Buchbesprechungen
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Querläufer und Balkenquadrat verstrebt und
gestützt“ (S. 59).
In dem Kapitel „Soziales Leben“ erfahren
wir, was sich einerseits über den Lebenszyklus,
andererseits über die politische Gliederung und
das Häuptlingstum in Erfahrung bringen ließ.
Dem schließt sich das Kapitel „Religiöses Le
ben“ an, worin folgende Themen behandelt
werden: Kosmologie, Schöpfung, Zauberarzt
und Krankenheilung, Tierherren, Pflanzenent
stehung, Herrengeister und sonstige mytholo
gische Gestalten. Auch auf diesen Seiten be
schäftigt sich Schuster immer wieder mit der
Frage, welcher kulturhistorischen Schicht die
einzelnen Vorstellungen zuzuordnen sind.
Die beiden Forscher konnten in Yudinya-
manya ein Tanzfest beobachten, dessen Ver
lauf unter der Überschrift „Das Wildschwein
fest“ beschrieben und durch 14 Fotos sowie
durch Umzeichnungen der Körperbemalung
illustriert ist. Bei der symbolischen Deutung
des Festes erwiesen sich die Indianer nicht als
kooperativ, da sie es einfach als geselliges Ver
gnügen bezeichneten. Damit konnte sich Schu
ster nicht zufriedengeben. Durch den Vergleich
mit den Festen anderer Karib-Stämme, ins
besondere der Taulipang und Kamarakoto,
erarbeitete er eine Interpretation, der er nicht
nur für die Yekuana, sondern auch für andere
Stämme Guayanas Gültigkeit zuspricht. Das
Ergebnis lautet, man könne „den ganzen Kom
plex also als Jagdritual einordnen“ (S. 122),
das mit einem Palmfruchtfest verbunden sei.
Somit ist der Komplex „ein typischer Fall eines
wildbeuterischen Mischrituals“ (S. 122). Wäh
rend des Festes fanden Ringkämpfe statt,
deren Sinn Schuster aus dem Material er
schließt, das über die „Mundurucu, die direkt
südlich des Amazonas wohnen“ (S. 123), zur
Verfügung steht. Demnach dürften auch diese
Kämpfe Teil eines Pekari-Rituals sein. Diese
Darlegungen bieten ein interessantes und in
struktives Beispiel für die Argumentations
weise jener kulturhistorischen Schule, von der
Schuster geprägt wurde.
Als nächstes bespricht der Autor „Die
sprachliche Situation“, d. h. die linguistische
Erforschung der Yekuana, und bringt Wörter
listen der Körperteile, der Flora und Fauna,
der Verwandtschaftsterminologie etc. Es fällt
auf, daß es Schuster im Gegensatz zu anderen
Forschern für nötig erachtete, zwei hohe Mit
telvokale zu unterscheiden. Man fragt sich, ob
hierbei nicht phonetische und phonematische
Transkription vermischt wurden.
Das Schlußkapitel „Kulturhistorische Zu
sammenfassung“ ist durch die treffende Fest
stellung eingeleitet: „Die kulturhistorische Ge
samtsituation in Südamerika ist durch die be
sondere Schwierigkeit gekennzeichnet, im gro
ßen Waldland zu sicheren Abgrenzungen zu
gelangen...“ (S. 141). Zweieinhalb Seiten da
nach kommt Schuster zu dem Ergebnis: „So
lassen sich im Kulturgebäude der Makiritare
eine Reihe von Horizonten und Einwirkungen
unterscheiden. Die älteste Phase können wir
als jägerisch bezeichnen; aus ihr hat sich, wie
gezeigt, noch vieles erhalten . . . Eine jüngere
Phase ist durch den intensiven Maniokbau
charakterisiert, den die karibischen Makiritare
mit den aruakischen Guinau teilen. Auf dieser
Basis entfaltete sich das spezifisch guayanische
Kulturgepräge . . .“ — Meines Wissens ist inten
siver Maniokbau jedoch bei einer Vielzahl von
Stämmen Amazoniens und auch anderer Ge
biete anzutreffen. — „Die im Westen der
guayanischen Kulturprovinz wohnenden Maki
ritare wurden jedoch auch von Einflüssen aus
dem zirkumkaribischen Raum . . . erreicht . . .“
Dann stellt Schuster fest: „Über die abso
lute zeitliche Fixierung der hier beschriebenen
kulturhistorischen Vorgänge läßt sich jedoch
gegenwärtig noch nichts Sicheres sagen . . .“
(S. 144 f.), um im Schlußsatz zu erklären, daß
er die Lösung dieser Probleme von der künf
tigen archäologischen Forschung erhofft.
Helmut Schindler
Anton Lukesch:
Bearded Indians of the Tropical Forest —
The Asurini of the Ipiagaba. Graz: Aka
demische Druck- u. Verlagsanstalt. 1976.
104 S., 40 Taf. m. 39 Schwarzweiß- u. 25
Farbahb., 15 Zeicbn.
Der Verfasser ist bisher durch seine Publi
kationen über den Ge-Stamm der Kayapö,
unter denen er als katholischer Missionar wirk
te, bekannt geworden (vgl. meine Besprechung
in „Tribus“ Nr. 20, S. 259 ff.). Hier nun legt
er einen anschaulichen Bericht über den erst
maligen Kontakt von Angehörigen der west
lichen Zivilisation — ihm selbst und seinem
Bruder, Pater Karl Lukesch — mit der
Gruppe des Tupi-Stammes der Asurini am Rio
Ipiafaba, einem rechten Nebenfluß des unteren
Rio Xingu, in den Maiwochen des Jahres 1971
vor. Das Zusammentreffen verlief nicht ohne
dramatische Spannungen, waren doch die Asu
rini, Verwandte der Surui, wegen ihrer bis
dahin abweisenden, ja feindseligen Haltung
gefürchtet. Noch beeindruckender als die schrift
liche Schilderung ist die mündliche Darstellung,
die Monsignore Lukesch bei einem Vortrag