Internationales Centralblatt
für
Anthropologie und verwandte Wissenschaften
in Verbindung mit
D. Anutschin-Moskau, T. de Aranzadi-Barcelona, G. Colini-Rom,
A. Götze-Berlin,Fr. Heger-Wien, J. Heierli-Zürich, A. H. Keane-London,
Y. Koganei-Tokyo, F. v. Luschan-Berlin, L. Manouvrier-Paris,
R. M art in-Zürich, 0. Montelius-Stockholm, S. R e in a ch-Paris,
L. Stieda-Königsberg, A. v. Török-Budapest und anderen Fachgenossen
herausgegeben und geleitet von Dr. phil. et med. G. BuSChcM, Stettin.
Stadt und Land II.
Genealogie und Anthropologie.
(Fortsetzung-.)
Von Dr. J. H. F. Kohlbrugge-Sidhoardjo (Java).
Weit schwieriger war es für mich, die Genealogie der Portu
giesischen Juden zu studieren, und zwar, weil über diese keine Vor
studien Vorlagen; ich kann hier nur einige, immerhin interessante
Daten bringen. Die portugiesischen Juden kamen teils 1590, die
meisten erst um die Mitte des 17. Jahrhunderts nach Amsterdam.
Sie wurden ihrer hohen Bildung und auch ihrer Einkünfte wegen
für die Aristokratie der Juden angesehen, sie vermischten sich nie
mit den sogenannten Deutschen oder Polnischen Juden; sie standen
eben durch ihre Bildung den Christen näher, und gingen in letzter
Zeit auch öfter mit diesen Ehen ein, manche traten auch zur refor
mierten Kirche über, wobei streng darauf geachtet wurde, dass alle
Mitglieder der portugiesischen Gemeinde wirklich aus Portugal
stammen. Einige Familien kamen allerdings erst nach 1650 nach
Amsterdam, ’) aber diese hatten nach der Flucht aus Portugal immer
in grossen Städten wie Paris, London und Antwerpen gelebt, bevor
sie sich in Amsterdam niederliessen. Dem Stadtleben hatten sich
also alle, wenigstens seit 1650 angepasst: von diesen Juden sagt
man heute, dass sie stark degenerieren, und zwar besonders wegen
der vielen konsanguinen Ehen, zu denen sie sich genötigt seheu, da
sie mit anderen Juden nicht heiraten wollen und die meisten die Ehe
mit Christen verabscheuen. Nun heiraten nur die wohlhabenden
Familien untereinander und beschränken ihre Kinderzahl, um das
1) Alles was ich hier mitteile, beruht auf historischen Studien im Archiv
der Stadt Amsterdam, dessen Archivar ich sehr zu Dank verpflichtet bin.
Intern. Centralblatt für Anthropologie. 1903. 21