.): Oberbayrische
Volkslieder. München, Süddt.
Verl., 1954.
276. Kühn, Maria (Hrsg.): Macht auf das
Tor. Alte deutsche Kinderlieder,
Reime, Scherze und Singspiele.
Königstein/Taunus, Langewiesche,
1950. 228 S.
277. Langer, Gerda: Volkstänze und Rei-
gen. Donauwörth, Cassianeum,
1952. 47 S. m. Abb. 8° = Pädagog.
Wissen und Wirken. Werkbuch
Nr. 88/89.
278. Losch, Gertrud: Kinderspiele. Bad
Godesberg, Voggenreiter, 1953.
175 S.
279. Lüdeke, Hedwig: Im Paradies der
Volksdichtung. Erinnerungen an
meine volkskundlichen Sammel- und
Forschungsreisen im griechischen
Sprachgebiet. Berlin, Minerva-
Verlag, 1948. 224 S. 8°.
280. Meier, John (Hrsg.): Die deutschen
Volkslieder mit ihren Melodien.
III. Bd., 2. Hälfte. Berlin, deGruyter,
1953*
281. Mies, Paul: Das kölnische Volks- und
Karnevalslied. Ein Beitrag zur
Kulturgeschichte der Stadt Köln von
1823—1923 im Lichte des Humors.
Köln, Krefeld [z. Z. Kamp-
Cintfort], Staufen-Verlag, 1951*
290 S. mit Notenbsp., mehr. Bl.
Abb. Gr. 8° = Denkmäler rhein.
Musik. 2.(1952, 12, 429).
282. Moissejew, Igor: Tänze der Völker ф
der Sowjetunion. Anleitungen f.
Volkstanzgruppen. Folge I u. II.
Berlin, Verlag Kultur u. Fortschritt,
1951 u. 1952. 82 S., 54S. Abb.,
7 S. Noten. 8° u. 58 S., 35 S. Abb.,
8 S. Noten.
283. Moser, Hugo: Alte schwäbische
Volkslieder aus Sathmar, mit ihren
Weisen herausgeg. Musikal. Sätze
von KarlAichcle. Kassel, Bären-
reiter-Verlag, 1953. 148 S. 8° (Bären-
reiter-Ausg. 658).
284. Ochs, Gerd: Das goldene Tor. Die
schönsten Volkskinderlieder u. Sing-
spieltänze. Für Haus, Kindergarten,
Hort u. Schule ausgew., textl. u.
musikal. bearbeitet. Halle, Mitteldt.
Verlag, 1950. 100 S.
285. Oetke, Herbert: Bauernhochzeit —
Mecklenburgische bunte Volks-
tänze mit einem Anhang meckl.
Volkslieder. (Musiksatz für mehrere
Instrumente od. Klavier allein von
428
Ingeborg Weber-Kellermann
Prof. Herrn. Wunsch.) Berlin,
Verl. Neues Leben, 1948.
286. ders.: Schön goden Dag. Bunte Volks-
tänze und schöne Volkslieder.
(Musiksatz f. Klavier allein od. meh-
rere Instrumente von Herrn. Ho-
renberg.) Berlin, Verl. Neues Le-
ben, 1948.
287. ders. (Hrsg.): Windmöhl. Nieder-
deutsche Volkstänze mit einem An-
hang niederdeutscher Volkslieder
(Musiksatz zu den Volkstanzmelo-
dien für Klavier allein od. drei In-
strumente von Prof. H. Wunsch).
Berlin, Verl. Neues Leben, 1948.
36 Lieder, 30 S.
288. ders.: Ringel Rangel Reihen. Ein
Kinderliederbuch mit Kinderspiel-
tänzen für Schule, Hort und Haus.
(Instrumentsatz für 2 Blockflöten
und Laute von Herrn. Horen-
berg.) Berlin, Verl. Neues Leben,
1948. 212 S.
289. ders.: Deutsche Volkstänze. Berlin,
Verl. Neues Leben, 1951.
290. ders. (Hrsg.): Deutsche Tanzlieder.
Tanzlieder unserer Heimat. Berlin,
Verl. Neues Leben, 1932.
291. Phleps, Erich (Hrsg.): Siebenbürgen.
Land des Segens. Ausw. a. d. hei-
matl. Liedgut. Hrsg, unter Mit-
hilfe vieler Landsleute i. d. Heimat
und i. Deutschland. Wolfenbüttel,
Möseler in Komm., 1952, 88 S. 8°.
292. Pollatschek, Walther (Hrsg.): Der
Liederfreund. Eine Sammlung d.
schönsten Volkslieder des In- und
Auslandes f. d. Jugend zusammen-
gestellt. Berlin, Aufbau-Verlag,
1949.
293. Rasmussen, Kurt: Schneehütten-
lieder. Eskimoische Gesänge. Übertr.
u. hrsg. v. Anne Schmück er.
Essen und Freiburg i. Br., von Cram-
mier, 1947. 190 S. 8°.
294. Riedel, Marianne (Hrsg.): Detskie
pesnie i pljaski. Russische Kinder-
lieder und Tänze. Berlin, Volk
und Wissen, 1931. 48 S.
295. Rüssel, Arnulf: Das Kinderspiel.
München, Beck, 1933.
296. Salmen, Walter: Das Lochamer
Liederbuch. Eine musikalische I
Studie. Sammlg. musikwiss. Einzel
darstellungen 18. H. Leipzig,
Breitkopf & Härtel, 1951. xoS.
297. Scheithauer, Lothar J.: Rhythmus
und Volkslied. Ein Beitrag zum
method. Problem d. Rhythmus-
analyse. Leipzig, 1931. 135, XIX
gez. Bl., mehrere Tf. 4 [Masch.-
Schrift] = Leipzig, Phil. Diss. vom
18. 4. 32.
298. Schüler, Ernst August: Die Musik
der Osterfeiern, Osterspiele und
Passionen des Mittelalters. Kassel,
Bärenreiter-Verl., 400 S.
299. Schwaen, Kurt: Über Volksmusik
und Laienmusik. Dresden, Dresd-
ner Verlag, 1952. 139 S., 6 Bl. Abb.
8°.
300. Schwarz-Reiflingen, Erwin
(Hrsg.): Die Drehorgel. Ein Lieder-
buch für fröhliche Kreise. Schnurren,
Scherz-, Lügen-, Schelmen- und
Räuberlieder, Moritaten und aller-
lei Unsinn. III. v. Hans Burk-
hardt. Hamburg, Sikorski, 1930.
269 S. 8°.
301. Seemann, Erich, und WalterWiora:
Volkslied (Dt. Philologie im Auf-
riß. 9 Liefrg., hrsg. von Wolfgang
Stammler) Berlin, Erich Schmidt,
Verl., 1932.
302. Stapff, Helmuth: Unner Haamet
(Ausz.). Heimatlieder a. d. singenden
Erzgebirge. Zweistimmig m. Gi-
tarrenakkordbez. Neue veränderte
Aufl. Leipzig, Hofmeister, 1951-
80 S. m. Abb. u. Noten. 8°.
303. Steinitz, Wolfgang: Deutsche Volks-
lieder demokratischen Charakters
aus 6 Jahrhunderten.Teil 1. Berlin,
Akademie-Verlag, 1954. 499 S. =
Veröffentlichungen des Instituts
für deutsche Volkskunde Bd. 4, I.
304. Thoma, Annette (Hrsg.): Das Volks-
lied in Altbayern und seine Sänger.
Ein Geburtstagsbuch für d. Kiem-
Pauli. München, Callwey, x952-
170 S., 8 Bl. Abb. 8°.
305. Trautmann, Reinhold: Das alt-
russische historische Lied. Berlin,
Akademie-Verlag, 1951. 28S. ^
Sitzungsberichte d. Dt. Akad. &
429
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
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306. ders.: Bylinen. Berlin-Leipzig,
Volk und Wissen, 1948. 76 S. (in
russ. Sprache) = Neue russische
Bibliothek, Hrsg. W. Steinitz,
H. 14.
307. Wagner, Hermann (Hrsg.): Der
blaue Peter. Alte und neue See-
mannslieder. Bad Godesberg, Vog-
genrciter, 1953. 43 S.
308. Werner, Max, u. Etta Werner: Das
Weihnachtslied der ganzen Welt.
Die Geschichte d. Volksliedes
„Stille Nacht“. Weinheim/Berg-
str., Dt. Laienspiel Verl., 1953.
75 S. = Die Volksbühne H. 42.
309. Wiora, Walter: Das echte Volkslied.
Heidelberg, Müller-Thiergarten Ver-
lag, 1950. 83 S. 8° — Musikal.
Gegenwartsfragen, H. 2.
310. ders.: Die rheinisch-bergischen Melo-
dien bei Zuccalmaglio und Brahms.
Alte Liedweisen in romantischer
Färbung. Bad Godesberg, Voggen-
reiter Verlag, 1953. 205 S.
3x1. ders.: Europäischer Volksgesang. Ge-
meinsame Formen in charakteristi-
schen Abwandlungen. Köln, Arno
Volk Verlag, o.J. (195 3).,,Das Musik-
werk“hrsg. vonKarlGustav Feilerer.
312. Advents- u. Weihnachtslieder aus
alter u. neuer Zeit: О freudenreicher
Tag. 3. Aufl. Neumünster/Holst.,
Möbius, 1953. 277 S.
313. Ein Lied laßt uns singen! Internatio-
nale Kampflieder. Halle, Mittel-
deutscher Verlag., o. J. 144 S.
314. Die einstimmigen Weisen des Locha-
mer Liederbuches. Nach der Quelle
bearb. u. zum Singen u. Spielen m.
Begleitstimmen hrsg. von Ernst
Rohloff. — Halle, Mitteldeutscher
Verlag, 1953. 64 S.
315. In dulci jubilo. Old German christmas
carols. Bonn, Inter Nationes. 1953.
7 Bl.
316. Jahrbuch für Volksliedforschung. Im
Auftr. d. Dt. Volksliederarchivs m.
Unterstützg. v. Erich Seemann
hrsg. v. John Meier. Jg. 8. Berlin,
de Gruyter, 1951. 236 S. 8°.
317. Kommersbuch: Allgemeines deutsches.
Ursprünglich hrsg. von Hermann
Schauenberg unter musikal. Lei-
tung von Friedrich Silcher u.
Friedrich Erk. Neue Ausg. 15 1 Aufl.
Lahr/Baden, Schauenburg, 1952.
318. Liederbuch für Berg- u. Hütten-
leute. Hrsg. v. Berg- u. Hütten-
männischen Verein zu Aachen e. V.,
10. neu bearb. Aufl. Essen, Verlag
Glückauf., 1952. 210 S.
319. Liederbuch, Russisches, und Lieder-
buch, Neues russisches (in russischer
Sprache mit Vokabular). Ausgew. u.
bearb. v. W. Steinitz und H. Vogt.
Berlin/Leipzig, Volk und Wissen,
1947, 1950. 46 und 83 S.
320. Musikfibel für Laienmusiker, hrsg.
Zentralstelle für Volkskunst. Halle,
Mitteldeutscher Verlag, 1950.
321. Neues Liederbuch. Alte und neue
Volkslieder. Erfurt, Thür. Volks-
verlag, 1950.
322. Realismus im Tanz (zur Diskussion).
Hrsg. Staatliche Kommission für
Kunstangelegenheiten, Dresden,
VEB Verlag der Kunst, 1953. 84 S.
323. Der Tanz in der Laienkunst. Hrsg.
Zentralhaus für Laienkunst. Halle,
Mitteldeutscher Verlag, 1952 82 S.
324. Unser Lied, unser Leben. Eine Samm-
lung alter und neuer Lieder. Ber-
lin, Dietz-Verlag, 1947.
325. Das deutsche Volksliedarchiv. Werbe-
schr. 4 Bl. 8°. Freiburg 1948.
326. Volksliederbuch (mit Noten). Weimar,
Thüringer Volksverlag, 1946. 119S.
m. Abb. kl. 8°.
327. Volksliederbuch, Hrsg. v. Pädagog.
Inst. Weilburg/Lahn. Oberursel,
Kompaß Verlag, 1947. 278 S., kl.
8°.
328. Volksmusik, Die Bayerische. Amtl.
Organ d. Allgäu-Schwäb. u. Ober-
bayer. Musikbundes sowie d. Fränk.
Musikbundes. Buchloe/Allg., Verl.
Volksmusik. Schriftl. Josef Ritler.
329. Volksmusiker, Der Süddeutsche. Amtl.
Organ d. Bundes Südd. Volks-
musiker e. V. Reutlingen. 1953ff.
330. Zeitschrift für Spielmusik. Hrsg.
Felix Oberborbeck. Celle, Moeck,
1949E
430
Ingeborg Weber-Kellerhann
L. Märchen, Schwan
331. Alp er s, Paul: Märchen, Sage und
Volkslied in Niedersachsen, mit
27 Bildern.
332. ders., und Breling, Georg: Celler
Sagen aus Stadt und Land. 2. Aufl. —
Celle, Giesel, 1949. 116 S. m. Abb. 8°.
333. Anderson, Walter: Das chinesische
Volksmärchen. Blick in die Wissen-
schaft. Juni 1948. S. 259ÎF.
334. Bashow, Pawel: Das lebendige Feuer.
Sagen aus dem Ural. Berlin, Verlag
Kultur und Fortschritt 1952. 109 S.
333. Benz, Eberhard (Hrsg.): Der Häsel-
trog. Sagen und Geschichten aus
Schönbuch u. Gäu. — Böblingen,
Verl. Böblinger Bote, 1950. 164 S.
336. Bergquist, Magda: Der Stein im
Weihnachtsbrot. Nordische Sagen
u. Legenden. Übers, v. Thea Staedt-
ler u. Günther Reubel. — Nürn-
berg, Sebaldus-Verl., 1953. 142 S.
337. Bladé, Jean François: Der Mann in
allen Farben. (Bd. 2: Der Davids-
wagen). Märchen aus der Gascogne.
Übers, v. Konrad Sandkühler. —
Stuttgart, Verl. Freies Geistesleben,
1952/54.
338. Bringemeier, Martha: Volkswelt in
Westfalen. Sage und Brauchtum
(s. unter Landschaftl. Volkskunde
und Recht u. Brauchtum).
339. Campbell, Joseph: Der Heros in
tausend Gestalten. — Frankfurt/
Main, Fischer, 1953. 376 S.
340. Carlsson, Anni (Hrsg.): Schwedische
Volksmärchen. Ausgew. u. ver-
deutscht v. Per u. Kai Bergström.
— Wiesbaden, Verl, der Greif,
1953. 152 S.
341. Cordes, J. J.: Sagen aus dem Gebiet
zwischen Elb- u. Wesermündung. —
Rastede/Oldenburg, Lühr, 1947.
16 S. 8° = Lührs Kleine Sagen-
bücher.
342. Diplich, Flans, und Alfred Karasek:
Donauschwäbische Sagen, Märchen
und Legenden. München, 1952.
343. Dittmaier, Heinrich: Sagen, Mär-
chen und Schwänke von der un-
teren Sieg. 1950.
k, Sage und Legende
344. Dymke, Anneliese: Die wirkliche
Welt im deutschen Zaubermärchen.
Diss. Würzburg 1951.
345. Eberhard, Wolfram: Chinesische
Volksmärchen. Ausgew. u. übertr.
(31.—35.Tsd.) — Leipzig, Insel-
Verlag, 1951. 87 S. 8° = Insel-
Bücherei Nr. 484.
346. Eberhard, Wolfram und Naili Bo-
rotlav: Typen türkischer Volks-
märchen. Wiesbaden, 1953.
347. Eckardt, André (PIrsg.): Unter dem
Odongobaum. Koreanische Sagen,
Märchen u. Fabeln. Eisenach, Röth,
1951.
348. Eiwert, W. Theodor: Charles Per-
rault und seine Märchen. (Archiv
für das Studium der neueren Spra-
chen, 188. Bd., 103 Jg., 1951»
S. 73fr.)
349. Fehrle, Eugen: Sagen aus Deutsch-
land. Wien-Heidelberg, Carl Über-
reuter, 1952. 342 S. 8°, mit 3 Farb-
tafeln und 94 Zeichnungen von
Ernst Schrom.
350. Flörke, Hanns: Ergötzliche Nächte.
1947 (a. d. Sammlung Straparola,
Venedig).
351. Geelhaar, Anne: Till Eulenspiegel.
Abenteuer und Erlebnisse eines
Bauernsohnes. (Ausgew. u. nach-
erz.). Berlin, Der Kinderbuch-
verlag, 1953. 91 S.
352. Gheorghiu, Constantin Virgil: Ru-
mänische Märchen (Märchen der
Völker, Bd. 3). Heidelberg, 1948.
353. Grimm Jak. und Wilh.: Kinder- und
Hausmärchen. In ihrer Urgestalt
hrsg. v. Frdr. Panzer. Teil 1, 2.
Hamburg, Stromverlag, 1948. 253 S.
8°.
354. dies.: Dasselbe. Vollständige Aus-
gabe (Neudruck). Leipzig, Reclam
kl.'-8°. 1948 = Reclams Universal-
bibi.
355. dies.: Kinder- und Hausmärchen
(vollst. Ausg. m. einer Einleitg. v.
Herrn. Grimm, m. d. Vorrede à-
Br. Grimm z. 2. Aufl. 1819, d.
1. Gesamtausg., u. m. 9 Zeichngn. v.
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
431
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Winkler-Verlag, 1949- 756 S. 8°.
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Ges. (Berlin, in der Realschulbuch-
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Bd. 1 Berlin (W 50), W. Keiper,
1948. 512S. kl.-8° = Das Doku-
ment.
357. dies.: Kinder- und Hausmärchen.
Mit einem Nachwort von Toni
Jost. Düsseldorf, 1949.
358. Günter, Heinrich: Psychologie der
Legende. Freiburg, 1949.
359. Hartwig, Hermann: Kinnste düsse?
m lustige plattdeutsche Vor-
teilsei nebst mancherlei Ernsthaftem
über unsere niederdeutschen Mund-
arten. Bielefeld, Dt. Heimat-
Verl., 1954- 140 S. = Bielefelder
Beiträge z. Volks- u. Heimatkunde.
Bd. 2.
360. Heidelbach, Paul: Hessische
Schwänke des 16. Jahrhunderts.
Melsungen Heimatschollen, 1951.
68 S.
361. Heimpel, Elisabeth: Gedanken über
das Märchen. Die Sammlung, 4. Jg.
1949. S. 718.
362. dies.: Märchen und Psychologie
(Die Sammlung 8. Jg., 1953,
S. 278 ff.).
363. Hendricks, H.: Die beseelten Tier-
gestalten des deutschen Volks-
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im Volksglauben. Diss. Bonn 1952.
364. Henninger, Karl, und Harten,
Johann von: Niedersachsens Sagen-
born. Neuaufl. 1949.
365. d ies.: Harzsagen. Hildesheim, Lax,
1950. 83 S. 8°.
366. Henßen, Gottfried: Es war einmal.
Dt. Volksmärchen. Hrsg. u. nach-
erzählt ü.Aufl.) Stuttgart, Loewe,
1948. 96 S. 8°.
367. ders.: Überlieferung und Persön-
lichkeit. Die Erzählungen und
Lieder des Egbert Gerrits. Mün-
ster, AschendorfF, 1951. (Schriften
des Volkskunde-Archivs Marburg.
Hrsg. Gottfried Henßen. Bd. 1.)
368. ders.: Volk erzählt. Münsterländische
Sagen,Märchen u. Schwänke. 2.Aufl.
Münster/Westf., AschendorfF, 1954. j
369. ders. (Hrsg.): In de Uhlenflucht.
Plattdeutsche Schwänke u. Mär-
chen aus Westfalen. Münster,
AschendorfF, 1952. 161 S.
370. FI er mann, Alfred, und Martin
Schwind: Die Prinzessin von Sa-
markand. Märchen ausAserbeidschan
und Armenien. Köln, 1951.
371. Heun, W., und H. Obermann:
Hessisches Sagenbuch. Marburg,
Eiwert u. Braunschweig, 1953. 152S.
372. Himmelheber, Elans (Hrsg.): Der 0
gefrorene Pfad. Volksdichtung d.
Eskimo. Mythen und Märchen,
Legenden u. Ahnengeschichten. Auf
einer völkerkundl. Reise in Südwest-
Alaska u. auf d. Nunivakinsel auf-
genommen u. i. Ausw. hrsg.
Eisenach, Röth, 1951. 137 S.,
1 Titelbild, 8° — Das Gesicht der
Völker.
373. Höfling, Helmut: Sagenschatz der
Westmark Bonn, Hannover, Stutt-
gart, Dümmler, 1953. 124 S.
374. Hofmiller,Josef: Altbayerische Sa-
gen. (Ausgew. von......) Altötting,
Bücher der Heimat, 1947. Bd. 4,
92 S. 40.
375. Floppe, Karl: Die Sage von Heinrich
dem Löwen. Ihr Ursprung, ihre
Entwicklung und ihre Überliefe-
rung. Bremen-Horn, Dorn, 1952.
124 S. = Schriften d. niedersächs.
Heimatbundes e. V. N. F. Bd. 22 =
Veröffentlichungen d. Niedersächs.
Amtes f. Landesplanung u. Sta-
tistik. Reihe A, 2 Bd. 22.
376. Hornig, Fleinrich: Wenn Wunner-
wind weit. Märken für groot un
lütt. Itzehoe, Dt. Buchverl., 1953.
128 S.
377. Hoursch, August (Hrsg.): Kölsche
Krätzcher, Gedichtcher un Verzäll-
cher. Ausz. 10. Aufl. Köln-Ehren-
feld, Hoursch & Bechstedt, 1954.
143 S.
378. Huth, Otto: Märchen und Megalith- ^
religion; Paideuma V, S. i2ff.
379. Ischebeck, Roswitha: Märchen als
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380. Isenberg, Marianne: Geburt und
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Ingeborg Weber-Kellermann
381. Jockel, Rudolf (Hrsg.): Götter und
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Darmstadt u. Genf, Holle, 1953.
633 S.
382. Jockei, Bruno: Das Reifungserlebnis
im Märchen; Psyche I. 1948, Heft 3,
S. 382ff.
383. Karstens,Heinrich:Niedersächsische
Sagen. Hannover, Schroedel, 1951.
72 S.
384. ders.: Niedersächsische Volksmär-
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1931. 33 S. = Deutsche Stammes-
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385. Kasten, Hans: Bremen in der Er-
zählung. Bremen, Bremer Schlüssel-
Verlag, 1946. 252 S. 8°.
386. Keiper-Schreinert: Historische
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jetzt: Bd. 1. (Vgl. 336.)
387. Kruse, H.: Wat sik dat Volk ver-
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schichten. Rendsburg, Möller, 1953.
174 S.
388. Kühnau, Richard: Sagen der Graf-
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berg, Verl. f. heimatl. Schrifttum,
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Bärenreiter-Verlag, 1948. 103 S. 8°.
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397. dies.: Die Schatztruhe. Volksmärchen
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Märchen aus Lothringen. Freiburg,
Wewel, 1953. = Bücher f. Kind
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406. Peuckert, Will-Erich: Die irischen
9 Elfenmärchen. Weidmannsche Bib-
liothek, Bd. 3. 1948
407. ders.: Schlesien. Biographie d. Land-
schaft (Neuaufl. von: Schwarzer
Adler unterm Silbermond). Ham-
burg, Claassen, 1950. 391 S. 8°.
408. ders.: Ostdeutsches Märchenbüchlein*
» Kitzingen 1951.
409. ders.: Ostdeutsches Sagenbüchlein-
Hamburg, Flemming, 1931. a8
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
433
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H. 4.
410. Pflaesterer, Philipp: Rund um den
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Weinheim, Berlin, Beltz, 1954. 40 S.
411. Pollatschek, Walther, hrsg. u. be-
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Siebert: Die Kinder- und Haus-
märchen der Brüder Grimm. Mit
einer kurzen Anleitung für Er-
zieher, Lehrer, Pionierleiter und
Eltern, von Lea Grundig illustriert.
Bd. 1. 2. Berlin, Kinderbuchverlag,
Bd. 1, 1952, 189, 71 S., Bd. 2, 1953,
231 S.
412. Pröhle, Heinrich: Rheinland-Sagen.
Freiburg i. Br. u. Frankfurt/M.,
Verl. d. Internationalen Bibliothek,
1950. 153 S.
413. Ranke, Kurt: Der Einfluß der
Grimmschen KHM auf das volks-
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vielfältigtes Ms. des Internation.
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Ethnology, Stockholm 1951.
414. Reitzig, Hans: Die Krummhübler
Laboranten (s. unter Wirtschaft,
Beruf u. Gesellschaft und unter
Volksglauben u. Volksmedizin).
415. Röhrich, Lutz: Eine antike Grenz-
sage und ihre neuzeitlichen Paralle-
len. (Würzburger Jahrbücher für die
Altertumswissenschaft, 4. Jg., 1949
bis 1950, S. 339—369).
416. ders.: Das Todesproblem im Spiegel
der Sage. (Blätter für Pfälzische
Kirchengesch. u. religiöse Volks-
kunde, 26. Jg. 1950, S. 90ff.).
417. Rotter, Joseph (Hrsg.): Hundert
Sagen aus den Sudetenländern.
2. Aufl. Regensburg, Habbel, 1953.
134 S.
418. Rüben, Walter: Die Erlebnisse des
jungen Prinzen. Eine Erzählung
Dandins. — Berlin, Akademie-
Verlag, 1952. 90 S. (= Veröffent-
lichgn. d. Inst. f. Orientforschung
d. Dt. Akad. d. Wiss. z. Bin. Nr. 11).
419. Rumpf, Marianne: Rotkäppchen,
4) eine vergleichende Untersuchung.
Diss. Göttingen 1951.
420. Ruppel,Heinrich, und Adolf Häger:
Der Schelm im Volke. Einige
Schock Schwänke, Schnurren und
Schelmereien dem Volksmund nach-
erzählt. 3. Aufl. Kassel, Bärenreiter-
Verlag, 1952.
421. Schäfer, Wilhelm: Rheinsagen.
17. —20. Tsd. Ratingen, Verl.
Rhein. Bücherei, 1950. = Kultur-
dokumente d. dt. Westens.
422. Schaffgotsch, Xaver: Russische
Volksmärchen (ges. u. übertr.
18. bis 19. Tsd.). Leipzig, Insel-
Verlag, 1947. 79 S. kl.-8°. Insel-
Bücherei.
423. Schambach, Georg, und Wilhelm
Müller: Niedersächsische Sagen
und Märchen (DDV Bd. 1, 1948).
424. Scheffler, Thassilo v.: Ägäische
Sagen (11.—15. Tsd.). Stuttgart,
Union Dt. Verlagsges., 1947. 438 S.,
15 Taf. 8°.
425. Schneider, Fritz: Die Ostalb erzählt.
Ein schwäbisches Sagenbuch.Heiden-
heim, 1952.
426. Schönau, Friedrich (d. i. Constantin
Ramstedt): Berchtesgaden. Sage u.
Geschichte im Rupertigau. Neu-
stadt a. d. Aisch, Gessner, 19 5 3. 40 S.
427. Schullerus, Adolf: Geschichte vum
Tschiripik uch ander lastisch Ze-
gunemeeren sengem Aenkelche
Christian erzählt. 2. Aufl. (Foto-
neudruck). München, Akadem.
Gemeinschaftsverl., 1953. 62 S.
428. Schwab, Gustav: Europäische Volks-
sagen. H. 1 bis 3. Lahr, Schauen-
burg, 1948. 8°.
429. Seifart, Karl: Sagen, Märchen und
Schwänke aus Stadt und Stift Hildes-
heim. [3. Aufl.] Hildesheim, Lax,
1947. 64 S. 8°.
430. Solowjowa, O. I.: Die Rolle der ¿sy
russischen Volkszaubermärchen in
der Erziehung der Kindergarten-
kinder. (1.—15. Tsd.) 48 S., in:
Beiträge aus der sowjetischen Vor-
schulpädagogik, H. 3, 5. Berlin,
Volk und Wissen, 1952. 8°.
431. Somadeva. Der König u. der Bettler.
Indische Märchen. Übertr. v. Fried- *
rieh v. d. Leyen. Wiesbaden,
Insel Verlag, 1951- = Insel-Bücherei
Nr. 169.
Volkskunde
434
Ingeborg Weber-Kellermann
432. Spanuth, Heinrich: Der Rattenfänger
von Hameln. Vom Werden u. Sinn
j| einer alten Sage. Hameln, Nie-
meyer, 1951. 144 S.
433. Specht, Heinrich: Die gläserne Kut-
sche. Bentheimer Sagen. Erzählungen
u. Schwänke. 2. Ausg. Osnabrück
u. Paderborn, Schöningh, 1947. 95 S.
8° = Das Bentheimer Land. Nr. 1.
434. Spies, Otto: Orientalische Stoffe in
den Kinder- und Hausmärchen der
Brüder Grimm. Walldorf/Hessen,
Verlag f. Orientkunde, 1952. 47 S.
8° = Beiträge zur Sprach- und
Kulturgeschichte des Orients. Bd. 6.
435. Stötzel, Heinz (Hrsg.): Die Sagen
des Ahrtales. 2. Aufl. Bonn, Röhr-
scheid, 1953. 137 S.
436. Stritzke, Karl (Hrsg.): Es war ein-
mal. Nürnberger Sagen und Ge-
schichten. M. 28 Bildern, 2. Aufl.
Nürnberg, Frommann,i95i. 192S. 8°.
437. Stütz, Georg: Sagen der Heimat.
2. Aufl. Schwäbisch-Gmünd, 1950.
86 S. 8°.
438. Tessendorff, Wilhelm (Hrsg.): Aus
dem Berliner Sagenschatz. Berlin,
Paetz, 1952. (2. Aufl. 1953.) 80 S.
439. Tetzner, Lisa: Die schönsten Mär-
chen der Welt für 365 und einen
Tag. Frankfurt/Main, Büchergilde
Gutenberg, 1952/33.
440. Tischlers, Heinrich: Sagen des Jü-
licher Landes. Jülich, Fischer,
1949. 83 S. 8°.
441. Tolstoi, A.: Russische Volksmär-
chen. Berlin, Verlag Kultur u.
Fortschritt, 1951. 303 S. m. Abb.
442- Trommer, Harry: Das versteinerte
Brot und andere deutsche Sagen,
Fabeln und Märchen. 2. Aufl. Berlin,
♦.Altberliner Verlag, 1952. 195 S.
443. Wagenfeld, Friedrich: Bremens
Volkssagen. In einer Ausw. hrsg.
v. Hans Kasten. Bremen, Bremer
Schlüsselverlag, 1947. 199 S. 8°.
444. Weinand, Maria: Essener Sagenbuch
u. sagenhafte Geschichten aus dem
Essener Gebiet. 5. Aufl. Dort-
mund, Grüwell 1950. 100 S.
445. Wilhelm, Richard: Chinesische Mär-
chen. Düsseldorf, Diederichs, 1952.
394 S. = Märchen der Weltliteratur.
446. Baschkirische Volksmärchen. Ins Deut-
sche übertr. v. A. Alexander.
' Mitteldt. Verlagsanstalt Halle, 194^-
103 S. m. Abb.
447. Bretonische Märchen. Aus dem Frz.
übertragen von Wolfhart Klee.
München 1948.
448. Es war einmal. Sammlung bayerischer
Sagen und Geschichten. Bd. i*
Oberfranken. 2. Aufl. — Coburg,
Druck- u. Verl. Anst. „Neue Presse“,
1952. 178 S.
449. Goldene Hände. Eine Märchensamm-
¡» lung der Völker der Sowjetunion.
Übers, a. d. Russ. Helle Kronen-
berg. Berlin, Kinderbuchverlag,
1953. 58 S.
450. Held, Der gute. Märchen der Völker
der Sowjetunion. Übers, v. Gertrud
u. Heinz Goldberg. Berlin,
Verlag Kultur u. Fortschritt, 1952.
150 S.
451. Die Jungfrau vom geschmeidigen
Bambus. (Taketori-Mono-
gatari, dt.) Altjapanische Märchen.
Übers. v.JohannaMaria Schwarz—•
Okuno. Stuttgart, Reclam, 1954-
— Reclams Universal-Bibliothek
Nr. 7800.
452. Märchen der Völker der Sowjetunion,
übers, v. Ti nz mann. Berlin,
SWA-Verlag, 1948. 170 S.
453. Mazedonische Märchen, gesammelt
von Dr. Paraskevas I. Miliopulos.
Übertr. v. Dr. Bernard Vonder-
lage. Hamburg, Cram, de Gruy-
ter & Co., 1951. m S. 8°.
454. Norwegische Märchen (Märchen der
Völker II). Heidelberg 1948.
455. Rübezahl, Sagen u. Legenden um
den Herrn des Riesengebirges. Be-
arb. v. Ernst S chrom. Wien,
Heidelberg, Überreuter, 1951. 142
456. Tiermärchen aus aller Welt. Zeichngn-
v. Giesela Moritz. Markneukirchen,
Jugendbuchverlag Ernst Wunder-
lich, 1953. 151 S.
457. Volksmärchen, Russische. Das Zauber-
korn u. a. Nacherz. v. Anneliese
Probst (Märchen aus aller Weh*
H. 16). Halle, Mitteldeutscher
Verlag, 1948. 72 S.
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
435
M. Volksschauspiel, Lai
458. Bogenrieder, Franz X.: Ober-
ammergau (s. unter Recht und
Brauchtum).
459. Demmeni, Jewgeni: Puppen auf der
Bühne. Handbuch für Puppen-
spieler m. einer Anleit. 2. Bau v.
Puppenbühnen (übers, v. Alice
Wagner). Berlin, Henschel 1951.
48 S. m. Abb., 1 Faltbl. i. Rückent.
Quer-8°.
460. Jacob, Max: Wollt ihr Kasper spie-
len? Ein kleines Lehrbuch f. Freunde
d. Handpuppenspiels. Hamburg,
Hamb. Bücherei, 1948. 23 S. 8°.
461. Kamender, Ferdinand: Spiel im
Dorf. Ein kleiner Spielkalender f.
d. Laienspielarbeit auf dem Lande.
Frankfurt/Main, Berlin, Bonn,
Diesterweg, 1953. 51 S. = Frede-
burger Reihe H. 1.
462. Martini, Ella, und Fritz Martini:
Kasperle-Bastelbuch. Eine Anleitg.
z. Herst, v. Handpuppen aus versch.
Material, v. Bühnen u. Kulissen.
(3., neubearb. Aufl.) Ravensburg,
O. Maier, 1950. 40S. m. 44 Abb. 8°.
463. Meyer, Curt: Alt-Berliner politisches
Volkstheater (1848—1850). Ems-
detten/Westf., Lechte, 1951. 176 S.
= Die Schaubühne Bd. 40.
464. Mirbt, Rudolf: Kleiner Führer durch
die Bärenreiter-Laienspiele, Kassel,
(ersch. laufend.)
465. Piller, Michael: Die Dorfbühne.
München, Höfling, 1951. 22 S.
466. Purschke, Hans Richard: Das ABC
des Handpuppenspiels. Rotenburg
a. d. Fulda, Dt. Laienspiel-Verlag,
1951. 114 S., 26 Abb., 8 Taf. 8°.
467. Schaller, Stephan: Das Passionsspiel
von Oberammergau, 1946—1950.
Ettal, Buch- u. Kunstverlag, 1950.
64 S., 16 S. Abb. 8°.
468. Schätz, Jos. Jul.: Das goldene Buch
von Oberammergau. München,
Münchener Verlag u. graph. Kunst-
anstalt, 1948. 17 S., 94 Kunstdruck-
tafeln. 40.
^9* Schmidt-Ziegler, Tilla: Drei Hand-
puppenspiele. Leipzig, Ernst Wun-
derlich-Verlag, 1947. 47 S.
enspiel und Puppenspiel
470. dies.: Das Puppenspiel vom Dr. Jo-
hannes Faust. Leipzig, Ernst Wun-
derlich-Verlag, 1948.
471. dies.: Vom künstlerischen Hand-
puppenspiel, Leipzig, Ernst Wun-
derlich-Verlag, 1948.
472. Tonne, Ferd.: Kasperl reißt aus.
„Glocken-Bücher“. Bremen,
P. Meyer, 1947. 81 S. m. Abb. 8°.
473. Wolfbauer, Georg u. Fritz Wur-
ditsch: Volks- u. Bauern-Spiele.
Volkstümliche Kraftspiele, Scherz-
u. Geschicklichkeitsspiele. Bad Go-
desberg, Voggenreiter, 1953. 93 S.
474. Das Benediktbeurer Passionsspiel.
Das St. Galler Passionsspiel. Aus d.
Hss. hrsgg. v. Eduard Hartl.
Halle/Saale,Niemeyer 1932. 131 S. 8°
= AltdeutscheTextbibliothek. Nr. 41.
473. Handbuch für Laien- und Puppenspiel.
(Hrsgg. v. Beirat für Jugendfragen,
Wiesbaden, unter Mitarb. v. Kurt
Fleiner u. a.) Wiesbaden, Arbeits-
gemeinschaft f. Jugendschrifttum,
1951. 90 S. m. Abb. 8°.
476. Laienspiel. Hrsg. v. d. Zentralstelle
für Volkskunst. Berlin-Halle, Mittel-
dt. Verlag (ab 1930).
477. Die Laienspielgemeinde, eine Zs. f. d.
Pflege unseres gemeinschaftl. Le-
bens. Hrsg. v. Rudolf Mirbt.
Jg. 1/1950. Kassel, Bärenreiter-
Verlag.
478. Das Münchner Laienspiel. Dr. H.
Büchner Verlag.
479. Oberammergau und sein Passionsspiel
1950. Amtlicher Führer, hrsg. v. d.
Gemeinde Oberammergau. Mün-
chen, Süddeutscher, Verlage 50.
152, 140 S. m. Abb. 8°.
480. Die Puppenspieler. Monats-Zs. f. das
gesamte Puppenspielwesen. Hrsg.
Fritz Worteimann. Bochum,
Puppenspielerverlag, 1948 ff. 40
(erscheint monatlich).
481. Stadtbibliothek Hannover. Bühnen-
werke, Laienspiele, Hörspiele. Ein
Auswahlverzeichnis. Hannover,
Stadtbibliothek, 1953- *5 S. (Ma-
schinenschr. autogr.).
28*
436
Ingeborg Weber-Kellermann
482. Das Volksspiel. Hrsg. v. Osk.Seidat.
Rotenburg a. d. Fulda, Dt. Laien-
spielverlag, 1949, 8°.
483. ,,Das neue Volksschauspiel“, Spiel'
texte. Hrsg. v. Manes Kado w. Bonn
1946 fr.
N. Volksbuch und Volkslesestoff
484. Ackerknecht, Erwin: Der Kitsch
als kultureller Ubergangswert.
Bremen, Verein Dt. Volksbibliothe-
kare, Reutlingen, Bücherei u. Bil-
dung, 1950. 24 S. = Schriftenreihe
der Zeitschrift Bücherei u. Bildung.
485. Dyrenfurth-Graebsch, Irene: Ge-
schichte des deutschen Jugend-
buches. Hamburg, Eberhard Stich-
note, 1951. 324 S. 8°.
486. Grimmelshausen, Hans Jakob Chri-
stoph von: Die Landstörzerin Cou-
rasche. (6.—10. Tsd.) M. 116 Feder-
zeichnungn. v. R. Goeppinger.
München, Piper, 1947. 186 S. Gr.-8°.
487. ders.: Der abenteuerliche Simplicissi-
mus. Bearb. u. eingeleit, v. Xaver
Kappus. Berlin, Aufbau-Verlag,
1946. 301 S. 8°.
488. ders.: Simplicissimus Teutsch. Ab-
druck d. editio princeps (1669).
Hrsg. v. J. W. Schölte. 2. Aufl.
Halle, Niemeyer, 1949. 463 S. 8° =
493. Appel, Heinz: Skatsprache. Humor-
volle bebilderte Redensarten beim
Skat. Mit 12 Abb. Minden/Westf.,
Philler, 1950. 24 S. 8° — Lehrmeister-
Bücherei. Nr. 965.
494. Bruder, Albert (Hrsg.): Zünftige
Richtsprüche für Bauwerke aller
Art. 3. Aufl. Karlsruhe, Bruder,
1952. 200 S.
495. Dingier, M.: Die oberbayerische
Mundartdichtung. Günzburg,
Donau-Verlag, 1953. 100 S. = Bay-
erische Volksbücherei. Reihe A.
H. 1.
496. Faber du Faur, Irmgard von (Hrsg.):
Kinderreime der Welt. Bergen II/
Obb., Müller & Kiepenheuer, 1951.
108 S.
497. Hain, Mathilde: Sprichwort und
Volkssprache. Gießen, Schmitz,
Neudrucke dt. Lit. Werke d. 16. u.
17. Jh. 302—309.
489. Mohr, Adrian: Volkslesestoff. Offene
Worte zur Psychologie und Soziolo-
gie der Massenlektüre. Frankfurt
Main, Verlag für Sozialwissenschafß
1954. 32 S.
490. Rettler, Aloysia: Niederdeutsche
Literatur im Zeitalter des Barock-
Münster, Westf., Aschendorff, 1949'
VII, 207 S. 8° = Schriften der volks-
kundlichen Kommission im Pf°"
vinzialinstitut für westfälische
Landes- und Volkskunde. H. 8.
491. Schwab, Gustav: Deutsche Volks-
bücher. Zeichn.: Karl List.
15 färb. Bildern. Lahr, Schauen-
burg, 1952. 666 S. 8°.
492. Väclavek, Bedrich: Die Volks-
literatur in der tschechischen Ent-
^ wicklung. (Lidova alovesnost v
ceskam vyvoji literarnim, dt.) Halle/
Saale, Niemeyer, 1953. 53 S.
