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Die Wirkung der Zivilisation auf einige Indianerstämme
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ausgedehnte Buritisals läuft und die Flußstrecke zu Fuß unpassierbar ist. Einige Fami
lien flüchteten während dieser Reise. Der Rest siedelte in Ricardo Franco. Etwa zur
selben Zeit arbeitete eine geologische Kommission im Flußgebiet des Corumbiara, um
nach den verschollenen Goldminen vom Urucumacuän zu suchen. Weder diese noch
andere nennenswerte Goldspuren wurden entdeckt, und auch die Vorkommen anderer
Minerale — und öl — schienen zumindest augenblicklich nicht ausbeutungswürdig
gewesen zu sein. Doch dürfte die Unruhe in jenem Gebiet die restlichen Indianer ver
anlaßt haben, sich hinter die Stromschnellen des Apiatä oder Pimenta-Bueno zurück
zuziehen. Die Picada verwuchs, und heute wohnt im ganzen Corumbiara-Gebiet
niemand außer den 20 Gummisammlerfamilien Casaras.
Während sich am Mamore nur vereinzelt Reste älterer Indianerkulturen finden,
sind diese an allen höher gelegenen Orten am Guapore sehr häufig. Teilweise kann
man Parallelen zu den Funden des bolivianischen Tieflandes ziehen; im ganzen lassen
sich 3—4 Stilzonen unterscheiden, die wohl mindestens ebensovielen Stämmen zuzu
rechnen sind.
An den höhergelegenen Uferplätzen, deren Boden mit Scherben geradezu durch
setzt ist, wohnen heute nur mehr Mischlinge oder Mulatten, Nachkommen von Neger
sklaven aus dem Matto Grosso. Alte, hohe Orangenbäume, Mangos und verwilderte
Bananenhaine zeugen von früherer Besiedlung Zivilisierter. Dabei handelt es sich
wahrscheinlich um Missionseinfluß der Jesuiten und Franziskaner aus dem Tiefland
von Bolivien, eventuell um die eine oder andere portugiesische Ansiedlung aus der
Zeit der Erbauung von Forte Principe da Beira. 1762 hat zum Beispiel Rolim da
Moura die Mission von Säo Jose aufgelöst.
Nach Joäo Severiano da Fonseca waren die Palmella erst etwa um 1870 herum
in die Gegend von Pedras Negras gekommen und hatten vorher unzweifelhaft eben
falls unter Missionseinfluß gestanden. 1877 zählte Fonseca in Pedras Negras etwa
400 Personen.
Mit diesen früheren zivilisierten Siedlern stellten sich neben den üblichen Erkäl
tungskrankheiten und Masern auch schwere Blatternepidemien ein. Sie dürften die
indianischen Bewohner dieser Flußsiedlungen schwer dezimiert und den Rest bewogen
haben, sich in die Wildnis zurückzuziehen. Im Inneren der Serra leben noch heute
vereinzelte Gruppen, die noch Steinbeile verwenden. Nicht einmal ihre Zugehörigkeit
steht fest.
Ein Hauptgrund, warum Indianergruppen, die in den letzten zwei Jahrhunderten
ihre negativen Erfahrungen mit der Zivilisation machten, doch eines Tages zu einem
Friedensschluß bereit sind, ist vorwiegend ihr Verlangen nach Eisen, nach Busch
messern, Messern und Äxten.
Zumeist sind es Gummisammler, manchmal auch kleine Pflanzer, Goldsucher oder
Angestellte der Gummihändler, die auf vorgeschobenem Posten Kontakt mit dem
Indianer haben. Sie sind teilweise nicht viel weniger primitiv als die Indianer, sehen
aber dennoch mit Verachtung auf jene herab. Am ungünstigsten scheinen sich hier die
dunkelhäutigen Negermischlinge auszuwirken, die auch von den Indianern wenig
geschätzt werden.