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B. Referate. Ethnologie.
gebrachten Arbeit hat er sein Bestes gegeben. De Lapouges „Arier“ wird fin
den Anthropologen, für den Geschichtsschreiber nnd Sozialpolitiker unentbehrlich
sein. Um nur eines hervorzuheben: Die im Anhang vereinigten litterarischen
Belegstellen, welche von den Eigentümlichkeiten arischer Völker handeln, sind
noch nie in solcher Vollständigkeit und Übersichtlichkeit gegeben
worden. Sie umfassen Inschriften von 12 assyrisch-babylonischen Herrschern auf
6 Seiten, Zeugnisse von 25 griechischen Schriftstellern (wobei zum Teil auf den
Text verwiesen ist) auf 5 Seiten, und von 26 römischen Schriftstellern auf 12 Seiten.
Auf Grund genau angegebener Litteraturbelege unterscheidet der Verf.
6 Eiszeiten, d. h. Vorstösse der Gletscher, und 5 Zwischeneiszeiten. In
die fünfte Zwischeneiszeit verlegt er die Entstehung der Arier, oder vielmehr
Vorarier (Proto-Aryens). Ihre Wiege sucht er in Nordeuropa, jedoch stimmt er
mit P e n k a und Wi 1 s e r nicht darin überein, dass er Skandinavien dafür ansieht,
sondern er lässt die Arier in einem untergegangenen Lande entstehen, welches sich
zwischen Schottland und Skandinavien ausdehnte und das er „L athamsb o den“
(terre de Latham) nennt. Es muss ein flaches, durch viele Seen und Lagunen
unterbrochenes Land mit feuchtem, nebligem Klima gewesen sein. Wir verweisen
auf die näheren Ausführungen des Verf. über die Auslese-Bedingungen, die in
diesem Lande herrschten und die den Arier körperlich und seelisch schufen. Er
giebt jedoch zu, dass dieses Land in die Britischen Inseln, sowie nach Skandinavien
und Norddeutschland Übergriff. Der eigentliche Mittelpunkt jedoch, der die
Lebensbedingungen am reinsten besass, ist von der Nordsee verschlungen worden.
In mehreren Hauptabschnitten behandelt der Verf. die vorgeschichtlichen Arier,
die Arier in der Geschichte, die Geistesverfassung (Psychologie) der Arier, die
gesellschaftliche Rolle der Arier und die Zukunft der Arier. Die letztgenannten
Ausführungen sind, wie die meisten Schriften de Lapouges, von einem bitteren
Pessimismus durchtränkt, verdienen aber auch dann beherzigt zu werden, wenn
man mit ihm nicht überall sich einverstanden erklären kann. Wir haben hier das
Buch eines der geistvollsten und gewissenhaftesten Forschers vor uns, in dem er
das Ergebnis seiner Lebensarbeit zieht, das schon aus diesem Grunde vollen An
spruch auf eingehendes Studium erheben kann. Otto Ammon-Karlsruhe.
53. William Z. Ripley: The races of Europe, a sociological study.
London, Kegan, Paul, Trench, Triibner & Co. 1900.
In No. 2 des Centralblattes für Anthropology von 1898, Seite. 115, habe ich
die Ripleyschen Aufsätze besprochen, die unter dem Titel: „The Racial
Geography of Europe“ in der amerikanischen Zeitschrift „Populär Science
Monthly“ erschienen sind. Dem damals geäusserten Wunsche, dass das Ganze als
Buch erscheinen möge ist nunmehr entsprochen worden. Der Verfasser hat den
Text noch bedeutend erweitert, auch einiges verbessert, und die Landkarten sind
grossenteils mit äusserster Genauigkeit noch einmal gezeichnet worden, namentlich
mit Rücksicht darauf, dass soviel wie möglich alle Länder mit den nämlichen