Kleindichtung
1951. 131S. 8° = Gießener Bei-
träge zur deutschen Philol. 95.
498. Holweg, August: Das zünftige Richt-
fest. Alte u. neue Richtsprüche-
Münster/Westf., Aschendorff, 195
3. Aufl. 1954. 36 S.
499. Key, Willy: Tausend Worte Kölsch-
Kölner Sprichworte, alt und net*
notiert u. skizziert. Köln, Kölner
Bilder-Buch-Verlag, 1930. 47 S.
500. Köhler, Herbert (Bearb.): Erst he-
sinn’s, dann beginn’s. Alte nn
neue Bauernregeln — neu gesehen-
München u. Düsseldorf, Olden-
bourg, 1953. 221 S.
501. Kraft, Ruth: Das Schildbürgerbuc
von 1598. (Neu bearb.) Rostoc >
Hinstorff, 1954.
502. Moser, Hugo: Schwäbischer Volks^
humor. Die Necknamen der Stad
O. Redensarten,
Übersicht der gesamtdeutschen volkskundlichen Literatur
437
und Dörfer in Württemberg u.
Hohenzollern, im bayerischen
Schwaben u. in Teilen Badens sowie
bei Schwaben in der Fremde, mit
einer Auswahl von Ortsneckreimen.
(Schwab. Volkskunde NF 9/10.)
Stuttgart, W. Kohlhammer, 1950.
467 S. 8°.
503. Popp, Lieselotte: Ostpreußische
Sprichwörter. Marburg, Eiwert,
Gräfe & Unzer, 1948. 10 S. 8°
[Laperello].
504. Sadnick, Linda: Südosteuropäische
Rätselstudien, Graz-Köln, Böhlau,
1953-
505. Schmülling, Wilhelm: Hausin-
schriften in Westfalen und ihre
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(s. unter Siedlung und Hausbau).
506. Sieber, Friedrich: Deutsche Schwänke
(Ausgew. u. erz.) Halle a. S.,
Mitteldt. Verl., (1953). 71 S. kl.-8°.
507. Tardel, Hermann: Bremen in Sprich-
wort, Reim und Volkslied. Bremen,
P. Mundart, Spi
512. Alpers, Paul: Celler Flurnamenbuch.
513. Bach, Adolf: Deutsche Namenkunde.
Bd. 1, Teil 1, Die deutschen Per-
sonennamen. 2. Aufl. Heidelberg,
1952.
5x4. ders.: Deutsche Namenkunde. Bd. 2.
Die deutschen Ortsnamen T. 1.
Heidelberg, Winter, 1953.
515. ders.: Deutsche Mundartforschung.
Ihre Wege, Ergebnisse und Auf-
gaben. 2. Aufl. Heidelberg, Winter,
1950 (= Germanist. Bibi., hrsg. von
Richard Kienast und R. von
Kienle. 3. Reihe).
516. Bahlow, Hans: Schlesisches Namen-
buch. Kitzingen/Main, Holzner,
1953. 148 S. = Quellen u. Dar-
stellungen zur schlesischen Ge-
schichte Bd. 3.
517. Berthold, Luise: Hessen-Nassau-
isches Volkswörterbuch. Unter
Fördrg. d. Min. f. Kultus u. Unterr.
aus d. Sammlg. des . . . v. F. Wrede
ausgw. u. verarbt. Marburg/Lahn,
Eiwert, 1950. 1953. 4° (Bd. III,
Bremer Schlüsselverlag, 1947. 120 S.
8°.
508. Wossidlo, Richard: „Reise, Quartier,
in Gottesnaam“! Das Seemanns-
leben auf den alten Segelschiffen im
Munde alter Fahrensleute. Im Auftr.
d. Kuratoriums d. Wossidlo-Stiftg.
a. d. Nachl. Richard Wossidlos
bearb. u. herausgeg. v. Paul Beck- &
mann. 3., durchges. Aufl. Rostock,
Hinstorff, 1951. XV, 317 S. 8°.
509. Zimmerl, Rudolf: Die Inschriften
des Burgenlandes. Die deutschen In-
schriften. 3. Bd. 1. Stuttgart,
Druckenmüller, 1953. Wiener Reihe.
510. De Eikbom. Eine Auswahl nieder-
deutscher Dichtungen. Hrsg. v.
W. Baetke und E. Walter. Halle/
Saale, Niemeyer, 1953. 193 S.
511. Das kleine Rätselbuch. Deutsche
Volksrätsel. Hrsg. v. Kurt B r z o s k a.
ioi.-—ixo. Tsd. Wiesbaden, Insel-
Verl., 195x. 79 S. 8°.. = Insel-
Bücherei Nr. 494.
che und Namen
Liefrg. 3, 4) (= 18, 19 des Gesamt-
werkes).
318. Bohnenberger, Karl: Die ale-
manische Mundart, Umgrenzung,
Innengliederung u. Kennzeichnung.
Tübingen, Mohr, 1953. XIX, 302 S.
519. Christmann, Ernst: Die Siedlungs-
namen der Pfalz T. 1. Lfg. 1—3.
Speyer, Verlag d. Pfälz. Gesellschaft
z. Förderung d. Wissenschaft, 1952.
= Veröffentlichungen der Pfäl-
zischen Gesellschaft zur Förderung
der Wissenschaft Bd. 29.
520. Clausen, Otto: Flurnamen Schles-
wig-Holsteins. Rendsburg, Möller,
1952. in S.
521. Diedrichs, Elisabeth: Die Schlüssel-
blume. Untersuchungen zum Deut-
schen Wortatlas. Gießen, Schmitz,
1952. 92 S., 4 gef. Kt. 8° = Gießener
Beiträge zur deutschen Philologie.
100.
522. Engels, Friedrich: Der fränkische
Dialekt. Berlin, Dietz, 1952. 132 S.,
I Kt. 8° (Aus: Friedrich Engels,
438
Ingeborg Weber-Kellermann
Zur Geschichte und Sprache der
deutschen Frühzeit. Vorabdruck).
523. Fischer, Rudolf: Probleme der
Namenforschung an Orts- u. Flur-
namen im westlichen Böhmen u. in
seinerNachbarschaft. Leipzig, Biblio-
graphisches Institut, 1952. 58 S.
524. Flasdieck, Hermann Martin: Zinn
und Zink. Studien zur abendländi-
schen Wortgeschichte. Tübingen,
Niemeyer, 1952. XV, 180 S. =
Anglia Buchreihe Bd. 2.
525. Grassow, August: Wörterbuch der
Kasseler Mundart. Kassel, Hessi-
sche Druck- u. Verlags-Anstalt,
1952. 94 S. = Hessische Heimat
Bd. 3.
526. Grimm, Jac. u. Wilh.: Deutsches
Wörterbuch. Hrsg. v. d. Dt. Akad.
* d. Wiss. z. Bin. Fortlaufende Lie-
ferungen. Leipzig, Hirzel, Lfrg.
325/1947 bis 342/1953, 40.
527. Guttenberg, E. Frh. v.: Land und
Stadtkreis Kulmbach. München,
Komm. f. Bayerische Landes-
geschichte, 1952. = Historisches
Ortsnamenbuch von Bayern. Ober-
franken. Bd. i.
528. Harrach, Ernst Graf von: Die Jagd
im deutschen Sprachgut. Wörterbuch
der Weidmannssprache. Stuttgart,
Vorwerk, 1953. VIII, 160 S.
529. Hasenberg, Peter Josef (Bearb.):
Zeitung und Mundart. Erbe der
Vergangenheit — Aufgabe der Zu-
kunft. Köln, Kölnische Rundschau,
1951. 40 S.
530. Honig, Fritz: Wörterbuch der Kölner
Mundart. Neudr. nach d. v. seinen
Freunden u. Verehrern im Jahre 1905
hrsg. Aufl. Köln, Bachen, 1952.
273 S.
531. Keinath, Walther: Orts- und Flur-
namen in Württemberg. Hrsg, vom
Schwäb. Albverein E. V. Stuttgart
1951.
532. Mar zell, Heinrich: Wörterbuch der
deutschen Pflanzennamen. Hrsg. i.
Zusammenarb. m. Wilhelm Wiß-
mann. 2. Bd. Lfrg. 10—12 (Da-
boecia-Frangula), 195 о ff.
,533. ders.: Himmelsbrot und Teufelsleiter.
Volkstümliche Pflanzennamen aus
Bayern. München, Verl. Bayer-
Heimatforschg., 1951. 38 S.
8° = Bayerische Heimatforschung-
H. 3.
534. Maurer, Friedrich: Nordgermanen
und Alemanen. Studien zur gef'
manischen und frühdeutschen
i Sprachgeschichte, Stammes- u-
Volkskunde. 3.Aufl. München,
* Lehnen, 1952. = Bibliotheca Ger-
manica 3.
535. Mitzka, Walther: Beiträge zur
hessisch. Mundartforschung. Gie-
ßen, Schmitz, 1946. 94 S., 32Kt.S.
Gr. -8° = Gießener Beitr. z. dt-
Philol. 87.
536. ders.: Deutscher Wortatlas. Bd. i-
Gießen, Schmitz, 1951. 4, 43 Kt-,
36 gez. Bl.
537. Moser, Hugo: Schwäbischer Volks-
humor (s. unter Rede des Volkes,
Kleindichtung).
538. Müller, Karl F.: Anleitung zur Be-
arbeitung der Gemarkungsnamen-
(Flurnamen.) Lahr, Schauenburg,
1952.
5 39. ders.: Zur Breisgauer Metzgersprache.
Lahr, Schauenburg, 1951. 50
Aus: Beiträge zur Sprachwissen-
schaft und Volkskunde. Festschrift
für Ernst Ochs.
540. Niemeier, Georg: Die Ortsnamen
des Münsterlandes. Ein kultur-
geographischer Beitrag zur Metho-
dik der Ortsnamenforschung. ""
Münster, Selbstverlag des Geo-
graphischen Instituts der Univer-
sität, 1953. 130S. = Westfälische
Geographische Studien 7.
541. Polenz, Peter von: Die Altenbur-
gische Sprachlandschaft. Unter-
suchungen zur ostthüringischen
Sprach- und Siedlungsgeschichte-
Tübingen, Niemeyer, 1954. 220 S. =**
Mitteldeutsche Forschungen Bd. *•
542. Röhrich, Lutz: Der Dämon und sein
Name (Paul und Braunes Bei-
träge, Bd. 73, S. 456fr.).
543. Schmoeckel, Hermann, u. Andres
Blesken: Wörterbuch der Soester
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verb. Auflage. Berlin, Akademie-
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Beiträge zur deutschen Philologie.
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1952. = Deutsche Akademie der
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Verlag, 1953. 131 S.
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Spamer zum 70 Geburtstag. Hrsg,
von Wolf gang Steinitz und Inge-
borg Weber-Kellermann. Berlin,
Akademie-Verlag, 1953. 296 S. =
Veröffentlichungen der Kommission
für Volkskunde i. d. Dt. Akad. d.
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Ochs zum 60. Geburtstag. Hrsg. v.
Karl Friedrich Müller. M. 74Abb.
im Text u. a. Tafeln. Lahr/Schwarz-
wald, Schauenburg, 1951. 397 S. 8°.
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sächsischer Mundartforscher hrsg.
durch Wolfgang Jungandreas.
(Ca. 50 Lfg. umfassend.) Lfg. 1.
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557. Rhein. Wörterbuch. Auf Grund der
von J. Franck begonnenen, von
allen Kreisen des rhein. Volkes
unterstützten Sammlung bearb. v.
Josef Müller, hrsg. v. Karl Mei-
sen. Lfrg. 100 [Bd. 7, Lfrg. 7]
Berlin und Bielefeld, Klopp, 1951.
4°.
4
0
Q. Zeits
558. Annalen, Wissenschaftliche, zur Ver-
breitung neuer Forschungsergeb-
nisse. Hrsg. v. d. Dt. Akad. d.
Wiss. z. Berlin. Berlin, Akademie-
Verlag. Ersch. monatl. ab 1952.
(s. 1953 H. 1 S. 1: WolfgangStei-
nitz, Aufgaben und Ziele der volks-
kundlichen Arbeit in der DDR;
H. 12 S. 739: Heinz Kothe, Zur
Verbreitung und Geschichte land-
chriften
wirtschaftlicher Arbeitsgeräte in
Deutschland; H. 5 und H. 10:
Glückwunsch und Nachrufe für
Adolf Spamer und John Meier;
1954 H. 3 S. 188: Bericht über die
Tagung der Sektion für Völker-
kunde und deutsche Volkskunde
vom 4. bis 6. Sept. 1953 *n Berlin).
559. Archiv für Literatur und Volksdich-
tung. I. A. d. Verbandes Deutscher
440
Ingeborg Weber-Kellermann
Vereine f. Volkskunde hrsgg. v.
John Meier, Erich Seemann,
Werner Kohlschmidt. Lahr,
Schauenburg, I/1949.
560. Blätter, Hessische, für Volkskunde,
hrsg. i. A. d. Hess. Vereinigg. f.
Vkde. v. Hugo Hepding. Gießen.
Bd. XLI, 1950fr.
561. Deutsche Literaturzeitung für Kritik
der internationalen Wissenschaft
(DLZ) hrsg. i. A. d. Akademien d.
Wissenschaften zu Berlin, Göttingen,
Heidelberg, Leipzig, München.
Berlin, Akademie-Verlag. Er sch.
monatl. (s. hierunter „Volkskunde“).
562. Forschungen, Ethnographisch-archäo-
logische, hrsgg. v. H. Kot he und
K. H. Otto, Berlin, Dt. Verl. d.
Wissenschaften, H. 1 1953.
563. Forschungen und Fortschritte, Nach-
richtenblatt der deutschen Wissen-
schaft und Technik, hrsg. i. A. d.
Akademien d. Wissenschaften zu Ber-
lin, Göttingen, Heidelberg, Leipzig,
München. Berlin, Akademie-Verlag,
ersch. monatl., neu ab 1953.
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Heimatschutz), hrsgg. v. Bayer.
Landesverein f. Heimatpflege,
Landesstelle f. Volkskunde. Mün-
chen. Ersch. zweimonatl. ab 1951 ff.
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Hrsg. Josef Maria Ritz. Regens-
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zu Bremen durch Hermann Tardel.
Jg. 22. 1947.
567. Jahrbuch, Rheinisches, für Volkskunde
Hrsg. Karl Meisen. Bonn, Ferd.
Dümmler, ab 19500".
568. Die Kunde. Gemeinsames Mitteilungs-
blatt d. Arbeitsgem. f. d. Urgesch.
Nordwestdeutschlands u. d. Arbeits-
gem. f. d. Volkskunde Nieder-
sachsens. Hannover, Landesmuseum,
neu ab 1950.
569. Mitteilungen des Landesamtes für
Volkskunde und Denkmalspflege
Sachsen. Dresden, Dresdner Verlag,
ersch. H. 1 bis 6 1951.
570. Mitteilungen des Verbandes der Ver-
eine für Volkskunde. Stuttgart,
Hegelplatz I. Ersch. unregelmäßig,
neu ab 1951.
571. Mitteilungsblatt des Archivs für west-
fälische Volkskunde. Münster, ab
1951 ff.
572. Mitteilungsblatt der rhein. Vereini-
gung für Volkskunde. (Hrsg. Josef
Klersch), Bonn, ab 19480".
573. Die Nachbarn. Jahrbuch für verglei-
chende Volkskunde. Hrsg. WiU-
Erich Peuckert. I., II. Bd. Göt-
tingen, 1948, 1954.
574. Natur und Heimat. Eine Monatsschrift
mit Bildern, hrsgg. vom Kulturbund
zur demokratischen Erneuerung
Deutschlands. Dresden, Sachsen-
verlag. Ersch. monatl. ab 1952ff.
575. Natur und Heimat. Ein Jahrbuch für
1952 (gl. Hrsg, wie oben).
576. Volk und Scholle. Hessische Heimat-
zeitschrift f. Volkskunde, Geschichte,
Natur, Kunst und Literatur. Hrsg-
Heimatbund f. d. Reg.-Bez. Darrn-
stadt. Darmstadt, Leske, 1951 ff.
577. Volkskunst. Monatsschrift für das
künstlerische Volksschaffen. Hrsg-
vom Zentralhaus für Laienkunst,
Leipzig. Halle, Mitteldt. Verlag-
Ersch. monatl. ab 19520".
578. Zeitschrift für deutsche Philologie-
Hrsgg. von Will-Erich Peuckert
und Wolfgang Stammler. Band 73/
i954ff. (mit zahlreichen volks-
kundlichen Beiträgen). Berlin,
Schmidt. Ersch. vierteljährlich.
579. Zeitschrift für Mundartforschung-
Hrsg. v. Walther Mitzka. Wies-
baden, Steiner, 1951 ff. Ersch. viertel-
jährl.
5 80. Zeitschrift für Volkskunde. Im Auftr. d-
Verb. d. Vereine f. Volkskunde
hrsg. von Helmut Dölker u. Bruno
Schier. Stuttgart, W. Kohlhamrner»
5°. Jg., 1953, H. 1/2, 3/4.
Weiss, Richard: Volkskunde der Schweiz. Grundriß. Erlenbach-Zürich: Eugen Rentsch
1946. XXIV, 436 S., 10 Taf., 8 Pläne, 314 Abb. 8°.
Für die deutsche Volkskunde und ihre wissenschaftliche Erneuerung war es ein Er-
eignis von beglückender Bedeutsamkeit, daß im ersten Nachkriegsjahre 1946 der um die
Volkskunde sehr verdiente EUGEN-RENTSCH-Verlag in Zürich in vorzüglicher Aus-
stattung das hier besprochene Werk des Schweizer Volkskundlers R. Weiss heraus-
brachte.
Der Leser sieht sich auf das Angenehmste überrascht, statt einer lediglich landschaft-
lichen Schweizer Volkskunde eine Arbeit von grundlegendem Wert vorzufinden, die in
ansprechender, methodisch klarer Weise auf die schwebenden, den Bau unserer Wissen-
schaft betreffenden Fragen eine Antwort zu geben sucht. Wer sich als Lernender oder
Lehrender mit der Volkskunde befaßt, wird kaum ohne die kritische Lektüre dieses Buches
auskommen können.
W. ordnet sein über 400 Seiten umfassendes Werk in zwei Teile: Im ersten kürzeren
Abschnitt (S. 3—67) gibt er einen knappen, allgemeinen Grundriß über die Prinzipien
der Volkskunde, die er im zweiten umfassenderen Teil (S. 71—366) auf die besonderen
Verhältnisse der Schweiz überträgt. Den Anhang schließlich bilden ein sehr ausführliches,
den einzelnen Kapiteln zugeordnetes Literaturverzeichnis, Register und Belegortangaben.
Es sei der Rez. gestattet, der allgemeinen Bedeutung wegen länger bei der Besprechung
des ersten Teiles zu verweilen. Hier geht es dem Verf. einmal darum, die Einheit der Volks-
kunde im Gebiet der Geisteswissenschaften abzugrenzen, und zum anderen, klare Tren-
nungslinien zwischen der wissenschaftlichen und der angewandten Volkskunde zu schaffen.
Die angewandte Volkskunde, wie sie uns als Heimatschutz, Mundarten- oder Trachten-
pflege u. ä. begegnet, hat zweifellos ihre volle Berechtigung; doch greift sie auf Grund
von wertenden Stellungnahmen aktiv in den Kulturprozeß ein, während die Volkskunde
als Wissenschaft ausschließlich zu zeigen hat, wie die Dinge sind und wie sie geworden
sind. Damit bildet sie das Fundament für die Pflege der Volkskultur. Die Volkskunde
definiert W. als die Wissenschaft vom Volksleben: „Das Volksleben besteht aus den
zwischen Volk und Volkskultur wirkenden Wechselbeziehungen, soweit sie durch Gemein-
schaft und Tradition bestimmt sind.“ Hier trifft er sich mit der von Adolf Spamer in
seinem Handbuch {Die deutsche Volkskunde, Leipzig 1934, Bd. x, S. xif.) gegebenen
Definition von der Volkskunde als der Kunde vom Leben des Volkstums, und das be-
deutet — nach Spamer — neben der Abwägung der verschiedenen Bedingtheiten durch
geschichtliche und soziale Prozesse, geographische und wirtschaftliche Faktoren „die
Zusammenfassung aller statischen und dynamischen Kräfte in einer großen Schau des
Volkstums“. Diese Schau ist nur erreichbar über die erfaßbaren Ausdrucksformen des
Volkslebens, die den Stoff der Volkskunde ausmachen. Als Hauptmerkmal des hier zu
untersuchenden Volkstümlichen stellt W. die an Gemeinschaft und Tradition gebundene
Geisteshaltung heraus und bestimmt die ganze europäische Geistesgeschichte in ihrem
Grundthema als nie zu lösende Spannung zwischen den individuellen Triebkräften fort-
schreitender Kultur und den dauernden Bindungen volkstümlichen Beharrens. In einem
anschaulichen Schema stellt er dar, daß der Trennungsstrich zwischen diesen beiden Span-
nungen durch den Einzelmenschen hindurchgeht, dessen Verhaltensweise stets in zwei
verschiedenen, geistig-seelischen Bereichen beheimatet ist: einem volkstümlichen und
einem unvolkstümlich-individuellen.
444
Richard Weiss
Um Mißverständnissen mit sozial gesehenen Schichtungen des Volkskörpers vorzu-
beugen, möchte Verf. die Umschreibung des Volkstümlichen im Menschen nicht als Unter-
schicht, sondern psychologisch als Unterschiedliches verstanden wissen. Solche Klar-
legungen bewegen sich auf der gleichen Erkenntnisebene, die auch Adolf Spamer stets
betrat, wenn er den Volksmenschen als Träger der Volkskultur nicht einem sozialen Stande
zuordnete, sondern einem geistig-seelischen Zustand. Selbstverständlich wird sich die
Volkskunde nach wie vor mehr mit den besonders volkstümlich bestimmten Menschen-
gruppen der Arbeiter, Bauern und Handwerker beschäftigen als mit den besonders unvolks-
tümlich-individuell und intellektuell orientierten, denn der Bezirk des durch Gemein-
schafts- und Traditionsbindungen bestimmten Volkstümlichen ist eben in jedem Menschen
verschieden groß und verschieden tief gelagert.
Ausführlich werden die beiden Grundbegriffe Gemeinschaft und Tradition behandelt und die
durch Wiederholung und Überlieferung geformte und gerechtfertigte Geltung der Gemein-
schaftsäußerungen im Fo№sieben dem durch Mode-Impulse bestimmten, zeitbedingten
Massenleben gegenübergestellt. Tracht — Mode, Volkslied — Schlager, Sage—Gerücht
sind Pole solcher Sicht, wobei betont wird, daß das unselbständige Denken beiden Äuße-
rungen gemeinsam ist. Tradition will der Verf. nicht etwa als Eigenschaft der alten Dinge,
sondern als Traditionsgläubigkeit, als seelische Eigentümlichkeit verstanden wissen. Eine
bestimmte Menschengruppe, die der Verf. als Traditionskreis bezeichnet, umgibt ein
bestimmtes Traditionsgut nur deshalb mit dem Nimbus des Alten, Bewährten, Richtigen,
Heiligen, weil es eben in diesem Kreis herkömmlich und überliefert ist. Dieser Traditions-
kreis als die Gesamtheit der eine bestimmte Tradition bewahrenden Personen muß nicht
immer eine Gemeinschaft darstellen, wie es das Beispiel „Weihnachtsbaum“ beweist.
In einer Gemeinschaft dagegen ist der Gemeinbesitz von Überlieferungen ganz bewußt,
und dieser Besitz gemeinsamer, als eigen empfundener Traditionen grenzt die volkskund-
lichen Gemeinschaftsformen gegen andere Formen menschlichen Zusammenlebens ab.
Die ungeschichtliche Auffassung von der Welt als etwas Unveränderlichem, die subjek-
tive, wertbetonte Chronologie, der volkstümliche Rückschrittsglaube mit seiner Ver-
ehrung der „guten alten Zeit“ sind solche Merkmale traditionsgläubiger Geisteshaltung.
Aber anregenderweise erklärt W. die ebenso uneinsichtige Modernitätsgläubigkeit aus
der gleichen Geisteshaltung —, schafft sich doch der Volksmensch immer neue Traditions-
güter und versieht sie mit dem notwendigen Nimbus.
Die Gemeinschaft verlangt nach Ausdruck und Darstellung — ihre Wirkung wird deut-
lich an der Volkskultur. Die volkskundliche Forschung ging den Weg von den Dingen
zum Träger; W. fordert eine Betrachtungsweise, die Volk und Volkskultur im Auge behält
und die Dinge in bezug auf ihre Funktion für den Volksmenschen untersucht. Nicht Tracht
oder Träger allein sind wichtig, sondern das Tragen oder das Essen, Singen, Glauben,
Erzählen usw. Hier erhebt sich nun die Frage nach dem Ursprung der volkskundlichen
Stoffe, und die alte Streitfrage klingt wieder auf: Ist das Volk selbst schöpferisch (Produk-
tionstheorie) oder nimmt es lediglich auf (Rezeptionstheorie)? W. vertritt die Ansicht,
daß das Volkstümliche im Menschen unschöpferisch sei und Gemeinschaft und Tradition
nur bewahrend wirken. Echten Gestaltungswillen billigt Verf. lediglich selbständigen
Vermittlerpersönlichkeiten zu, bei denen sich individuelle Antriebe und Gemeinschafts-
gebundenheit die Waage halten, — ein wertvoller Versuch, um Klarheit in diese Dinge
zu bringen, wenn auch eine solche psychologische Grenzziehung der Rez. ein wenig kom-
pliziert erscheint. Daneben ist ein Großteil der Volkskultur als „gesunkenes Kulturgut“
natürlich ursprünglich Bestandteil der Individualkultur — und nimmt auf diese Weise
an den Wandlungen und Entwicklungen der „Hohen Kultur“ teil, eine Erkenntnis, die
die Träger der Letztgenannten mit hoher Verantwortung erfüllen müßte. Die Mehrgesetz-
lichkeit der Volkskultur aber bringt es mit sich, daß andererseits auch wieder ein „ge-
hobenes Primitivgut“ die Individualkultur speist und so ein dauernder wechselseitiger Aus-
tausch stattfindet.
Dieser Mehrgesetzlichkeit entspricht die Vielfalt wissenschaftlicher Forschungsmethoden,
deren sich die Volkskunde zu bedienen hat. Die historisch-philologische Methode als die
Geschichte der österreichischen Volkskunde
445
aus der Romantik hervorgegangene wendet sich dem Zeitgeist des Kulturgutes zu; die
geographisch-räumliche, die das kartographische Momentbild der Volkskundeatlanten
gestattet, stellt die landschaftliche Bezogenheit in den Mittelpunkt; die soziologische
Methode fragt nach der Gemeinschaftsbezogenheit des Kulturgutes und ist für unsere
Zeit unerläßlich; die psychologische Richtung schließlich will die geistig-seelische Haltung
des Kulturträgers bestimmen. Die Volkskunde als eine Beziehungswissenschaft kann
keine dieser Methoden missen, doch braucht sie als wichtigste Grundlage die lebendige
Anschauung.
Wer von dem speziellen Teil des Buches eine umfängliche Darbietung schweizerischer
Landesvolkskunde erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Wohl spiegelt der vorzüglich
ausgestattete, schöne Bildteil die reiche Vielfalt des volkstümlichen Lebens der Schweiz;
wohl treten uns als Hintergrund des volksmäßigen Verhaltens immer wieder die land-
schaftlich und wirtschafdich bestimmten drei schweizerischen Zonen entgegen: das alte
Agrarland der Mittelzone, das nordalpine Hirtenland und die agrar- und viehwirtschaft-
lich gemischte südalpine Zone; wohl erfahren wir — besonders in den Kap. über Staat,
Recht und Volkscharakter — von der Formkraft des Staates für das schweizerische Volks-
wesen. Aber die mannigfaltigen Einzelmomente aus Siedlung und Haus, Nahrungswesen
und Tracht, Sitte und Brauch, Spiel und Tanz, Musik und sprachlicher Überlieferung,
Glaube und Wissen dienen in der Hauptsache der Erhärtung von grundsätzlichen Fest-
stellungen und Forderungen, beginnt doch jedes Kapitel mit einer vorzüglichen, nach
modernen Gesichtspunkten durchdachten Definition des betreffenden Themas. Zu Einzel-
fragen kann sich W. immer wieder auf ausführliche Spezialstudien zur Schweizer Volks-
kunde berufen: so auf die Arbeiten von Julie Heierli zur Trachtenkunde, auf Oskar
Eberles Untersuchungen zur Entwicklung des Schweizer Volksschauspiels, das mit seinen
von W. ganz besonders betonten historischen Volksschauspielen (Tell) eine Sonderstellung
einnimmt; oder auf die Forschungen des Baseler Volkskundlers Meuli, der in kühner
Schau Zusammenhänge zwischen Rechtsbräuchen, Totenglauben und Mittwinter- und
Fastnachtsriten feststellen konnte. Die Schweiz ist reich an volkskundlichen Forschern,
aber dem Verf. gebührt das Verdienst, zum erstenmal ein Gesamtbild des schweizerischen
Volkslebens mit seiner „Mannigfaltigkeit in der Einheit“ (Keller) gegeben und dabei
auch die städtische Volkskunde nicht vernachlässigt zu haben. Doch fühlt sich der Leser
nicht nur durch den dargebotenen Wissensstoff bereichert, sondern auch durch die metho-
dische Klarheit und das Bemühen um sorgfältige Definitionen. Die wachen, tief in unsere
Gegenwartsprobleme hineinführenden Fragestellungen des Verf. überwinden jede der
Volkskunde nur zu leicht anhaftende, museale Antiquiertheit. Sie zeigen deutlich die Um-
setzung gewisser gemeinschaftsbedingter Gedankengänge in unsere moderne Welt (Aber-
glauben — Aberwissen) und weisen so Wege für eine fruchtbringende, unsentimentale
Gegenwartsvolkskunde. Ingeborg WEBER-KELLERMANN-Berlin
Schmidt, Leopold: Geschichte der österreichischen Volkskunde, österreichischer Bundes-
verlag, Wien 1952. 205 S.
In Gustav Jungbauers „Geschichte der deutschen Volkskunde“ (Prag 1931) ist die
österreichische Volkskunde miteinbezogen, und auch der Österreicher Arthur Haber-
landt macht in seiner verdienstvollen Ideengeschichte „Die deutsche Volkskunde“ (Halle
1935) bewußt keinen Versuch, die österreichische Problemstellung als etwas Besonderes
herauszuarbeiten.
Diesen Versuch unternimmt nun Leopold Schmidt, dem nicht nur die österreichische,
sondern auch die allgemeine Volkskunde der Nachkriegszeit vielfältige und wichtige An-
regungen verdankt. ,,Die österreichische Volkskunde besitzt seit längster Zeit eine aus-
gesprochene Selbständigkeit und Eigenart, und ihre Erforschung nicht minder“, sagt der
Verf. in seinem Vorwort S. 5.
446
Leopold Schmidt
Der Zeitpunkt für das Unternehmen, eine österreichische Volkskunde in diesem Sinn
zu schreiben, ist für L. S. gegeben durch den Zusammenbruch der nationalistisch-roman-
tischen Betrachtungsweise. Die neue Epoche „muß eine Epoche des neuen Realismus
sein, der sachlich zu urteilen versteht, ohne deshalb die Gewinne der weiten romantischen
Schau im besten Sinn preiszugeben“ (S. 6). In welchem Lichte und unter welchen Merk-
malen unsere gegenwärtige Epoche des Tastens und Neuanfangens — und auch des Weiter-
dösens — einer späteren Zeit einmal erscheinen wird, bleibt abzuwarten. Darin aber müssen
wir dem Verf. durchaus recht geben, daß der neuromantisch-nationalistische und zugleich
großdeutsche Standpunkt den Blick trübte für die Eigenart der österreichischen wie
übrigens auch der schweizerischen Volkskunde. Das nationalistische Denkschema ist
schwer zu überwinden und lebt, zum Teil mit neuen ideologischen Stützen, fort. So kann
man auch heute noch in Deutschland dem Postulat einer Trennung schweizerdeutscher
und rätoromanischer Volkskunde begegnen, einem Postulat, das die reale Bedeutung einer
geschichtlichen Nation wie der schweizerischen völlig verkennt: Deutschschweizer und
Rätoromanen stehen sich in ihrer volkstümlichen Kultur viel näher und sie fühlen sich
viel verwandter als gewisse deutsche Volksschläge untereinander. Zweifellos hat auch das
deutschösterreichische Volkstum und mit ihm die österreichische Volkskunde durch die
kulturelle Prägekraft eines eigenen geschichtlichen Schicksals ihr besonderes Gesicht.
Das wird deutlich im Verlauf der geschichtlichen Epochen der österreichischen Volks-
kunde, die L. S. in geistvoller und kenntnisreicher Weise an uns vorbeiziehen läßt, bei aller
Berücksichtigung der gesamtdeutschen und gesamteuropäischen Gemeinsamkeiten.
In „Humanismus und Renaissance“ (I) sieht der Verf. die früheste Voraussetzung volks-
kundlichen Forschens, und zwar „in der Distanzhaltung des geistigen reflektierenden
Menschen gegenüber dem Menschentum in überlieferten Ordnungen“ (S. 18). Dieser
nicht selbstverständliche Ansatz ist ein Bekenntnis zur unromantischen Objektivität und
zur europäischen Humanität im Gegensatz zur nationalistischen Romantik, welche oft
als einzige Wurzel der Volkskunde gesehen wird.
„Barock und Rationalismus“ (II) engen durch den Geist der Gegenreformation das
Österreichische auf das Katholische ein, und doch ergibt sich für den Verf. die bemerkens-
werte Tatsache, daß „beinahe alle genannten Volkskundler der Zeit Protestanten waren“
(S. 30). Es sind also vor allem die Außenstehenden der konfessionellen Minderheit, welche
die betrachtende Distanz finden.
„Rokoko und Aufklärung“ (III) stehen in Österreich wie übrigens auch in der Schweiz
der Volkskultur weniger feindlich gegenüber als etwa in Deutschland, ja sie zeigen ein
ausgesprochenes, wenn auch vielfach ökonomisch bedingtes Interesse am Volkstümlichen.
„Empire und Zentralismus“ (IV) bauen in dieser Richtung ohne revolutionären Unter-
bruch weiter bis zu den „statistischen Rundfragen“ als Stoffsammlungen, denen die Persön-
lichkeit Erzherzog Johanns in Österreich Ansehen und Dauer verleiht.
,,Biedermeier und Romantik“ (V), vor allem die letztere, aber doch in einer charakte-
ristisch österreichischen Ausprägung, bringen einen starken volkskundlichen Impuls,
während ,,Positivismus und Liberalismus“ (VI) im allgemeinen als Zeit des Niederganges
betrachtet werden. Doch darf allgemein wie auch für Österreich nicht übersehen werden,
daß in diese Zeit die Gründung der bis heute bestehenden volkskundlichen Forschungs-
institutionen fällt: Verein für österreichische Volkskunde (1894) und Zeitschrift für öster-
reichische Volkskunde (1895).
Als „Neuromantik und Nationalismus“ (VII) erscheint die jüngstvergangene Zeit, in
welcher eine deutsch, großdeutsch oder pangermanistisch eingestellte Forschung zur
Herrschaft kam, vor und besonders nach dem „Anschluß“, den sie geistig vorbereiten
half. Mehr außerhalb der Universität trat als eine österreichische Ausprägung der neu-
romantischen Strömung die Wiener Mythologenschule hervor.
Mit „Historismus und Sachlichkeit“ (VIII) kennzeichnet L. S. die neueste Zeit, die aus
den romantisch nationalistischen Verirrungen einen Ausweg sucht. Bei der Charakteri-
sierung der eigenen Epoche, bei welcher der Verf. notwendigerweise Subjekt und Objekt
Volkskunde in der Gegenwart
447
zugleich ist, wird man ihm zugestehen, daß er den postulierten Realismus in der vornehmen
Zurückhaltung des Historikers bewährt, ohne die persönlichen Spannungen hervortreten
Zu lassen, an denen es der österreichischen Volkskunde wahrlich auch in jüngster Zeit
nicht fehlt.
Zur Begründung seines eignen Standpunktes in der Volkskunde beruft sich L. S. hier
(S. 15) wie andernorts auf Adolf Spamer, für den die Volkskunde „eine historische
Wissenschaft mit psychologischer Zielsetzung“ war. Tatsächlich gibt es auch für uns
keinen in Leben und Forschung bewährteren Wegweiser in die Zukunft der Volkskunde
als Adolf Spamer. Richard WEiss-Zürich
Koren, Hanns: Volkskunde in der Gegenwart. Graz, Styria Steirische Verlagsanstalt, 1952,
99 S. —.
Der Verf., GERAMB-Schüler und dessen Nachfolger als Leiter des Grazer Volkskunde-
museums, nimmt bei der Betrachtung des Forschungszieles der Volkskunde seinen Aus-
gangspunkt von den steirischen Verhältnissen. Er kommt in seiner als programmatisch
zu bezeichnenden Schrift zu der gleichen psychologischen Definition des Volksbegriffes
wie Richard Weiss (s. uns. Rez. S. 443) und sieht wie Geramb und Spamer im „vulgus
weniger einen Stand als vielmehr einen Zustand“. In kritischer Auseinandersetzung mit
Leopold Schmidt, zu dessen ,,Geschichte der österreichischen Volkskunde“ (s. uns. Rez.
S. 445) die vorliegende Schrift eine wertvolle Ergänzung bildet, wird der volkskundliche
Untersuchungsbereich abgesteckt. Schmidt bezeichnet die Volkskunde als die „Wissen-
schaft vom Leben in überlieferten Ordnungen“ (Gesch. S. 10) und vermeidet möglichst
das Wort „Volk“, auch in der Zusammensetzung „volkstümlich“, was er als „unter-
schichtlich“ im Sinne Spamers verstanden wissen will. Auf diese Weise gelangt er zu einer
absoluten Gleichsetzung von Völkerkunde und Volkskunde und verwischt die Grenzen
der Fragestellung bei sog. „Primitivvölkern“ einerseits und mehrschichtigen „Kultur-
völkern“ andererseits. Auch Koren betont die ursprüngliche Einheit von Völkerkunde
und Volkskunde und ihre gemeinsamen Ausgangspunkte, legt aber Wert auf ihren heute
getrennten, wenn auch aufs engste benachbarten Entwicklungsstand. — Ich möchte dem
hinzufügen, daß der ganze Streit um Einheit oder Verschiedenheit der beiden Fachgebiete
dann vermieden werden könnte, wenn man nicht „Völkerkunde“ als rahmenmäßige
Wissenschaftsbezeichnung wählte (was m. E. bei dem heutigen Entwicklungsstand der
beiden Disziplinen nicht tragbar ist), sondern ein neues Dach errichtete, wie z. B. „allge-
meine Völkerforschung“, unter dem sich friedlich die Völkerkunde mit den verschiedenen
nationalen Volkskunden vereinigte, sehr zum Nutzen unserer Arbeitsmethoden.
Alle Richtungen dürften sich jedenfalls in der Überzeugung finden, daß die volks-
tümlichen Überlieferungen und ihre Träger den Untersuchungsstoff der Volkskunde aus-
machen.
Im nächsten Abschnitt vermag K. sehr klar die gegliederte Gemeinschaft als kulturelle
und soziale Größe abzugrenzen gegen die nur psychologisch und kulturell erfaßbare
Schicht, die beispielsweise als Träger abergläubischer und volksmedizinischer Restformen
durch verschiedene Gemeinschaften hindurchgehen kann. Solchen Relikten gegenüber
erweisen sich die an Gemeinschaften gebundenen Überlieferungsgüter als weit stärker in
ihrer gemeinschaftsbildenden Kraft; ihnen weist K. den ersten Platz in der Rangordnung
der volkskundlichen Forschungsaufgaben zu.
Es würde hier zu weit führen, dem Leben und der Entfaltung volkstümlicher Gemein-
schaften und dem Eigenleben bestimmter Überlieferungsgüter im einzelnen zu folgen.
Der Verf. zeigt das Vorhandensein von Gemeinschaften vom Bauerndorf bis in die Groß-
stadt und deutet auf zahlreiche Fragestellungen innerhalb der städtischen Lebensformen
hin, wobei er die Ausführungen des schwedischen Ethnologen Sigurd Erixon voran-
stellt: die Erscheinungen verdienen nur in bezug auf die Rolle, die sie im Leben des Men-
schen spielen, geprüft zu werden.
448
Beiträge zur sprachlichen Volksüberlieferung
Der letzte Abschnitt des Bändchens schließlich ist, wie oft gebräuchlich bei österreichi-
schen Veröffentlichungen, der Hinwendung zur Brauchtums- und Trachtenpflege ge-
widmet, — Fragestellungen, die m. E. nur mittelbar in den Bereich der wissenschaftlichen
Volkskunde gehören, hier aber eine Art ethischen Glaubensbekenntnisses ausmachen
und sich daher der Kritik entziehen.
Im ganzen ist zu sagen, daß K. in sehr dankenswerter Weise die ungeheure Vielschichtig-
keit volksmäßigen Lebens aufgedeckt und gezeigt hat, in wie vielgestaltigen Verstrebungen
der Mensch als Träger volkstümlichen Überlieferungsgutes verhaftet ist.
INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Beiträge zur sprachlichen Volksüberlieferung. Veröffentlichungen der Kommission für
Volkskunde der Deutschen Akademie der Wissenschaften, Band 2, Akademie-Verlag
Berlin 1953, gr. 8°, 296 S.
