Spanische archäologische Forschungen in Amerika im 18. Jahrhundert 187
Prinzessin zurück, nämlich Karl VIII. von Neapel, den späteren Karl III. von Spa
nien, und die Prinzessin Maria Amalie Christina, die Tochter Augusts III. von Sachsen.
Auf Wunsch des königlichen Paares führte der königliche Bibliothekar, Marquis
Venutti, die systematische Erforschung Herkulaneums durch, die bereits von dem
General d’Elboeuf in Angriff genommen worden war. So entstand die Archäologie
als Wissenschaft. Es darf uns somit nicht verwundern, daß gerade unter der Herrschaft
Karls III. von Spanien auch die Archäologie in Amerika ins Leben gerufen wurde,
und daß die frühesten systematischen Untersuchungen der alten amerikanischen Kul
turen ebenfalls in dieser Epoche ihren Anfang nahmen.
Vertiefen wir uns nunmehr in die Betrachtung zweier bedeutsamer Zentren, zum
einen Palenque im Norden, und zum anderen Trujillo im Süden, wobei Palenque den
Anfang machen soll.
Diese alte Maya-Stadt, vor deren wundervollen Funden, der herrlichen Grabstätte,
den im Museo Nacional de Méjico angehäuften Schätzen und den Ausgrabungen und
Restaurationen Ruz-Lhuilliers die amerikanistische Welt heute staunend steht, wurde,
wie wir noch sehen werden, von den Spaniern im 18. Jahrhundert zu erforschen
begonnen. Nachricht von diesen Ausgrabungen haben wir seit langer Zeit, und zwar
beginnend mit dem Jahre 1822, als in London die ’’Description of the ruins of ancient
City . . .“ erschien, auf Grund von Unterlagen, die aus der Secretaría de Guatemala
entwendet worden waren. Diese Beschreibung wurde von mir 1940 in Madrid nach
ihrem nichtveröffentlichten spanischen Original, das in der Real Academia de la
Historia aufbewahrt wird, herausgegeben. Ebenso erschien eine vollständige Darstel
lung aller damit in Zusammenhang stehenden Vorgänge von dem guatemaltekischen
Professor Ricardo Castañeda Paganini. 1956 trug Ana María Saenz de Miera von
der philosophischen Fakultät in Madrid in ihrer Examensarbeit über dieses Thema alle
für einen Gesamtüberblick notwendigen Daten zusammen.
In den Augen der Archäologen haben die ersten Forschungen einen doppelten
Wert: einerseits enthüllen sie uns den Zustand der Ruinen noch völlig unberührt und
so, wie sie waren, als die Einwohner die Stadt verließen, und andererseits die Ver
luste, die die Fundstätte seit 175 Jahren erlitten hat.
Auf Grund dieser Unterlagen ist es uns möglich, die Geschichte der Erforschung
der Ruinen von Palenque aufzurollen. Die ersten Nachrichten stammen aus der ersten
Hälfte des Jahrhunderts, und zwar zwischen 1730 und 1740, als sich Antonio de Solis,
der Großonkel von Ramón Ordoñez y Aguiar, einer wichtigen Persönlichkeit bei die
sen Nachforschungen, in Túmbala als Geistlicher niederließ. Solls erfährt von den
Indios von einer bedeutsamen Ruinenstätte, er besucht sie und gibt die ersten Berichte
darüber. Dieser Samen bringt jedoch lange Zeit keine Frucht. Erst 1784 berichtet
Ramón Ordoñez dem Präsidenten der Audiencia von Guatemala, José Estacheria,
über das Vorhandensein von interessanten Ruinen. Er fügt einen informe (Bericht) bei,
der im Dezember des gleichen Jahres von José Antonio Calderón, stellvertretendem
Alcalde Mayor von Palenque, verfaßt worden war. Von ihm stammen auch die ersten,
hervorragenden Zeichnungen der auf den Wänden entdeckten Reliefs.
Estacheria, ein eifriger Mann, unternimmt sofort Schritte und beauftragt mit sehr
detaillierten Instruktionen, aus denen wir den Grad der Reife des archäologischen