des dortigen Prämonstratenser Klosters angekommen, klopfte er und
verlangte gebieterisch Einlass. Die erschreckten Mönche glaubten die
Franzosen vor der Thüre und öffneten zaghaft. Ihre Furcht aber
verwandelte sich in helle Freude, als unser Heddesdorfer auf seinem
Stecken reitend als Pfingstreiter sich vorstellte. Reich bewirtet und
beschenkt zog er von da nach Engers. Die alte Gerechtsame war
gerettet.
i5. Einige Bemerkungen über die Eidechse
im Volkglauben.
Von 0. Schell, Elberfeld.
Ein Freund aus Westpreussen (Gegend von Schwetz an der
Weichsel) erzählte mir vor einigen Tagen Folgendes: Ein ihm be
kannter Mann lag an einem schönen Sommertage im Walde und
schlief. Plötzlich erwachte er und bemerkte, dass verschiedene
Eidechsen über seinen Mund liefen. Als er sich wieder umsah, be
merkte er, dass eine Kreuzotter in der Nähe weilte. Der Mann
war der festen Ueberzeugung, die Eidechsen hätten ihn vor der dro
henden Gefahr warnen wollen.
Die dortige slavische Bevölkerung soll des festen, ziemlich ver
breiteten Glaubens sein, dass Eidechsen schlafende Menschen vor
drohenden Gefahren, namentlich vor Schlangen, ihren erbittertsten
Feinden, warnten. Dieser Glaube hat in zahlreichen Sagen der dor
tigen Gegend einen Niederschlag gefunden. Erwähnt sei hier noch,
dass auch die Griechen bekanntlich ihren Schlafgott mit spielenden
Eidechsen zu seinen Füssen darstellen. Nach einer Mitteilung von
B. W. Schiffer im III. Bande des „Ur-Quell“ (S. 272) ist nach pol
nischer Ansicht jedem Stück Vieh eine bestimmte Eidechse gleichsam
als Schutzengel beigegehen. „Es ist daher nicht geraten, eine Eidechse
zu töten, denn es könnte das Vieh sterben oder die Kühe Blut anstatt
Milch melken,“ fährt obiger Berichterstatter fort.
Diese Mitteilung Schiffers würde durch vorstehende Notiz eine
nicht unwesentliche Erweiterung erfahren.
Eine günstige Auffassung von der Eidechse scheint überhaupt
in Europa nur dem slavischen Volk zu eignen. Nach L. Hopf („Tier
orakel und Orakeltiere in alter und neuer Zeit“) hat dieses geheimnis
volle Tierchen nur als Bote des Frühlings eine gute Bedeutung (was
eigentlich sehr nahe liegt und nicht belangreich erscheint), gilt aber
№i übrigen bei den romanischen und germanischen Völkern als un
heilvoll. Eine altdeutsche Benennung für Eidechse war „Hagedisse“,
Hexe. Diese Ansicht findet durch Simrock (Handbuch der deutschen
Mythologie, 6. Auf!., S. 170 und 177) ihre Bestätigung, welcher be
merkt: „Die Eidechse ist ein unheimliches Tier; sie soll aus fleisch
licher Vermischung der Hexen mit dem bösen Feind herrühren“;