292
B. Referate. Ethnologie.
und 1902. Sofern er Lücken aufweisen sollte, will Verf. im nächstjährigen
diese ausfüllen. Es bedarf keines Hinweises, dass Verf. sich den Dank der
Fachgenossen durch diese Veröffentlichung verdienen wird. Wenn wir eine
Bitte aussprechen dürfen, so wäre es die, dass bezüglich der Ausführlichkeit
der Referate mehr Übereinstimmung sein möchte; denn einige Arbeiten, die
unseres Erachtens mehr Beachtung verdienen, sind mit wenigen Zeilen ab-
gethan worden. Buschan-Stettin.
324. Seale Harris: Tuberculosis in the negro. The Alabama
Medical Journal, 1903. Sonderabdr., 19 Seiten.
Zur Zeit der Sklaverei war unter den Schwarzen Amerikas Tuber
kulose eine äusserste Seltenheit, nach der Freilassung der Sklaven nahm
dieses Leiden aber unter ihnen auffällig zu und heutigen Tags erfordert die
Tuberkulose unter Negern mehr Todesfälle als alle übrigen Infektionskrank
heiten zusammengenommen, und dreimal soviel Todesfälle als unter der
weissen Bevölkerung. Nach dem Census von 1900 starben in den Ver
einigten Staaten von 100000 Menschen 126,5 eingeborene Weisse und
485,0 Neger an Lungentuberkulose, und 176,7 Weisse, sowie 349,0 Schwarze
an Pneumonie. Ähnlich stellt sich das Verhältnis in den statistischen Er
hebungen der einzelnen Staaten.
Verf. sucht den Ursachen für so hohe Sterblichkeit der Schwarzen
an Tuberkulose nachzugehen. Einen Einfluss der Rasse möchte er weniger
hierfür verantwortlich machen, als vielmehr die socialen Bedingungen. In
dessen giebt er wohl zu, dass die Neger eine schwächere Entwicklung der
Brustorgane besitzen, kleinere Grössenverhältnisse, geringeres Gewicht und
geringere Kapazität der Lungen gegenüber den entsprechenden Verhältnissen
bei den Weissen, wie die Untersuchungen von Mc Dowell, Otis und Woodward,
Rüssel, Hoffmann, Gould u. a. festgestellt haben. Er meint aber, dass-
dieses Verhalten der Lungen, das natürlich leichter zur Acquisition eines
Lungenleidens führt, durch die unglücklichen socialen und hygienischen Be
dingungen der Neger zur heutigen Zeit bedingt wird. Als die Sklaverei
noch bestand, war die Lage der Schwarzen eine weitaus günstigere. Die
Plantagenbesitzer waren sich wohl bewusst, welche wertvollen, dem Klima
angepassten Arbeitskräfte sie in den Schwarzen besassen, und suchten daher
dieselben sich zu erhalten und auf tüchtigen Nachwuchs besonderes Gewicht
zu legen. Daher gaben sie ihnen gute und reichliche Nahrung, gute Unter
kunft, bewilligten ihnen Sonntagsruhe, belohnten die Mütter für kräftigen
Nachwuchs u. a. m. Heutzutage leben die Schwarzen aber unter sehr
schlechten hygienischen und ökonomischen Bedingungen, eingepfercht, unter
ernährt, verfolgt, sodass ihre Konstitution eine minderwertige sein muss.
Dazu kommt die grosse Zunahme der Syphilis, sowie der Gonorrhoe unter
ihnen. Die Syphilis disponiert erfahrungsgemäss sehr zur Erwerbung vom