Am 20. Juni 1953 schloß seine Augen für immer, dem diese Sammlung von Untersuchun-
gen seit fünf Jahren zugedacht war: Adolf Spamer. Der Band legt nachdrückliche Zeug-
schaft für die Persönlichkeit und die Geistesart Spamers ab und setzt sein Wirken auf
dessen besonderen Gebieten mit Bedacht fort.
Die Namensherleitung für Spamer, mit der Ad. Bach den Reigen der Beiträge Spamer-
scher Schüler und Freunde eröffnet, führt auf den Ortsnamen Sponheim a. d. Nahe zurück,
wenngleich das Geschlecht der Spamer selbst noch keine Belege für eine solche Herkunft
beibrachte. Bach geht in seiner Untersuchung weiter auf die im deutschen Südwesten
gebräuchlichen Endungen -emer, -ener ein. Sie hingen sich nicht bloß Ortsnamen, wie
J. Schatz noch Reitt(e)ner und Reitemer von Reutte (Tirol) ableitet, sondern auch Berufs-
und anderen Hausnamen an. Hier freilich weit seltener als die Endsilbe -inger, die z. B.
in Postinger für den Postamtsleiter und dessen Leute in Oberbayern und im angrenzenden
Tirol mit einem mehr oder minder ominösen Nebenton gebraucht wird, so daß man
Postingher selbst im italienischen Trient vorfindet. Bei Spamer wäre noch an die alten
Adelsfamilien Sponheimer und Spanheimer und deren Unterstellte, vorab an die Familie
der Grafen von Spanheim anzuknüpfen. Ein Zweig dieser Spanheimer saß sogar vom
11. bis 13. Jahrhundert in Kärnten und stellte dort wiederholt den Herzog. Ein Abt daraus,
Bruno von Spanheim, unterrichtete den späteren Arzt und Naturforscher Theophrastus
Paracelsus, wie dieser in seiner „Großen Wundarznei“ berichtete und durch seine Aus-
sprache dieses Namens zur legendären Verwechslung mit Johannes Trithemius Anlaß bot.
Bachs Studie breitet sich somit über den besonderen Einzelfall hinaus.
Von der Goetheschen Wortprägung ausgehend, erinnert Friedr. v. d. Leyen an die
zeitgemäße Idee der Weltliteratur, der das deutsche Volk die Wege bahnte. Er führt zu
ihrem Verhältnis gegenüber der Volksdichtung, der Goethe als dem Anfang des Schöpferi-
schen zugetan und verpflichtet war. Im Zeitalter des gleichschaltenden Weltgeistes, der
Weltmode, der Welttechnik und der Weltindustrie verkümmert der Bluteinfluß der Volks-
poesie im schöpferischen Leben der Völker und verfällt um so eher gerissener Ausnützung
des Primitiven im Lichtspiel, Rundfunk usw.
John Meier schöpft an Hand der von ihm aufgebrachten Fassungen des flugblatt-
mäßigen Testamentsliedes König Friedrichs II. von Preußen ähnlich wie beim Andreas
HoFERschen „Hilf, Himmel“ die Lebensgeschichte eines Historienliedes im weitesten
deutschen Sprachgebiet aus. Harry Schewe hingegen verfolgt den Schlußtrumpf einer
GoETHEschen Ballade „Ihr gebt mir nichts dazu“ durch die Volkslieder bis zum Ergebnis,
daß Goethe diese Volksprägung zur Waffe der ihrer selbst und ihres Schatzes sicheren
Frau gegen die herrschende Gesellschaftsauffassung schärfte. Noch weiter greift Wolf-
gang Steinitz mit dem ScHUBARTschen volkstümlichen Liede gegen den Söldnerdienst
aus. Entsprungen dem Invalidenelend, stellt es ein beispielhaftes „Element demokratischer
und sozialistischer Kultur“ dar, das als solches mit dem Militärpflichtdienst in der neueren
Volksliedforschung übergangen worden ist.
Beiträge zur sprachlichen Volksüberlieferung
449
Mit dem Sagenmotiv vom Hufbeschlag der „Pfaffenkellnerin“ behandelt Viktor v.
Geramb ein reiches Stoffgebiet der Mythologie, Volkskunde, Literatur- und Theater-
geschichte. Es führt von der sündigen Widumhäuserin der Aufklärung und des Barock
zur Pfaffendirne Bertholdsvon Regensburg und Heinrichs von Melk, zur altbairischen
Anführerin der wilden Jagd und zur Herodias (== Salome) der Frühchristen und Humanisten
Zurück. Die mittelalterliche Redensart vom verlorenen Eisen, d. h. von der eingebüßten
Mädchenunschuld, war noch in der Predigtliteratur des 17. Jahrhunderts, so bei Heribert
von Salurn, Tirols Abraham a Santa Clara, geläufig und ist nicht ausgestorben.
Diese Volksvorstellungen wollen zugleich ältere und älteste Funde kleiner Hufeisen in den
Bergen erklären. Geramb bietet über eine „bescheidene Anregung“ hinaus ein steirisch
belegbares Volkslied zur weiteren Forschung. Verdeckt leben Vorstellungen der Pfaffen-
dirne und des Roßbeschlagens in alpinen Fasnachtsbräuchen fort (siehe z. B. meine
„Tiroler Fasnacht“, Wien 1949, S. 164, 371) (s. Bespr.DLZ 1952, Sp. 175/6). Diese Salome stellt
aber auch neben Maria Magdalena die eindrucksvollste Mittlerin zwischen Mythos, Mimus und
Mysterium, wie die Grazer Zeitschrift „Austria“ (1947, S. 466 ff.) ergänzend zu R. Stumpfls
„Kultspielen“ streifte.
Will-Erich Peuckert verfolgt die Untergangssage vom Schlosse des Grafen Isang
auf einen Bänkelsang zurück, der um 1800 ein Naturereignis von Seeburg mit einer Märe
vom frevelnden Schloßritter vereinigte: ein vorbildlicher Fall begrifflicher und psycho-
logischer Klarstellung.
Ingeborg Weber-Kellermann erbringt einen monographischen Abriß über das
Volksrätsel, über Herkunft des Wortes, und Begriffsbestimmung, Geschichte und Samm-
lungen, Formen, Stoffe und Schauplatz des Rätsels, über Rebus und schließlich noch einiges
über den geistig-seelischen Ursprung. Sie regt damit unwillkürlich zu einer größeren volks-
kundlichen und zu stärkeren regionalen Berücksichtigungen des Volksrätsels an.
Als Ergänzung solcher sprachlicher Quellen erinnert Joseph Maria Ritz vornehmlich
an die spätmittelalterlichen Bildquellen zur Volkskunde, die im Barock eine beschränkte
Neuaufnahme fanden. Ritz tritt für eine Zentralstelle systematischer Materialerfassung
ein, wozu sein bayerisches Denkmalamt und FI. Mosers Landesstelle für Volkskunde in
München mit ihrer Bevorzugung der historischen Richtung sehr geeignet erscheinen.
Wilhelm Fraenger greift einen Sonderfall, Dürers Gedächtnis-Säule für den Bauern-
krieg, die uns als Holzschnitt überliefert ist, als ein soziales deutsches Erbärmdebild von
1525 eindringlich heraus. Bruno Schier breitet die vielfache Erwähnung weiblicher
Kopftrachten (Haarschmuck, Schapel, Gebende, Schleier, Hüte) aus der mittelalterlichen
Dichtung aus, so auch den Pfauenhut, der als Helmschmuck von den Babenbergern auf
Akkon übernommen wurde (Schlern-Schriften 110, S. 130) und ins Maskentum einging.
Bei der internationalen Ausstellung der Plattnerkunst, welche Prof. Vinz. Oberhammer
im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 1954 durchführte, wurde zum erstenmal der
besondere Mühlauer Zusammenhang zwischen Tracht, Maske und Visier der Renaissance
über den Kreis Kaiser Maximilians I. und des Ambraser Erzherzogs Ferdinand II. v.
Tirol hinaus auch für England augenfällig (siehe den gedruckten Ausstellungskatalog).
Übergreifend zur Mundart geht Walther Mitzka auf unmotivierte Mundartlinien
und Mundarträume in kartographischer Sorgfalt neuerer Arbeiten ein. Er verwahrt sich
vorab in der Wortgeographie, gleich mit Konflikten bedeutungsschwerer Gegensätze zu
rechnen. Zwischen Mittel- und Niederdeutsch, im Anhaitischen, findet der Mensch, wie
Alfred Wirth reich belegt, seine Kennzeichnung geistiger und charakterlicher Eigen-
schaften in der Mundart in sprachbelebender Frische und Anschaulichkeit, wie man sie
mit den Augen des Volkskundlers nicht so ohne weiteres erwartet. Das mittelhochdeutsche
zwivel stellt Friedr. Maurer als Erkenntnisquelle vor, wie der religiöse Sinn seit den
frühen biblischen Dichtungen gewachsen und die alten Inhalte trotzdem lebendig ge-
blieben sind.
Friedr. Pfisters Prolegomena zu einer deutschen Glaubensgeschichte führen zu
jenem bedeutsamen Beitrag, über den die Anschauungen und Urteile der beteiligten Fach-
29 Volkskunde
450
Homenaje a Fritz Krüger
Wissenschaften am weitesten auseinandergehen dürften. Wie es keine deutsche Religion
gibt, besitzen wir noch keine deutsche Glaubensgeschichte, nur Ansätze zu Glaubens-
geschichten. Pfister will erstere durch seine grundsätzlichen Vorarbeiten anbahnen.
Hier schürft er Grundformen des Volksglaubens bloß.
Der Glaube, daß die Haselstaude vor giftigem Gewürm schütze, veranlaßt Hrch. Mar-
zell zu einer Untersuchung der ostalpinen Tatzelwurmvorstellungen. Von dessen starker
Volksverbundenheit bis auf den heutigen Tag legen die neuesten Auseinandersetzungen
in tirolischen und anderen österreichischen und süddeutschen Heimatzeitschriften, be-
sonders „Der Schiern“ (Bozen), Zeugnis ab. Marzell hält sich vornehmlich an JoH.
N. R. v. Alpenburg.
Ein weltweites und lebhaftes Kulturbild entwirft Georg Schreiber zur Symbolik,
Sprache und Volkskunde des Weines, zunächst aus dem mittelalterlichen Lebensgefühl
heraus. Vorab die Keltermotive, die Weinopfer, die Weinweihe, die Weinpatrone und die
Weinmirakel veranlaßten Schreiber, aus seiner beispielhaften Fülle von Beobachtungen
kennzeichnende Beispiele des Volkslebens und der Volksliturgie herauszustellen.
Leop. Schmidts Erfassung volkskundlicher Grundlagen der Gebärdensprache hebt ver-
schiedene Gesichtspunkte hervor, um die Syntax zum Wortschatz der Gebärdensprache zu
finden. L. Schmidt eröffnet damit wieder ein neues Betrachtungsfeld in weiter Sicht.
Eine solche Syntax könnte z. B. auch als Schlüssel zur Erhellung der Mysterienmimik
durch zeitgenössische Kleinkunst, der Stilgeschichte von Masken usw. dienen und damit
die lebendigen Zusammenhänge unter den verschiedenen Volksarten der Darstellung
klären.
Otto Lauffer befaßt sich mit der Allegorie der Begriffe der Zeit, des Jahres, der Jahres-
zeiten, der Monate und der Tageszeiten, die in der volksmäßigen Vorstellungswelt — man
denke nur an die Sinnzeichen der Sonnenuhren — bildhaften Ausdruck behielt. In seiner
kartographisch aufgenommenen Darstellung des Weihnachtsbaumes in Sachsen veranschau-
licht Karl Ew. Fritzsch die gebräuchlichen Namen, ihre Häufigkeit und Verbreitung,
die Art des verwendeten Baumes, seinen Schmuck, die daran gehängten Früchte und son-
stigen Naturformen, Gebäcke und Näschereien, Glas, Stanniol, Papier, Holz, Lichter, das
Ableeren des Baumes und sein weiteres Schicksal, die Geschichte des Weihnachtsbaumes,
des hängenden Baumes und ihrer Vorläufer wie überhaupt der Bäume der Gemeinschaften
und im Freien, kurz die Vielgestaltigkeit des Volksbrauches in vorbildlicher Anordnung
als ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Wandlungen im Volksganzen.
Herb. Bellmann beschließt die Festgabe mit der Zusammenstellung, was Adolf
Spamer „bisher“ veröffentlichte, eine kostbare Übersicht seiner Arbeiten. Alles in allem
stellt der Band eine vielseitige, ausgewogene Denkschrift aus dem Bereich sprachlicher
Volksüberlieferungen für den Gründer und ersten Leiter der Kommission für Volkskunde
an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin dar, für die Wolfg. SteinitZ
und Ing. Weber-Kellermann zeichnen. Anton DÖRRER-Innsbruck
Universidad Nacional de Cuyo, Facultad de Filosofia у Letras (Herausgeber): „Flomenap’
a Fritz Krüger“. Tomo I. Mendoza 1952, 466 S. gr. 8°.
Die sehr ansehnliche Festschrift ist zum 60. Geburtstag (1949) dem bisher Hamburger
Romanisten und Ethnologen gewidmet, der zur Zeit als Universitätsprofessor in Argen-
tinien wirkt. Die 22 Beiträge spiegeln den weiten romano-europäischen und lateinamerikani-
schen Horizont seiner Forschungsarbeit. Teilweise mit Fotos und Zeichnungen illustriert,
sind sie zumeist in spanischer, andere in deutscher, katalonischer, italienischer und portu-
giesischer Sprache geschrieben. Von den umfangreicheren Studien seien hervorgehoben:
E. Gamilscheg, Germanisches im Französischen; A. Z. Vicente, Zur Phonetik des g i'1
der galizischen Mundart; H. Flasche, Die syntaktischen Leistungen des „que“ in der Prosa
Antonio Vieiras. Aus der ethnologischen Gruppe haben allgemeinere Bedeutung: W. BIER"
HENKE, Agavefasern und ihre Bearbeitung in Algarve (Süd-Portugal) ; J. M. DE BaraN"
diaran, Zur baskischen Mythologie; L. De Silva Ribeiro, Beiträge zur Ethnographie
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien
451
der Azoren. Von speziell volkskundlichem Interesse namentlich: G. A. Terrera, Über
religiöse Bräuche in Argentinien. In historischer Sicht ist hier eine Reihe heute lebendiger,
landeseigen-charakteristischer Volksbräuche in ihrer Entwicklung aus den Kulturschichten
von der indianischen Grundform in der Durchdringung mit spanisch-christlichen Ein-
flüssen anschaulich dargestellt. Gerade dieser Beitrag sollte wohl durch Übersetzung der
deutschen volkskundlichen, religionspsychologischen Arbeit zugeführt werden, aber das
Gleiche möchte man auch für andere Stücke dieser Sammlung wünschen. Sie ist im ganzen
ein überzeugender, gewinnender Beweis für die Fruchtbarkeit internationaler wissenschaft-
licher Gemeinschaftsarbeit. Erich L. ScHMiDT-Berlin
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien. Herausgegeben vom Deutschen Volksliedarchiv.
Dritter Band: Balladen. Unter Mithilfe mehrerer Fachgenossen gemeinsam mit Erich
Seemann und Walter Wiora hrsg. von John Meier. Zweite Hälfte. Berlin, Walter
de Gruyter u. Co., 1954, S. 141-283.
Es ist nicht unnütz, sich den Werdegang des großen Werkes zu vergegenwärtigen, von
dem hier ein Teilstückchen vorzuweisen ist: John Meier gibt 1905 den Anstoß, dem deut-
schen Volke eine wahrhaft wissenschaftliche Gesamtausgabe seiner Volkslieder zu schaffen,
und der Verband für Volkskunde stimmt zu; 1906 ersteht das Schweizerische, 1914 das
Deutsche Volksliedarchiv; die engere Zurüstung für das Werk setzt 1928 ein; der erste
Band kann 1935, der zweite 1939 und der dritte mit seiner ersten Hälfte 1940 erscheinen,
jetzt - 1954! - mit seinem Schlußteil. So hat sich der Krieg zweimal einem Werk in den
Weg gestellt, das bei seinem ersten Hervortreten „ohne Übertreibung als ein literarisches
Ereignis bezeichnet“1) und in seiner Bedeutung für Volkstum und Wissenschaft allseits
mit tiefer Befriedigung begrüßt und gewürdigt wurde.
Wir haben somit allen Anlaß, diesen arg verspäteten Teilband mit besonderer Freude
aufzunehmen, erweckt er doch in uns zugleich die Hoffnung, daß der Fortgang des großen
Werkes nun wieder rüstiger voranschreitet, zumal eine stattliche Anzahl von Manuskripten
mit der Bearbeitung von rund 30 Balladen nur des Druckes harrt. Rings im Ausland sehen
wir reges Forschen und auch Veröffentlichen auf dem Gebiete des Volksliedes. Um so
notwendiger ist es, daß auch die bei uns geleistete Arbeit nicht im Schubfach verstaubt, daß
auch wir nicht mit einschlägigen Veröffentlichungen zurückhalten. Zudem liegt es auf der
Fland, daß jeder weitere Band den Wert und das Gewicht dieses entstehenden Monumental-
werkes steigern und verdoppelt in die Waagschale fallen muß.
In seinen letzten Lebenstagen hielt John Meier noch den Umbruch in Händen, und
sofort ließ er sich die fertigen Manuskripte vorlegen, um den Inhalt des nächsten Bandes
Zu bestimmen. Das Vorwort aber fiel schon Erich Seemann zu. Ihm und Wilhelm Heiske,
altbewährten Mitarbeitern am Gemeinschaftswerk um John Meier, sind ausgezeichnete
Textgeschichten von Spielmannssohn (Nr. 62) und König von Mailand (Nr. 67) zu danken.
Die übrigen zehn Balladen sind noch von John Meier behandelt worden. Und so fällt noch
einmal ein helles Licht auf diese unvergleichliche Methode, die dem sprödesten Stoff ab-
ringt, was sich irgend gewinnen läßt. Besonders deutliche Beispiele dafür sind mir Ber-
nauerin (Nr. 65), Heilige Elisabeth (Nr. 66), Totenamt (Nr. 61) und Grausamer Bruder
(Nr. 68). Den letzten beiden, wie noch drei weiteren Balladen (Des Grafen Töchterlein,
Bache aus Eifersucht, Bay Rädder) hat John Meier überdies im Jahrbuch für Volkslied-
forschung noch besondere Untersuchungen gewidmet, wie sie sich ja bei dem intensiven
Durchforschen des Stoffes fast ungewollt ergeben, während in dem großen Werk mehr
eine möglichst gedrängte Zusammenfassung der Ergebnisse obwaltet. Eine solche Ent-
lastung des Volksliedwerkes gehörte u. a. zu den Aufgaben des Jahrbuchs, dessen Ein-
gehen mit dem achten Bande höchst bedauerlich bleibt, da es seine Daseinsberechtigung
eindringlich genug dargetan hat. War es doch auf dem besten Wege, das internationale
x) Edward Schröder: Ein Korpus der deutschen Volksballaden. In: Forschungen und
Fortschritte 11 (1935), S. i78ff.
452
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien
Organ der Volksliedforschung zu werden und so den sichtbaren Mittelpunkt der Ver-
bundenheit des Freiburger Archivs, dieser „Arbeitsstelle für internationale Volksliedfor-
schung“, mit allen gleichgerichteten inner- und außerdeutschen Instituten und Forschern zu
bilden. Darum muß es allen Einsichtigen dringend geboten erscheinen, ein Jahrbuch wieder
aufleben zu lassen, das um so schmerzlicher vermißt wird, weil wir es doch einmal besaßen.
Ist denn der auf weitere Sicht unschätzbare Wert einer Publikation nur nach dem buch-
händlerischen Augenblickserfolg zu beurteilen?
Leider muß man diesmal infolge der ungewöhnlichen Erschwernisse der Drucklegung
eine Reihe von Versehen und Druckfehlern in Kauf nehmen, deren wichtigere ich be-
richtigen möchte:
S. 148, Z. 39 hat sich der Wortlaut von Z. 48 eingeschlichen, den wirklichen Inhalt
verdrängend.
S. 149, Z. 5 ist wohl I (nicht: II) zu lesen.
S. 193, Z. 11 (in der Klammer): 37 u. 35; Z. 41—43: Die Basler verlangen die Er-
klärung, sie nicht zu bekriegen, doch erst, nachdem die völlige Schuldlosigkeit Mutschel-
becks erwiesen ist (Str. 5 3 f.).
S. 202 erscheint das Wiener fl. Bl. v. J. 1817 zweimal unter D und F.
In Nr. 65 (Bernauerin) stimmen die Sigel in der Textgeschichte mehrfach nicht überein
mit denen in der „Überlieferung“. So ist S. 205, Z. 4 u. 28 das Sigel E kaum zutreffend
und „A, B, C, D (in G” durch ”D, E, F, G (in E” zu ersetzen.
S. 211, Str. 9 ist zu lesen: nu sende.
S. 218, Z. 27 Elemd statt Hand.
Ferner mögen ein paar Einzelheiten unsere lebhafte Anteilnahme an diesem Werk be-
kunden. Zu Nr. 68 (Der grausame Bruder) spielt mir der Zufall noch eine alte Niederschrift
in die Hand. Ich entnehme sie einem handschriftlichen Lieder- und Gebetbüchlein, das
sich Jochem Hinrich Beulcke, geboren 16. 6. 1744, aus verschiedenen Lagen zusammen-
band (ältest datierter Teil „geschrieben im voigtshagen2) Anno 1761“). Zeitlich liegt sie
also erheblich vor allen norddeutschen Überlieferungen und auch noch vor der bislang
ältesten elsässischen Aufzeichnung Goethes v. J. 1771. Die arg zertrümmerte Lesart setzt
gleich mit der Erwartung des Bruders durch die Schwester ein und beschränkt sich darauf,
Rede und Gegenrede mit knappem verbindendem Text zu bringen:
Kristinche :/: wol in dem fensterlein3) sas
ihr rem Bruder freundlich4) entgegen sag
„ach mede liebste mede mein
Ruft mir doch die am Herein —
ach amme Hertz liebste amme mein
ich befehle dir meines Kleines Kindelein
so Hoch und Teure
als wen s von eitelen golde wer.“
„gundach gundach mein Brüderlein fein“
„schön danck schön danck mein Schwesterlein fein
wo Hast du deines Kleines Kindelein“
„Ich weiß nicht von Kinder noch von Kindes Geschlecht5)
du Tust mihr Ja viel ungerech“
man setz Kristinche wohl vor den Tisch
und Legt ihr6) vor vom gebratenen7) fisch
2) Es gibt zwei Voigtshagen in Pommern: an der Rega, unweit der Küste, und südlich
von Naugard. — Die Hs. ist im Besitz von Fräulein Gertraud Zaepernick, Berlin, und
wurde mir durch Frau Dr. Weber-Kellermann zugänglich.
3) Hs.: fenster ein. — 4) Hs.: freunlich. — 5) Hs.: Geschlest. — 6) Hs.: ihn. ""
7) Hs.: gebranen. —
Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien
453
„so es du so es du mein schwesterlein fein
das Halbe Königreich8) sol dein eigen sein —
ach spielleut spiellet mir einen tans
von fünf und zwanzig stunden lang“
ie Höger er Sprung ie besser sie wieb9)
bis das der Krag vom leib absprang
mit stibel und sporren man sie Tradt
bis daß man lung und leber sah
„Hör auf hör auf mein Brüderlein fein
ich wil bekennen meines Kleineß Kindelein
das herchet10) dem König nach engeland zu
mit dem solt du leben in frid und ruh“
„Kristinche hättes du mihr das ehr gesaget
so Hätte11) ich dich nicht so sehr12) geschlagen
blei leben blei leben mein schwesterlein fein
das Halbe Königreich13) sol dein eigen sein“
„Ja wen du mihr gibest das ganze Land
so muß ich doch sterben vor deiner Hand“
man fast Kristinche wol bey ihren goldgelen krusen Haren
und schlpffet14) sie auf den mittelsten Sahl
der Liebe gott hat verkürzet ihr Quahl
da kompt der König von enge Land
„Herr got grüs euch Herr Schwager wol ohn gefehr
wo habt ihr Kristinche gelassen“
„Kristinche Liget wol auf dem midelsten sahl
der Liebe gott hatt verkürzet ihr Qual“
Kristinche gehen die Klöcklein nacht
Hans Kaspen schrien die Raben nacht.
Zu Nr. 65 (Bernauerin) ließe sich anmerken, daß der Eingang auch unter dem Einfluß
der Ballade von den drei Mördern steht (s. besonders die fünfte der abgedruckten Fas-
sungen). — Im König von Mailand (Nr. 67) verdient der Zug, daß das Mädchen mit Blut
statt Tinte schreibt, kaum etwelche Aufmerksamkeit (S. 230), da er sich noch im neueren
Volkslied beliebig einstellt (z. B. Lippe Detmold ...). — Der Schluß in der nur einmal be-
legten schwäbischen Auffassung (Nr. 62, 2) des Spielmannssohnes (das Geigerle wird vom
Galgen „verweinet“) läßt mich an das Ottilienlied denken, wo das „Flennerle“ (Birlinger,
Schwäb. Volksl. S. 50) den Vater „durch Weinen“ (Ernst Meier S. 370) aus der Hölle er-
löst. — Im Mutschelbeck (Nr. 64), für den keine Melodie überliefert ist, scheint mir manches
auf zum Teil verschüttete Zusammenhänge mit der früher behandelten Ballade vom Steut-
linger (Nr. 31) zu deuten, deren junge Überlieferung zu berücksichtigen ist. Daher erhebt
sich die Frage, ob sie der jüngeren Ballade auch die Melodie gab.
Die Geschichte sämtlicher Melodien ist (z. T. nach Entwürfen Maerkers undTREDES)
mustergültig von Walter Wiora entwickelt worden, der die vergleichende Methode der
Melodieforschung mit besonderem Blick auf die Frühgeschichte der Musik zu einem außer-
ordentlich feinfühligen Instrument ausgebildet hat. Als schönes Beispiel dafür erscheint
mir u. a. S. 210 der Schluß von der Melodie her auf die Langzeile in der Bernauerin. Syn-
optische Melodietafeln sind beigegeben. Natürlich tauchen vielfach, wie auch bei den Texten,
Fragen auf, die sich fruchtbarer in größerem Zusammenhang behandeln lassen. Eine solch
Überschauende Gesamtdarstellung wird uns Wioras schon angekündigtes Buch über die
alte Balladenmelodik bringen.
8) Hs.: Reich König. — 9) wippte? — 10) höret. — u) Hs.: Hälle. -- 12) Hs.: seh.
l3) Hs.: Reich Könige. — 14) schleifet?
454
Walter Wiora
Das Freiburger Volksliedwerk läßt gegenüber Erk-Böhme unsere Volksballaden weit
vollständiger überblicken; auch unsere Lieferung enthält wiederum einige (Nr. 63. 66.
69. 70), die dort noch nicht zu finden sind. Aber noch ein Weiteres möchte ich besonders
hervorheben, um darauf hinzuweisen, daß nur eindringende wissenschaftliche Behandlung
zugleich von Text und Melodie ein tieferes Verständnis für unsere Balladen vermitteln kann,
wofür im Erk-Böhme so gut wie nichts geleistet ist. Man vergleiche etwa mit E-B.
Nr. 1654 unsere Nr. 60 {Der junge Held). Dort (nicht unter den Balladen!) der nichts-
sagende Abdruck einer einzigen Melodie. Hier neben der aufschlußreichen Textgeschichte
der vom 16. Jahrhundert bis in die Neuzeit reichenden Überlieferung die Zurückführung
des einen Melodietyps auf einen französischen Hugenottenpsalter, während der ältere
Typ durch traditionsreiche Zusammenhänge aufgehellt wird. Ebenso eindrucksvoll ist
z. B. ein Blick von E-B.Nr. 92 (nur eine Fassung der Bernauerin) hinüber zu Nr. 65 mit
der Einordnung der Melodie in den großen Traditionsraum des altdeutschen erzählenden
Vortragsliedes. Erwägt man dies, so wird sinnfällig, daß wir in dem Volksliedwerk von
Lied zu Lied mit tiefer Befriedigung erleben, wie diese intensive Forschungsarbeit erst Wesen
und Leben der alten Balladen so recht aufleuchten und voll in die Erscheinung treten läßt.
Der ebenmäßige Anteil der Melodiegeschichte und dies sich gegenseitig fördernde
Ineinandergreifen von Text- und Melodiebehandlung ist das Besondere des leider sehr
kleinen Freiburger Arbeitskreises, der volkskundlich, wie musik-, sprach-, literarwissen-
schaftlich und auch (dank Seemann) mit umfassender Sprachenbeherrschung aufs beste
für seine schöne Aufgabe gerüstet ist. „Die Volksliedforschung im weitesten Sinne“, so
stellt schon Edward Schröder in seiner denkwürdigen Rezension fest, „erhält hier wirk-
lich erst ihre eigene Basis“. Möge die Zukunft nunmehr dieses Werk stetig der Vollendung
entgegenreifen lassen, das ein gut Teil unseres Vätererbes zu erwerben sich redlich müht,
damit wir es besitzen! Harry ScHEWE-Berlin
Wiora, Walter: Die rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms. Alle
Liedweisen in romantischer Färbung. (Quellen und Studien zur Volkskunde, hrsg. von
Universitätsprofessor Dr. Karl Meisen, Bonn. Bd. 1.) Voggenreiter-Verlag, Bad
Godesberg 1953. 205 Seiten.
Seit dem Erscheinen der Sammlung von Kretzschmer und Zuccalmaglio1), die mit
ihren 700 Melodien die erste „Gesamtausgabe“ der deutschen Volksliedweisen darstellt und
allenthalben ein nachhaltiges Echo hervorrief, wurde immer wieder die Frage aufgeworfen,
ob es sich um echte Volkslieder oder um Kompositionen Z.’s handelt. Die vorliegende
quellenkritische und geistesgeschichtliche Untersuchung des zumal auf musikalischem
Gebiete führenden deutschen Volksliedforschers Walter Wiora — ein Musterbeispiel
ihrer Art — bringt das Problem Z. zu einer echten Lösung. In einem einleitenden Kapitel
entwickelt der Verf. die „bisherigen Ansichten“. War die Sammlung für Fachleute (HoFF-
mann v. Fallersleben, Böhme u. a.) mit dem Fluidum des Unechten, im volkskund-
lichen Sinne Wertlosen behaftet — Erk findet in ihr „ein Übermaß von Verfälschungen“ —>
so sahen schöpferische Musiker wie Brahms, der die Weisen vorzugsweise seinen Volks-
liedsätzen zugrunde legte, in ihr „einen kostbaren Schatz alter Volksliedweisen“. So stür-
misch und intensiv die Auseinandersetzung mit dem Werk Z.’s im 19. Jh. auch war, mit
dem Erscheinen der Untersuchung von Max Friedländer (1918) schien die alte Streit-
frage entschieden: Z. galt als der größte Volksliederfälscher, aber damit zugleich auch
als genialer Erfinder — wie als Dichter vieler Liedtexte, so auch als Schöpfer der schönsten
Weisen, die somit vorher nicht im Volke gelebt hätten (S. 20L). Erst 20 Jahre später zeigten
sich neue Ansätze der Beurteilung (Müller-Blattau), die nun in dem vorliegenden
Buch durchgeführt werden und ihren Abschluß finden.
x) Deutsche Volkslieder mit ihren Originalweisen, I. II. Berlin 1840.
Die rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms
455
Vor Beginn der eigentlichen Untersuchung wird die quellenkritische Methode der heu-
tigen Volksliedforschung bei der Lösung so heikler Fragen grundsätzlich aufgezeigt, eine
Methode, an deren Erarbeitung der Verf. in früheren Schriften stärkstens beteiligt ist und
die sich an dem denkbar komplizierten Beispiel Z.’s aufs beste bewährt. Die Fragestellung,
„Kunst- oder Volkslied, echt oder unecht, übernommen oder selbst geschaffen“ (S. 25),
wird gründlich durchdacht. W. legt mit Recht das Gewicht auf die Frage: Inwieweit
hat Z. übernommen, verändert oder neu geschaffen.
Das Kernstück der Untersuchung bildet das zweite Kapitel ,,Die Herkunft der sieben-
hundert Liedweisen im einzelnen“. Bis auf unbedeutende Reste gelingt es W., Vorlagen
oder Parallelen für jede Weise zu erschließen. Ein Notenteil (synoptische Melodietafeln),
der eine sorgfältige Auswahl der wichtigsten Melodien und ihrer Parallelen aus dem Volks-
und Kirchengesang bringt, ergänzt den Quellenkommentar anschaulich. Die Untersuchung
der Lieder zeigt, daß W.s Vorgänger in Einzelheiten recht hatten, ihr Gesamtbild vom
Wirken Z.s jedoch nicht den Tatsachen entsprach. Es ergibt sich vielmehr folgendes:
Z. war zwar ein „flüssig schaffender Poet und Schriftsteller“, der nie in Verlegenheit kam,
Fehlendes im Wortlaut zu ergänzen, leicht neue Strophen einfügen konnte, ja Prosasagen
in Liedform umzusetzen wußte; aber er war keineswegs ein Komponist, geschweige denn
ein produktiver Melodienschöpfer vom Schlage Silchers. Alle die berühmten Melodien
wie das „Sandmännchen“, „Verstohlen geht der Mond auf“, „Es fiel ein Reif in Frühlings-
nacht“ u. a., die noch Friedländer Z. zuschrieb, stammen nicht von ihm, sondern er-
weisen sich als echte Volksweisen. Wohl aber gab er durch zum Teil geringfügige musika-
lische Änderungen den Melodien, ohne die Struktur anzutasten, ein romantisches Kolorit
(„im Sinne der Gefühlsfarben“). So ist das wertvolle Ergebnis der methodischen Unter-
suchung W.s, daß Z. — wie Louis Pinck in Lothringen — einen kostbaren Schatz ver-
klingender Weisen entdeckt und uns erhalten hat. .
Nach einer Würdigung der Sammlung in ihrer Gesamtheit untersucht W. zusammen-
fassend, „Wie Z. alte Volks- und Kirchenliedweisen romantisiert“ (S. 125 f.). Als Mensch
des 19. Jahrhunderts verbindet Z. schwärmerische Vorstellungen vom Wesen des alten
Volksliedes mit Vorbildern eines romantischen Zeitstils (S. 130). Dies führt zur Stilisierung
von Tonart (Umwandlung von Dur- in Moll-Weisen), Rhythmus und Linie (Z. liebt
Akkordmelodik wie „gewundene, bieg- und schmiegsame, manchmal bis zum Süßlichen
expressive Kurven“ S. 131). Gern verschmilzt er Weisen und Texte verschiedener Her-
kunft. Aufschlußreich und für das Wort-Ton-Verhältnis höchst bedeutsam ist hierbei
W.s Beobachtung, daß „Charakter und Gefühlsgehalt der Worte sich der Weise mitteilen“
(S. 135). Sinn- und stimmungsvolle Titel und Kehrreime sind ein weiteres Mittel der
Romantisierung. All diese Veränderungen und „Fälschungen“ werden aber erst voll
verständlich, wenn man Z. in die geistesgeschichtlichen Strömungen seiner Zeit ein-
gliedert und seine „Bestrebungen um die Wiederbelebung des Volksliedes“ (S. 140) berück-
sichtigt. Im Geist der „Heidelberger Romantik“ will er — wie Tiiibaut die Kirchen-
musik Palestrinas — das alte Volkslied wiederbeleben. Daß es ihm nicht ganz gelang,
lag nur zum Teil an ihm. Erst Brahms, der Wert und Echtheit der von Z. dargebotenen
Lieder erfühlte, machte die Weisen durch seine Bearbeitungen in der Haus- und Konzert-
musik heimisch.
W.s Untersuchung führt uns nicht nur zu einer neuen Entdeckung der rheinisch-ber-
gischen Volksliedlandschaft, sondern entwirft auch ein lebendiges Bild vom Wirken Z.s,
das — weit entfernt von der Schwarz-Weiß-Malerei Friedländers u. a. — die zwie-
lichtige Gestalt dieses romantischen „Universaldilettanten“ im richtigen Licht erscheinen
läßt.
Ein glücklicher Zufall wollte es, daß H. Schewe kurz nach Erscheinen dieses Buches
im Nachlaß Crecelius’ (ÖWiBi. Berlin, Libr. impr. c. not. ms. 40 292) die Abschrift
eines Briefes von Z. an Hoffmann von Fallersleben fand. Selten findet ein Wissen-
schaftler seine Ergebnisse so bald und in so vollem Umfange bestätigt, wie es hier der Fall
ist. Mit freundlicher Genehmigung FI. Sciiewes sei der Brief hier wiedergegeben.
456
Walter Wiora
„Geehrtester Herr!
Durch einen Brief welchen Sie an den Lehrer Mergenbaum in musikalisch-politischen
Angelegenheiten richteten, der mir zugeschickt wurde, bei mir Erkundigungen über Volks-
lieder einzuziehen, sehe ich mich bewogen Ihnen zu schreiben. Einestheils Umwege zu
sparen, Ihnen die Aufschlüsse auf geradem Wege zu senden, die Sie von meinem Geburts-
orte wünschen, dann Ihre Bekanntschaft zu machen, die mir nach dem vorliegenden Briefe
um so werthvoller scheint.
Die Lieder, nach denen Sie fragen, wurden vor Jahren zwischen Ruhr und Sieg im Ge-
birge wie im Rheinthale gesungen. Gegenwärtig wo das Leben des Volkes ein anderes
geworden, wo durch Schulen, durch die Kaserne, neue Lieder ins Volk gedrungen sind
und noch täglich dringen, sind von den alten nur wenige Bruchstücke übrig, dabei sind
die alten Weisen wo sie noch zu finden sind verändert und verschlechtert da die neuere
Musik, die alten Volkstonarten verdrängte. Als Knabe wurden mir von meinem Gymnasial-
lehrer einst griechische Volkslieder vorgelesen. Ich versicherte ihm: daß dergleichen auch
von unsern Bauern gesungen würden. Er wollte es nicht glauben, wies mich an: sie auf-
zuzeichnen. Ich that es und da ich musikverständig war, brachte ich ihm die Zunge des
Drachenhauptes mit, die Weise. Smets hieß dieser Elerr, der Bruder der bekannteren
Sängerin Sophie Schrödter. Von dieser Zeit ab, schrieb ich auf was sich hören ließ,
Deutsches und Fremdländisches bunt durcheinander. Wo ich keine Worte finden konnte,
warf ich sie, nach Angabe der Sänger leichtfertig hin und ergänzte so die Lücken des
Gesammelten. Fand sich später Gelegenheit so suchte ich zu vervollständigen. Kretsch-
mers Neffen hatte ich in Düsseldorf kennen gelernt. Durch diesen erfuhr der Oheim,
welcher Lieder herausgeben wollte, die ein Anderer früher ohne Wahl aufgeschrieben,
von meinen Aufzeichnungen und bat mich um dieselben. Ich schickte ihm Alles was ich
hatte, ich war damals auf Reisen begriffen und erstaunte später über das was er gegeben
hatte. Ich kam nach seinem Tode nach Berlin und ordnete flüchtig das was ich vorfand.
Dann zog ich weiter durch die Welt. Erst vor wenig Jahren hörte ich in Elberfeld, von
D. Arnold, daß Sie, daß Simrock mich über meine leichtsinnige Arbeit zurecht gewiesen,
an der Ächtheit meiner Lieder gezweifelt hatten. Die Sache war längst geschehen, Gras
war drüber gewachsen, ich hielt es nicht der Mühe werth mich darüber gegen SimrocK,
gegen Sie auszusprechen.
Was die Weisen betrifft komme ich mir vor wie jener Junge der eingestand: er habe die
Welt erschaffen, er wolle es nicht wieder thun. Ich schrieb sie auf ohne sie besonders zu
schätzen, ich finde sie jetzt aber wundervoll, bin Zu der Überzeugung gekommen: daß
viele zu dem ältesten gehören, was wir Deutsche besitzen, daß sie sich in den germanischen
Kultus verlieren, von dem in den Sonnenwendfeuern noch Spuren hier und dort geblieben
sind. Arnold hat diese Weisen einer gründlichen Prüfung gewtirdiget, hat sie durch alte
Kirchengesangbücher theilweise bis ins i5te Jahrhundert nachgewiesen. Meine musi-
kalischen Aufzeichnungen welche mir die Hauptsache scheinen, können wohl nicht genauer
sein. Die dichterischen wie gesagt wurden mir meist bruchstücklich geboten, mußte ich
vielfach auf Erzählung des Stoffes gründen, und daher erscheinen die Lieder theilweise
wie man sagt: überarbeitet. Wer aber Lieder des Volkes aufschreibt, besonders so alte
wie mir vergönnt war aufzuzeichnen, wird finden: daß fast jeder Wissende eine andere
Wortfolge hat, öfter, Lieblingsworte einschiebt, wo die Weise ihm in eiserner Form unver-
ändert anhaften bleibt. Ich habe mich später oft vor die Sammlung hingesetzt, habe das
Zugefügte ausmerzen wollen, aber nach vierzig Jahren ist das fast ein Werk der Unmög-
lichkeit. Ich habe unterdessen meine Sammlung gesichtet, habe, Alles was mir werthlos
schien hinausgeworfen, und so besitze ich denn doch wohl an 700 Lieder, reine Volkslieder,
schöne Lieder, wie sie kein zweites Volk besitzt. Ich schrieb sie auf von den Alpen bis zum
Meere, die schönsten und ältesten aber wohl von der Sieg bis zum Meere. Wahrscheinlich
weil der musikalische Funken, wenigstens die Tiefe in dem fränkischen Stamme vor-
geherrscht haben muß, weil in dem Alemannen und Schwaben mehr die flüchtige, ich
möchte sagen: die moderne Richtung vorwaltete.
