Tribus: Tribus, 23.1974

Tribus, 23.1974

Bibliographic Data

Journal

Structure Type:: Journal

Works URN (URL):: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:kobv:11-714817

URN:: urn:nbn:de:kobv:11-714817

Persistent identifier:: BV044415258

Title:: Tribus

Sub Title:: Jahrbuch des Linden-Museums

ISSN:: 0082-6413

Place of Publication:: Stuttgart

Publisher:: Linden-Museum

Year of Publication:: 1953

Collection:: Journals and Newspapers > Journals of Ethnology

Domain:: Social and cultural anthropology > General overview

Journal Volume

Structure Type:: Journal Volume

Works URN (URL):: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:kobv:11-711733

URN:: urn:nbn:de:kobv:11-711733

Persistent identifier:: 1509019026143

Title:: Tribus, 23.1974

Year of Publication:: 1974

Call Number:: LA 6621

Collection:: Journals and Newspapers > Journals of Ethnology

Journal Issue

Structure Type:: Journal Issue

Title:: Bd. 23.1974

Collection:: Journals and Newspapers > Journals of Ethnology

Journal Review

Structure Type:: Journal Review

Title:: Horst H. Figge: Geisterkult, Besessenheit und Magie in der Umbanda-Religion Brasiliens

Other person:: Bonin, Werner F.

Collection:: Journals and Newspapers > Journals of Ethnology

Buchbesprechungen 259 Phänomene eindeutig abzuleiten sind, d. h. mehrere Quellen in Frage kommen; man könnte sagen, die Geister sind „überdeter miniert“, z. B. durch afrikanische orisa und europäische Heilige. Folgerichtig spricht Figge von einer „Liierung“, nicht „Identifizierung“ von orisa und Heiligen. Besessenheit ist ein religiöses, aber eigent lich kein religionstypisches Phänomen. Zwei Grundelemente sind für die Umbanda we sentlich: die Annahme der realen Existenz verschiedener Arten von spirituellen Indi viduen und die reale Existenz zweier gegen sätzlicher Arten spiritueller Energie. Das Ver hältnis von ,positiver“ zu ,negativer“ Energie (Fluidum), Wandlungen im Übergang von einem Träger zum anderen sind das Mittel zum Weltverständnis. „Psychologisch gesehen Ist die Fluidallehre im wesentlichen nichts anderes als die Hervorhebung und Offiziali- sierung eines allgemeinen und sogar sprach- inhärenten Vorurteilsschemas.“ Zum zentralen Problem der Besessenheit: Figge stellt heraus, sozialpsychologisch stel len inkorporierte Geister die Rolle des Me diums dar, das zu anderen Zeiten die Rolle „Mensch“ hat. Individualpsychologisch gilt diese Definition, wie Figge zeigt, ebenfalls: „wenn diesen beiden Rollen zwei Persön lichkeiten desselben Menschen zugeordnet werden, zwischen denen ein Bruch des Iden titätserlebens seiner selbst besteht“. Die Völkerkunde muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß sie jahrzehntelang Phä nomene wie die Besessenheit nicht in ihrer Eigenart und Eigenständigkeit sehen wollte. Mag sein, daß es eine Rolle spielt, daß in der europäischen Tradition Besessenheit fest defi niert war und daß man sie den Theologen überließ (die systematisierten nach posessio, obsessio und circumsessio und therapierten mit entsprechenden Exorzismen) und nicht sah, daß unbeschadet des christlichen Ver ständnisses hier ein Gegenstand der Ethno graphie und der ethnologischen Untersuchung lag. Medizin und Psychologie, vor allem me dizinische Psychologie und transkulturelle Psychiatrie, sind auf diesem Gebiet der Völ kerkunde um viele Jahre voraus (aber auch da spukt das böse Wort vom psychiatri schen Imperialismus“, Mead). Figges Arbeit, in der Völkerkunde rezi piert (und das ist ihr zu wünschen!), öffnet den Blick für zwei Perspektiven: zuvörderst drängen sich folgende Fragen auf (daß Figge sie nicht In seine Untersuchung miteinbezog, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht wer den: er arbeitet stringent die Ergebnisse sei ner Feldforschung heraus, und das genügt für ein Buch vollauf; daß Figge da wesentlich mehr weiß, verrät die Bibliographie, daß er auf eine Summa verzichtete, spricht für ihn): 1. Afroamerikanistik Welche Elemente in der Umbanda kom men aus Westafrika? Daß sie nicht als „neo afrikanisch“ angesehen werden darf, betont Figge. Vor allem, was wurde formal, was inhaltlich rezipiert? Stimmt es beispielsweise, daß eigentliche Besessenheitskulte in West afrika vorwiegend von Frauen, als Gegen gewicht zu den Maskenkulten der Männer, geübt wurden; wenn ja: spiegelt sich davon etwas in der Umbanda? Welche Verlagerun gen im Sinngehalt hatten statt vom Esu in Yoruba zu den Exus der Umbanda? ,Fern interpretation“ (Wölfel): Können afrikani- stische Probleme Im Licht der Figgeschen Un tersuchung neu gesehen werden? Alles in al lem: eine Fülle historischer und sozialpsycho logischer Probleme, die hier nicht alle ange rissen werden können — ohne scharfe Tren nung führen sie uns zum nächsten Fragen kreis. 2. Der Gehalt der Besessenheit Ernst und Bouffonerie gehen in den Be sessenheitskulten eine merkwürdige Verbin dung ein (W. M. Pfeiffer, Transkulturelle Psychiatrie, Stuttgart 1971, p. 118) — die kulturvergleichcnde Betrachtung könnte hier eine befriedigende erkenntnistheoretische In terpretation der Komplementarität vom Tri vialen und vom Erhabenen leisten. Werner F. Bonin

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