AM UR-QUELL.
MONATSCHRIFT
Herausgegeben
von
Friedrich S. Krauss.
„Das Volktum ist der Völker Jungbrunnen.“
IY. Ti. I. Hft. Bezugpreis ganzjährig: 4M. = 5 Kronen. 1893.
üeber den Zauber mit menschlichem Blnt und dessen
Ceremonial-Gebrauch bei den Indianern Amerikas.
Von Dr. A. F. (hamberlain (Clark ITniversity-Worcester, Massachusetts).
L Bekanntlich herrschte der Cannibalismus in verschiedenen
Teilen der neuen Welt. Nach den Berichten der alten Geschicht
schreiber zeichneten sich folgende Stämme Süd-Amerikas als Menschen
fresser aus:*)
a ) die Karai'ben auf den westindischen Inseln und auf dem Festlande;
b) die Guarani, Botokuden, Abiponer und andere Völker Brasiliens
und Paraguays;
c) die Feuerländer oder Inselbewohner von Tierra del Fuego.
Ueber den Ursprung der Menschenfresserei kann man leicht
dogmatisieren. Schafthausen fühlt sich geneigt, vielleicht mit Recht,
die Verbreitung, wenn nicht auch den Ursprung, des Cannibalismus
in Brasilien gewissermassen dem Mangel an Fleischnahrung zuzu
schreiben, und Zaborowski, was die Feuerländer betrifft, spricht die
selbe Meinung aus. 2 ) Bei einigen Völkern aber muss man den
Cannibalismus mit ’Rücksicht auf die Feinschmeckerei beobachten und
keineswegs als Produkt der Hungernot. Von einem gewissen bra
silianischen Indianerstamme sagt man z. B.: „sie ziehen das Menschen
fleisch dem Wildbret vor“, und von einem andern: „sie meinen, dass
das Fleisch der Spanier schlecht schmecke". 3 ) Nach einem fran
zösischen Schriftsteller rücken die Botokuden keck mit der Sprache
heraus und sagen ganz naiv: „Wir essen Affen. Warum nicht
p Siehe: Feber die Menschenfresserei und das Menschenopfer, bei Schaff
hausen, Anthrop. Studien (1885), S. 517 ff. 2 ) Revue Scientifique, Tome 49, p. 476.
3 ) Schaffhausen, S. 533.
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