Das Bergmannslicd. Leben, Wesen, Funktion
457
In den vierziger Jahren, ja vor zwei Jahren noch habe ich das Gebiet durchzogen, wo
ich aufschrieb, aber jedes Mal weniger Bruchstücke der alten Schätze vorgefunden. Eines
aber fand ich noch vor, Wort und Weise, woran Simrock durchaus zweifelte, das ich in
Gegenwart des musikalischen Bürgermeisters aufschrieb und amtlich beglaubigen ließ,
dann scherzweise Simrock einsandte. Wahrscheinlich traf ihn damals die Urkunde schon
krank an, sonst hätte er mir doch dafür danken müssen.
Das ist meine Beichte, möge mir von Ihrer Seite eine großmüthige Lossprechung an-
gedeihen. Ich habe nicht fälschen gewollt und hätte ich mit Besonnenheit und Sachkenntniß
damals gesammelt, vielleicht würde Manches verloren gegangen sein, das ich in meiner
Hast wenigstens dem Geiste nach rettete.
Genehmigen Sie schließlich die Versicherung unbegränzter Hochachtung, mit welcher
ich stets sein werde
Ihr
ergebenster Diener
A. WlLH. V. ZUCCALMAGLIO“
Nachrodt bei Letmathe Westfalen
23ten August 1862
(An HOFFMANN VON FALLERSLEBEN in Corvey)
Erich STOCKMANN-Berlin
Heilfurth, Gerhard: Das Bergmannslied. Leben,Wesen, Funktion. Kasselund Basel:
Bärenreiter-Verlag 1954. 789 S., 32 Taf.
Der Verf. legt mit diesem corpusartigen Werk die Ergebnisse jahrzehntelangen For-
schens vor. In der Einleitung (S. 3—9) spannt er der Untersuchung den gewichtigen
Rahmen. Er erkennt den Bergbau als diejenige Arbeitswelt, in der die industrielle Wirt-
schafts-, Produktions- und Sozialverfassung am intensivsten vorgeformt erscheint. Er er-
kennt den Bergmannsstand als differenzierten Sozialkörper mannschaftlicher Prägung. Er
erkennt das Bergmannslied als für den Berufsstand bedeutsames sozialkulturelles Element,
und Wesen, Leben und Funktion des Liedes innerhalb des Berufsstandes will er aufzeigen.
Die Untersuchung will damit ein Beitrag sein zu dem großen Thema: Bestand und Wandel
der sozialkulturellen Elemente im Aufbau der industriellen Gesellschaft.
Eine so weitgespannte Untersuchung bedarf der Aufbereitung des gesamten berg-
männischen Liedgutes in allen deutschsprachigen bergbaulichen Überlieferungsräumen
(Erz und Kohle). Diese Aufbereitung bietet H. im Verzeichnis C: Gesamtverzeichnis
der Lieder und ihrer Belege (S. 579—731). Die Aufstellung dieses Gesamtverzeichnisses,
das den Überlieferungsstand jedes Liedes in leicht überschaubarer Ordnung darbietet, ist
eine gewaltige Leistung des Verf., die schon allein dem Werk einzigartige Bedeutung sichert.
Eine so weitgespannte Untersuchung bedarf aber auch, wenn sie nicht im leeren Raum
sprechen will, des Anschauungsmaterials, und so bietet eine umfangreiche Beispielsammlung
(B, S. 359—577) kennzeichnendes und wertvolles bergmännisches Singgut oft mit Melodie
oder Tonangabe.
Während Beispielsammlung B und Gesamtverzeichnis C alphabetisch geordnet sind,
ordnet Verzeichnis D (S. 733—750) die Lieder nach Sachgruppen, deren Stichworte schon
bedeutsame Einblicke in die Funktion des Liedes gewähren. Die Verzeichnisse sind
durch Hinweise miteinander verklammert und schließen sich so leicht auf. Ein Literatur-
und Quellenverzeichnis (F, S. 763—789) gibt dem ganzen Apparat die nötige Fundierung.
Die Arbeitsgrundlage, die H. in den Verzeichnissen entfaltet, ist breit und sicher. Auf
umfassendes Material gegründet, tritt er in Darstellung und Untersuchung ein (S. 11—353).
Musik und Gesang haben im bergmännischen Leben als eines mannschaftsgeprägten
Sozialkörpers über das normale Maß hinaus die Funktion der Gemeinschaftsbildung und
des Gemeinschaftsausdrucks. Im Brauchtum und im bergmännischen Alltag haben sie
458
Gerhard Heilfurth
ihren festen Platz. Auch in der Funktion des Arbeitsliedes (im Rhythmus des Liedtaktes
werden Keilhaue und Fäustel geschwungen) ist bergmännisches Singen bezeugt. In zahl-
reichen Liedsammlungen, deren räumliches Schwergewicht bis ins 18. Jahrhundert im erz-
gebirgischen Bergbaugebiet liegt, findet bergmännisches Singen seinen Sammel- oder
Ausgangspunkt.
Am bergmännischen Liedgut haben Liedschöpfer der Grundschicht und der Oberschicht teil.
Dieses Nebeneinander ist schon seit Beginn der Liedüberlieferung im 16. Jahrhundert
vorhanden. Während im 16. und 17. Jahrhundert noch der Anteil der produktiven Kräfte
aus der Grundschicht sowohl im weltlichen als auch im geistlichen Lied überwiegt, über-
decken vom 18. Jahrhundert die Beiträge der Oberschicht die grundschichtliche Produk-
tion in immer stärkerem Maße, ein Vorgang, der schließlich zur „geistigen Enteignung“
der Grundschicht führt.
Die zentrale Gruppe, gleichsam das Herzstück des bergmännischen Singgutes, bilden die
Lieder um Arbeit und Beruf. Sie sind gültiger Ausdruck grundschichtlichen bergmänni-
schen Erlebens. Die frischen Lieder, die von der unbekümmerten Freude am Beruf singen,
werden durch eine zweite gewichtige Gruppe ergänzt, in denen die mit dem Beruf
verbundene Gefährdung (Leibesgefahr, Bedrohung durch die Mächte der Tiefe, Zuflucht
in die Geborgenheit des göttlichen und englischen Schutzes) zur Aussage drängt. Vom
Beruf aus wird auch das Verhältnis des Bergmanns zu seiner Familie bestimmt.
Aufschlußreich für die Kennzeichnung des spezifisch Bergmännischen sind auch die
Lieder, die sich um Standesbewußtsein und Standesehre gruppieren. In der Entwicklung
dieser Gruppe wird aus der einst im bergmännischen Dasein begründeten Wirklichkeit
(bergmännische Vorrechte usw.) eine postulierte oder gar proklamierte Wirklichkeit. Im
Laufe des 19. Jahrhunderts nämlich wird das freiwüchsige Motiv des Standespreises
immer stärker von der zweckbestimmten, auf Lenkung zielenden Liedproduktion der
Oberschicht mit Beschlag belegt. In den Liedern des Standespreises werden gern die
Wahrzeichen bergmännischer Repräsentation (Tracht, Schlägel und Eisen, Glückauf-Gruß)
besungen. Schließlich laufen in dieser Gruppe auch Lieder zum Preis einzelner Bergbau-
landschaften, Bergbaustädte, Bergbaureviere und Bergbaubetriebe.
Während die Lieder um Arbeit und Beruf, um Standesbewußtsein und Standesehre aus
spezifisch bergmännischem Erleben quellen, stehen die Lieder um Liebe, Scherz und Ge-
selligkeit, wenn auch mitunter mit Berufskolorit ausgestattet, auf Grund ihrer allgemein
menschlichen Themen am Rande der bergmännischen Lebenswelt. Sie sind nicht primär
aus dem Kern geformt. Nur eine kleine Zahl lustig hingesungener Liebes- und Neckstrophen
führt an das grundschichtliche Schaffen. Das bergmännische Geselligkeits- und Vereinslied
dagegen, das im Laufe des 19. Jahrhunderts zur Blüte kommt und zum beherrschenden
Liedtypus wird, bleibt mit der biedermännisch-wackeren Gesinnung seiner Entstehungszeit,
gemischt mit den Tönen bergmännischer Kommersabende, peripher.
Dasjenige Liedgut, das der bergmännischen Lebenswirklichkeit dichten und echten
Ausdruck gibt, bezeichnet H. als „kernschichtlich“. Es entsteht, wenn das „echt Grund-
schichtliche“ und das „spezifisch Bergmännische“ zur Deckung gekommen sind. Die
gültigste Deckung haben beide Wirkkräfte im Steigerlied erfahren (Glückauf, Glückauf,
der Steiger kommt), das von seinem berufsständischen Ausgang zum allgemeinen deutschen
Volkslied geworden ist.
Doch neben solchen kernschichtlichen Liedern können auch manche aus der sich im
19. Jahrhundert entwickelnden Sekundärschicht spontane weite Verbreitung finden. Lied-
schöpfer dieser volkstümlichen Sekundärschicht sind, soweit faßbar, bergakademische
Kreise, die damals das Bergmannslied im wesentlichen tragen. Diese Lieder gehören
ihrem Wesen nach in die traditionspflegerischen Bemühungen und benutzen darum mit
Vorliebe gängige Motive des kernschichtlichen Liedes. Manche dieser Lieder mit ihren
einprägsamen Melodien und Kehrreimen werden von der bergmännischen Grundschicht
gern aufgenommen. Andere verdanken planvoller Lancierung oder organisierter Gemein-
schaftspflege ihre Verbreitung.
Das Bergmannslied. Leben, Wesen, Funktion
459
H. verfolgt eingehend die Vorgänge, die sich bei der grundschichtlichen Aneignung
eines von außen gebotenen Liedes vollziehen. Anpassung, Substanzwandel sowohl im
profanen als auch im religiösen Liedgut werden an tragfähigen Beispielen demonstriert
(Berggeist; St. Barbara).
Im Bergmannslied haben auch kulturelle Zeitstile ihren Niederschlag gefunden. Diese
Stileinwirkungen sind am stärksten an der flachen und breiten außenseitigen Produktion;
je näher ein Lied der Kernschicht steht, desto unbeeinflußter von den Zeitströmungen ist
es. Berufseigener Wortschatz, feste Formeln, feste Motivgruppen, spezifisch bergmännische
Reime geben ihm Dauer und bewahren es vor Überfremdung. Mit diesen Bindungen an
das „bergläufige Deutsch“ wird die Sonderform Bergmannslied stärker vom Textlichen
als vom Musikalischen her bestimmt.
Das Bergmannslied wächst aus dem Erleben einer spezifischen Arbeitswelt. Doch
einmal gestaltet, wirkt es auf diese Welt und ihre Trägerschichten formend zurück. Diese
Formkraft der Gebilde wieder wirksam zu machen, ist die hier und da aufklingende
sozialpädagogische Absicht des Verf.
Die begriffliche Achse, um welche die Untersuchung schwingt, ist das Begriffspaar
Grundschicht und Kernschicht. H. bemüht sich um Klärung dieser Begriffe u. a. in dem
Abschnitt: Das spezifisch Bergmännische und das Grundmenschliche (S. 210). Einige grund-
sätzliche Bemerkungen des Rez. seien dazu gestattet.
Der ursprünglich ontologische Begriff der Grundschicht bezeichnet eine Seinsform in
einem Schichtengefüge. In einem soziologischen Schichtengefüge kann darum der Begriff
der Grundschicht nur soziologisch verstanden werden. In einem seelisch-geistigen
Schichtengefüge (grundmenschlich) kann darum der Begriff nur psychologische Bedeutung
haben. Grundschichtig im soziologischen Sinne und grundmenschlich sind somit keine
identischen Begriffe, da sie Seinsformen in ganz verschieden strukturierten Gebilden be-
zeichnen. Der Begriff der Grundschicht des Lebens kann offensichtlich nur biologischen,
der Begriff der Grundschicht der Kultur nur kulturmorphologischen Sinn haben. Ob und
■welche Real- und Strukturzusammenhänge zwischen Grundschichten verschiedener Gefüge
bestehen, welche Gefüge im Begriff einer „Gesamtheit“ zusammengebündelt werden
dürfen, das sind Fragen, die den Volkskundler höchlichst interessieren. Diese Fragen
können nur durch Aufzeigen der Verspannungen zwischen den Grundschichten der
Gefüge geklärt werden. Das allgemeine wissenschaftliche Bewußtsein, daß solche Bezüge
vorhanden sind, ist ein zu schwankes Bindungsseil. Ehe diese Verspannungen nicht in
grundsätzlichen Untersuchungen aufgezeigt sind, besteht die Gefahr einer zu leichten
Auswechselbarkeit der Begriffe Grundschicht und grundschichtlich, die dann in den
einzelnen Gefügebereichen nur nach Zusammenhang schielen.
In der Gruppe der handwerkenden Bergleute (der soziologischen Grundschicht eines
Berufsgefüges) erscheint die „grundmenschliche Substanz“, doch in verschiedenster
Streuung. Die Bergleute stehen in einer Arbeätswelt, die besonders reich an spezifischen
Erlebnissen ist. An diesen Erlebnissen entfalten sich die in der Gruppe liegenden seelisch-
geistigen Kräfte. „Grundmenschliche Substanz“ und bergmännisches Erleben sind so in-
und miteinander, und da sich dieser Erlebnisraum im Bereich einer bestimmten soziologisch
grundschichtlichen Gruppe, einer Erlebniseinheit, bildet, kann H. mit Recht von grund-
schichtlich bergmännischem Erleben sprechen, wobei grundschichtlich aber nur den
soziologischen Ort und bergmännisch nur die spezifischen Erlebnisse einer Arbeitswelt
meinen kann. Der Bergmann, den diese spezifischen Erlebnisse erfüllen und der imstande
ist, ihnen sangbaren, der Lebenswirklichkeit entsprechenden Wortausdruck zu geben,
schafft ein kernschichtliches Lied.
Wir halten die Unterscheidung zwischen grundschichtlichem Erleben (in dem oben
umrissenen Sinne) und kernschichtlicher Gestaltung für fruchtbar. Auch Personen aus
höheren Schichten des Sozialgefüges können so zu Mehrern des kernschichtlichen Liedgutes
werden. Doch wäre es der Untersuchung wert gewesen, die ihnen zugängigen und die ihnen
unzugängigen grundschichtlichen Erlebnisinhalte systematisch aufzuzeigen.
460
KiEM Pauli
Auch das kernschichtliche, aus der Grundschicht gewachsene Liedgut bringt nicht alle
grundschichtlichen Erlebnisinhalte zum Ausdruck. So verschließt es sich nach H. weithin
dem sozialen Protest. „Dennoch bleibt es eine erstaunliche Tatsache, daß im Berg-
mannslied der Klassenkampf einen so geringen Niederschlag gefunden hat . . . Vereinzelt
bleiben auch die klagenden oder bitteren Lieder über soziale Not, Ausbeutung und Ver-
elendung“ (S. 125). Diese „erstaunliche Tatsache“ müßte von verschiedenen Aspekten her
erhellt werden: die Quellen schweigen aus begreiflichen Gründen; das Bergmannslied ist
im geschichtlichen Werdegang in Form und Funktion fixiert; die klassenbewußte Arbeiter-
dichtung übergreift im allgemeinen die berufsständischen Bereiche usw. Der Weg aber,
den das oppositionelle Lied des 19. Jahrhunderts beschreitet, ist deutlich vorgezeichnet
mit dem erzgebirgischen Mundartlied vom Schloßturmglöcklein: Wenn’s Schloßtormglöckl
dreia lütt (S. 191). In Anlehnung an das Lenkungsgedicht von Christian Gottlob Wild
(1785—1839): Wenn' s Gelöckl dreie lätt (S. 541), und in Anlehnung an die volksläufige Form
der Nachbarneckereien werden mit beißendem Spott die Arbeitsbedingungen, die Vor-
gesetzten, der sonntägliche Kirchgang, das Bergmannsdasein überhaupt oppositionell
erlebt. Solche oppositionellen Kontrafakturen zu Lenkungsliedern der Oberschicht sind
sicher zu allen Zeiten im Schwange gewesen. Die polnische Volksliedforschung hat in
jüngster Zeit Tausende oppositioneller Varianten zu deutschen Lenkungsliedern im ober-
schlesischen Bergbaugebiet zutage gefördert. Das oppositionelle Erlebnis gehört zweifels-
ohne zu den echten Erlebnissen der Grundschicht. Seine Gestaltungen sind nicht der
„abwerbenden Wirkung“ nach (S. 125) zu beurteilen.
Nach H.s eigener Aufgabenstellung bedürfen manche Lieder einer sozialgeschichtlichen
Interpretation (S. 75). Wir stimmen dieser Forderung voll und ganz zu. Spiegeln doch
manche in mehr oder weniger deutlichen Hinweisen den wirtschaftlichen Entwicklungs-
gang des Bergbaus. Die Art dieser Widerspiegelung kann zur Bestimmung des sozio-
logischen Liedorts dienen.
H. hat mit seinem Werk eine große Leistung vollbracht. Er hat einen wertvollen Beitrag
zu dem umfassenden Thema: Bestand und Wandel der sozialkulturellen Elemente im Aufbau
der industriellen Gesellschaft geleistet und mit seinen Fragestellungen volkskundliches
Neuland erschlossen. Allerdings neigt er bei der Behandlung dieser Probleme zur Harmo-
nisierung der gesellschaftlichen Spannungsfelder. Wesen, Leben und Funktion des Berg-
mannsliedes im Lebenskreise des Bergvolks hat er mit hervorragender Sachkenntnis und
Könnerschaft dargestellt. Er hat das Bergmannslied, das einzelne wie die Gruppe, aus der
Isolierung befreit und ohne Vernachlässigung der philologischen Belange in die Lebens-
wirklichkeit gestellt. Er hat damit in Anwendung und Ausbau fruchtbarer Anregungen
Walter Wioras der Volkslied- und Volkskundeforschung überhaupt ein Beispiel gegeben.
Friedrich SiEBER-Dresden
Das Volkslied in Altbayern und seine Sänger. Ein Geburtstagsbuch für den Kiem Pauli.
Herausgegeben von Annette Thoma. München, Callwey 1952. 171 S.
Unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg begann der Kiem Pauli, angeregt vor allem
durch Ludwig Thoma und durch das österreichische Vorbild des Kreises um Joseph
Pommer, mit einer breit angelegten Aufsammlung des noch lebenden Liedgutes in Ober-
bayern. Was diese seine Arbeit von vornherein von anderen Sammelaktionen unterschied,
war, daß er nicht sozusagen von außen an das Volk herantrat, sondern daß er, selbst ein
Mann und ein Sänger aus dem Volk, in einem viel engeren Kontakt mit diesem Volk lebte,
als es bei dem Volkskundler selbst im idealsten Fall sein kann; daß er auf Grund dieser
Tatsache zum Mittler wurde zwischen diesem Volk und den akademischen Volksforschern;
und daß er es von allem Anfang an nicht beim Sammeln bewenden ließ, sondern, nehmen
und geben miteinander verbindend, gleichzeitig zum Volksliedpfleger, ja zum Volks-
erzieher wurde. So entstand um ihn eine Bewegung, eine, wie es in dem vorliegenden Buch
Das Volkslied in Altbayern und seine Sänger
461
mehrmals heißt, „Schule“, deren erstaunlichen Umfang und Wirkungsbereich wir erkennen
in dem von Annette Thoma gegebenen Überblick . und seine Sänger“, der wohl
nur die wichtigsten Personen und Orte nennt, die in Oberbayern und darüber hinaus in
Niederbayern und der Oberpfalz, also in dem ganzen „altbayerischen“ Gebiet, von jener
Bewegung ergriffen worden sind. Das unzweifelhaft bleibende Verdienst des Kiem
Pauli ist wohl weniger die Sammlung, als vielmehr die Wiedererweckung und Pflege des
landschaftsgebundenen Singens. Und der Erfolg konnte nur deshalb in diesem Ausmaß
beschieden sein, weil dieser Mann, einmal von der Idee erfaßt, mit erstaunlicher Zähig-
keit daran festhielt und seine erzieherischen Fähigkeiten in ihren Dienst stellte.
Nun er seinen 70. Geburtstag feierte, haben ihm seine Freunde und Mitkämpfer ein
Sammelwerk auf den Tisch gelegt, in dem in gleicher Weise schon geleistete Arbeit,
gegenwärtige Bestrebungen und künftige Arbeiten aufgezeigt werden und aus dem uns
der schöne Erfolg dieses Lebenswerkes, vielleicht aber auch gewisse Gefahren, deutlich
vor Augen treten. Hier sind sie alle vertreten, die sich im Laufe der Jahrzehnte um ihn
geschart hatten, Bauern und Handwerker, Schriftsteller und Universitätsprofessoren. Und
so gibt es einen recht bunten Strauß, man könnte sagen, ein Lesebuch, das jedem etwas
zu geben vermag, ein „Gebrauchsbuch“, wie es die Hrsg, nennt. Es würde zu weit führen,
hier auf jeden einzelnen dieser Beiträge näher einzugehen, und wir wollen uns daher auf
einige Bemerkungen beschränken.
Neben Glückwünschen, Danksagungen und Erinnerungen, wie etwa den herzlichen
Worten Viktor von Gerambs, finden sich auch einige Beiträge zu Heimatkunde, Volks-
liedkunde und Volkstanzkunde. So die erzählenden Mitteilungen über das Brauchtum im
Werdenfelser Land von Th. Bauer-Peißenberg, A. Thomas Beitrag über das Weihnachts-
lied, der wohl hauptsächlich auf Kurt Hubers Aufsatz in der Karl-Alexander-von-
MÜLLER-Festschrift von 1933 fußt, oder des Seniors der Volkstanzforschung, R. Zoders
Bemerkungen über den Schuhplattler. Etwas unklar demgegenüber ist M. Böhms Theorie
von der Entstehung von Volksliedern. G. Lawatschs schöner Exkurs über die bayrisch-
österreichischen Beziehungen im Volkslied sind, wie mir scheinen möchte, in einem Punkte
problematisch. Ausgehend von der literarischen Seite werden textliche Übereinstimmungen
ohne gleichzeitige Übernahme der Melodien gefunden. Diese Textgleichheit und Melodie-
verschiedenheit wäre geradezu symptomatisch. Ich meine aber, wenn wir das Experiment
von der musikalischen Seite her beginnen würden, wäre das Ergebnis gerade umgekehrt.
Es ist doch wohl so, daß Texte und Melodien, ohne fest aneinander gebunden zu sein,
ihre Wanderung hinüber und herüber antreten.
Neben solchen allgemeineren Dingen ist es dann vor allem ein Problem, das uns in ver-
schiedenen Aufsätzen, offen oder nur angedeutet, immer wieder entgegentritt, ein Problem,
das ja in der ganzen Bewegung um Kiem Pauli zentrale Bedeutung haben dürfte: die
Frage nach den Wechselbeziehungen zwischen Volksliedforschung und Volksliedpflege.
Diese Frage hat aber auch hier eine eindeutige Beantwortung nicht gefunden, die Meinungen
gehen vielmehr stark auseinander. In einem aus dem Nachlaß Kurt Hubers stammenden
Aufsatz Student und Volksliedpflege finden wir die von dem Verf. stets vertretene Forderung
nach der Einheit von Forschung und Pflege. „Ich denke mir Stätten wissenschaftlicher
Volkstumsforschung an unseren Universitäten zugleich als geistige Zentren fruchtbarer
Volkstums pflege“ (S. 30). Einige Dutzend Seiten später lesen wir in O. Schüllers
Aufsatz Kirche und Heimat demgegenüber den bemerkenswerten Satz: „Ursprüngliches
Volkstum ist am Absterben, wenn wissenschaftliche Volkskunde sich damit zu befassen
beginnt“ (S. 75). Man sollte nur wissen, ob der Verf. dieses „wenn“ temporal oder wohl
gar kausal meint.
Was da und dort immer wieder zur Sprache gebracht wird, erfährt bei K. Huber die
klarste Formulierung: So auch die häufige Kritik an der „an sich so gesunden Wander-
vogelbewegung“. Die Gegensätzlichkeit dieser beiden Bewegungen hat vor einigen Jahren
bei einem Volksliedersingen im Bayerischen Wald zu einer heftigen Auseinandersetzung
zwischen Anhängern des Kiem Pauli und W. Hensels geführt. Weder Volkslied-
462
Leopold Haupt/Johann Ernst Schmaler
forschung noch Volksliedpflege dürfen, so argumentiert Huber und mit ihm die „Schule“
des Kiem Pauli, am Lebendigen vorübergehen und nur aus dem Vergangenen schürfen —-
wobei als „vergangen“ auch die im Archivkasten niedergelegte Volksliedaufzeichnung
zu verstehen ist. Man müßte „deutsche Landschaft in ihrer Eigenart, Eigensprache, Eigen-
melodie wieder in sich erleben, statt sie im Eigenwams des Scholaren zu durchziehen“
(Huber, S. 31).
So findet sich manches fruchtbare oder des Überdenkens werte Wort, wenngleich auf
der anderen Seite das Buch sich nicht selten in Gefühle verliert. Und da taucht zuletzt
noch dieser Gedanke auf: wie wird es weitergehen? Man wittert Gefahr, aber meines
Erachtens an der falschen Stelle. Man fürchtet, die Volksliedbewegung könnte, wenn ihr
Initiator einmal nicht mehr ist, in sich zusammenbrechen. Ich glaube, das wird sie nicht
so schnell. Dahingegen aber kann man sich, wenn man die Verhältnisse kennt oder auch
nur unser Buch aufmerksam durchliest, des Eindrucks nicht erwehren, daß aus der Volks-
liedbewegung ein Kiem-Pauli -Kult werden könnte, gerade das also, was Kiem Pauli
selbst sicher nicht will. Starke Persönlichkeiten dieses Kreises oder auch Sachen, wie z. B.
die immer und immer wieder in den Vordergrund geschobene „Bauernmesse“ der A.
Thoma, sollten wohl als Richtungsweiser, doch bitte aber nicht als Halbgötter oder
Heiligtümer behandelt werden!
Unser Buch gibt uns ein getreues Bild von Wesen, Wirken und Streben einer Volkslied-
bewegung. Wir können von dem einen nicht handeln, ohne von dem anderen zu sprechen,
und wir werden durch die Lektüre auf die Probleme dieser Bewegung gestoßen. Und da
möchten wir sagen: Niemand wird mit Recht an den Verdiensten des Volkserziehers
Kiem Pauli rütteln können. Ihm selbst aber möchten wir sagen, daß er sein Werk krönen
könnte, wenn er rechtzeitig seine Schäflein in die von ihm selbst gewählte Bahn zurück-
leiten würde. Nicht Kiem Pauli sollte der Kern ihrer Bestrebungen sein, sondern: das
Volkslied. Felix HOERBURGER-Regensburg
Volkslieder der Sorben in der Ober- und Nieder-Lausitz. Herausgegeben von Leopold
Haupt und Johann Ernst Schmaler. (Anastatischer Neudruck der „Volkslieder
der Wenden in der Ober- und Nieder-Lausitz. 2 Bde. Grimma 1841/43.) Mit einem Vor-
wort von Prof. Dr. Wolfgang Steinitz. Veröffentlichungen der Kommission
für Volkskunde der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Bd. 3. Aka-
demie-Verlag Berlin 1953. X, 392 u. 332 S.m. mehreren farbigen Tafeln und Abb.
und Noten.
Mit dieser auch drucktechnisch und in der äußeren Ausstattung sehr ansprechenden
Neuauflage ist der Wissenschaft und einem breiten Interessentenkreis ein schon seit Jahr-
zehnten unerreichbares Werk wieder zugänglich geworden, das nicht nur die Grundlage
für die Kenntnis und Erforschung des sorbischen Volksliedes, sondern den Ausgangspunkt
der sorb. Volksforschung überhaupt bildet. Aber auch dem deutschen Volkskundler ist
das Werk beim Studium der Lausitz und ihrer Nachbargebiete eine unentbehrliche Quelle.
Die Sammlung enthält 331 obersorb. und 200 niedersorb. Volkslieder mit Melodien, sorb.
Texten, deutschen Übersetzungen und Anmerkungen. Für die textlichen Fassungen schuf
Schmaler eine wissenschaftlich gegründete neue sorb. Rechtschreibung, die er im Vor-
wort erläutert und deren Grundprinzipien noch heute gelten. Ein umfangreicher Anhang
bietet 18 Märchen, eine erste Sprichwortsammlung, ausführliche und zuverlässige Über-
sichten zu Sitte, Brauch, Volkstracht und Volksglauben, eine Darstellung der sorb. Dialekte
und statistische Angaben zum Siedlungsgebiet der Sorben.
Die Sammlung wurde seinerzeit durch die Oberlaus ilzische Gesellschaft der Wissen-
schaften und ihren rührigen Sekretär L. Haupt angeregt. Die Aufrufe der Gesellschaft
zur Sammlung sorb. Volkslieder (seit 1836) fanden zwar in der Lausitz selbst keinen Wider-
hall, einen um so größeren jedoch unter den damaligen sorb. Studentengruppen in Leipzig,
Altrussische Volkslieder aus dem Pecoryland
463
Breslau und Prag. In diesen Gruppen wirkten die Ideen Herders, von hier aus bestanden
enge persönliche Verbindungen zu den wissenschaftlichen und literarischen Trägern der
bürgerlich-nationalen Bewegungen unter den Tschechen und Polen, hier regten auch die
Werke der Brüder Grimm zu eigenen Leistungen an. So sammelten die sorb. Studenten in
Leipzig seit etwa 1825 Märchen, Sagen, Sprichwörter und Schwänke und trugen sie in
ihre handschriftliche ,,Leipziger sorbische Zeitung“ ein.
Die Gesellschaft erhielt dann auch auf ihre Aufrufe zunächst eine Liedersammlung des
Prager Studenten J. P. Jordan, dem die beiden Breslauer Studenten Markus und J. E.
Schmaler folgten. Für das Werk selbst jedoch konnte L. Haupt nur den jungen J. E.
Schmaler, Schüler des damals in Breslau tätigen tschechischen Patrioten, Slawisten und
Volkskundlers Fr. L. Celakovsky, gewinnen. Aber ohne die gekennzeichnete Bewegung
unter den sorb. Studenten und ihre Unterstützung wäre es auch Schmaler in den wenigen
Jahren (1838—40) nicht möglich gewesen, das vorgelegte umfangreiche Material zu sam-
meln und zu bearbeiten. So entnahm er seine Märchen und Sprichwörter im wesentlichen
den Leipziger Niederschriften, wobei er allerdings aus den Sprichwörtern sehr drastische
und gesellschaftskritisch besonders scharfe Fassungen ausließ. Für Sitte und Brauch,
Tracht, Sage und Mythologie fand er Vorarbeiten in den Aufsätzen von Frenzel, Pan-
nach, Hortschansky und Anton. Von den Volksliedern sammelte er 474 Stücke selbst
auf Wanderungen durch beide Teile der Lausitz, begleitet von seinem Bruder Karl, der
die Melodien aufzeichnete (nach Mitteilung von Pfuhl in der Ztschr. Euzica Jhrg. 1886,
S. 83). Bei der Aufzeichnung der Texte hat Schmaler sehr sorgsam alle mundartlichen
Besonderheiten berücksichtigt und auf alle Veränderungen und „Verbesserungen“ ver-
zichtet. Von dieser gewissenhaften Aufzeichnung und Wiedergabe zeugt auch eine Be-
merkung Schmalers zu einer Vorpublikation einiger Märchen, in der es heißt: „Diese
Märchen sind, wie sie im Munde des Volkes leben, ohne Zusätze und Veränderungen auf-
geschrieben . . .“ (N. Laus. Magazin Bd. 19 [1841], S. 86).
Der Anteil L. Haupts an der Sammlung selbst ist gering. Er steuerte aus dem Archiv
der Gesellschaft eine ältere, aus 5 7 Nr. — zumeist jedoch aus Varianten und Bruchstücken —
bestehende niedersorb. Liedersammlung bei und redigierte die deutschen Übertragungen
Schmalers. (Vgl. die Aktenpublikation aus dem Gesellschaftsarchiv von H. Sleca,
Prinösk k predstawiznam J. E. Smolerjowych ,,Pesnickow“ 1841/43. Casopis Macicy Serb-
skeje 1922, 42—70. —H. Schletze, Beitrag zur Vorgeschickte J.E. Schmalers sorb. ,,Volks-
lieder'“ 1841/43. Ztschr. d. Macica Serbska 1922, S. 42—70). Durch Haupts Neigung zu
romantisierenden Stilisierungen verloren viele Texte in ihrem deutschen Gewände an
Frische, Unmittelbarkeit und Anschaulichkeit.
Das Werk fand zu seiner Zeit in Fachkreisen hohe Anerkennung, darunter auch die der
Brüder Grimm, und löste eine umfangreiche neue Sammelbewegung aus. In den folgenden
50 Jahren sammelten E. Mucke, M. Hornig und besonders die tschechischen Forscher
Ad. Cerny und L. Kuba weitere umfangreiche Materialien zum sorb. Volkslied und zur
Volksmusik, die nach ihrem Gesamtumfang das Material Schmalers weit übersteigen
und ebenfalls einer zusammenfassenden Neuausgabe harren. Der vorliegende Neudruck
der ScHMALERschen Sammlung wird auch diese Aufgabe fördern. Paul NEDO-Leipzig
Mahler, Elsa : Altrussische Volkslieder aus dem Pecoryland, Basel 1931, Bärenreiter-Verlag.
Das vorliegende Buch der Baseler Slavistin E. Mahler enthält alte russische Volkslieder,
die sie selbst in drei Sommerferien (1937—1939) im Pecoryland (Pskover Gebiet), einer
volkskundlich interessanten Landschaft, auf Walzen und Platten gesammelt hat,— ein wert-
volles Material, das jetzt das Russische Seminar der Universität Basel aufbewahrt.
Die Liedersammlung bringt russische Texte mit Noten und deutschen Übersetzungen.
Einleitend charakterisiert die Verf. kurz und treffend die Sänger und Sängerinnen, die
auch in Abbildungen erscheinen. Von den Liedgattungen, die in dem Buch vorgeführt
464
Gottfried Henssen
■werden, ist vor allem die gesungene Totenklage zu nennen (Nr. 2, 3 a, 3 b). Einen breiten
Raum nehmen die Hochzeitslieder ein (Nr. 4 bis 29). Groß ist die Zahl der lyrischen Mädchen-
lieder sowie der Tanz- und Reigenlieder (Nr. 30 bis 89), weiterhin der Scherzlieder (Nr. 90 bis
101). Es folgen Frauenlieder, in denen das schwere Leben der verheirateten Frau zum Aus-
druck kommt. Burschen- und Männerlieder preisen die Liebe und das Wandern durch die
weite Welt. Schön ist das Matrosenlied (Nr. 131). Zwei Lieder (Nr. 137, 138) haben die
Sitten der Leibeigenschaft zum Gegenstand. Drei Arbeitslieder sind geknüpft an das Säen
der Erbsen und die Bearbeitung des Flachses (Nr. 139—141). An die Feste des Jahreslaufs
schließen sich zwei Weihnachtslieder an (Nr. 142—143).
Auf Seite 89 bis 153 folgen die deutschen Übersetzungen der angeführten russischen
Lieder und in dem zweiten Teil — Seite 1 bis 175 — die Noten zu den Texten. An die Texte
ist ein Kommentar der einzelnen Lieder angeschlossen, in denen das zugehörige Brauchtum
und der Charakter der Melodien behandelt wird. — Das Lied Nr. 15 singt die Braut vor
dem Lösen ihrer Zöpfe, wobei sie auf dem Backtrog sitzt, der mitten in der Stube steht.
Parallelen zu diesem Brauch finden sich in meinen Büchern über die Feste und Volksbräuche
der Lausitzer Wenden und im Grundriß des Volksglaubens und Volksbrauchs der Serbokroaten.
Dieser Brauch soll Wachstum und Kindersegen gewährleisten.— Zum Lied Nr. 27 macht die
Verfasserin in ihrem Kommentar folgende Bemerkung: ,,Im neuen Heim wird das junge
Ehepaar von den Schwiegereltern empfangen, die ihnen Salz und Brot darbringen. Auf der
Schwelle wird die junge Frau von der Schwiegermutter sehr rasch um ihre eigene Achse
gedreht, um zu sehen, wie rasch sie sich wenden kann.“ (Also: der Schwiegermutter ge-
horchen). Diese Drehung nach dem Sonnenlauf hat auch Parallelen bei den Südslaven
(Schneeweis, Grundriß des Volksglaubens und Volksbrauchs der Serbokroaten, S. 33, 87,
92).
Zusammenfassend läßt sich über das Buch E. Mahlers sagen, daß es einen sehr wert-
vollen Beitrag zur slavischen Volkskunde dar stellt.
Edmund ScHNEEWEis-Berlin
Das Archiv für Volkserzählung in Marburg mit seinem Leiter, Prof. Dr. Gottfried
Henssen, konnte 1951 eine Schriftenreihe eröffnen, an der weder Volkskundler noch
Pädagoge Vorbeigehen sollte.
Henssen hat in den Hess. Bll. Bd. XLIII bereits ausführlich über die ,,Sammlung und
Auswertung volkstümlichen Erzählgutes“ gehandelt und die Wandlungen in der Erzähl-
forschung abgeleuchtet. Mit Friedrich Ranke stellt er die Forderung auf, „der Sammler
müsse auch die näheren Umstände feststellen, unter denen das Erzählen zustande käme,
und besonders die Beziehungen zwischen dem Erzähler und seinen Geschichten auf-
hellen“ (S. 6). Am Beispiel der GRUDDEschen Märchensammlung weiß er dann in ein-
drucksvoller Kritik zu erörtern, zu welchen Trugschlüssen fehlerhafte Aufnahmen und
Auswertungen unüberprüfter Quellen führen können. Ein Meisterwerk wirklichkeits-
getreuer Aufnahme und korrekter volkskundlicher Interpretierung legt Henssen selbst
in Band I seiner Reihe vor:
Henssen, Gottfried : Überlieferung und Persönlichkeit. Die Erzählungen und Lieder
des Egbert Gerrits. Münster: Aschendorf 1951. XI, 236 S. 8° m. 8 Taf. u. 1 Kt.
(Schriften des Volkskundearchivs Marburg. Hrsg. v. G. Henssen. i.)
Im Jahre 1935 lernte der Verf. in der Einsamkeit des Bourtanger Moores den 85 jährigen
Egbert Gerrits kennen, einen gebürtigen Holländer, der aber schon in früher Kindheit
in das benachbarte Emsland eingewandert war. In den drei folgenden Jahren entlockte
er ihm seinen reichen Schatz an Märchen, Schwänken, Sagen und Liedern, von denen er
im ganzen 144 Stücke zum Abdruck bringt.
In mustergültiger Erfüllung der an den modernen Erzählforscher gestellten Anforde-
rungen übermittelt H. dem Leser die Eigenart des Erzählers, seine individuelle Sprech-
weise und den typischen Charakter seiner Sprachlandschaft. Er führt uns unmittelbar an
Sagen der Saar von ihren Quellen bis zur Mündung
465
die Quelle, und so hören wir den alten Gerrits all seine Geschichten und Lieder, zumeist
in reinem Platt, selbst erzählen. Die quellengetreue Aufzeichnung der 144 Nummern
umfaßt nicht nur die wortwörtliche Wiedergabe, sondern auch die Einwürfe der Zuhörer
und die Antworten des Erzählers.
In einer sehr lebendig geschriebenen Einführung ersteht vor dem Leser das Bild des
Gewährsmannes: Als Hütejunge kommt Gerrits aus Holland auf einen westfälischen
Bauernhof, und mit der selbstverdienten Ziehharmonika und seinem schlagfertigen und
reimlustigen Mundwerk wird er bald zum gesuchten Musikanten auf allen Festlichkeiten
der Umgebung. Später verdingt er sich als Rammer beim Kanalbau und wird zum beliebten
Vorsänger. Aus dieser Zeit behält er einige Rammerlieder in seinem Repertoire. Dann
erlernt er das Malerhandwerk und hat dank seiner Geschicklichkeit neben dem alljährlichen
Anstreichen der Kanalbrücken einen weiten Kundenkreis. Dieser bewegliche Beruf mit
immer neuer Umwelt entspricht durchaus seinem beweglichen Wesen, bereichert seinen
Erzählschatz und entzündet seine Phantasie, wie überhaupt Volkserzähler häufig bei beweg-
lichen Handwerksberufen anzutreffen sind. — So wird er zu dem weisen, immer vergnügten,
verschmitzten alten Mann, übersprudelnd von Schnurren, sich seines Gedächtnisses und
seiner Erzählgabe wohl bewußt, als den ihn der Verf. kennenlernt und dem Leser vor-
stellt. Eine Reihe guter Fotos zeigt die fast schauspielerische Mimik in dem schalkhaft-
klugen alten Gesicht und verrät dem Betrachter, welchen Bann er wohl auf seine Zu-
hörer ausübte.
Durch Vergleiche mit den GRiMMschen Urfassungen oder die Gegenüberstellung mit
dem Schwank eines anderen Erzählers, den Gerrits nach einem Jahr aus dem Gedächtnis
wiedergibt, kann H. eine ausführliche Analyse der GERRiTSschen Erzählweise liefern.
