92 scheu, wo man dann einen kleinen roten Flecken bemerkt. Wenn Jemand der Varcolac neunmal besucht und ungestört von seinem Blute gesogen hat, so muss der Betreffende nach Ablauf einiger Tage sterben. Um den Varcolac fernzuhalten, legt man Weihrauch, Fenchel, Knoblauch in’s Bett oder besprengt es jeden Abend mit Weih wasser. In Siebenbürgen zeichnet man unter die Schlafstätte mit Kohlen, die man aus dem Weihrauchbecken der Kirche geholt hat, Kreuze oder drei in sich geschlungene Dreiecke (der deutsche Truden- fuss). Der Varcolac kann sich so „schmal machen", dass er im Stande ist, selbst durch das Schlüsselloch durchzukriechen und sein Opfer zu besuchen. Verstofft man zufällig dasjenige Loch, durch welches der Varcolac zum betreffenden Menschen gekrochen ist, so verliert er sofort seine Kraft und auch seine Gestalt und verwandelt sich gewöhnlich in einen Strohhalm oder eine Bettfeder, oft aber in den Fingernagel eines Kindes. Findet man solche Dinge in der Frühe vor dem Bette liegen, so soll man sie verbrennen, denn da durch verschafft man dem Varcolac die Buhe, der dann in die „andere Welt" einkehrt. In Kescliinar (Siebenbürgen) war im Jahre 1883 die Frau eines reichen Rumänen dem Tode nahe. Allgemein liiess es, der Varcolac habe schon acht- oder wenigstens schon siebenmal an ihr gesogen. Da fand man gerade am Ostermorgen vor ihrem Bette den Daumennagel eines kleinen Kindes, der sofort im Beisein aller Verwandten und Nachbarn mit Weihwasser besprengt und ver brannt wurde, worauf aus den Flammen eine Biene emporflog, sich auf das Bett der Kranken setzte und einige Mal deutlich die Worte summte: „Hab’ Dank, hab’ Dank!" Die Biene flog zum Fenster hinaus, die Frau aber erlangte ihre frühere Gesundheit wieder. Die Leute glaubten, sie hätte mit dem Nagel den Varcolac verbrannt, der nun als Biene in’s Jenseits gelangt sei. Der Knecht des Hauses war nämlich spät in der Nacht vom Gebirge heimgekehrt und leise in die Vorstube geschlichen, wo er sich zur Ruhe begab, zuvor aber seine grosse Schaffellmütze an die Thürklinke der Wohnstube hing. Mit der Mütze verschloss er das Schlüsselloch, durch welches hin durch der Varcolac die Hausfrau zu besuchen pflegte. . . . Wird ein Varcolac im Laufe von sieben Jahren nicht auf solche Weise erlöst, so kommt er nach Ablauf dieser Zeit auch in den Mond, wo er so lange verweilt, bis eine Mondfinsternis eintritt und er dann vom Mond in die Hölle geschleudert wird. Mit dem Moroiu ist der Varcolac also verwandt, unterscheidet sich aber von ihm wesentlich dadurch, dass er Nachts kein Getöse, keinen Lärm schlägt, und dass er das Blut des Menschen saugt; ein Incubus- oder Subcubus-Geist aber ist weder der Moroiu, noch diese Art der Varcolaci. Anmerkung. Zu den Mondsagen im Vorstehenden vergleiche unsere Umfrage „Der Mann im Monde“ Am Ur-Quell V und VI. Die Red.