Nacli Dorsey sah. ein Ponka-Inclianer aut einem Hngel sein mi
Blut bedecktes Gespenst, was seinen eigenen Tod yorstellte. ) In ganz
ähnlicher Weise glauben die Schuschwap-Indianei \on Bntisc i
Columbien, dass, wenn man träumend oder wachend Blut spritzen
gesehen, irgend einer durch Gewalttat sterben werde. Nach Geburt
eines Kindes muss die Mutter sich alles, was blutet, versagen, und
jedem Mädchen, das reif wird, schreibt man das nämliche vor. Stirbt
ein Zwillingkind, so muss das nachbleibende sich im Schwitzhause
reinigen, um aus seinem Körper das Blut des Gestorbenen zu ent
fernen. 2 ) Nachdem ein Krieger seinen Schutzgeist erhalten, kann er
Flintenkugeln und Pfeilen Trotz bieten. Denn, wenn er vom Pfeile
getroffen wird, blutet er nicht, sondern das in seinen Magen von
der Wunde niedertreufeinde Blut ausspeiend, kämpft er wacker fort.
Wirft man bei den Bku’figen den vom Blute eines Verwundeten noch
bedeckten Pfeil ins Feuer, so wird der Mensch sehr krank, deswegen
muss man den Pfeil sorgfältig verbergen und ihn weit vom k euer ent
fernt halten. 3 )
Bei den Uten kurirt man Wunden mit Fichtenharz, nachdem
das Blut ausgepresst ist, und beim Tode eines Verwandten scariffciren
und ritzen sie ihre Körper. 4 )
Bei den Tscherokiern ritzt der Schamane die Brust einer an
Rheumatismus leidenden Person mit einem Dorne und salbt die Haut,
indem das Blut herabfliesst. 5 )
Unter den rohen Völkern der nordwestlichen paciftsclien Küste
fand die Menschenfresserei eine ganz seltsame Verbreitung. Die Nutkas
töteten bei ihren schrecklichen Feierlichkeiten Sklaven und Gefangene,
deren Fleisch sie verspeisten. 6 )
Die gesellschaftlichen und religiösen Tänze der Kwakiutl von
Britisch Columbien hat Dr. F. Boas aus eigener Beobachtung um
ständlich beschrieben. In diesen Feierlichkeiten spielt der Cannibalis-
mus eine recht grosse Rolle besonders in den sogenannten Winter
tänzen, die ihren Ursprung einigen Geistern, insbesondere dem
cannibalischen Baqbakuälanusl'uae danken. In einer diese Geister
betreffenden Legende der Wik’enöq-Indianer leckt trotz des starken
Verbotes seiner Mutter ein Knabe das aus dem verwundeten Beine
eines anderen niedertreufeinde Blut gierig auf, und eine andere hier
auftretende Person sagt dem Geiste, nachdem er einen Hund getötet
und dessen Blut in eine Schale gesammelt: „Dies ist das Blut meiner
Söhne, geh nach Hause und gib es deiner Gattin.“ 7 )
In einer anderen Mythe der Kwakiutl erhielt ein gewisser Mann,
bevor er getötet wurde, vom cannibalischen Geist ein Säckchen, das die
Speise des Unholden enthielt. Sie bestand aus Ohren, Fingern, Zehen,
! ) Journ. of Amer. Folk-Lore I 73. 2 ) Dr. F. Boas. Deport of Committee
of Brit. Assoc., 1890, S. 98, 89, 92. 3 ] Boas, 'Deport, 1890, S. 93, 25. “) Bancroft,
Native Races I, 439, 440. 5 ) Mooney in Journ. of Amer. Folk-Lore 111, 48.
•) Bancroft, Native Races I. 7 ) Journ. of Amer. Folk-Lore, Vol. I (1888). 49—64.
Vgl. Bancroft, Native Races I, 171.