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der Gegenwert für den Schatz, den die Erde birgt und ein Dämon
bewacht. Es muss aber nicht unbedingt Menschenblut sein. Ob das
Menschen- oder das Tieropfer primär ist, kann man nicht ohne-
weiters entscheiden, man hat vielmehr nach der Sachlage und dem
jeweiligen Ereignisse ein Urteil zu fassen. Es wird dadurch wesent
lich erschwert, dass wir den Glauben nicht in seiner geschichtlichen
Entwicklung aus einer langen Vergangenheit verfolgen können, sondern
dass uns lediglich Berichte sozusagen aus der jüngsten Gegenwart
vorliegen; denn es handelt sich nicht um einen entschwundenen,
sondern noch bestehenden Brauch und Glauben. Den will Professor
Vesnic endlich einmal ausgerottet wissen, und darum hat er seine
Abhandlung geschrieben in der Anhoffung, dass der serbische Staat
durch Förderung der Volksbildung und entsprechende gesetzliche
Verfügungen dem Uehel steuern werde.
Ein Freund Professor Vesnics schreibt: Träumt einem von ver
grabenen Schätzen, nehme er vor Allem zwei makellose, noch blinde
Kätzchen, die von einer und derselben Katze geworfen wurden, dann
einen Topf Wasser und verfüge sich damit auf einen Kreuzweg
ausserhalb des Ortes. Hier hat er ein Feuer anzufachen und die
Kätzchen so lange im Topf sieden zu lassen, bis das Fleisch von
den Knochen gänzlich sich losgeschält. Ist dies eingetreten, muss
er mit den Zähnen die Unterkiefer beider Kätzchen aus dem Topfe
herausfischen und mäuschenstille an jenen Ort sich begeben, wo
seinem Traume zufolge das Geld vergraben ruht. Den Platz muss
er mit roten Fäden einhegen; denn man glaubt, dass um ihn herum
verschiedenartige Tiere herumspringen. An dem Platz angekommen,
soll er die Kieferladen aus den Zähnen herabfallen lassen, und
darauf erscheint ein Bär, den er erst überwältigen muss, um den
Schatz ausgraben und wegtragen zu können. Eine einzige Münze
jedoch muss er an der Fundstätte zurücklassen und auf dem Heim
wege in bestimmten Zwischenräumen wieder je ein Stück wegwerfen.
(Gegend von Nisch.)
Dieser Glaube deckt sich im Wesentlichen mit dem westeuro
päischen, wozu die von Professor K. E. Ilaase in unserer Zeitschrift
veranstaltete Umfrage Belege darbietet. Klarer in Bezug auf das v Blut-
opfer spricht sich ein Berichterstatter aus der Gegend von Cacak
aus: Will man einen Schatz beheben, muss man zunächst an der
Schatzstelle ein lebendiges Geschöpf abschlachten und die Stelle mit
Blut besprengen. Man muss so viel (2, 3, 5 9) Brüder oder Schwestern,
seien es auch nur Hühnchen oder Ferkelchen von einer Mutter
hinschlachten, als es jener heischt, der den Schatz vergraben, und
als ihrer das Traumgesicht angeordnet. Einem Manne sagte eine
Traumerscheinung mehrmals, dass unter seiner Hausschwelle ein
Schatz liege, den er jedoch erst dann beheben könne, wenn er auf
dieser Stelle neun Brüder abschlachte. Er setzte sogleich eine Henne
an, die ihm neun Hühnchen ausbrütete. Er schlachtete sie alle ab
und fand thatsächlich beim Graben einen Schatz.