Sein Sinn für Formelhaftigkeit und Dreiteiligkeit entspricht durchaus den Gesetzen volks-
tümlicher Erzählkunst. Durch Anlehnung an heimische Verhältnisse, heimische Namen-
gebung u. a. m. vermag er seinen Geschichten eine starke, die Zuhörer berührende Wirk-
lichkeitsnähe zu geben. Er ist ein typischer Schwank- und Märchenerzähler, der die Höhe-
punkte mit dramatischen Effekten, Schallnachahmungen u. a. zu würzen weiß, ja, zuweilen
selbst so im Banne des Erzählten steht, daß er plötzlich in die Ichform verfällt und sich
zum Helden seiner Fabel macht. Doch neben all diesen Eigenschaften eines guten Er-
zählers besitzt er eine ausgesprochen schöpferische Gabe und vermag, wie aus manchem
Beispiel hervorgeht, die ihm überkommenen Stoffe sich kritisch anzueignen, sie umzu-
formen und seiner Denkweise und Gefühlswelt entsprechend neu zu gestalten. So be-
gegnet uns hier eine der Gemeinschaft verhaftete und über sie hinausragende hochbegabte
volkstümliche Erzählerpersönlichkeit.
Die 144 Nummern des Bandes umfassen vor allem Märchen, Schwänke, Rätselgeschich-
ten, Schnurren, Anekdoten und 35 Lieder und Tanzweisen. Zu jeder einzelnen bringt H.
in seinen Anmerkungen die entsprechende Belegstelle bei Aarne, Bolte-Polivka,
Erk-Böhme usw. und bietet zum Schluß ein Typenverzeichnis nach Aarne-Thompson.
Ein ausführliches Vokabular trägt zum Verständnis der mundartlichen Texte bei.
INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Lohmeyer, Karl: Die Sagen der Saar von ihren Quellen bis zur Mündung. Minerva-Verlag,
Saarbrücken 1952. 603 S.
In der vorliegenden Sammlung versucht der Hrsg. K. Lohmeyer, die Sagen der
Saar in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Dabei stützt er sich auf bereits veröffentlichtes
Material, das hier zusammengefaßt dargeboten wird, wie auf Mitteilungen verschiedener
Gewährsmänner. Neben den in Sammlungen sonst vielfach gebrachten Sagen adliger
Geschlechter erscheinen hier auch Sagen bürgerlicher Familien, bezeichnenderweise oft
in Verbindung mit frühzeitig gegründeten Industrien.
Die Sagen sind nicht inhaltlich gruppiert, sondern reihen sich nach landschaftlichen
Gesichtspunkten aneinander, indem sie dem Lauf des Flusses von seinen Quellen bis zu
30 Volkskunde
466
Karl Lohmeyer
seiner Mündung folgen. Dementsprechend hebt auch das Vorwort in erster Linie, an-
gelehnt an ein Jugenderlebnis des jungen Goethe, den Einfluß der Landschaft auf die
Sagen- und Stimmungsbildung hervor. Die anderen sagenbildenden Kräfte treten dem-
gegenüber in den Hintergrund. Die im Vorwort spürbare ästhetisch-gefühlsbetonte Wer-
tung weicht dagegen in der Anlage und Durchführung der Sammlung, vor allem in den
sorgfältigen und ausführlichen Anmerkungen einer rein wissenschaftlichen Einstellung-
Allerdings werden auch hierin die spezifisch volkskundlichen Gesichtspunkte den ge-
schichtlichen und kunstgeschichtlichen gegenüber weniger berücksichtigt.
Die Aufgabe des Herausgebers, den ganzen saarländischen Sagenkreis zu erfassen,
bringt es mit sich, daß in der Sammlung nicht nur Sagen, sondern auch Sagenfragmente,
Erinnerungen an Sagen und, um der Vollständigkeit willen, darüber hinaus Anekdoten-
haftes, abergläubische Vorstellungen und Bräuche enthalten sind. So sehr auf der einen
Seite der Zuwachs an stofflichem Material zu begrüßen ist, so leidet auf der anderen Seite
die Sage als volkstümliche Kunst- und Erzählform unter dieser Erweiterung, vor allem
dadurch, daß zwischen Sagen, Sagenfragmenten, Aberglauben und Bräuchen durch die
Einteilung in einzelne Sagenlandschaften eine Abgrenzung fehlt.
Noch stärker als diese Verwischungen stören geschichtliche, lokal- und kunstgeschicht-
liche Einführungen, Hinweise und Reflektionen des Herausgebers den Erzählverlauf der
Sagen. Trotzdem dürfen diese Erläuterungen einer Sage oder eines ganzen Sagenkomplexes
nicht fortgelassen werden. Um jedoch ein klares Bild der Sagen als solcher zu gewinnen,
müßten sie aus der Erzählfolge gelöst, durch anderen Druck abgesetzt und als Zwischen-
text gebracht werden. Da sie vielfach Überleitungen der einzelnen Sagen zueinander dar-
stellen, wäre es nicht günstig, sie in die Anmerkungen zu verweisen.
Am engsten sind wohl die mundartlichen Beiträge (durch Gewährsmänner aufgenommen,
z. B. Nr. 81, 82, 83) an die ursprüngliche Erzählweise angelehnt, während in den anderen,
meist der Literatur entnommenen Sagen die Einflechtungen L.s oft deutlich zu erkennen
sind, so daß eine Beurteilung der Erzählweise und Erzähltradition kaum möglich ist.
Hinderlich erscheint fernerhin der überaus komplizierte und geschachtelte Satzbau, der
gerade den in der Sage enthaltenen dramatischen Momenten entgegenwirkt. Er erschwert
breiten Schichten und besonders der Jugend den Zugang zu der Sammlung fast noch mehr
als die Umständlichkeit der bei- oder besser eingefügten Erläuterungen.
Um den Wert der Sammlung für die Volkskunde zu erhöhen, wäre es angebracht,
möglichst neben dem Alter des Erzählers und dem Ort der Aufzeichnung auch die näheren
Umstände — vor welchem Hörer kreis, mit welcher Einstellung, mit welchen Absichten,
bei welcher Gelegenheit wird erzählt? — und den sozialen Stand des Erzählers zusammen
mit seiner Herkunft zu charakterisieren.
Eine solche Möglichkeit besteht zwar kaum bei den der älteren Literatur entnommenen
Sagen, aber es sollte nicht versäumt werden, diese Auskunft bei neueren Aufzeichnungen
nachzuholen. Meist werden nur der Gewährsmann und der Ort der Aufnahme festgehalten.
Einmal lernen wir als Erzähler eine Müllerstochter (Nr. 236) und einen Hüttenarbeiter
(Nr. 247) kennen, sonst wird jedoch nur das Alter angegeben.
Daß dieser für die volkskundliche Arbeit sehr wichtige Punkt nicht nur wegen tech-
nischer Schwierigkeiten wenig Berücksichtigung fand, bezeugt das Schlußwort des Heraus-
gebers, in dem er zu weiterem Sammeln von Sagen und Sagenrudimenten aufruft und,
wenn möglich, nur Namen und Geburtsdatum des Erzählers anfordert.
Eine stärkere Betonung der Gesichtspunkte, die nicht nur den Stoff, sondern auch seine
Gestaltung und seine Träger berücksichtigen, würde den Wert der Sammlung für die
wissenschaftliche Nutzung bedeutend erhöhen.
Eingestreut sind zahlreiche Handzeichnungen, die das in der Sage Behandelte uns näher
bringen und veranschaulichen sollen. Doch arbeitet der Zeichner F. L. Schmidt allzu sehr
mit weichen Schattierungen, wohl um die „romantische“ Stimmung, die L. im Vor-
wort eingehend ausmalt, auszudrücken. Der von L. letztlich angestrebten wissenschaft-
lichen Fundierung hätten einige übersichtliche, klar die besprochenen Details heraus-
hebende Aufnahmen besser entsprochen. Waltraud WoELLER-Potsdatn
Der Schelm im Volk /Deutsche Mundartforschung usw.
467
Ruppel, Heinrich und Adolf Häger: Der Schelm im Volk. Einige Schock Schwänke,
Schnurren und Schelmereien dem Volksmund nacherzählt. Dritte veränderte und
vermehrte Auflage. Bärenreiter-Verlag. Kassel o. J. (1952) 272 S.
Hessen ist immer ein fruchtbarer Boden für volkstümliches Erzählgut gewesen, und
nach den Erfahrungen der beiden Verf. quillt dieser Brunnen heute noch. Ihre Sammlung
verfolgt keine wissenschaftlichen Zwecke, sondern will der frohen Unterhaltung dienen.
Doch durch leichte Mühe (Angaben über die Erzähler und Ort und Zeit der Aufnahme)
hätten dh Verf. auch der Forschung einen Dienst erweisen können. So wäre es, um nur
ein Beispiel herauszugreifen, hochinteressant zu erfahren, ob die Geschichte vom Fürst-
bischof und dem Bauer (S. 171) aus dem Volksmunde aufgezeichnet oder aber — aus
Paulis Schimpf und Ernst (das 158. Stück) überarbeitet wurde.
Friedrich SiEBER-Dresden
Bach, Adolf: Deutsche Mundartforschung. Ihre Wege, Ergebnisse und Aufgaben. 2. AufL
Heidelberg 1950 (= Germanist. Bibliothek, hrsg. von Richard Kienast und R. von
Kienle. 3. Reihe).
Die 2. Auflage widmet Verf. „dem Andenken an Ferdinand Wrede, 1863—1934“,
dem Begründer und langjährigen Herausgeber der „Deutschen Dialektgeographie“, jener
in einer stattlichen Anzahl von Bänden vorliegenden Schriftenreihe, dem Andenken an den
großen Lehrer der deutschen Mundartforschung, der dem Deutschen Sprachatlas seine
Gestalt gab. Manuskript und I. Auflage (1934 erschienen) hatte Wrede noch Vorgelegen,
und er hat sie „bei aller anregenden Kritik in Einzelfragen, die der i.Aufl. noch zugute
kam, freudig begrüßt“, wie Verf. im Vorwort berichtet.
Gegenüber der 1. Aufl. hat sich der Umfang des Buches fast um das Doppelte ver-
größert. Der Inhalt konnte um die Ergebnisse erweitert werden, die die deutsche Mund-
artforschung in gut 15 Jahren erzielt hat. Besonders wurde die niederländische Forschung
stärker berücksichtigt, deren Rolle für die Erhellung der deutschen Sprachgeschichte
mehrfach nachdrücklich von Th. Frings betont worden ist. Namen wie G. G. Kloeke,
L. Grootaers, E. Blancquart und W. Pee ragen hier aus der Reihe tüchtiger nieder-
ländischer Forscher hervor. Gegenstand der Darstellung des 335 Seiten umfassenden
Buches von Bach sind die deutschen Mundarten, wie sie sich vor dem Verlust deutschen
Sprachgebietes im Osten gestaltet haben. Die seit dem Kriege sehr erschwerten Bibliotheks-
verhältnisse und das Nachhinken der Bibliographien haben Verf. veranlaßt, die Schrift-
tumsnachweise beträchtlich auszubauen, eine mühevolle und dankenswerte Arbeit. Dem
reichhaltigen Inhalt ist die eigene, vielfältige und großzügige Forschungsarbeit des Verf.s
zugute gekommen, den die Wissenschaft neben seinen eigenen Schriften zur deutschen
Mundartforschung auch als Schöpfer einer ,,Geschichte der deutschen Sprache“, einer
„Deutschen Volkskunde“, einer „Deutschen Namenkunde“ kennt und bewundert.
Die 7 Hauptkapitel beschreiben — und begleiten mit gerechter Würdigung und maß-
voller Kritik — die deutsche Mundartforschung in ihrer geschichtlichen Entwicklung,
die Mundarten in ihrer lautlichen Gestalt, in ihrer räumlichen Lagerung, soziologischen
Schichtung und geistigen Gestaltung sowie die Mundartforschung in ihrer Bedeutung für
die Wissenschaft von der deutschen Sprache und für benachbarte Wissenschaftsgebiete.
5 8 Sprachkarten, überwiegend der zeitgenössischen sprachgeographischen Literatur ent-
nommen, bereichern das Handbuch. Es hat alle vorhergehenden Leitfäden zur deutschen
Mundartenkunde in sich aufgenommen, ohne doch deren eigene wertende und wählende
Sonderart aufzuheben. Rez., selbst Verfasserin einer solchen kleineren Darstellung, zollt
dem Werke von Bach Zustimmung und hohe Anerkennung. Die deutsche Mundart-
forschung hat mit ihm vor der wissenschaftlichen Öffentlichkeit den Rahmen erhalten,
der ihr in ihrer seit Jahrzehnten wachsenden Bedeutung zukommt.
Von kleinen Einzelheiten abgesehen, hebt Rez. zwei Punkte heraus, in deren Beurteilung
sie von Bach ab weicht. Nicht zu Recht hat er die Gliederung der deutschen Mundarten,
30*
468
Adolf Bach
die F. Wrede in Bl. 56 (Lief. 9) des DSA gibt, kritisiert. Wrede hat in dieser von breiten
Forscherkreisen lange erwarteten und begrüßten Einteilung Verläufe von Mundartgegen-
sätzen lautlicher, flexivischer und lexikalischer Art verwendet in der Absicht, alle Einzel-
gebiete rein systematisch voneinander abzuheben und größere Gebiete wieder zu unter-
teilen bis zu ziemlich kleinen Einheiten hinab. An dieser Einteilungskarte, die auf Sprach-
atlasaufnahmen von 1880—1890 beruht, hat er viele Jahre hindurch gebessert und gefeilt;
alle Linienwahl hat er mit anderen Möglichkeiten gewissenhaft verglichen und sich für
die beste entschieden (vgl. Text zur 9. Lief, des DSA, S. 248). Verf. nennt auffällig scharf
diese von Wrede gebotene Gliederung „einen Rückfall in rein linguistische Bestrebungen,
der Wredes eigensten Gedanken des innigen Zusammenhanges von Sprache und Kultur-
raum ohne Not in den Flintergrund treten läßt“. Diese Auffassung ist unhaltbar. Vielmehr
liegt bei Wredes Einteilung eine systematische Gliederung vor, ein Querschnitt durch
alle Mundarträume zur selben Zeit, der zu trennen ist von der historisch-geographischen
Gliederung, den „Sprachlandschaften“ in ihrer unterschiedlichen zeitlichen Dynamik.
Diese doppelte Möglichkeit einer Mundartgliederung hat Rez. schon 1934 deutlich
gesondert behandelt (Deutsche Mundartenkunde 49 fF.: „Systematische Gliederung“,
und 54fr.: „Geschichtlich-geographische Gliederung“). Aus langjähriger enger Zusammen-
arbeit mit ihrem Lehrer Wrede weiß sie, daß ihm selbst eine solche Vermengung beider
Gliederungsprinzipien nicht in den Sinn gekommen wäre.
Mit Vorbehalt steht Rez. der wenig entschiedenen Haltung gegenüber, die Verf. der
Theorie Hans Naumanns vom Volksgut als einem „gesunkenen Kulturgut“ bezeugt
(§ 187). Verf. hat, dem Entwicklungsgang der Mundartforschung und ihrer jetzigen Lage
entsprechend, der Sprachgeographie in seinem Buch den breitesten Raum eingeräumt,
ihre Grundlinien sind am klarsten gezeichnet. Diejenigen Belange der Mundarten, die im
engeren Sinn als „Volkssprache“ gelten, ein Grenzgebiet zwischen Sprachwissenschaft
und Volkskunde bilden und den Leser dieser Zeitschrift besonders angehen, werden vom
Verf. in einem bisher nicht gebotenen dankenswerten Überblick zwar herausgehoben und
in manchen Zügen fein gezeichnet; aber die gleiche eindrucksvolle Darstellung gelingt
ihm hier nicht. Das liegt sicherlich in der nicht bestreitbaren Tatsache, daß dieser For-
schungszweig erst Ansätze aufzuweisen hat. Er ist durch die Konstruktion H. Naumanns
„über das sprachliche Verhältnis von Ober- und Unterschicht“ (zuerst in: Jahrb. f. Philologie I
1925, 5 5 ff.) in der Entwicklung gehemmt worden, vornehmlich nachdem F. Maurer,
der bewußt die Zwei-Schichtentheorie Naumanns auf die Sprache übertrug und Nau-
manns Buch „Grundzüge der deutschen Volkskunde“, Leipzig 1922 (2. Aufl. 1929) bezeichnet
als „die beste Gesamtdarstellung, die wir heute über deutsche Volkskunde besitzen“, seinen
gesammelten Aufsätzen den Titel ,,Volkssprache“ (Erlangen 1934) gegeben hat. Von ihm
bzw. Naumann muß sich aber der Blick der Forschung entschieden abwenden, wenn das
Verhältnis des schaffenden Volkes zum eigenen volkhaften Sprachgebrauch erkannt und
im gleichen, großen Rahmen erforscht und dargestellt werden soll, den sich die Mund-
artforschung durch die Sprachgeographie erarbeitet hat. Sie hat die Kenntnis der Sprach-
form, ihrer Herkunft, ihrer Entwicklung, ihrer Verbreitung, ihrer. Verwendung zum
Gegenstand; „Volkssprachforschung“ aber fragt, wie das Volk, die Sprecher, zur Sprach-
form stehen, wie es sprachlich wählt oder ablehnt, für seine Erfordernisse sprachschaffend
oder -umbildend wirkt. In Einzelpunkten, auf kleinerem Raum, sind solche Beobachtungen
wirksam dargelegt worden, wobei der Name Fritz Stroh hervorzuheben ist und vom
Verf. auch hervorgehoben wird. Einen noch nicht ausgewerteten Schatz hierher gehörigen
umfangreichen Sprachstoffes bergen die Bücher zur landschaftlichen deutschen Volks-
kunde, etwa die von Andree, Brunner, Krieger, v. Hörmann, Lauffer, E. Leh-
mann, Sartori, Woeste, Wossidlo, A. Wrede u. a. Ihn hat Rez. erstmalig zusammen-
fassend benutzt und gegen Naumanns Bewertung der Schöpferkraft der Mundartsprecher
ausgewertet in ihrer Studie „Bauerntum und bäuerlicher Wortschatz“ (in: Deutsche Wort-
geschichte, hrsg. F. Stroh und F. Maurer, Berlin 1943, Bd. III), doch keineswegs aus-
geschöpft. Die stattlichen Bände zu „Mecklenburgische Volksüberlieferungen“ von R. WoS-
Sprichwort und Volkssprache
469
sidlo bieten ungeahnte und systematisch erfaßte Fülle; doch finde ich dieses überragende
Werk bei Bach nicht zitiert, und der Name Wossidlo, der jedem Mundartforscher wohl
ein unerreichbares Vorbild bleiben wird, steht nicht im Sachweiser (es ist auch sonst nicht
ersichtlich, wie die Namen von Forscherpersönlichkeiten hierfür ausgewählt wurden und
warum das Namenverzeichnis der x. Aufl. in Wegfall kam). Hier sind Wünsche an den Verf.
für eine 3. Aufl. zu richten, ohne daß sie den Dank für die 2. Auflage schmälern sollen.
Anneliese Bretschneider-Potsdam-Babelsberg
Füain, Mathilde: Sprichwort und Volkssprache. Eine volkskundlich-soziologische Dorf-
unlersuchung. Gießener Beiträge zur deutschen Philologie, Bd. 95. 131 S. Wilhelm
Schmitz Verlag, Gießen 1951.
Mit ihrem Trachtenbuch (Das Lebensbild eines oberhessischen Trachtendorfes) hat
Mathilde Hain bereits im Jahre 1936 einen wertvollen Beitrag zur deutschen Volks-
kunde geliefert. Als Schülerin Schwieterings hat sie die soziologische Methode nun
auf ein anderes Gebiet volkskundlicher Forschung, die Volkssprache, angewandt. Wie bei
ihrem Trachtenbuch bildet auch hier wieder eine örtlich begrenzte Gemeinschaft den
Ausgangspunkt ihrer Untersuchung: das Dorf Ulfa im Nordosten der Wetterau, eine
Gemeinde von ungefähr 1000 Einwohnern, die zum größten Teil (etwa zwei Drittel) als
Bauern, zum kleineren Teil als Arbeiter in benachbarten Industrien tätig sind (darf man bei
diesem verhältnismäßig hohen Anteil von Arbeitern noch von einer „einheitlichen Sozial-
struktur“ sprechen, wie es die Verf. auf S. 11 tut?). Hier hat die Verf. in den Jahren 1938
bis 1943 das Material für die Arbeit gesammelt, wobei ihr zugute kam, daß sie selbst aus
der Wetterau stammt. So war es ihr möglich, sich in die Sprachgemeinschaft des Dorfes
einzuleben und den vielfältigen Beziehungen zwischen Mensch und Sprache innerhalb
einer Ortsgemeinschaft nachzugehen.
In einem einleitenden Abschnitt zeigt die Verf. das Verhältnis der Dorfgemeinschaft
zur Sprache. Der Ulfaer spricht nicht nur die überlieferte Mundart, sondern beherrscht
auch verschiedene Zwischenstufen zwischen Mundart und Hochsprache, die in Laut-
stand, Syntax und Wortschatz bestimmte Eigenarten aufweisen. Je nach dem Gesprächs-
partner (der vertraute Dorfgenosse; der ferner stehende Dorfgenosse, der Mundart-
sprecher des Nachbardorfes; Pfarrer, Lehrer, Arzt; der nur die Hochsprache sprechende
Ortsfremde) wird eine bestimmte Sprachlage gewählt, wobei die Sitte vorschreibt, welcher
Sprachlage man sich im einzelnen Falle zu bedienen hat. Trotz der verschiedenen Sprach-
lagen mit ihren lautlichen Variationen tritt die Ulfaer Sprache gegenüber den Nachbar-
mundarten als einheitliches Ganzes auf.
Im zweiten Abschnitt untersucht die Verf. die Fragen nach dem Sinngehalt des Sprich-
worts, nach seiner Funktion im Volksleben, nach seiner Stellung im Gespräch. Wichtig
für die Bedeutung des Sprichworts ist die Situation, in der es gebraucht wird: das besinn-
liche Gespräch am Feierabend und am Feiertag, der kleine Klatsch auf der Dorfstraße und
im Gemeindebackhaus, die Unterhaltung der Jugend in der Spinnstube. Im Mittelpunkt
des Abschnitts (und der ganzen Arbeit) steht die Frage nach der Funktion der Erscheinung.
Das Sprichwort ist die überlieferte feste sprachliche Form, die der einzelne benutzt, um
seine Gefühle und Gedanken, seine Stellung zur Welt und den Menschen zum Ausdruck
zu bringen. Er benutzt es aber nicht nur, weil es ihm die eigene sprachliche Formulierung
erspart, sondern weil er die im Sprichwort zum Ausdruck kommenden Erfahrungssätze
des bäuerlichen Lebens und Wertmaßstäbe auf dem Gebiet der Sittlichkeit und der Sitte
anerkennt und bejaht. Im Sprichwort sucht und findet der einzelne die Bestätigung eigener
Lebenserfahrung und Weltanschauung. Eine besondere Funktion erhält das Sprichwort
im Gespräch zwischen älteren und jüngeren Menschen; hier dient es dazu, Erfahrungen
und Anschauungen der älteren Generation an die jüngere weiterzugeben. In der Unter-
haltung der Jugend verliert das Sprichwort oft seinen ursprünglichen Sinn; es wird als
witziges Spiel oder parodistisch gebraucht. Das Sprichwort ist Traditionsgut des gesamten
470
Richard Wossidlo
Dorfes; doch nicht alle wenden es gleichmäßig an. Vor allem ältere und reife Menschen
sind die Träger des Sprichworts; auch individuelle Unterschiede lassen sich nachweisen.
Die sprachliche Form des Sprichworts, das Bild im Sprichwort, Einleitungs- und Schluß-
formel werden von der Verf. nicht philologisch, sondern ebenfalls in volkskundlich-
soziologischer Betrachtungsweise untersucht. Im Schluß des Abschnitts geht die Verf.
auf die Funktion der volkstümlichen, meist im Brauchtum wurzelnden Sprüche ein.
Der dritte Abschnitt, der in Aufbau und Zielsetzung dem vorangehenden gleicht, be-
schäftigt sich mit dem Bild und der Formel in der Volkssprache. Ebenso wie beim Sprich-
wort sind auch beim Bild bestimmte Situationen für seinen Gebrauch besonders günstig.
In Stunden der Ruhe werden Bilder gern gebraucht; Gespräche voller Spannung und streit-
barer Gegensätze lassen keine Bilder auf kommen. In der ruhigen Unterhaltung wird das
Bild bewußt gebraucht und bewußt empfunden; es ist Stimmungsträger, regt die Phan-
tasie an, hat eine hinweisende Funktion. In bestimmten Situationen wiederum tritt eine
verhüllende Funktion hervor, besonders dann, wenn es das Erlebnis des Todes umschreibt.
Im Streitgespräch und in Schimpfreden verliert das Bild seinen Sinngehalt; es wird zur
sinnentleerten Vokabel, der nur noch Affektgehalt zukommt. Der Gebrauch des Bildes
ist nach Generationen, nach Familien und Sippen und nach Individuen verschieden. Neue
Bilder werden vor allem von der Jugend, die sich im bewußten Gegensatz zu den älteren
Generationen einen eigenen Jargon schafft, in das sprachliche Leben des Dorfes ein-
geführt. Auf diese Weise erfolgt eine Umschichtung des Bildvorrates. Bezeichnend für
das Dorf, in dem die bäuerliche Arbeit im Mittelpunkt allen Denkens und Handelns steht,
ist der Bildinhalt. Er schöpft fast ausschließlich aus dem bäuerlichen Lebenskreis; bild-
liche Beziehungen zur Sphäre des Religiös-Biblischen treten im protestantischen Ulfa
selten auf. Die sprachliche Form des Bildes ist keine feste Größe; sie paßt sich der Situation,
dem Sprecher, dem Hörer, der Stimmung an. Den Abschluß des Abschnitts bilden Beobach-
tungen über die Formel im Sprachgebrauch. Sie ist gebunden an bestimmte Situationen,
an bestimmtes Brauchtum, an bestimmte Sitten. Festgelegt durch die Dorfsitte ist auch
die Grußformel, für die Bedeutungsarmut und formale Kürze charakteristisch sind.
Die Arbeit Mathilde Hains geht auf viele Fragen ein, die nicht nur für die Volks-
sprache, sondern auch für andere Gebiete der volkskundlichen Forschung von Bedeutung
sind. Sie bietet damit viele Anregungen für jeden, der sich mit volkskundlichen Themen
beschäftigt. Doch darf nicht übersehen werden, daß die soziologische Betrachtungsweise
in ihrer Beschränkung auf die Gegenwart und auf einen engbegrenzten Raum nicht in der
Lage ist, alle volkskundlichen Fragen zu beantworten. Die Volkskunde, die die Erschei-
nungen des Volkslebens nicht nur in den kleinsten Zellen des Gemeinschaftslebens, sondern
auch in größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen und in weiteren Räumen (auch
übernationaler Art) erfassen und deuten will, bedarf neben der soziologischen auch der
historischen und der geographischen Methode. Reinhard PEESCH-Berlin
Wossidlo, Richard : „Reise, Quartier, in Gottesnaam“, Das Seemannsleben auf den alten
Segelschiffen im Munde alter Fahrensleute. Hrsg, von Paul Beckmann. 5. Auflage,
Rostock: C. Flinstorff 1953. XV und 318 S. 8°.
,,Reise, Quartier, in Gottesnaam“ — das ist der alte Weckruf, mit dem die Wachablösung
an Bord der Segelschiffe aus dem Schlaf gerufen wurde und der uns mitten hineinführt
in das Leben, das dieses Buch aus der hohen Zeit der Segelschiffahrt vor uns erstehen läßt.
Richard Wossidlo, der mit intuitivem Wissen die Schätze mecklenburgischen Volks-
gutes vor dem Absinken in die Vergessenheit bewahrte, hat uns auch ein Stück mecklen-
burgischer Seegeschichte, das heute der Vergangenheit angehört, lebendig erhalten. Et
hielt seine Umfragen etwa im 1. Drittel unseres Jahrhunderts und wandte sich dabei in
der Hauptsache an die alten Seeleute im Alter von etwa 60 bis 80 Jahren, — vornehmlich
an die Matrosen, die Leute vor dem Mast, die in ihrer Jugend noch auf Segelschiffen ge"
Reise, Quartier, in Gottesnaam
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fahren waren und deren Erinnerung, gestützt auf die Erzählungen älterer Kollegen, noch
gerade hineinreicht in die Blütezeit der deutschen Segelschiffahrt um 1860.
Wossidlo starb über der Veröffentlichung dieser Aufzeichnungen hinweg; einer seiner
engsten Mitarbeiter, Dr. Paul Beckmann, der jetzige Leiter der WossiDLO-Forschungs-
stelle in Rostock und selber Seemannskind, übernahm es, das Material zu ordnen und die
Aussprüche der Fahrensleute, mit verbindendem Zwischentext versehen, zu dem hier vor-
liegenden Buch zusammenzustellen. Geschickt sind die Berichte so aneinandergereiht,
daß sich in einem ersten Teil der Werdegang eines Seemannes und das Leben an Bord vor
unseren Augen entwickelt. Nach kurzem Einblick in die Geschichte der deutschen Segel-
schiffahrt und eine ihrer wirtschaftlichen Sonderformen, das Reederei- und Partenwesen
steht eine Zeit vor uns auf, in der das ganze Leben des mecklenburgischen Küstenstreifens
sein Gepräge von der See und der Schiffahrt her empfing. Über die See war der Blick in
die Welt gerichtet, von ihr wurde das wirtschaftliche Leben und die soziale Schichtung der
Bevölkerung bestimmt. Ihr wandte sich die junge Mannschaft zu: wat keen Kroepel wier,
dat güng to Seel Wir erfahren von der Stufenleiter des Seemannsberufes vom Moses, dem
Schiffsjungen, bis zum Kapitän, von Nahrung und Ausrüstung, von den Vorbereitungen
zur Ausreise, und wir gehen schließlich mit auf große Fahrt. Wachegehen, die Arbeit an
Bord, Spiel und Basteln während der Freizeit — das ganze scheinbar einförmige und doch
so abwechslungsreiche Treiben auf hoher See erleben wir mit. Arbeitslieder und Shanties
klingen vor uns auf und allerlei seemännisches Brauchtum (Flänseln, Fest- und Trauer-
bräuche) wird vor uns lebendig. Ein besonderer Abschnitt gilt den verschiedenen see-
fahrenden Nationen, denen Janmaat unterwegs begegnet und die er oft köstlich zu charak-
terisieren weiß. Hat das Schiff nach mancher bestandenen Gefahr glücklich den Heimat-
hafen erreicht, ist es in Winterlage gegangen, so beginnt für den Seemann eine ruhigere
Zeit. Berichte über das Leben in der Heimat während der Wintermonate bilden den Ab-
schluß des ersten großen Teils.
Ein nächster Abschnitt befaßt sich zunächst mit dem Schiff selbst, mit seinem Bau und
seinen Eigenschaften, mit Ladung und Ballast; die anschließende Fülle an Ausdrücken
über Wind und Wetter, Wasser und Wellen gewährt einen Einblick in das unerschöpfliche
Leben der Mundart und spiegelt zugleich das Verhältnis wider, das der Seemann zu diesen
beiden für ihn so wichtigen, lebenspendenden und lebenbedrohenden Elementen hat.
Sagen und seemännischer Aberglaube bilden den Inhalt des letzten Teiles. Vorzeichen,
Vorspuk, Aberglaube in bezug auf Wind und Wetter sind hier Gegenstand der Erzählungen,
und so mancher Ausspruch läßt die Verhaftung an magischen Brauch und Glauben offenbar
werden. Ebenso war auch der Wirklichkeitswert der Sagen noch ganz offenbar; die beiden
Hauptgestalten der Seemannssage, den Klabautermann und den Fliegenden Holländer,
will noch mancher selbst gesehen haben. Eine kleine Anzahl Schnurren und Läuschen
bildet den Beschluß dieses Teiles und damit des Buches; die Erklärung der wichtigsten
seemännischen Ausdrücke am Schluß erleichtert dem Nicht-Fachmann das Verständnis.
Wossidlos Eigenart, in seinen Veröffentlichungen die Gewährsleute selbst in ihrer
heimatlichen Mundart zu Worte kommen zu lassen, gibt auch seinem „Reise, Quartier . . .“
das Gepräge. In dieser Wesensart des Buches, die seine große Stärke ausmacht, liegt zu-
gleich seine Sonderstellung beschlossen. Es wird sowohl den, der eine sachlich-historische
Darstellung einer abgeschlossenen Epoche erwartet, enttäuschen wie auch den, der die
spannende Lektüre eines Seemannsromanes erhofft. Dem aber, der den aufgeschlossenen
Sinn für die unmittelbaren Äußerungen des Lebens selbst hat, wird auf jeder Seite der
Salzgeruch der See spürbar. Das Buch erhebt also nicht den Anspruch, eine systematische
Darstellung des Seemannslebens zu sein — für gründlichere Einzelinformationen finden
sich Literaturhinweise am Schluß. Es ist gedacht für jeden, der See und Seefahrt liebt,
und die fünf Auflagen in verhältnismäßig kurzer Zeit beweisen, wie sehr es dieser Be-
stimmung gerecht wird. Für den Volkskundler aber, der den Seemann und sein Schiff
aus dem Gesichtswinkel der alten Fahrensleute betrachten will, hat es den Wert einer reich
und lebendig sprudelnden Quelle.
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Ilka Peter
Wossidlo war in erster Linie Sprachforscher, der sich immer wieder neu überwältigen
ließ von der sprachschöpferischen Kraft der Mundart und dem seelischen Reichtum, aus
dem sie erwächst. So ist auch sein „Reise, Quartier . . weniger eine Sachkunde des See-
mannslebens als vielmehr eine Seelenkunde, ein Denkmal in memoriam Janmaat, vom
Janmaaten selbst geschaffen. Ingeborg MÜLLER-Rostock
Peter, Ilka: Gaßlbrauch und Gaßlspruch in Österreich. Mit Verbreitungskarte d. Gaßlreim-
formen. Salzburg: O. Müller 1953. 365 S. 8°.
Fand man bisher die Gassireime verstreut in Volksliedsammlungen, landschaftlichen
Schilderungen und Einzelberichten, so ist hier der erstmalige Versuch unternommen, die
Sprüche in ihren brauchtümlichen Zusammenhang zu stellen und ihren Stand innerhalb
der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zwischen Hausvaterrecht und Burschenbund-
recht zu kennzeichnen.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Arbeit ist die Analyse des Brauches in seiner zwei-
fachen Form; einmal als einzelgängerische Liebeswerbung und zum anderen als deren
Vorstufe: eine gesellige lustige Zwiesprache mehrerer Burschen mit mehreren Mädchen
an deren Kammerfenster. Während bei der ersteren zumeist nur ein Anrufreim die nächt-
liche Begegnung einleitet, zeigt die gesellige Form die eigentlichen spaßhaften langen
Reime, die in aufschneiderischen Lügengeschichten oder grotesken Schilderungen der
verkehrten Welt auf dem heimischen Hofe schwelgen oder in der Vorgabe, ein Geistlicher
zu sein bzw. der Arzt Doktor Gold, der schon die grauslichsten Heilmethoden prakti-
ziert hat!
Dies sind neben plumpen Spottversen die immer wiederkehrenden Hauptmotive. Nach
ihrer Darstellung löst sich die Verf. vom Stofflichen und schildert auf das anschaulichste
Leben und Funktion der Reime. Das nächtelange Umherschweifen der Burschengruppen
an brauchtümlich bestimmten Wochentagen; das psalmodierende beschwörende Raunen
ihrer langen Reime am Fenster der Mädchen, die neckenden Wechselreden, in denen sich
diese Besuche erschöpfen; all der dazugehörige Schabernack, die Rügegerichte an miß-
liebigen Bauern; und schließlich das Rangeln und Raufen verschiedener Burschengruppen
untereinander: all diese Erscheinungen, in die die Gassireime eingebettet sind, erstehen
vor dem Leser als unvergeßliches Bild eines untergehenden und einst so kraftvoll farbigen
Brauches.
Doch hat die Verf. in den Jahren ihrer Hauptsammelarbeit im Salzburger Pinzgau (1943
bis 1948) nicht nur die gereimten Formen ihren Gewährsleuten abgelauscht. Die ungeschrie-
benen Gesetze der Burschenschaft beim Gassigehen wie bei den Brauchtumserscheinungen
der Perchtenzüge und der Haberer, das geforderte Mindestalter und die strenge Erziehung
der Jungen durch die erfahrenen Gassler zeigen die rechtliche Bedeutung des Brauches als
Befreiung der Burschen aus den hausväterlichen Ordnungen des Familienverbandes.
Diese Befreiung ist natürlich in ihren Tiefen erotisch bestimmt, was sich sowohl in dem
um den Hahnenfederhut kreisenden Kampfcharakter wie in den sexuell bestimmten Ten-
denzen der Reime äußert. Auch hier ist es Verdienst der Verf., diese den Städter oft allzu
derb und deutlich anmutenden Sentenzen an ihren durchaus natürlichen Platz in der durch
Fruchtbarkeit und Vermehrung bestimmten bäuerlichen Vorstellungswelt gestellt zu haben.
Daneben finden sich wiederum Bilder zartester erotischer Symbolik, verwandt dem Formel-
schatz des Volksliedes.
Der Gassibrauch ist durch drei Jahrhunderte nachzuweisen, doch sind seine Wurzeln
zweifellos älter, wie die Verf. durch Vergleiche mit der mittelalterlichen Spottdichtung
zeigen kann. Er war in seiner Eigengesetzlichkeit aufs tiefste mit dem Leben der Älpler
verbunden und hat sich durch die schöpferische Begabung einzelner immer lebendig
und anpassungsfähig erhalten. Erst im Gefolge des ersten Weltkriegs setzte mehr und mehr
der Zerfall ein, so daß (wie bei allen heutigen Aufnahmen jeglichen Volksgutes) die echten
Gewährsleute in den Altersgruppen von 55 bis 90 Jahren zu suchen sind. Die Verf. ist auch
Tiroler Fasnacht
473
den soziologischen Zusammenhängen nachgegangen und findet ihre Brauchtumsträger
in der Hauptsache unter Arbeitern (Holzfällern), Handwerkern und kleinen Beamten; da
diese aber immer zweite und dritte Söhne sehr kinderreicher Bauernfamilien sind, glaubt
sie, daß der Hauptgrund dafür in deren Sehnsucht nach dem Überlieferungsreichtum bäuer-
lichen Lebens läge, zumal die nächste Generation die innere Beziehung zum Brauchtum
kaum noch je besitzt.
Die nächsten beiden Teile des Buches geben eine Schilderung des Brauches, wie er sich
aus literarischen und mündlichen Quellen für die übrigen Teile Österreichs darbietet, und
schließlich eine 150 S. umfassende Zusammenstellung des vorhandenen mundartlichen
Reimgutes nach Landschaften geordnet sowie eine kulturgeographische Karte der Reim-
formenverbreitung.
Die Arbeit, der in manchem Bezug die gründliche Wiener Schule anzumerken ist, bietet
ein ebenbürtiges Gegenstück zu den skandinavischen Monographien über den dort eben-
falls üblichen Brauch und schließt somit eine tiefe Lücke für die Schilderungen europäischen
Volkslebens. Intim und spannend zu lesen, vom Verlag geschmackvoll und anziehend
ausgestattet, entstand hier eine musterhafte volkskundliche Untersuchung, in der die ver-
schiedenen Methoden unserer Wissenschaft auf das vorteilhafteste zur Anwendung kommen
und hinter den Erscheinungsformen das geistig-seelische Bild der Brauchtumsträger inner-
halb ihres sozialen Verbandes und ihrer sozialen Umwandlungsprozesse vor unseren Augen
aufrollt. Freilich möchte gerade hier der moderne Volkskundler noch weitersehen, und es
wäre eine schöne Aufgabe für die Verf., festzustellen, inwieweit sich diese zerfallenden
Brauchtumsgüter heute innerhalb der veränderten Bevölkerungszusammensetzung und
der ganzen veränderten Gesellschaftsordnung umsetzen in andere, wenn auch vielleicht
nicht so farbige und poetische Formen gemeinschaftlichen Volkslebens.
INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Anton Dörrer: Tiroler Fasnacht innerhalb der alpenländischen Winter- und Vorfrüh-
lingsbräuche. (= Österr. Volkskultur Bd. V.) Wien 1949. Mit 77 Textillustrationen.
480 S. 8°. Hlw. DM 18.95.
Das schön ausgestattete Buch verfolgt nach des Verf.s eigenen Worten das Ziel, die
heutigen Sitten und Gebräuche zu verstehen und ihrer geschichtlich verfolgbaren Ent-
wicklung gerecht zu werden. Dabei bemüht er sich um eine möglichst allseitige Erkenntnis
der Bräuche aus ihren landschaftlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vor-
bedingungen. Als Innsbrucker Bibliotheksrat und sorgfältiger Benutzer der Tiroler Archive
wie der gesamten einschlägigen Vergleichsliteratur hat D. ein wahres Handbuch alpen-
ländischen Fasnachtswesens gestalten können; den Fasnachtsspielen, für deren Behand-
lung er durch seine zahlreichen Untersuchungen zum brauchtümlichen und religiösen
Volksschauspiel als wahrhaft prädestiniert erscheint, ist ein besonderer Band Vorbehalten.
Im ersten Buchteil der Tiroler Fasnacht, der den „Ausgangspunkten“ gewidmet ist,
meint D. die Bezeichnung „Fasnacht“ (ohne t von faseln = sich unsinnig benehmen) als
die durch zahlreiche historische Belege erwiesene ursprüngliche Wortprägung hinstellen
zu können, während Adolf Spamer noch in seinem Büchlein ,,Deutsche Fastnachts-
bräuche“ (Jena 1936 bei Diederichs) die singulare Wortbildung (im Gegensatz zu „Weih-
nachten“ usw.) als einen Beweis für kein allzu hohes vorkirchliches Alter anführte und die
alleinige Ableitung von faseln bezweifelte1).—Doch entscheidender als die sprachlichen
Ausgangspunkte sind die brauchtümlichen, die der Verf. in der Verflechtung von Winter-
ende und Frühlingsbeginn (Berchtennacht und Fasnacht) sieht und aus der er die Doppel-
gesichtigkeit der Maskierten (schöne und schiache Perchten), das pralle Nebeneinander von
t) Vgl. hierzu Richard WEISS, Das Schweizerdeutsche Wörterbuch und die Volkskunde,
S. 13 fr.; Eduard Hoffmann-Krayer, Fastnachtsgebräuche in der Schweiz, in Schweiz.
Archiv f. Vkde. 1 (1897), 47—283.
