ß. Referate. Ethnologie.
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Entwickelung studiert. Er selbst hat bei seinen sehr eingehenden Unter
suchungen der peruanischen Kulturstätten nach solchem Prinzip verfahren.
Ein besonderes günstiges Feld hierfür war der alte Tempel des Gottes
Paehacamac, in dessen Trümmern er übereinanderliegend die Spuren fünf
aufeinanderfolgender Kulturperioden unterscheiden konnte. Die ältesten der
selben war 1. charakterisiert durch den klassischen Stil der Monumente
von Tihuanaco, darauf folgte 2. eine lokale Weiterentwickelung dieses Stiles,
o. eine Periode weiss, rot und schwarz bemalter Gefässe, 4. eine solche,
die durch gewisse schwarze Thongefässe gekennzeichnet war und 5. die
Periode des eigentlichen Inkastils. Ähnliches fand sich in den Ausgrabungen
von Chaucan, der alten Stadt der Chimus; bei Moche liess sich nachweisen,
dass die gewöhnlich den Inkas zugeschriebene Huaca del Sol viel älter war;
sie entsprach der dritten der angeführten Perioden und lag wohl schon in
der vierten und fünften (der Inkaperiode) in Trümmern. Eine besondere
archäologische Provinz liegt südlich von Lima in den Thälern von Chiucha,
Pisco und Ica. Dort findet man vertreten: 1. die Inkakultur, 2. eine eigen
artige, wahrscheinlich unmittelbar der Inka-Invasion vorausgehende Kultur,
o. manche Gräber, deren Einschlüsse der ältesten und zweiten Periode von
Paehacamac entsprechen und 4. eine wahrscheinlich noch ältere, sehr inter
essante Kultur; obgleich die Gefässe derselben technisch denen von Tihuanaco
nahestehen, unterscheiden sie sich doch von fast allen anderen peruanischen
Typen durch die Freiheit des Stils. In ihr war der Gebrauch von Ziegeln
bei Errichtung der Gebäude noch nicht aufgekommen, sondern diese wurden
hergestellt durch rundlichst zusammengeballte Thonklumpen, die einfach mit
Thon zusammengeschmiert wurden. Diese Kultur muss als ältere Schwester,
vielleicht als Mutter derjenigen von Trujillo (schön bemalte Thongefässe)
angesehen werden. Die Entwickelungsfolge dieser alten peruanischen Kulturen
muss eine lange Zeit, wohl tausende von Jahren, in Anspruch genommen
haben; Uhle glaubt den fünf in Paehacamac und auch sonst nachgewiesenen
Perioden mindestens eine Zeit von 2000 Jahren zuschreiben zu müssen.
Die Analyse jener uralten Kulturen muss fruchtbringend sein auch für das
Studium der anderen höheren mittel- und südamerikanischen Kulturen, die
vielleicht schon in ältesten Zeiten mit der peruanischen in Verbindung ge
standen haben. Prof, Emil Schmidt-Jena.
259. Theodor Koch: Die Apiakä-Indianer (Rio Tapajos, Matto
Grosso). Verhdl. d. Berliner Gesellschaft füi Anthropologie,
Ethnologie und Urgeschichte, 1902. Bd. XXXIV, S. 350—379.
In einem geschichtlichen Überblick giebt der auf dem Gebiete süd
amerikanischer Ethnologie wohlbekannte Verf. alles wieder, was wir aus
■der Litteratur über diesen brasilianischen Indianerstamm wissen. Genauer
bekannt werde er erst seit dem Jahre 1819. Später ist er namentlich von