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B. Referate. Urgeschichte.
III. Urgeschichte.
A. Allgemeines.
400. Julius Naue: Die vorrömischen Schwerter aus Kupfer, Bronze
und Eisen. Mit einem Album, enthaltend 45 Tafeln u. Ab
bildungen. München, K. priv. Kunstanstalt Piloty u. Loehle,
1903. 4°. VIII u. 126 Seiten.
Schon einige Male wurde der Versuch gemacht, den Ursprungsort und
die Entwicklung der prähistorischen Schwerter klar zu legen, aber immer
erwies sich das Material als noch nicht umfangreich genug. Mit der Zeit
haben sich aber die Funde derart gemehrt, dass jener Versuch mit Aus
sicht auf Erfolg wiederholt werden konnte. Freilich brauchte es dazu einen
Forscher, der die gesamten einschlägigen Materialien übersah und beherrschte,
ein feines Gefühl für Formen und Ornamentik besass und die prähistorische
Technik genau kannte. Alle diese Anforderungen trafen in Professor Dr.
J. Naue, der ein langes Leben hindurch auf urgeschichtlichem Gebiete thätig
war, vollkommen zu.
Naue betrachtet zuerst die Schwerter ohne Vollgriffe und unterscheidet
fünf Typen derselben. Typus I ist entstanden aus den ältesten bekannten
Kupferdolchen und begreift diejenigen Schwerter in sich, die im Osten der
Mittelmeerländer zuerst in Kupfer, dann in Bronze gegossen wurden und
teilweise bis ins dritte vorchristliche Jahrtausend hinunter reichen, wie die
im ganzen dreieckigen, mit rauten- oder linsenförmigem Klingendurchschnitt
versehenen Kupferschwerter von Cypern. Bedeutend jünger sind die in den
mykenischen Schachtgräbern gefundenen Schwerter aus Bronze. Sie haben
eine dreieckige Klinge und endigen in eine kurze Griffzunge. Aus ihnen
mögen sich jene um 1400 vor unserer Zeitrechnung erscheinenden Bronze
schwerter entwickelt haben, welche bei ähnlicher Klinge eine mit niedrigen
und schmalen Rändern versehene Griffzunge besitzen. Nach und nach treten
dann Schwertklingen auf, deren Mitten einen verstärkenden Wulst aufweisen
oder bei denen der rautenförmige Durchschnitt in einen spitzovalen übergeht.
Viel einheitlicher ist Typus II, nur Bronzeschwerter umfassend. Ob
wohl ein Exemplar desselben in Mykenä zum Vorschein kam, ist dieser
Schwerttypus nicht im östlichen Mittelmeerbecken entstanden, sondern in
Mittel-Italien, wo er gegenwärtig in 20 Stücken nachgewiesen werden kann.
Fine weitere Entwicklung erfuhr diese seit ca. 1200 v. Chr. existierende
Form in Ungarn und in Nordeuropa. Das zum Schlag geeignete ungarische
Bronzeschwert, dessen Schwerpunkt mehr gegen die Spitze gerückt ist, er
scheint eigentümlich wuchtig gegenüber dem eleganten Bronzeschwert des
nördlichen Europa. Aus dem zweiten Typus haben sich die Bronzeschwerter
der Hallstattzeit entwickelt mit ihren stark geränderten Griffen, ihren oben
einziehenden und nach unten anschwellenden Klingen. Sie leiten über zu