474
Anton Dörrer
Schadens- und Heilgestalten erklärt. Der Leser empfindet es als wohltuend, nie durch die
absichtliche Hinwendung auf eine bestimmte Deutungstheorie einseitig unterrichtet zu
werden, sondern stets den gesamten Bogen der brauchtümlichen Erscheinung im Blick-
feld zu haben, so sehr ihn der Verf. auch mit den verschiedenen Theorien bekannt macht.
Er erkennt als Träger der alpinen Fasnachtsbräuche, die in dem hier behandelten bäuer-
lichen Gebiet fast immer mit den dörflichen Hochzeiten Zusammenfällen, Burschen-
schaften und Knabenbünde, nur in seltenen Einzelfällen eine weibliche Gemeinschaft.
Es folgt eine ausführliche Schilderung der örtlichen Brauchtümer (wobei es für den
Leser nicht immer ganz leicht ist, historische Entwicklung und gegenwärtigen Stand aus-
einanderzuhalten). D. weiß sehr wohl, gegenüber anderen Theorien (Ljungman) die
Eigenständigkeit des alpinen Fasnachtstreibens zu erweisen und seinen Weg hin durch die
Verschüttungen und Beeinflussungen seitens Kirche und Aufklärung aufzudecken. Wenn
heute manches vom alten Glanz verschwunden ist, so trifft dieses „oberschichtliche Dahin-
schwinden des Gefühls für den Volksglauben und das damit beschleunigte Verblassen des
Zwecksinnes in der Trägerschaft“ wohl alle mit „Naturkulten“ zusammenhängenden
Bräuche. Doch bürgt die darstellerische Begabung der Bevölkerung für ein lebendiges
Fortleben, zumal sich in den Stolz auf den Seltenheitswert des überlieferten Brauchgutes
die unbewußte Verbindung zum Hintergründigen mischt, die das Maskenwesen herstelit. —
Nun werden die einzelnen Brauchelemente mit ihren kultischen und rechtlichen Ursprüngen
vorgeführt: Feuer und Licht, Wasser, Schlagen, Verwandlung und Vermummung, Mas-
kierung, Springen, Laufen, Tanzen und die besondere Bedeutung der Spiel- und Tanz-
stätten für die dynamische Dramatik des Fasnachtswesens.
Der II. Teil, „Im Vorfeld der Fasnachtsbräuche“, behandelt den Berchtenglauben und das
Perchtlspringen in ihrer geschichtlichen Entwicklung und ihren landschaftlichen Prä-
gungen. Es erscheinen Typen und Einzelgestalten mit ihren dämonischen Begleitern, den
weihnachtlichen Nikolausgefährten vergleichbar, und es eröffnet sich die ganze Doppel-
gesichtigkeit dieser vorfrühlingshaften Umbruchzeit im Nebeneinander der hellen und
dunklen, der wilden und sanften Masken. Sondererscheinungen wie der Egelmann im
Etschland und das Pflug- und Blochziehen in Osttirol sollen hier nur berührt werden (vgl.
uns. Rez. zu Klier, Das Blochziehen, S. 475). Eine kurze Erwähnung finden schließlich
auch die der bürgerlichen Stadtkultur Innsbrucks und Brixens zugehörigen Moresken- und
Schwertertänze.
Wahrhaft glanzvoll entrollt der Verf. mit merkbarer innerer Beteiligung im nächsten
Kapitel, „Hauptplätze der Tiroler Fasnacht“, ein Bild des berühmten Imster Schemenlaufs.
Zunächst leitet er den Namen Scheme einmal von „Schattenbild, Seelenwesen“ ab, zum
anderen von der ahd. Sprachwurzel ski = glänzen und kennzeichnet damit die beiden auch
heute noch tragenden Elemente dieses Tiroler Brauches. Wir kennen ihn in Tirol seit dem
13. Jhdt., doch hat er sich (im Gegensatz zu dem gesellschaftlich satirischen Schembart-
laufen der Nürnberger Zünfte) in Imst völlig seine bäuerliche Grundlage mit eigener
Gestaltung und Typisierung bewahrt. Die ganze Fülle der Typen, die fasnächtlich die
Imster Straßen beleben, wird dem Leser monographisch vorgestellt: die Bärentreiber,
die Roller und Scheller, Sackner und Spritzer, Ruaßler und Vogler, Türken und Hexen, die
ihre Masken und ihren Kopfputz durchaus auch mit modernen Motiven („im Flugzeug
übers Bärenland in Telfs“) schmücken.
Den Abschluß dieses lehr- und genußreichen Buches bildet ein Kapitel über die Sonder-
gestalten der Tiroler Fasnacht. Ein sorgfältiges Register und ein umfänglicher, den ein-
zelnen Kapiteln zugeordneter Anmerkungsteil geben dem Buch über seine landschaftliche
Bedeutung hinaus durchaus den Wert eines Nachschlagewerkes.
INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Perchtenlauf in der Gastein / Das Blochziehen
475
Eine örtliche Ergänzung bildet die kleine Schrift von
Zimbukg, Heinrich von: Der Perchtenlauf in der Gastein. Wilhelm Braumüller-Uni-
versitäts-Verlagsbuchhandlung. Wien 1947, 48 S., 59 Abb.
ln populärwissenschaftlicher Form — der Verf. stützt sich vornehmlich auf engste
Lokalliteratur — wird das Bild des Gasteiner Perchtenlaufes vor uns entrollt, der bereits
im Januar stattfindet und die erste Brücke von den winterlichen Rauhnächten zum vor-
frühlingshaften Fastnachtstreiben darstellt. Verf. glaubt, den Brauch bis in die früh-
christliche Zeit für sein Gebiet zurückverfolgen zu können und vermittelt einen Eindruck
der Brauchtumsvorgänge, die nicht nur als Narretei, sondern durchaus in ihrem kultischen
Ernst verstanden sein wollen. In einem ausführlichen Bildteil kann er den lebendigen Brauch
während der 20er und 30er Jahre unseres Jhdts. vorführen, der in der Mannigfaltigkeit
seiner Gestalten, dem Reichtum seiner Elemente und seiner erotisch-lebensprühenden
Dynamik vor der grandiosen winterlichen Hochgebirgskulisse tiefe Eindrücke hinterläßt.
INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Klier, Karl M.: Das Blochziehen. Ein Faschingsbrauch von der Südostgrenze Österreichs.
Eisenstadt: Burgenländisches Landesarchiv 1953. 172 S., 15 Abb. u. 1 Karte. 8°.
(Burgenländische Forschungen, Heft 22.) Sch. 55,—.
Der Verf., von zahlreichen anderen Arbeiten insbesondere aus dem in seinem Volkstum
hoch interessanten Grenzgebiet Burgenlands und der Oststeiermark weithin bekannt,
zeigt sich auch hier wieder als vorzüglicher Kenner und Schilderer von Land und Leuten
und ihrem brauchtümlichen Leben.
„Das Bloch“, wie der astlose entwipfelte Baumstamm dort mundartlich genannt wird,
steht im Mittelpunkt eines alten Frühlingsfestes. Schon aus den bronzezeitlichen Fels-
zeichnungen Skandinaviens sind uns kultische Pflugumzüge überliefert, die als Fruchtbar-
keit erbittender Vorfrühlingsbrauch nicht nur germanischer, sondern indogermanischer
Gemeinbesitz waren. Der gleiche Sinn wohnt dem „Blochziehen“ inne, einem Brauch, bei
dem ursprünglich das Dorf durch das Bloch mit einer Schutz-und Fruchtbarkeit verheißen-
den Furche umzogen wurde. Ein Bericht von 1880 aus dem Wolgagebiet schildert einen
solchen Schutzumzug, ausgeführt von Frauen in kultischer Reinheit und Nacktheit. Auch
späterhin sind häufig Frauen Trägerinnen des Brauches, wobei sich allerdings der Be-
deutungswandel dahin vollzogen hat, daß Glück und Fruchtbarkeit die Mädchen und
Frauen, die im Pflug gehen, selbst betrifft, während die Vorstellung von der schützenden
Kraft der Furche zurücktritt. Ein historischer Überblick über die Brauchtumsbelege lehrt
uns, daß das erste Verbot der heidnischen Pflugumzüge 743 auf der Synode zu Lestines
ausgesprochen wurde. Dann klafft eine Überlieferungslücke bis zum Verbot von Leipzig 1499,
während sich im 16. Jahrh. die Nachrichten — besonders aus den Städten — häufen. Auf
dem Lande mag der Brauch ungehindert und sogar gefördert weitergelebt haben. In seinem
Schwank ,,Die Hausmaid im Pflug“ schildert Hans Sachs 1532 den Brauch, am Ascher-
mittwoch die ledigen Mädchen in den Pflug zu spannen, verbunden mit dem Rügerecht
der Burschen. Auch bei Johannes Bohemus, Sebastian Frank und anderen Schrift-
stellern des Humanismus finden sich Nachrichten über das Pflugziehen. Von diesen all-
gemeindeutschen Quellen nun geht der Verf. zu dem österreichischen Brauch des Bloch-
ziehens im besonderen über, den seit dem vorigen Jahrh. zahlreiche Berichte belegen.
Als Bindeglied zwischen Pflug- und Blochziehen erkennt er das Mitführen eines hölzernen
Pfluges ohne Eisenteile und das Ziehen eines Furchen hinterlassenden Baumstammes
(Bloches) auf dem Boden. Ein solcher Brauch mußte besonders in waldreichen Gegenden
seine Verbreitung finden. So blieb er bis heute in den lange vom Verkehr abgeschlossenen
Gebieten längs der Linie Semmering-Ödenburg in der Oststeiermark und dem Burgenland
lebendig.
Als Brauchtumsgrundlage ermittelt K. Burschenschaft, Fasching und Hochzeit. Die
Jungmannschaft der Dörfer ist Trägerin und Gestalterin der Bräuche, die in ihrem gesamten
476
Johannes Künzig
gemeinschaftlichen Leben eine hervorragende Rolle einnehmen. Als vorzüglicher Kenner
ihrer Verfassungen und Rechtsformen gewährt uns der Verf. gute Einblicke in diesen
wichtigen Bestandteil dörflichen Lebens, der im Jahrzehnt nach dem ersten Weltkrieg
aus seinen festgefügten Formen mehr und mehr herausbrach und langsam im Abklingen
war. Wir lernen die örtlichen Faschingsbräuche kennen wie das Brauchtum der Hoch-
zeiten, die fast durchweg in der Faschingszeit stattfinden. Auf die tiefere brauchtümliche
Übereinstimmung dieser beiden Komplexe weist der Verf. nur hin, wie er überhaupt sich
weniger mit Deutungen als mit der Vorlage eines ganz vorzüglichen und äußerst wert-
vollen Materials befaßt, bringt er doch nicht weniger als 25 Beschreibungen und Texte
aus den Orten seines Gebietes. Der eifrige Sammler und Erwanderer volkskundlichen
Stoffes hat hier von den verschiedensten Gewährsleuten seine 100 S. umfassende Brauch-
tumsschilderung zusammengetragen, die in Zukunft für jeden Brauchtumsforscher zu
dem besten einschlägigen Quellenmaterial gehören wird. Wir lernen einen bezeichnenden
Sektor des brauchtümlichen Lebens Österreichs kennen und erfahren von Brauchtums-
elementen, die zum Teil weit in Überlieferungsfrühzeiten zurückreichen. Da sind die ver-
mummten Gestalten wie Bären als Zugtiere, Blochteufel mit Streckschere und Schweins-
blase, Rasierer und Doktor, Altweibermühle, Hans und Gretl als Vegetationspaar, zwei
Strohpuppen, die sich auf einem auf dem Bloch befestigten Wagenrade drehen. Da sind
vor allem die scherzhaften Hochzeiten mit der Waldbraut, eben dem gefällten Fichten-
baumstamm, die mit dem ganzen Zeremoniell einer wirklichen Hochzeit durchgeführt
werden und die uns K. mit seitenlangen Versdialogen, scherzhaften Predigten, Gebets-
parodien und gereimten Anreden vermitteln kann.
Dem Brauch des Blochziehens hat man in dieser Landschaft seit der ersten Umfrage des
Grazer Gymnasialprofessors Ferk von 1880 über die Fragebogen des steierischen Volks-
kundemuseums von 1936 und diejenigen des Burgenlandatlas von 1941 bis heute stete
Aufmerksamkeit gewidmet. K. ist es gelungen, aus allen vorhandenen Quellen und dem
eigenen reichen Material ein lebendiges Bild zu gestalten, das weit über das örtliche und
Zeitliche hinaus interessiert, belebt von Verbreitungskarte und Abbildungen (für die man
sich allerdings besseres Kunstdruckpapier gewünscht hätte). Eine Zusammenstellung der
Orte erweist, daß der Brauch in den Jahren 1858—1939 284mal in seiner Gegend belegt
ist, und K. kann darauf hinweisen, es seien auch nach dem 2. Weltkrieg in den Jahren
1948, 49 und 50 schon wieder neue Anfänge auf der alten Brauchtumsgrundlage zu ver-
zeichnen. INGEBORG WEBER-KELLERMANN-Berlin
Künzig, Johannes: Die alemannisch-schwäbische Fasnet. Hrsg, von der Landesstelle
für Volkskunde. Freiburg im Breisgau 1950, 80 S. 75 Abb.
Der Verf., bekannt durch sein außerordentliches Geschick bei der lebendigen Brauchtums-
aufnahme, gibt in dem vorliegenden Bändchen eine sehr gehaltvolle und intensive Schil-
derung des Fastnachtstreibens seiner Heimat, wie es in den Nachkriegsjahren und besonders
seit 1949 in unerwarteter Blüte von neuem erstand. Im Gegensatz zu dem auf bäuerlicher
Gesellschaftsordnung gegründeten Maskenwesen, das wir aus den österreichischen Ver-
öffentlichungen kennen lernen (s. uns. Rez. S. 473—475), beruhen die hier geschilderten mehr
städtischen Vorgänge auf den Organisationen der Narrenzünfte. 38 alemannische Orte
hat der Verf. durchstreift und führt an Hand eines ganz ausgezeichneten neuen Bildmaterials
all die berühmten springlebendigen Fasnetsgestalten vor: den Eizacher Schuddig, den
Villinger Narro, den Schömberger Roller, — um nur einige zu nennen.
Das Bändchen ist dem Andenken von Hermann Eris Busse gewidmet, dessen „Ale-
mannische Volks fasnacht“ (1937) durch dieses Gegenwartsbild aus der Nachkriegszeit
ergänzt sein soll. Sein Ziel, der Wissenschaft neues Material zu liefern und bei den Brauch-
tumsträgern seiner Heimat das Stilgefühl für echte Überlieferung zu schärfen, scheint voll
erreicht. Ingeborg WEBER-KELLERMANN-Berlin
St. Oswald ob Kleinkitchheim. Menschen, Sitte, Jahrlaufbrauchtum
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Der Akademie-Verlag brachte 1953 neben dem Haupt-Schmaler eine zweite grundlegende
Arbeit zur sorbischen Volkskunde neu heraus, das Buch von
Schneeweis, Edmund: Feste und Volksbräuche der Sorben. Veröffentlichungen des In-
stituts für Slawistik der Dt. Akademie d. Wiss. z. Berlin.
Das Buch erschien erstmalig 1931 und war ebenfalls schon lange nicht mehr greifbar.
E. Schneeweis gibt hier auf Grund der bisherigen Sammelergebnisse eine Gesamt-
darstellung von Sitte und Brauch auf vergleichender Grundlage und schafft damit die Vor-
aussetzungen für die weitere Arbeit auch auf diesem Gebiet.
Paul NEDO-Leipzig
Die von seiten des wissenschaftlichen Volkskundlers im allgemeinen streng verpönte
Vermischung von Forschung und praktischer Volkstumspflege wird offenbar von vielen
österreichischen Fachvertretern durchaus nicht als unzulässig empfunden; und vielleicht
hat wirklich die Durchbrechung unserer Regel für das Alpengebiet hin und wieder ihre
Berechtigung, sitzen doch in den großen volkskundlichen Vorlesungen zu Wien und Graz
und Innsbruck die zukünftigen älplerischen Lehrer und Volkstumspfleger und kommt
wohl kaum einer zum volkskundlichen Studium ohne die gemüthafte Begeisterung für
die heimatlichen Volksüberlieferungen. Auch die im folgenden besprochenen Bücher von
Oswin Moro stammen aus diesem Zwischenfeld zwischen Forschung und Erziehung.
Moro, Oswin : St. Oswald ob Kleinkirchheim. Menschen, Sitte, Jahrlaufbrauchtum. Ein
Buch 00m Kärntner Bergbauerntum. Klagenfurt: Geschichtsverein für Kärnten 1951.
270 S., 2 Portr., 2 Farbtafeln. 8°. (Archiv für vaterländische Geschichte und Topo-
graphie. Bd. 34 und 35.)
Ders. : Volkskundliches aus dem Kärtner Nockgebiet. Volksmedizin, Volksglaube, Volks-
dichtung, Volkskunst, Hof wesen und Arbeitsleben. Klagenfurt: Geschichtsverein für
Kärnten. 1952. VIII, 301 S., 5 Taf. 8°.
Der bereits 1941 mit 46 Jahren verstorbene Verf. stammt ganz offensichtlich aus dem
Schülerkreis des großen steirischen Volkskundlers und RiEHLforschers Viktor von
Geramb: er kann sehen und darstellen. Mit großer Sorgfalt zeichnet er das volkskund-
liche Lebensbild des Bergbauerndorfes St. Oswald ob Kleinkirchheim, das in Landschaft,
Wirtschaft und Volkstum gleichermaßen interessant und symptomatisch für das Kärntner
Bergbauerntum zu sein scheint. Vom Verf. war geplant, das reiche Material zu einer groß-
angelegten Monographie zu verarbeiten. Sein Bruder als Hrsg, begnügte sich damit, in
den beiden stattlichen vorliegenden Bänden die in Zeitschriften und Zeitungen weit ver-
streuten Aufsätze M/s zu konzentrieren und sachlich zu ordnen. So entstand in ansehnlicher
Ausstattung neben dem volkskundlichen Quellenwerk ein gut lesbares Fleimatbuch.
Der erste Band, soziologischen Fragen und dem Jahrlaufbrauchtum gewidmet, beginnt
mit einer Vorstellung des Dorfes und seiner Gehöfte. Wir lernen die Hofbauern kennen,
eine Sennerin, die Bergbauerndienstleute und ihre soziale Not und in Einzelbildern die
Sitten des täglichen Lebens und des Jahreslaufes. Hier zeigt sich nun der Sammler und
Kenner besten Formats, dem keine Nuance, keine beiläufige Redensart zu unbedeutend
ist, um sie aufzuzeichnen. Aus den verschiedensten Einzelheiten runden sich die Lebens-
bilder seiner Bergbauernbevölkerung und ihrer gemeinschaftlichen Bindungen, so daß
man sich schließlich fast bei ihnen wie zu Hause fühlt.
Im zweiten Band (merkwürdigerweise äußerlich nicht als solcher erkennbar) sind Volks-
medizin, Volksglauben, Volksdichtung und Volkskunst vereint und schließlich alle Auf-
sätze M.s über Flofwesen und Arbeitsleben. Es ist unmöglich, dem hier vorgeführten
Reichtum auch nur in Erwähnungen Genüge zu tun. Da ist der „Bilwis“, hier „Pilfas“
oder „Pilfes“ genannt, und zum Krankheitsdämon oder vielmehr zur personifizierten
478
Henri Stegemeier
Krankheit selbst geworden; da werden zahlreiche volksmedizinische Heilmethoden, Segen
und Beschwörungsformeln genannt und gar ein weitberühmter Kärntner Wunderdoktor
in Person vorgeführt. Kinderreime und Gassilieder, bäuerliche gemalte Versbriefe, aus-
führliche Schilderungen des Hoflebens und der Bauernhausformen folgen sich in buntem
Wechsel, wobei die durchweg vorzüglichen Skizzen zur Sachvolkskunde von Schülern
und Freunden besondere Erwähnung verdienen. Auch der Landfremde kann erkennen,
daß M. mit einem besonderen Sinn für die Volkssprache und ihre Funktion im Alltag
begabt war. So weist er z. B. auf die Tatsache hin, daß das Sammeln von Rätseln, Kinder-
reimen, Wetterregeln usw. bedeutend einfacher sei als das Aufzeichnen von Sprichwörtern.
Während die erstem den Leuten auf einen gewissen Anstoß hin in großer Menge ent-
strömen, wollen ihnen Sprichwörter nicht sogleich einfallen, und man muß eine Weile
mit ihnen leben und arbeiten, um diese Regelsätze ihrer ethischen Ordnungsbegriffe unver-
merkt bei den verschiedenen sich ergebenden Gelegenheiten festhalten zu können.
Der dritte noch ausstehende Band soll die Notizen des verstorbenen Verf.s auswerten
und seine photographischen und zeichnerischen Aufnahmen von Siedlung, Hof und Haus-
gerät zum Abdruck bringen. Man darf auf diesen Band gespannt sein, der also vor allem
den von der Forschung oft vernachlässigten Formen der materiellen Kultur gewidmet
sein wird.
Nicht nur die österreichische Volkskundeforschung wird dem verdienstvollen Unter-
nehmen von Hrsg, und Verlag Dank wissen. Dennoch sei mir eine kleine Bemerkung
gestattet:
Der Zeitpunkt für die hier vorgeführten Aufnahmen liegt 40—20 Jahre zurück. Wäre M.
noch am Leben, er ginge heute wieder nach St. Oswald und untersuchte dort, wie der
Krieg zerstörte und veränderte, wie neu hinzugekommene Bevölkerungsteile die alten
Formen wandelten oder in ihrer Ausdrucksweise assimiliert wurden, und wie sich das
Gemeinschaftsleben der jetzigen jungen Generation gestaltet. Sollte man nicht dem 3. Bd.
einen Anhang über das heutige St. Oswald beifügen; ergäbe sich doch damit die seltene
Gelegenheit, ein geschlossenes Gebiet durch mehrere Jahrzehnte hindurch in seinen volks-
tümlichen Lebensäußerungen zu verfolgen, durch Jahrzehnte schwerster wirtschaftlicher,
kultureller und biologisch-soziologischer Erschütterungen. Sich einer solchen Aufgabe
offenen Auges und ohne sentimentale Trauer um vergangene und vergehende alte Formen
zu unterziehen, wäre eine echte volkskundliche Aufgabe.
Ingeborg Weber-Kellermann-Berlin
Stegemeier, Henri: The Dance of death in folksong, wilh an introduction on the history
of the dance of death. Diss. Chicago 1939. Univ. Libr. 1939, 231 S.
In großer Stoffülle und unter Heranziehung manches verborgenen Aufsatzes bringt
diese Dissertation einen interessanten Beitrag zur Totentanzliteratur. Sie zerfällt in zwei
Teile: in eine geschichtliche Entwicklung des Problems und in eine Darstellung der wei-
teren nachmittelalterlichen Formen in der volkstümlichen Dichtung, wobei der zweite
Teil die eigentliche und selbständige Leistung des Verf. enthält. Neue, bisher unbekannte
Poesie des gewaltigen Themas hat er nicht beibringen können, aber der Wert seiner Arbeit
besteht in der Übersicht, die wir durch den vollständigen Abdruck seiner zahlreichen Bei-
spiele — die slavischen meist in deutscher oder englischer Sprache — gewinnen, beginnend
mit dem Augsburger Totentanzliede (Druck o. J. c. 1650, in der Anm. anderer Druck,
Augsburg 1625, Innsbruck 1627) Erk-Böhme, Liederhort II, Nr. 1059. Vielleicht hat
es also schon in Augsburg einen gemalten Totentanz gegeben, der Holbeins Vorbild
wurde. Noch gehört diese Augsburger Dichtung zu dem sinnlichen Bild, hat ihren drama-
tischen Aufbau, die strenge Reihenfolge der Stände vom Papst und Kaiser herab bis zum
Bauern und einigen Nachzüglern: Spieler, Mädchen, Bote, Sternsinger, — aber am Schluß
spricht der Dichter. Die Folge der Gedichte zeigt, wie das Tanzmotiv aufhört, die Liste
der Stände kleiner wird, der Dialog verstummt, die Opfer antworten nicht mehr: nur noch
Das Flechten im Lichte der Historischen Volkskunde
479
der Kaiser, der Jäger, der Bauer, zuletzt allein der Soldat! Am Ende der Entwicklung
ermahnt einsam der Tod den Menschen, an seine letzte Stunde zu denken: die Einmündung
in die kirchlichen Sterbelieder ist vollzogen. — Es treten ganze Gruppen der Einzellieder
hervor: Tod und Mädchen, Tod und Jüngling, Tod und Berufe: Schultheiß, Müller,
Zöllner, Korporal. Von S. 208 an folgen die Dialoge zwischen Tod und berühmten Persön-
lichkeiten: Ludwig XIV., Peter der Grosse, Prinz Eugen, Karl VI., Comte de
Saxe, Maria Theresia, General Dürwan (f 1812) als letztem. Verf. meint, das älteste
Gedicht dieser Art sei jenes auf Ludwig XIV. Viel älter ist aber „Ein ernstlich Gespräch
zwischen dem Todt und Herrn Generalen Fürsten Wallenstein, Eger 1634. ln fränkischem
Bauernton zu singen“ (v. Dithfurth-Bartsch, 1882, Nr. 108).
Die Geschichte des gemalten Totentanzes (S. 1—71), wie sie der Verf. gibt, bietet ähn-
lich dem zweiten Teil gute Zusammenfassungen, z. B. der Verbreitung in den Ländern
Europas, der Literatur über einzelne berühmte Gemälde oder des Namens ,,danse macabre“,
aber man erkennt leicht, daß erst durch Wolfgang Stammlers kleines Werk „Die Toten-
tänze des Mittelalters“ 1922, besonders aber die 2. Aufl. 1948 „Der l otentanz. Entstehung
und Bedeutung'''' (Rezension DLZ. März 1952) die Forschung festeren Boden gewonnen
hat. Stammler ist der erste, der einen Stammbaum aufstellt und Klarheit über die Wurzeln
der Totentanzdichtung gewonnen hat. Ein Totentanz-Drama vor den Bildern wäre noch
nachzuweisen. Stegemeier, S. 61: ältester gemalter Totentanz ist der von Paris in Les
Innocenls 1424: die Spitze hält jetzt aber La Chaise-Dieu in der Auvergne 1400—1410.
Der Revaler Totentanz wird vom Verf. S. 58 als Nachahmung des Lübecker Totentanzes
um 1600 angesehen, doch ist er ein Teil des Lübecker Originals von 1463. Hatte das ge-
waltige Bild in der Marienkirche von Lübeck nebst seinen Versen ein Vorbild in den Nieder-
landen? Vielleicht gibt Stegemeiers Literatur über den niederländischen Totentanz
S. 5 und 22 die Antwort. Arno ScHMiDT-Greifswald
Schier, Bruno: Das Flechten im Lichte der Historischen Volkskunde. Frankfurt a. M.,
Paul Schöps, 1951. 47 S. mit 12 Abb.
Schier gibt mit diesem Büchlein einen hübschen Überblick über das bisherige Wissen
im Bereiche des Flechtens. Er spricht vom Flechten in vorgeschichtlicher Zeit, wobei er
sich hauptsächlich auf das Buch von Emil Vogt, Geflechte und Gewebe der Steinzeit, Basel
1937 (= Monographien zur Urgeschichte der Schweiz 1) stützen kann, das die Flechtreste
der Schweizer Pfahlbauten vorzüglich darstellt. Er legt die bekannte sprachliche
Archäologie des Wortes „flechten“ dar, erörtert das „geflochtene“ Haus, Meringers
berühmten Aufsatz durch Ergebnisse seines eigenen Buches über Hauslandschaften und
Kulturbewegungen im östlichen Mitteleuropa (1932) ergänzend, sowie die geflochtenen
Hürden, Türen und Zäune, wobei er sich wie auch im folgenden Kapitel stark auf
M. Heynes Deutsche Hausaltertümer und Altdeutsches Handwerk stützen kann. Dann
werden geflochtene Geräte der Haus- und Landwirtschaft in namenkundlicher Sicht erörtert.
Besonders im Anschluß an Josef Blau, Böhmerwäldler Hausindustrie und Volkskunst
(1917) wird die Technik der urtümlichen Korbflechterei des Böhmerwaldes besprochen,
im Anschluß an Josef Ritz, Franken (= Deutsche Volkskunst Bd. 6) die verfeinerte
Flechtkunst Oberfrankens, und Zelenins Russischer (ostslavischer) Volkskunde (1927)
folgend die Bastschuhflechterei Osteuropas. Sein eigenstes Forschungsgebiet betritt Sch.
mit dem Kapitel über geflochtene Bienenkörbe, indem er zugleich Beschreibungen der
Herstellungstechnik aus dem 17. Jh. und solche aus der Zeit um 1900 nebeneinander stellt.
Dem Kapitel „Gefäße aus Stroh“ wird, eigentlich etwas unorganisch, die mittelalterliche
Ehrenstrafe der ströbrüt (Strohkranz und Strohzöpfe) angehängt, wofür das erwähnte
480
Bruno Schier
Zeugnis von 1720 aber auch im 18. Jh. keineswegs allein steht1). Erwähnt man aber den
Strohkranz als Geflecht im Hinblick auf die historische Volkskunde, so sollte man viel
eher darauf hinweisen, daß der Strohkranz keineswegs bloß ein Schandzeichen für
Mädchen war, die ihre Ehre preisgegeben hatten, wie man das wieder und wieder in Volks-
kundedarstellungen lesen kann, oder, daß er „auch auf dem Kopfe gefallener Mädchen
statt des grünen Kranzes bei ihrer Hochzeit“ vorkam (so ausschließlich Heyne, Dt.
Wb. 3,879), sondern daß die Darreichung eines nachhochzeitlichen Strohkranzes eine
lange Zeit gepflegte Sitte war, die sich sogar in den vornehmeren Häusern bis gegen Ende
des 18. Jh. erhielt und erst recht auf dem Lande bei Bauernhochzeiten, z. B. im Braun-
schweigischen, noch in den 50er Jahren des 19. Jh. durchaus gewöhnlich war, ein Brauch,
der auch der sonst so vorzüglichen Braunschweigischen Volkskunde von And r ee entgangen
ist: Am Morgen nach der Brautnacht wurde, im Beisein der nächsten Freunde des Ehe-
manns, der Jungvermählten ein Strohkranz, der in diesem Falle den ehrenvollen Übergang
vom Jungferntum zur ehelichen Frau symbolisierte, vom Strohkranzsprecher mit einer
launigen (oft natürlich recht derben) Rede überreicht2). Den sonst von Sch. in den
Vordergrund gestellten Gebrauchsgegenständen stehen näher als der geflochtene Strohzopf
der Verurteilten die aus Flachs geflochtenen kleinen Zöpfchen (als Symbol der Jung-
fräulichkeit) und Figuren (Jüngens und Mähens, als Symbol der Fruchtbarkeit der
Ehe) an der Brautdieße (Spinnrocken) im Braunschweigischen, von denen die ersteren
aufgehoben auch als Heilmittel dienten3).
Von urtrachtlichen Strohhüten berichtet das 11. Kapitel, worin neben dem nach
Zelenin dargestellten osteuropäischen Reliktgebiet vor allem die Forschungsergebnisse
Viktor v. Gerambs, Steirisches Trachtenbuch, Graz 1932, zur Geltung kommen. Kurz ist
nach H. E. Busse, Baden (= Deutsche Volkskunst Bd. 8, 1942) die Strohflechtkunst des
Schwarzwaldes geschildert. Das ausführlichste Kapitel ist der Stroh- und Spanflechterei
Sachsens gewidmet; es kann sich vor allem auf A. Spamer, Sachsen (= Deutsche
Volkskunst, 1943) und dessen Abschnitt „Kunst“ im Grundriß der sächsischen Volkskunde
(1932L), dazu auf einen eigenen kleineren Aufsatz über dies Thema stützen. Bemerkenswert
ist, daß wie für die Strohflechterei der Ukraine so auch für die Sachsens die Ver-
wendung von Weizenstroh betont wird, während die berühmte Strohflechterei der Schweiz
sich durchaus auf Roggenstroh stützt. Überraschend ist, daß S. 43 der Teil des Halmes,
der zwischen der Ähre und dem ersten Knoten liegt, als der beste bezeichnet wird.
U Ein Beispiel von 1724 bei Müller-Fraureuth 2,578b. Weitere Beispiele in der
Lit. über die Ehrenstrafen. Nach einer Baireuther Verordnung von 1727 sollen auch Holz-,
Feld- und Gartendiebe im Strohkranz im Drehhäuslein ausgestellt werden, Schmeller-Fr.
Bair. Wb. 2,803.
2) Vgl. z. B. Rhamm, Eine „Strohkranzrede“ gehalten bei der Vermählung des Mark-
grafen Friedrich von Baireuth mit der Prinzessin Karoline von Braunschweig am 21. Sep-
tember 1759, Zeitschrift d. histor. Vereins f. Niedersachsen 1886, S. 32off.; bei Sander,
Dt. Wb. 1,1017a wenigstens die Angabe: „scherzhaft so: Strohkranzpredigt, der jungen
Frau am Tage nach der Hochzeit vom Strohkranzredner gehalten“. K. F. A. Scheller ver-
zeichnet in seinem handschriftlichen Saßisch-Niederdeutschen Wörterbuch (um 1840), das
im wesentlichen ein Braunschweigisches Wörterbuch ist (s. Rosenfeld, Nd. Jahrbuch
69/70, 1943/47, S. n8ff.), mit Recht neben Strookranz auch Strookranzrede als lebendiges
nd. Mundartwort, ohne allerdings auf den Brauch näher einzugehen. Für Obersachsen ver-
zeichnet ihn Müller-Fraureuth, Obersächs. Wb. 2,578b für 1728 und 1734. Volkskund-
lich scheint dieser dem sonstigen Häubeln entsprechende Brauch sehr wenig beachtet zu
sein.
3) Andree a. a. O. S. 301L — Auf die Symbolik des Flechtens, die für die Volks-
vorstellung von großer Bedeutung ist und die von Sch. gar nicht berührt ist, kann hier aus
Raumgründen nicht näher eingegangen werden. Es bleibt dies einem besonderen Aufsatz
Vorbehalten.
Das Flechten im Lichte der Historischen Volkskunde
48:1
In der Schweiz wird dieser Halmteil ausgeschieden. Er ist für die normale Flechterei,
insbesondere die Hutflechterei nicht brauchbar, weil er spitz zuläuft und den notwendigen
Parallelgang stört, auch nicht durch Ineinanderstecken die für die Strohhutflechterei
notwendigen „unendlich langen“ Halmröhren ergeben kann noch zur Spaltung in gleiche
Streifen verwendbar ist. Er wurde zeitweise bei den sogenannten Röhrli- oder Spitzhüten
zum Knüpfen verwandt, bis von Italien her der Brauch aufkam, diese „Puntaspitzen“
(richtiger punta’s) zur Flechtung von Hutkordeln, sogenannten „Torsaden“ zu verwenden.
Bereits aus diesem Überblick ersieht man, daß das Buch einen reichhaltigen Stoff behandelt.
Freilich gibt es nur einen Ausschnitt aus dem, was der Titel eigentlich verspricht. Das
Buch bezieht sich, von dem Ausblick auf die osteuropäische Bastschuhflechterei abgesehen,
nur auf die deutsche Volkskunde, und dieser Begriff ist so eng gefaßt, daß nicht
einmal die deutsche Schweiz mit ihrer berühmten Strohflechterei, die besonders im
Aargau konzentriert ist, zur Geltung kommt.
Wenn auf die osteuropäische Flechterei als ein Reliktgebiet Bezug genommen wird,
so hätte man gewünscht, die höchst Altertümliches bewahrende und andererseits selbständige
Entwicklung zeigende Flechtkunst der skandinavischen Länder herangezogen zu sehen.
Von zwei Punkten aus forderte die Darstellung eigentlich wenigstens den Hinblick auf
Skandinavien: Wo auf Grund des in dieser Hinsicht längst überholten Sophus Müller
(1897) und des nur auf die Praxis der Rekonstruktion eingestellten Buches von Schlabow,
Germanische Tuchmacher der Bronzezeit (1937) das Frauen-Haarnetz aus dem bronzezeitlichen
Baumsarg von Borum Eshöj besprochen wird (S. 12L), hätte, statt auf die recht abweichende
Technik des Netzekniipfens der Fischer, auf Grund der Arbeiten von Margrethe Haid4)
auf die im skandinavischen Raum bis in nahe Vergangenheit höchst lebendige Kunst
des „Sprang“ hingewiesen werden sollen. Wo von der Holzspanflechterei des Erzgebirges
die Rede ist (S. 45 ff.), die nach italienischem Vorbild industriell eingeführt wurde, hätte
man vom Gesichtspunkt der historischen Volkskunde aus gern einen Hinweis auf die
alte in Deutschland heimische Spanflechterei gesehen, wie sie sich aus den in den Museen
befindlichen Resten ergibt und wie sie durch die blühende, aus gemeinsamer germanischer
Wurzel erwachsene Holzspanflechterei Skandinaviens näher verdeutlicht wird, vgl.
insbesondere J. Granlund, Träkärl i sveptelmik (Nordiska Museets Handlingar 12),
Stockholm 1940, und jetzt das wertvolle Buch von Niilo Valonen, Geflechte und andere
Arbeiten aus Birkenrindenstreifen unter besonderer Berücksichtigung finnischer Tradition,
Vammala 1952 (= Kansatieteellinen Arkisto IX).
Im einzelnen ist mancherlei zu verbessern und zu ergänzen. Wenn S. 8 ff. die 7 Geflecht-
arten dargelegt werden, die E. Vogt aus den Schweizerischen Pfahlbaugeflechten erschließen
konnte, und diese als die Grundlage aller späteren Flechtkunst hingestellt werden5), so fehlt
4) H. C. Broholm og Margrethe Haid, Danske Bronzealders Dragier, Nordiske
Fortidsminder II, Kopenhagen 1935, und Costumes of the Bronze age in Denmark,
Kopenhagen 1940, S. 73 u. S. x37ff. — In derselben Technik ist die Kappe des bronze-
zeitlichen Frauengrabes von Skrydstrup geflochten, s. M. Haid bei H. C. Broholm og
Margrethe Haid, Skrydstrupfundet, en sonderjysk Kvindegrav fra den aeldre Bronzealder.
Nordiske Fortidsminder III, 1939, und Costumes of the Bronze age S. 99L und S. 137.
Die ausgebreitete Literatur über dieTechnik desSprang und seine Verbreitung s. Costumes
a. a. O. S. 166 Anm. 3, dazu M. Haid, Oiddanske Tekstiler. Komparative tekstil- og
dragthistoriske Studier paa Grundlag af Mosefund og Gravfund fra Jernalderen, Kopen-
hagen 1950, S. 249 bis 280. Auch die übrigen Teile des inhaltreichen Kapitels VIII dieses
Buches „Flettearbejder“, S. 2430"., hätten zur Bereicherung des Sch.sehen Buches beitragen
können.
5) Vgl. für das Grundsätzliche im übrigen J. Lehmann, Systematik und geographische
Verbreitung der Geflechtsarten, Abhandl. d. Kgl. Zoolog, u. Anthropolog.-Ethnograph.
Museums zu Dresden IX, 1907 sowie die ausgezeichneten systematischen Übersichten
über die Geflechtsarten bei H. Oppenheim, Die primären textilen Techniken in Neu-
31 Volkskunde
482
Bruno Schier
das Zusammenflechten mehrerer (in der Regel mindesten vier) Stränge zu einer Schnur,
das meist mit klöppelartigen Holzgewichten, die gleichzeitig den Vorrat an Material
tragen, ausgeführt wird und gewiß als Vorstufe der Klöppelkunst zu gelten hat. Es ist
bereits in eisenzeitlichen Funden auf dänischem und finnischem Boden belegt und spielt in
der bäuerlichen Peitschenflechtkunst in Deutschland wie nahezu überall eine große Rolle.
Hätte nicht in einem Buch, das die Holzspanweberei mit behandelt (S. 45), auch die höchst
bedeutsame Flechtkunst des Spitzenklöppelns wenigstens eine Erwähnung verdient? Es
fehlt weiterhin die Flechtung von Schnüren mittels Hohlzylinder (heute in der Regel
Garnrollen), im niederdeutschen Bereich eine nicht nur als Kinderbeschäftigung beliebte
Volkskunst, ferner die Flechtgabeltechnik, auf die vielleicht schon zwei vierzinkige
Gabeln in den Alemannengräbern von Oberflacht (5./6.Jh.) hinweisen, ja, wofür vielleicht
bereits eine Hirschgabel mit Loch in der hallstattzeitlichen Siedlung auf dem Steinberg
bei Ernstbrunn (Mitteil. d. Anthropolog. Gesellschaft in Wien 63, 1933, S. 121) benutzt
ist, und die noch heute in der Volkskunst (vgl. z. B. Häberlin, Flechten und Weben
auf Föhr und den Halligen, Globus 91, 1907, S. 33off., bes. 331 mit Abb. 1—3) und in der
Strohflechterei der Schweiz als „Rosengabel“ von Bedeutung ist. Schließlich vermißt man
die vierkantige Rindenflechterei, die in der Hirtenkunst Niederdeutschlands besonders für
Peitschen, Topfuntersätze u. dgl. eine reiche Verwendung gefunden hat.
