B. Referate. Ethnologie.
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Abbildungen stellt Fig. 1 eine Gruppe von drei aus Olekminsk her
stammenden Tungusen, teilweise offenbar in Nationaltracht, dar. Der
Tunguse der Fig. 2 und die Tungusin der Fig. 3, beide dem Transbaikal
gebiete angehörend, tragen durchaus den Stempel mongolischer Gesichts
bildung, weniger deutlich ist dies der Fall bei dem in Fig. 4 wieder
gegebenen Porträt eines 19 jährigen russisch-tungusischen Bastardes.
Dr. Richard Weinberg-Jurjew (Dorpat).
159. Waldemar Bogoras: The Chukchi of northeastern Asia.
American. Anthropologist. 1901. Vol. III, No. 1, S. 80 ff.
Yerfasser hat als russischer Beamter längere Zeit in nächster Berührung
mit den Tschuktschen gelebt und schildert sie hier nach eigener Anschauung.
Er bespricht zunächst ihre frühere Geschichte. Als die Russen zum ersten
Mal nach dem östlichen Sibirien vordrangen (gegen Mitte des 17. Jahrh.),
sassen die Tschuktschen östlich vom Flusse Tschaun und südlich vom
Anadyr; in alten Urkunden wird ihr Land Tschuktskaya Zemlitza genannt.
Sie waren ein tapferes, grausames Volk und lange schwankte das Kriegs
glück zwischen ihnen und den Russen in den mit höchster Grausamkeit
geführten Kriege hin und her, ja es gelang ihnen, 1774 die Russen ent
scheidend zu schlagen, so dass sich diese 15 Jahre ganz zurückgezogen.
Später entwickelten sich friedliche Flandelsbeziehungen und die Sitten der
rohen Eingeborenen haben sich seither in sehr vorteilhafter Weise geändert.
Sie selbst haben seither an Landsitz gewonnen und ihre Wohnplätze über
den ganzen Kolyma-Distrikt ausgedehnt; der Handel, der früher wesentlich
kostbares amerikanisches Pelzwerk umsetzte, ist in neuerer Zeit nicht mehr
bedeutend (Renntierfelle, Tabak). Einen Tribut hat Russland oft ersucht,
aufzuerlegen, doch bringt die Kopfsteuer (1 Rubel für den erwachenen
Mann) bei den 15 000 Tschuktschen nicht mehr als 247 Rubel ein. Die
Tschuktschen scheiden sich in Küstenleute (Ahkalit, d. h. Seevolk, vom Cap
Erri bis zum Ost-Cap) und in Renntiertschuktschen (der Name des Volkes
ist abgeleitet von ihrem Wert Tschatschi, d. h. reich an Renntieren). Die
Küsten-Tschuktschen sind von dem sehr wechselnden Ertrage des Fisch
fangs abhängig und leiden oft schwere Hungersnot, dagegen ist die Subsistenz
der Renntier-Tschuktschen gesicherter. Mühsam ist ihr Beruf, die Renntiere
zu züchten, da diese nie ganz gezähmt werden, sondern stets zum Aus
brechen geneigt bleiben. Die Herden werden wegen der Mückenplage im
Sommer an die See oder an den Fuss der Berge getrieben. — Von den
kümmerlichen, kleinen Nachbarn, den Lamuten unterscheiden sich die
Tschuktschen durch höheren und kräftigeren Wuchs; ihre Jochbeine treten
weit weniger nach vorn vor, als bei den Tungusen oder Jakuten. Die
Augen sind braun, nicht schräg geschlitzt, das Haar schwarz, öfters wellig
oder selbst kraus, es wird erst spät weiss. Der Bart ist dürftig, dagegen