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B. Referate. Anthropologie.
381. A. Marro: Idiota microcefalo. Atti della Soc. Rom. di Antropol.
1903. Vol. IX, S. 267—280.
Der beschriebene 23jährige Idiot aus der Irrenanstalt Turin ist der
letzte von 8 Geschwistern, von denen 6 geistig gesund waren, das siebente
Kind, eine Schwester, ebenfalls mikrokephal und idiotisch war. Der Yater,
der zur Zeit der Erzeugung des letzten, idiotischen Kindes schon im vor
geschrittenen Alter, Ende der 40, war, ist starker Trinker, die Mutter leidet
an Kopfschmerzen und Depressionszuständen. Mit Geschick unterscheidet
Yerf. atavistische einerseits und atypische und krankhafte Symptome andrer
seits in dem beschriebenen Falle. Die ersteren, deren Ursache er in dem
vorgeschrittenen Alter des Yaters bei Erzeugung des Kindes sieht, sind
Mikrokephalie, Adhärenz des Ohrläppchens, ellipsoide Kontur des Zahn
bogens, Lemurfortsatz des Unterkiefers, Haarwuchs in der Sakralgegend,
relativ stärkere Ausbildung der Unterarm- und Unterschenkelknochen, knorpel
artige Beschaffenheit des septum intercavernosum penis; kindliche Intelligenz
und Sprache, wenig differenzierter Geschmack und Gehässigkeit. Zu den
atypischen und pathologischen Erscheinungen, die ihre Entstehung krank
haften Zuständen der Eltern, hier dem Alkoholismus des Yaters und dem
Geisteszustand der Mutter, verdanken sollen, gehören im vorliegenden Falle
ungleichmässige Einpflanzung der Ohrmuscheln, Hammerzehen, Abweichen
der Zunge, leichter Strabismus, klonische Zuckungen der Gesichtsmuskulatur,
Ausfall in den Geruchsempfindungen und niedriges Gefühlsleben. Man muss
zugeben, dass die Differenzierung der sogenannten degenerativen Erscheinungen,
wie sie Yerf. versucht, wenigstens einen kleinen Fortschritt in der Lehre
von den Degenerationsmerkmalen bedeutet, wenn die ätiologischen Verhältnisse
wohl auch nicht so einfach liegen mögen, wie es Yerf. darstellt.
H. Laufer-Giessen.
382. A. Baer: Über jugendliche Mörder und Totschläger. Archiv
f. Krimmalanthropologie, 1903. Bd. XI, S. 103—170.
Verf. schildert bei 22 jugendlichen Yerbrechern im Alter von 14 bis
18 Jahren den Hergang der Strafthat, das Verhalten des Individuums bei
und nach dieser und dann die weiteren Wahrnehmungen, die er während
der Gefangenschaft an den Delinquenten gemacht hat.
Aus den Einzelbeobachtungen zieht Yerf. folgende, durchaus gerecht
fertigte Schlüsse. Wenn man erwarten durfte, dass die typischen Zeichen
des geborenen Verbrechers am meisten im kindlichen und jugendlichen Alter
ausgeprägt sein müssten, so muss man beim Mangel solcher spezifischer
Merkmale, die nur in der somatischen Organisation der Verbrecher, nicht
aber in der der Unbescholtenen vorkämen, durchaus die Existenz des ge
borenen Verbrechers und des Verbrechertypus leugnen. Im Gegensatz dazu
wird betont, dass wie sonst die Verbrecher auch die jugendlichen durchweg