A. Originalarbeit.
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stand zu mehren. Übrigens sinkt ja in den meisten Ländern Europas
die Natalität herab; sie sank in Holland von 37,35 pro 1000 im
Jahre 1885 auf 30,91 pro mille im Jahre 1894.
Wir haben nun nachgewiesen, dass die wohlhabenden Familien
weniger Kinder grossziehen, als die ärmeren, auch wenn man nur
auf die Kinder achtet, welche das 5. Lebensjahr erreichen. Da wir
nun wiederholt beobachteten, dass die Mortalität die Unterschiede
in der Natalität fast zum Verschwinden bringt, so entsteht die Frage,
ob nicht jeder Unterschied verschwinden würde, wenn man berechnen
könnte, wie viele Kinder aus den verschiedenen Ständen sich fort
pflanzen, also selbst Ehen schliessen, denn darauf kommt es doch
eigentlich an. Es könnte sogar sein, dass sich dann herausstellen
würde, dass die besseren Stände relativ produktiver sind, sich schneller
vermehren, als die armen Leute. Diese Frage ist leider nicht direkt
zu beantworten, da man die Kinder bestimmter Ehen wegen der
Freizügigkeit nicht so weit verfolgen kann. Indirekt kann man
aber diese Frage wohl beantworten. Dazu können die Sterbetafeln
der Stadt s’Gravenhage von (1866—1884) uns behülflich sein. In
dieser Stadt wohnen nämlich 71 °/ 0 der Arbeiter in bestimmten, scharf
umschriebenen Häuserkomplexen, sogenannten „Höfen“, welche sich
in verschiedenen Gegenden der Stadt vorfinden. Vergleicht man nun
die Bewohner dieser Höfe (41000), also die ärmsten Familien, mit
der übrigen Bevölkerung (92000), dann ergiebt sich, dass auf 1000
Geborene
Arbeiter
Übrige Be
völkerung
Unterschied
in %
1 Jahr alt wurden
791
809
18
5 Jahre alt wurden
711
734
23
20 Jahre alt wurden
670
699
29
Diese Zahlen zeigen recht deutlich, dass die Mortalität unter
den Kindern der Arbeiter nicht nur vom 1. bis 5. Lebensjahr grösser
ist, als bei der übrigen Bevölkerung, sondern dass der Unterschied
noch nach dieser Zeit zunimmt, sodass verhältnismässig weniger
Arbeiterkinder das 20. Jahr erreichen, als bei der übrigen wohl
habenderen Bevölkerung. Wir dürfen also schliessen, dass, wenn
man alle Kinder bestimmter Ehen bis zum 20. Jahre verfolgen könnte,
sich ergeben würde, dass die wohlhabenden Eltern ebensoviel oder
noch mehr Kinder zur Fortpflanzung bringen, als die Arbeiter. Der
oben festgestellte Unterschied zu Gunsten der ärmeren Stände wird