Wenn S. 7 die Rekonstruktion der Flechteinrichtung der Steinzeit durch Alfred G ö t z e als
„sinnreich“ und „zweckmäßig“ beschrieben wird, so ist übersehen, daß sie bereits seit
langem als völlig unmöglich erwiesen ist, vgl. E. Siewertz van Reesema, Conlribution
io the textile technics, ed. bey E. Nierstrasz S. i4ff. (—Verhandelingen der Koninklijke
Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, Afd. Letterkunde N. R. D. XXVI Nr. 2,
1926). Diese wertvolle, umfangreiche Schrift (79 S. 40 mit reichen Abbildungen), die ganz
dem Flechten gewidmet ist, ist überhaupt völlig übersehen worden. Ob die geflochtenen
Rundhütten der Marcus-Säule ohne weiteres als germanisch angesehen werden können
(S. 15f.), wo gerade Petersen, auf den sich Sch. beruft, stark den Anteil thrakischer
Völker an den dargestellten Szenen betont, bleibt fraglich, wenn auch sonstige Anhalts-
punkte für germanische Rundbauten nicht bestritten werden sollen.
Wenn unter den Materialien zum Flechten verschiedentlich, insbesondere S. 24L, mit
Blau die Fichte, Föhre, Weide, Espe und Haselnuß genannt wird, so ist zu ergänzen, daß
jedenfalls in Niederdeutschland in älterer Zeit der Wacholder sowohl mit seinen sehr
zähen Holzteilen, die durch Einweichen geschmeidig gemacht wurden, wie mit seinen
besonders langen und dauerhaften Wurzeln in der Flechtkunst eine große Rolle
spielte, wie auch sein Bast, der nur für die Bastschuhfabrikation Osteuropas S. 27 er-
wähnt wird, sehr begehrt war. All das hat ja fast zur Ausrottung dieses jetzt z. T. unter
Naturschutz stehenden, einst in Norddeutschland höchst verbreiteten Nadelholzes geführt,
dessen Namen (ahd. wehhalter) nach Törnqvists überzeugender Etymologie* 6) auf germ.
*w(k-l-triu „Bindsel-, Flechtbaum“ zurückgeht und damit seine große Bedeutung für
Binden und Flechten kennzeichnet. Daß auch der Ginster in älterer Zeit für das
Flechten eine Rolle spielte, ergibt sich nicht nur aus erhaltenen Ginstergeflechten sowie
dem engl. Ginsternamen woodwax (ags. wuduweaxe), der aller Wahrscheinlichkeit nach als
„Holzband“ zu deuten ist (s. Rosenfeld, DLZ 70, 1949, Sp. 369), sondern auch
daraus, daß der griechische Ginsternamen aTrapxog (neben aTrapxov „Seil“, altlit. spartas
kaledonien, 1943, dessen umfangreicher erster Teil der allgemeinen Grundlegung der Er-
forschung der Flechtkunst gewidmet ist, und bei A. Bühler und M. Oppenheim, Die
Textiliensammlung Ikle-Hubert in Basel, Basel 1948, worin auf Grund der genannten reichen
Sammlung und der Bestände des Basler Völkerkundemuseums ein erläuternder Überblick
über alle volkstümlichen textilen Techniken mit reichen veranschaulichenden Abbildungen
geboten wird.
6) Nils Törnqvist, Zur Terminologie der Bienenzucht I. Studien z. germanischen
Wortgeschichte. Studia Neophilologica vol. XVII 1947.
Das Flechten im Lichte der Historischen Volkskunde
483
„Band“ zu sPer „drehen“) der von Sch. S. 45 f. besprochenen Sparterieerzeugung, d. h.
der Holzspanflechterei und -Weberei, den Namen gegeben hat. Gar nicht erwähnt ist als
Flechtmaterial das Roßhaar, obwohl bereits das Haarnetz des bronzezeitlichen Frauengrabes
von Skrydstrup in Schleswig daraus geflochten ist7) und dies Material im 19. Jh. in der
Flechterei der Schweiz eine große Rolle spielte; Beispiele in deutschen Heimatmuseen
Zeigen, daß auch die Verwertung von Roßhaar in der volkstümlichen deutschen Flecht-
kunst nie ausgestorben ist. Zur Bastflechterei wäre mit Vorteil heranzuziehen gewesen
J. Granlund, Lindbast og träbast, En Studie i material och technik, Folk-Liv 7/8, 1943—44.
S. 166 ff. Seltsamerweise fehlt auch die uralte Binsenflechterei vollkommen, obwohl bereits
erhaltene Geflechte der jüngeren Steinzeit aus den Pfahlbauten der Schweiz dies Material
Zeigen (vgl. bes. Vogt, Geflechte der Steinzeit Abb. 24 und 25 und S. 15 und 17) und man
geradezu eine älteste „Binsenkeramik“, bei der ein Binsengeflecht dem Lehm Halt und
Form gegeben hat, festgestellt hat (Schneider, Urkeramiker). Zudem hätte für diesen
Bereich die durch eine Fülle von lehrreichen Abbildungen veranschaulichte umfangreiche
Arbeit von Käthe Seidel, Binsenarbeiten, Potsdam 1943, zur Verfügung gestanden.
Als Röhrengeflechte sind die Binsenerzeugnisse zugleich Vorgänger der erst wesentlich
später bezeugten Strohgeflechte. Auch die Waldrebe (Clematis vitalba) ist für die ältere
Flechtkunst von großer Bedeutung gewesen (s. H. Reinerth, Die jüngere Steinzeit der
Schweiz, Augsburg, 1926, S. 117, der sie dem Lindenbast als einzigen ebenbürtigen Genossen
zur Seite stellt), wohl auch noch in späterer Zeit, worauf die zahlreichen Namen wie
Teufels-, Hexen-, Hasen-zwirn, Bindeweide usw. deuten (s. Marzell-Wissmann, Wörter-
buch der dt. Pflanzennamen Bd. 1, 1943, Sp. io49ff.).
Wenn S. 29L die Heimat der Strohflechterei für die Gegend erschlossen wird, wo
man das Getreide nicht vom Vieh austreten oder durch die Dreschwalze ausfahren ließ,
sondern wo „nach sorgfältigem Drusch mit dem Flegel langhalmiges und ungebrochenes
Stroh zurückbleibt“, so ist dies zum mindesten zweifelhaft. Denn der Flegel knickt das
Stroh weithin. Jedenfalls trifft es kaum zu, wenn S. 40f. in angeblichem Anschluß an
Gerber behauptet wird, daß zum Flechten „Stroh, das sorgfältig ausgedroschen
wurde“, benutzt wurde. Denn Gerber erklärt ja als ersten Arbeitsgang ausdrücklich
„das Rüffeln des Strohs, um die Ähren von den Körnern zu entleeren, ohne die Halme zu
beschädigen“. Das erwähnt Sch. zwei Absätze später, ohne den Widerspruch zu bemerken
oder das „Rüffeln“ dem uneingeweihten Leser zu erklären. Es handelt sich dabei um
das Auskämmen mit der kammartigen Rüffel oder Riffel. Dieser Arbeitsgang aber ist von
der Flachsbereitung entnommen, wo man durch Riffeln die Samenkapseln entfernt. Auch
das in der älteren Strohflechterei vielfach übliche Ausraufen der Halme (statt des Mähens)
entspricht dem des Flachses. Die Strohflechterei steht also in deutlicher Abhängigkeit
von der Flachsverarbeitung und kann daher überall entstanden sein, wo man diese kannte.
Weithin ist sie aber gewiß einfach Fortsetzung der Binsenflechterei (s. o.). Wo man die
Binse seit alters möglichst günstig für den Flechtvorgang „erntete“, konnte man das auch
unabhängig vom Druschvorgang auf das Stroh übertragen, schnitt man doch einerseits
bis ins hohe Mittelalter das Korn zum Drusch überwiegend mit der Sichel und dann nur
wenig mehr als die Ähren, während man das Stroh unterpflügte und zur Streu Laub benutzte,
und klopfte doch andererseits der Bauer noch bis in die jüngste Vergangenheit ein Vorweg
an Körnern auf dem Druschbock ohne Flegel (auch noch in der Zeit der Dreschmaschine!)
aus.
Wenn S. 36 gesagt wird, daß der Strohhut im Mittelalter im allgemeinen auf die
bäuerlichen Kreise beschränkt blieb, die höfische Gesellschaft ihn durch breitkrempige
Laub- und Blumenhüte ersetzte, so trifft dies nicht für die „Badehüte“ zu. Dies waren
durchbrochen gearbeitete Strohhüte, die der Luft einen begrenzten Zutritt gestatteten und
die fast ausschließlich im Schwitzbade getragen und gerade auch von den höheren Schichten
Zur Vermeidung von Erkältungen gern benutzt wurden.
7) Vgl. Haid, Skrydstrupfundet a. a. O. Costumes of the Bronzeage S. 99.
31*
484
G. Rodel
Zum Schluß eine Kleinigkeit, die erwähnt werden muß, weil es sich um einen ver-
breiteten Irrtum handelt. Es ist nicht zweckmäßig, gerade in einem für weitere Kreise
bestimmten Buch das wertvolle „Große vollständige Universal-Lexikon“ (1732—54) in
der Form zu zitieren: „Bereits im Jahre 1744 stellt Johann Heinrich Zedier fest“ (S. 41).
Zedier ist der Verleger des großen Werkes, der durch seine bedeutende verlegerische
Tätigkeit stark mit dazu beigetragen hat, Leipzig zum Vorort des Buchhandels zu
machen. Verfaßt ist das Werk von I. A. v. Frankenstein, P. D. Longolius u. a., in
keinem Fall aber von J. H. Zedier selbst.
Zusammenfassend soll noch einmal betont werden, daß das Buch wohl geeignet ist,
in das Gebiet des Flechtens historisch einzuführen und für einen Bereich der Sachkunde,
der in Deutschland bisher recht vernachlässigt ist, zu werben.
Hans-Friedrich RosENFELD-Greifswald
Rodel, G. : Die Technik in der Freiämter, Seetaler und Oberwaldener Strohflechterei. o. O.
u. J. (1949), 48 S. 40 mit 127 Abbildungen.
Diese zuerst in der Schweizerischen Technischen Zeitschrift 1949 erschienene Schrift ist
eine höchst wertvolle Ergänzung zu dem oben besprochenen Buch von Schier über das
Flechten. Der Verf. ist Fachmann der Strohflechterei in der Schweiz und hat aus Liebe
zur Heimat und zu seinem Beruf seit langer Zeit auf diesem Gebiet gesammelt und ein
äußerst interessantes und wichtiges Material an älteren Hilfsmitteln und Erzeugnissen
dieser Industrie im Original und im Bild für die Nachwelt bewahrt. Wie das Literatur-
verzeichnis ausweist, hat er schon in einer Reihe von selbständigen Schriften und Zeit-
schriftenaufsätzen über manches davon Bericht erstattet.
In dieser zusammenfassenden Arbeit hat er einen Überblick über die Strohflechterei
seiner schweizerischen Heimat geboten, wie ihn der sachlich interessierte Volkskundler
nicht schöner wünschen kann. Eine nur wenige Seiten umfassende Einleitung orientiert
über den Herstellungsprozeß wie über die Geschichte und die Wandlungen dieses Gewerbes,
das insbesondere durch Einbeziehung der Roßhaarflechterei um 1860 einen besonderen
Auftrieb erhielt, und bringt statistische Angaben über seine Handelserfolge.
Der Bildteil mit seiner sehr sorgfältigen und eingehenden Beschriftung gibt ein genaues
Bild von den Arbeitsgängen, den Hilfsgeräten und den Erzeugnissen der aargauischen
Strohflechterei. Der Fernerstehende erfährt zu seiner Überraschung, daß hier Roggen
unter Verzicht auf jede Körnerernte allein um der Strohhalme willen gebaut wird
(vgl. auch Schier S. 43 als gelegentlich auch in Sachsen vorkommend); volkskundlich von
Interesse ist auch, daß sich für das Mähen lange die Sichel behauptet hat und daß man
jetzt mit der Sense mäht, indem gleichzeitig eine Hilfskraft die Schwaden mit einem
langen Stocke stützt, um jedes Knicken der Halme zu vermeiden.
Mit Staunen sieht der Laie, was für wunderhübsche, geschmackvolle, oft hauchzarte
Dinge bis zu den feinsten Spitzenerzeugnissen aus Stroh (und Roßhaar) hergestellt
werden können, ja daß es Meßgewänder und Stolen gibt, die mit den feinsten Ornamenten
und wirkungsvollen Symbolen (wie Weintrauben und Pelikan) aus Stroh benäht oder
bestickt sind, die jeder Nadelarbeit Ehre machen würden. Aus sogenannten Strohplatten, bei
denen gespaltene, vom Mark befreite und weich ausgewalzte Strohhalme auf ein dünnes
Baumwollgewebe aufgeklebt waren, wurden in Verbindung mit Strohschnürchen u. dgl.
nicht nur erstaunlich lebendig wirkende Vögel, Käfer, Schmetterlinge plastisch hergestellt,
sondern sogar Porträtplaketten in Halbrelief.
Der Sach-Volkskundler wie der Völkerkundler lernt daraus noch ein Weiteres.
Es ist vielfach zur Bestimmung der echten Weberei betont worden, so zuletzt von
Augustin Krämer, Anfänge und Unterschiede des Flechtens und Webens, Zeitschrift für
Ethnologie Jgg. 59, 1929, S. збгА., S. 365, daß als wesentliches Kennzeichen dazu der
durchlaufende Einschlagsfaden und damit die beiden geschlossenen seitlichen Webkanten
gehören. Hier sieht man, wie an einem regelrechten Bordürenwebstuhl mit Kammlade
Thüringer Volkskunst
485
und zwei getretenen Schäften Strohbordüren gewebt werden, denen dieses Kriterium fehlt
und die doch zweifellos keine Flecht-, sondern Webeerzeugnisse, und zwar vielfach solche
von hohem Range, sind, ein Zeichen, wie vorsichtig man bei der Begriffsdefinition
sein muß.
Die Sach-Volkskunde ist dem Verfasser für seine höchst anschauliche Schrift sehr
dankbar. Man möchte wünschen, daß ihr recht viele von solcher Sachkunde getragene
und so vornehm ausgestattete, in jeder Hinsicht einleuchtende Monographien beschert
werden mögen. Hans-Friedrich RosENFELD-Greifswald
Schmolitzky, Oskar: Thüringer Volkskunst — Jena und Umgehung. Verlag: H. Böhlau,
Nachfolger, Weimar, 1950. 130 S. u. 118 Abb.
Mit Schmolitzkys Jenaer Volkskunst legt der Verlag Böhlau neben Redslobs
Thüringen-Band in der Reihe seiner landschaftlichen Monographien die erste über einen
engeren Raum vor. Diese Beschränkung, die der Verf. einer Anregung Konrad Hahms
verdankt, erweist sich als außerordentlich fruchtbar für die Klärung der Problematik der
Volkskunst. In einer breiten Kreisen zugänglichen Form werden die reichen Ergebnisse
einer 14 jährigen Forschungsarbeit vorgelegt aus einem bisher mengen- und wertmäßig
für unbedeutend gehaltenen Volkskunstgebiet. Daß sogar eine stoffliche Beschränkung
erforderlich wurde, beweist, daß die bezüglich der Volkskunst als dürftig verschrieenen
Stiefkinder unter den deutschen Landschaften lediglich der sorgsamen und liebevollen
Hand eines Forschers bedürfen, die das scheinbar Unbedeutende aus dem Schattendasein
hervorzuholen vermag. Trotz der Reichhaltigkeit des beigebrachten Bildmaterials empfindet
der Leser schmerzlich das Fehlen vieler Abbildungen der durch Kriegseinwirkung zer-
störten Bestände des Jenaer Stadtmuseums und des Siedelhofes, die vom Verf. erfreulicher-
weise in die Betrachtung einbezogen werden. Um so dankbarer begrüßt man die Abbil-
dungen von vernichteten Gegenständen. Für eine Neuauflage wünscht man sich jedoch
eine fototechnisch bessere Wiedergabe der noch vorhandenen Gegenstände (Abb. 49, 51,
52, 58, 66, 67, 98, 100, 101 und in), so daß fehlerhafte Hintergründe, Unschärfe oder
das Fehlen metallischen Glanzes bei Kupfer- und Messinggefäßen (Abb. 91, 92 und 94)
nicht die Schönheit des Gegenstandes beeinträchtigen. Die günstige Bildauswahl wird
von einem exakten und sehr eingehenden Text begleitet, dessen sorgfältige Bezifferung
und gründliche Unterbauung mit der wichtigsten Literatur erfreut. Hervorzuheben ist die
genaue, dem nachgehenden Forscher hilfreiche Lokalisierung der angezeigten Funde,
insbesondere im Kap. ,,Volkstümliche Bauweisen“. Dieser wissenschaftlichen Zuverlässig-
keit entspricht die nüchterne, von allen idealisierenden Tendenzen freie Behandlung, die
sich vor verallgemeinernden Schlüssen weitgehend hütet.
Die klare, sachliche Strenge kommt dem umfangreichen Hausbaukapitel zugute, das
unter Einbeziehung des Stadthauses den baulichen Gesamtcharakter der Jenaer Land-
schaft zu erfassen trachtet und Fragen, wie z. B. die nach dem Grunde der Firstschwenkung
durch technische und klimatische Erwägungen zu beantworten bemüht ist. In den Kapiteln
über Holzarbeiten, Keramik, Textilien, Metall- und Steinmetzarbeiten sowie über volks-
tümliche Malerei und Graphik vermag der Verf. sein künstlerisches Verständnis zu ent-
falten. Welche Freude, wenn er sich mit außergewöhnlich feinem Formgefühl und sicherem
Blick einem reichen Türbeschlag, einem bäuerlichen Tongeschirr, einem schlichten form-
schönen Metallgefäß oder einem Paradehandtuch zuwendet und den Leser zum mitgehenden
Betrachten zwingt! So vermag nur der Forscher zu schreiben, der mit Riehl die Volks-
kunst erwandert und erlebt hat. Unterschiede in der Intensität der Behandlung wie im
Umfang des Stoffes, wertende Literaturvergleiche und persönliche Auffassung der Verf.s
verlocken zu weiterem Gespräch über Einzelfragen. Der 3. Abschnitt seines Werkes, der
zusammen mit dem Eingangskapitel über Träger, Schöpfer und Triebkräfte den Rahmen
gibt, versucht, den Charakter der Jenaer Volkskunst zu erfassen. Während der Verf. im
Eingangskapitel die selbst gesteckten räumlichen Grenzen beachtet, geschieht es entgegen
486
Paul Scheuermeier
seinem Vorsatz, daß er mit dem vorzüglichen 3. Kapitel diese überschreitet. Die Erörterung
über „angewandte“ und „dekorative“ Kunst sowie die Zusammenstellung der stilistischen
Grundzüge der Jenaer Volkskunst führen zu Ergebnissen, die weit über den genannten
Landschaftsbereich hinaus für weite Gebiete der deutschen Volkskunst gelten werden.
Einfachheit, Deutlichkeit, Statik, Flächenfüllung, Reihung, Symmetrie usw. sind Grund-
Züge weitester Bereiche der deutschen Volkskunst, nicht nur der Jenaer. Naive Frühstufig-
keit — hier vermissen wir im Literaturnachweis die Namen Gustav Britsch und Egon
Kornmann —, Echtheit und Unberührtsein sind wesentliche Kennzeichen der Volks-
kunst, die, hier für Jena nachgewiesen, auch andernorts gelten. Ebenso können wir uns
nicht der Behauptung anschließen, die Volkskunst in Jena erfülle mehr als anderswo die
alten Forderungen der Kunsterziehungsbewegung nach Zweck-, Material- und Werk-
gerechtigkeit (S. 119—120). Wesentlich scheint uns das im Jenaer Raum beobachtete
„aktive Verhalten der Volkskunst zur Stilkunst“ zu sein, einer Beobachtung von weit-
tragender Bedeutung. Sie ermöglicht die Auffassung, die Volkskunst als fruchtbaren,
schöpferischen Mutterboden für alle Kunst zu werten.
Vergleicht man Schmolitzkys Band mit dem letzterschienenen der Volkskunstreihe,
Spamers Sachsenbüchlein, so fällt der grundsätzlich verschiedene Ansatzpunkt auf: Hier
der künstlerische, dort der psychologische. Galt es Spamer, aus den Gütern der Volks-
kunst das Wesen des Volksmenschen zu erkennen, so scheint es Schmolitzky um die
Erfassung des Wesens der Volkskunstgüter zu gehen. Dank dieser folgerichtig durch-
geführten Einschränkung des Themas darf der Jena-Band als wesentlicher Beitrag zur
deutschen Volkskunstforschung bezeichnet werden, dem man eine gleichwertige Nachfolge
wünscht. Johanna NicKEL-Berlin
Scheuermeier, Paul: Bauernwerk in Italien, der italienischen und rätoromanischen
Schweiz. Eine sprach- und sachkundliche Darstellung landwirtschaftlicher Arbeiten und
Geräte. Mit 427 Holzschnitten und Zeichnungen von Paul Boesch. Erlenbach-Zürich:
Eugen Rentsch Verlag (1943). XIII, 317 S. 40, 427 Abb., 331 Abb. a. Taf., 1 Kt.
Der Atlante linguistico-etnografico delVItalia e della Svizzera meridionale, deutsch mit dem
besser spezifizierenden Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz wiedergegeben,
ist eine von K. Jaberg und J. Jud herausgegebene italienisch-rätoromanische Fortsetzung
des Atlas linguistique de la France von J. Gillieron und E. Edmont (Paris: Champion,
1902 ff.). Dieser Atlas ist nicht, wie wir es gewohnt sind, mittels Fragebogen, sondern
durch Exploratoren aufgenommen, die mit einem Fragebuch (Questionnaire) persönlich
die 407 Orte aufgesucht haben. In den Jahren von 1919 bis 1933 haben Paul ScheuermeieR
(Schweiz, Ober- und Mittelitalien), Gerhard Rohlfs (Süditalien) und M. L. Wagner
(Sardinien) gesammelt für einen Sprachatlas von 8 Bänden mit ungefähr je 200 Karten, auf
denen die phonetischen Feinheiten der Sprachformen dargestellt sind, während Sachverbrei-
tungskarten nur ganz wenige beigegeben wurden. Das Hauptziel des Atlas war ein sprach-
wissenschaftliches, nicht ein sachkundliches, aber das reiche, durch Photographien und
Zeichnungen aufgenommene Material der Sachgüter sollte in Illustrationsbänden ver-
öffentlicht werden, und Scheuermeier hatte bisher schon herausgegeben:
Wasser- und Weingefäße im heutigen Italien. Sachkundliche Darstellung auf Grund der
Materialien des Sprach- und Sachatlas Italiens und der Südschweiz. Textillustrationen
(Holzschnitte) von Paul Boesch. Bern: Verlag A. Francke AG., 1934. (= Neujahrs-
blatt d. Liter. Gesellschaft Bern, NF., 12).
Sachkundliche Beiträge zur Gewinnung des Olivenöls in Italien. Donum natalicium Jaberg-
Zürich und Leipzig: Eugen Rentsch-Verlag, 1937 (ist in dem letzten Kapitel des vor-
liegenden Bandes mit einigen Ergänzungen und Veränderungen abgedruckt),
denen sich jetzt dieser neue Band anschließt. Diese Werke sind gleich dem Atlas als doku-
mentarische Veröffentlichungen aufzufassen. Die Gegenstände und die Arbeiten werden
Bauernwerk in Italien
487
in ihrer Aufeinanderfolge geschildert und dabei in ihre Einzelphasen zerlegt, an typischen
Beispielen aber sind geschlossene Darstellungen gegeben, um so eine Vorstellung von dem
lebensnahen Ganzen zu erhalten. Um sich über Ort und Zeit der Angaben genauer zu orien-
tieren, muß man den Einführungsband von K. Jaberg und J. Jud: Der Sprachatlas als
Forschungsinstrument. Kritische Grundlegung und Einführung in den Sprach- und Sach-
atlas Italiens und der Südschweiz. Halle (Saale): Max Niemeyer Verlag, 1928, beiziehen,
und um von der Lokalisation der Sprachformen eine genaue Vorstellung zu erhalten, sind
die Karten des vierten und siebenten Bandes des Atlas zu benutzen.
Dieser Band umfaßt die Arbeit des Bauern, und ein Überblick mag ein Bild von der Fülle
des Stoffes bieten. Es beginnt mit der Viehwirtschaft, und zwar mit der Schafzucht der
wandernden Hirten; deren Leben und Wohnen, das Weiderecht und die Anlage der Hürden
wird aufgezeigt, auch der Rückgang der Schafzucht ist erwähnt. Als nächste Stufe kommt
Alpwirtschaft, die während der Sommermonate durch Viehherden, meist Kuhherden, in
den hochgelegenem Weideland im Gebirge durchgeführt und die Milch an Ort und Stelle
verarbeitet wird. Es zeigt sich hier die Alpsömmerung, bei der nur Käse hergestellt wird,
und diejenige mit zusätzlicher Milchproduktion. Wir lernen hierbei die Formen dieser
Wirtschaft kennen, die einzelnen Arbeiten, wie Melken, Seihen der Milch, das Buttern und
Käsen mit allen Einzelstadien, den Milchtransport und alle die dazu gehörigen Arbeitsgeräte,
vom Melkschemel bis zur Käseform. Als nächstes wird das Heu behandelt, das in Italien
nicht überall die gleiche Rolle spielt. Wir sehen die verschiedenen Wiesenarten, die Formen
der Ernte mit den dazugehörigen Arbeitsgeräten, die Sichel und Sense, soweit sie nicht schon
durch die Mähmaschine abgelöst sind, die Rechen, die Transportmittel, die Aufbewahrung
vom Heuschober bis zum Silo. Daran schließt sich dann der Feldbau an. Wie systematisch
Scheuermeier den Stoff bewältigt, zeigt, daß er hier mit der Bewässerung beginnt, diese
in ihren Einzelheiten dargestellt, und zwar von der primitivsten Form bis zur Pumpe. Ebenso
sind die Feldgeräte behandelt, von der Hacke, über die verschiedenen Pflugformen bis zum
modernen Eisenpflug; bei der Egge vom Dornenreisigbündel bis zur Gelenk- oder Ketten-
egge. Doch führt er nicht nur dieGeräte formal vor, sondern zeigt auch, wie man mit ihnen auf
dem Acker fährt. Nach der Feldbestellung kommt die Ernte mit ihren Geräten, auch da
wieder von der Sichel bis zur Mähmaschine; die Dreschgeräte vom Aufschlagen der Garben,
vom Austreten der Körner durch Tiere, vom Dreschflegel bis zur Dreschmaschine; das
Reinigen vom Worfeln bis zur Getreideputzmühle. Wir finden hier also die gesamte Ent-
wicklung der Bauernarbeit, und die Volkskunde ist hierbei nicht nur Altertumskunde.
Bei den einzelnen Geräten sehen wir auch die technischen Einzelheiten, so sind allein z. B.
beim Dreschflegel elf Formen der Bindungen des Klöppels an den Stiel zu sehen. Selbst
auf solche Einzelheiten ist dabei eingegangen, welches Material dazu verwandt wird, ob
Leder, Aalshaut oder gar Gummistücken aus Autoreifen.
Bei einer Schilderung des italienischen Bauern darf der Weinbau nicht fehlen. Auch hier
werden wir in die Einzelheiten der Arbeiten und Geräte eingeführt, von der Anpflanzung
der Reben bis zur Weinlese, dann vom Keltern bis zum Einkellern und Abtransport, auch
da wieder vom Weinschlauch bis zum modernen Eisenbahnwagen. Wird hierzulande der
Wein nicht auch gebrannt ? In der gleichen Weise werden wir über das andere wichtige
Produkt der italienischen Landwirtschaft unterrichtet, über das öl, nicht nur über
das Olivenöl, sondern auch über das Lein- und Nußöl. Hier erfahren wir alles über Ernte,
Pressen, Reinigen und Aufbewahren.
Nicht allein über die nüchterne Arbeit und Geräte werden wir belehrt, sondern auch
über das damit verbundene Brauchtum wie Pflugbräuche, Erntefestlichkeiten u. a.
Das Lesen dieses flüssig geschriebenen und durch seine Stoffülle spannenden Buches
Paul Scheuermeiers wird noch durch die Bebilderung angenehm gemacht. Es ist hierbei
Holzschnitt und Photographie vereint, eine Gestaltung, die der Nachahmung wert ist.
Mit der einfachen, klaren Zeichnung des Holzschnittes werden die einzelnen Geräte ein-
deutig gezeigt; allerdings liegt das ja in der Hauptsache an dem Künstler, Paul Boesch,
der sie mit viel Sinn für Technik so wirkungsvoll geschaffen hat. Und die 331 Photographien
488
Max Militzer
am Schluß auf Kunstdruckpapier geben ein lebendiges Bild von Arbeit und Gerät. Damit
und mit der sonstigen Ausgestaltung des Buches hat der Eugen Rentsch-Verlag, Erlenbach-
Zürich, das Seine dazu beigetragen, daß dieses Werk in jeder Weise so ausgezeichnet ge-
staltet ist. Allein schon eine solche Nebensächlichkeit eines Bilderverzeichnisses zeigt uns
durch seine genauen Angaben von Ort und Zeit den dokumentarischen Charakter dieser
Arbeit. Die Volkskunde Italiens und der Schweiz ist um eine beachtenswerte Arbeit reicher
geworden, aber nicht nur dies ist damit erreicht, sondern das Buch ist ein wichtiger Beitrag
zur Bauernarbeit überhaupt geworden, zu dem nicht nur der greifen wird, der sich über den
Stand der bäuerlichen Arbeit in diesen Ländern unterrichten will. Auch dem, der überhaupt
die volkstümliche Landwirtschaft kennenlernen will, gibt es durch seine systematische und
bis ins kleinste gehende Stoffülle ausreichende Belehrung. Für diesen Zweck wäre ein
Sachregister zu begrüßen, aber mit dem reichlich aufgegliederten Inhaltsverzeichnis wird
man sich behelfen können. Alles in allem ist das Werk in allen Teilen ein wohlgelungener
Beitrag zur Bauernarbeit, der eine weitgehende Benutzung verdient und verlohnt.
Hebert BELLMANN-Dresdea
Militzer, Max, Theodor Schütze: Die Farn- und Blütenpflanzen im Kreise Bautzen.
Bautzen (Verlag der Domowina) 1953. 319 S. = Jahresschrift des Institutes für
sorbische Volksforschung. Sonderheft — I. und II. Teil.
Die Arbeit scheint dem Titel nach zunächst nur den Botaniker anzugehen, dem sie auch
tatsächlich ein reiches, auf sorgfältige Beobachtungen beruhendes Material bringt. Sie
begnügt sich nicht mit der einfachen Aufzählung der Pflanzenarten sowie ihrer Stand- bzw.
Fundorte, sondern sie läßt sich die pflanzengeographische Betrachtung angelegen sein.
Um so freudiger überrascht ist man aber, wenn man feststellen kann, daß hier zwei Botaniker
— was leider nur selten geschieht — auch eine ganz hervorragende volkskundliche
Leistung vollbracht haben. Da sind es vor allem einmal die volkstümlichen Pflanzen-
namen, und zwar sowohl die deutschen wie die sorbischen, denen nachgegangen wurde.
Auf diesem Gebiet hat sich ja Max Militzer schon in früheren Jahren sehr verdient
gemacht. Wie anschaulich sind — um nur ein Beispiel herauszugreifen — die Volksnamen
Riesenknopf, Mairosenknopf, Bauchknöppel (eigentlich Nabel!) für die knopfähnlichen
Blütenköpfe der Ackerwitwenblume (Knautia arvensis) nicht minder wie das sorbische
certowa rözicka (Teufelsröschen) für die gleiche Pflanze, was die Kinder damit begründen,
daß man von ihr (wohl wenn man daran riecht) Sommersprossen bekommt, ein Glaube,
der in anderen Gegenden Deutschlands oft von gewissen Frühlingsblumen gilt. Übrigens
heißt die genannte Blume z. B. in Unterfranken auch Teufelskopf, wieder ein Beweis für
gleichartige Anschauungen bei verschiedenen Volksstämmen. Einige Oberlausitzer Volks-
namen sind sicher aus dem Slavischen entlehnt, so Galgenbeere für den wilden Schneeball-
strauch (Viburnum opulus), das bestimmt nichts mit „Galgen“ zu tun hat, sondern dem die
slavische Bezeichnung kalinka dieses Strauches zugrunde liegt. Umgekehrt dürfte das
sorbische Swafatoh Janowy pask (Gürtel des hl. Johannes) für den Beifuß (Artemisia
vulgaris) zurückgehen auf das deutsche S. Johannsgürtel, das bereits im 15. Jahrhundert
bezeugt ist. Weiter enthält die vorliegende Arbeit eine Fülle volksmedizinischer Angaben.
Gewiß mag man manchmal der Wirksamkeit dieser pflanzlichen Volksmittel etwas skeptisch
gegenüber stehen, sicher ist aber, daß die Aufzeichnung dieser volksmedizinischen An-
wendung sehr verdienstvoll ist. Wie alt solche Mittel oft sind, geht daraus hervor, daß z. B.
die Anwendung der Sauerkleeblüten (Oxalis acetosella) gegen Fieber in der Gegend von
Kirschau (Schirgiswalde) bereits in den alten deutschen Kräuterbüchern des 16. Jahr-
hunderts erwähnt wird. Nicht minder alt ist die Verwendung des Sanikels (Sanicula euro-
paea) bei Wunden und Geschwülsten. Bemerkenswert erscheint, daß diese Heilwirkungen
auch anderen Pflanzen wie der Sterndolde (Astrantia maior) und den Braunen Storch-
schnabel (Geranium phaeum) zugeschrieben werden, offenbar lediglich deswegen, weil
diese Pflanzen ähnliche Blätter wie der Sanikel haben. Jedenfalls müssen wir den beiden
Letopis, Jahresschrift des Instituts für Sorbische Volksforschung 489
Verfassern sehr dankbar sein, daß sie als Botaniker auch den volkskundlichen Beziehungen
der heimischen Pflanzenwelt soviel Aufmerksamkeit geschenkt haben. Es wäre nur zu
wünschen, daß ihr Beispiel Nachahmung findet. Heinrich MARZELL-Gunzenhausen
Letopis, Jahresschrift des Instituts für Sorbische Volksforschung (Instituta za serbski ludospyt).
Hrsg, von Pawol Nowotny, Rjad C, Bd. I, Bautzen 1953. 148 S., 25 Tafeln.
Das Institut für sorbische Volksforschung in Bautzen gibt seit 1952 regelmäßig Jahres-
schriften über naturwissenschaftliche, historische und volkskundliche Forschungsfragen
heraus, in deren Reihe der hier vorgelegte Band eine Anzahl uns interessierender Aufsätze
enthält. Paul Nedo, „Zur Geschichte der sorbischen Volkskunde“, gibt einen Überblick
über die bisherige Entwicklung dieses Wissenschaftszweiges und hebt im besonderen
hervor:
Die handschriftlich erhaltenen Arbeiten des Abraham Frenzel (1636—1740), die
Werke des Christian Knauth, Hortzsciiansky, K. G. Anton u. a. Zur Zeit der
Romantik erschien das umfassende Werk J. E. Schmalers ,,Volkslieder der Wenden in
der Oberlausitz“, 2 Bde., Grimma 1841/43 (Neue Auflage Berlin, Akademieverlag, 1953).
Es enthält über 500 sorbischeVolkslieder mit Melodien und deutschen Übersetzungen,
ferner Sagen und Märchen, Sprichwörter, Darstellung der Sitten und Bräuche sowie der
Volkstrachten. — In der nächsten Periode, die bis zum ersten Weltkrieg reicht, hat der
Philologe E. Mucke die sorbische Volkskunde am stärksten gefördert. Auch die Tschechen
A. Cerny und der Musiker und Maler Ludvik Kuba haben wertvolle Beiträge zur
sorbischen Volkskunde geliefert. Sehr viel Material hat Wilibald von Schulenburg
hinterlassen. In die Zeit nach dem 1. Weltkrieg fallen die Arbeiten von O. Lehmann
(O. Wicaz), B. Schneider (B. Krawc), Meranka Lesawic und der deutschen For-
scher F. Sieber und E. Schnee weis, „Feste und Volksbräuche der Lausitzer Wenden“,
1931 (Neue Auflage Berlin, Akademieverlag, 1953). Wichtige Beiträge zur sorbischen Volks-
kunde lieferten in dieser Zeit der Tscheche Josef Päta und der Pole A. Fischer. —Nach-
holen muß man in nächster Zukunft das bisher vernachlässigte Studium der materiellen
Kultur und die wissenschaftliche Bearbeitung der Volkslieder, Sagen, Märchen und Sprich-
wörter.
In seinem 2. Aufsatz „Ergänzungen zur Bibliographie der sorbischen Volkskunde“ weist
P. Nedo auf die dringende Aufgabe hin, eine systematische und möglichst vollständige
volkskundliche Bibliographie vorzubereiten. S. 32—66 werden Titel von 610 volkskund-
lichen Arbeiten als Ergänzung zu Jatzwauks Sorbischer Bibliographie (Berlin 1932)
angeführt.
Es folgt ein wertvoller Beitrag zum Studium der Hoyerswerdaer Tracht von E. Krawc.
Er behandelt an Hand von 78 Bildern das Spinnen und Weben, das Drucken des Stoffes,
das Nähen und Sticken der Kleidungsstücke, die allgemeine Tracht, die Festtrachten, die
Farbensymbolik, den Ausdruckswert der Trachten und die Besonderheiten einzelner
Dörfer. An Hand von 27 Abbildungen beschreibt E. Ducman Ein sorbisches Blockhaus
aus Klein-Partwitz, Kreis Hoyerswerda. Das Wohnhaus und Ausgedinge sind 1806 erbaut
worden, die Scheune 1781. Das Wohnhaus weist ein Umgebinde (Bohlstuhl) auf, das die
Last des Daches tragen hilft. Die Tür des Bienenhauses wird mit einem hölzernen Schloß
abgeschlossen. Es ist bemerkenswert, daß beim Bau dieses Hauses und der Nebengebäude
kein Eisen verwendet worden ist.
L. Heine veröffentlicht zum Schluß des vorliegenden Bandes eine bisher unbekannte
Hs. von J. E. Smoler (Schmaler), die einen in deutscher Sprache abgefaßten Aufsatz
über sorbische Volksmedizin aus dem Jahr 1881 enthält. Edmund SciiNEEWEis-Berlin
Personen- und Sachverzeichnis
der Abhandlungen, Mitteilungen, Berichte und Rezensionen
Bearbeitet von Reinhard Peesch — Berlin
i. Personen
(Die Mitarbeiter-Namen sind kursiv gedruckt)
Abbt, T. 72
Adelung, J. C. 122
Agricola, J. 30
Agricola, R. 27
Agrippa v. Nettesheim 120,
192
Agrumi 44
Albertus Magnus 124, 133,
138, 146
Alexander d. Gr. 132
Alpers, P. 276, 289
Altenburg, M. 214
Althammer 29
Amyntas 133
Anaximander 130
Anaximenes 130
Andersen 286
Annius v. Viterbo 19
Antiphon 132
Antonius Diogenes 137
Apollonius v. Tyana 135
Aristeas 130, 143
Arndt, E. M. 65, 72
Arnim, A. v. 79, 99, 224b,
228, 261, 264
Arnim, B. v. 43, 224b
Arnold, G. 98, 100
Auerbach, B. 99
Augustinus 13, 134, 139, 143
Avenarius, J. 221h
Aventin 29
Bach, A. 448, 467 fr.
Bach, J. S. 213, 222
Bach, Farn. 213 h, 218 ff.
Bachofen, J. J. 89
Bacon, R. 146
Baier, R. 224ff., 264
Baiton 134
Bartels, H. 118
Bartholomaeus Anglicus 141
Bartsch, K. 265
Basileios v. Caesarea 140
Bauer, B. 46 f., 5 3f., 57, 66
Baumgarten, K.: Probleme
mecklenburgischer
Niedersachsenhaus-
forschung 169 ff.
Beatus Rhenanus 29
Bebel, H. 24, 29, 33
Beck, K. 72, 99
Becker, N. 70
Becker, R. Z. 72, 77
Beckmann, J. 164
Beckmann, P. 263, 288, 470
Behrens, E. C. A. 178
Bellmann, H.: Rez. 486fr.
430
Benecke, G. F. 224
Benz, R. 102
Berthold v. Holle 94
Binhard 214
Biondo, F. 15, 28
Birlinger 287
Blind, K. 98
Böckler, G. A. 138
Böcklin 128
Bode, K. 264
Bodin, J. 36
Boethius 23
Böhm, J. (Bohemus) 24,
3off., 261, 263, 272
Böhme, J. 66
Böhner, J. L. 214L
Bolte, J. 229, 280
Börne, L. 66, 68, 72, 83f.,
85, 99
Bosch, H. 143 f.
Böttiger, K. A. 54
Brahms 434fr.
Brandes, H. 269
Brant, S. 24, 205
Bratanic 277
Braumann, F. 294
Brentano, C. 224fr., 261, 264
Bretschneider, A.: Rez. 467 fr.
Bruni, Leonardo 13
Büchner, G. 85 f., 101
Buck 287
Bünker, J. R. 287
Bürger, G. A. 83 £., 261
Büsching, J. G. G. 80, 87, 89
Byron, Lord 44, 66, 72
Carriere, M. 69
Cäsar 17, 19
Celtis, K. 26ff.
Chamisso, A. v. 86
Coccius Sabellicus 15
Conti, N. 17
Cornu 46
Creuzer, G. F. 48
Croker, T. C. 286f.
Curschmann, F. 224
Curtius 145
Cuspinian 29
Personenverzeichnis
491
Damm, H. 268
Dankward 227
Debrosse 54
Denk, H. 203
Dias 277
Dickens, C. 66
Diepenbrock, C. J. 101
Dilthey, W. 36
Dingelstedt, F. v. 69
Diplich, H. 288
Disraeli, B. 66
Dittmaier, H. 288
Dölker, H. 275
Domenico Scolari 143
Dorow, W. 228
Dörrer, A.: Rez. 448 fr.
473f-
Dräger, H. H. 245
Droste-Hülshoff, A. v. 66
Droste-Hülshoff, Fam. 285
Ducman, E. 489
Duller, E. 69 f.
Duphorn, M. 123
Dürer, A. 183fr.
Echtermeyer, E. T. 66, 78
Eilhard v. Oberg 94
Eitzen, G. 174, 275
Ekhof, K. 213
Emsheimer, E. 245
Enea Silvio de Piccolomini
17fr.
Engel, F. 171, 179
Engels, F. 45, 65fr., 104fr.,
261
Englert-Faye, C. 291
Enßlin, L. 119, 124
Erasmus v. Rotterdam 24,
27, 36fr., 203
Erixon, S. 277
Erk, L. 217, 224, 228
Erlach, F. K. Frh. v. 43 f.
Ettmüller 50
Fabri, F. 25, 30
Fallersleben, H. v. 67, 90,
261
F ehr, H.: Altes Strafrecht im
Glauben des Volkes 147 fr.
Feuerbach, L. 66
Feyerabend, S. 74
Fiedler v. Reichenbach 88
Finck,H. 227
Fischer, H. L. 77
Fischer, M. 118
Flitner, J. 220
Folkers, J. U. 170fr.
Förster, G. 85
Fraenger, W.: Der Teppich
von Michelfeld 183fr.
143 fr., 266, 269, 275
Franciscus Irenicus 29
Franck, M. 218
Franck, S. 30, 3 8 f., 261
Freiligrath, F. 66, 68 ff.
Freitag, E. 284
Friedrich II. (Kaiser) 146
Friedrich II. (König) 47, 54
Friedrich III. 27
Friedrich Wilhelm IV. 55,58
Frings, T. 91, 260
Fritzsch, K. E. 266, 450
Frutolf 142
Fulcher v. Chartres 131
Gaerte, W. 276
Gassen, K. 224
Geijer 48
Geiler v. Kaisersberg 205
Gellius 139
Gemmingen W. v. 187
Gennep, A. v. 253 fr.
Geramb, V. v. 270, 272, 275,
293f-> 449
Germer, E. 268
Gerson ben Eliezer 128,136
Gertrud d. Gr. 121
Gervasius v. Tilbury 142
Glawe, R.: Die volks- und
heimatkundlichen Museen
in Mecklenburg 301 f. 268
Gleichmann, G. 219
Gleichmann, J. K. 221 f.
Gleim, J. W. L. 73
Gleisberg, IIBeiträge zu
einer Volkskunde des Mül-
lers und der Mühle 157fr.
Glogau, L. M. 120, 123
Görres, J. 48, 71, 77fr., 104F,
108
Goethe, J. W. 42, 66, 71, 73,
73, 78, 83, 85f., 88, 91,
97fr., 218, 261
Gottfried v. Straßburg 95
Gottfried v. Viterbo 145
Grabbe, C. 66
Graeber, F. 69, 71, 93
Graeber, W. 69, 71 f., 83, 97
Gregor v. Tours 159
Grillparzer, F. 66, 85
Grimm, Brüder 89, 102, 108,
261, 280, 284fr.
Grimm, J. 50, 53, 80, 87,
89f-, 227» 26i, 274, 285,
295
Grimm, W. 67, 261, 284
Grotius, H. 36
Guhr, G. 268
Günther, H. 91
Günzburg, E. v. 202
Gutzkow, K. 65h, 72, 85, 96
Haan, W. d. 276
Haberlandt, A. 270, 273 h
Habermann, J. 121
Hackländer, F. W. 101
Hadrian 137
Haeffner, J. C. 215
Hagel, C. A. 118
Hagen, F. H. v. d. 80, 87, 89
Häger, A. 467
Haiding, K. 295 f.
Hain, M. 276, 469 f.
Hamann, J. G. 73
Hanff, Fam. 214, 22of.
Hanff, J. N. 214
Hanika, J. 276
Hartlieb, J. 145
Hartmann-Hofelich, E. 289
Hartung, Fam. 214h, 220F
Hassenstein, B. v. 38
Haugwitz, K. v. 91
Haupt, L. 462 f.
Haxthausen, A. v. 89, 229
Haxthausen, Fam. 285
Hebenstreit, P. 219
Hegel, G. W. F. 46 fr., 66,
68, 99f.
Heilfurth, G. 457 fr.
Heine, H. 66, 70, 82F, 85 f.,
89, 93> 93 ff-
Heine, L. 489
Hekataios v. Milet 128, 130
Helbling, C. 285
Helbok, A. 182
Heller, W. F. 98
Henderson, W. 100
Hengstenberg, W. 66
Henssen, G. 279, 288f., 296,
464F
Herder, J. G. 44F, 71, 73F,
78, 86, 261, 272, 274
492
Personenverzeichnis
Herodot 12, 131, 145
Herrad v. Landsperg 157
Herwegh, G. 81
Hesiod 130
Heß, M. 68
Hippel, T. G. 44
Hoerburger, F.: Schwert und
Trommel als Tanzgerät
240ff., Rez. 460ff.
Hoffmann, G. C. 118
Hoffmann, C. J. 43 f.
Hoffmann-Krayer, E. 262
Hofmannswaldau, C. H. v.
66
Hohmann 115
Hohnbaum 217
Homer i28f., 146, 243f.
Hönne, P. 165
Honorius v. Augusto-
dunum 141, 143
Hortig, K. A. 100
Hrabanus Maurus 140
Hülsemann, Ph. 118
Hundt, M. 20
Hut, H. 203
Immermann, K. 65 f., 78, 95
Isidorus v. Sevilla i38f., 143
Jacobeit, W. 268
Jahn, U. 287
Jakob v. Maerlant 141fr.
Jakob v. Vitry 141, 143
Jan,J. 172
Janietz, E. 267
Jarosch, G.: Bibliographie
zur sorbischen Volkskunde
(seit 1945) 376ff.
Johannes de Hese 127
Johannes, Presbyter 145
Jost, T. 286
Juba 138
Jud, J. 291
Julius Valerius 136, 141fr.
Jung, C. G. 149, 280
Jung-Stilling, H. 117
Kanne 48
Karasek, A. 287h
Karl IV. 205
Karl d. Gr. 159
Karlstadt 203
Keiper 284
Kellermann, V.: Der Caseler
Johanne 251fr.
Kerner, J. 78, 226f.
Kiem Pauli 460 fr.
Kindermann, H. 103
Klein, R. 289
Klenzel, E. 118
Klier, K. M. 475 f.
Klinger, M. 73
Koch, E. J. 74
Koepp, J. 276
Koeppen C. F. 46 ff.
Kohl-Larsen 289
König, W.: Ethnographi-
sche Bibliographie der
Sowjetunion (1945—1953)
323 ff.
Konrad v. Megenberg 141,
143
Kopisch, A. 44
Koren, H. 447 h
Kothe, II.: Pflugforscher-
Tagung in Kopenhagen
(Juni 1954) 276fr. 267
Kraft, G. : Die bäuerlich-
handwerklichen Grund-
lagen der thüringischen
Musikkultur 212 fr. 265
Kramarik, J. 263, 269
Krantz, A. 29
Krauss, J. W. 222
Krawc, E. 489
Kretzschmer, A. 43
Krickeberg, W. 289
Krummacher, G. D. 66, 68
Ktesias 132, 134, 143
Kühne, G. 66, 68
Kunze, E.: Die drei finni-
schen Runen in der Volks-
liedersammlung des jun-
gen Marx 41 ff. 289
Kunze, II.: Bericht über den
Volkskunde-Kongreß der
Deutschen Akademie der
Wissenschaften zu Berlin
(4.—6. 9. 1953) 26off.
Künzig, J. 276, 476
Kupfer, C.: Ethnographi-
sche Bibliographie der
Sowjetunion (1945 bis
1953) 323fr.
Kurth, B. 205 ff.
Lasius, O. 181
Lassalle, F. 50
Laube, FI. 66
Lauffer, O. 450
Lefitz, J. 284L
Lenau, N. 66, 97
Lenin, W. I. 84
Leo,H. 47
Leo III. 138
Leser, P. 277
Lessing, G. E. 66, 73, 79,
85 f.
Leuthold, C. D. 125
Leyen, F. v. d. 281, 284,290,
448
Liepe, W. 92, 103
Lifschitz, M. A. 5 5
Lips, E. 268
Locher Philomusus, J. 24
Lohenstein, D. C. 66
Lohmeyer, K. 46 5 f.
Lortzing 218
Lukian 128, 137, 187
Luther, M. 39, 203
Lüthi 281
Mackensen, L. 90, 95
Mahler, E. 463 f.
Makarios 144
Mandeville, J. 127L, 137,
142h,145
Mannei, F. 228
Marbach, G. O. 71, 8of.,
86ff., 104, 108
Marco Polo 17
Marschalk, N. 21
Martinus v. Cochem 88
Marx, K. 41 ff., 84,93,157,261
Marzeil, II.: Rez. 488L 450
Maurer, F. 449
Maurer, G. L. 89
Maximilian (Kaiser) 28
Mayer, G. 67, 102
Meckenem, I. v. 198
Megasthenes i34f., 143
Mehring, F. 42, 47, 49
Meier, E. 287
Meier, J. 220, 261, 275, 287,
302, 448, 451
Meiners, C. M. 54, 77
Meinert, J. G. 43f.
Melanchthon 146
Mell, M. 294
Merkelbach-Pinck, A. 288
Militzer, M. 488 f.
Mitzka, W. 449
Mohnike 50
Personenverzeichnis
493
Moll, S. 172
Mommsen, T. 89
Mone 48
Moro, O. 477^
Mosen, J. 99, 101
Moser, F. K. v. 72
Moser, H. 276
Möser, J. 40, 177
Mukherjee, R. 268
Müller, F. (Maler Müller) 73
Müller, L: Rez. 470 fr.
Müller, J. v. 44
Müller, P. E. 48
Müller, W. 287
Müller, W. (Dichter) 70
Münchhausen, Frhr. v. 128,
137
Mundt, T. 66, 82
Münster, S. 39
Münter 48
Münzer, T. 203
Murner, T. 205
Mutianus Rufus, K. 36
Naumann, H. 103, 261, 274,
280
Nearchos 132F
Nedo, P.: Rez. 462f., 477.
266, 489
Nickel, J.: Die volks- und
heimatkundlichen Museen
in Berlin und Brandenburg
300f., Rez. 485 f.
Niebuhr, B. G. 89
Nikolaus v. Cusa 36
Ninck, M. 290
Noack, L. 263
Novalis (Hardenberg) 77
Nowotny, P. 264, 489
Nyerup 48
Oechelhäuser, A. 187
Onesikritos 133
Origines ixo
Pallas 133
Panzer, F. 284
Panzer, G. W. 74
Paracelsus 20, 120
Parisius, L. 264
Pattberg, A. 226, 229
Paul III. (Papst) 22
Peesch, R.: Ein Fragebogen
über Wirtschaftsgeräte des
Fischers 302 fr. Goldenes
Doktorjubiläum: E. L.
Schmidt 258h Rez. 469h
Perrault 286
Pessler, W. 170h, 178
Peter, I. 472 f.
Petrarca 146
Peuckert, W. E. 279, 284,
286h, 449
Peutinger 29
Pfaff, F. 75, 90
Pfaffe Konrad 94
Pfister, F.: Von den Wun-
dern des Morgenlandes
127 fr. 449 f.
Philostratos 135
Pisani, A. 286
Pischel, B. 276
Platen, A. Graf 53, 65, 85
Plath, H. 275
Plato 146
Plinius i38f., 143
Podleiszek, F. 103
Polivka, G. 280
Pomponius Mela 30, i38f.
Pramberger, R. 294fr.
Pries, J. F. 180
Prinz, A. 125
Pröhle, H. 101
Prutz, W. 101
Ptolemäus 20
Pytheas v. Massilia 134
Quellmalz, A. 265, 275
Quilichinus 143
Rabelais 128
Rachel, J. i64f.
Ranke, F. 279 f.
Ranke, L. v. 47, 89
Ratgeb, J. 266
Rath, E.: Die wichtigsten
Neuerscheinungen zur
Volkskunde Österreichs
(1945—1954) 404fr. 293fr.
Raumer, F. v. 47
Rehfeldt, B. 147
Reichard, H. A. O. 74f.
Reifferscheid, A. 229
Reuchlin 36
Rhamm, K. 173
Richter, J. A. 266
Richter, L. 286
Riehl, W. H. 40, 261, 272
Ritz, J. M. 275, 449
Rjazanov, D. 43
Rochow, E. v. 72
Rodel, G. 484F
Röhrich, L.: Die Märchen-
forschung seit dem Jahre
1945, 1. Teil 279 fr. Arnold
van Gennep — achtzig
Jahre alt 253 fr.
Rolevinck, W. 25
Rolland, R. 216
Rollenhagen, G. 128
Rosenfeld, H. F,: Rez. 479 fr.
265
Rüben, W. 269
Rudolf v. Ems 141
Rudolph, H. 118
Rüge, A. 56, 66, 78, 93
Rumohr, K. F. v. 89
Runge, Ph. O. 284F
Ruppel, H. 467
Rutenberg, A. 46
Saint-Simon, C. H. 68, 83
Salzmann, C. G. 77
Sand, G. 66
Sander 48
Sartorius, P. 227
Savigny, F. K. v. 89, 284
Schambach, G. 287
Scharl, J. 286
Scheible, J. 115, ii8ff.
Schelling, J. v. 48, 81
Schepers, J. 173h, 178
Scheuermeier, P. 486 fr.
Schewe, HRez. 45I^> 2^4>
275, 448
Schier, B. 177, 479 ff-
Schiller, F. 66, 82, 85
Schlegel, A. W. 96, 99
Schlegel, F. 77, 79, 81
Schleiermacher, F. 66
Schlöffel 118, 120, 123
Schlosser, F. C. 47, 50
Schmaler, J. E. 462fr.
Schmidt, A.: Ein Stralsunder
Fund zu den Quellen des
Wunderhorns 224fr., Rez.
478f. 103, 259F, 264
Schmidt, E. L.: Von der
taciteischen zur humani-
stischen Germania uff.,
Rez. 45of. 258f., 263
Schmidt, K. 284
494
Personenverzeichnis
Schmidt, L. 293, 445 fr., 450
Schmidt, M. T. 159
Schmolitzky, O. 485 f.
Schneeweis, E.: Rez. 463 f.,
489. 477
Schongauer, M. 163
Schoof, W. 284h
Schossei, C. H. 228
Schreiber, G. 450
Schreinert 284
Schröter, G. H. v. 45, 51
Schröter, H. R. v. 45, 51
Schubart, C. 98b, 261
Schücking, L. 66, 97
Schulte-Kemminghausen, K.
Schultz, F. 75 [285
Schütz, H. 213
Schütze, T. 48 8 f.
Schwab, G. 71, 8of., 86
Schweinitz, K. A. v. 91
Schwind, M. v. 286
Seemann, E. 275, 451
Shakespeare, W. 66
Shelley, P. B. 66, 99, 101
Sichard, J. 31
Sieber, F.: Adolf Spamer f
249 fr., Rez. 467. 266
Simrock, K. 71, 8of., 86, 104,
108, 127
Sincerus 115
Skylax v. Karyanda 128,
i3of-> 135, M3
Snorri Sturluson 125
Sohm, R. 163
Solinus 131, 139, 143
Sooder, M. 292
Spamer, A.: Zauberbuchund
Zauberspruch 109 fr.
249 fr., 261, 448
Spangenberg, H. 227
Spies, O. 289
Spieß, C. H. 80, 88
Stammler, J. 36
Staricius 124
Steensberg, A. 277
Steffens, H. 48
Stegemeier, H. 478 b
Steinitz, W.: Volkskunde
und Völkerkunde 269 ff.
26off., 289, 448
Stern, A. 47
Stocker, C. W. 187
Stockmann, E.: Rez. 454fr.
Stolberg, Graf 91 [269
Strabo 1x7
Strauß, D. F. 66, 81
Stuhr, P. F. 48 fr.
Sue, E. 66, 101
Sydow, C. W. v. 279 b
Tacitus 13, 17fr., 134
Taylor, A. 275
Tertulian 110
Tetzel, J. G. 222
Thaies v. Milet 130
Theremin, F. 100
Thieme, A. 53
Thomasv. Cantimpre 141,143
Thompson, S. 281
Thuemmel, C. 98, 102
Thukydides 146
Tieck, L. 76fr., 105, 108
Trautvetter 48
Trier 174
Trimborn, H. 289
Trithemius 120
Tschirch, F.: Goldenes Dok-
torjubiläum : Arno Schmidt
259b
Uffer, L. 291b
Uhland, L. 50, 66, 89,261,274
Vadian 29
Varro 138
Velser, M. 127
Venedey, J. 83
Vergenhans, J. (Nauclerus)
26, 30
Vincenz v. Beauvais 137,
I4E 143» M3
Voigt, G.: Friedrich Engels
und die deutschen Volks-
bücher 65 ff.
Voss, J. H. 85
Wachler 50
Wagner, R. 87
Waldseemüller, M. 21
Walther v. d. Vogelweide 16
Weber, C. M. v. 214
Weber-Kellermann, Der
Scherenschnitt in der pol-
nischen Volkskunst 296 fr.
Der 9. Deutsche Volks-
kundetag in Celle (April
1954) 275 b Übersicht der
gesamtdeutschen volks-
kundlichen Literatur (seit
1945) 414fr. Rez. 443fr.,
447457ff-, 464f-, 472ff.
264, 270, 272, 274, 449
Weerth, G. 101
Weigel, C. 162
Weik 119
Weinhold, K. 272
Weinhold, R. 263
Weiß, R.: Rez. 445 fr. 270,
443 ff.
Weissbeck, N. 218
Wendel, M. 118
Werner, Z. 76
Wesselski, A. 280, 293
Westphalen, J. v. 41, 53
Widmann, C. R. 80, 88
Wieland, C. M. 98
Wienbarg, L. 66
Wiklif, J. 203 b
Willkomm 101
Wiora, W. 275, 451, 454fr.
Wirth, A. 449
Wittichen, I. 276
Woeller, W.: Rez. 465 b
Wolf, G. 173
Worobjow 263
Wossidlo, R. 265, 280, 47off.
Zimburg, H. v. 475
Zirus, W. 98
Zuccalmaglio, A. W. v. 43,
454fr.
Zürner, A. 266
Sachverzeichnis
495
Adler 192
Advokat 185, 201, 204
Affe (Fabelwesen) 138
Agrarethnographie 267f.,
276ff., 486ff.
Agrargeschichte 176, 277L
Ägypten: Tanz 244h
Ägyptische Geheimnisse
123 ff.
Ahasver 97ff., 106
Aigipodes 131
Akephaloi 131
Albertus Magnus 123fr.
Alchemie 120
Alexanderroman 13 5 ff.
Allegorie: Arglist 187
Argwohn 187. Eilfertig-
keit 187. Fortuna 185, 191.
Frommheit 185, 197ff. Ge-
rechtigkeit 196 fr. Irrtum
187. Lüge 187. Neid 187.
Reue 187, ungerechter
Richter 185, 201, 204.
Strafe 187. Unwissenheit
187. Verleumdung 187.
Vernunft 185,196fr., ewige
Vorsehung 185, 202, 207.
Wahrheit 185, 187, 196fr.,
Zeit 191, 207. s. auch Tier-
symbolik
Ameise (Fabelwesen) 127,
I32> *34
Amulett 1x2, 116
Andreaskreuz 166
Angelologie 120
Animismus 125
Ansingelied 217
Antike: Mythologie 127 fr.
Tanz 244. Volkskunde,
Völkerkunde uff.
Anthropologie 13, 20
apotropäisch: Backstein-
ornament 166. Gewehr
245. Lärm 244. Penta-
gramm 198. Tanzgerät 241.
Zauberbuch 112, 116
Arbeitsgerät 267h, 277c,
302fr., 486fr.
Arbeitsleben: Italien, Kärn-
ten 477f. Schweiz 486 fr.
Ar сапа 120
z. Sachen
Argentinien: Volksfor-
schung 45 of.
Arimaspen 130fr.
Arrinoi 134
Astomoi 134
Astrologie 120
Atlas: — d. dt. Volkskunde
302. Pflug-Atlas 276fr.
Sprach- u. Sachatlas Italiens
u. d. Südschweiz 486fr.
Aufklärung: Volksbuch 72fr.
Bäcker 161, 163
Backofen 177
Baden: Fastnacht 476
Bahrprobe 148L *
Bahrrecht 148L
Balkan: Tanz 242f.
Ballade 451 ff.
Banse 177
Bartweib 138
Bauer 193fr., 214h, 217,
268, 486fr.
Bauernkrieg 3 8
Baumeister 182
Bayern: Haberfeldtreiben
153L Volkslied 460fr.
Berlin: Museen 300
Berliner (Bündel d. Müller-
gesellen) 163
Bergmann 216, 220. -lied
43 7 ff-
Beschwörung s. Zauber
Bibel 117L
Bilderbogen 183 fr.
Bildteppich 183 fr.
Blasinstrumente 241
Blochziehen 475 f.
Blut 148
Brandenburg: Museen 300L
Brauchtum 166,251fr.
Bremen: Kinderspiel 118
Brettzither 244
Briefkasten 110
Buch Enoch 124
Buch Jezira 119fr.
Buch Moses, 6. u. 7. —
mff. n6ff.
Bürger 193, 199, 204
Ceres 167
Charaktere 120
Charybdis 129
Chimaira 130
China: Mythologie 241
Christophorus 121
Christus 101, no, 125
Colomnausbüchlein 121
Conjuration 121
Corona 121
Cymbal 220
Dach: Pfetten-182, Sparren-
174
Daktyloi 129, 132
Dämonen 125, 149, 245
-abwehr s. apotropäisch,
-austreibung 110, 131
Dänemark: Märchen 289
Darmstadt: Volksglaube 110
Däumling 129, 132
Deutschland: Bibliographie
414 ff.
Devotionalzettel 109, 121
Diele 170 fr. Durchfahrts-
170, 172. Flettarm- 170,
174. Flett- 170. Quer-
180
Divination 242
Dorfforschung 469 f.
Drache 129
Dresden: Müller i6of.
Dudelsack 241, 244
Echidna 140
Ehewiege 153
Eid 154
Einäugige 127, 130 fr.
Einhorn 128, 132, 134, 140
Elbe: Wassermühlen 160
Elster 192
Emsland: Volkserzählung
464 f-
Erbpacht 161
Ethnographie, Ethnologie s.
Völkerkunde
Eulenspiegel 78
ewiger Jude 97fr., 106
Exaltation 242. -tanz 245
Exorzismus 151
Fabelwesen 127 fr.
Falke 192
Fasan 192
496
Sachverzeichnis
Fastnacht: Österreich 473f.
Schwaben 476
Faust (Sagengestalt) 78, 80,
97ff., xo6, 112, i2iff.
Faustscher Höllenzwang
12 x ff.
Feldbau 486 ff.
Fiedel 244
Finnland: Runen 41 ff.
Finsterbergen i. Thür.:
Volksmusik 215 h
Fischerei 302 ff.
Flechtarbeiten 479 ff.
Fledermaus (Fabelwesen) 137
Fliegende Blätter 225
Fliegender Holländer 97
Flohschützen 137
Flöte 243
Flugblatt 15 of.
Folter 151
Fragebogen 302 ff.
Fraisbrief 109
Frankreich: Volkskunde
253fr.
Freimaurer 113
Friesland: Haus 181
Frondienst 160
Fruchtbarkeitssymbol 243,
25 2f.
Fuchs 191, 207
Fürst 193, 199, 204
Gallus 151
Gaßlbrauch 472 f.
Gebärdensprache 194
Gebet 109, 121
Geburt 166
Gefüge: Ankerbalken- 174fr.
Dachbalken- 174 ff. Rähm
174L, 177. Sparren 174.
Ständer 174 h
Gehöft: Gutshoftyp 180ff.
Geige 241
Geigenmacher 218 f.
Geister 149, 15 2.-zwang 121
Geistlicher Schild 121
Geographie 20 f.
Gerechtigkeitsbild 185 ff.
Germanen 13, 244
Germania uff., 134
Geschichtsschreibung 21,26
Gesellschaftskritik 189
Gewehr (apotropäisch) 245
Gewitter 166
Gicht 125
Gießen: Redensart 118
Giftmischer 149, 152
Giganten 129, 138
Glasbläser 216
Gleichberge i. Thür.: Volks-
musik 217T
Glücksbrief 114, -rad 108
Gold machen 113
Goten 244
Gott 148
Gottesurteil 148
Greif 128, i3off.
Grenzfrevel 152, 155
Griechenland: Mythologie
129 fr., Tanz 243
Guslar 243
Haberfeldtreiben 15 3 f.
Habermännlein 121
Hackbrett 219k.
Häher 192
Handwerker 193, 204
Hänseln 155
Harpyien 129
Haus 169 fr. Block- 489.
Büdner- 179. Durchfahrts-
dielen- 171fr. Durchgangs-
dielen- i72f. Ein- 177,182.
Flettdielen- 170, 172. Frie-
sen- 181. Gulf- 176. Klein-
bauern- 180ff. Niedersach-
sen- 169 fr. Quer- 180.
Querdielen- 180. Wohn-
stall-177. Dreiständer 179L
Kate 179. Zweiständer 179
Hausspruch 168
Heldburger Ländchen:
Volksmusik 217 f.
Hemikynes 130
Hessen: Sprichwort 469h
Hexagramm 198
Hexen 113, 149. -besen 166
Himantopoden 138
Himmelsbrief 110
Hippopodes 134
Hirte 151
Hochzeit 166
Holland: Niedersachsen-
haus 172
Höllenzwang i2iff.
Holstein: Haus 172
Holzschnitt 183 fr.
Humanismus: Volkskunde,
Völkerkunde uff.
Humor 154fr.
Hundsköpfe I27f.
Hydra 129, 138
Ichthyophagen 133
Idiophon 244
Ilmenau: Volksmusik 218ff.
Indien: Mythologie 241
Innung: Müller 160ff.
Instrumentenherstellung
214fr., -macher 214fr.,
-Werkstätten 214fr.
Irland: Märchen 286f.
Italien: Landwirtschaft 486fr.
Renaissance 14 fr.
Jäger 149
Jahresbrauchtum 166, 252fr.
Jeanne d’Arc 92
Jodler 216
Johannis 251fr.
Juckerle 216
Jungfrau Maria 125
Jüngstes Gericht 153
Jurist 200f.
Kabbala 117, 120
Kalender 108
Kanonikus 201, 204
Kärnten: Brauch, Volksglau-
be 477 f.
Kartenschlagen 121
Kastagnetten 244
Katharinentag 166
Katze, schwarze 114
Kellerrecht (d. Winzer) 155
Kentauren 129, 132, 138
Kerkopen 129, 138
Kerkopithekoi 135
Kettenschwerttanz 240
Ketzer 149
Kinderspiel 118
Klapper 244
Klasse: Klassenbegriff 270L,
-gesellschaft 270f.
Kleiekotzer 167
Knabengericht 153
Knochen 149
Kobold 114, 149
Köhler 215
Kolportage v. Zauber-
büchern 116, n8f., 123ff-
Sachverzeichnis
497
Kornblume 25if.
Kosmographie 17, 34, 3 8 f.
Krebs (Fabelwesen) 137
Kreis: magischer — 243
Kreuz 1x5
Kureten 244
Kyklopen i29f., 138, 143
Kynokephalen 130 ff.
Laienschaffen 266 f.
Landwirtschaft 48 6 ff.
Lappland: Tanz 245
Länge Christi u. Mariae 110,
121
Lärm (apotropäisch) 244
Lasterstein 155
Lästrygonen 129, 138
Lauscha: Volksmusik 2i6f.
Lausitz: Johannisritt 251 ff.,
s. auch Sorben
Laute 244
Lebensrad 185, 191L, 207
Leichnam 149
Leineweber 222
Lohnarbeiter: Müller 160
Lothringen: Märchen 288
Lotterie 113
Luna 166
Lyraspieler 244
Magie: schwarze — ii2ff.
weiße — 120, magischer
Kreis 243, s. auch Zauber
Magnetberg 128
Mahlgast 163
Mahlzwang 163 f.
Makedonien: Tanz 243
Makrokephalen 130, 132
Makroskeleis 135
Malaiischer Archipel: Tanz
245
Mallorca: Tanz 245
Mannheim: Sage 118
Märchenforschung 265,
279ff., -Sammlungen:
Deutschland 284ff. Finn-
land 289. Irland 286L
Österreich 293 ff. Schweiz
29off. Skandinavien 289
Maskierung 251 ff.
Maurer 161
Mecklenburg: Märchen 265.
Museen 301 f. Niedersach-
senhaus 169 ff. Sage 265.
Seemann 470fr. Wohnkul-
tur 268
Menschenfresser 129
Merseburger Zauberspruch
125
Metze 160, 163
Möbel 266
Model 168
Monatsplaneten 119
Monophthalmoi 130
monströse Menschen- u.
Tiergestalten i27ff.
Mörder 149
Mühle 137fr.
Mulde: Wassermühlen 160
Müller x 5 7 ff.
Mundartforschung 467 fr.
Museen 300 ff.
Musik 23, 212ff.
Musikanten 212 ff.
Musikinstrumente 214fr.
Mythologie 5of., 127ff.
Namen: Pflanzen- 488f.
Natur- und Heimatfreunde
263
Neidkopf 166
Neujahrsnacht 118
Niedersachsen: Flaus 169ff.
Märchen 287, 289
Nordseeküste: Gulfhaus 176
Norwegen: Märchen 289
Odin 123
Odontotyrannus 127, 136L
Ohrenmensch 130, 132, 134
Okkultistik 114fr.
Okypodes 135
Onokentauren 140
Opisthodaktyloi 134
Orient: Mythologie 127ff.
Tanz 242
Österreich: Bibliographie
404 ff. Blochziehen 473 f.
Gaßlbrauch 472 f. Ge-
schichte d. öst. Vkde.
445 fr. Märchen 293 ff.
Otoliknoi 130
Pan 130, 135
Pantalon 219
Paradies 143L
Paradoxographie 135 ff.
Pentagramm 198
Perchtenlauf 475
Petrus 125
Pfau 192
Pfeife 241
Pferdeameise (Fabelwesen)
137, -füßler (Fabelw.)
134, -geier (Fabelw.) 137,
-mensch (Fabelw). 138
Pflanzennamen 48 8 f.
Pflugforschung 276 ff.
Phönix 131, 140
Polen: Scherenschnitt 296ff.
Pranger 15 5 f., 196 fr.
Produktionsgenossenschaf-
ten 263
Prophetie 242
Pygmäen (Fabelwesen) 129,
131fr., 138
Rabbiner 118
Rabe 148
Rache 153
Rassel 244L
Raute 166
Recht: Müller- 159ff. Römi-
sches - 205. Volks- 147ff.
Rcchtsallegorie 185 ff., -ge-
schichte 31 f.
Reif (Tanzgerät) 240
Reigentanz 242 f.
Renaissance 14fr.
Rheinland: Märchen 288.
Volkslied 454fr.
Richter 196, 204
Ricmenfüßler 138
Riese 1276"., 149
Ring (Amulett) 117
Ritt (d. Johannis) 251fr.
Ritter 185, 193, 199, 204
Romantik (Volksbuch) 75 ff.
Romanusbüchlein 118, 124
Runen, finnische 41 ff.
Saale: Wassermühlen 160
Saar: Sage 465f.
Sachsen: Sage 117
Sachsenspiegel 158, 163
Sage 1x7, I48ff., -Sammlung
265, 465f.
Salbe 125
Sales-Büchlein 119
Salomo 113, 121 ff. Salomo-
nische Schlüssel 122 ff.
Satire 23 f., 207
32 Volkskunde.
498
Sachverzeichnis
Saturnus 244
Satyr 130, 138
Schädel 149
Schäfer Thomas 125
Schalkau i. Thür. : Volks-
musik 218 ff.
Schalmei 241 f.
Schamane 242 h, 245, -trom-
mel 242 h, 245
Schandstein 155
Schattenbuße 154
Schattenfüßler (Fabelwesen)
127h, 130ÎF.
Schätze graben 112L, 121T
Scheltbrief 154
Scherenschnitt 296 fr.
Scheune 174, 176, 181
Schiffahrt 470 ff.
Schild d. Moses 117
Schlange 132, 134h, 138
Schlangenjungfrau 131, 138
Schlüssel d. Salomo 122
Schmähbild 154
Schmied 193, 199
Schurzfell 165
Schwaben: Fastnacht 476
Märchen 288
Schwank 467
Schweden: Märchen 289
Schwein 110
Schweiz : Landwirtschaft
486 ff. Märchen 290 fr.
Strohflechterei 484L Volks-
kunde 443 ff.
Schwert: -tanz 240fr. — d.
Moses 117, Attribut d.
Justitia 202, Tanzgerät
2 40 ff.
Seemann 470 ff.
Segen: -formein 124L Bann-
124. Bannlöse- 124. Bitt-
124L Gewitter- 109.
Gicht- 109, Heil- 124L
Selbstmörder 152
Siedlung 268
Siegel 115
Sigillé 120
Silen 130
Silvester 166
Sirenen 129, 132, 138, 140
Skiapodes 130
Skorpion (Fabelwesen) 135
Skylla 129
Sommersonnenwende 251fr.
Sorben: Bibliographie 376fr.,
489. Blockhaus 489. Pflan-
zennamen 488 f. Volks-
brauch 477. Volksfor-
schung 264, 489. Volks-
lied 462 f. Volksmedizin
489. Volkstracht 489
Sowjetunion: Bibliographie
323ff. Volkslied 463f.
Sphinx 132
Spiegel d. Salomo 123
Spott 154fr, 164L
Spreewald: Ritt d. Johannis
251 ff.
Sprichwort 154,469 f. Sprich-
wörtersammlung 29 f.
Stadtpfeifer 218, 222
Stall 177
Stand : mittelalterlicher —
3of., 193 ff. Deputation d.
Stände 199
Stein d. Weisen 120
Stock (Tanzgerät) 240f.
Strafe: Strafrecht 147fr.
Straßburg: Müller i6of.
Strohflechtarbeiten 484L
Stube 177
Tabarz: Volksmusik 215 h
Tal Josaphat 153
Talisman 112, 116, 120
Talismanologie 117, 120
Tanz 240ff. -gerät 240 fr.
Teppich: — v. Michelfeld
183 fr.
Teppichmacher 222
Teufel 113L, 149fr. Teufel-
zeichen 151
Thüringen: Volkskunst 485L
Volksmusik 212ff., 265
Tierprozeß 151
Tiersymbolik: Adler 192.
Elster 192. Falke 192. Fa-
san 192. Fuchs 191, 207.
Häher 192. Pfau 192
Tirol: Fastnacht 473f.
Tod 149
Tote 152. Totenkopf 115.
Totentanz 478 f.
Traumbuch 108
Triton 129
Troglodyten 132
Trommel (Tanzgerät) 240 ff.
Tuch (Tanzgerät) 240f.
Turkestan: Tanz 243
Umkreisung 243
Unehrlichkeit 161
Urgeschichte 268
Vegetationssymbol 243, 254
Verbrennen 150L
vergraben v. Zauberbüchern
116
vermauern v. Zauberbü-
chern 116
Vieh Wirtschaft 486 fr.
Völkerkunde 12ff., 268.
Volkskunde u. — 269 fr.
Volksbegriff 262
Volksbuch 65 fr., 127, 139,
145, 154
Volksdichtung (s. Märchen,
Sage, Schwank,Volksbuch,
Volkslied, Volksrätsel)
Volkserzählung 464f. (s. auch
Märchen, Sage, Schwank,
Volksrätsel)
Volksglaube 109 fr., 147 fr.,
166
Volksjustiz 147fr.
Volkskunde: Bildquellen zur
— 449, 486fr. Forschungs-
ziel der — 2690"., 447 f.
Geschichte der — uff.,
261 f., 445 fr., 489. —und
Völkerkunde 269 fr. — in
den Kreisplänen des Na-
tionalen Aufbauwerkes 263
Volkskunst: i67f., 266,
296fr., 485f.
Volkslied 69fr., 224fr., 264,
451 ff. Bayern 460fr. Rhein-
land 454fr. Thüringen'
215 fr. finnisch 41fr. rus-
sisch 463f. sorbisch 462f.
Ballade 451 ff. Bergmanns-
lied 457 fr. Handwerker-
lied i6if., 165
Volksmusik 212fr., 265
Volksrätsel 164
Volksrecht 147 fr., 159, 204 f.
Volkssprache 448fr., 467fr.
Volkstanz: -forschung 267
Volkstracht: Oberlausitz
489. Sachsen 266. — d.
Müllers 165 f.
Vorgeschichte 21
Sachverzeichnis
499
Waage (Attribut d. Justitia)
202
Waffentanz 240 ft'.
Wahrhaftige Feurige Drache
118, 123
Walfisch (Fabelwesen) 137,
140
Wappen: Müller- 161
Wechmar i. Thür.: Volks-
musik 213 ff.
Weiber (Fabelwesen) 138
Weihnachtsbaum 450, -nacht
Weinstock 144 F [117
Weltordnung 148F
Westfalen: Märchen 285
Wetterfahne 168
Wiedergänger 152F
Wiege 155, 198
wilde Jäger 97f.
Winzer 155
Wirtschaft 268, 486fr.
Wirtschaftsgerät 267F, 276fr.,
302ff., 486ff.
Wittenberg: Sage 1x7
Wohnkultur 268
Worms: Müller 160
Wunder erzählung 127 ff.
Wunderhorn 43, 224ff., 264
Wünschelrute 119
Wurfholz (Tanzgerät) 243
Zauber: -brauch 109ff.,
-buch 109 fr., -formel 124F,
-lied 51fr., -Spruch 109 fr.,
-stab 117, -tabelle 115,
Glück- 114fr., Schaden-
113 ff., 134. (s. auch apotro-
päisch)
Zauberer 149
Zentralhaus für Laienkunst
266 f.
Ziegenfüßler (Fabelwesen)
Ï31,133, 138
Zimmermann 182
Zins: Erb- 160, Mühlen-
162
Zither 244
Zunft: Müller 160ff.
Zurnaspieler 142
Zweikampf 148
Zwerg 128, 138, 149
(nst. f. dt. Volkskunde
xurtritijr0’(eijtt im>mmta 1 1t rl 1 tX|
jhfrmtt iemjjci £«ui$ in c dirrt
mthxiffrCciudi bafyßfriija niajt, 4
fimfiLrvtHftäitere >i>rruivuiub!rtt.
b. Der Windmüller aus Christoff Weigels Ständebuch 1698
Tafel Vili
a. Lichtenhagen bei Rostock: Dreiständerhaus
b. Schultow bei Rostock: Querbüdnerei
Tafel IX
a. Althagen bei Wustrow: Niedersächsischer Radialhof
b. Malchow, Kreis Waren: Niedersächsische Ackerbürgerhäuser
links: Giebelhaus, rechts: Querhaus
b. Lütten Klein bei Rostock : Niedersächsisches Querhaus
a. Groß Klein bei Rostock: Gutshoftyp
Tafel XI
Tafel XII
Adolf Spamer
MANUEL
DE
FOLKLORE FRANÇAIS
CONTEMPORAIN
ARNOLD VAN GENNEP
TOME PREMIER
'1
INTRODUCTION GÉNÉRALE
ET PREMIÈRE PARTIE .
DU BERCEAU A LA TOMBE
NAISSANCE - IIAHTÈME - ENFANCE - ADOLESCENCE FIANÇAILLES
Avec 6 figures cl 7 caries
1943
Alle Organisationen und Institute sind tot,
wenn sie nicht das Herzblut Einzelner durch-
flutet. Diese erst sichten, ordnen, deuten und
verlebendigen die „toten“ Stoffmassen und
stellen stets das Eigenwerk des Einzelnen
neben die Schöpfung der Gemeinschaftsarbeit.
Doch mächtiger als alles andere beflügelt der
Glaube an den Wert des volkskundlichen
Schaffens die Schöpfungskraft. Wissen wir
heute doch, daß es nicht das Gefällige, Be-
glückende einzelner Ausdrucksformen des
Volkslebens ist, das der Volkskunde die Her-
zen öffnet, noch Alter, Seltsamkeit, Wert oder
Unwert ihrer Ausdrucksbilder, sondern allein
das Wissen darum, daß diese Gebilde in ihrer
Gesamtheit Vergegenständlichungen jener
Lebenskräfte sind, die die Völker und damit
letzten Endes den Menschen gestalten, die
darum sowohl unser aller Zeitform wie unser
aller zeitloses Schicksal sind.
Arnold van Gennep
Ai
Erster Band
Heft 1/2
Jahrgang 1955
N
(/)
O
DEUTSCHES JAHRBUCH
FÜR VOLKSKUNDE
Herausgegeben vom Institut für deutsche Volkskunde
an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
durch
Dr. Wilhelm Fraenger
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